/
Tags: zeitschrift rettungsdienst rotes kreuz schweizer magazine schlesische bergwacht magazine
Year: 1977
Text
Seite 48 SCHLESISCHE BERG WACHT Nr. 3 6chmieiJe6erget t:;losself aus iJet�ugelfiJ3e;t Nun sind die langen Abende da und die Gedanken kreisen im freien Fluge über ver gangene schöne und schlechte Zeiten! Mit dem Bilde der "Aala Gaake" (der Schnee koppe) vor mir an der Wand steht wieder einmal die alte Heimat vor dem geistigen Auge und die Erinnerung an längst Vergan genes wird wach und doppelt lebendig! Die verflossene sommerliche Gartenarbeit im Schrebergarten verdrängte alles und ein kla rer, schöner Herbsttag zaubert sozusagen ein .'inneres Dia" von der sanft geschwunge nen Kammlinie des Riesengebirges von Schmiedeberg aus gesehen. Der Film des langen Lebens hat sich täglich gewandelt, aber die Konturen des schönen Fleckchens des Schmiedeberger Tales bleiben zeitlebens in der Erinnerung haften! Schauplatz der Handlungen ist, wie so oft im Vorhergegangenen, mein Vaterhaus in Schmiedeberg, unmittelbar an der Eglitz, mit der Brücke, dem Nepomuk auf der Ufer mauer, gegenüber lag die katholische Kirche, die m. W. auch den Krieg überdauerte. - Bei uns Schuljungen mußte es immer "rund ge hen", und wenn im Hause, mal "nischte nich " zu tun woar, durfte maa halt abissel naus giehn uff de Strooaße, wobei der Ent fernung vom Hause aus keine Grenzen ge setzt waren. Was lag da z. B. näher als zum Schützenfest am Schützenplatz, 5 Minuten vom Elternhaus entfernt! Also nix wie hin! Aber vorher mußten die Schulaufgaben er ledigt werden! Dann wurde vom Vater eine "Anleihe" mit dem Ziele der (Nicht--!) Zu rück-Erstattung aufgenommen, fürs Karrus sel-Fahren l Viel sprang dabei nicht heraus, an Biema oder höchstens zwee, das war un gefähr eine ganze Fahrt auf dem Holzpferde, wie sie heute noch sind! Damit begnügte man sieht nicht. Ein richtiger Junge wußte sich damals schon zu helfen! Beim Karusselbesitzer .verdingte" man sich als .Schieber". Zu dem Zwecke mußte man auf den Laufboden im Innern des Gestänges gehen und "startete" mit dem Klingelzeichen zur "Schiebung" auf den Laufplanken, bis der ganze Apparat so langsam .durchdrehte", und in Bewegung kam. Meist waren wir mehrere Jungen, die mit dem nötigen Allotria ihre "harte Frohn" verrichteten. Dann gab es die heiß ersehn ten Freikarten, woraus zu ersehen ist, daß auch damals keine Stunde geschenkt wor den ist! Hatte man seine 10 oder 20 Runden im Schweiße seines Angesichts gedreht, wußte man jedenfalls, was man getan hatte, denn elektrischen Strom gab es an solchen Erwerbsquellen noch nicht oder er war den Wandergewerbetreibenden zu teuer. Wir hatten jedenfalls unseren Spaß überhaupt auf dem Schützenrummel! Und es war ein gutes Freizeit-Training. Auf dem Platz stand damals noch unsere Turnhalle, wo wir un sere Turnstunden für die Schule absolvier ten. Ein paar Schritte weiter lag das Schüt zenhaus und dahinter waren die Felder vom Hübscher-Pauer. Später, als ich 1911 dem Heimatstädtchen Valet gesagt hatte, wur den hinter dem Schützenhaus am Wege zur Tannenbaude Häuser gebaut und die ent standene Straße erhielt den Namen Claire Höhne-Straße zu Ehren unserer schlesi schen Dichterin. Der Weg führte dann weiter zum Eisenbahner - Erholungs - Heim über die Bahnlinie (nach Landeshut). Sie wurde damals von Italienern gebaut. Weiter ging es zum Kaffeegründel, einem idylli schen Fleckchen Erde am Beginn des Hoch waldrandes und weiter zur Tannen-, Forst Grenzbauden-Koppe. Durchs Kaffeegründel floß ein kleiner, klarer Bach, an dessen Uferrande Brunnen kresse wuchs. Wenn der Frühling eingezo gen war, stand Vater morgens um 4 Uhr auf, pflückte eine ordentliche Portion der Kres se und brachte sie, vom Tau noch feucht, in einem Leinensäckchen mit nach Hause. Für uns alle war das eine willkommene, wohlschmeckende Zugabe zur "Quark schniete" zum 2. Frühstück! Manchmal bin ich mitgegangen und beim schönen sonni- gen Frühjahrsmorgen war es ein Genuß! Das schwerste war allerdings das Aufstehen um 4 Uhr, aber noch heute denke ich gerne an diese Wanderungen! Und auch die Brun nenkresse schmeckt noch! - Nun, wenn in der Stadt Jahrmarkt war, war das für uns Kinder natürlich auch ein Begebnis! Eine Sensation waren damals die Bänkelsänger, ein Schaustellergewerbe, das es auf den Jahrmärkten heute gar nicht mehr gibt! Es ist wohl überlebt, denn der fast tägliche Krimi im Fernsehen hat ihm den Rang ab gelaufen. Bei den Bänkelsänger-Ständen handelte es sich um große Stellagen oder Holzgestelle, die mit Oldruck-Leinwandbil dern bespannt oder beklebt waren, Inhalt der Darstellungen auf den Bildern: Meist grusliger Natur, heute Krimi genannt. Ein Mann oder auch eine Frau hielten mit einem langen Zeigestock bewaffnet die "Vorträge" oder Moritaten, auch manchmal in Form von Gedichten oder Liedern vor ihren Gä sten. Meist floß bald bei jedem Bild sozu sagen das Blut die Treppe runter (bildlich ge sprochen!) Die künstlerische Ausführung der Bilder war entsprechend und schon beim an schauen der Illustrationen konnte der Zu schauer eine Gänsehaut bekommen! Unser einer stand dabei und hielt Maulaffen feil, bis der Sammelteller herumgereicht wurde. Dann verdrückte man sich tunliehst. denn väterliche und mütterliche Jahrmarktszula gen waren immer knapp. Es wären noch die "Themen" der Vorträ ge zu erwähnen. Die Massenmörder Denke und Haarmann waren aktuell damals und gehörten mit ihren grausigen Taten zum "Repertoir" jedes Bänkelsängers, auch Schiffs- oder Eisenbahn-Katastrophen, Erd beben, aber auch gute Taten oder Schicksale von Forschern pp. wurden einem verehrten Publikum dargebracht. Zweck der Unterhal tung war das Entstehen mindestens einer Gänsehaut oder ein Alptraum! Für "enga gierte" Gäste waren sogar Sitzplätze, Holz bänke, aufgestellt. Nu zu einem weniger maloabron, eher er heiternden Thema! Mein Vater, der an der Nepomukbrücke gegenüber der katholischen Kirche an der Eglitz ein Kürschnergeschäft besaß, stammte von dem Häusler und Hand weber Ehrenfried Opitz aus Bärndorf im Rie sen gebirge. (N. B.: Die Einwohner dieses Dorfes sollen bei der Vertreibung unter Ab singen geistlicher Lieder Abschied von der Heimat genommen haben! So wurde einmal geschrieben!) - Vater ging dann nach der Schulzeit nach Hirschberg zum Kürschner meister Grollmus am Ring in die Lehre und anschließend, wie damals üblich, auf Wan derschaft. Später machte er sich in Schmie deberg selbständig. Im Jahre 1940 starb er und liegt auf dem ev. Friedhof in allernäch ster Nähe des Glockenturmes begraben. Ob sein Grab wohl noch erhalten ist? Mit Weh mut und Trauer denkt man an die Zeit im Elternhause zurück und an die Kinderjahre. Die heute dort zwangsweise angesiedelten Leute, die Polen, geben ja wohl allem, was einst deutsch war, ein fremdes Gesicht!? Ein rauhes Schicksal hat unserer Schläsing übel mitgespielt. Vom Vater wollte ich noch ein Geschicht chen erzählen! Damit diese Zeilen einen hei teren Abschluß erhalten! Vater, Träger ei nes Vollbartes, saß tagsüber in seiner Werk statt am Arbeitstisch. Was Wunder, wenn er in seiner Freizeit gern Spaziergänge in die schöne Umgebung der Stadt machte. Manch mal durfte ich mitgehen, Mutter mußte dann "im Laden bleiben!" Wenn dabei die Son ne recht kräftig schien und Vater gute Lau ne hatte, blieb er öfter mal unvermittelt ste hen, .peilte" die Sonnenscheibe an und ni vellierte mit dem Kopf so lange gegen das Tagesgestirn, bis die Strahlen in die Nasen löcher fielen und dabei auf den Schleimhäu ten ein Juckreiz hervorgerufen wurde; die ses Kitzeln endete meist mit einem oder mehreren kräftigen "Happschies", was mir und meinem Vater Spaß und dem Vater see lische Erleichterung extra verschaffte! Noch heute führe ich dieses Experiment selbst mit Erfolg durch! Probieren Sie es auch mal, lie be Leserin und lieber Leser! Zur Gesundheit! Zum Schluß möchte ich Frau Margot Harmsen für ihren Artikel in Nr. 22/76 der Bergwacht danken für die Schilderung ihrer Eindrücke in Schmiedeberg. Für heute mag es wieder mal genug sein bis zum nächsten Mal. Labt ock schien gesund an lußt's Euch gutt giehn und viele schiene Grüsse oa oalle an au oa inser Bergwächtern! Der Opitz Willem Mitteilung Zwei junge Landsleute aus der Zunft der "Bäcker" wurden ausgezeichnet Es sind die Brüder Hans-Georg und Klaus Peter R e u ß , die inzwischen den väterlichen Betrieb in WolfenbüUel übernommen haben und außerdem in der Harzstraße eine Ver kaufs filiale errichteten, führen unter dem Na men Gebrüder Reuß den von ihrem Vater be gonnenen Betrieb fort. Es ist nicht einmalig, daß sowohl Handwerkskammer oder auch die Handelskammer jungen, nachgewachse nen Schlesiern Sonderauszeichnungen verlie hen. Das ist Beweis für Zielstrebigkeit, Zähigkeit, Fleiß und Verantwortung, die sich immer wieder bei jungen Menschen unserer schlesischen Heimat besonders ausgeprägt bewähren. Die Prämie von je 5000 Mark ist für die beiden jungen Handwerker eine schöne Starthilfe zu weiterem Erfolg, zu dem aber bereits jetzt die ausgezeichneten Qualitäts waren des Betriebes eine gute Hilfe gewesen sind. Nicht unerwähnt darf bleiben, daß drei Ehepaare R e u ß in diesem reinen Familien betrieb gute Voraussetzungen zum Erfolg sind. •. l'\� .... - ,t.< t�< " , ,. 4- .. .. - -i <, .\� cl . � ; , f ... , Die "Gebrüder Reuß ", die als Meisterprüf linge von der Handwerkskammer in Braun schweig je 5000,- DM Prämie für "hervor ragende Leistung" erhielten. ScM.heuc/.undtze im Bec9-waed daM.eUn Seit Tagen plaudert es im Wald, Schmelzwasser gurgelnd springen. Wo Kiesel sich an Kiesel reibt, hörst du ein zartes Klingen. Wie schmale Bänder durch das Moos die Wasser talwärts gleiten, bis einen Fächer nadel braun sie müd' im Graben breiten. Du wanderst den vertrauten Weg. Dort durch die hohen Fichten siehst du den Himmel frühlingsblau sich hell und fröhlich lichten. Otto Nisch