Author: Kiihne Hartmut   Brumme Carina   Koenigsmarkova Helena  

Tags: museum  

ISBN: 978-3-86732-128-0

Year: 2012

Text
                    Jungfrauen, Engel, Phallustiere
Die Sammlung mittclalterlicher franzosischer Pilgerzeichen
des Kanstgewerbemaseams in Prag und des Nationalmuseums Prag
im Aufrrag des Kunstgewerbemuseums in Prag
bearbeitet von
Hartmut Kiihne, Carina Brumme und Helena Koenigsmarkova
u ; ;m
Lukas Yerlag


LJmschlag: Pilgcr/eidien jus den beiden Prager Sammlungsteileii, K.iulog-Nrn. 81, 220. 184, I7~ uiul 341 GERDA HENKEL STIFTUNG Gedruckt mit Untcrstiitzungder Gcrda Henkel Scifcung, Dusseldorf О Lukas Vcrlag und Kunstgewcrbemuseum Prag (Umelcckopriimyslove museum v Pra/e) Erstausgabe, 1. Auflage 2012 Alle Rechtc vorbeli.ilten Lukas Verlag Fur Kunst- und Geistesgeschichtc KollwitzstraRc 57 D-10405 Berlin www. lukasverlag. com Umschlag: Lukas Verlag Layout und Satz: Susanne Werner (Lukas Verlag) Druck. Elbe Druckerci Wittenberg Printed in Germany ISBN 978-3-86732-128-0
Inhalt 5 Vorwort 7 Das Mark dcs Mittelalters 9 Jeau-Claude Schmitt Die Prager Pilgerzeichcnsammlung 15 Eine sammlungs- und forschungsgeschichtliche Einlcitung Helena Koenigsmarkova und Hanmul Kuhne Katalog Himveise zur Benutzung dcs Kacalogs 32 Religiose Zeichen und Pilgcrzcichcn Devotionalien Chriscus 33 Maria 38 Heilige 88 Devotionalien Engel 146 Miniaturrctabcl 147 Miniaturschreine 149 Kronen 151 Ampullen 157 Varia 159 Profane Zeichen Tierc und Fabelwescn 165 Gcgcnstiinde 171 Buchstaben und Wappen 173 Varia 175 Erorische Zeichen 177 Bibelots Objekte/Miniaturen 188 Zierat (Schmuek und Beschliige) 195 Glockchen, Pfeifen und Klappern 199 Varia 203 Anhang Literatur 207 Autorcn 213 Karte der Herkunfrsorte 214
Vorwort 1m Jahre 1894 verkaulte tier Pa riser Antiqiur Joseph bigger an das Prager Kunst- gewerbemuseum cine Kollektion von erwa 500 mittelalierlichen Pilgerzeichen und verwandten Wciftmerallgussen, die in der Seine gc fun den vvorden waren. In jener Zeit erfreuren sich derartige Funde in Sammlerkreisen grower Beliebrheir und einige europaische Museen mit kunstgewerblichen und mittelalierlichen Sammlungsschwer- punkten begannen sich fiirsiezu inreressieren. Mirdem AnkaufderSainmlunggelang dem damals noch jungen Prager Kunstgewerbcmuscum eine spektakuliire Aquisition, denn es besafi seitdem die damals zahlcnmafiig zweirgroftre Pilgerzcichensammlung iiberhaupr - nur die Sammlung des Pariser Musee de Cluny war ervva.s grofter. Auch der Erhaltungs/.usund der nach Prag verkauften Stiicke wai ganz exquisit. Schon dies hatte eine aufwendige Publikation diescr Stiicke gerechtfertigt. Das>s> diese fast 120 Jahre lang unterblieb, ist vor allem dem nach dem Ersren Welrkricg entsrandenen Desintcresse an diesen schlecht in die Raster der Kunstgeschichre einzuordnenden Objekten geschuldet. Freilich bliebdie Sammlung rrotz der Kriege und Verwiistungen des 20. Jahrhunderts gliicklicherwei.se erhalten und wurde lediglich durch eine vor genau fiinfzigjahren gerroHFeneadminisrrarive Enrscheidung in zwei Sammlungsteile aufgespalren, die seirher getrennr im Prager Narionalmuseum bzw. im Kunstgcwcrbc- museum Prag verwalm vs'erden. Die vorliegende Publikation, mit der diese beiden Sammlungsteile nun erstmals vollstandig der Offentlichkeit vorgesrellt werden, verdankt sich mehreren gliicklichen Umstanden. Vor allem ist es das in den letzten Jahren in vielen europaisclien Liindern gcwachscne Interesse an diesen einzigartigen Zeugnissen der religiosen Allragskultur, welches eine Veroffentlichung dieses Katalogs moglich machr. Daruber hinaus war es die fiber Jahre gewachsene kollegiale Zusammenarbeit zwischen dem Kunstgewcrbe- muscum Prag und dem am Berliner Kunstgewerbemuseum beheimateten Projekt der »PilgerzeichenDatenbank«, das uns zu der gcmcinsamen Arbeit an diesem Katalog ermiitigte. Leider hat sich die urspriinglich geplanre Beteiligung des an der Radboud Universiteit Nijmegen beheimateten Kunera-Projektes, insbesonderevon debsenspiritus rector Jos Koldeweij, an der Erstellung des Katalogs wegen anderweiriger Verpflich- tungen nicht realisieren lassen. EurdicSchaftu ngderinstiturionellen Voraussetzungen des Vorhabens isrbesonders Lothar Lambachcrzu danken, der als Stcllvcrtrctcnder Direktor des Berliner Kunstge- werbemuseums die Miihen der Antragstellung und Projektabwicklung auf sich nahm. F.bensosind wirderGerda-Henkel-Srifrung(Dfisseldorf)zugro(3em Dankverpflichtct, die durch ihre finanziellen Zuwendungen die Realisierung der Arbeit am Katalogunter- stfitzre und durch einen grofiziigigen Druckzuschuss diese Publikation erst ermogliebte. Fiir die Ausleihe des im Prager Nationalmuseum bewahrten Sammlungstciles an das Kunstgewerbemuseum Prag zum Zwecke der wissenschahlichen Bearbeitung ist dem Generaldirektor des Nationalmuseums Micbal Lukes, dem Direktor der historischen Sammlungen Pavel Dousa und besonders Lubonir Srsen fur die kollegiale Zusammen¬ arbeit zu danken. Michal Stribrny unterstiitztc uns im Kunstgewerbemuseum Prag bci der Recherche und der Uberpriifung der tcchnischcn Angaben und Lucie Zadrazilova bei der Archivrecherche. Fur die fotografischen Neuaufnahmen der Objekte danken wir Gabriel Urbanek, Ondrej Kocourek und Jin Homola vom fotografischen Atelier des Kunstgcwerbemuscuins. Eine besondere Freude bereitete uns Jean-Claude Schmitt, als er sich im Jahre 2011 wiihrend seines Aufenrhaltes als Fellow am Berliner Wissenschaftskolleg auf die
Pilgcrzcichenfahrte locken lielS und diesen Katalog mit einem Geleitwortauszeichnete. Nichtzuletzrdanken wir Philippe Cordez (Florcnz).Jan Hrdina (Prag) und Willy Piron (Nijmegen) Kir Hinweise, die uns bei der Hersrellung des Kataloges hilfreich vvaren. Carina Brumme — Helena Koenigsmarkovd - Hartmut Kii/me Prag - Berlin im Oktober 2012
9 Das Mark des Mittelalters Jean-Claude Schmitt 1 Dcr Ausclriuk машин I860 voii Alfred D.n- cel, deni spaiercn Direkmr des Mu see de C'lu- uy in Kills, das den groKicn lcil der I’ilger- /ciclicin.uiinilung soil Ariliur l:ori;eais aul- neliiueii sollie. Siclie Bkuna 1996, S. 1A. 2 Ki;irNt/LAMBACHtR/VA\jA 2008. - Sielic auch: Jos KomFUTij: l:oi et bonne fortune, I’.irurect devotion en Fl.mdre niediev.ilc, Arn¬ hem, Terra, 2006. Das »Mark des Miuelaltets«: so be/.eichnete ein Gclchrtei des 19. Jahrhundcrts die Pilgerzeichen, nachdcm cr ei ne der ersten Sam mlungen besichtigt hattc, jenc, die Arthur Forgeais (1822-78) 11m die Mirre des Jahihunderts in Paris zusammengerragen li.ute.1 Dieseschmcichelnde Metapher stand alien asthctischcn Vorurtcilcn und museographi- schcn Gewohnheiten der Zeit entgegen: Wie konnten die.se klcincn Objekte aus min- derwertigem Metall, wovon liunderte von Exemplaren geradc zufalligcrwei.sc auf dem Grund dcr Seine enrdeckt worden waren, eben die zentrale, zarte und belebende Parrie des Knodiens evozieren? Und wie konnten sie diesel be Dignitiit beanspruchcn, wie die iiblichcrwcisc in den Musecn ausgestellten Kunstobjekte, wie etwa goldgeschmiedete Reliquiarc oder gotische Altiire? Das »Mark« ist /.war eine unsiebtbare Komponcnte des Organismus, glcichwolil ist es fiir das Lcbcn wesentlieh. Vergleichbares gilt fiir die Pilgerzeichen: so klcin, so wenig sichtbar sie auf dem Gewand dcs Pilgers auch sein mogen, so sagen sie doch sehr viel liber die Pilgerfabrt, die Reise, die Ausstrahlung der Kultorte, den Status des Pilgers und die Metalltcchniken im Mittelalter aus. Seit der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts bat es vielei Geneiationen von aufgc- kliirten und vorurteilslosen Cieistern bedurft - Amateure, Icidenschaftliche Sammler, Muscumsdirektoren, Historiker und Arcbiiologen mil Neugier auf das Alltagsleben und die Saebkultur der Vergangenheit 11m den Pilgerzeichen endlich den Status wisscnschaftlicher Objekte zu verleihen, um sie zu erfassen, zu studicren und derart zu publizieren.dassdieNotwendigkeiteineserweiterten interdisziplinaren l ragenkatalogs undeinereffizienteren internationalen Kooperationendeutlich wurde. Das Pionierwerk von Kurt Koster (1912-86) ist alien in Erinnerung.: Er hat den Weg eingeschlagen, auf dem sich heute Spezialisten aus Deutschland, der Tschcchischcn Rcpublik und den Nicdcrlanden wiederbnden: Das votliegende Buch zeugt von ihrem Zusammen- treHfen, von der Intensitiit ihres Austauschcs und von der in den letzien Jahrcn bereits zuriickgelegten Strecke. Als ein wesentlicher Ertrag der jiingsten Forschungen ist zitniichsi der betriichtliche Zuwachs an erschlossenen Zeichen zu nennen. Sie stammen aus Sammlungen, die in Vergessenheit geraten waren und heute neu bewertet werden oder aus archaologischen Ausgrabungen sowie aus einer systcmatischen Recherche nach den Abdriicken von Pilgerzeichen, die als Abgiissc auf Glocken am Elide des Mittelalters auftauchen. Vor allem die letztgenannten Gebiete - die Archaologie und die Glockenkunde - verspre- chen in den nachsten Jahren weitere sehr wichtige Entdeckungen hervor/.ubringen, ergiinzt durch schriftliche Dokumente (welche iiber die Fabrikation, den Verkauf und die Nurzung der Pilgerzeichen informieren) und durch bildliche Darstellungen: Wie vide Bilder gibt es, die Pilger zeigen, die auf ihrem Hut oder ihrem Mantel eine Jakobsmuschel oder eine kleine Replik des Heiligen Antlitz oder der Jungfrau von Ein- siedeln tragen? Heute sind es niclit mehr nurcinigchundert Zeichen, die den Forschern bekannt sind, sondern Tausende. Sie liegen ihnen entweder direkt vor oder konnen durch indirekte Dokumentation nachgewiesen werden. Es ware wiinschenswert, dass sie bald in einer gemeinsamen Datenbank auf europiiischer Ebene gebraclu werden. Deren stetiges Anwachsen lielSe es zu, die Typologie, die riiumliche Vcrbrcitung und sogar die Chronologie dieser kleinen Metallbilder immer weiter zu pnizisieren. Das vorliegende Buch belegt auch, wie weit die Forschcr in ihrer Interpretation der hisrorischcn Bedcutung der Zeichen gegangen sind: nie schien die eingangs erinnerte, prophetischc Metapher, die in ihnen das »Mark des Mittelalters« sah, so gerechtfertigt.
10 Jean-Claude Schmitt Denkt man nur einen Moment in Anbetracht der zahlreichen wisscnschaftlichen Ver- offentlichungen, unter denen das vorliegende Buch einen neuen Meilenstein markiert, dariiber nach, so verstehr man, dass dieser Ausdruck nur allzu gerechtfcrtigt ist. Kurz: Der Reichrum der Bcdeutungen, der Nutzungen, der Funkrionen dieser Objekte scheint in einem umgckehrten Verhaltnis zu ihren begrenzten MaRen, ihrem schein- bar belanglosen Charakter und dem geringen Wert ihres Materials zu stehen. Abcr gerade dicse Eigenschaften - die geringen MaRe (oft nur vier bis fiinf Zentimeter), die eingesebrankte Visibilitat, der bescheidene materielle Wert (Zinn oder Blei), diesretige Abhangigkeit von einem anderen Medium (dasGewand des Pilgers oder die Glocke, auf dcr sie schlieRlich abgegossen wurden), die Mobilitat (in einer Gesellschaft, die immer mehr die Srabilirar privilegierte) - und ihr letztendlich vorprogrammiertes Schicksal, Stiick fu r Stuck verlorenzugehen (in einen Flussgeworfen, odereingeschmolzen), waren paradoxerweise zugleich der Grund fur die auRergewohnlichc kulturelle und soziale Bedeutung, welche die Pilgerzeichen besaRen: Sie existierten nur, insofern sie die Orte, die Zeiten, die Menschen, die Korper und sogar die Sinne (das Sehcn, das Beruhrcn, das Horen) »in Relation setzten«. Ich mochte bier lediglich auf drei grundlegende Charaktereigenscbaften dieser Objekte naher eingchen. 11 Die Pilgerzeichen sind zweifellos »Identitatszeichen«', in einer Gesellschaft, welche die Machr des sigmim in ihrem idcologischen Fundament tief verankert hat. Schon an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert hat Augustinus cine regelrechte christliche Theorie des Zeichens vorgelegt, die wahrend dcs gesamten Mittclalters von groRer Be¬ deutung geblieben ist, vorallem in der Liturgic und im religiosen Leben. Er griindete seine 'Iheorie auf den Abstand zwischcn der Sache (res) und dem Zcichcn (sigmim): Das Zeichen verweist auf cine vvesentliche, abcr als solche unsichtbare Sache. Augu¬ stin benutzte aufsehr anschauliche Wcise das Beispiel dcs Rauchs, dcr Zeichen eines Feuers isr, das wir niclu direkt wahrnchmen. Im Christentum ist das Sakramcnt das «Zeichen einer sakralen Sache«. Im juristischem l.eben geht es ebenso: Das Siegel oder sigillum, an einer Urkunde angehangt, ist das sigmim der Autoritat dcs Autors oder dcs Zeugen des Dokuments. Das Siegel hier ins Spiel zu bringen liegt um so mehr nahe, als dass manche Pilgerzeichen die Mandorlaform eines Siegels aufnehmen und sogar die Inschrift sigillum aufweisen. Hartmur Kiihne hat sogar Wachssiegel aufgefunden, welche im siidfranzosischen Tarascon aufeiner Glocke abgegossen wurden’: Sie haben 1 Siegelabgusse auf einer Glocke in Tarascon, Foto: Kurt Koster.Pilgerzeichenkartei Kurt Koster im Germanischen Nationalmuseum Nurnberg 3 Ich tlalike Dr. Kiilinc fiir diesc wen voile In¬ formation.
Das Mark des Mittelalters 11 dasSchicksalviclcr Pilgerzeiclien geteilt, die illrcnAbdruck in dcrBron/cwcsrdcurscher Glocken gclasscn haben. Die Pilgerzeiclien gehoren so auch dcr immciiscn Familic der mittelalterlichen Zcichcn an, insbesondere derer, welche die Identirar von Individucn und Gruppen bezeichnen: Niclu nur die Siegel, sondern aucli die Wappen, die 1 lelm- zicrc, die Deviscn, die Livreen, deren Wichtigkeit wiihrend des ganzen Mittelalters wachst und deren Nutzungsicli friih in alien gesellschaftlichen Schichten verbreitet hat. Die Wappen waren kein Privileg des Adels: Bauern- und Handwcrkerfamilicn identifizierten sich durcli ilire »Waffen«, die oft »sprechend« waren, was heifir, dass sic mit dem von einer Generation zur niichsten tr.ulierten Patronym korrespondierten. Die zusammenliangenden F.ntwicklungen der Heraldik und der Onomastik ab dem 12. Jalirhundert vcrlaufen zeitgleicli mit derjenigen der Pilgerzeiclien und sie zeugen vom selben Wunsch, die Individucn, den Status und die Rolle in der Gesellschaft zu identifizieren. In dicser Hinsicht denkt man aucli an das Gewand, an den Hut oder aucli an den gelben Ring, den dieJuden ab dem 13. Jalirhundert zu tragen gezwungen wurden: Der gelbe Ring war ein gefarbtes, rundes Stuck Stoff, das auf das Gewand genahtwurdc; er kennzeichnete die Juden in der Stadt, wo sic von den Christen niclu getrennt lcbten, alier von bestimmten Tauschbe/.iehungen ausgeschlossen waren, wie eiwa dem Lebensmittelhandcl und dcr Ehe mit Christen. Der Pilger seinerseits war ein Christ, er inkarnierresogar vvesentlichc Wertc des Christentums (den Verzicht. das Geliibde, die Buftc, die Wandcrschaft), aber er platzierte sich temporiir am Rand der iibliclien Gesellschaft und erwarb in dieser Eigcnschaft einen besonderen Status und Privilegien, zu deren eindeutigen IdentifizicrungundGewahrlcistungsein Pilgerzeiclien beitrug. So sieht man, dass die Pilgerzeiclien von all den andcren sichtbaren Zeiclicn nichr isoliert werden konnen, welche die niittelalterliche Gesellschaft ordneren, den jeweiligen Status identifizierten, an Privilegien und Vcrpflichtungen erinnerten. Die Besonderheit des Pilgerzeichens ist, dass es eine spezielle Relation mit deni Raum iin- terhielt: Seine Begriindung liegt in der Reise zu einem melir odcr wenigen entfernten Kultort. Vergessen wir aber niclit, dass dieses auch fur andere Idenritiitszeichen gilt: Die Wappen eines Ritters getragen auf scinem Scliild, auf der Decke seines Pferdes oder der Livree seiner Knechte, erlaubtcn ihm, erkannt zu werden, wenn er allein und in weiter Feme war und in einem Turnier anderen, fremden Rittcrn gegeniibertrat. Ein Erkennungszeichen ist im engen Kreise der gegenseitigen Bekanntschak niclu notig: Was es rechtfertigt, ist die Versetzung im Raum, die Tatsache, sich als Fremder an einem anderen Ort zu befinden. 2 Freilich ist das Pilgerzeichen ist auch ein »mobiles« Bild, es begleitet den Pilger auf seiner Riickreise. Oft reproduziert es in einem sehr kleinem MaKstab das Bild der Jungfrau, Christi oder eines Heiligen, das der Pilger aufgesucht hatte; Oblicherwcisc kauftder Pilger das Zeichen, das nicht melir kostetalscin Butterbrot (zwei Denareoder Pfennige), an jenem Kultort, den ei zu bcsuchen gelobt hatte, um es an scin Gewand genaht bis naeh Hausc zu bringen. Der Akt ist also andeis als bei der Votivgabc. die am Kultort nacli einer wundersamen Heilung zuruckgelassen wurdc, wie erwa die Votiv- gaben aus Wachs, die sich bei der Anmmaata in Florenz anhauften und die Organeder kranken Korpertcileabbildeten - Bein, Augc, Hand, Geschlechtsteil usw. -, diedurch die Fiirbitte der Jungfrau geheilt wurden. Diese Wachsbildcr, wie spiiter die gemalten Tafeln, welche den ubernariirlichen Eingriff'der Jungfrau oder des Heiligen bei einem Unfall oder wiihrend der Agonic eines Kranken darstellen, waren dazu bestimmt, am Kultort zu verbleiben und zur Masse der zuvor geschcnktcn Votivgabcn hinzugefiigt zu werden. Sie bezeugten die Sakralitat der Statte direkt voi Ort und durcli Anliiiu- fung. Hire Masse bezeugte das Mali der Frequentierung des Pilgerortes und nalim sie im Gcdachtnis fur Jahrzehnte und sogar Jabrhuiiderte auf. Viele gemalte Bilder des spaten Mittelalters zeigen den lnnenraum von Kirchen, deren Wiinde von Kriicken und Ketten wundersam befreiter Gefangenen geschmiickt sind, wiihrend Bchinderte
12 Jean-Claude Schmitt zusanimenstromcn, getrieben durch iliren Wunscli, von dem lokalen Hciligcngescgnet zu werden, sich unrer sein Grab schleppend oder scin Reliquiar beriihrend. Die Nut- zung der Pilgerzeichen war sehr andcrs: Audi sie wurdcn am Kultort gekauft, aber sie waren dazu bestimmt, mil dem Pilger den Orr zu verla.ssen, um illn zu identifizieren iind zu schiitzcn, vielleicht abcr auch um an der Strafte enclang und bis zum Ziel der Reisc den Ruf des Kultortes und auch einen Teil von dessen Aura zu verbreiten. Wir sollten namlich in diesen bescheidenen Bildern Sakraliratsrragcrsehen: Haben sie nicht mit sich und in Beruhrung mit dem Korper des Pilgers, der so von den Gefahren des Wegcs geschiitzt war, einen Teil der sakralen Kraft des Kultortes mitgenommcn? Und haben sie nicht, nach der Riickkehr, ihre thaumaturgische Effizienz dem Korper der Kranken vermittelt, auf die sie aufgelegt wurden? Das Schicksal der Zeichen, nach- dem der Pilger nach Hause zuriickgekehrt war, ist eine wesentliche, aber schwer zu beantwortende Frage. 3 Ein «Medium des Sakralen«? Es gibt nur wenige Texte, die eine riruellc Benut- zung der Zeichen hinsichtlich einer Heilung erwahnen oder, und dann mit einem apotropaischen Ziel, um die Gefahren der Strafle von dem Pilger fernzuhalten. Die beobachtbaren Praktiken sind widerspriichlich und ihre Interpretation ist heikel. Vicle Zeichen wurden zwar auf dem Grund von Fliissen gefunden (der Seine, der Themsc, der Schelde), aber wir wissen nichts von den Intentional der Pilger, die sich von ih- nen getrennt haben. Haben sie sie ins Wasser geworfen, um durch eine feierliche oder Hikhtige Geste zu markieren, dass Sie ihr Gelubde aufgelost batten? Hatten sie vor, dem Fluss einen Teil der Sakralitat des Kultortes, durch den Kontakt mit dem Bild und durch das Gewicht des metallenen Zeichens, zu ubertragen? Wollten sie, dass das Pilgerzeichen ohne sie die Reise fortfiihre, die sie zusammen angefangen hatten? Eine grofte Anzalil an Pilgerzeichen wurde von Archaologen in Werkstiitten von Glockengieftern gefunden, besonders im Norden Deutschlands und in den Niederlan- den. Auch in diesem Fall ist die Interpretation schwierig: Sollte lediglich das alte Metall wiederverwendet werden, um neue Glocken zu einem billigeren Preis zu gieften? Oder ging es vielmehr darum, den Glocken einen Teil der Sakralitat des Zeichens und des Pilgerortes, aus dem es stammte, einzuverleiben, um sie im Rhythmus ihrer Klangc den Rulim des Pilgerortes und der dort verchrten himmlischen Person verkunden zu lassen? Die Abdrucke von Pilgerzeichen auf Glocken sollen in dieser Hinsicht mit den Zeichen in Form von Pfeifen oder Glockchen zusammengebracht werden: der Klang spielt, wie man weift, in jeder religioscn Zeremonie eine wichtige Rolle; es handelt sich nicht nur um liturgischen Gesang oder instrumentelle Musik, sondem um den rituellen »Larm« der Pfeifen, der Glocken und der Rasseln, der den Bruch der iibli- chen Zeit, den Ausbruch einer sakralen Zeit markiert, welchedie Wesen transformiert und sie (durch die Prozession, die Trance oder die Verkleidung) an der Konjunktion der Erde und des Himmels teilhaben lasst. Die diesbezuglichen Beobachtungen der Anthropologen lassen sich auf die chrisrliche Pilgerschaft anwenden und auf diese »Klangzeichen«, welche die dabei beinhaltetc Energie platzen lassen. In andere Zeichen sind kleine Spiegel montiert, mitdenen die Pilger den Glanzdes Kultortes oder des Heiligenbildes aufnahmen, um ihn mit sich zu nehmen und in der Feme weiterhin von den Wohltaren des Bildes zu profitieren. Die Idee vom Einfangen des Glanzes des heiligen Bildes ist an den Kultorten des spaten Mittelaltersgur bezeugt, besonders in Aachen; Sie wurzelt in den zeitgenossischen Auffassungen des Sehsinns als »Extramission« eines sinnlichen Einflusses, das vom Auge des Menschen ausgeht und die Form des wahrgenommenen Objektes dorthin zuriickbringt. Manche Zeichen wurden im spaten Mittelalter auf das Pergarnent von Stunden- biichern aufgenaht oder gezeichnet; Sie erinnerten den in seinem Buch betenden Frommen an seine Pilgerfahrt und an die Abliisse, die er durch das Ausfuhren seines Geliibdes erworbenen hattc.
Dus Murk dcs Mil tela Iters 13 2 Ausschnitt aus dem Fresco »Die Buonomini bezahlen die Unterkunft eines Pilgerpaares«, Florenz,Oratorium di San Martino, Ghirlandaio- Werkstatt, Foto: H. Kiihne Audi gibt es Falle, wie die Archiiologie zcigt, in denen Pilger ihrc Zcichcn ins (irab mitnahmen: Der Pilger wird also in scincm Gcwand bestattet wordcn scin, mit der Jakobsmuschel als Viarikum, um nach dem Tod scincn Weg zum Hcil fortzufiihren. Kdnncn all diese Verwendungsweisen der Zeichen nach der Ausfiihrungdcr Pilgcr- fahrt zusammcngcfiihrt werdcn? Sie dem Wasscr cincs Musses zu iibcrcigncn; auf ciner Glocke abzugieftcn; in cm Siundcnbuch einzufugen; mir einem Spiegelzeichen den Glanz eines hciligen Bildes aufzunchmen und sie schlieRlich als Grabbeigabe zu ver- wendcn - all diese Handlungen harren die Ubcrzcugunggemeinsam, dass das Zeichen in seiner Form und Macerie einen Teil der sakralcn Krafr der Pilgcrfahrt und cine beschiirzendc Funktion fur den Pilgcr selbsi, seine Verwandren oder die Gesellschafi in sich behalt. Die Pilgerzeichen waren keine ncutralen Objekte und ihr Schicksal war nach dem Fndc der Pilgerfahrr nicht gleichgiiltig; Ihre Funktion bestand nicht nur darin, auszuzcichnen, sie konnten auch denjenigen, die sie rrugcn oder besaften, als Amulett oder Talisman dienen, manchmal bis in den Tod. Denjenigen, die liber Pilgerzeichen forschen, ist abcr aufgelallcn, dass diegenannten Praktiken und Vorstellungen mitanderen Handhabungen koexistierten,die mit unserer IdeeeinerSakralitiit dieserObjekte wenigvereinbarerschcinen. Wie konnen wirverstehen, dass die Mcnschen des spaten Mittelalters dieapotropaische Kraft der Zeichen ancrkannt und zugleich akzeptiert habcn konnen, dass ein Glockengiefter sie als Material benutzt? Wclche Unterscheidung machten sie zvvischcn den Pilgerzeichen und den sogenannten »profancn« Zeichen, die oft an denselben Orten gefundcn wurden, die aber andere Funk- tionen gehabt zu habcn scheinen? Sic signalisierten die Zugehorigkeit zu einer politisehen Partci (wie es in Frankreich wiihrend des Antagonismus der Armagnaken und der Bur- gunder zu Anfang dcs 15. Jahrhunderts der Fall war), crinnerten an cine Person oder an ein Ereignis, erfiillten cine dekorarive Funktion odcrstellten erotisehe Bilderdar (Phallus, Vulva, Koitusszene, usw.). Wir empfinden eine gewisse Schwierigkeit, die Kontinuitat der der mitrelalterlichen Kultureigcnen Briiuche und Repriisentationen zu denken, bzw.
14 Jean - Claude Schmid uns von unseren eigenen (von der Religionssoziologie des 19. und 20. Jahrhunderts gc- crbten) Kategorien des »Sakralen-< und »Profanen« zu befreien, unsdavon /u iiberzcugen, dass die matcricllc und profane Nutzungeines Objekteszu einem bcstimmren Grad mir seiner Sakralisierung vcrcinbar war und aucb besonders, dass die crorischen Bilder an der religiosen Auffassung der Schopfung teilbaben konnten. Die Kataloge unrersebeiden zwischen >Pilgerzeichen« und »profanen Zeicben«, und das meint eigenclich alle, die uns keinc explizite religiose Konnotation aufzuweisen scbcinen. Typologien zu erscellen ist legitim, aber man sollre sich immcr dcs Risikos bewussc sein, das solcbe darstellen. Namlich, dass wir den Kontinuitaten der Prakti- ken und der antbropologischen Karegorien einer von der unsrigen uncerscbiedlichen Kultur, wie es bei der mittelalterlichen Kultur der Fall ist, gegenuber crblinden. Wir konnen von dem Gesicbtspunkt der Form und der Motive aus die Pilgerzeicbcn und die erotischen Zeichen untersebeiden, aber es ist auch wiebtig, sicb zu fragen, was sie gemeinsam hatten: Viellcicbt eben eine Sakralisierung der Krafte des Korpers - des dargestellten Korpers und des Korpers des das Bild tragenden Individuums -, iihnlich wie viele andere erotisebe Bilder, die in den Ausdrucksformen des mittelalterlichen Christentums einen Platz fanden, wie in der Skulptur der romanischen Kircben, in manchen spatmittelalterlichen Cborgestiihlen, oderin den marginaliavicler Psalter, Mis- salien und Stundenbiicher. Auch hier, in Biichern, die fur den Kult geschaffen und oft von wichtigen Klerikern odcr Prinzen und Damen bestellt wurden, sieht man Nonnen, die Phalli von einem Baum pflucken, als ob es sich um Obst handelt, erotische Szenen, Hybriden, wie manche Zeichen sie auch zeigen und bei denen man zweifelt, ob man sie mit den Gewohnheiten der Pilgerschaft in Verbindung bringen kann. Wir wissen aber doch, dass die Wallfahrten, insbesondere die Nahwallfahrten, deren Wichtigkeit am F.nde des Mittelalters zunimmt, nicht nur Kultfunktionen hatten, sondern sich fur feierliche Treffen und allerlei Verhandlungen, und zwar auch amourose, anboten. Ohne die Niitzlichkcit der Typologien in Frage zu stellen, ist es notig, die Kontinuitat der Briiuche, die gemischte Bedeurung der Objekte, sowie manche Polaritaten und Spannungen zu beachten, welche unter den Augen der Zeitgenossen nicht unbedingt den Widerspruchscharaktcr besaften, den wir ihnen heute zuzuschreiben geneigt sind. Das Zusammenbringen des Korpus der Zeichen - aller Zeichen - eroffnet neue Perspek- tiven im Verstandnis der Gesellschaft und der Kultur des Mittelalters. Dieser Korpus stellt uns gut identifizierre Objekte vor, verbunden mit einem groSen Reichrum an sozialen Praktiken, Formen und Bedeutungen, in einem rigoros definierten geogra- phischcn und chronologischen Rahmen (es geht um ganz Europa im Laufe von vier Jahrhunderten): Eine grofSe Baustelle offnet sich, die heute von einem internationalen und interdisziplinaren Netz an Forschern besetzt wird, die uns einen immensen und allzu oft unterschatzenTeil der mittelalterlichen Kulturentdecken lassen. Dieser Korpus ist imstande, neue Antworten zu den wichtigsten historischen und anthropologischen Fragen zu bringen: Bezuglich der religiosen Praktiken und dem, was die Menschen glauben, der Funktion der Bilder und des Transfers dcr ikonografischen Motive von einem Medium in das andere, des Korpers und des Gewandes, dcr Beherrschung des Raums, dcr Hierarchie und der Netze der Wallfahrten, der Sanftheit der Ubergange zwischen dem »Sakralen« und dem »Profanen« oder auch der Geschichte dcr Metall- urgie. Er bietet sich auch fur eine Erneucrung unserer Analysekategorien und unserer Methoden in einem immer breiteren interdisziplinaren Rahmen an. Es istgewiss nicht tibertrieben, bezuglich der Pilgerzeichen vom »Mark des Mittelalters« zu sprechen... Jean-Claude Schmitt Aus dem Franzosischen von Philippe Cordez und Susannc Pollack
Die Prager Pilgerzeichensammlung Eine sammlungs- und forschungsgeschichtliche Einleitung Helena Koenigsmarkova und Hartmut Kiihne 15 Ich habe noch nic cine solche Anzahl feiner Documente aus dicscr Zcir in Blci und /.inn zusammen geschen! Joseph I 'ggn Die ersten Pilgerzeichensammlungen 1 FoHCtAIS 1858 2 Arthur Forctais: Collection des plumbs his¬ tories trouves dans la Seme, 5 Hdc., Eiris 1861-65. 3 Vgl. Brlna 1996 4 Besondcrs scicn hier erwahnt: DtsM»i-K.s 1873. - Di-snoyirs 1876. - Cajoi 1875. - Dancoisnl 1880. - Danicouri 1886. - Sa¬ ha 111 r 1912. Die Erforschungdereuropaischen Pilgeizeichen dcs Mittclaltcrsgchoi tcbislici nicln zu den Aufgaben von einflussreichen Wissenschafrsinsrirurenodcr Forschungsnerzwerkcn, sondern sie wurde von einzelnen Enthusiasren vorangcrricbcn. Dies gilr sebon fi'ir ibre Wiederentdeckung im 19. Jahrhundcrt: Als die ersten Pilgerzeichen beim Neubau der alten Pariser Scinc-Briicken in der Jabrhundercmitte aus den Ablagerungssehichcen am Grunde des Flusses aufrauebren, wurde dcr junge Pariser Antiquitatenlundler Arthur Forgeias (1822-78), dessen Gcschaft in der Niihe des Pont-Neuf lag, auf jene archaologischen Kleinfundeaufmerksam. So offnetedie mitdem Namen von Georges- Eugcnc Haussmann verbundene Modernisierung del Pariser Innenstadt, die im All- gemeinen mit der Zerstorung bistorischer Scrukcuren assoziierr wild, ein Fensccr zu den im Flussschlamm verborgenen Bilderwelten des spaten Mittelalters. Zu den von Forgeais gesammclten Objcktcn zahltcn neben Keramik vor allem jene Wcifimetall- gusse, denen er den Namen »plombs bistories« gab und fur die sich beute der BegriH »Pilgerzeichen« durdigesetzt bat - aucli in jenen Fallen, in denen es sicb gar nicht um Zeichen bestimmter Wallfabrtsorte bandelt oder fur die nicht einmal ein religioser Kontext vorliegr. Forgeais veroffentlichte 1858 im Eigenverlag eine erste Obersicht der von ihm gesammelten »plombs histories«, die er in Pilgerzeicben, Metallmarken (»Jetons«) der Pariser Bruderscbaften und Ziinfte sowie Miinzen und weirere Fundc aus Blci unccrteilte.1 Vier Jabre sparer begann er mit der karalogarrigen Publikacion dicscr Fundc, die er bis 1866 in insgesamr fiinfBanden vorlcgcc.J Ein grower Teil seiner SammlunggelangteschlicfSIich in das Museede Cluny, das beutige Musee national du Moyen Age - 'Ibermes ct hotel de Cluny. Dies war ein historischer Gliicksfall - auch wenn nach dem Tode von Forgeais fast ein Jahrhundcrt vergeben musste, bevor sicb Colette Lamy-Lassalle und besonders ibr Sclniler Denis Bruna wieder mit den von ihm gesammelten »plombs bistories« beschafrigten.4 Den Pilgerzeicbenfunden aus der Seine folgrcn bald weitcrc aus dcr rhemsc, der Sambre, der Somme und anderen Fliissen. Allerdings ist nicht recht klar, wober jene Blei-Zinn-Gusse ratsacblich stammten, die seit den 1880er Jabren im franzosiseben Kunstmarkt auftauchten und meisr als Funde aus dcr Seine reklamierr wurden. Die Publikarionen von Forgeais hatten in den letzten Jabrzebnren des 19. Jahrhunderts das lnteresse von Privatsammlern an den Blei-Zinngiissen geweekt und moglicber- weise gait die Bezeichnung als Seinefund auf dem Anriquirarcnmarkt auch als Quali- rarsmerkmal. Merkwtirdig ist, dass nach dem Erscheinen von Forgeais Katalog u.W. Seinefunde nicht mebr in der wissensebaftbeben Literaturangezeigt wurden, wiihrend es bis zum Ersten Weltkrieg immer wieder franzosische oder belgische Publikationen neuer Funde aus anderen Gebieren gab.1 Dieoffenrlichen Museen hielten sicb bei Etwerbungen von Pilgerzeichen zuniichst zuriick. Daher finden sicb neben der Kollekrion im Musee de Cluny nur in wenigen Museen Sammlungen franzbsiseber Pilgerzeichen. In seinem Handbuch der Archiio-
16 Helena Koenigsmarkova und Hartmut Kiibne logic verwies Camille Enlart 1916 besonders auf Stiicke in den Musccn von Rouen, Amiens, Boulogne, Lille und im British Museum in London. Dcrcn Sammlungen waren allerdings vom Umfang her sehr viel bescheidener als die von Forgeais zusam- mengetragene Kollektion.' (Vgl. Abb. 1, 2) Von den franzosischen Museen scheinr das Musee des Beaux-Arcs in Lyon die groftre altere Pilgcrzeichensammlung von fast 150 Stricken zu besitzen, die allerdings bisher nur unzureichend publiziert wurde und daher kaum im Blickpunkt der Forschung stand/’ Nach dem Erstcn Weltkrieg erlosch das vvissenschaftliche Interesse an diesen Sachzeugen fur Jahrzehnte, der »Pilgerzeichen-Boom [machte] rasch wieder snobis- tisch gefarbtem Desinteresse Platz« wie Kurt Koster in der Riickschau formulierte. In Deutschland wurde das Interesse der Forschung zudem von der Entdcckung der Pilgcrzcichenabgiissc auf Glockcn bestimmt. Dazu waren erste Studien schon in den Jahren 1904/05 publiziert worden8, was schlieftlich in den spiiten 1940er Jahren die Forschungen Kurt Kosters (1912-86) anregtc, der als eigentlicher Bcgrundcr der sys- tcmatischen Forschung zu den europaischen Pilgerzeichen anzusprechen ist.v Da es sich bei den Glockenabgusscn aber kaum um franzosischc Zeichen handelte, stellten diese glockenkundlichen Entdeckungen die archiiologischen Funde des 19. Jahrhun- derts zunehmend in den Schatten. Daher sind fur die Kcnnrnis der franzosischen Pilgerzeichen jcnc Kollektionen von entscheidender Bedeutung, die in den letzten Jahrzehnten des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorallem von Privatsammlern zusammengetragen und gclegentlich an Museen weitergegeben wurden. Dabci bleibr es eine vorerst noch offene Frage, ob nicht zahlreiche kleine Privatsammlungen dieser zuniichsthochgeschatzten undspatestensseitden 1920er Jahren kaum noch beachteten Weiftmerallgiisse bis heute unerkannt erhalten blieben - die Verfasser sind jedcnfalls gelegentlich mit solchen privaten Kollektionen konfrontiert worden. Eine der bedeutendsten Sammlungen von mchr als 150 Zeichcn kauftc Karl Maxi¬ milian Freiherr von Heyl (1844-1925) fiir das Wormser Paulus-Museum wohl in den 1880cr Jahren.1" Wie sich bei unserer Bearbeitung der Prager Sammlung zeigte, gibt es zwischen beiden Kollektionen sehr starke Beruhrungen, die nicht zufalligscin diirften. Der Miinchner Sammler Wilhelm Clemens (1847-1934) erwarb ctwa 60 fran- zosische und italicnische Zeichen, die 1919/20 mit cinem groRcn Teil seiner gesam- 1,2 Enlart 1916, Fig. 318f. 5 Enlart 1916, Pip. 3181'. 6 Kai. I.yon 1937. 7 Koster 1983. S. 20. 8 V011 grundlegeiider Bedeuiung \v;ircn die Arbeiien von Frederick Ui.iiau.: Schwcstcr- glockcn aus dem Mittclalccr im GroKherzog- iuin Mccklcnburg-Scliwerin und dem Kbnig- reich Dancmark. in: Jahrlriichcr des Vercins fiir Mecklenburgisclie Gcschichic und Alter- tumskundc70 (1905),S. I53-I82:dcrs.: Dan- marks middelalderlige Kirkeklokker, Kopen- hagen 1906; sowie Paul Liebeskini), Pilgcr- u nd Walllahrcszeichen auf (docken, Teil 1-3. in: Die DcnkmalpHcgefi (1904), Nr. 7.S. 53- 55; 7 (1905). Nr. 15. S. 117-120; 7 (1905). Nr. 16, S. 125-128. 9 Vgl. Jorg Poeitcen: Der BeitragderGlucken- kunde zur Pilger/eicbenforschung von Kurt Koster bis beuic, in: Kuhne/I.ambacher/ Vania 1008. S. 31-46. 10 Ober dieGcschiclitcder Sammlung liegen in Worms kcinecinsclilagigcn Nachricliten vor; vgl. Kat. Worms 2001, S. 71. Allerdings cr- wahnt von Heydi-n 1887, S. 114 die «bcacli- tcnswerteKollekiion dieser kleinen Bildwerke im Paulus-Museum zu Worms-, die sich der •.Freigebigkcit des I lerren Baron von Heyl verdankt.- Der Verfasser hattc nocli 2008 an- genommen. dassder Wormser Kunsisammler Freiherr Cornelius Wilhelm von Heyl zu Herrnsheim (1843-1923) gcmcint sei. dessen bedeutende Gemaldesammlung im Wormser Kunsthaus Heylsbof bewahrt wird, vgl. I lari- mut KiiiiM;: Zur Bedeutung der Pilgerzci- chensammlungcn der Staatlichen Museen zu Berlin, in: Kl iine/I.amiiaciIeh/V'anja 1008, S. 223-234, hierS. 223. MathildeGriincwald maebte nach der Vcrolfcntlichunp daraul aul- merksa nt, dass die Erwcrbung durch Cornelius Wilhelm von Heyl chcr unwalmchcinlich sei. Daher mcintc August von Heyden wolil den jungeren Bruder Karl Maximilian Freiherr von Heyl. dessen eng mit dem Wormser Pau- lus-Museum verbnndencn Sammlungsinter- esseit arcbiiologischc Funde starker bcrtick- sicllligten. Zu dessen Biografie vgl. Fritz Reuter: Dr.-lug. c.h. Karl Maximilian Frei¬ herr von Heyl (1844-1925). Ein Miizen und Musenfreund, in: Der Wormsgau 16 (1992- I995),.S.7-I I.Zum Verhaltnisvon Hcyls/.um Museum vgl. Mathildc Grunewai.ij: Max von Heyl und das Paulusmiiseuiii. in: cbd.. S. 12 19.
Die Prager Pilgerzeichensammlimg 3 Pilgerzeichen der Sammlung Albert Figdor nach d'Allemange 1928, Taf. CCXXXl 11 Vgl. zur Samnilungsgcschiclitc den Ausstcl- lungskaialog «Die Sammlung Clemens*, hg. void KunsrgcwerbcmusMim der Stadt Koln. Koln 1%3, in welcliem allcrdings nur 39 Pil- gerzciclien aufgenommen sind. Alle cinschla- gigen Wcrkc vcrzcichnci Нлепеке 1968. Nr. 10-60 11 nd 62-70. Vgl. zu den Pilgcrzci- clien der Sammlung Clemens aucli Klisabcih Musks: Der Schmuck iler Sammlung W. Cle¬ mens. Koln o.J. [1925]. S. 37-43. 12 ZiirSamiiilungDcmianisvgl. KcrstinStover. Die »Dcm ian i selie Zi nn-Sam m lu ng«. Wissen- schaftlichc Pionicrleitungeiiies Privatiers, in: V0111 Schenken und Sanimeln. 125 Jabre Kunsigcwerbcmuseum Dresden, Drcsdcn- Wolfrarshauscn 2001, S. 81 -115. Fine Bearbci- lung der etwa zwan/.ig Werke durch den Vcr- fasser isi in Vorbereitung. 13 Vgl. Lot liar Lanibacher: Zur Cescliiclucder Pilgerzeichcnsammlung de.s Berliner Kunsi- gewcrbemiiseums, in: Kuiink/Lamhacher/ Vanja 2008, S. 207-222, hier lies. 212-216. 14 D’Ali.kmagne 1928, Talel CCI.XXX1. 15 F.bd.. Talel XV. ten Kunstsammlung als Schenkung an das Kunsrgcwcrbemuseum der Stadt Koln gelangten und dort bis heute bewahrt werden." Aucb die wenigen franzosischen Pilgerzeichen, die 1911 mit der Zinnsammlung von Hans Heinrich Demiani an das Dresdner Kunstgewerbemuseum kamen, blieben erhalten. sind aber bisher weder aus- gestellt noch wisscnschaftlich bearbeitet worden.1' Allerdings gingen einige um 1900 eiustandene, bedeutende Sammlungen franzosischer Pilgerzeichen ganz oder rcilwcisc verloren. Albert Figdor (1843-1927) trug fur seine kulturhistorisch ausgerichtete Wiener Sammlung fast 100 iiberwiegend franzosischen Pilgerzeichen - angeblieh alles Pari- scr Scine-Funde - zusammen. Davon sind heute nur noch jene sieben Pilgerzeichen und -ampullen erhalten, die in das Berliner Kunstgewerbemuseum gelangten und den Zweiten Welrkrieg iiberdauerten, sowic drei heute in Wien bzw. Regensburg be- Hndliche Pilgerzeichcngussmodel." Die umfangreichste fotografischc Dokumentation der Figdorschcn Pilgerzeichensammlung bierer eine Tafel in Henry Rene Allemagnes Katalog der >*Aecessoires du Costume et du Mobilier«.“ (Abb. 3) 1m selben Katalog findet sich auch eine Tafel mit Stiickcn aus der Kollektion des Pariser Historikers Raymond Richebe.1,5 (Vgl. Abb. 3) Lambert Jagenau aus Den Haag veraufterte 1944 eine Sammlung von 280 Pilger¬ zeichen an das Berliner Kunstgewerbemuseum. Lntgegen der Angabe des Verkaufers,
18 Helena Koenigsmarkovd und Hartnnit Kuhn dass es sich um Scheldcfunde handele, scheinr sic vor allcm fran/osische Zeichen - und wolil besonders Eunde aus der Seine - zu enthalten/’ Etwa die Hiilfte dieser Kollektion gingimjahre 1945 vcrloren, ohne dass sich dieniiheren Umstiinde dieses Verlusrcs bisher aufklaren liefien.1' Allcrdings konnren durch eine im Nachlass Kurc Kosrers aufgefundene Fotodokumencarion von der Hand Erich Meyers, dcs chcmaligen Direktors des Berliner Kunscgewerbemuseums,dieverlorenenSruckezu einemgroKenTeilidentifizierrwerden.ls Eastvollstandigverloren gingdicPilgerzeichensammlungdesLuzernerGoldschmicds und Antiquars Johann Bossard, die 1911 in Miinchcn veraukrioniert wurde. Bossard hatte seine Sammlung »in den drei letzten Dezennien des 19- Jahrhundcrts angelegr«, indem er die ihn als Goldschmied interessierenden Stiicke »aus dem Lagerbestand in die Privacsammlung« uberfiihrre.19 Auch vvenn die Pilgerzeichen neben den Wcrken der Goldschmiedekunst einen eher bescheidenen Placz im Aukcionskatalogeinnahmen, wics Jules Coulin vor der Auktion doch eigens auf sie bin: Fur Spe/ialsammler von bcsondcrem Inceresse isi eine grofterc Kollekrion von Blei- pLikctren und schlicfilich die in dicscm umfange - aufler den Schiit/en im Louvre und Clunyrmiscum - cin/.ig dastehende Sammlung der >Plombs Kistorics< vom 12. bis /um 16. Jahrhundcrr, die beim Ausbaggern der Seine gefunden worden sind.:o 4 Pilgerzeichen der Sammlung Raymond Richeb6 nach d'Allemangne 1928, Taf. XV. 16 Vgl. Kuhnt: Zur Bedeutung (wic Anni. 10), S. 228-230. 17 Vgl. LAMnAOiii R (wicAnm. 13), S. 218-220. 18 Vgl. den Kat. Htri in 2008. Inzwischcn sind in einemzuvur nielli bcachietcn Karteikastcn im Nachlass van Kurt Krister weitcrc Ieilcdcs sog. . Materials Erich Meyer- aulgctauLht, dc- ren l’ublikalion gcplant ist und an I die lilt diesen Kalalog bcrcitszuruckgcgriflen wurde. 19 Jules Col lin: Die Sammlung J. Bossard in Luzern, in: Der Cicr.RONi. 1911. S. 296-301, hier S. 296. Zur SanimlungsgcschiLhte vgl. auch Lamv-Lasalli.s 1968. 20 Ebd.,S. 301.
Die Pntger Pilgcrzekhemammlung V) 5 Pilgerzeichen der Sammlung Johann Bossard, Ausstellungskatalog (Helbing 1911) Taf. 36
20 Helena Koenigsmarkovd uud Hartmut Kiihne Der Auktionskatalog vcrzeichnet a Is Lot 698 »220 Stiick diverse Abgiissc mit Dar- stellungen aus dem Lcben Chrisri und Mariae und der Heiligen«21, von denen 60 auf derTafel 36 abgebildet sind. (Vgl. Abb. 5) Diese Stiicke und weitcrc 57 Blciplomben sollen nach der Angabe des Katalogs aus »dem Bette der Seine« stanimcn und »sehr viele Stiicke« enthaltcn, die sich auch in den Publikationen von Arthur Forgeais fin- dcn - »ein grower Teil i.st aber ganzlich unbekannt.«22 Das Lot 701 umfasste 25 Guss- model »von Kruzifixen und Madonncnrcliefs«.’' Mcrkwiirdig ist, dass es reclu exakte Parallelcn zu cinigen im Auktionskatalog abgebildeten Stricken in der Sammlung dcs Hi.stomchcn Museum Basel gibt. Freilich sollen die meisten dicser erwa 100 Pilger- zeichen umfassenden Kollektion im Jahre 1904 erworben vvorden sein, so dass sie nichr aus der Aukrion von 1911 stain men konnen.21 Die Parallelen deuten aber darauf hin, dass beide Sammlungen aus derselben Quelle stammen - was eine wiinschcnswerte zukiinftige Publikarion der Baseler Stiicke berucksichtigen sollte. In jedem Fall liatteJohann Bossard nach dem Auktionskatalog um 1900 die groBtc Sammlung franzosischer Pilgerzeichen zusammengetragen. Nur die Kollektion des Mu see de Cluny war umfangrcicher- und jene Erwerbung, die der Pariser »Antiquaire- Numismate« Joseph Egger 1984 dem Prager Kunstmiizen Adalbert Freiherr von Lanna (1836-1909) ofFeriertc.2' Der Ankauf der Prager Pilgerzeichensammlung Uber die Erwerbung dieser Kollektion sind wir vor allem durch die erhaltenen Briefe Joseph F.ggers an Adalbert von Lanna bzw. das Prager Kunstgewerbemuscum infor- micrt. Am 16. Marz 1894 schrieb Egger, der bereits zuvor eine Reihe von Ankaufen fiir den Pragei Kunstmazen vermittelt hatre, aus Paris: Hiermit erlaube ich mir E. H. [= Adalbert von Lanna) zu befragen, ob Sie fiir eine selrene Collection von 500 Stuck kleinen gorhischen und Renaissance Blei Gold- schmiede Modellcn Interesse hatten? Es sind zierliche Spangen, Gurtel, Brochen, Flacons und ahnliche kl. Dingc, vide mit Schrift, durchgchends scharf und priichtig crhalren wie solche vor Jahren in der Seine gefunden wurden. Ich habe noch nic eine solche Anzahl feincr Documente aus dieser Zeit in Blei und Zinn zusammen gesehen! - Auf Wunsch konnte ich 10-20. Stiickchen leicht zur Ansicht senden, da ich glaube, daB diese Affaire E. H. inrercssieren diirfte.2<’ Adalbert von Lanna gingaufdieOfferte aus Paris ein, denn am 25. April 1894 kundigtc Egger ihm brieflich die Zusendung einer Auswahl der WeiBmetallgiisse zu Ansicht an und machre ein Preisangebot: Die erwahnten 500-600 Sr.[tick] Blei Modelle stellcn sich zusammen auf ca. 3000 frc. [Franc] was pro Stiick 5 fr. ausmachen wiirde2" Natiirlich sind die Sachen reclu fragile, aber dessenungeachret kann man an eine Weitcrsendung denken. Ich glaube wenn ich an E. H. in einem recommandirten Packchen 20-30 Siichelchen senden wiirde, daB Sie sich leicht ein Bild vom Ganzen machen konnen. Im Cluny ist ein ahnlicher, wenigerrcicher Fund, den Napoleon III. mit 15Millo. Frcs bezahlt haben soil (?!)2S lhrem werthen Wunsche gemass sende ich morgen ein kleines wohl ver- packtes Kistchen mit 50 Stiick Blei Modellcn ab. Die iibrigen 500 Siiickc sind alle verschicden, doch haben E. H. eine richtige Idee der ganzen Sammlung (die man gut zusammen abgeben kann)."' Schon am 3. Mai fragte Egger bei Adalbert von Lanna vvegen der Musterscndung nach.’0 Von Lanna antwortete offenbar intcressiert auf die Nachfrage und verwies Egger direkt an das Museum, denn am 17. Mai 1894 richtcte dieser ein Schreiben »An das lobl.[iche] Kunstgewerbe Museum in Prag«, in dem es hieB: 21 Им iunc: 1911, .S. 75. 22 l-.licl. 23 Ebd. 24 EinePublikatiou iiberdicPilgerzeichcnsanim- lungexisticrt uicht. InderPilgcrzcichcnkartci Kurl Krister fintlen sich zwei Fotos, die 111s- gesamt dreiftig Werkc der Baseler Sammlung abbilden Die Angaben 7.um Unifang und der Erwerbungszeir der Sammlung verdanken die Vf. derfrcundlicben Auskiinft von Willy Piron (Nimwegen), dem die Stiicke im Jahre 2002 in Basel von Marie-Clairc Berkemeicr-Favre gczeigi wurden und der auch eine schriftliche Auskunft zur Erwcrbungs/eit von ihrerhiclt. 25 Eggervermittcltcauch einige Ankaulc im Auf- trag Wilhelm von Bodes. ImNachlass Wilhelm von Bodes findet sich cm Faszikel nut einigen Bricfcn Eggers an Bode. Bis 1890 tragi sein Briefpapicrim KopfdieAdrcsse»Jowph Egger Objets d’Art, Curiositcs, Medailles, Rue Pi- gal le 7, Paris». In den Brielen aus den Jahren 1892-94 bczcichnet er sich im Briefkopf als »Anliquaire-Numismatc«, und sein Biiro lag in der »Rue Chauchcttc»: Staatliche Musccn /и Berlin - Zenrralarchiv (SMB-ZA), Nacli- lass Wilhelm von Bode (1V/NL Bode) (Kor- respondenz Egger, Joseph); vgl. auch Friedrich KuNZELunrerMiiarbcit von Barbara Gotzk Wilhelm von Bode. Der Nachlass. Bestands- verzcichnis, Berlin 1995. 26 Handschriflliche Kopic im Archiv des UPM. 27 Zum Vergleich sci darauf hingesviesen, dass der Wert cincr Reichsmark etwa 1,25 fran/o- sische Franc oder 1,17 ostcrrcicluschc Kronen betrug. 28 Gemcint ist offenbar die Sammlung ini Musec dc Cluny. 29 Handschriftliche Kopic im Archis des UPM. 30 »Meine klcine Musterscndung an Blei Objcc- ten \serdcn wohl E. H. inzwischcn erhaltcn haben und selic ich nun mit Vergmigen Jhrer werthen dieshczuglichen A nt wort entgegen...« Handschriftliche Kopic im Archiv dcs UPM.
Die Prager Pilgerzeichemammlung 21 11 Sclircibcn bggcrs ini Arcliiv dcs UPM. Vor ciliigcr Zcit sandtc icli an Hcrrn von Lamia als Muster 50 Slg. Blei Modele dcs 15c- und I6ten Jalirlnnideris. Gcnamiicr Hen bcauftr.igtc micli 1 linen die gan/.e Saiumlung /ur Ansichr liinsendcn /.u wollcii. Ich war liier ruin in folgc iiiigiiiisiigcr Vcisicigermigen so in Anspriidi genomnien, daft ich nichr an die /eirraubende Arbeir gehen komitc* diese 400-500 kl.|cincn] Blcisachcn zu verpacken. Bcvor icli dies tluic, crl.uibe icli mir Sic* hofliclist /и bcfiagen, ob llincn diese gaii/c Sammlung convcniren konntc' Die Saelicn siiid doch fragile und lasscn sicli mi г mit groftcr Sorgfalr veipacken, was icli aucli auf ilircii Wuiiscli gerne niaclie.*1 32 Sclircibcn loggers im Arcliiv dcs UPM. Eeider wissen wir von eincm am 18. Mai aus Prag gesenderen Brief nur aus Kggers Anrwort vom 23. Mai 1894: Hire w. Zuschrifr vom 18 d. M. babe icli ricluig erlialien, und bin icli genie beicii lli¬ ncn die gan/.e Blei Modelen Collection zu verpacken und auf kur/e Zeit zur Ansicht /u sellicken. Sie werden dann selhft [sic!] bei Iimpfang selieii, daft die Ahueclislung gerade hier /iemlicli groft ist, da kaum 2 ganz gleiche Sriicke unter den lOOten /u finden sind. Weiin Sie cininal das Gauze vor Augcn liaben, glaube icli ancli, daft Sie >cn blocs daraul rcHccriren werden. Mir sind iibrigens sclion von anderer offeiul.[idler] Sene die Sadien vcrlangt worden, da icli aber an ll.|crrn] v.|on| L.[anna| /uersi meine Musceiseiidung niaclite wolltc icli nocli nidit .inderweitigdariibcr verfiigen. Icli /ielie n.iiiirlicli vor Allcs 7usammen zu placireii.uiidkoimrcn Sic mi Erlolgsfallecinc IbeilungmitandcTeii Musccn odcr Sammlcrn vornchmcn, wenn Sie niche das Gauze bchaltcn wollten.**’ 33 Korrcrspondenz Lggcr, Joseph (wic Anm. 23). Der HinweisaufweirerepotenrielleKaufergiiig nichr nur auf das Kontoeinergeschickren Verkaufspolitik, denn auch Wilhelm von Bode interessierre sicli fur die Sammlung. In dem nur fragmenrarisch erhaltencn Briefwechsel zwischen Egger und von Bode werden die Pilgerzeiclien erstmals am 30. April 1894 erwahnr, als Egger mirtcilr: «Bezuglich meiner 500 Blei Modellen babe ich micli mir dem Gcwerbe Museum [d.h. dem Prager KunstgewerbemuscumJ in Verbindung gesetzt«." Von der Angelegenheir muss also bereits zuvor die Rede gevvesen sein - moglicherweise liacte Egger die Sammlung vor der Offeree an Adalbert von Eanna bereics Wilhelm von Bode angeboten. In jedem Fall hatte dieser die gesamte Kollektion in Paris bcsichrigt, wie er am 1. Juni 1894 brieflich an Adalbert von Lanna beriehtete: 34 Sclircibcn von Bodes an von Luma am 1. Juni 1894 ans London, handsclirihlichc Kopic im Arcliiv dcs UPM. Vor cin paar Tagen sah ich bei J. Egger in Paris cine grosse Sammlung kleiiicr mirrelalrcr- licher Bleiaffixe, ca 600 Stuck. Hr sagre mir, dass Sic mir ihni iiber Ankauf derselben a 5 fianc das Snick in Unrcrhandlung stunden. Ich babe die Sammlung fliiclitig durcli- gcschcn, die meisten Sacbcn sind genau odcr selir iibnlicb in verseliicdcnen 1-Acmplaicn vorliandeii. Die Sammlung bat dalier als gan/ev weniger lnteressc als cine Auswalil. Wa- ren Sic damit einverstanden, dass Ihr Museum und das memige sicli in die Sammlung rhcilren? Hill Modus wiirde sicli ja leiclir finden lasscn.'1 35 Sclircibcn Jiggers im Archiv des UPM. Die Moglichkeir eincr Aufteilung der Kollektion diirfte den Ankaul durcli das Prager Kunstgewerbemuseum beschleunigt liaben, wo man die Angclegenlieit im Friihsonimer init Eifer betrieb. Am 6. Juni 1894 bcricliter Egger nach Prag von der Scliwierigkeit der Verpackung derganzen »Blei Collection*!. In »einer Kiste [befanden sicli] 4 Pakete zu je 10 Piikkchen a 10 Stuck = 400 Sriicke und im beigefiigten Kistchen weitere 57 Piecen vvelche mit den bereits gesandren allso 507 Sriicke ausmachen.«^ F.rst jetzi - moglicherweise iniZusanimenhangder Besichtigungdurch Wilhelm von Bode-scheim Egger cine genaue Obersiclit der zum Verkauf stehenden Sriicke gewonnen zu haben, da er zuvor von einer ungefahren Zalil von 500-600 ausging. Aus dem Briefwechsel ist nichr zu erkennen, auf welche Weisc Joseph Egger zu dieser auBcrordenrlich groften Kollckrion gelangr ist. Es scheinr sich bei iln nichr um einen neu geborgenen Fund- komplex gchandelt zu haben. Daftir sprichr schoii, dass sicli in dem Konvolut last nur
Helena Koentgsmarkovd und Harlmut Kiilnn hervorragend erhaltene Sriicke untl kaum Fragmente finden. Zumindest in einem Fall, einem Pilgerzeichen aus Amiens, lasst sich zeigen, dass dieses bereits zuvor im Kunst- handcl aufgetaucht war.,f' Mit einigcr Wahrscheinlichkeit wird es sich also um eine oder evtl. auch mehrere bereits bcstchcnde Privatsammlungen gehandelt haben, die Egger zum Vcrkaufubernommen hacte. Bei der jctzt von uns vorgenommenen Bearbei- rung der Prager Sammlung ist deutlich geworden, dass sich zu ihren Werken niche nur unrer den von Forgeais gesammelren Seinefundcn, sondern auch in den Kollektionen dcs Wormser Paulus-Museums, des Berliner Kunstgcwerbemuscums, der ehemaligen Sammlung Bossard, Figdor und wohl auch in der des Historischen Museums Basel /.ahlrcicheparalleleoderahnlicheStuckefindcnlassen.Solltediesalleinin derHerkunft der Funde »aus der Seine* (?) begriindet sein oder wurden die verfiigbaren Stiicke im franzosischen Kunsthandel so sorcierr, dass mcist ahnlichc »Sammlungen« zustande kamen? Zumindest lasst sich nach unserer Untersuchung der Prager Kollektion mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuten, dass zahlreiche Zcichen vor dem Vcrkauf durch fragwiirdige Restaurierungen in cincn vermeintlich besseren Zustand versetzt worden waren. In einigen Fallen wurden fehlende Kopfc durch schcinbar *>passende« Funde 6 Kat.-Nr.240:Bischofmitfalschangelotetem Kopf, Vorder- und Ruckseite 7 Kat.-Nr. 80: Maria mit falsch angelotetem Kopf, Vorder- und Ruckseite 36 Vgl. in unsereni Katalop Nr. 183.
Die Prager Pilgerzeicbenuihimitt tig 23 8 Telegramm Joseph Eggers liber die Absen- dung der Pilgerzeichen-Kollektion nach Prag vom 9. Juni 1894, Archiv des UPM 37 Dassclbe Plianoiltcn lasst sich .inch in tier DrcicJcncr Sammlung Dcmi.inis bcoliachicn (vgl Anm. 10). 38 Vgl.denhandschriftlichen Tclcgranimeniv.urf und das Schrcibcn Eggers vom 16. Juni 1894 aus Uriisscl m Archiv dcs UPM. 39 Handschriftlichcs Protokoll dcr Sitzung des Ankaufs-Coniucsam 18. Juni 1894 im Archiv des UPM. 40 Abgcsehen von Inlormaiioncn aus der obeli bcrcits bespmehenen Korrespondcnz, tciltc Adalbert von Lanna mil: »Diesc |die crslen 50 gesendeten vStiickc] haben in dcr That Intcr- cssc ersveckl und II. Egger ist aufgcfordcrt worden, die ganze Sainuilung, welche seiner Behauptung nach nur zusamnicn abgegeben werden konne, nir Ansicht r.u senden. Dieser Auftordcrung ist H. F.ggcrcrst vor kur/.er Zcii nachgekom men, in it dcr Ent schu Id igu ng. dass die Verpackung cine miihsamc war, was in dcr '111at dcr Fall ist. und dass er anderweing bc- schaftigt war. Die vor kurzem eingclangtc Scndung zahlt, die friihereingesandten 50Stk. mil inbegriffen 504 Stk.« I landschriflhches Protokoll der Sitzung des Ankaufs-Comites am 18. Juni 1894 im Archiv dcs UPM. 41 Ebd 42 Vgl. Anm. 33. 43 Vgl. das Sclircibcn Eggers an Wilhelm von Bode vom 6. Juli 1894 aus I .ondon, in wclchcm er ihm mittcilte, dass cr die gesamte Samm- lu ngder Plombs h istones» von ei sva 500 St iick dem Prager Museum angeboten habe; Korre- spondeir/ Egger, |osepb (wie Anm. 23). erganzr, was aber mit so wenig Sachkcnntnis geschah, dass of: sogar das Geschlechr der dargesrellren Figur verunklart wurdc, ctwa wenn Marienkopfe auf die Figuren mannlicher Heiliger geldtet wurden.'' (Abb. 6a-b, 7a-b) Wie die Kollekrion von Joseph Egger oder anderen Anriquitiitcnhandlem aucli im- mer 7.usammcngescellt worden war - die nach Frag gesandte Auswahl fand dorr sofort groRes Intel esse und man wolltediegesamre Kollekrion 7.ur Ansicht erhalten, bevordie Enrscheidung liber den Ankauffallcn sollte. Zunachst ver/.ogertccinc Rcisc Eggers nach Belgien im Juni 1894 die angckiindigte Zusendung, weshalb er vom Kunstgewerbe- museum zur Eile gedrangt wurde, da einige Mirglieder der »Acquisitionskommission« in ihren Sommerurlaub abreisen wollcen und iiberden Ankauf nochzuvorentschicdcn werden sollte.,b Am 9. Juni 1894 wurde die SendimgschlieRlich nach Pragabgeschickr (vgl. Abb. 8) und schon am 18. Juni verhandelte das »Ankaufs-Comice« des Prager Kunstgewerbenniseums iiber die Angelegcnheit. An der Beratung nahmen auRer Adal¬ bert von Lanna, dererste Museumskustos Karel Chytil (1857-1934) und GrafZdenko Thun-Hohcnsrein teil. Die ubrigen beiden Mirglieder, Josef Schulz (1840-1917), der Architekt des im Neorcnaissancc-Stil errichteten Gebaudes des Kunsrgewerbemuseums, und derbekannre Bildhaucr Josef V. Myslbek (1848-1922), waren verhindert. Lctzterer harre sich aber schon zuvor »fur den Ankauf wjirmsrens ausgesprochen«.'‘’ Adalbert von Lanna ersrattere zunachst einen Bericht iiber die Verhandlungen mit Joseph Egger und reilr mit, dass 504 einzclne Objekte zugesender wurden.'*1’ Fi'ir den Ankauf dcr ganzen Sammlung spielte auch die Moglichkeit eine Rolle, einen Teil davon wieder 7ti verauRern. Im Prorokoll hciRr es: Mitrlcrwcile bat der Obmann [d.b. Adalbert von Lanna] von Hrn. Dii. Bode m Berlin einen die Scndung beriihrenden Brief erbalten, in wclchcm dcrselbe crwahiu. cr Italic bei J. Egger in Paris cine grossc Scndung klciner mittel.iltcrlicbcr Blciaffixc ca. 600 Stk. (a fres. 5 das Stuck) geselien und nachdcm cr crfaltrcn hat, dass this Prager Museum iiber Ankauf dicscr Sammlung in Unterlundlungen stchc, fragt cr an, ob das Berliner Museum sich mir dem Prager Museum in die Sammlung rheilen konntc. Ausserdem bat auch Hr. L). A. Figtlor in Wien, welchcr anlasslieb eines Besuchs m Prag die erste Probeseiidung hicr angesehen har, dem Obmannc gegeniiber den Wunsclt betieffs cincs Participierens an dcr Sammlung ausgesproeben. Somit licssc sich ein Ihcil der gan/en Sammlung anilerwcirig vcrwertheii.11 Wilhelm von Bode harre Adalbert von Lanna seine Inreresse an einer Teilung dcr Sammlungzwischen Prag nnd Berlin schon am 1. Juni 1894 unrerhreirer.,: Am 1. Juli 1894 fragre von Bode bei Egger wegen des Vcrlaufsdcr Verkaufsverhandlungen nach.1' Auch vor diesem Hinrergrund wurde der Kauf vom Ankaufs-Comire einsrimmig gc-
24 Helena Koenigsmarkovd und Hartmut Kiihne nehmigt - im Hinblick auf den Kaufpicis wollrc man sich aber noch eincn gcwissen Verhandlungsspielraum sichern.11 Schon am folgenden Tag bot man Egger brieflich einen Kaufpreis von insgesamr 2500 Francs, d.h. fiinf Francs je Stuck, an, was Joseph Egger am 24. Juni 1894 akzeptiertT Am 28. Juni schrieb Adalbert von Lanna wegen dieser Angelegenheit sowohl an Wilhelm von Bodealsauch an Albert Figdor. Wilhelm von Bode teilte er den erfolgren Ankauf der Sammlung mit. Aus dem Ankauf soil eine Auswahl fiir das Prager Kunst- gewerbemuseum getroffen werden, aberetwa 330 Stiicke stiinden zum Weiterverkauf zur Verfiigung. Allcrdings gabe es einen weiteren Interesscnten: Iiv/wisclicn hat sich gelegentlich meiner Anwcsenheit in Wien Doctor Figdor, dcr diese Bleiaffixe bei mir in Prag geselien, an mich gcwendet, wir mochtcn ihm, falls wird die Sammlung erwerben, etwas davon iibcrlasscn, was icb ihm aucb zugestand jcdoch mit der ausdriicklichcn Bemerkung, dass Berlin aucb etwas davon haben will. Unter diesen Umstandcn ware es nun das cinfachstc, Sic mochten sich mit Dr. Figdor in die criibrigcn- deii ca. 330 Stiicke theilen und so miisstc jemand von III rent Museum und Herr Doctor Figdor hierherkommen und die gegenseitige Auswahl treften...41' An Albert Figdor wiirde eine Kopie dieses Briefes geschickt: Nach dem unscr Kunstgewerbe-Museum dicauch Sie interessierenden plombs hisrories aus Paris erworben hat, erlaube ich mir, Ihnen mein heutigiges diesfalls an Geheimrath von Bode in Berlin gcrichtetes Schreiben in Abschrift vorzulcgcn in dcr Erwartung, den richtigen Wcg getroffen zu haben, um alleTheile zufriedenzustcllcn.' Wilhelm von Bode hat daraufhin eine Besichtigung der Kollektion in Prag angekiin- digt, die aber erst nach seinem Urlaub in der Schweiz moglich ware. Darauf wollte man in Prag gerne Riicksicht nehmen, wie ihm Adalbert von Lanna am 23. Juli 1894 versicherre.1* Dieser Brief ist der letzte Hinweis auf den geplanten Verkauf nach Ber¬ lin und Wien. Uber einen Besuch Wilhelm von Bodes oder eines Vertreters von der Berliner Skulpturensammlung in Prag im Jahr 1894 ist aber u.W. nichts bekannt.4‘; Die Aufteilung der Sammlung ubernahm nach dem Protokoll vom 18. Juni 1894 Adalbert von Lanna gemeinsam mit dem ersten Kustos und Museumsdirektor Karel Chytil und dessen Vertreter Frantisek Borovsky (1852-1933)7° Ob die beiden letzteren auch die Invcntarisierung der Sammlung im Kunsrgewerbemuseum vornahmen oder ob andere Sachversrandige beteiligt waren, lasst sich nicht eindeutig klliren, da die Handschrift auf den Karteikarten nicht eindeutig zu identifizieren ist. (Abb. 9) Man hat sich hei der Bearbeitung der Sammlung an die Angaben in der Publikation von Germain Bapst11 und dem bekannten Handbuchdermirtelalterlichen Archaologievon Victor Gay'-1 gehalten. Darum hat man auch die identifizierten Abzeichen, so etwa die vom Monr-Saini-Michel, als solche bezeichnet und sie Pilgerzeichen genannr. Fiir andere benutzte man die Bezeichnungen Applikation, Anhiinger, Bibelot oder auch die im Tschcchischen neue Wortschopfung »nametek« (von »namet« = Thema). Merk- wiirdigerweise wurdc der Katalog von Forgeais aber nicht benutzt. Dennoch ordnete man die Gegenstiinde auch im Hinblick auf die Datierung in das 14./I5. Jahrhundert mehr oder weniger richtig ein. Insgesamt wurden damals 174 Objekte fur das Prager Kunstgewerbemuseum inventarisiert.^ Zieht man diese Zahl von den 504 Stiicken ab, die nach dem Protokoll vom 18. Juni 1894 in Prag ankamen, bleiben genau jene 330 Stuck iibrig, die man zum Weiterverkauf offerierte.54 Der beabsichtigte Weiterverkauf an die Koniglichen Museen zu Berlin bzw. an Albert Figdor kam aus unklaren Griin- den nicht zustande - was im Riickblick als Glucksfall gelten muss, denn andernfalls wiiren diese Zeichen wohl inzwischen ebenfalls verloren oder zerstort worden. Ein kleiner Komplex von 14 Zeichen, meist Doubletten, wurde 1903 an das Kunstgewerbe- 4-1 -Dcr Obmann cmplichlt sodanii. die g.in/c Collection, d.i sie iiusserst seltcne und .lls Vor- l.igen verwendlure und .liiregcnde Ohjccies cnthalt, /um Anlcaule. Dcr Gustos tlieilt mil. dass sich von den ahweseiulen Comilemuglic- dern I Ir. Dir. Myslbck lur den Ankaul wlirms- tens ausgcsprochcn hat. Bctrells des Preiscs siellt derCusiosden Anirug, vorderh.md davon abzuschcn, dass als Preis der gan/eii .S.inim- lungder beirag von 3000 Ires, genannt wiir¬ de, nachdem anstatt dcr urspninglichcn 600 Stk. die An/alil bios 504 Stk. betriigt und als Basis der Vcrliandlungcn den Preis von 5 fres. per Stk. an/iinehinen, was somii im G.inzen 2520 I res bet ragcnwiirdc. hs wird beschlosseii, dicganzcSammlunganzukaiilcii, furdieselbe ist 2520 fres (5 fres per Stuck) zu bictcn, docli ist sie eventitcll selbst fur 3000 fres. zu erwer¬ ben. Aus der gaii7cn Sammlung ist etwa ein Drittel fiir das Museum auszuwahlcn. Die Auswahl mogen der Obmann Herr A. von Lanna, Hr. Dir. Myselhek und der Gustos D K. Chytil trelfen. Der erubrigende llieil ist dem Herrn Dir. Bode und Her[rn] DA. Figdor anzubicccn. F.in Stuck zum andern ist [ein Wort unlcscrlich] zu 5 fres. zu nehmen, sollte jedocli Hr Egger auf dem I’reisc von 3000 fres. bcstelien, ist als Dttrchschnittspreis 6 Ires, per Stuck anzunehmen.» Ilandschriftliches Pro- tokoll dcr Sitzung des Ankaufs-Comitcs am 18. Juni 1894 im Archiv des Ul’M. Znr Be- grundung des Ankaufs vgl. auch Zprava Ku- ratoria za spravni rok 1894 (Bencht des Ku- ratoriums fiir das Jahr 1894), Umclecko- prumyslovc museum v Prazc 1895, S. 4. 45 Vgl. das Schreiben Eggers vom 24. Juni 1894 aus Paris im Archiv dcs UPM. 46 Bricfkonzcpr Adalberts von Lanna auf der Kiickseitecincs Briefes von Wilhelm von Bode an Adalbert von Lanna, London, den 17. Juni 1894 im Archiv dcs UPM. 47 HandschriftlicheAbschriftimArchtvdcsUPM. 48 Adalbert von Lanna an Wilhelm von Bode aus Prag am 23. Juli 1894: »Licbcr, verchrter Herr Gchcimrath! Herzlichcn Dank fiir 1 hre I rcund- lichcn Zeileti vom 20. D. M. und dtc besten Wiinsche fur eine recht grundlichc, nachhal- ttge Erholung in den Schweizcr Bergen! Wegen der plombs histoirics seten Sie ganz aufler Surge; diesclbcn werden heute aufs Depot ge- stcllt und kommen nicht ans Fagcsltcht jIs in Ihrcr oder Ihres Museumsvcrtreters Gegcn- wart. Obrigensgeht Dr. Chytil nachsicrTagc auf Urlaub und blcibt wenigstens I Monat fort. Ich griifie Sic hcrzlich und wiinsche vor Allem giinstiges Wetter fiir Iliren Schweizcr Aufcnthalt. Aufrichtigst der I hr Lanna« Staat- liclie Museen zu Berlin - Zentralarehiv (SM B- ZA), Nachlass Wilhelm von Bode (IV/NL Bode) (Korrcspondenz von Lanna, Adalbert). 49 Eine grundlichc Suche im Nachlass Wilhelm von Bodes war im Rahmeii dieser Publikation allcrdings nicht mbglicli. Moglichcrweise lin¬ den sich noch erlicllende Noti/en in seinen Kalendcrn, die fiir das Jahr 1894erhaltcnsind; vgl. Kun7.fi. (wie Anni. 25). 50 Vgl. Amu. 44. 51 Germain BaI'si : Letain: les tneiaux dans I'an- ttquttc ft au moyen age, Paris 1884. 52 Gay 1887-1918-
Die Prager Pilgerzeichemammlimg 25 9 Karteikarte der ersten Inventarisation der Pilgerzeichen im UPM 53 Eshandch sich urn die forclnnfenden Inv.-Nrn. UPM 5613 bis UI’M 5788 54 Vgl.Anm 44 und 46. 55 Vgl. Кап DusshLDORi- iy8i. Nr. 1-14, S. 18- 21. 56 Vgl.Anm 60. 57 «Sammlung de.s Freihcrrn Adalbert von Lan- na l’rag« (Auktionskacalog), 3 leile. Rudolph I.epkc’s Kiinsr-Aukiions-H.ius, Nr. 1SS9.1605 und 1614, Berlin 1909 und 1911 museum in Diisseldorf verkaufr.'5 Schrifrlichc Bclcgc fiir diesen Vorgang fchlcn im Kunstgewerbemuseum Prag. Uberden Verkaufmusswohl derdamaligeDirektor Karel Chytil oder Frantisck Borovsky cntschieden haben. Frcilich ist aueh denkbar, dass es noch cincn weireren Verkaufvon erwa 30 Objekten gegeben hai, denn so wurde sich die Different zwischen den urspriinglich erworbenen Zeichen und den heuce nocb vorhandenen erkliiren lassen.S(' Warum das Museum den urspriinglich fur den Vcrkauf vorgesehenen Resr der Sammlung nichr in scin Inventar aufgenommen hat, ist ebenfalls nichr bekannt. Mog- licherweisc gcschah dies mit Riicksicht auf Adalbert von Lanna. Dieser widmeie dem Kunstgewerbemuseum noch im Jahre 1906 cincn groften Teil seiner Glassammlung sowie weiterc Gegenstiindc. Allcrdings ist seinen lagebuchern zu enmehmen, dass er im zunehmenden Maf?e durch die Wandlungcn dcs politischen Klimas enttauscht war, weil sich damals die NarionalitatenkonHikte zuspirzren und der Zerfall seiner Welt - der Osterreichisch-Ungarischen Monarchic - ankiindigte. In diesem Zeitraum gab er seine urspriinglichcn Pliine auf, von seinen Sammlungen weitere in Prag zu belassen, und bereitete deren Verkauf in ciner Auktion vor.v Er starb im Jahre 1909. Das Schicksal der Prager Sammlung im 20. Jahrhundert Nach dem Ersren Weltkrieg wurde das Kunstgewerbemuseum im neu gegriindeten Staat vor ganz andcre fachliche Aufgaben gestellt. So blieb das gesamte Konvolut bei- sammen, wurde aber nicht weiter beachret, was aucli dem allgcmcincn wissenschaft- lichen Desinteresse an den Pilgerzeichen geschulder war. Erst infolge der Eingliederungzahlreicherprivater und kirchlicherSammlungen, die nach 1948 durch das kommunistische Regime konfisziert wurden, fulirte man in der Tschechoslowakei am Endcder fiinfziger Jahre eine Gesamtinvcntur aller Museumsbc- standedurch. Der damaligeDirektor des Museums, Emanuel Poche (1903-87), wurde verhaftet und beschuldigt, Eigentum von »regimefeindlichen« Personen im Museum aufzubewahren. Zugleicb wurden Spezialisierungen dcr Sammlungen der Prager Mu- seen angeordnet, und umfangreicheKomplexe ursprii nglicherSammlungsgegenstiinde wurden an andereMuseen iiberwiesen. Opfer dieser >Sauberung< wurde aucli jener 1'eil der Sammlung von Pilgerzeichen, der einst vergebens auf die Obergabe nach Berlin
26 Helena Koemgsmarkoiui и ml Harnnut Kiihne oder Wien gewarter harrc. Im Jahrc 1962 wurden 245 Abzeichen und Devotionalicn in das Prager Nationalmuseum iiberwicscn und dort inventarisiert.''' Im Kunstgewerbc- 58 museum verblieben nebcn den ursprimglich inventarisierten 174 Nummern aucb noch 43 weiterc Objekre, die zu dem Ankauf von 1894 gehorcen. Diese Stiicke batten zunachst noch kcine Inventarnummern und wurden von der Verfasserin erst in den 1980er Jahren nachtriiglich inventarisiert.v’ Ziihlt man die im Kunsrgewerbemuscum 59 insgesamr bewahrten Stiicke mit den an das Prager Nationalmuseum abgegebcncn und den nach Diisseldorf verkauften zusammen, ergibr sich die Zahl 476. Da mit bind zwischen dem Ankauf und den 1960er Jahren etwa 30 Stiicke verloren gegangen.'’" 60 Allerdings ist diese Rechnung mit cinigen Unsicherheiten bebaftet, denn moglicher- weise enthielt der Ankauf auch einige Fragmente, die zunachst als cinzelne Nummern behandelt und erst in Prag zusammengefiigt wurden. Eine vvissenschaftliche Bearbeirung des im Kunstgewerbemuseum verbliebenen Sammlungsreils wurde erstmals durch die Verfasserin in Form eines Katalogcs im Rahmen ihrer kunstgeschichtlichen Dissertation an der Philosophischen Fakultat der Prager Karls-Univcrsitar im Jahre 1977 unternommen.61 Allerdings war der da- 61 malige wissenschaftliche Kontext fur ein solches Unternehmen nicht giinstig. Es gab aufter den Katalogen von Forgeais, die zum Gluck in der Nationalbibliothek Prag vorlagen, fast keine Spezialuntersuchungen. Mit den Pilgerzcichcn als einem cigcn- stiindigen Phanomen der mittelalterlicher Kultur begannen sich ab denl960er Jahren nur einige wenige Spezialisren zu befassen, die ihre Erkenntnissc in verschiedenen, in der Tschechoslowakei damals schwer zugiinglichen Periodika veroffentlichten. Es ge- lang der Verfasserin jedoch, in Deutschland mit Kurt Koster, in England mit Brian Spencer und in Frankreich mit Colette Lamy-Lassalle Kontakt aufzunehmen. Fur die Dissertation wurden aus dem Gesamtbestand 155 Abzeichen und Devotionalien des 14. und 15. Jahrhunderts bearbeitet. Duplikare und einige offenkundig jiingere Ob- jekte und Fragmente blieben unberiicksichtigt. Auch die bereits erwiihntcn 43 damals noch nicht inventarisierten Stiicke wurden in der Dissertation nicht bearbeitet.62 Da 62 unrer den Bedingungen des sozialistischen Regimes an eine Veroffentlichung dieser Untersuchung mit starkem Bezug auf chrisrliche Themen nicht zu denken war, blieb die Dissertation ungedruckt. Nur cine kurze Vorstellung der Sammlung konnte 1980 auf Tschechisch erscheinen.63 63 In den Jahren 1977-80wurdederim Kunstgewerbemuseum verbliebeneSammlungs- teil restauriert, d.h. die Stiicke wurden gereinigt, konservierr, Deformationen wurden ausgebessert und abgebrochene Teile zusammengelotet. In diesem Zusammenhang veranstaltete das Kunstgewerbemuseum 1980 die Ausstellungen »Navraceno zivotu« (»In das Leben zuruckgekehrt. Restaurierungsarbeiten der let/ten Jahre in UPM«) mit eigenem Katalog. Zum hundertjahrigen Bestehen des Kunsrgewerbemuseums und sei¬ ner NeuerofTnung im Jahre 1986 folgten die Ausstellung und der Katalog »Srredoveke umelecke remcslo ze sbirek UPM« (»Mittelalterliches Kunstgewerbe aus den Samm- lungen dcs UPM«)64, der auch eine Reihe von Pilgerzeichen vorstellte. 64 ImGegensatzzudemSammlungsteilim Kunstgewerbemuseum blieb eine wissenschaft¬ liche Bearbeirung des 1962 in das Prager Nationalmuseum gelangrcn Sammlungsreils aus und dieser Bestand damit selbst der Fachwelt weiterhin verboigen. In der Zcir um 1977 war es selbst fur die Verfasserin kompliziert, den im Prager Nationalmuseum erhaltenen Sammlungstcil naher kennenzulernen. Damals war nur eine fluchtige Besichtigung moglich, bei welcher der Eindruck entstand, dieser Teil umfasse eher Duplikate und andere kleinere Devotionalien. Nach einem eingehenderen Studium in den letzten Jahren zeichnet sich aber ein System ab, nach welchem die Abzeichen nach ihrem Ankauf sortiert worden waren. Offenbar wurden fur das Kunstgewerbe¬ museum besonders vollsrandig erhaltene Abzeichen ausgewahlt, etwa solche, die sich lislundeli ml I) uimlic Ion l.iii IcikIcii Inv.-Nrn. N.uion.ilmuscum Prag 112-68.048 Im H2- 68.293. F.slundeli sitliumdieloril.nilenden Inv.-Nrn. UI'M 98.952 his 98.991 (38 Si tick) und liinl Ir.igmenic olnif Inv.-Nr. Mojjlichcrwcisc wurden die lelilenden Objek- [C nher julIi sl1h»i uni 1900 vcrk.uilt, vgl. Anm. 56. Kof.nigsmarkova 1977. Vgl.auchden Ubcrblickbei KobNiGSMARKOVA 1980. Kofnig.smarkova 1980. Kai. I'rag 1986.
Die Prager Pilgerzeicbensammlung 65 Vgl. diese Argumentation im I’rotokoll tier Ankauf'bkoinniission von: 18. Jirni 1894, Anm. 44. mit ihrem Rah men erhalten haben. Sodann spielte dei Typ - Anhanger, Ab/eichen zum Anheften oder Aufstellcn ere. - eine Rolle. Von besonderer Bedeuumg war eine deutlich erfassbare bildliche Darsrellung, aucli wenn diese im Hinblick aufihre ikono- grafische Einordiuing unklar blieb. Daneben tritt der formale Gcsichtspunkr, also die stilistischen Merkmale der Zeichen, a Is Krirerium deutlich zurage. All dies waren aucli Kritcrien fur die Begriindung des Ankaids, denn die Kunstgcwcrbcmusccn dcs aus- gebenden 19. Jahrbunderts waren aucli a Is Sammlungen /.ur Inspiration fur moderne Herstellungstecliniken gedaclit und so wurden erwa die plombs historic als Vorbilder fur Goldschmiede geschatzt.6'’ Tiotz dcr Kiiterien der Teilung behnden sicli im Bestand dcs Narionalmuseums aucli einige wunderbare Gegenstande, die in den anderen bekannten Sammlungen, cinschlicRlich der Sammlung im Mu see de Cluny, fehlen. Eine dringend wunschens- werte Bearbeitung des im Nationalmuscum befindlichen Sammliingsteiles war seit den 1990er Jahrcn durcli Dagmar Stara, eine der ganz wenigen tschcchischen Spe/.ia- listinnen auf deni Gebicr dcr Pilgcrzeichenhirschung, inimer wieder geplant worden, unterblieb aber letztlich, weil ihr fortgcschrittcnes Alter ihr die Realisierung dieses Vorhabens nicht mchr ermbglichte. Die Entstehung des vorliegenden Katalogs Das im Jalir 2001 am ehemaligen l.ehrstuhl fur Christliclie Arclkiologic, Dcnkmal- kunde und Ktdturgeschichte der Humboldt-Univcrsirat /u Berlin begonnene und seit dem Jalir 2008 am Berliner Kunstgcweibemuseum angesiedelte Projekt der Berliner »PilgerzeichenDarenbank« har sich zum Ziel gesetzt, die besonders seir dem Tod Kurt Kosrers (t 1986) in eine Krisegeratene Kommunikation in der Pilgerzeichenforschung neu zu biindeln. Durch die von hier ausgehenden Impulse zur eiiropaischen Zusam- mcnarbcit bei der Erforschung der mittelalrerlichen Pilgerzeichen wurde deutlich, wie wichrig eine griindliche Publikation der beiden Prager Sammlungsteile fiir den Hort- schritr der Pilgerzeichenforschung ist. Seitdem sich die beiden Verfasscr im Jahrc 2003 erstmals in Prag trafen, war zwischen ihnen inimer wieder von einem zukiinftigen Katalog die Rede, insbesondere nachdem der Verfasscr 2004 gemeinsam mit Nicole Hegener am Kunstgescliiclulichen Seminar der 1 Iumboldr-Universitat zu Berlin cin Seminar zu mittelalrerlichen Pilgerzeichen veranstalteteunddieSeminargruppesich bei einer Exkursion intensiv mit dem Teilbestand im Kunstgewerbemuscum Prag bcschaf- tigen konnre. Konkretere Gesralr gewannen diese Uberlegungen im Zusammenhang des am 24725. November 2006 am Kunstgewerbemuseum der Staatliclien Museen zu Berlin veranstalreten Symposiums in memoriam Kurt Kiister, in dessen Tagungs- band auch cin knapper Uberblick zur Geschichte der Prager Pilgerzeicbensammlung 66 Koinic;>makkov.\ 2008. aufgenommen wurde, auf den in dieser Einfiihrung zuruckgegriffen wurde.1'' l)ass die nun vorliegende Bearbeitung des Gesanitbestandes dcr Prager Pilgerzeicbensammlung schliefSIich /ustandc kam, verdankt sicli gi'instigen Umstiinden. Da die Magazine des Prager Nationalmuseums durch die umfassende Renovierung des Museum in den Jah- ren 2010/11 ausgelagert werden mussren, bot es sich an, den dort aufbewahrten Teil der Pilgerzeichensammlung zeirweise in die Obhut des Kunstgewerbemuseum Prag zu geben. Dieser Umzug bor eine giinstige Gclcgenheit, die gesamte Kollektion zu dokumentieren. Die ma(?gebliche Beteiligung der Berliner »PilgerzeichenDatenbank« an diesem Vorhaben wurde durch eine Forderung seitens der Gerda-Henkel-Sriftung (Dusscldorf) ermoglicht, die Honorarmittel und Reisckostcn zahltc und auch die Drucklcgung des Bandes groEzugig forderte.
2« Helena Koenigsmarkovd und Hart mat Kiibne
Die Prager Pilgerzeicbensammlung 67 Daniel Bf.hcfk: Herstellungstechnik.cn liocli- und spiitmutelallcrlicher KIcinobjcktc aus Zinn. in: HP III, S. 39-55. 29 Summarische Bemerkungen zum Sammlungsbestand Je mehr die Bcarbeitung des Kataloges voranschritt, umso deutlicher wurde, dass das Ergebnisder Arbeit weniger ein endgiiltiges odcr auch nursichcrcs Urteil iiber vide dcr vorzusrellenden .Stиске sein kann. Dazu waren in vielen Fallen genaucre Unrcrsuchun- gen der franzosischen Knit- und Walllalirtsgeografie sowie der rcgionalen Verbreitung bestimmter Bildmorivc notig gewesen. So soil das bier dokumentierte Resuliat vor allem als ein hofFentlicb brauchbarcs Material zur Weiterarbeit fur all jene verstanden werden, die an der HrschlieRung dieser Zeicben als kunst-, kiiltur-, religions- sowie kirchengeschichtlichc Zeugnisse interessiert sind. Trotz der zahlreichcn Fragen, die bei der Bcarbeitung aufgetatichr sind, und an- gesichts der Vorliiufigkeit unserer Uberlegungen sollen einige grundlegende Beobach- tungen an den Abscliluss dieser Einfiihrung gestellt werden. Oberblickt man die Prager Sammlung als ganze, ist die zeitliche Konzentratioii der Objekte auf die Zeir des ausgehenden Mittelalters, also das 15. und evil, das fruhe 16. Jahrhundert auffrillig. Die fur den Zeitraum vom spiiten 12. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts cbarakteristisclien Pilgcrzeichen-Flachgiisse fehlen last ganzlich. Daher sind die wolil siimtlich aus dem 14. Jahrhundert stammenden Eligius-Zeichen aus Noyon (Nr. 166-168), das Zeichen aus dem KlosrerSr. Fiacre, Breuil (Nr. 169), das Zeichen mit Ludwig von Toulouse aus Marseille (Nr. 192) und das bislier einmalige Zeicben mit dem Hiihncrwundcr von Santo Domingo de la Calzada / Villalcazar de la Sirga (Nr. 165), die iihesten Zeugnisse dcr Sammlung. Bedcurct dies, dass ratsiichlich so wenig Flachgiisse gefunden wurden, oder ist ihr Fehlen eher auf die Konvcntioncn des Antiquitatenmarkres zuriickzufuhren, auf dem die filigraneren und kunstvollen Girtcrgusse besser abzusetzen waren, als die derberen Flachgiisse? Eine schlichte Beobachtung betrifft die Tatsache, dass aufFallig vielc der Zeichen start Osenaufzuweisen mit riickscitigen Befesrigungsnadclnausgestartetsind. (Abb. 10) Dies serzr im Gegensatz zu den mit Osen versehenen Zeichen eine wesentlich aufwen- digere Herstcllung in einer dreischaligen Form voraus, was beispielsweise an Pilger- zeichcn aus dem deutschen Raum bislier noch nie beobachtet wurde. Nachdem noch kurz vor Abscliluss dieses Katalogs eine vorziiglichc Beschreibung der Giefttechniken von mittelalterlichen Pilgcrzeichen und anderen WeiBmetallgussen von Daniel Berger crschienen ist, konnre das von tins dargebotene Material dazu einladcn, diesen Fragen mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden.6’ Darf man etwa aufgrund der Ausstattung mit einer riickseirigen Nadel auf ein bestimmtes Herkunftsgebiet, etwa das franzosische Konigreich oder elier noch den Bereich nordlich der Loire schlicEcn? Und lasst sich diese Hcrstcllungstechnik zeitlich noch klarer eingrenzen als es bisher gelungen ist? Das Studium der Pilgerzeichen warimmer eng mit der Wallfahrrsforschungverza lint, da die archaologischen Pilgerzeichenfunde vorzugliche lndizien fur die gcografische Reichweite einzelner Wallfahrtsbewegungen darstellen. Unter der Bcdingung. dass es sich tatsachlich uni - zumindcsr uberwiegend - Funde aus der Pariser Seine handelt, stcllen sie ein Spiegclbild fur die fromme Mobilitat der Pariser Einwohnerschaft des Spatmittelalters dar. Dies vorausgesetzt, fallt die geringe Priisens der gro(?en mittel- alterlichen Pilgerzentrcn auf: Rom ist miteinem Zeichen vertreten (Nr. 233), Santiago de Compostela wolil nur mit zweien (Nr. 179f.), wozu man noch das schon erwahnte Zeichen vom spanischen Jakobsweg rechnen mag (Nr. 165). Die Pilgerzentren im deutschen Reich erscheinen nur mit je eincm Zeichen aus Maastricht (Nr. 234) und Aachen (Nr. 68). Unter den franzosischen Pilgerzentrcn dominiert im Hinblickaufdie Zalil der Zeichen eindeutigder Mont Saint Michel mit seiner Dependence Tombclaine. Ebenfalls mit relativvielen Zeichen sind vorallem regionaleWallfahrtszentren vertreten wie das Kloster St. Fiacre in Breuil, dcr Mont St.-Catherine bei Rouen, die Kirche des 111. Mathurinus von Larchanr, die Abtei Saint-Maur-des-Fosses oder aucli das Wall- fahrtskirclilein der Notre Damede Vaudouan. Mit aller gebotenen Vorsicht lasst sich
30 Helena Koenigsmarkoini und Hartmut Kithm aus dicsem Befund der allgemein zu beobachtende Aufstieg der Nahwallfahrten seit dcm spiiren 14. Jahrhundcrraucli fur den Pa riser Raum beobachren, was die Vcrfasserin schon in ihrer Dissertation konstaticri hatie/,K Ein Problem stellen freilicb die zahlrei- 68 Vgl. Koimcs chen nocb niclit lokalisierren Herkunfcsorre von Pilgerzeichen dar, wie beispielsweisc jene markant-arebaisierenden Plakerten mit einer dreifigurigen Kreuzigungsgruppe (vgl. Nr. 15HF.), die in zahlreichen Sammlungen franzosischer Pilgerzeicben auftauchen. Vor besonders knifflige Aufgaben stellte uns die breire Palette von Mariendarstel- lungen, die dem Zeitgenosscn durcb kleine ikonografische Details Hinweise aufein bestimmtes Kultbild oder eine lokale Legcnde gegeben haben mag, die heure aber riit- selbafr sind. Um die Eorschung in dieser aporetischen Situation voranzutreiben, haben wir cs gewagt, auch hypothetische Idenrifikarionen vorzuscblagen, wie jene der Zei- clien von Notre-Dame-de-PEpine (Nr. 93-102), Notrc-Damc-dc-Vaux (Nr. 103-106) und Notrc-Dame-des-Ardilliers (Nr. 107), auch wenn dicse moglicherweisc keinen Bescand haben werden. Ineinigen Fallen konnen hier Zuschreibungen von Zeichenrypen vorgestellt werden, die niclit leicht von der Hand zu weisen sind. Dies gilt fur die Zeichen der Austrebertbe de Pavilly aus Montreuil-sur-Mcr, die bisher Palschlich dem Kloster der 111. Odilia im Elsass zugeschrieben wurden. Auch konnte die Stiftskirche in Sainte-Barbe-en-Auge als Ursprungsort zumindesreinesTeiles jener Barbara-Zeichen identifiziert werden, die sicli in zahlreichen Sammlungen franzosischer Pilgerzeichen finden. Und nichr zuletzt isr cs Jos Koldeweij gelungen, einen bisher singularen Pilgerzeichenbrakteaten aus dem Prager Nationalmuseum als Zeichen der Sainte-Chapelle in Bourbon L’Archambault zu erweisen (vgl. Nr. 26), was von uns gerne aufgegriffen wurde. Neben den Pilgerzeichen im eigentlichen Sinne und den religioscn Devotionalien stehen die profanen Zeichen, Miniaturen, Schmuck und Klcidungsaccessoires, die etwa ein Viertel der Katalognummern umfassen. Diese disparate Gruppe von Gegen- standen als Zeugnisse der vergangenen Alltagskultur zu erschliefien, ist eine Aufgabe, die im Rahmcn dieses Katalogs nur selir vorliiufig zu losen war. Unter den profanen Zeichen fallt die relativ grofic Gruppe von fast dreiftig erotischen Zeichen auf, die besonders signifikant ist, wenn man die gleichzeitig mit der Prager Sammlung ent- standenen Kollektionen in den Blick nimmt, in denen solche Stiicke nicht oder nur in einzelnen Exemplaren vertreten waren. Erst die in den letzten drei Jahrzehnten ge- machten Zeichenfunde aus den Niederlanden haben diese Gruppe in das Blickfeld der Forschung gcriickt. Die erotischen Zeichen der Prager Sammlung zeigen, dass solche Darstellungen auch in den franzosischen Funden des 19. Jahrhunderts stark vertreten waren, aber auf dem Kunstmarkt wohl nur schwer Absatz fanden. Moglicherweise hatte eine Fortsctzung unscrcr Bemiihungen um das Verstandnis dcr profanen und der Pilgerzeichen und ihrer Ikonografie noch weitere Entdeckungen moglich gemacht, vorgeschlagene Interprctationen bestatigt oder auch in Frage ge- stellt. Nach gut zwei Jahren Arbeit an der Prager Pilgerzeichensammlung meinen wir ein wissenschaftlich verantwortbares Werk vorlcgen zu konnen, das hoffentlich seine Fortsetzung in der Mitarbeit vieler bei der ErschlielSung der Bilderwelten der von uns hier vorgestellten spatmittelaltcrlichen Massenware findet. va 1977. S. 35.
KATALOG
Hinweise zur Benutzung des Katalogs Die Arrikel des vorliegenden Kataloges sind von den drei Autoren in enger Absprache miteinander verfassr und gegenseitig kritisch bewertet worden. Um die dennoch be- stehende Verfasserschafr zu kennzeichnen, ist jeder Artikel am Ende mit dem Namens- kiirzel CB (fur Carina Brumme), HK (fur Hartmur Kiihne) und HKoe (fur Helena Koenigsmarkova) versehcn worden. In den Anmerkungcn und Lireraturangaben wird auf die versiegelte Literatur verwiesen, deren Kurztirel sich durch das Lirerarurverzeichnis erschlieften lassen. Der Vermerk »Pilgerzeichenkartei Kurr Koster« bzw. »Kosterkarrei« verweist auf die »ZenrraIe Pilgerzeichenkartei Kurr Koster«, die sich zusammen mit dem Nachlass von Kurt Koster im Deutschen Glockenarchiv des Germanischen Nationalmuseums Niirnberg befinder. Das Kiirzcl »UPM« vor einer Inventarnummer verweist auf den Bestand des Kunst- gewerbemuscums Prag (Umclcckoprumyslove museum v Praze, abgekiirzt UPM). Der Verwcis auf das »Nationamuseum Prag« steht fur den Bestand im Prager National- museums - Historisches Museum. Da in unsere forschungsgeschichtliche Einleitung einige wichtige Tafeln mit his- torischen Aufnahmen von Pilgerzeichen aufgenommen wurden, konnen bei enrspre- chenden Verweisen im Katalog auch die Abbildungen in diesem Band herangezogen werden. Dies gilt fiir Helbinc, 1911, S. 75, Tafel XXXVI, die als Abb. 5 auf S. 19, fur d’Ai.i.emagne 1928, Tafel XV, die als Abb. 4 auf S. 18 und die Tafel CCLXXXI desselben Werkes, die als Abb. 3 auf S. 17, und Eni.art 1916, S. 305f. mit Fig. 318f., die als Abb. If. auf S. 16 erscheinen.
RELIGIOSE ZEICHEN UND DEVOTIONALIEN Pilgerzeichen 33 Christus Agnus Dei (1-7) Seit dem 8. Jahrlumdert wurden an die Glaubigen kleine aus Wachs und Ol gcFormtc Plaketten in Gcstalr des Gorteslammes verteilt, vvelche die Arcbidiakone zuvor am Karsamstag gevveihr hatten. Diese Plaketten priigte man ab dem Hnde des 12. Jahr- hunderts serienmiiftig mir Modelzangen. Fiir sic crscheint die Вezei chnung Agnus Dei zunachst nur im Kontcxt der in Rom gepriigten Plaketten, die untcr dem Pontifikat Papst Martins V. (1417-31) crstmals cine piipstliche Weihe erhielcen. Diese Agnus Dei galten als Segenstriigcr. Die in Edelmetall gefassten Wachsplarrchen trug man in Form von Anhangern oder Kapscln als Amulette zum Schutz vor bosen Geistern, Krank- Keiten, Unwcttern und andcrcn Schadcn. Seit dem spiiten 14. Jahrhundert kennen wir auch Zinn-Bleigiisse mit dem Bild eines Lammes, die in der Regel kein geweihtes Wachs enthielten.' Auch diese Agnus- Dei-Zeichen waren weit vcrbrcitct. Lntsprechend zahlreieh isr die Anzahl der bis heute erhaltenen Stiicke, zu denen auch die sieben bier vorzustellenden lixemplare gehorcn. Die Gitrergusse stellen ein nach links oder rechts schreitendes Lamm mit Kreuz- nimbus und Srabkreuz mit Siegcsfahnc dar. F.s blickr bei Fast alien Zeichen (nicht bei Nr. 2) iiber seine Schulter zuriick. Neben den dreiteiligen Anhangern, bei denen Vj>1. Buvckni-k iooo. S. 14.Л—14T. - Yves Ciikisti'., Ai t. Agint< Di'i. in: I DM 1. Sp. 215. 1 Kapsel, oval [nveniar-Nr.: UPM 5617 Mafic: Durchmesser: 35 nun Material: Blei-Ziimlegienmg Dacicmng: I5./16. Jalirlnindcri Vcrglcichs.st iicke: kcinc 2 An hanger mit Ose, Gitterguss. rah- menlos mit inschriftfuhrcndcr Standleistc Invc.uai-Nr.: UPM 98.968 Inschrift: in Minuskeln «aw - gnw - s - (Ici- Mafic: Hiihc 40 nun, Brcire 30 nun Materia I: Blei-Z.in n Icgieru ng Daiicrung: I5./1G. Jahrhundert Vcrglcichvmiicke: kcinc I.itcratur: Koiniusmarkova 1977, 5. 116, Nr. 99 3 Pilgerzeichen (?), Brosche mit Ansteck- nadel: Gitierguss, rahmenlos mit Stand- leiste und seitliehem SchriFtband I men tar-Nr.: U I’M 5~63 Insclirilc in Minuskeln. Beginn verdriickt ■•[agn|us»dci>- Mafic: lltilie 32 mm. Breite 40 mm Material: Blci-Zinnlcgicrung Daiicrung: 15./16. Jaluhundcn VcrglcichsMiicke: К at. Bkri.IX 200X, S. 287, N'r. 47. - K.u. Worms 2001. S. 154. Nr. 139. Клт. Cai N/ riun.oesi /r.VRi.i x 2002. S. 247. Nr. 275. - Kiisterkartci Agnus DciTyp A III. I .iter.it 11 r: Koknicsmarkova 197'. S. 115. Nr. 98
34 Pilgerzeicbei. der Gitrerguss, tier das Lamm zcigt, in cincn zweischaligen Rahmcn cingclegr wurdc (Nr. 5—7), wahrscheinlich urspriinglich auch bei Nr. 4), gibr cs anch cincn rahmcnloscn Anbiinger, bci dcm die Spitze des Sicgcskrcuzcs die Ose des An hangers bildcr (Nr. 2). Zu den sieben Zeichen rreren vicr weirere rundc bzvv. sccbseckige Anbiinger mit zwei verscbicdcncn Bildfeldern auf dcr Vordcr- und Riickscitc hin/u, die auf dcr cincn Sciie das Lamm, auf dcr anderen die stebende Gorrcsmurrer zwischcn zwei Biiumchen bzw. cine MaricnHgur in einem Gewachs odcr das Bild des hi. Fiacrius von Brie zeigen. Die zwei runden Marienzeichcngeboren zu ciner Ciruppc, die von unsersrmals Notrc-Dame- de-l’Epinc zugcvvicscn wird und die im Karalog aucli dorr behandclr werdend Dassclbe gilt Hi г das Zeichen mit dcm hi. Fiacrius von Brie' und das scchscckigc Maricn/cichcn *. Dcr rundgiebelige Anbangcr (Nr. 6) enthiilt neben dcm Gitrerguss auch noch Resre eincr Hintcrlcgung, vvobci cs sich in Anlehnung an die cigcntlichen, romischen Agnus Dei uni Wachs handcln konnte. Nr. 1 stellr wahrscheinlich eine Kapsel dar, in dcr Wachs verwahrt wurde odcr sic imitiert eincsolchc. Die Herkunft dieser Objekte blcibt im Dunkcln. Die beiden lerzrgcnannten konnten wegen der vermuteten Einlage aus geweihrem (?) Wachs eventuell aus Rom srammen. Bei Nr. 3 darf cine Verbindung zu cincm bestimmten franzosischen Wallfahrtsort verinutct vverden. Es handclt sich im Gcgcnsatz zu den iibrigen um cine rahmcn lose 4 Anhangcr (?), Gitrerguss, rund mirpcrl- schnurgcfasstem Rundrahmcn Inventar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.102 Майе: Durchniesser: 16 mm Material: Blei-Zinnlegicrung Datierung: 15./16. Jalirhunderr Vcrgleiclisstuckc: Клт. Pcri.in 2008, b. 328. Nr. 153. S. 332. Nr. 165. S. 333. Nr. 168. - Kos- terkartei Agnus Dei Тур A I a. - HF.i.niN’c: 1911, S. 75. TjIcI XXXVI, 7. Rcilie. I. von links in spiegelvcrkehrter Ausliilirung. Клг. Worms 2001, S. 148. N'r. 127 5 Anhangcr mit Osc, Gitrerguss, rund, mit urspriinglich sicbcn (crhalten fiinf) Zungcn befesrigt im zweischaligen mit Wurfclaugen, Kugcln und gedrehtcr Schnurvcrziertem, hcrzformigen Rahmcn Inventar-Nr.: Naiionalniuseum Prag 112-68.197 Майе: Holie 33 mm, Breite 23 mm Material: Blci-Zinnlcgicrung Datierung: 15- Jahrhmulert Vergleichsstiicke: Kosterkariei Agnus Dei Typ A II c 2 Y'gl. unien Nr. 97 uiul Nr. 102. 3 Vgl. unien Nr. 171. 4 Vgl. unien Nr. 111. 6 An hanger mit Ose, Gitrerguss, hoch- rcchtcckigmit Rundgicbcl, mit perlschnur- verziertem Rahmcn im zweischaligen mit gedrehtcr Schnur verziertem, hochrecht- eckigen, rundgicbeligcn Rahmcn, ur- spriinglich Hintcrlegung mit unbekann- rem Material Inventar-Nr.: National museum N2-68.198 Майе: Hohe 32 111111, Breite 21 mm Material: Blei-Zinnlegieriing. Reste von unlie- kanntem Material Datierung: 15. Jahrliumlert Vergleielisstiicke: Ka'i. Bf.ri.in 2008. S. 329, Nr. 156. - Kosterkartci Agnus Dei Typ Alla
Christus 35 Brosche, die mit einer riickseitigangebrachten Nadel an der Kleidung befestigt vverden konnte-einetypischeAus(uhrungbei franzosischen Pilgerzeichen. Hans von Waltheym, der 1475 cine Wallfalm zu den Kultorten der Maria Magdalena in der Provence inner- nahm, vermerkt in scinem Reisebericht den lirvvcrb von Agnus Dei in Sr. Anroinc-cn Viennois (Departemenc Iscrc), dem Srammkloster des Anronirerordens.s Da das Kloster am Jakobusweg, namlich an der via tolosana lag, diente es aucli als Station fur durch- reisende Jakobspilger.1’ Daher ist zu erwagen, ob Nr. 3 aus Sr. Antoine stammt. C.H 5 H-\i;i-к 197 5. V 7l. uml 36-39. 6 Wr.m.i 1925. S. .V'i siclic nutli I9f. 7 Allcrdings ist inikl.ir. ob о sidi bci den cr- \v:i hnii-11 Agnus IV. tin, met., 1 lli-iii Zi-ii lii-ii odcr uni Anhanger mil gcwi i liter 11 Wadis liaiuli-lt. 1 l.ui.N von W.ililu-ym lloti; ■i.c ledig- iiclt .....e it lie lie aguiis ilci. die iclt , tcit same Ant linn ins gckoulil li.ittc..." Wit ill 192s. S. 34 Dornenkronc (Paris, Sainte-Chapelle?) (8) Die Dornenkronealsein Sinnbild der Passion Cbrisii begegnei bei Nr. 8 verbunden mil einem Krcuz in Form eines als Gitterguss ausgcfiihrten Anhiingcrs. Der Dornenkran/. umschliefit ein kompakres, stramingemustertes und perlschnurvcrziertes Krcuz, in dessen Mitte sich cine ebcnfalls krcuzformige Aussparung beHndet. Gerade diese Aus- sparungzeigt, dass ein Rcliquienkrcuz und nicht ein Kruzifixus dargesrellt vverden soil. Aufgrund der Symbolik - Dornenkrone und Krcuz - und der wahrscheinlichen Herkunft aus Frankreich, vviire es denkbar, dass dieses Stiick mit der Reliquiensamm- lungdes franzosischen Konigs Ludwig IX. des Hciligcn (1214-70) im Zusammenhang stelit, der 1239 aus Konsrantinopel neben andcrcn kostbaren Rcliquien auch die Dor- 7 Anhanger mit Cse, rahmenloscr Gir- terguss im zweischaligen mit Wiirfelaugen, gedrehter Schnur und Bogenfries verzier- tem Sechseckrahmen Invcniar-Nr.: Naiionalmuseum H2-6K.158 Mafic: Hohc 39 mm. Brciic 32 mm Material: Blei-Zinnlegierung Daiicrung: 15. Jalirhundcrt Vcrglcichssriickc: Kbsrcrkartei Agnus Dei Typ A II a. - Kat. Worms iooi, S. 152. Nr. 135. ahn- lich, nur spicgdvcrkcbri und mir Verkiindi- gungss/ctie auf der Riiekscirc, SiM-.Nt:i:u 1998. S. 172. Nr. 191a, hier vvohl irrtiimlidi einer niche benannicn cnglischcn Kultsiairc zugcvvic- 8 Anhanger, Gitterguss, annahernd oval Invcniar-Nr.: Nationalnniscuin H2-68.214 Mafic: Hohc 41 mm. Broke 26 mm Maicrial: Blci-Zinnlcgicrung Darierung: 14./15. Jalirhundcrt Vcrglcichssi lit kc: kcinc 9 Gitterguss, Anhanger, rahmenlos Invcniar-Nr.: UI’M 5623 Mafic: Hohc 34 111111. Brciic 34 mm Material: Blci-Ziniilcgicrimg Daiicrung: 15. Jalirhundcrt Verglcichssiiickc: 1 IP II, S. 362. Nr. 1525 l.itcratur: Kc>i:nii:sm.\rkov.\ 197“ S. 119. Nr. 105
36 rilgcrzeichai ncnkrone Christi ervvarli und sic in tier eigens zu diesem Zweck in Paris errichrcren Sainie-Chapelle verwahrcn lief$.'s Insofern konntc das Stuck ein Souvenir der Sainte- Chapellc von Paris bzw. einer ilircr Nachfolgebauten in den Residenzcn der Neben- linien des (ranzosischen Konigsliauscs gevvescn sein. CB »IHS«-An hanger (9-13) Das soil deni Sparmitrelalter gebrauchliche »1HS% eine missversrandene Form der griecliisclieii Schreibung des Namens »IHXOYX«, begegner all deni 15. Jahrhundert gehauft im Kontext religioser Kleinkunst. Es trat, besonders durch die Predigt des Ы. Bernardin von Siena gefordcrt, an die Stelle der iiltereii Chrisrusmonogramme (1C, XC, und XPS)/’ Die fiinf IHS-Anlianger der Prager Sammlungcn bcsrehen fast alle aus zvveiteiligen Rah men - rhombcnformig bei Nr. 10, herzformig bei Nr. 11 b/.vv. rund bei Nr. 12f. -, die u. a. mil gedrehren Randcrn oder Pcrlschnurverzierungen versehen sind und cinen Gitter- oder Flachguss mil dem Christusmonogramm einfassen. 1m Fall von Nr. 9, einem rahinenlosen Gitterguss, bei dem die drei IHS-Eettern miteinander vcrflochrcn sind, wird erst im Vergleich mil einem nahezu identischen Fundstiick aus dem nie- dcrlandischen Nieuwlande klar, dass es sich auch hier um einen Anhanger handclre.1" 10 Anhanger, Flachguss im zvveiteiligen, rhombusformigen Rahmen, aufder Riick- scite Einlage aus Glimmer Invcntar-Nr.: l.TM 5738 Mafic: f lohc 23 mm Material: Blei-Zinnlcgicrung Daricrung: 15. Jalirhundcrt Vergleiclissiiicke: Kosrcrkartci lypuvR V'lll I t: 3 L.itcraiur: Koiniosmarkova 1977.8. 117. Nr. 102 11 Anhiingcr, Gitterguss im zvveiteiligen, herzformigen Rahmen Invcntar-Nr.: UPM 5743 Mafic: Hohe 29 nun, Brcite 22 mm Material: Blci-Zinnlcgicrung Datierung: 15. Jalirhundcrt Vergleiclissriickc: Kdstcrkartci Typus В V'lll I c l.iteratur: Kof.nic.smakkova 1977, S. 117, Nr. 101 8 Jean Kii iiaki). Art. Iiuhriy AY. ft. tit.. in: 1.ПМ 5.Sp. 2186. 9 In diiumui 19Я. S. 718-718. - Josel Lni;f- mans. Arl. Christusnwnof>rannu, in: 1.D.V1 2. Sp. I943H". 10 IIP 11, S. .362. Nr. 1525. 12 Anhanger, Gitterguss im zvveiteiligen, runden Rahmen Invcntar-Nr.: UPM 5744 Mafic: Hohe 27 mm, Durchmcsscr: 24 111m Material: Blci-Ziimlcgicrung Datierung: 15. Jalirhundcrt Vcrglcichsstiickc: Kcisierkartei Typus В V'lll 3 a l.iteratur: Koknicsmarkova 1977. S. 116. Nr. 100
Christm Der Buchstabe »l« in tier Mitre war urspriinglich iiber die rcstliche Formation liinaus verlangcrt, so dass ein Kreuz. enrsrand. Bei dem F'xemplar aus den Niederlanden gibr es oben an dieser Vcrlangcmng cine sell rage, geschvvungene INRl-Tafel und cine Ose. l:iir das hier vorgestclltc Pragcr Stuck ist beziiglich seiner urspriinglidien Gestalt ganz A h n I iches a n/.u neli men. CB Das Christkind mit den Leidenswerkzctigcn (14) Darstellungen dcs nackren Cliristkindes vvaren besonders in der Druckgrafikdes spaten 15. Jahrluinderis weit verbreitet. Dieses RildthemawurdehaufigmireineniSpriichband verbunden, das ein «Cures Neues Jalu« angekiindigr. Desbalb triigt dieser Typus von pjnblattdrucken aucli den Namcn »Ncujahrswunscli«." Die Verbindung des nack- ten Cliristkindes in stehender oder sitzender Haltung mit Symbolen der Passion wie dem Kreuz, der Lanze, der CieiRel oder dem Rohr mil dem Essigscbwamm, d.h. den Arma Christi, begegnet aucli in der Druckgrafik liaufig.,: Dagegen ist diese Blecbpra- gung, die moglicherweise eine Nadel zur Befestigung als Anstecker besaK, ein bisher singulares Stiick. Wiihrcnd die Verbindung des Cliristkindes mit Kreuz, Speer und Essigschwamm zum normalen ikonografisclieii Programm der Drucke geliorr, ist die Ersclieinung des Engels ungewobnlich. Die Interpretation der gedruckten Neujahrs- griiKe als Cliicksbringcr lasst sich wohl aucli auf dieses Stiick iibertragen. HK 13 Anhanger, Flachguss im zwcitciligcn, rundeii Rah men Invcntar-Nr.: National museum Pr.tg 112-68.107 Mafic: Durclimesscr: 23 mm Material: Blci-Zinnlegierung Daticrung: 15. Jalirluindert Vcrgleichsstiiekc: Kosterkartei Typus В V'lll 1 a 1 14 Brakteatenartiger Anstecker, auf der Ruckscite Lotstelle (evrl. fur eine Nadel), das Blech zwischen Kreuz, Cbristuskind und den Leidenswcrkzeugen ist teilweise weggebroclien Inventar-Nr.: Nationalimiseum Prag 112-68.204 Material: Kupfer / Messing (:) MaKc: Hohe 25 mm, Breitc 22 mm Daticrung: spates 15. / frillies 16. Jahrhiindert Vcrglcichssriickc: kcinc II Vgl. Мкп/. 191- 12 Vgl. I h it/. 1917, N1. 20. 22, 23. 27. Kai. Mi'Ncati N Nr. 331. 15 Pilgerzeichen, Bmselie mil Anstcck- nadel bin ten, kompakter Flacliguss, hoch- rechteckig oben mil Kielbogcngiebel ln\cniar-Nr.: UI’M 5755 Malic: I lobe 37 mm. Breitc 25 111m Material: Blei-Zinnlcgicrimg Daticrung: 13-/14. Jahrliuniiert (?) Vcrgleichsstiiekc: Kostcrtlatei: Kreu/iginig IV- pus dreiligttrig, C 1.2.1». - K.vr. Bi.ri.in 2008. S. 311. Nr. 112. - Kai. Worms 2001. .5. 74, Nr. 1. ViLi.NOi-.11 19S9. - I ln.BlNt; i*;i I. Tafel XXXV'I oben retlits: Briissel Koniglielie Rililio- tliek. Miin/.kabinm (ehemalige Saiiimlung Dis- sard) L.itcratur: Koi.niosmaukova 19-7. S. 107. Nr. 85. Kai. I’ii.-u; 1986, 5. 24. N1. I70
38 Vilgerzeicbat Kreuzigungsdarstellungen (15-24) Krcuzigungsdarsiellungen sind bis zum 8. Jahrhundcrt ehcrselren zu finden. Erst ab dem ausgehenden Hochmirtclalrer erlangre der Opfertod Christi gnmdlcgende sakra- mcntale Bedeutungund somir auch einezentrale Stellung ini christlichen Rildkanon." 13 K.ul Nii.uk, An. Kuuzigun^ Christi, in: Insgesamt zehn Objckte dcr Prager Sammlung /.eigen cine solche Krcu/igung mit 1 l)f;1 **’ SP- b(>^ Beifigure». Acht davon sind Pilgcrzcicbcn: Nr. 15-18, 20, 22-24. Ingrofiercr Sriickzahl hcrgcstcllt und damit wold als Pilgcrzcicbcn anzusprechensind die Exemplare Nr. 15 und 16. Sie zeigen grofic Ubcrcinstimmung in dcr Darstellung, zudem sind weitere Exemplare aus anderen Sammlungen bekannt. Die Darstellung zeigt Cbrisrus mir Triumphnimbus an einem stramingemusterren Kreuz. Dcr Korper sclnvingi ab der Eliifte nacb links. Markant sind die Enden des Krcuzcs, die von je drei zum Dreieck zusammengestellcen Wiirfelaugen gebildet werden. Flankiert wird der Kruzifixus von zvvei Figurcn - links von Johannes, rechts von Maria. Auffallig sind das Scheibenantlitzdes Mondes und das Sonnenrad, diezu beiden Seiten uber dem horizon - talen Kreuzbalkcn ersebeinen. Die Darstellung des Gekreuzigten mit Triumphkreuz- nimbus und den Gestirnen begegnet vor allem im byzantinischen Raum.u Auch die 14 F.bd., Sp. 1505. iibergroften Hiinde und diesteife aber nicht ganz parallele Fattenfiibrung der Gevviindcr der Trauernden deuten in diese Richtung. Daher konnte es sich hier um die Wiedergabe cinesBildobjcktcs byzantinischen Ursprunges zuhandeln.viellcichteinerStaurotbekoder einer lkonc, die mdglicbervveise ini Zeitalter der Krcuzziige nacb Frankreicb gelangte. 16 Pilgcrzcicbcn, Broschc mir Ansrcck- nadel hinten, kompakter Flachguss, hoch- rccbieckig oben mit Kiclbogengiebel Invcntar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.062 Mafic: Hohe 34 mm. Brcitc 26 mm Material: Blei-Zinnlcgierung Daticrung: 15. Jahrhundcri Vcrglcichsstikkc: Kat. Nr. Kal Kostcrdatei, Krcu/.igung Tvpus dreifigurig, C 1.2.1», Kat. Berlin 2008, S. 311, Nr. 112. - Kat. Worms 2ooi, S. 74 Nr. 1. - Vii.i.Nt;tR 1959. - Helbinc 191 I, Tafel XXXVI oben rechts; BriisscI Miinz- kabinett. Sammlung Dissard (nach Kostcrkartci, SainincHoio Brussel .3, 1. Reilie in dcr Mine) 17 Pilgerzeichcn Broschc mit Ansteck- nadel hinten, kompakter Flachguss, hoch- rcchtcckig oben mit schwach kielbogenfo- migem Giebel mit Krabben hiventar-Nr.: National museum Prag H2-68.061 Mafic: Hohe 40 mm, Breitc 27 mm Material: Blci-Zinnlegierung Datierung: 15. Jahrluindert Vergleichssriicke: Brcna 1996, S. 70, Nr. 41 18 Pilgerzeichcn, Broschc mit Ansteck- nadel hinten, kompakter Flachguss, hoch- rechteckig oben mit halbrundem Giebel Inventar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.063 Mafic: Hohe 37 mm, Bieitc 2!) mm .Y1.-ircri.-il: Blei-Zinnlegiemng Datierung: 15. Jahrhundert Vcrglcichsstikkc: Brcna 1996, S. 70, Nr. 35-37
Christ us У) Auch Nr. 17 zcigt - allerdings in einer ctwas abgewandelten Bildsprache - dicsc Symbolik. Ubcr dcm Horizontalbalken srcht cin Halbmond imd aul der anderen Seite das Sonncnrad. Пег Gekrcuzigte ist ohne Triumphkreuznimbus abgebildcr und wesentlicli kleiner dimensioniert als die Hankierenden Figuren, Johannes und Maria, die ihrerscits ohne die iibergrofien Hiiiule erscheinen. Dieses Zeichen gelu wolil nicht aufdasselbe Kultbild wie Nr. 13f. zuriick. Doch auch hier ist eine Orientierung an byzantinischcn Vorbildern erkennbar. Gleiches gilt fiir Nr. 18, dessen wcscntlichcr Untcrschied zu den vorgenannten Exeniplaren ist, dass hier zwei Frauen figuren den Gekreuzigtcn begleiten, evil. Maria und Maria Magdalena, und dass eine INRI-Tafel, die erstmals seit deni 12. Jahrliundert in der Darstellung iiblicli wird,\ am oberen Knde des vertikalen Krcuzesbalkens zu sehen ist. Die Pilgerzeichen Nr. 20, 22-24 zeigen eine eher abendlandische Gestalcung ohne die Gestirne und шit geschwungener INRl-Tafel. Diese Form der Tafel ist ein Indiz dafiir, dass die Vorlage fiir das Zeichen bzvv. das Zeichen selbst fruhestens im 13. Jahr- hundert etusranden sein konnen. Bei all dicscn Zeichen ist an ein Gnadcnbild als Vorlage zu denken. Insbesondere die drei letzgenannten sind aber zu unspezifisch, als dass eine lokale Zuordnung ohne wei- teres gelingen konnte. Etwas giinstiger srcht es bei der Identifizierung des Hcrkunfcs- ortes der Zeichen Nr. 15f. Die spezifische Gestalcung, die wahrscheinlich auf eine byzantinische Ikone oder Sraurothek zuriickgeht, und der Unistand, dass mindestens 19 Bcschlag, kompakter Flachguss, wap- penformig m it fiitif nachtraglich gesetzten Durchlochungen Inwnrar-Nr.: Naiionalmuscum Pr.ig 112-68.069 Mafic: Hiilic 25 mm, Breitc 25 mm Maicrial: Blci-Zinnlcgicrung □nticrung: 15- Jahrhundcri Y'crglcichssiikkc: kcinc 20 Pilgeizeichen, Broschc mit Ansteck- nadel hinten, kompakter Flachguss. Iiocli- rechteckig mit kreuzgcschmucktem Drei- ccksgiebel Invcniar-Nr.: Naiionalmuscum I’rag Н2-68.0Л) Mafic: H6hc31 mm, Brciic 19 mm Maicrial: Blci-Zinnlcgicrung □aliening: 15. JahrluinJcn Vcrglcielissiikkc: kcinc 15 Heinrich l.AAC.ticza Jazai.An. Kn-uztr,i]>uii£. I.CI 2. Sp. 6 i9. 9 21 Anhanger, riind, zwcireilig, eine Ose obeii, Flachguss in pcrlschnurvcrziertem Rundrahmeu mil vier Ziingen als Halte- rung des Bildes auf der Riickseite lnvcniar-Nr.: Naiionalmuscum Prag 112-68.121 Malic: Durchmcsscr 21 mm. I lolic31 mm Material: Blci-Zinnlcgicrung □alicrung: 15. JalirhuiHlcri Vcrglcichssiiickc: kcinc
40 Pilgerzeichen drei weitere identische Zcichcn aus andereti Samnilungen bekamit sind, spreclicn liir cincn bcdcutcndcn Wallfahrrsorr, desscn Idcntitat allcrdings nodi nichr gckliirt ist. Audi bei Nr. 24 handelt es sicli um cine rcchrcckigc Plakette, die auf einem stramin- gemusterren Hinrergrund, bei dcr jedc Raute mittig mit einer kleinen Kugel verschen wurde, den gekreuzigren Korpus ohne Kreuz und ohne Bcifiguren zeigt. Das Stuck кошке mittels einer riickseitig angebrachten Nadel an der Kleidung befestigt vverden. Audi liier ist die Herkunft unklar. Die Excmplarc Nr. 19 und 21 sind kerne Pilgerzeichen. Nr. 19 diente ursprunglidi als Bcsdilag, vielleicht an einem kleinen Altarclien. Seine elier einfache Ausfiihrung spricht zudem fiir eine allgemeine, niclit auf ein best mimics Kultobjckt bezogene Darstellung. Nr. 21 bingegen ist durchaus aufwiindig gearbeitet. Neben der Kreu/.i- gungsdarstellung auf dcr Vorderseite triigt die Bildplakcttc, die mit vier Zungeii in einem Rundrahmen befestigt ist, ein Triumphkreuz auf der Riickscitc. Audi hier ist wegen der iehlendcn individucllcn Merkmale fraglich, ob sidi die Abbildungan einem spezifisdien Vorbild orientiert oder ob es sidi um cine typisierende Darstellung des Bildhemas handelt. CB Kreuzabnahme (25) Der Gitterguss Nr. 25 zeigt in einem hochrecliteckigen Bildfeld die Kreuzabnahme durcli Joseph von Arimathaa. Dieser stelit links als biirtige Gestalt im langcn Gevvand und ninimt mit ausgcstreckten Armen den Korper Gliristi, welchcr teilweise schon 22 Pilgerzeichen, Brosche mit Ansceck- nadel hinten, Gitterguss, rund mit perl- schnurvcrziertem Rahmcn Invcntar-Nr.: Naiionalmuscum Prag H2-68.199 Mafic: Durclimcsscr 23 mm Material: Blci-Zinnlegicrung Daticruilg: 15. Jahrluiiuleri Verglcichsstiicke: kcinc 23 Pilgerzeichen, Brosche mit Ansteck- nadcl hinten, Gitterguss, hochrechteckig oben mit von Fialen flankiertem Drei- ecksgiebel Invcntar-Nr.: Naiionalmuscum Prag H2-68.201 Mafie: Holic 27 mm, Brciic 2'i mm Material: Blci-Zinnlcgierung Daticruilg: 15. Jahrhundert Vcrgleichsstiickc: kcinc 24 Plakctie, hochrechteckiger Flach- guss, Korpus ohne Kreuz, Nadel aul der Riickseite Invcntar-N'r.: Natioiialnuiscum Prag H2-68.064 Mafic: Holic 29 mm, Brciic 25 mm Material: Blci-Zinnlcgierung Daticruilg: 14./15. Jahrhundcri Verglcichsstiicke: К at. Worms aooi, S. 75. Nr. 2
Chrisms 41 vom Krcuz gelosi ist, in Hmpfang. Zur Rechten knicr cine weiterc Figur, wolil Nikti- dcnius, cbenfalls im langen Gcwaiul «line Bart und halt die Fufse des Gekreuzigten. Der Ursprungsort des Zeicliens ist unklar. Am eliesten ist ail ein wundcrtatiges Gnadcnbild als Kultbild z.u denken. Die Darstcllung der Kieuzabnahme ist seit deni 9. Jahrbuiulert sowohl ini Abendland als aucli im bv/antiiiischeii Raum vveii verbreitet. Das Fchlen von weitcren Assistenzfiguren konnte in die Zeit bis uni 1400 deuten, da dieses Szene seit deni beginnenden 15. Jahrhundert meist mit einer grofieren Zalil von Personcn ausgestaltet wurde."’ Stilistiscli weisen die Krabbcn und Iialen am Rah men l(> Miklos Boskovus. Gcza |a/.ai. Art. kinu- in das spate 14. und 15. Jahrliunderr. Cti .ibmtlmie. I.U 2. Sp. v)()-v).3. Kreuzreliquiar (Bourbon L’Archambault, Sainte-Chapelle) (26) Die brakteatenartig in Messingblech cinseitiggepriigte Plakette zeigt ein grofies Kreuz¬ reliquiar, das von einer machtigen Lilicnkrone geziert und am Fuft von einem Giirtel uinsclilungen vvird. Links neben dem Kreuz stehen die trauernde Maria und Johannes, reclits wendet sich die Gestalt der Maria Magdalena mit dem Salbgefaf? dem Kreuz zu. Die Lilien in der oberen Hiilfte des Bildfcldcs und dcr schmale Schragbalken verweisen heraldisch auf das Wappen der Hcrzogc von Bourbon und damit auf die Sainte-Chapelle von Bourbon I’Archambault (Departement Allicr) als Herkunfrsort des Zeichens. Seine Ikonografie wurde von Jos Koldcvveij 2010 erstmals gedeutet; diese Interpretation wird hicr iibernommen.1 Das Zeichen zeigt ein Kreuzreliquiar, 17 Koi.diwlij 2012. das 1397 von Herzog Louis II. von Bourbon fur eine Kreuzpartikel und einen Dome 25 Brosche mit Anstecknadel binteii, Pilgcrzcichen, Gitterguss, hochrechtcckig mit Kiclbogengiebel, Fialen und Krabbcn, ursprunglich vicr Zungen, zwei davon nur rudimentar erhalten 26Inventar-Nr.: Naiionalmusctim Prag H2-68.233 Мабс: Hiihc 44 111111, В rate 22 rum Material: Blci-Zinnlegierung Darierung: 15. Jalirliinidcrr Vcrgleiclissiiickc: kcinc 26 Pilgerzeichen, kreisrunde brakteaten- formige Blechpragung mil zwei naclitrag- lichcn Lochungen Inventar-Nr.: Natioiialmiiscum Prag Н2-В8.0^7 Майе: Duidmicssii 25 nun Material: Mcssinghlcch Daiiernng: 11111 I5B0 Vcrgldclisstikkc: keine
42 Vilgerzeicht’t der Dornenkronc Cliristi gestihet wurde. Diese Rcliquicn waren 1287 durch den Grafen Robert von Clermonr-cn-Bcauvaisis, cincm Sohn Ludwigs des Heiligen von Frankreich, a us der Pariser Sainte-Chapelle in die Auvergne gebraclu worden. Herzog Louis 11. srifrere 1370 den Orden der »Notre Dame du Chardon«, der wegen seines Ordenszeichen, eines Giirtels mir der Inschrift »Lspcrancc« (Hoftnung) auch »Ordre de I’Fsperancee genannt wurde. Aufdieses Ordenszeichen verweist dcr Giirrel am Fufi des Kreuzreliquiars. Schon im 14. Jahrhundert war in Bourbon LArchambaulc eine Sainte-Chapelle als Nacbbau des Pariser Vorbilds enrstanden, die unrer der Regierung des Herzogs Johann 11. von Bourbon (t 1488) und seines Nachfolgers Pierre II. von Bourbon (t 1503) durch den Bau einer zweiten Sainte-Chapelle erganzt wurde, den man 1508 weihte. Hier wurde das Kreuzreliquiar bewahrt, das in der Franzosischen Revolution wie die Gebaude des Schlosses mir den zwei Kapellcn unterging. Die Hcr- stcllungdes Zeichcns als brakteatenartige Pragung verweist aufseinespate F.ntstehung um 1500, moglicherweise auch im Zusammenhang der Weihe von 1508. HK T1 Andachtsbild mit StandluR (verlorcn), dreischaliger Guss Invcntar-Nr.: Natinnalnniseum Frag H2-68.184 Mafic: Hohc 44 mm, Breite 23 mm Material: Blci-Zinnlcgicrung Daricrung: spates 15./ Iriihes 16. Jahrhundert Vcrgleichsstitckc: Historisches Museum Basel, Invcniar Nr. 1904.2146 28 Andachtsbild mir StandfulS, drei- schaliger Guss Invcntar-Nr.: National museum Frag 112-68.249 Mafic: Hohc 58 mm, Breite 25 mm Material: Blci-Zinnlegierung Daiierung: spates 15./ frillies 16. Jalirhiinderi Vergleielisstiicke: Historisches Museum Basel. In vent а г Nr. 1904.2146 29 Brosche mit Ansrecknadcl, Flach- guss, oval Inventar-Nr.: Nationalmuseum Frag H2-68.I08 Mafic: Hohc 30 mm, Breite 23 mm Material: Bronze Daricrung: 15-/16. Jahrhundert Vergleielisstiicke: kcinc
Chrisms 43 Salvator muntli (27, 28) Im Spatmittelalrer kam in der alrnicdcrlandischen Malerei das Motiv dcs Salvator tnundiauf, ein Bild dcs auferstandenen Christus, der die eine Hand /.um Segcnsgcstus erhebt, wall rend die anderc einen Reichsapfel b/.vv. die Spaira halt. Zunachst nur als Biistc ausgefiihrt, wurde er spacer auch ganzfigurig dargestdlr, meist im Kontext der Apostelversammlung oder der Ausscndung der Apostel.1* 18 Anton Iicnir. An Chnstm. Chnm,>b,M. Zwei kleineFlachgiissemitder Darstellimgeincsgaiizfigurcn Salvacor niundi finden 1 *' sl’- /{ sich in der PragerSammlung. Beidestimmen stilistisch in so lioliem MaE iibcrein, dass sie wohl aus dersclbcn Wcrkstatt scammen. Moglicherweise ist auch cinegemeinsame Vorlage, vielleiclu ein Andachtsbild, anzunehmen. Der Hciland stelit frontal, er ist bartig und tragt schulterlanges, glattes Haar. Sein Hauptumgibtein Kreuznimbus. DieEnden desKreuzeslaufenin Lilien aus. DieFalten seiner langcn Tunika mit rundem Halsausschnitt fallen im Bereich des Oberkorpeis leicht geschwungen langs herab, unterhalb der Brust liegt das Gewand in Querfalten. Es ist hoch fiber dem linken Knie gerafFt, so dass beidc Unterschenkel ciuhluBi sind. Die nackten FiiRe Christi stehen auf einer Standleiste in Form einer stilisierten Wiese. Die eng am Korper anliegenden Armesind ah dem Ellenbogengelenk erhoben, derlinke prascntiert den Reichsapfcl, der rechte ist zum Segen erhoben. Bei beiden Exemplaren ist die Segenshand verloren. Ein Blick auf die Riickseite zeigt mittigim unteren Bereich eine verdickte Lotstelle, wclche auf die Verwendung als Aufsrellfigurchen mit Stand- fuf? verweist, also wohl als Andachtsbild im Kontext privater Frommigkeit. Wahrend der StandfuR bei Nr. 27 fehlt, ist bei Nr. 28 ein runder, mit acht Speichen und Perl- schnurrand versehener Standful? angclotct. Ob diese Verlotung des Zcichens mit dem fraglos originalen spatgotischen FuR im Kunsthandel vorgenommen wurde, bei einer spacer Restaurierung im Museum entstand, oder ob bier der urspriingliche Zusrand bewahrt wurde, liisst sich nichr sagcn. Auch die urspriingliche Herkunft der Stiicke bleibt vorerst im Dunkeln. Allerdings konnte das vor allcm in den Nicderlanden ver- breitete Salvator-mundi-Motiv eine Entstehung in diesem Raum nahelegen. CR Heilige Trane Christi (St. Larme), Vendome (29, 30) Die um 1040errichteie Abtei LaTrinite in Vendome (Departement Loir-et-Cher) kam im 12.Jahrhundcrt in den Besit/.einer cinmaligen Reliquic: Hicrwurden in einem prachtigen Reliquienkreuz die Tranen verwahrt, von denen es hicl?, dass Jesus sie aus Trailer iiber den gestorbenen Lazarus vergossen babe.19 Angeblich stammte die Tranenreliquie aus derSchatzkammerdesbyzantinischcn Kaisers Michael IV. Paleologus (1034-41). Dieser habe sie Geoffrey Martel (1006-60), dem sechstcn Grafen von Vendome und Griinder der Abtei, als Dank fur dessen Sieg iiber die Sarazenen zum Geschenk gemacht.’0 Viel wahrscheinl icher ist es, dass Geoffrey Martel das Reliquienkreuzzusammen mitanderen Reliquicn, wie dem Arm des hi. Georg, von Kaiser Heinrich III., dem Sclnviegersohn seiner zweiten Frau Agnes von Poitou (1024-77), bekam. Daraufdeutetdielnschriftauf einer der Holzkistcn, in denen das Heiltum urspriinglich aufbewahrt worden war. Sie laurere »HENRICO NIKF.RS DAT« und verweist damit auf cine Schenkung Bischof Notgers von Freisingen an Heinrich 111.21 Dicengevcrwandtschaftliche Beziehunglegt den Gedanken an eine solclie Schenkung jedenfalls nahe. Besonders zum Hauptfe.st der Abtei am 17. Dezember, dem Tag der Erweckung des Lazarus, stromten die Pilger nach Vendome. Eine Quelle aus den I430er Jahren liefertdetailliertelnformationen iiber den liturgischen AblaufderFcier.22 Das Reliquiar mit den Heiligen Triinen wurde prozcssionaliter aus der Kirche durcli die StraRen der Stadt getragen und nach der Prozession im Seitenschiff unrer einem Baldachin auf- gestellt. Ein Priester predigte iiber die Auferstehung dcs Lazarus und pries dabei die Stadt Vendome sowie ihr grofies Gliick, einen solchen Scliatz wie die heiligen Tranen, 19 biMON 1834. S. 321 - Dominique Bari i.t 1 niv, Art. Vendome, in: I .DM 8. Sp. И561. 21) Bot.RTjr.s 2005, S. 445 21 Klul 22 Simon 1834, S. 330f.
44 Pilgerzeichen ibr eigen nennen zu konnen. Am lindc wurde das Reliquiar unter Gesiingen zuriick an seincn rcguliiren Ort gcbracht. In Vendome wurdcn Ampullar’ und Pilgerzeichen an die Glaubigen verkauft. Dabei handcltc es sich auch urn Anhiingcr in Gestalt cines stark geschwungenen Trop- lens (teilweise im Schnabel ciner Heilig-Geist-Taube), die als Abbilder der Trane Jesu galten.2'' In der Prager Sammlung gibt es eincn ovalcn Flachguss (Nr. 29), der liierzu starkc Parallelen aufvveist. Eingefasst in einen gcdrchtcn Rand tbrontdie Gottesmutter, Christus auf ibren Knien haltend, iiber einer Mondsicbel. Hinter ihr erhebt sich ein Kreuz, iiber dessen oberem Vertikalbalken die Dornenkrone hangc. Zu beiden Seiten der Pieta, unterhalb dcs Horizontalbalkens sind zwei geschvvungenc, tropfenformigc Gebildc dargestellt. Diese Tropfen ahneln der Darstellung dcr Trane auf den aus der Abtei bisher bekanntcn Pilgerzeichen stark. Das Kreuz konnte auf das Kreuzreliquiar von Vendome deuten, so dass mit guten Griinden zu vermuten ist, es handle sich um eine bisher unbekannte Variante der Saint-Larme-Zeichen. Diese Vermutung vvird dadurch gestiirzt, dass auch cinigc der bisher bekannten Zeichen auf der Riickseite cine Pieta zeigen.iS Der kleine Prager Flachguss hat auf der Riickseite eine nur noch 30 Pilgerzeichen, hochrechteckigcr Brak- teat mit Dreiecksgiebel Inventar-Nr.: Naiionahmiscum Prag H2-68.075 Mafic: Hcihe 29 nun. Breitc 20 mm Material: Kupfcrblcch mit Resten einer Vergol- dung (r) Daricrung: 15./16. Jahrhunderi Vergleichsstiickc: keinc 23 Sit.Ncr.it 1998. S. 2271'. -1 IP I. S. 21711'.. S. 217. Nr. 443 und 444. - HP 11. S. 331II'. Nr. 1383- 1390. - Bruna 1996. S. 69, Nr. 6.2. - Kmtcr- datci, Typus Btitiltigiic-siir-mcr N.H 24 K»sri-:K, Vendome, St.c I.armc, Typus С. I, C II. 25 Boeifi jfcs 2005, S. 461. 31 Anhangcr/Kleiderbesatz, gerahmter Gitterguss, Kruzifixus mit Arma Christi, mit vier Lochern an den Kreuzenden und einer Osc oben, Riickseite ohne Gestaltung Invcniar-Nr.: UPM 5788 Mafie: Mohc 234 mm, Brciie 110 mm Inschrift: spiegelverkchri »INRI« Material: Blei-Zinulegierung? Datieruug: 15. Jahrhundcrt Verglcichsstiicke: keinc 32 Anhiinger, Vollguss, Cruzifixus, beid- seitiggestaltctmitKorpusundmitgefasster Einlage im Kreuzungsbcreich der Balken auf der Riickseite Invcntar-Nr.: UPM 5665 Mafic: Hohe 34 mm, Brcitc 18 111m Inschrift: nichi Icsbar Material: Blei-Zinnlcgicrung Daticrung: 15. Jahrhundcrt Vergleichsstiicke: keine Litcratur: Koknicsmarkova 1977- S. 112-Is!r- 92
Christus 45 rudimcntar vorhandcnc Nadel. Zusatzlich wurdenzwei Lochereingeschlagcn. inn ilin an der Kleidung bcfcstigen zu konnen. Auch bci dcm hochrcchtcckigen oben von einem Dreiecksgiebel bcgrenztcn Brak- rcaten Nr. 30 handelt es sich wolil uin ein Zeichen dcr Abtei von Vendom. In das Kup- ferblcch isr ein sog. »Gnadcnstuhl« als Darstellung der Trinitat eingepragt. Gottvater sitzt niinbiert aid einem liohen lluon, vor sicli halt cr an den Horizontalbalken ein Kreuz, an dem Christus hiingt. Unlei dem Haupt Gottvaters und fiber dcm Gckreu- zigtcn erscheint eine Heilig-Geist-Taube. Die Szcne isi von einem Doppclrahmcn mit innen laufcnder Perlschnur gefasst. Zur Befestigung wurde das Blech an drei Stellen durchbohrt. Ein Zeichen mit derselben lkonografie findet sich unter den Seine-Fun- den des 19. Jahrhunderts, die heute im Pariser Muscc dc Cluny verwahrt werden.J(' Eine Blciampulle, die cbenfalls zu den genannten Funden aus der Pariser Seine gchort, tragt auf der einen Seite die Darstellung des Gnadcnstuhles, der von der Inschrift •’SANTA TRI NITS VN VS DEVS« umzogen wird, und auf der anderen Seite ein Bild der Hciligen Trane, wodurch auch die Herkunft dieses Pragcr Zcichens aus Vendome naheliegend istT Cli Kruzifixe (31-56) Pectorale, auch Brustkreuze genannt, treten schon scit dcm Friihmittelalrer als Insi- gnien des Bischofs auf. Diese waren mit bis zu 130 mm Hohe meist deutlich grower als jene etwa zeitgleich bclegten Anhanger, die im aufierliturgischen Kontext auch von Laien getragen wurden. Die altcrcn Exemplare zeigen trapezfdrmige b/.w. gerade Balkenenden, wahrend bei spatcren Formen die Balken in l.ilien oder Kleebliittern bzw. Dreipasscn auslaufen. Kreuzanhanger waren sowohl Zeichen der Verehrung als auch apotropaische Amulette und daher besonders im Spatmittclaltcr weit verbreitet.’H Wie die Sammlungen des Berlin Kunstgewerbemuseums20 und des Pariser Muscc National du Moyen Age-Thcrmes de Cluny10 so enthalt auch die Prager Sammlung eine Kollektion solcher kleinen Kruzifixe, die wohl samtlich Zeugnisse privater From- migkeit sind. Der Hauptanteil der insgesamt 26 Exemplare, namlich 21 zumeist spiit- mittelalterliche Objekte, haben eineOse am oberen Horizontalbalken (Nr. 31-51), die ubrigen sind in ihrem Zwcck schwcr zu bestimmen, aber in den mcisten Fallen wohl als Bcschliigc oder als ortsunspezifischc Devotionalien anzusprechen. Die Mehrzahl der Anhanger ist beidseitig gestaltct. So zeigen Nr. 35-50 den Gekreu- zigten, meist mit Krcuztitulus fiber dem Haupt, und umseitig eine stehendc Madonna oder eine anderc Heilige. Die Gestalt dieser Kruzifixe divergiert. Am haufigsten ver- treten sind lateinische Kreuze mit vcrschieden geformten Balkenenden. Darunter sind acht Exemplare, bei denen die Balken in stilisicrte Lilien auslaufen (Nr. 35, 39, 42, 43, 45( 47, 49, 50). Zwei Objekte zeigen kleeblattformige Endcn (Nr. 36, 46). Zwei anderc Stficke haben die Form eines byzantinischen Krcuzes (Nr. 38, 41). Auch Nr. 37 weist ausschwingende Balkenenden auf, verfugtaber zusatzlich fiber einen zwciicn Querbalken. Es handelt sich um ein sogenanntes Lothringisches Kreuz. Diese Sonderform wie auch die iibrige Gestaltung mu ten eher neuzeitlich an. Gleiches dfirftc auch fur Nr. 51 gelten, eincr Art Astkreuz mit gegahelten Enden. Bci Nr. 48 sind Vertikal- und Horizontalbal¬ ken gleichlang. Sic enden in Kreisen, welche mit je drei kleinen Kugeln verziert sind. Die Gestaltung hat - im Vcrhalmis zu den fibrigen Stficken -sehr regelmafiige, geometrische Zfige, was ein moglicher Hinweis auf eine frfiherc Daticrung in das 14. Jahrhundert ist. Drei der Objekte (N. 32-34) haben an den Stelle, wo sich die Balken kreuzen, cine klcine Fassung mit ciner Einlage. Bei Nr. 32, das auf der anderen Seite den Korpus zeigt, ist diese vollstandig vcrloren. Hingcgen konnten bei Nr. 33, das keinen Korpus tragt, sondern durch kugclige Ausbuchtungen strukturiert ist, Resteeinerwachsartigcn Substanz festgcstellt werden. Das Zentrum von Nr. 34 ziert ein smaragdgriiner Stein, auch hier finder sich auf der Gcgcnseite ein Bild des Gekreu/igten. 26 IUkI S. 464(.. Abb. 226 im Talcltal: Biiuna 1996, S. 49f. Nr. 6. 27 B01 injr.s 2005, S. 46s uml Ahb. 22S 1111 la¬ ic lie i l bciuhcml aul cmcr 7ciJminij; von Ar- ilmr bor{>cjis, dcr Vcrblcib des Sliickcs im iinbckannr. 28 Willnnith Aiu.niiovii, An. linutkiruz, in: LDM 2, bp. 797. 29 26Fxemplare: Kai Btiu is 2008, S. 296-304, Nr. 71-95, 315. Nr. 123. 30 27 txcmplare bci Bri.na 1996. b. 71-81, Nr. 46-73.
46 Pilgerzeichen Das aufPalligste und vvohl auch schonste Stuck in dieser Abtcilung ist Nr. 31. Das Kreuz, dcsscn Arme je in einer Muschcl enden und das am oberen Vertikalbalken cine geschwungcnc INRI-Tafel mit spicgclbildlicher Inschrift triigt, bildct cincn mic Wiirfelaugen, Drciccken und Perlschnur verzierten Rabmen fur die Anna Cbristi, wclchc das Innere der Balkcn fiillen. Gerade die spatmittelalterliche Frommigkeit ist gekennzeichnetdurch denstarken Bezugaufdic Leiden Cbristi. Das Thema der Passion Cbristi finder in zahlreichen Bildtypcn scinen Nicdcrschlag. In diesen Kontext geheirt auch dieses Arma-Christi-Kreuz.’' Im Horizontalarm findensich von links nacb reebts 31 Vgl. Behunkr 195s. - Suckam- 1977- der Hammer, die Geifiel und die Hand des Pilatus. Mittig angebraebt ist die Dornen- krone, in deren Innercn die drei Kreuzesniigcl facherformig angeordnet sind. Rechts davon erscheinen eine Rute, ein Messer (als Sinnbild fur die Bcschneidung Cbristi) und eine Zangc. Ganzoben im Vertikalarm erkennt man fiberdem Kreuzestitulus die drei Wiirfel, mit denen die Soldaten uni den Rock Jcsu wiirfelrcn. Unterder INRI-Ta- fel und direkt iiber der Dornenkrone befindet sich das Handwaschbecken des Pilatus. Unter der Krone erscheinen der Geldbcutel mit den dreifSig Silberlingcn des Judas, der Purpurmantel, eine Lcitcr und die Longinuslanzc, gekreuzt von einem Stab, der auf das Rohr mit dem Essigschwamm verweist. Darunter gibt es cine Fehlstelle: Hier konntc das Schweifttuch der Veronika zu finden gevvesen scin. Ganz unten schlieftt die GeiRelsaule, auf der der Hahn als Symbol dcr Verleugnung des Petrus siizt, die Koinposition ab. Das Stiick konnte vvegen seiner Grofie kaum als Anhangcr getragen werden. Vier Aussparungen je kurz hinter den Muscheln am Ende der Kreuzbalken lassen an eine Verwendung als Kleiderbesatzoder als Beschlagdenken. Eine Zuordnung zu den Pilgerzeichen ist wegen der aufwendigen Gestaltung und den vier Lochungen zwar prinzipicll moglich, aber die Anhangerose ist eher untypisch. 33 Anhanger, Vollguss, Cruzifixus, beid- seitiggestaltet mit kugeligen Verdickungen ohne Korpus init gefasstcr Einlage im Krcuzungsbereich der Balkcn Invcntar-Nr.: Naiionalimiscum I’rag 112-68.244 Mafic: Hi»he 21 mm, Breire 13 mm Material: Blci-Zinnlcgicrung, Wachs (?) Daticrung: 14./15. Jahrhundcrt V'crglcichsstiickc: keine 34 Anhanger, Vollguss, Cruzifixus, beid- scitiggestaltet mit Korpus und mit gefasstcr Einlage im Krcuzungsbereich der Balken Invcntar-Nr.: Nationalmuscum I’rag H2-68.253 Mafic: Holie 20 mm, Brcitc 11 mm Inschrift: »INRI« Material: Blei-Zinnlcgicrung, smaragdgriincr Stein oiler (ilasfluss Daticrung: 14./I5. Jahrhundcrt Vergleichsstiicke: keinc 34a Ruckseite von Nr. 34
Christus 47 37 Anhanger, Vollguss, Cruzifixus(Loih- ringisches Krcuz mit zusatzlichcm Qncr- halkcn) und ausscliwingcndcn Linden, bcid- seitig gestaltct mit Korpus und Madonna Invcntar-Nr.: Naiioiulnuiscuin I’rag 112-68.115 Mafic: I I6hc*11 min, Brciic 30 nun Material: Bronze Inschrif i: »INRI.-; »DOMINl> □aliening: 17./I8. Jahrluincleri (?) Vcrglcichssi iickc: kei ne 4* 39 Anhanger, Vollguss, Cruzifixus mit lilienformigcn Linden. beidseitig gestaltct mit Korpus und Madonna Invcniar-N'r.: Naiionalnuiseum Brag H2-68.24R Mafic: Hohe49 mm, Brcirc ЗУ mm Material: Blei-/.inn □aliening: 15. Jahrliimderi Vergleichssiiieke: Kiistcrkarici Cruzilixus D VII 1 33 Anhanger (?), Vollguss, Cruzifixus mit lilicnfbnnigcn linden, beidseitig gestaltct mit Korpus und Madonna Inveiitar-Nr.: UPM 5663 Mafic: Hohc 38 nun, Brciic 32 mm Inschrift: in Miniiskcl »inri« Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jaluluindert Vcrgleichsstikke: Kcisierkariei Cruzifixus D VII 1, Kat. Berlin zoofi, S. 303. Nr. 92 I.iieratur: Kucnigsmarkova 1977, S. 109. Nr. 88 37a Ruckseite von Nr. 37 36 Anhanger, Vollguss, Cruzifixus mit klccblattformigen linden, beidseitig gc- staltct mit Korpus und Madonna Inventar-Nr.: Naiionalnuiseum Prag H2-68.052 Mafic: I lohe 20 mm, Breiie 11 mm Material: Blci-Ziun Datierung: 15./16. Jahrluuulert Vergleichssiiieke: Kostcikartci Cruzifixus 17 VIII 1 38 Anhanger (?), Vollguss, Cruzifixus (byzantinische Form) ausschwingcndcn Endcn, beidseitig gestaltct mit Korpus und Madonna Invcniar-Nr.: Naiionalnuiseum Prag H2-68.236 Mafic: Hohe 28 mm, Brcirc 21 mm Material: Blei-Zinii mir Vergnlilnng Inschrift: »INRI« Datierung: 14./15. Jahrhunderi Vcigleichsstiicke: keine
48 Pilgerzeichei 40 Anhjingcr, Vollguss, Cruzifixus mit 40a Riickseitc von Nr. 40 geraden Knden, beidseitig gcstaltet mit Korpus und Madonna Itiveiuar-Nr.: Nationalnuiscum I’rag 112-68.252 Mafic: I lohc 33 mm, Brcitc 21 mm Material: Blei-Zinn Itischrifc angcdcutct durcb I’scudolcttem Datierung: 13./16. Jnhrhundcrr Verglcichsstuckc: Kosterkarici Cruzifixus D I 1. - К at. Ri.hi.in 2008, S. 2У7, Nr. 74 41 An hanger, Vollguss, Cruzifixus mit ausschwingendcn Hnden (bvzantinisches Kreuz), beidseitiggcstaltet mit Korpus und cincr weiblicbcn Heiligen mit Palmwcdel und Turin (?), wohl die hi. Barbara Invcntar-Nr.: Naiionalmuseum I’rag H2-68.256 Mafic: Hohc 31 mm, Rrcitc 22 mm Material: Rlei-Ziuii Datierung: 14./15. Jahrlumdcrt Vergleichsstiicke: kcinc 41 a Riickseitc von Nr. 41 42 Anhanger, Vollguss, Cruzifixus mit lilienformigen Enden, beidseitig gcstaltet mit Korpus und Madonna Invcntar-Nr.: Nationalmiisciim H2-68.283 Mafic: Hohe 47 mm. Brcitc 37 mm Material: Blci-Zinn Inschrift: »INRI« Datierung: 14./15. Jalirliundcrt Vcrgleiclisstiicke: Kosterkarici Cruzifixus D V'lI 2 43 Anbanger(?), Vollguss, Cruzifixus mit lilienformigen Enden, beidseitig gestaltet mit Korpus und Madonna Invcntar-Nr.: Natioiulinuscum I’rag 112-68.285 Mafic: I liilic 51 mm, Brcitc 41 mm Marerial: Blci-Zinn Inschrift: nnleserlicli Datierung: 14./15. Jahrlumdcrt Verglcichsstuckc: Kosterkarici Cruzifixus D VII I
Christas 49 44 Anhanger, Vollguss, Kruzifix, beid- seitig gcstaltct mit Korpus und Madonna Invcntar-Nr.: UPM 98.987 Mafic: Hohe 40 mm Breite 25 mm Inschrifi: unlcscrlich Material: Blei-Zinn Daiicriing: 15./I6. Jahrhundcrt Vergleichsstiicke: keine 45 Anhanger, Vollguss, Cruzifixus mit lilicnfbrmigcn F.ndcn, heidseitig gcstaltct mit Korpus und Madonna Invcniar-Nr.: UPM 5662 Mafic: Ho lie 39 mm. Breite 25 nun Material: Blei-Zinn Inschrill: -illri« (Minu.skcl) Daticrung: 14./15. Jalirhunderi Vcrglcichssiikkc: Kostcrkartei Cruzifixus D VI! 2 l.itcratur: Koi-.nigsmarkova 1977. S. 109. Nr. 89. - Kat. Prac: 1986, S. 24, Nr. 169 45a Riickseire von Nr. 45 46 Anhanger, Vollguss, Cruzifixus mit Endcn in Ccstalt von vierblattrigcn Klee- blattern, bcidseitig gcstaltet mit Korpus und Madonna Inveniar-Nr.: UPM 5660 Mafic: Hohe 44 mm, Breiie 35 mm Inschrift: »INR“ Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jahrhuiulert Vcrgleichsstijtkc: Kostcrkartei Cruzifixus I) VII 1 1.iterator: K01 nicsmarkova 1977- $ H>8, K'r. 86 47 Anhanger (?), Vollguss, Cruzifixus mit lilienformigen F.ndcn, heidseitig gcstaltct mit Korpus und Madonna Invcntar-Nr.: UPM 98.976 Mafie: Hohe 40 mm, Brcitc: 30 mm Inschrift: unlcscrlich Material: Blei-Zinn Daticrung: I4./I5. Jahrhuiuleri Vcrglcichsstiiekc: Kostcrkartei Cruzifixus D VII I. - I Iki rinc 1911, Tafel XXXVI, letzte Rcihc unten, 1. von links. - Kat. Bkhi.in 2008. S. 303. Nr. 92
50 Vilgerzeichei 48 Anhanger (?), Vollguss, Cruzifixus, gleichlangcBalkcn mitkrcisformigen Enden, die von drei Kugcln verziert werden, bcitl- seitiggcstaltct mit Korpus und Madonna Invcnta r-N'r.: UPM 5666 Mafic: I lohe 22 mm, Breiie 23 mm Material: BIciZinn Datierung: 14. Jalirluuulcn Vcrglcichsxtuckc: keinc l.itcratur: Koi.nigsmaiikova 1977,5. 110f., Nr. 91 49a Anhanger, Riickscite von Nr. 49 48a Riickscite von Nr. 48 50 Anhanger (?), Vollguss, Cruzifixus mic lilicnformigen Enden, beidseitig gcstaltet mit Korpus und Madonna Invcntar-Nr.: Nationalmuseum H2-68.291 Mafic: Holie 61 mm, Brciic 45 mm Inschrilt: spicgelverkeliri geschricbcncs -1NRI- Material: Blei-Zinn Datierung: 14./15. Jahrhundcrt Vcrgleichsstiickc: Kosicrkanei Cruzifixus D Vll 2 49 Anhanger, Vollguss, Cruzifixus mit lilicnformigen Enden, beidseitig gcstaltet mit Korpus und Madonna Invcmai-Nr.: UPM 5667 Mafic: Hcihe 50 mm. Breitc 35 nun Inschrift: "IHS« Material: Hlci-Zinn Datierung: 15. Jahrliundcri Vcrglcichssttickc: Kosterkartci Cruzifixus D VII 2 I.iteraiur: Клт. PraG 1986, S. 24, Nr. 178 50a Riickseitc von Nr. 50
Christus 51 51 Anhanger, Vollguss, Cruzifixus mit gegabdtcn Enden und Korpus, Riickseitc «line Gescaltung Invcntar Nr.: UPM 5661 Mafic: Hohc 39 mm, Brcitc 25 mm Inschrift: oline Material: BIci-Zinn (Messing?) Datierung: 16. Jahrhurulert Verglcichsstiickc: keinc Liccratur: Koenicsmarkova 1977, S. 112, Nr. 93 52 Vollplastik, ChrLsriiskorpus Inveniar-Nr: H2-68.0H8/H2-6H.286 Mafic: Lange Arnifragmcnt: 32 mm, Korpus I Iolic 89 mm, Brcitc 63 mm Material: Hlci-/.inn Datierung: spatcr als 16. Jalirhuhdcri Vcrglciclisstiickc: keinc 53 Dcvotionalic, Fragment, Korpus, halhschaligcr Holilguss Invcntar Nr.: UPM 5668 Mafic: I lohc 51 mm Material: Btci-Zinn Datierung: 15. Jalirhundcrt Verglcichsstiickc: keinc Literalur: Koenicsmarkova 1977, S. 113, Nr. 94 54 Beschlag, Cruzifixus mit lilicnformi- gen Enden mit Korpus, Riickseitc ohne Gestaltung Invcntar-Nr.: Naiioiialimisctim Prag H2-68.284 Mafic: Hohc 103 mm, Breite77 mm Material: BIci-Zinn Datierung: 16./17. Jalirhundcrt Vcrgleiclisstiicke: keinc 55 Dcvotionalic, Flachguss, Cruzifixus mit Korpus, Riickseitc ohne Gestaltung Invcntar-Nr.: Nationalinuscum Prag H2-68.287 Mafic: Hohc 70 111111, Brcitc 45 mm Inschrift: »»I»N»RI« Material: Blei-Zinn Datierung: 15- Jalirhundcrt V'crglcichssiiicke: keine 56 Beschlag (?), Flachguss, Cruzifixus mit Korpus, Riickseitc ohne Gestaltung Invcntar-Nr.: Nationalinuscum Prag H2-68.290 Mafic: Hiilie 75 mm. Breiie 15 111111 Insclirift: >-..NRl» Material: BIci-Zinn Daiierung: 15. Jahrhiinderi Vcrglcichssiiickc: keinc
52 PUgerzeicben Schliefilich sind in diescr Reilie noch fiinf vvcircrc Objekte zu nenncn (Nr. 52-56), bei delicti die Verwcndung weniger oft'ensichtlich ist. Sie zeigen keine Spuren von Osen oderanderen Befesiigungsmcrkmalcn undsind nurcinscitiggestaltet. Eincsvon ihnen, Nr. 54, wurde wabrscheinlich als Bcschlag benutzt, wic die drei Durchbobrungcn zeigen. Moglichcrweise baben Nr. 53, 55 nnd 56 einen ahnlichcn Zvveck erfiillt. Da es aber keine aussagekriiftigcn Gebraucbspuren gibt, muss diese Frage often blcibcn. F.ine bemerkenswerte Vollplastik eines Gekreuzigten ohne Kruzifix stellt Nr. 52 dar. Die Ausfiihrung ist chcr schlicht und untersebeidet sicb deutlich von den spat- mittelalterlichcn Stiicken. So ersebeim der Gekreuzigte bier wedcr ausgezebrt, nodi werden seine typiseben Verletzungcn (Stigmata, Seitenwunde etc.) explizit darge- stcllt. Das bartlosc Antlitz wirkt entspannt und jugendlicb. Die Durchlochungen dcr Hiindc deuten auf eine ur.sprungliche Befestigung der Figur an eincm holzcrnen (?) Kreuz. EinschlieRlich der geradlinigen Konzeption der Figur, die noch nichts von der schmer/vcrkriimmt vviedergegebenen Korperhaltung der Gekreuzigten alinen lasst. Moglicherweise handelt es sich hier urn cine eher jiingere Arbeit, deren Urheberscbaft im volkskunstlerischen Milieu zu vermuten sein diirftc. CB 57 Kreuzanhiinger aus drei separat gc- 57a Ruckseite von Nr. 57 gossenen und zusammengeloteten Teilen, bestebend aus dem Kreuz mit Kugelcnden und einer Anhangcrose, dem Bild des Ge¬ kreuzigten mitgestreckten Beinen und dcr umseitigen Madonna, beidc als dreischali- ger Gitrerguss ausgefuhrt Invcntar-Nr.: UI*M 5664 Mafic: Hohc4l mm. Brcitc31 min Inschrift: ohne Material: Blci-Zinn Daiierung: 13. / friihes 16. lalirhundcrt Verglcichsstiitkc: keine I.iieratur: Kor.Ni(;sMAKKov,\ 1977. S. 108, Nr. 87 58 Kreuzanhiinger aus drei separat ge- gossenen und zusammengeloteten Teilen, bestehend aus dem Kreuz mit Kugelenden, dem Bild des Gekreuzigten mit gcstrecktcn Beinen und der umseitigen Madonna, bcide als dreiscbaliger Gitterguss ausgefuhrt, stark fragmentiert, der Querbalken und dcr obere Teil des vertikalcn Balkens mit Anbangerosc sind vcrlorcn Inventar-Nr.: UPM 98.957 Mafic: Hiihe (noch) 45 mm, Breitc (noch) max. 16 mm Inschrift: ohne Material: Blei-Zinn Daricrnng: l5./friihes 16. Jahrhunrlert Vergleicbsstiickc: keine
Lb r is t us Dreitciliges Kruzifix mit Maria (57-62) Scchs teilwcisc nur fragmentarisch erhaltene Kreuzanhiinger weisen eine signifikante Ahnlichkeit durcli ihre ungcwohnliche Konstruktion aus: Das Kreuz bildet ein kons- rrukrivcs Geriist aus Rundstaben, die in kugelfbrmigen Verdickungen auslauf'en. Auf beiden Seiten wurden an den vcrtikalcn Krcuzbalkcn scparat gcgossenc Rcliefplattcn mit der Figur dcs Gckreu/igcen und einer gekromen Maria angelmei. Die Gestaluing der Maricnfigur, die das Jesuskind immcr aufdcr liukcn Seitc tragi, ist bci alien Siu- cken ahnlich. Auffiillig ist der kleine Archicekrnrsnckel, auf dem die Figur /11 srehen scheint. Dagegen variieren die Darstellungen Cbristi stark. So sind die Beme dcs Gekreuzigten in drei Fallen gestreckt, und in zvvei Fallen sind sie angewinkelt. Stets ist der Kreuzcstitulus als geschwungenes Band dargcstellt. Die Anhiinger wurden in zwei unterscliiedlichen Groften hergesrellt: Wall rend die kleineren Stiickeeinen Holie zwischen 30 und 40 mm besitzen, sind die groBeren bis zu 75 mm hoch. Zu dieserauftalligen Gruppc sind aus anderen Sammlungen bisher vier Parallelen bekannt. Von Forgcais wurde ein solches Kreuz als Seine-Fund erworbenen und pu- 59 Fragment eincs Kreuzanhangers, inoglicherwcise ursprunglicli mit Nr. 58 verbunden (?) Invcmar-Nr: Naiionalmuseum Prag H2-68.054 Mafic: Holie 30 mm, Brcile 50 mm I nschrifi: ..I NRI. Material: Blci-Zinn Daticrung: 15- /frillies 16. Jahrhundert Verglciehssiiicke: keinc 60 Kreuzanhiinger aus drei separat gc- gossenen und zusammengelbteten Tcilcn, bestehend aus dem Kreuz mit Kugelenden und einer Anhangerose, dem Bild des Ge- kreuzigten mirangewinkelten Beiilen und der umscitigen Madonna, beide als drei- schaligerGittergussausgcFuhrt, die Halite des Querbalkens ist verloren Invfiitar-Nr.: Naiionalmuseum Prag 112-68.242 MaRe: Holie 74 mm, Bieite 31 mm Insclirifr oilne Material: Blei-Zinn Datieruug: 15. / f rulics 16. Jalirhnnilcrr Vergleielisstiieke: koine 61 Kreuzanhiinger aus drei scparat ge- gossenen und zusammengelbreteii Teilen, bestehend alts dem Kreuz mil Kugelenden und einer Anhangerose, dem Bild des Ge¬ kreuzigten mitgestrecklen Beiilen unddei umscitigen Madonna, beide als dreischali- ger Giucrguss ausgeluhrt Inventar-Nr: National museum Prag 112-68.254 MaRe- llohc 37 mm. Rrciie 53 mm Insdirili: oline Mateiial Blei-Zinn Datiening- 15 /Iriilies 16. Jalirliniulerl Vergleiehssiiieke: Bklna 1996, Nr. 45 (olmc Marientignr, Verlusi?)
54 PUgerzeicheu bliziert.,: Dieses Stuck ist nicht mit jencm fragmentierten idcntisch, das Bruna aus der ehemaligcn Sammlung Forgeais publizicrrcv4-4 Aus der Sammlung Cay stammen zwei Exemplare: Hines, dem die Maricnfigur auf der Riickscitc fchlr’1, und ein alinlich aufgebautes Stiick, dass allerdings auf der Riickseite keine Mariendarstellung, sondcrn eine hi. Barbara unter einem gotischen Architekturgiebel mit Krabben zeigc.,s Dieses Beispiel spricht dafiir, in dem charakteristischen Aufbau dieser Kreuzanhiinger keinen Hinweis auf einen speziellen Kultort zu sehen, wenngleich dies auch nicht vollig aus- zuschliefien ist. HK 32 I;oiu;i:ais 186$. S. 481'. 33 Hkuna 1996. S. 75. Nr. 58. 34 1-hd.. S. 71. Nr. 45. 35 l;.bd., S. 76. Nr. 60. Kruzifix im SchifF (Rue, Chapelle du Saint-Esprit?) (63-67) Fiinf Objekte der Pragcr Sammlung weisen cine so ahnliche ikonografische Gestalrung auf, dass eine gemeinsame Herkunft sehr wahrscheinlich ist. Es handelt sich immer iim Darstellungcn eines Schiffes, das an Stelle des Mastes ein Kruzifix triigt. Drei dieser Objekte sind kleine Anhanger, die beidseitig gestaltet sind. Allerdings ist nur die Nr. 63 vollstandig erhalrcn, bei den Nr. 64 und 65 ist die Bekronung des verti- kalcn Kreuzesbalkens mir der Ose abgebrochen. Auf der Riickseite dieser Anhanger befindet sich immer eine stebende Mariengesralt, die gekront ist und das Jesuskind aid dem linken Arm tragt. Ob dieses Marienbild auf ein konkrctes Bildwerk vcr- 62 Кreuzanbanger aus drei separac ge- gossenen und zusammengeloteten Teilen, bescehcnd aus dem Kreuz mit Kugelenden und einer Anhangerose, dem Bild des Ge- kreuzigten mitangewinkelten Beinen und der umseitigen Madonna, beide als drei- schaliger Gitterguss ausgefiiliri 63 Anhanger mit Ose, zweischaliger Gitterguss, am Kiel stark gebogenes SchifF mit Kruzifix als Mast, an alien drei Kreu- zenden Palmetten, auf der Riickseite die gekronte Maria, stehend mit dem Kind auf dem linken Arm Invencar-Nr.: Nauonalmuscum Prap H2-68.277 Mafic: Hohc 31 mm. Brcitc 24 mm Inschrift: olmc Maierial: Blci-Zimi Daticruiig: l5./friilies 16. Jahrhundcri Vcrglcichsstiicke: kcinc Inveniar-Nr.: UPM 5659 Mafic: Hohc 39 mm, Brcitc 28 mm Insclirifi: ohne Maierial: Blci-Zinn [)acicrung: 15. Jahrhimdcrt Vcrglciclisstiicke: keine Literatur: Koknic'.smakkova 1977. S. 113, Nr. 95- - Kat. Prac; 1986, S. 24. Nr. 168. - К at. О1.0М01.4: 2006, S. 230. Nr. 104 63a Riickseite von Nr. 63
Christus 55 wcisr oder nur eincr auch sonst haufigen Konvcntion zur Erganzung dcs Kruzifixus mit cinem Marienbild folgt, ist scliwcr zu cntschcidcn.”' Bci dcm Gekrcuzigten auf dcr Vorderseite handclt cs sich um cincn Viernageltypus mil gckrontem Haupt and cinem l.endentuch, so dass sich die Darstellung auf ein romanisches Kreuzigungsbild beziehen diirfte. Freilich wird am Kreuzbalkcn immer der Kreuzestitulus auf cinem geschwungcnen Band dargestcllc, was auf cine jiingcrc ikonografische Form verweist. Signifikant sind in alien Fallen die grofien Palmecren, die aus den drei Enden der Kreuzcsbalkcn hcraus/.uwachsen scheinen. Bei Nr. 65 konnten die Palmcttcn auch als stilisierre Muschelschalen angesprochen werden. Wahrcnd die Schiffsform bei den Nr. 63 und 65 wegen des stark gebogenen Kiels und des angedeuteten Seirenmders an ein Nef mit Kasrellen auf dcm Vor- und AcluerschifFerinnert, mochtc man bci Nr. 64 eher an cine Kogge mit Achterkastell denken. Dcr Гу pus dcs zweiseirig gestaltctcn Anhangcrs erinnert an ein in Nieuwlandc gefundencs Stiick, das allerdings neben dcm Krcuz noch zvvei undcutlichc Gcstalten steliend im Boot darstcllt und bei dem die Kreuzesbalken ahnlich dcm Jakobuskrcuz in cin Lilienornament auslaufcn. Als Herkunftsort des Stiickes aus Nieuwlandc wurdc die Onzc-Lieve-Vrouwkcrk in Damme (Wcstflandcrn) vermutet, wo sich seit der Mitte dcs 14. Jahrhundcrtscin Mirakclkrcuzbcfand, das von Sell iff ern aufwunderbareWeise im Mecrgefunden vvorden sein soil.1 16 Vgl. den vnrlicrgchcndcii K.ualog.irtikol /u den Kru/.ilixcn. 37 HIM. Nr. lOl.vgl. .iui.lidi.-n Koininencii clul.. S. 138. К«vi. Bito<a;i 200s Nr. und Konimemar S. 202. 64 Anhiinger, zweischaligcr Gitterguss, 64a Riickseite von Nr. 64 Schiffmitgcradem Kiel und Achterkastell mit Kruzifix als Mast, Kreuzender mir Palmettcn (nur einseitig), Palmerte und Anhangcroseoben wohl wcggebrochen, auf dcr Riickseite die gekronte Maria, stehend mit dem Kind auf dem linken Arm Inventar-Nr.: UI’M 98.965 Mafic: Holic 22 mm. Brciic 22 mm Inschrift: oh 11c Material: Ulei-Zinn Daticrung: 15. Jahrhuiuleri Vcrgleichbst iickc: keine Literatur: Kokniusmaiikciva 1977. S. lid, Nr. 96 65 Anhiinger, zweischaligcr Girrcrgti.ss, ahnlich Nr. 63, aber stiirkcrcr Qucrbalkcn, auf der Riickseite mit Straminmustcrung, Palmettc und Ose oben wcggebrochen Inventar-Nr.: IJ I’M 98.966 Mafic: Hiilic 31 iiini. Brciic 29 nun liischrilt: 0I111c Material: Blci-Zinn □aliening: 15. Jalirhuudci 1 Vcrglciclisst iickc: kei 11c Literatur: Koi:nk;smakkova 1977,5. lid. Nr. 97
56 Pilgerzeichen Mit den drei Anhangern ikonografisch verwandt sind die Pilgerzeichen Nr. 66 und 67. Beide stellen ebenfalls ein Schiff dar, bei dcm die Srelle des Mastes von cincm Kruzi¬ fix eingenommcn wird. Zusatzlich werden auf ihncn dasselbe Kreuz und der Korpus des Gekrcuzigten nochmals frontal stehend getrcnnt voncinander in geringcrcr GroRe dargestellr. Die Schiffsform von Nr. 66 erinnert an die der Anhangcr Nr. 63 und 65. Allerdings ist der Schiffsiumpf hicr von einem Bchang verbiillt, deram Bug, am Achterdeck und am Krcuzesstamm befestigt zu sein scheinr. Die Figur des Gekreu- zigten und das Kreuz scheinen im Rumpf des Schiffes zu stehen. Sowohl das groRe Mastkreuz als aucli das kleinere Ieerc Krcuzesholz sind als Prankenkreuz gestaltet und weisen kcine Pal met ten auf. Die Nr. 67 entspricht im Hinblick auf die Schiffsform der Nr. 64. Wahrend das den Mast vertretende Kreuz mit den groRen Palmetten in der Darstellung den Nr. 63-65 cntspriclu, zeigt das kleine Ieerc Krcuzesholz, das nahc am Bug des Schiffes stehr, wie Nr. 66 die Form eincs Prankenkreuzes. Der zugchorige Korpus >sitzt< im Achterkastell. Links und reclus neben dem Mastkreuz stehen zwei Gestaltcn. Die eine wohl altcrc, hagerc Gestalt tragt eine Карре auf dem Haupt, die zweite ist barhauptig mit gclock- tem Haar, tragt in der rechten Hand ein Buch und in der linken einen langlichen Gegenstand mit einem breiten Kopf. Auf dem Schiffsiumpf erscheint in Minuskeln cine schwer lesbare Inschrift, deren erste Zeichen »s: saunom : ...« oder »s. sannom : ...« lauten konnten. Nach dem zweiten Worttrenner konnrc als erster Buchstabe ein »a« siehen; die anschlieRenden zwei oder drei Lettern sind nicht zu entziffcrn. Die drei Anhangcr und zwei Pilgerzeichen scheinen aus einem Kultort zu stammen, an dem ein romanischer Kruzifix verehrt wurde, dessen Legendc mit seiner wunder- barcn Ankunft auf einem Schiff zusammenhangt. Diese Vermutung lasst an eine Variantc der Legcnde vom Lucccscr Volto Santo denken, nach der ein von Nikode- mus mit himmlischer Hilfe hergestellter Kruzifix aus dem Hciligen Land auf einem fuhrerlosen Schiff an die italienische Kiiste getrieben sei, um schlieRlich in Lucca 66 Pilgerzeichen: drcischaliger Gitter- guss mit Nadel und Nadelrast auf der Riickseite, Schiff mit betontem Bug und Achterkastell, der Rumpf mit Tiichern be- hiingt, als Mast ein Kruzifix als Pranken¬ kreuz, rechts und links daneben separat ein kleineres, leeres Prankenkreuz und der Korpus des Gekrcuzigten Invcniar-Nr.: Natioualnuiscum I’rag Н2-68.13У Hohc 58 mm, Brciic 46 mm Inschrifi: ohne Material: Blci-Zinn Dalierung: 15. Jalirhunden Vcrglcich.Mtiickc: kcine
Christus scinen Ori zu Hndcn. Varianten dieser F'rza lilung bcgegnen auKerhalb Italicn auch an dcr Atlantikkiisie, so ctwa im spanischen Burgos, wo sick die I.egende an Г ein im dortigen Augustincrklostcr verelirtes Bild bezng.<K Die Pilgerzeichen schcincn aber eher aus einem franzbsischen Kultorr zu slammen, el wa aus dcr ChapelIc du Saint-F.sprit in Rue (Department Somme). Hier verehrre man im Spatmittelaltcr ein wundertacigcs Kreuz, das dcr I.egende nach Nikodemus fertigre und das im Jalire 1101 auf einem srcuerlosen Sell iff die Kiiste der Picardie crrciclirc. Die Wallfahrr zu diesem Mirakcl- kreuz erlebte in der zweiten Halftc des 15. Jabrhunderts ihren Hohepunkt, als die Chapcllc du Saint-Esprit fiir das bislier in der Kirche Saint-Wulphy bewahrte Kreuz neu erbaur wurde (1440-1515).'' Audi der burgundisclie Herzog Philipp der Gute (1396-1467), dessen I-rau Isabella von Portugal (1397-1471) sovvie der franzosische Konig Ludwig XI. (1423-83) bcsuchten Rue. Sollte die Vermutung der Herkunft der Zeichen aus Rue zutreffen, so stcllen die beiden Eigurcn auf deni Zeichen Nr. 67 wahrscheinlich Joseph von Arimathaa und Nikodemus dar, vvobei letzterer wohl in seiner rechten Hand einen der Kreuzesnagel als iiblichcs Anribut halt. Die unklare Inschrift auf dem Sehiflsrumpf bezoge sieli mdglicherwcisc auf cine lateinischc Namensvariante der Somme, da Rue erst durch die spatere Versandung von der Somme-Bucht am Armelkanal abgeschnittcn wurde, im Mittelalter aber einen Hafen besafi. Bemerkenswert bleibt, dass Pilgerzeichen dieser Gruppe bisher iiur aus der Prager Sammlung bekannt sind. I.ediglich in der Sa mm lung Figdor befand sich ein inzwi- schen verschollenes Zeichen, das mil Nr. 67 wohl fast idenrisch war. Moglichcrwci.se ist der bisher der Liebfrauenkirchen von Damme zugewiesene Fund aus Nicuwlandc auch diescr Gruppe zuzurechnen. Unklar ist, ob ein fragmentarisches Kreuz im Ber¬ liner Kunstgcwerbemuseum ebenfalls zu dieser Gruppe gehiirt, da es an den beiden Enden des Querbalkcns und am unteren F.nde des senkrechten Kreuzesbalkens eben¬ falls runde Verzierungen aufwcist, die allerdings chcr an Muscheln denn an Palmetten erinnern.‘ll> 38 V»l. Sau;ai><> 2000. lies. S. 9||. 39 Vgl. 1-vans isifvj. S. 287. I .cider war uus tlk- cin.schlagiec rci’ionalj;cschiclHiiclic l.iicraiur nielli crrcichlinr: Di.oovr.: l.'liismirc du cm cilix mir.iculcux honorc dans la chapcllc du Saiiu-[;.sprit dc la ville dc Rue cn Picardie. Amicus 18SS. - A. I.K.siiM'k: l.c Crucifix dc Rue ci Ic >-St Voiim dc I.ucqucs, in: Bulletin de la Socieie cIT.nuilaiion d’Abbeville, 1022. S. 2S4-266. Bernard Ca.ssi.i.. I .e pelerinage au Saini-l-sprii de Rue. in: Dossiers arclieolo- piques. historiques er culturels du N'ord er du Pas-de-thil.iis. 2l) (198‘>). S. 2-S. 40 К at. Ri.ki.in 1008, Nr. 94. 67 Pilgerzeichen: zwcisclialigcr Gitter- guss, Schiff mit Aclnerkastcll, als Mast ein Kruzifix mit Palmeiten, reclus und links je eine stehendc Figur, daneben separat cin kleinercs, leeres Prankenkreuz und im Aehterkastell der KorpusdcsGckrcuzigien Invcntar-Nr.: Naiionalmuscuni Praj; H2-08.280 Make: Hdlie S3 mm. Brciic 39 nun Inschrih: aid dem Kreu/estirulus ••i*nerei*« aid dem SehiHsriimpr(l.csuiij; unsiclier): -s: sau- nom: a...- oder -s. sanuoin: a...- iVlarcrial: Hlci-/.inn Daiicnmi;: IS. lahrliundcri Verulcichssiiicke: Sanunlun» Higdon n'Aui- мacini. 1928. Tafel c:a.XXXl. Nr. 30
58 1'ilgerzeichen Maria Marienzeichen aus identifizierten Wallfahrtsorten Aachen (Maricnklcid) (68) Das Aachcncr Marienniiinstcr zahlt zu den wenigen deutschen Kirchen, an dcnen be- reits um dasjahr 1200 Pilgerzeichen hergcstellt wurden. Die Aachcncr Pilgerzeichen- produkcion des Mittelalters war wohl die umfangreichste aller europaischen Pilgcr- kirchen iiberhaupt, sowolil im Hinblick aufdcn zahlenmafiigen Umfang der Emission wieauch im Hinblick aufdas Spcktrum ikonografischer Typcn. Die Erarbeitung einer historischen Sysrematik dcr Aachener Pilgerzeichen isr allcrdings ein Desiderar der Forschung, die bislang immer nocb dutch die von Kurt Kosrer auf der Grundlage der ihm bekannten Glockenabgusseerarbeiteten Typologie bestimmend isr.41 Wahrend fur die friihen Aachener Elachgiissc zumindest Ansiitze einer Bearbeitung vorlicgen42 und die Karlszeichen inzwischen systematisch dargestellt wurden4’, fchlen solche Unter- suchungen fiir die Heiltums- und Marienzeichen des ausgehenden Mirrelalrers ganz. Angesichts dieser Aulgabc eriibrigt es sich, den aus Aachen srammenden Anhiinger der Prager Sammlung in einen allgcmcinen Uberblick der Aachener Pilgerzeichen einzuordnen. Die Verbindung der ikonografisch eindcutigen Darstellung des Marien- kleides, der prominentesrcn Reliquie der Aachener Srifrskirche, auf dem Revers init einer Maria auf der Mondsichcl im Srrahlcnkranz auf dem Avers verweist eindeurig auf Aachen. Der Anhanger ist als Devotionalie anzusprechcn, die im Kontext der in 41 Grundlcgend war die Uniersucluing Kosthr ■957- - Vgl. aucli den Uberblick bei Kosnai 1971. S. 149-151. 42 Haasis-Rf.rker 1003л, S. 157-168. - Vgl. zu den Hlach-und friihen Gittergiissen jcrz.t aucli llRIllNA/KoLAli/MARr.TlIOVA/MunRA/SKA- i.icka/Tkkync.kkova lOl I. 43 PoH'rre.r.N 1008. 68 Dreischaliger Gitterguss mit Ose, 68a Riickseite von Nr. 68 Anhanger mit zwei Bildseiten: Maria in der Mondsichel und Marienkleid auf einer Trages range lnventar-N'r.: Narionalmuseum Prag 112-68.100 Material: Blci-7.inn Malse: I Iolie 31 mm, Brcicc 20 mm Daticrung: uni 1500 Vergleiclisscuckc: HP 1. S. 214. Nr. 4331. — Sni’N- ctR 1998. S. 260, Nr. 255b
Maria 59 Aachen allc sicken Jahre veransiaheten Heihumsweisung sielu. Bei dieser Reliquien- zeigung wurdc auch das Maricnklcid aus dem Aachcncr Maricnschrcin entnommen 11 nd offend ich gez.eigt. Zu deni Anhangersindzwei parallele Fundcausdcm niedcrliindischen Niemvlande1'' 44 HP I. S. 2M. Nr. 933Г. und ein Fund aus London'1' bekanni, so dass man von einem helielnen Devorionalien- -IS Sh-ncir 1998. S. 260. Nr. 2v>h. typus ausgehen darf, der um 1500 das Spektrum dcr Aachener Pilgcrzeichen erweiterte. UK Notre Dame de Boulogne-sur-Mer (69-71) Boulogne-sur-Mer (Departcment Pas-de-Calais), als Fahrhafen am Armclkanal bcrcits in der Antike von Bedeutung, erhiek seit dem 11. Jahrlumderi als Zentralort der Graf- schaft Boulogne neues Gcwichr, als die Grafen von Boulogne auch durch ihre Betei- ligung an den Kreuzziigen eine Rolle im Kreise der fiihrendcn europaischen Fiirstcn zu spielen begannen. Die im spiiten 11. Jahrhundert einsetzende Wallfahrt zur dcr von der Grafin Ida (1040-1113) kurz vor ihrem Tod ncu errichtetcn Marienkirche spicgch so auch den Aufstieg des Grafenhauses wider."6 Die Marienkirche zog schon im Hochmittelalter Pilger aus Flandern, F.ngland und Frankreich an. Konig Philippe August besuchre Boulogne 1213 und Ludwig dcr Heilige 1264. Konig Philipp IV. liefi nach 1308 in Menus-les-Saint-Cloud wcstlich von Paris eine Marienkapelle als Sekundarkultstiitrc von Boulogne-sur-mcr crrichtcn. Dennoch sind Pilgcrzeichen aus Boulogne bislang erst seit dem spiiten 14. Jahrhundert 4(> Vgl. /.urn On ши! /.nr Walll.ilin R.-ll. Bac- l ii-.ti. Art. Houlognr-sttr-utrr, I .DM 2. S|>. -499- 301. - Si.n.i.iKit/l.oi'iiN 198.1. Iks. S. 77fl. 69 Pilgcrzeichen, hochrcchteckigcrzwei- schaliger Gitterguss mit vicr Osen Invcniar-Nr.: UPM 5678 Material: Blci-/.inn Mafic: Hohc 33 mm. Breite 27 mm Daticrung: 2. Halite des 15. Jahrhundcrts Vcrgleichsstuckc: Kat. Berlin 2008. S. 265f., Nr. 8. - Lamy-Lasai.i.e 1968, S. 201.. Nr. 21 (them. Sammlung Btissard) Licratur: Koknicsmarkova «977. 62, Nr. 22. - Kat. Prac; 1986. S. 19. Nr. 129 70 Pilgerampulle, beutcllormig mil vicr Osen und Lilienornament am Roden Invcntar-Nr.: National museum l’rag H2-68.073 Material: Zinn Mafic: Ilolie 16 mm. Breite (mit Osen) 28 111111 Daticrung: 15- Jahrhundert Insclirift: Vordcrscitc in Majtiskcln: »STC: MA- RIC: DC: BOVI.OINGC* Riickscitc in Majus- keln. teilweisc vcrdruckt: >.STC: MARIC: DC: bov;coi|ngi> Vcrglcichssiiicke: HP II. Nr. 1383. - Sammlung Demaillv (Amicn): Demaii i.v 1910, S. 1291. - Desnoyehs 1876, S. 190Г. - Sammlung (lay: Gay 1887. S. 196 70a Riickscitc von Nr. 70
60 I'ilgerzachen nachzuweisen. Die altcstcn identifizierten Stiicke siammen aus cincr Grabung in Va¬ lenciennes.' Derzcir sind knapp 150 ZeugnLs.se von Pilgerzeichen oder Pilgerampullen bekannt, die in Boulogne im 15. und fruhen 16. Jahrhundert vertrieben wurden. Das ikonografische Programm dieser Objekte beziehr sich stets auf das marianisclie Gna- denbild - cine thronende und gekronte Maria mit dem Kind aid ibrer linken Seite das in einem Schiff sitzt. Dieses Motiv stellr die Ursprungslcgendc des Gnadenbildes dar, das aid einem Schiffohne Besatzung und Segel wunderbarerweise nach Boulogne getrieben sein soil. Bezeugt wird diese Legendc aber erst im spaten Mittelalter. Die Pilgerzeichen von Boulogne weisen trotz der Konzentration auf das marianisclie Gnadenbild undseineLcgendecinebreitesSpcktrumvonTypenauf: neben rahnienlosen Gittergiissen mil der Darstellung des im Schiff sitzenden Marienbildcs,H und schildfcir- migen Gittcrgii.ssen',,> sind vor allem kreisrunde oder rhombische Plaketten'>1' bekannt. Das bier vorzustellende Pilgerzeichen gehort zu cincr Gruppe, die das Gnadenbild im Schiff innerbalb eines hochrecheckigcn Rahmens darstellt. Der Rah men wird da- bei immer von zwei Stegen gebildet, die durch ein Zick-Zack-Band verbunden sind. Am aufSeren Steg des Rahmens sitzen links und rechts jeweils zwei Osen. Wie bei den beiden ahnlichen, inzwischen verschollencn Stiicken aus den Sammlung Bossard bzw. der Sammlung Figdor wird der iiiiRere Steg von einem Tausrab, der innere von einem Perlstab iiberzogen und das Zick-Zack-Band am inneren Rah men verdoppclt. Spezifisch fur das Pragcr Zcichen ist, dass das Zick-Zack-Band grofiere Zwischenraume aufweist, wodurch in den vier Ecken noch je ein Bliitenornament Platz hat. Am iiufieren Rand finden sich noch zwei von urspriinglich wohl sechs Haltezungen (zwei je oben und unten, cine je links und rechts). mit denen eine Hinterlegung aus Pergament o.ii. fixiert werden konnte. Merkwiirdig ist, dass dieser Zeichentypus trotz der zahlreichen Ncu- funde der letzten Jahrzehnte nur in den vor oder uni 1900 entstandenen Sammlungen begegnet. Durch den Verlust der anderen beiden Stiicke ist dieses Zeichen gegenwartig der einzige noch physisch exisrente Vertreter dieses Typus. 71 Pilgerainpulle.bcutclformig.mitzwei 71a Riickseite von Nr. 71 groften Hcnkelosen Invcniar-Nr.: UPM 98.962 Material: Blci-Zinn MaGe: Hohe 37 mm. Breite 35 mm Daticrung: 15. Jahrliundert Vergleichsstiklx: Vordcrscicc wie К at. Bi:ki.in 2008. S. 273. Nr. 22 I.iieratur: Koknicsmakkova 1977, S. 142, Nr. 153 M Vgl. Tixadok 2004. S. 27. Nr. 17. 'iS Vgl. HP I. Nr. 440—442. 49 Vgl. HP 11. 331. Nr. 13811". — Tixaiiok 1004, S. 271'.. Nr. 171'. 50 Vgl. van Asi'eken 2009, S. 5171. 72 Anhanger (Pilgerzeichen), runder, zweischaliger Gitterguss im tiefen Rund- rahmen mit Anhangerose, riickseiiige Fiillung des Rahmens verloren lnventar-Nr.: UPM 5714 Material: Blei-Zinn Mal?e: Durclimesscr 28 mm Datieriing: 2. Halite des 15. Jalirluindcris V'erglciclisstuckc: keine
Maria 61 Zwci der insgesamt vier Pilgerampullen der Prager Sammlungsind ebenfalls Boulogne zuzuweisen. Nr. 70 ist ein typischer Vertrerer der auch sonst bckannrcn baud form igcn Ampullen aus Boulogne, die am oberen Rand reebts und links je eine henkelformige Ose aufweisen, und unren in ein lilienformigcs Ornament auslaufen, das in diesem Fall zcrdriickt ist. Die beiden Hakchen am Rand waren urspriinglich zu Osen gebogen, wieein Stuck der SammliingGayzeigt/” Die Vorderseitestellt eine stebende, nimbierte 51 Marienfigur dar, die das Kind auf der linken Seite triigt. Vor ibr knict balbfrontal ein Pilger, derdie Arme bittend /.um Maiienbild eiliebt. Den Rand um/.ieht eine Inschrift. Nur die obere Kante wird von cincm stramingemusterten Band begrenzt, das sich auf der Riickseite fortsetzt. Die Riickseite zeigt in einem Boor die rhronende Maria, die in ihrer rechten Hand ein gropes Kirchenmodel mit einer Dreiturmfassade halt. Auch hier umzieht ein Schrifrband den Rand. Die chemischc Analyse der Ampulle zeigte, dass sie praktisch aus reinem Zinn bc-steln.'2 52 Die Nr. 71 besitzt dagegen nur zwei groRc henkelformige Osen an den beiden Seiten.s’ Der wohl urspriinglich halbrunde Boden ist weggebrochen, so dass auch ein evtl. vorhandenes Lilienornamcnc verlorenging. Auf der einen Seite zeigt sie das franzo- 53 sischen Konigswappcn mir drei Lilien in cincm Schild, welches oben von einer kleinen stramingemusterten Flache und einer Icicht gebogenen I.ilienkrone uberfangen wird. Auf der Riickseite befindet sich die Darstellung einer Kogge mit Mast und Takellage, die auf srilisierten Wellen schwimmt. Rcchts vor dem Mast ist eine undeutliche unre- gelmal?ige kleine Struktur erkennbar, moglicherweise das Marienbild. Die Zuweisung nach Boulogne bleibt daher noch hypothetisch. Notre-Dame de С1ёгу (72) Die Stiftskirche in Clery-Saint-Andre (Departement Loiret) wurde durch Konig Karl VII. und seinen Sohn Ludwig XI. an Srelle einer alteren Marienkirche, die im Hun- dertjahrigen Krieg zerstort worden war, neu erbaut. Ludwig XI. wall Ite Clery zu seiner Grablege und machte zu ihren Gunsten bedeutende Stifrungen.-4 54 Das urspriingliche marianische Gnadenbild ging verloren und wurde im 17. Jahr- hundert durch ein barockes ersetzt. 1873 publizierre der Abbe Francois-Edmond Desnoyers erstmals ein in der Loire gefundenes Pilgerzeichen aus Clery, welches das Gnadenbild darstellt und durch die Umschrift idenrifiziert werden копте.'’'' Drei 55 Jahre sparer bcrichtete Desnoyers von 13 neuen, z.T. fragmentarischcn Loirefunden aus Clery, von denen er zwei abbildete.'’6 Der Verbleib diescr Funde ist unbekannt. Im 56 Jahre 1874 wurden nach dem Vorbild der Loirefunde 4000 Repliken hergestcllr und in Clery an Besucher verkauft. Eine Replik - evtl. aus dieser Edition - befand sich in der Sammlung Busso Peuss (Frankfurt).^ Ein weiteres Stuck mit einer Ose aus dem Bcsitz Ы des Folklore-Museums Amsterdam verzeichner die Pilger/.cichenkartei Kurt Koster.'11 Die Pilgerzeichen aus Clery zeigen in einem runden Rahmen die frontal auf einem 55 Stuhl thronende gekronte Gottesmutter. Das Jesuskind sitzt dabei auf ihiem linken oder rechtcn Knie. Das Gnadenbild ist von einer gotischen Rahmenarchitektur um- geben, links und rechts werden meist zwei auf Leuchtern stehende Kerzen dargestellt. Die vier bisher bekannten Originale verweisen alle in einer Umschrift im Rahmen auf den Herkunftsort. Das hier vorzustellende Zeichen unterscheidet sich von den bisher bekannten Pilger¬ zeichen aus Clery auch durch die Form, da es sich um einen Anhiinger handelt, dessen Bildfeld in einen breiten Rahmen aus Kreissegmenten eingefiigt ist. Ikonografisch weicht die Darstellung von den Zeichcn aus Clery insofern ab, als das Jesuskind nicht auf den Knien Marias sitzt, sondern an ihrer linken Seite gehalten wird. Start der seit- lichen Kerzenlcucbterwird die’Ihronbank von zwei fialenartigen Architekrurelementen eingerahmr. Die Zuweisung nach Clery ist daher vorerst hypothetisch. HK Gay 1887. S. 1%. Nach emein Guiadiicn des Insulins Iur die- niisdie Tccbnnlngie I’rag (Vysokn Skola Ghe¬ nt icko-Tedinologickav Pra/e) vom M.ir/20l 2 fiir das Kiinsmi-WL-rlK-iiiusciim Рг.ц;. Alinlitlic Henkel weisen /.II. die Ampulli-ii in I ll> II. Nr. 1386 und 13S8 .nil Vgl.dieUI>crsklH iibcrdieStiftungeii l.mlwigs XI. bei Paiiavic ini lyyj, S. 143. 13i.snoyi-.ks 1871. b. 295, Nr. 18 mu Abb. .ml Tafcl IX. Abb 8. Dcsnoyi.us 1876, S. 18Л. mit Abb. auf laid V, Nr. 2 und 3. Nadi der Angabe m der Pilger/eidienkarici Kuri Knsrer, ein enispreelieudes Stuck fclili in Pr.uss 1981. Iuveniar-Nr. 64 76.3506
62 Pilgerzeicben Notre Dame de Liesse (73) DicMarienwallfahrt von Liesse(Departcmenl dcl’Aisne), unweitvon l.aon gelegen, hat das Gnadcnbild einer Schwarzcn Madonna zum Ziel. Nach der Lcgendc schcnktcn im 12. Jahrluindcrt drei franzosische Ritter wiilircnd ilirer Gcfangenschaft in Kairo diese Plastik einer Sultanstochter mit Namen Ismerie, die sich zum Christenmm bekehrtc und das Marienbild auf wunderbare Weise nach Nordfrankrcich brachtc. l licr wahlte das Bild den Orr seiner Verehrung selbst aus.'"' Wall rend die Legende die Ankunft des Marienbildes in die Jahre 1138/39 datiert, ist die Entstehung der Wallfahrr erst am Elide des 14. Jahrhunderts zu fassen, als der Neubati der Kirche durch Stiftimgcn von Ludwig von Valois, Herzog von Orleans (1372-1407) und des franzosischen Konigs Karls VI. (1368-1422) vorangetrieben wurde/'0 Auch dessen Nachfolger Karl VII. (1403-61) und Ludwig XL (1423-83) besuchten Liesse nielirfach. Bci der vorzustellenden Plakette handelt es sich nicht um ein PilgcrzeichenM, son- dern um eine Plakette der Pariser Bruderschaft der »Notre Dame de Liesse», die 1413 gegriindet wurde und in Konig Karl IV. und seiner Frau Isabella von Bayern potente borderer besafS/’’ Forgeais publizierte 18(33 vier ahnliche Plaketten dieser Wallfahrts- bruderschaft.(,i Eine dieser Plaketten entspricht, abgesehen von eincm kleinen Defckt der Inschrilt‘’‘,dein Prager Stuck. Im Avers der Plaketten wild immerdasGiiadenbild dargestellr: Dicgekronre Maria thront frontal aufeinem Stuhl mit hoher Lehne. Die Darstellung ist stets von der auf der Randleistc angebrachten Inschrifr »notre dame 59 Zur (iesehielite ilcr W:i 11 t.i li n und ilirer l.c- gende vgl. Di i-i.ovi' iSr.i. Nidii erreielibar war uns: Bri.no M,\i:s. Not re-Da me de- l.ies- se. I .a litres 201)4. 60 Vgl. Dijim-oyi: 1862, Hd. 1, S. /i(H. 61 Zu den Pilgerzeiclicn von liesse vgl. Brvna 1996. S. 4If.. Nr. 92-94. 62 Dui'I-oyf. 1862, lkl. 1. S. 43. 63 l-'oKta.Ais 1863, S. 3SH. - Vgl. aiicli Di im.ovi' 1862. Bd. 2. S. 343. 64 l*.s Гс-lilt der ersie Sieg des »d« in -de lienee». 73 Bruderschaftsplaketce, runder, zwcischaliger. doppelscitiger 73a Riickseitc von Nr. 73 Guss Inventar-Nr.: I’PM 5752 Material: Blei-Zinn Mafic: Diirtlime.sser 29 mm Insclirih: Avers: •nosirc dame [d]e : lienee», Kevcrs -lienee», beides in Mi- nu.skein Dalierung: 15. Jalirliundert Vcrglciclissriicke: [‘tiKcr.Ats 1863, S. 36 l.iteratur: Клт. I'rac; 1986, S. 19, Nr. 128. - Коекii;smarkov.a 1977. S. 61. Nr. 21
Marin 63 de lience« o.ii. unigebcn, die reclits neben dem Haupt Marias beginnt and vor dem »de« durch die Sell га (fur zu FiiRcn dcr Madonna untcrbrochcn wird. Nur bci dem bier vorzustellenden Zeichcn stcht das Jcsuskind in it tig zwischen den Knicn Marias und hiilt in der linkcn Hand einen Rcichsapfcl, wahrend die rechte Hand mit Segens- gestus erhoben isr, wic cs der Darstellung des Kultbildes cntspricht. In den iibrigen Fallen sitzt das Kind halbfrontal auf dem linkcn Obersclienkel der Madonna. Die Riickseite zeigt in dicscm Fall einen srilisierten Baum, urn den ein Sprucliband mit der Inschrift »licncc« gelegt ist. Einc ahnlichc Darsrcllung begegnet atieb auf einer zvveiren Flakette.'^ Der sich verjiingende Rand deutet darauf bin, dass diese Plaketren ursprunglidi in einem Rail men gerragen wurden, mogliclicrweise in ahnlicher Form wie z.B. Nr. 72. UK Mont S. Michel (Maria im Tor zwischen zwei Tiinnen) (74, 75) Die Zeichen mit der Darstellung einer stehenden Marienfigur mit Kind in einem von zwei Tiinnen flankierten Tor bilden eine groRe Gruppc, die in zahlrcichen Sammlungen franzosischer Pilgerzeichen vertreten ist.w* Die Zuweisungzum Marien- heiligtum von Tombelaine in u limit tel barer Nachbarschalt zum Mont Saint Michel wurde verschiedentlich diskutierd’’, bestritten'* und hlieb zuletzt in der Schwebe/’4 Der archaologische Fund eines diesem Typus entsprechenden Gussmodels in einem am Mont Saint Michel ergrabenen Pilgerzeichcnaielier bcstaligte aber die Loka- 65 l-'imi.i-.MS i86|.S.35.36.l>/u\ Dipiovi. 1862. Bd. 2. S. 343. 66 Sanimlmig Bossard: Ill.l.litNi; 1911, T.iM X X X V I. CMC RcillC VOll L)l)L'll, drit tes ZcidlCIl von links. - Bui na 1996, S. 11-1. N1. 139 l il. - Клт. Worms 200^. S. 82-86. Nr. 12-20. - Briisscl, Biin.imni-oei Rovai 1. Gahinci dcs monnaics. Coll. Di.ss.1r1. Invcin.ir Nr. 23447. - Dr.sNnri-.KS 1 N76, S. 189. Nr. .Vi. - I.amv- I.asai 11: 1968, S. 21. Nr. 22. K.-m. Bi ki.in 1008, S. 294!.. Nr. 66. IIP I. S. 232. Nr. -1991. 67 VanHi.i.iuni;i.n/Koi.i)i.\x i:ij/G.a.\i.man 1987. S. 9<>H. 68 HPI.S. 2.32. 69 К.vi. Worms 2001. S. 82. 74 Drcischaliger hochrechteckiger Git- terguss, Nadel und vier von ehemals sechs Haltezungen auf der Ruckseire; stehende Maria mit dem Jcsuskind auf dem linkcn Arm, Perlstabeinfassung dcs Tores untcr geschupptem Zeltdach, florale Elemente (Eichelzweigc und Fruchtc?) zwischen Dach und Tiirmen lnveniar-Nr.: UPM 5677 Material: Blci-Zinn Mafic: Holic 28 mm. Brcitc 23 mm Daiierung: 15. Jahrhtimlcri Vcrglcidisstiickc: Bruna 1996, S. 114, Nr. 139 I.ircratur: Koi-:nigsmakkova 1977- S- 641., Nr. 34. - Kat. I’kac 1986, S. 20. Nr. 130 75 Drcischaliger hochrechteckiger Git- terguss, Ansatz von Nadel und Nadelrast, einc von ehemals sechs Haltezungen aufcler Riickseitecrhaltcn; stehende Maria mitdem Jcsuskind auf dem rcchten Arm, Rosetre im Dach des Torhauscs. zwei Iangsticligc Kicheln (?) zwischen Dach und Turmcn lnveniar-Nr.: UPM 98.959 Material: Blci-Zinn Mafic: Hiihc 32 mm. Brcitc 22 mm Daiierung: 15. Jahrhnndcrt Vcrglciclissiiickc: die Dachrosetce nnd die lang- siicligen Kiclicln liabcn bisher keinc Parallclc l.iicrainr: KoI-.nigsmarkova 1977, S. 70, Nr. 35
64 Pilgerzeichen lisicrung dieser Zeiclien in den Raum des Mont Saint Michel. " Allerdings bleibt die Zuweisung nach Tombelaine eine problematische Hypothe.se, da sie erkliiren muss, wie sich dieser Typus zu den anderen in Tombelaine verorteten Zeichen vet- halt, die eine thronende Maria mit Kind darsrellen.’1 Wahrscheinlichcr ist es, dass diese Zeichen in irgendeiner Weise mit der Marienvcrehrung auf dem Mont Saint Michel selbst verbunden waren. Die Zeichen dieser Gruppe prasentieren die stehende MarienHgur immer in einer lorarchitektur zwischen zwei mnden Tiirmen, die von Kegeldachern abgeschlossen werden. In Details weichen die Gestaltungen der lorarchitektur von cinander ab. So finder sich haufig um die TorofFnung ein Perlstabdekor, gelegentlich werden zusiitzlich Zinnen unterhalb des Daches oder eine Dachrosette start des meist ziegelgedeckten Zeltdaches dargestellt. Sucht man im Umfeld des Mont Saint Michel nach einem bc- stimmten Vorbild fur diese Darstellung, legr sich die Port du Roi (Konigstor) nahe, die mit zwei runden Torriirmen und einem Torhaus seit dem friihen 15. Jahrhundert den Zugang zum Mont Saint Michel schiitzte und den einzigen Zugang zum Heiligtum bildete. Die Korrespondenzzwischen der Architekturdarstellungder Zeichen und dem in der Modernc baulich veranderren Konigstor zeigt eine Miniatur im Stundenbuch Peters II., Herzog der Bietagne (um 1455).’2 Alle Zeichen besafien ursprunglich Hiiuerlegungen aus Metall, wie die stets - zu- mindest chemals - vorhandenen Haltezungen auf der Riickseite bezeugen. Ein cinzelner Fund prasentiert in derselben Architekturform Veronika mit dem SchweifirucIT', was inrerprerationsbedurfrig ist, aber die generelle Zuschreibung der Zeichen zum Mont Saint Michel nicht in Fragc stcllr. HK Notre Dame Le Puy (76) Die Kalhediale von Le Puy-cn-Velay (Departement Hautc-Loirc) erscheint bereits in der Mitre des 12. Jahrhunderts im Liber Sancti Jacobi als hervorgehobenes Heiligtum, namlich als Ausgangspunkt cines der vier franzosischen Jakobswege, der deshalb auch als «Via Podensis« bezeichnet wird. Le Puy warvom 12. bis zum 16. Jahrhundert einer der bedeutendsten franzosischen Wallfahrtsorte.74 Die hier spatestens seit der Zeit um 1200 hergestellten Pilgerzeichen gchoren zu den ersten Pilgerzeichen uberhaupr. Einen Ubcrblick uber die alteren Pilgerzeichen in Form von Flachgiissen gibt Haasis-Ber- ner.'5 Die Darsrellungen dieser Flachgiisse wurden von dem marianischc Gnadenbild bestimmt: frontal thront die gekronte Maria, das Kind mit dem linken Arm auf den Knien haltend, wahrend die reclite Hand ein Lilienszepter prasentiert. Das hier vorzustellende Pilgerzeichen ist identisch mit einem Seine-Fund aus dem Besitz des Muscc de Cluny. Es stellt das Gnadenbild im Unterschied zur Darstellung der alteren Zeichen von Le Puy mit dem Jesuskind frontal vor den Knien Marias dar. Der Gestus des Kindes, das in der linken Hand einen Reichsapfel halt und die rechte zum Segensgestus erhebt, ahnelt der Darstellung auf der Bruderschaftsmedaille von Notre Dame de Liesse, weshalb Artur Forgeais das Pariser Stuck als Pilgerzeichen von Liesse ansprach.6 Die ricluige Identifikation des Zeichens gclang Denis Bruna im Jahre 1996, der die Rahmung des Zeichens beriicksicluigte. Der auf zwei Saulcn ruhende Tabernakel mit dem zentral positionierten Lilienwappen entspricht dem von Konig Ludwig XL 1476 bei seinem Besuch in Le Puy gestifteten »Chadaraita«, einer Adikula, die das Gnadenbild beherbergre. ’ Bruna wies auf einen Holzschnitt mit der Darstellung des Gnadenbildes in der »Chadaraita« hin, dcr sich in einem 1523 von Marhurin des Roys gedruckten Wallfahrtsbuchlein von Le Puy finder.’8 Eine parallele Darstellung finder sich bereits in einem um 1500 entstandenen Einblattdruck mit der Darstellung dcs Gnadenbildes, den Joseph Breck 1929 publizierte. Das Pilgerzeichen und dieser Einblattdruck konnen so als gleichzeirige Zeugnisse des Kulres von Le Puy in der Zeit um 1500 angesprochen werden. HK 70 Kai. Cai n/ I'ouioisi /1-.VH1 их 1002. S. 298, Nr. 262. 71 Vgl. den Absclium "Maria loinbclainc- in dicscin K.u.ilog. 72 Paris, Bibliothcque nanonale. Ms lai. 1159. - Vgl. Hahhian 1977, S. 118-121. 73 Brus’a 1996, S. 57, Nr. 19. 74 F.nnen 1972 mit weiccrcr Lit. 75 Haasis-Blrnfr iooj, S. 111-115. 76 Forceais i863,S.45.-Danachauch Deni.ovh 1862, Bd. l.S. 53. 77 Bruna 1996, S. 96. 78 Matluirin i>KS Roys: La fondation et erection de la saincte, devote ct mir.ieulcuse Eglise dc Nostre-Dainc du Pit, bastie par revelations divines, L'aksimilcausgabe von Andre Pascal, Paris 1921.- F.incAbbildiingdesHobscliniiis aneb bei Bruna 1996, S. 96 und bei Breck 1929, S. 156 79 Bki.ck 1929, S. 155.
Maria Notre Dame tic Tonibclaine (77—83) Auf der crvva tlrei Kilometer vom Mont Saint Michel cntfcrnt gelegenen Insel Tomhe- laine grundere ini Jahre 1137 Bernard du Bee, Abt dcs Klostcrs Saint Michel, ein Priorar mit dem Namen »Notre-Dame-de-la Gisante«.8° Der wallfalmsmafSige Besuch von Tombelaine scheint sicli vor dem Hintcrgrund der Pilgerbevvegung zum Mont Saint Michel entwickeltzu haben. AllerdingssindZeugnisse fiir den Besuch von Tombelaine bis/.иm Endcdcs 14. J a hrliunderts selten. Wahrenddes Huiidertjalirigen К l ieges geriet das F.iland /.wisclicn die Trontcn und wurde von 1423 bis 1449 von den Hnglandern besetzr und /и einer Testung atisgebaut.81 F.rst nacli der Vertreibung der Englander diirfte die Wallfahrt reaktiviert worden sein. Kinen Nachvveis liber den Verkaul von Pilgerzciclien auf Tombelaine bietet die Reisereclinung des Gralcn Johann III. von Henneberg-Schleusingen (1503-41), tier don 1519 *>7.eichen« erwarb.8’ Schon Arthur Forgeais identifizierte 1863 drei Funde aus der Seine als Pilgerzciclien von 'Tombelaine: Zwei nur fragmentarisch erhaltene Zeichen stellen eine aul einer 'Ihronbanksitzende Madonna mit dem vom Bctrachtcraus links neben ihr srehenden8' bzw. auf ihrem linken Oberschenkel sitzenden Jesuskind8'1 dar. Ein drittes Zeichen, das heute verschollen ist, zeigt die Madonna stehend in einer Bogenarchitcktur mit dem Jestiskind auf dem linken Arm.8S Alledrei Zeichen tragen auf der'Ihronbank oder dem 76 Pi lgei zeichen, adikulaformiger, drei- schaligcr Girterguss mit Nadel und Nadel- rast auf der Riickseite und vicr Haltc/.un- gen 7uг Bcfestigung eines riickseitigen Mediums Invcntar-Nr.: Naiionalmuscum Brag 112-68.208 Material: Blei-Zinn Mafic: 1 lolie 40 mm. Brciie 26 mm Datierung: uni 1500 Verglciclisstuck: Bki'Na 1996, S. 951- Nr. 99 77 Pilgerzciclien, hochrechteckiger, zwei- schaliger Girterguss mit Adikulaarchitek- tur, drei von vicr Osen erhalten, bekroiiende Figurchen (?) auf dem Dacli verloren Invcntar-Nr.: UIWl 5684 Material: Blei-Zinn Mafic: I lohc 119 mm. Brciie max. 48 mm Daticrung: 2. HiiHie des 15. Jaluhunderis Vcrglciclisu iickc: keilie Utcratnr: Koi-.n 10.ЧМaukova 1977. S. 571.. Nr. 16. - K.-vi . Риле: 1986. S. 19. Nr. 124 80 Sinmui i n /. 1000. S. 1(>. 81 Vgl. ebd.. S. 45H. 82 Vgl. Ki: 11N1: 2012. 83 Touch.-Ms i86i.S.49par. Bruna 1996.S. 100. Nr. 109. 84 Touci ais i86i.S.48]>ar. Bursa 1996.S. 100. Nr. 108. 85 Toiu.i.ain i86i,S. 46Г. 78 Pilgerzciclien, dreischaliger, rahmen- loser Gitterguss mit Nadel und Nadchast auf der Riickseite, Kopl des Jesuskindcs und rechtcr Arm der Madonna mit Lilie verloren, originaler Kopl neu verlotet Inveiuar-Nr.: UPM 5687 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohe 57 nun. Brciie (max.l 29 nun Daricning: 2. Hiilltc dcs 15. jalnhundcris Vergleiclissiiickc: Kai. Bi ui in 200X Nr. 3 i (sellг ahnlich). Kai. Worms 2001. Nr. 7 l.itcratur: K01 nk.smaukhva 1977. S. 58, Nr. I7. Kokmcsmakkova 1980. S. 67. - K \r. Риле; 1986. S. 19. Nr. 125
66 Pilgerzeicbcn Rah men die Inschrift »tombelaine«. AuBcr dicscn drei Scine-l:unden ist bishcr kein weireres Pilgcrzcichcn mit eineriihnlichen Inschrift bekannr. Artur Forgeais banc den erwahnten Stiickcn bcrcitscincn weireren bundzugcordnet, dcrcine ikonogralisch schr iih n I idle Darstcllung ciner rhronenden Madonna bietet: Die auf dcr Bank sitzende Maria isr nimbiert und ihr Haupt mir einer Lilicnkrone bedeckr. I hr eng anlicgendes Kleid wird von einem gepunkreren Raurcnmuster geschmiickt. Neben ihr steht das Kind frontal auf der Bank in einem Kleid mit Giirtel und streng nacli uiuen laufcndcn I.angsfalren.'"' Das von Forgeais vorgestellte Original ist verscliollen, so dass nur seine Unv/.eichnung zum Vergleich dienen kann. Der hierin abzulesende Typus zeichnet eine Gruppe von Pilgcrzcichcn aus, die bei unrerschiedlicher handwerklicher Quali- tiit schr dcutliche liigcnhciten zeigt. Neben fiinf Excmplaren dcr Prager Sammlung gehoren dazu cin Stuck im Wormser Paulus-Museum8 , zwei Stiicke aus dem Berliner Kunsrgewerbemuseum79 * * * * * * * * 88, cin Sriick im Salisbury and South Wiltshire Museum84, cin Stiick im Museum von Rouen'’'1 und mindesrens cin Stuck dcr ehemaligen Sanini- lung Bossard". Alle diese Zcichen stcllen die thronendc Maria in charakteristischcr Weisc dar, so dass auch Fragmente noch Icichr erkannt werden kbnncn. Dcr Leib der Madonna wird fiaschenformig aus einem rundcni Bauch und streng symmetrischcn runden Briisten gebilder. Das enganliegendc Kleid triigt ein Rautenmusrer mir kleincn Punkten. Uber die Schultern fallt cin Icichter Mantel auf die Oberarme, dessen Saum 79 Pilgerzeiclien, Fragment: dreischali- ger, rahmenloser Gicterguss (urspi iinglicli iihnlich Nr. 77) lnvciiidi-Nr.: l-'PM 5688 Material: Blci-Zinn Mafic: Holic (noch) 50 mm. Brcitc 18 nnn Daiierung: 2. Halftc dcs 15. Jahrhundcris Vcrglcichsstiickc: Nr. 77 l.itcranir: KotN'ics.M arkova 1977. S. 59, Nr. 18. - Клт. Prai; 1986. S. 19, Nr. 126 80 Pilgerzeiclien, dreischaliger, rah men- loser Gicterguss, Nadcl und Nadclrasr auf dcr Riickseite, Kopfdcr Madonna verloren und falsch erganzt Invcntar-Nr.: Naiionalmuscum I’rag H2-68.086 Material: Blci-Zinn Mafic: I lohe 43 mm: Breiie 25 mm Daiicrung: 2. llalftcdcs 15-Jahrhundcris Vcrgleichsstiickc: К at. Worms 2001. Nr. 7, ahn- lich audi Spencer II, Nr. 36 aher andcre l.ilien- I'orm 86 I-okckais 1863, S. 50. 87 Kat. Worms 2001, S. 78, Nr. 7. 88 Kai. Berlin 2008. S. 280f., Nr. 32 und 34. 89 Spencer H.S. 25, Nr. 36. 90 Lamv-Lasai.i.i: 1968, Nr. 23. 91 Hei.iiinc: 1911, Tafcl XXXVI, 5. Rcihc von ohen, 4. Stuck von links; evil, auch das Sriick in dcr 4. Rcihc von ohen, 4. von rcclus. 81 Pilgerzeiclien, dreischaliger, ralimcn- loser Gitterguss, Nadcl und Nadelrast auf der Riickseite verloren, Kopf der Madonna verloren und falsch erganzt lnveniar-Nr.: Nacionalmiiscuin Brag H2-68.092 Material: Blci-Zinn Mafic: Hiihc 56 mm. 35 mm Brciic Daiicrung: 2. Halite dcs 15. Jahrhundcris Vcrglcichsstiickc: Kai. Berlin 2008, Nr. 34
Maria 67 untcr der Wolbung dcs Bandies nacli links fiber die Oberscbenkel lallt. Uber deni Bauch vcrlauft ein halbkreislormigcr Ciiirtcl. Unrcr dcr Lilicnkrone fallt das Haar bis zu den Scbultern. Der Sclicibennimbus bincer dem Haupr zeigt meisr eine Scramin- muscerung. Dcr Kopf gelibrte zu den fragilsren Teilen des Pilgerzeicliens, vveshalb er inir bci vvenigen Exemplaren erlialtcn ist. Bei den Stiitkcn Nr. 80 und 81 wurden zwei nichr autbentisebe Kopfc erganzt. Das Jesuskind sedu immer vom Berrachcer aus recbc.s neben der Gottesmucter auf der Bank.4’ Sein verrikal gefalreltes Gewand vvird in einigen Fallen durcli eine senkrechte Perlstableiste betont. Meist triigt Maria in der recliten Hand eine melir odcr weniger srilisierre Lilie und das Jesuskind cincn Reicbsapfel miiaufgeserztem Kreuz. DicscKomposition wirdgelegentlicb mil weiteren Elemental angereichert. DieTlironbank vvird bei den bandwerklicli sclilicliten Stiicken aus der Sammlung Bossard und ini Berliner Kunstgewerbemuseum an beiden Seiren von einem Lilienvvappcn Hankiert. Das Stiick aus Rouen zeigt zwei kerzentragende Engel neben der Bank. Das auRerordentlich grofie Siiick Nr. 77, das die Madonna in einer eigenarrigen Miscliung aus einer Adikulaarchitektur und einem Dach in Form eines Reliquienscbreins priisentiert, isr bishcr singular. Merkwiirdig blcibt, dass die markante Gesralrting der Marienfigur sicli gerade bei den Pariser Stiicken mir der Inschrifr »Tombelaine« nur selir eingeschrankt fesrstel- len lassr. Insofcrn ist die lokale Zuvveisung nocli liypotlietiscli. Auch ilire Datierung 82 Pilgerzeichen, Fragment, dreischa- liger, rah men loser Gitterguss, leicht ver- gossen Invemar-Nr.: UI>M 5689 Material: Blci-Zinn Майе: Holie 31 mn, Brcitc 29 mm Datierung: 2. I liillie dcs 15. Jalirhundcrts Vergleichssiikkc: I.amv-I.asai.i.U 1968. Nr. 19 Litcrarur: Kouniusmakkova 1977. S. 60, Nr. 20 83 Pilgerzeichen, Fragment, dreisclia- liger, hochredneckiger Gitterguss, ur- spriinglicb wolil mir Archirckrurrahmcn, auf der Riickseite Reste der Nadel und Nadelrast, Kopf dcr Madonna angelotet (vvohl sekundiire Vervvendung, moglicher- weise von Nr. 80 oiler 81 stamniend) Invemar-Nr.: UPM 5685 Maierial: Rli-i-Zinn Ma(5c: H6lie77 111m, Hrciic45 mm Datierung: 2. Halliedcs 15. Jahrhuiulerts Veigleich.sMiieke: l.AMY-I.ASAi.i.fc 1968. Nr. 20, Buli.na 1996, Nr. 1551. Literal 11 r: Koinic.smarkova 1977. S. 591- Nr. 19. - Kat. Prac: 1986. S. 19. Nr. 123 92 Nur im hi 111-dell l|ir/eic liming von I'oIk.i.ais 1ХГ4. S. 50. Mein d.is Kind links! 84 Pilgerzeichen, rundcr, drcischaligcr Gitterguss, Ralimen mil Flammcnkranz und Pcrlstabdckor, aufder Ruckseit e Nadel mit Resten der Nadelrast, viet Halieziingen lnveinar-Nr.: V, PM 5728 Material: Ulci-Zinn Malse: Durchmcsscr 43 mm Datierung: 15. Jalirluindi-ri Vergleiclisstiickc: Bildfeld alinlieh. aher mit ein- lachem Rahmcn Kat. VVdhms 2001, S. 101, Nr. 53 l.iirraiiir: Kdi niusmarkova 1977. S. 64, Nr. 24. - Kai. Prac; 1986. S. 20, Nr. 132
68 Pilgerzeichen ist unsicher. Spencer hat liir das Exemplar in Salisbury stilistisch den Zcitraum von 1400 bis 1424, also bis zum Zeitpunkr dcr englischen Bescr/ung von Tombelainc vor- gcschlagen. Unter der Bedingung, dass cs sich wirklicb um Zeichen aus Tombelainc liandelt, halten vvir eine Hersrcllung nach 1449 fur sehr vicl vvabrscheinlicher. Die handwerklieb sebliebten Stiickc mit den Lilienvvappen reflekrieren moglicliervveisedie Riickeroberung der Inscl 1449. Die Nr. 83 srellr ein fragmentarisebes Pilgerzeichen mit einer stehenden Maria dar, die den rhronenden Madonncn aus Tombelainc stark iihnelt. Da Forgeais durch die Inscbrifi desobengenannten Fu tides bereitsein Pilgerzeichen nilsTombleainc mit cincr stehenden Maria publiziert liatie, keinme dieses Pilgerzeichen auch von dort srammen. Ein ahnliches Zeichen wie das hier vorgesrellre war bereirs aus der Sammlung Bossard bckannt7’ Der Wechsel zwischen der stehenden und der rhronenden Madonna bei den Pilgerzeichen von Tombelainc miisste aucb im Hinblick auf die am Mont Saint Michel vertriebenen Pilgerzeichen mit dem Erzengel Michael und Marie sowie mit der stehenden Maria in der Torfassade (Nr. 74f.) diskutiert vverden. Ein weiterer Pilgerzeichenrypus dcr mit Tombelaine zusammenhangen konnte, stcllt in einem Rundrahmen Marie und das neben ihr srehende Jcsuskind aufeiner breiten Thronbank dar, die seitlich von einer groEen Lilie bzw. einer Kerze ini Lcuchtcr be- grenzt wird. Allcrdings sind bei diesen recht kleinen Darstellungen die spezifischen Formen des Marienbildes kaum abzulescn. Daher wird dicscrTypus in diesem Katalog separat behandelt/" HK 85 Pilgerzeichen, vierpassformiger, dreischaligcr Girterguss mit Nadel und Nadelrasr auf der Riickseite, Bekronung abgebrochen Inveiuar-Nr.: UFM 5732 Material: Blci-Zinn Malic: Hcilic 33 mm, Brcitc 29 nun lnschrilt: aul dcr Fahne in Minuskeln -vodan - Daticrung: 15. Jaluliundcrt V'crglcichsstiickc: Sammlung Figdor (n’Ai.i - r.M.uiNK 1928, Talcl CC1.XXX1, Nr. 32). Rouen (1.ЛМy-I.asaI.I.i:. 1968, Nr. 2). wohl idcnriscli mit Fslart 1916. S. 3051. Litcratur: Koknigsmarkova 1977. S. 63, Nr. 23. - Kat. Frag 1986, S. 20, Nr. 131 86 Pilgerzeichen, runder, dreischaliger Gitterguss, Rahmen mit Minuskelinschrifr und Eaustabdekor, Bekronung mit zwei Schafen und Adorant (?) teilweise weg- gehrochen, auf dcr Riickseite Nadel mit Nadelrasr Invcntar-Nr.: Naiionalmusciim Frag H2-68.157 Material: Blei-Zimi Malic: Flohc 38 mm, Brcitc 29 111 m Iii.selirift: in Minuskeln, nicht cindcuiig 7.11 ent- ziftem (s.o.) Daticrung: 15. Jahrhundcrt V'crglcicli-sstiickc: kcinc 93 11ы 111 kg 1911. Talcl XXXVI, vierte Rcilie von olicn, funftes Siiick von links. 94 Vgl. Nr. 1321. 87 Pilgerzeichen, runder, dreischaliger Gitterguss.Rah men m i t M i nuskel i nscli ri fc und Wiirfelaugendekor, Bekronung und oberer Rand weggehrochen, auf der Riick- seire Resce der Nadelrasr Invenrar-Nr.: Nationalmuseum Frag H2-6H.174 Material: Blci-7.iiin Malic: Durchmc-sser 38 mm lnschrift: in Minuskeln, niclu cindcuiig zn ent- ziffern (s.o.) Haticrung: 15. Jaluliundcrt Vcrglcichsstiicke: kcinc
Maria m Notre Dame de Vaudouan (84—87) Der Lcgende nach soli ein Schalcr im Jahrc 1013 in dcr Nahc dcs О г res Briantes (Departement Indre) bei einer Quelle eine Mariensratue gehinden haben. Nachdem er sie in die Pfarrkirche bracbte, kebrte sie nadirs /.wei Mai wieder /.u ilirem l;undort zuriick, so dass an jener Stelle aufSerhalb der Stadt eine Kapclle fiir dieses bald weitere Wunder wirkende Marienbild erbaut wurde.‘,s Die Anfange der bis hence andauernden Wallfahrt bind aber spacmittelalterlich, wobei die Lage der Kapclle an cincni Engpass der von Paris nach Toulouse fiihrendcn Wege eine Rolle fur die Popularity der Wall- fahrc gespielt haben diirftc. Die Pilgerzeichen von Vaudouan wurden erst nach einer Reihe von Missverstiind- nissen idenrifizierr. Camille Enlart meinre 1916, dass cs sicli um eine Darstcllung dcr heiligen Genoveva handelr.'"’ Colerte Lamy-Lasalle versuchre 1968 eine Zuvveisung zur heiligen Abtissin Auscreberthe von Pavilly.M Erst Denis Bruna gelang 1996 durch die Deutung der Inschriftcn und der Ikonografie die Identifikation mit Notre Dame de Vaudouan.'"1 Die Pilgerzeichen lassen sicli nach der Gestalt des Rahmens in drei Gruppen unrer- teilen: Es gibt Zeichcn mit einem Rundrahmen (Nr. 84, 86, 87), hochrechteckige Zeichen in Form einer Adikula und Zeichen mit einem Rahmen in Gestalt eines aus Halbkreisbogen zusammengesetzren Vierpasses (Nr. 85). Das einzige adikulaformigc Zeichen der Prager Sammlung ist 1903 an das Kunstgewerbemuseum Diisseldorf ver- kauft worden.yy Die bildliche Kernszene ist in alien Fallen dicselbe: In der Mine steht eine Marienfigur, die das Jesuskind in geradcr, sreifer Haltung vor ihrem Leib rragt, so dass der Eindruck eines auf ihren Knien sitzenden Kindes entsteht. Die Figur ist nicht nimbiert. Sie tragt auf dem Kopf einen Schleicr, der gelegcntlich auch als Ka- puze jenes ofFenen Mantels erscheint, der ihr iiber die Schultem Pallt. Zu der einen Seite Marias kniet eineanberende Figur im Halbprofil, die meisteine Kerze triigt, die gelegentlich als Lanze missdeutet wurde. Auf der anderen Seite richtet sicli ein Scliaf vor der Marienfigur auf. Diese Darstellung verweist auf die Ursprungslegende der Wallfahrt, namlich die Entdeckung der Marienfigur durch den Schafer. Zu dicscm ikonografischen Kern trirr eine unrerschiedlich starke Ausgestaltung des Raumes mit Vorivgaben. Immervertretcn ist eine Doppelfcssel. Die vierpassformigen Zeichen zeigen zwei durch Eisenringe gefasste Steine mit Seilen als Fuftfesscln. In den Bekronungen der Rahmen taucht haufig das franzosische l.ilienwappen auf. Wahrend die Inschrift auf der kleinen Fahnc der vierpassformigen Zeichen sicher »vodan« lauter, ist bei dcr Lcsung der langeren Inschriften auf den runden Zeichen nur der Wortbestand »n[ot] tre dame de [...] audc« gesichert. HK 9S \y. Реки ahi>-Mi % l maim 1916, S WSf 97 Lamy-I.asai 11 1968, S. I It. 98 Itiu-NA 199ft, S. 101-103. 99 Vgl. Kai nOssi-moiti 1981.4 21. Nr 12 Villalcizar de la Sirga Dominikus (Santo Domingo de la Calzada) Walsingham, »Heiliges Haus« (Verkiindigung Mariae) (88-92) Es gibt zwei Gruppen von Pilgerzeichen, welche die Verkundigung der Geburt Christi an Mariadurch den Erzengel Gabriel (Luk. 1,26-38) darstellen. Bei dcr einen Gruppc handelt es sich um Flachgiisse, die eine charakteristische trapezformige Form mit zwei halbkreisformigen Ausschnitten an dcr Unterseite aufweisen, deren mittlerer Scheitel in eine Muschel auslauft. I in Bildfeld steht der Verkundigungsengcl Maria gegeniiber. Beide Figuren sind durch eine Saule getrennr. Um die Plakette zieht sich am au^eren Rand ein Inschriftenband mit dem »Ave Maria«. Datierung und Herkunfr dieser Zei¬ chen waren umstritten: Wahrend Koldeweij100 und Haasis-Berner"" fiir eine Herkunfr aus Nazareth und eine Datierung in die erste Halfre des 13. Jahrhunderts votieren, vermutet dcr Vf. den Ursprung in einer der romischen Pilgerkirchen, moglicherweise in Santa Maria Maggiore (zweitc Halfte des 13. / beginnendes 14. Jahrhundert)."’’ Auf 100 Van Hh-risgi n/Koi m \vi ij/Ciaai man 1987, S. 106. 101 Haams-Hi rntr 2001. S. 2001. 102 Kuiini 2008, S. 226-228.
70 Pilgerzeichen cinem niederlandischcn l;und miteinersehrahnlichen Form wurdcjetzt eine Inschrift cnrdeckr, die auf Aachen a Is Ursprungsort verweist.1'” Mir dieser Gruppc liabcn die Gittergiisse dcr Pragcr Sammlung niches zu tun. Derzwcirc Orr, an dem Pilgerzeichen mit der Darstellungdcr Verkiindigungsszene ausgegeben wurden, ist Walsingham in Norfolk, wo das «Heiligc Haus«, cine Kopie des Hauscs Marias in Nazarerh, verehrt vvurdc.10'1 Walsingham gilt naclt Canterbury a Is das wicluigstc mittclalterlichc Pilgerzcntrum der britischen Inscln. Die in Walsingham hergestellten Pilgerzeichen bilden ein breites Spekrrum von Typen. das von Nachbildun- gen der Archirektur des Heiligen Hauscs iiber iidikulaformige, runde und rcchtcckige Gittergiisse bis zu schlicluen Wallfahrtsplaketten reichr.l<is Die von Dickinson als Typ 1 bezeichncrc Gruppc stellt die Verkiindigungsszene in das Zentrum der Darsrellung, wobei zwischcn dem Engel und Maria stets eine Vase mit eincr Lilie sreht.10*’ A lie cinschlagigen Zcichen der Prager Sammlung sind stark fragmentierr. Daher ist ein Riickschluss auf den originalen Zustand nur bedingt moglich. Am wahrschein- lichsten ist, dass die Eraginenre iiberwiegend zu jener Gruppe gehoren, die die Verkiin- digung in einem rechreckigen Rahmen darstellt.1*'7 In einem Fall ist eine weitgehende 103 Пег I'liiicl soli in Hcilig cn Prolaail III. vor- gcsrcllt werden; IrcundIielic-r Ilimveis vim Willi Piron (Niinwcgcii). 104 Ziim Knit vgl. Dickinson 1956. 105 Vgl. SrKNcr.K 1998. S. 135-148. - Dickin¬ son 1956,5. 112-122. 106 Dickinson 1956. S. 117r. mil Tafcl 8. 107 Dazu gehoren 11.a. Spk.nckr 1998, S. 143, Nr. 149a. - I IP 11, 5. 351, Nr. l4K5f. 88 Pilgerzeichen, fragmentarischer Git- rerguss, l.otstelle an der Standleisre wohl von einem Standfufichen, Fliigel durch Lotung gcsichert; F.rzengel Gabriel nach rechts gewendet auf diagonal geschach- terem Standgrund mit Schriftband, Vase mit Lilie Invcntar-Nr.: IJPM 5710 Material: Blei-7inn MaRe: Holier 41 mm; Hreiic 24 nun Inschrift: auf dem Spruchband in .Vkijuskeln: »AVK . GRACIA 4 PLli« Daiierung: 15. Jahrhundert Vergleic lisst iicke: kei ne Koknic.smarkova 1977. S. 122. Nr. 109 89 Pilgerzeichen, fragmentarischer, drei- schaliger Gitterguss, Vase mit Lilie, Nadel- rast auf der Riickseire Inventar-Nr.: UPM 5654 Material: Blei-Zinn MaRc: Hohe 29 mm Datierung: 15. Jahrhundert Vergleichsstiicke: .Sphncek II, S. 32, Nr. 51- - Mitchinkr 1986, S. 172. Nr. 534 90 Pilgerzeichen, fragmentarischer Git- terguss, auf der Riickseire waagerechte Nadclrast, Maria nach links gewendet auf Standgrund vor einer Vase, die Lilie isr abgebrochen Invcntar-Nr.: Naiioiialiniiseum Prag H2 68.213 Material: Blci-7.inn MaRc: Nolle (noch) 41 mm: Brcite (iioch) 19 mm Datierung: 15. Jahrhuiideii Vergleich.sst iicke: kei lie
Maria 71 Rckonstruluion des origin л tun Zusrandes moglich: Zu dum fragmcntarischen Stiick Nr. 91 gab cs in dcr Saninilung dcs Berliner Kunstgewerbemuseums ein fast vollstan- dig erhaltenes Gcgcnstuck."is Es handelt sicli uni die Darstellnng der Verkiindigimg im «Heiligen Haus«, das dutch eine Adikula mil breiter Ralimung gebilder wird. Im Palle von Nr. 88 wurde das Zeichen durcli Anloten eines StandfiifSchens, von dem nur nocli die Eotstelle zeugt, in ein Bildclien /.um Aufstellen verwandelt. HK 91 Pilgerzeichen, fragmentarischcr Gitterguss, urspriinglich hocluechteckig, Verkiindigung in einer Adikula, die von einem breicen Ralimcn mir Efeuornamen- ten unizogen wird Inveinлг-Nr.: Nationalniiiseuiii Prap 112-68.223 Material: Blei-Zinn Mafic: Holie (nocli) 72 mm: Breiie (noch) 55 mm lnsehrifi: aul'dcin Spruchband in Minuskeln: »ave niaria« Daiierunp: 15. Jalulumderi Verplcichsstiitke: ehemals Kunsrgcwerbe- iiiuscnni Berlin. Inv.-Nr. 1933. 18 (12) 91a Pilgerzeichen aus Walsingham, Kun.sigcwerbemuseuni Berlin Invcniar-Nr. 1933.18(12) seii 1935 verschollcn loto: Material Meyer in tier Pilgerzeichcnkartei Kurt Keister 10X Ktinstgcwcrbcnuisciini Berlin. I ns-.- Nr. 19 i i. 18(12). Has Muck ping nacli 1935 vcrlorcn, die Abbildiing sianinu aus dem von k.rieli Meyer an Kurt Kiisieriibergeheiicn Material, dassich in der/.eniraleii I’ilgerzeiclunkariei Kurt Kbster im ('lernunisclien Nation.d- niiisenm. -/.‘Г. verst rein .111 Грек leht aid den Kaiteikarieil. erlialieu liai. Das Siiiik lelili in Kai. Bikiin ;ooK, da der \T. dieseii Naclisveis da 111.1 Is. nocli nielli eiudecki liane. 92 Pilgerzeichen, fragmentarischer Git- rerguss, kniender, nacli ruclits gewendeier Engel, wahrscheinlich Teil einer Vcrkiin- digungsszene, Standgrund mil einer Ose lnveniar-Ni.: Naiioiialniuseuni 112-68.235 Maierial: Blci-Ximi Malic: 1 lobe (nocli) 30 nun: Breiie (nocli) 16 mm □aliening: spates 15./frillies 16. Jalirhiindert Vergleichsstiicke: Bki sa 1496. S. 215. \r. 335
Hlgerzekbe) Nicht sicher identifizierte Marienzeichen Maria mit Kind zwischen zwei Baumchcn (Notre-Dame-de-PEpinc?) (93-102) Darstellungen dcr stchcnden Madonna mir dcm Kind, die von zwei Baumchcn oder Gewachssrauden Hankiert wird, bilden eine Gruppemit verschiedenen Varianten. Den >Kern< dieser Gruppe stellen jene Objekte dar, bei denen die Darsrellung von eincm kreisrunden Rahmen cingehisst wird. .Sowohl der mir Perlsrablinicn umzogene Rah- mcii alsauch die Darsrellungerinnern an den Pilgcrzeichcntypus der »stchcnden Maria zwischen zwei Leuchtern«, der von uns hier versuchsweise der Stifrskirchc Norrc-Da- me-de-Vaux (Chalons-en-Champagne) zugcordner wird. Der wesenrliche Unterschied hestelu in der Ersctzung der Kerzenleuchrer durch die Gewiichse. In beiden Fallen wird Maria mir ciner Lilienkrone gekront dargestellt. Ubcr dem Kleid rriigt sie einen iiber die Schulrern fallcndcn Mantel. Das Kind sitzt auf dem linken Arm Marias und wirkr im Gegensarz zur Darsrellung der Zeichen mir den Leuclucrn etwas kleiner und holier positioniert. Die Gruppe unrerscheidet sich vor allem im Hinblick auf die Arr der Gewiichse und die Darsrellung der rechren Hand Mariens, die entweder vor dem I.eib an den Fiifscn des Kinde.s liegt oder aber nach links ausgesrreckt isr und ein I.ilienzepter hiilr (Nr. 94,95). Die Gewiichse werden entweder als srilisierre Biiumchen (Nr. 93,96) oder staudenartig mir Bliiten und Bliirrern (Nr. 94, 96) gezeichnet. Dieser Pilgerzeichen- typus mit Rundrahmen istauch ausanderen Sammlungen bekannr.so mit eincm Sr tick im Wormser Paulus-Museumш,,, cinmal aus der Sammlung Clemen"" und dreimal 93 Pi Igerzeiehen aus zwei G tissen zusam- mengesetzt; Bildfeld: runder, zweischaliger Girrerguss, Riickseite plan: Rahmen: drei- schaligcr Gitterguss mir Flammenkranz und Perlstabdekor, aufder Riickseite Nadel und Nadelrast sowie drei Zungcn zum Festhalten des Bildfcldes Invcmar-Nr.: L'lWl 5729 Material: Blei-Ziiin Malic: Durtlimesscr 37 mm Daticrung: 15. Jahrliuiulcrt Verglcielisst iickc: kei nc Litcratur: Koi:nk;smaiikov..\ 1977. S. 66, Nr. 29. - Kat. I’rac 1986, S. 20. Nr. 133 94 Anhiingcr, runder Rahmen mit Perl- stabdekor, eine Ose, vier Haltezungen, rundes Bildfeld separat gegossen, aufder Riickseite Verschlusshlech mit srraminge- musterrem Kreuz Invcmar-Nr.: UPM 5745 Material: Ulci-Zinn Malse: Hcilie mit Ose: 29111m, Durchmesser 21 mm Daticrung: 15. Jalirhundcri Verglcidisstiicke:ahnlichKAi.Bi:iiUK 2008, Nr. 148 109 Kat. Worms 2001, S. 92, Nr. 35. 110 Hakof-ki: 1968. S. 65. Nr. 39. 95 Pilgerzeichen, runder, dreischaliger Girrerguss mit Nadel auf der Riickseite, rechtes Bildfeld srark vergossen Invcntar-Nr.: Naiionalmuscum I’rag H2-68.078 Material: Blei-Zinn Mafic: Durchmesser 25 mm Daticrung: 15. Jalirhundcri Verglciclisstucke: Kat. Worms 2001, Nr. 35 (aber dorr bekront)
Muria 73 96 Anhiinger, rundcr Ralimen mit cincr Oseund Taustabornamcnt, Bildf'eld separat gcgosscn mit planer Riickscitc lnveiiiar-Nr.: NaiitHulimiicum Prag 112-68.098 Material: Blei-Zinn Mafic: Holie mil Osc: 32 mm, Durdime.sser 24 mm Daticnmg: 15. Jalirhundert Vergleiclisstiickc: kcinc 97 Anhangcr, rundcr Ralimen mit In- schrifr, eincr Osc mid Taustahornamcm, zwciscitig Avers: Maria stehend zwischcn Biiumchcn, Rcvcrs: Agnus Dei mit к lei tier Krenzfahne nach links schrcitend Inveiunr-Nr.: UPM 574(•, Material: Blei-Zinn MaIsc: Durdimc.xscr 24 mm lnsdirih in .spaigniisdieii Mimiskeln: >■+ avc~ in:iria-graiia-|il[ciiaj- □aliening: spates I5./I'riilies 16. J.ilirliuiidvri Vcrglcidisstucke: keilie l.iieratur: Koknicsmark'OVa 1977, -5. 116. N’r.99 98 Pilgcrzcichen, drcischaligcr Gitrcr- guss mit riick.scitigcr Nadel und Nadelrast lnveiuar-Nr.: Naiioiialmu.scnm Prag 112-6K.146 Material: Blei-Zimi Mafic: Holie 26 mm. Breite 18 min Datierung: 15. Jalirhundci t Vergleichssiiickc: keine 99 Pilgerzeichen (?), rahmcnloscr zwei- schaligcr(?)Gitterguss,sckundarmitcincm profanen Zeichen zusammengelotet lnveiuar-Nr.: Naiinnalmiisciini Prag 112-68.055 Material: Blei-Zinn Mafic: Holie mil Osc: 32 mm. Durclimesscr 24 mm □aliening: 15. Jalirliniidcrt Vergleichsst iicke: kei lie 97a Riickseite von Nr. 97 100 Pilgerzcichen, drcischaligcr. rahmcn¬ loscr Gitterguss mit Nadel und Nadelrast aufdcr Riickscitc, nurein Biiumchcn und Jesuskind aufdcm rcchtcn Arm Marias lnveiuar-Nr: Naiionalmii.seiim Prag H2-68.212 Material: Blei-Zinn Mafic: 1 lobe 42 mm, Brciie 22 mm □aricrung: 2. I lallie des 15. Jahiiiiindcris Vergleidissiiickc: .ihnlich Kai. Biiilin looS.Nr. 15
74 Pilgerzeicheti 111 Кат. Hi.ui.in -ooK, S. 324-326, Nr. 144, 1471. in der Sammlung des Berliner Kunstgewerbeniuseums.1 1 Sowohl bei den Excmpla- ren der Pragcr Sammlung als auch bei den anderen Stiicken variiert die Gestaltung dcs Rahmens stark: So finden sich einfache Gestaltungen mit Pcrlstabdekor (Nr. 95) oder Taustabdekor (Nr. 97) als Abscliluss, aufwendig separar gegossene Rahmen mir reichcm Dekor und Flammenzungen (Nr. 93) oder breire Anhangerkapseln mit orna- mentierten Riickenblccb (Nr. 94). Unklar ist, ob sich auch die rahmenlosen Stiicke Nr. 98 und 99 auf dasselbe Kult- objekt beziehen. Nur entfernt verwandt ist das Pilgcrzeichen Nr. 100, bei dem Maria das Kind auf dem rechten Arm tragt und das moglicherweise nur ein Baumchen neben Maria darstellt. Die ikonografischc Niihe zu den Zcichcn aus Notre-Dame-de-Vaux lassc an ihre Her- kunfr aus dem raumlichen Umfeld denken. Fine denkbare Zuweisung ware daher die Wallfahrtskirche Notre-Dame-de-rEpine(L’Epinc, Dcpartement Marne), die nuracht Kilometer von Chalons-en-Champagne entfernt ist. Ausloser dieser Wallfahrt war die Atiffindung einer wundertatigen Marienstatue, die der Legendc nach von Hirtcn im Jahre 1400 in einem brennenden Dorncngebiisch gefunden wurde. Die Marien- darstellung des Pilgerzeichens stimmt jedenfalls mil dem erhaltenen Gnadenbild gut iiberein. Der Bau der Wallfahrtskirche sctzte 1406 ein und wurde durch Stiftungen der franzosischen Konige (Karl VII. und Ludwig XI.) geforderr. Uber die Interaktion und vermutliche Konkurrenz zwischen den beiden Marienwallfahrten ist bishervvenig Ьекапт.11-' HK 101 Pilger/.eichen, dreischaliger, rahmen- loser Gitterguss mil Nadel und drei von urspriinglich vier Hahe/.ungen auf der Riickseitc, ohne Baumchen Invenrar-Nr.: Naiionalmusciim Prag I I2-68.134 Material: Blei-Zinn Iiischrilt: in Minuskelu: >•+ avc - maria - gratia - plena -■< Mafic: Durchmcsscr 41 mm Datierung: 15. JahrhuiKlert Vergleiehssiiieke: keine 102 Anhiinger, runder Rahmen mit einer Ose, ZickzackdekorundTaustabornament, zweiseitig Avers: Maria stehend zwischen Biiumchen hintcrlcgt mit rundem Trenn- pliittchen, Rcvers: Agnus Dei mit kleiner Kreuzfahne nach rechts schreitend lnventar-Nr.: Nationalmuseum Prag 112-68.148 Mafic: Durchiiiesser 20 mm, Dickc: 4 mm Material: Blei-Zinn Datierung: 15. Jahrliunileri Vergleichsst iieke: Nr. 97 112 SoCorsepil'S 1997.S. 141. Niclucrreitlibar war uns Notre-DanicdcL’Epinc 1406-2006. Acies du colloque international des 15 el 16 scptcinbre 2006. hg. von Jean-Bapiisic Re¬ nault (Etude.s Marnaises CXX1I / СХХ1П), 2007Г 102a Riickseitc von Nr. 102
Marin Maria mit Kind, zwischen zwei Kcrzenleuchtern stehend (Notre-Dame-de-Vaux?) (103-Ю6) 1 n vielen Sammlungen franzosischer Pilgerzeichen Hnden sich Exemplareeines Pilgerzei- chentypus, dcr in eincm rundcn Rah men diestehende Madonna zeigt, wclchc das Kind auf dein linken Arm tra.gr und zu beiden Seiten von je einem l.euchter mil brennender Kcrze flankierr wird. Ncun solche Stiicke besitzt die ehemaligc Sammlung Clemen"-1, mindesrens ein Stiick befand sich in dcr Sammlung Bossard"', ebenfalls mindcstcns ein Sriick in der 1944 fiir das Berliner Kunsrgewcrbemuseum erworbenen Sammlung Jagenau11' und sogar IS Stiickc in der Sammlung dcs Wormser Paulus-Museums.11'’ Auch zwei Funde aus London sind bekannt."7 Hinzu kommen jetzt die vicr Stiickc der Prager Sammlung. In der Kollcktion des Mu see de Cluny fehlt dieser Typus hingegen. Allerdings hattcschon Artur Forgeais cine in der Seine gefundenen Plaketteder Pariser Srrumpfmacherzunft publiziert, die eine ikonografiscb selir ahnlicbe Darstellung zeigt und diesc durch die lnschrifr »Nostre Dame des Vosges» (= »Norrc Dame de Vaux«) als Abbildung des Kulrbildcs in der Stifrskirchc von Norrc-Damc-de-Vaux in Chalons-en- Champagne (Department Marne) ausweist. Die Stiftskirchc erscbcint erstmals nach einem Einsturz der Gewolbe im Jabre 1157 als wunderverheiRender Gnadenort."* Seit vvann das dort verehrte Gnadenbild zum Ziel von Wallfiihrren wurde ist unklar. Aucb uber das Alter und die Gestalt des in der Franzosischen Revolution zerstorten Gnadenbildes ist nur bekannt, dass es ein steinernes Rild dcr >-Sainte Vierge tenant son Enfant Jesus» war."1' Eine Identifikation des beschriebenen Typus als Zeichen von 103 Pilgerzeichen, Hinder, bekronter, dreischaliger Gitterguss mit Nadel und Nadelrast aufder Riickseite sowie drei von urspriinglich vicr Zungcn, die ein rutides Blech festhalten lnventar-Nr.: UPM 5721 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohc mit Krone 30 mm, Durchincsser 22 mm Daticning: spates 15- /friihes 16. Jahrlninderi Vcrgleiclisstiicke: Kat. Worms iooi. Nr. 21-31, 34. - Клг. Nurnhi-RG 2000, Nr. \1)1) Literati! r: Koeniosmarkova 1977- S. 67, Nr. 30 104 Pilgerzeichen, runder, dreischaliger Gitterguss mil Resten von Nadel und Nadelrast auf der Riickseite sowie vier erhaltcncn Zungen, das riickseitige Blech fehlt; das Felilen der Bckronung verweist evtl. auf cincn separat gefertigten und ver- lorenen Rahmen lnvcntar-Nr.: Nationalmusciini Prag H2-68.200 Material: Blei-Zinn Mafic: Durclimesser 24 nun Datirrung: spates lS./lriihes 16. Jalirluindert Vcrgleiclisstiicke: 'vie Nr. 103 aber lelileiule Be- k muting 113 1 l.M in.Ki tyftS, S. 02—(>4. Nr. 31-38. 114 Hi i i.inc 191 ■ • Та I’d XXXVI. driuc Rcil.c von obeli, gan/ links. 115 Kat. Berlin iooS. S. 319, Nr. 131. Miigli- chcrweise hdanden sich in Jem vcrlorcncn Teil der .Sammlung imcli ahnlicbe Siiicke. 116 К ai. Worms iooi.S. 87-92, Nr. 21 34uiul 36. Walirsclurinlicli машин aucli das im CiermanischcnNationalmiiseumbclindlichc Pilgerzeichen Inv.-Nr. 1*1.0.403 mil dem angehliclien I'lindori ■■\V'orins< aus diesem Saniniluiigszii.s.iiiniiciilinng; das Stuck wiir- ducrsinialsini jabre 2000 piibli/icn im Kat. NOrnuhrc; iooo. S. 371, Nr. 199. 117 Sh.nci.Ii 199H. S. 244. Nr. 248. 118 Vgl. CoRsmus 1997, S. 34 und S. 192 195. I>ie Mirakclbcriclne ebd. S. 214-223. 119 Nacli den Angabc von bdme Baugier aus deni Jalir 1721 zit. Coiishi-ius S. 140. — Z11111 Ciiadcnbild uml dcr Qncllcnlagc vgl. ebd., S. 14Of. 105 Anhangcr, hochrechteckiger Git- terguss im doppelwandigen, hochrccht- eckigen Rahmen, hekront mit einer Lilie, Anhangcrdsc Inventat-Nr.: UPM 5742 Material: Blei-Zinn Mafic: 1 Itihc 26 mm, Brcilc 14 111111 Daiicrung: spates 15-/frillies 16. Jalirluindert Vcrgleiclisstiicke: keine
76 hlgerzeicheh Notre Dame de Vaux beruhe duller auf der Ahnlichkeit mit der singuliiren Plaketre. M6glicherwei.se spriclu aber noch cin weireres Argument fiir dicse Zuschreibung: Ks existiert ein sehr iilinlicher Pilgerzeichentvpus, der sich von dem hier vorgestelltcn im Wesentlichen darin unterscheidet, dass die Marienfigur niebt von zwei Leuchtern, sondern von zwei Baumchen bzvv. Gewacbsen flankiert wird. Moglicherweise handelr es sich bei diesem anderen Typus um Zeicben der Wallfahrtskirche Notre Dame de I’Hpine, der nur acht Kilometer von Chalons entfernt war.12" Die Niilie und wobl auch Konkurrenz der beiden Wallfahrtskirchen konnte die ahnliche Ikonografie erkliiren. Bei den Zcicben bandelt cs sich immer um kreisrunde Gittergiis.se, deren Rahmen innen und auRen mil einem Pcrlstab begrenzt und von einer Lilienkrone mit Wiirfel- augendekor bekront wird. Im Bildfeld stebt einegekronte Maria zwischen zwei Leuch- tern mit aufgcsetzren Kerzen, deren Flammen bis zum oberen Rand des Rabmens reichen. Das Jesuskind wird von Maria aufder linken Seite gehalten. Ihre rechte Hand und die Hiinde des Jesuskindes erfassen einen kreisrunden Gcgcnsrand, der bei den Stiickcn Nr. 103 und 106 deutlich als Reichsapfel mit aufgesetztem Kreuz gestaltet ist. Auf der Riickseire der Pilgerzeichen sind immer kleine Haltezungen angebracht, um ein rundes Blech als Hintergrund befestigen zu komien, das sich in einigen Fallen crhalten hat. Befestigt wurden die Pilgerzeichen mit einer angegossenen Nadel auf der Riickseire. Von dicscr Form der Pilgerzeichen unterscheiden sich dieStiicke Nr. 105 und 106 durcb ihre jeweilige Rahmung. Nr. 105 fiigt das Bildmotiv in einen bochrechteckigen Rahmen mit einer Anbangerose ein. Bei Nr. 106 wurde das Pilgerzeichen in einen aufwendigen Rahmen mit Krcisornamenten eingelugt, ohne dass es seine Funktion als Pilgerzeichen vcrlor, wie die Haltenadel zeigt. 1IK 120 Vpl. der vorluTgeliciulcii K-ii.ilog.mikcl •■M.iri.i zwisciit-n zwei ('.fwiitiiscii (Noire I ):iinc tie I’Mpinc?)-. 106 Pilgerzeichen, runder, dreiscbaliger Girrerguss im kreisrunden, separaren Rah¬ men, aufder Riickseire Resre von Nadel und Nadelrast sowie drei von urspriinglich vier Haltezungen, das Blech fehlt Invcntiir-Nr.: UPM 98.970 Material: Blei-Ziun Mafic: DurLlnnc.s.scr 7i7 mm Daiicrung: spates 15. Jalirhundcn Ycrglcichsstiicke: keinc I.iieratur: Kok.micsmarkova 1977. S. 68, Nr. 32 107 Pilgerzeichen, rahmenloser, dreischa- liger Gitterguss, Nadel auf der Riickseire lnvciuar-Nr.: Narionalmuscum Prag H2-68.183 Material: Blci-Zinn Mafic: Holie 31 nun, Breiie22 mm Daricrung: 2. Halftc des 15. Jalirhundcns Verglcichssiiickc: keine 10B (Rosenkranz-)Anhanger, fragmen- tiert, Pieta mit Arma Christi und Heilig- Geist-laube Invcniar-Nr.: UPM 9372 Material: Blci-Zinn Mafic: C’icsaiiulmhc 80 mm; max. Brciic 34 mm Daiieriing: 2. Halite dex 15- Jahrlumderts Vergleichsstiickc: keine
Pieta (Notrc-Dame-des-Ardilliers?) (107, 108) Fur das Zeichen in it dcr Da rs tel lung einer Pieta sind bisher keine Parallelen in einer anderen Sammlung bekamu. Maria wird auf einer Bank aufrecht sit/end dargestellr, das Haupt mir cinem Umbang verbiillt, der vor dcr Brust geoifnet ist und bis zu den FiifSen reicbt. Sic halt ihren roren Sohn auf ihrem Schofi, der in beronr sreifer, diago- nalcr Halrung von den Armen Marias unifangen und an ihren Korper gedriickt wird. Der rechte Arm dcs Gckrcuzigten liegt eng am Korper an, der linke liegt auf der lin- ken Schuller Marias. Die Beine Marias werden von den Fallen des Mantels ganzlicb verdcckr. Untcr der Thronbank ist eine .stramingemusterte Standleiste sichtbar. Es handelr sich um cine kiinstlerisch anspruclislosc Arbeit. Es ist sehr walirscheinlich, dass es sich um das Pilgerzeichen einer Marienwall- fahrt zu einem Gnadenbild in Form einer Pieta handclt. Da cine Inscluift fchlt, ist die Lokalisierung schwierig. Zu denken ware moglichervveise an die Marienkapelle der Notre-Damc-dcs-Ardilliers in der Nabe von Saunnir (Dep. Maine-et-Loire).121 Die Wallfabrr gehr der Legende nach auf cine kleine sreinernen Pieta zuriick, die ein Bauer 1454 in einem Schieferfeld (Champ a ardilie) fand. Die Figur wurde schon im 16. Jahrhundert beschadigr und hat sich nicht erhalten. Wegen der Bildthematik der Pieta soil an dieser Stclle aueb ein als An hanger (Roscn- kranzanhanger?122) anzusprechendes Stiickvorgestellt werden, das nicht ausdem Ankauf von Joseph Eggcr stainnu, sondern am Ende des 19. Jahrhunderts im Prager Kunst- handel fur das Kunstgewerbemuseum erworben wurde. Daher ist die ursprungliche Herkunft des Stuckes nichr mehr zu identifizicren. Es zeigt die sitzende Gottesmurter unter dem Kreuz, wabrend sie ihren toren Sohn in den Armen halt. Das Kreuz wild von den Arma Christi umgeben, links dcr Lanze, rechts dem Stab und Essigschwamm. Im Schnittpunkt der Kreuzesbalken befindet sich ein Her/, das von der Dornenkrone umgeben wird. Uncerhalb der Pieta ist mittels einer Ose eine Heilig-Geist-Taube be- festigt. Am oberen (jetzt abgebrochenen) Ende des senkrechten Kreuzbalkens saiS wahrscheinlich cine weitere Ose. Fur das Stuck liegt eine chemische Analyse vor, die zeigt, dass es sich um eine Messinglegierung handelr.121 HK 121 Zur \\'allf.ihrcsgcsthitlitc vgl. Jean m Vi- c.i um: NmrcD.imcclcs ArdillicrsiiS.iumur. I.c pclcrinagc dc Loire, l’.ins 1986. 122 Zu den Roscnkraiv/anhangern vgl. Kai. Sai./iu ki. ’do8. lies. S. t'"i3(1. — Kai. Ni hn- ni rc. looo. S 299-306. 123 Nach einem (lUiachien des lnsiinKs liir elie- nuselie leelmologie Pr.ig (Vysok.i Skol.i Clie- micko-Tcclmologick;i v I’ra/e) vom ,\1;ir/ 2012 liir das Kunstgewerbemuseum 1’r.ig bcsicbi dcreigcntlichc Anlihngcr.uis 82,"’% Kupfer, 9,9% /.init, 2,2% /ink. 2,9% Blei. 0,9% Risen, 0,8% N'iekel uud 0.6°r> Arsen DieTaubebesielil ,uis68,3 % Kupler, 22,1 % BIci, 2,7°/o Risen, 2,4% Zinn, 2,1 % Silber, 1,5 % /ink und 0,6 % Nickel. Dcr kleine Ring, der die laube mil deni Anhanger verbmdei, bcstehi aus72,4 % Kupfer, 23,3 %Zinn, 1,9‘!i) Blei, 0.23% Risen uud 0,13% Arsen. Maria in einer Lilie (Kloster Santa Maria la Real in Najera?) (109-111, Nachtrag 257) Die folgenden drei Zeichen stellen eine Maricnfigur dar, deren Oberkorper aus einer Lilienstaude bzw. einem Lilienornament herauszuwachsen scheint. Die Darstellung der Marienfigur ist in alien Fallen so abnlich, dass es sich um die Wiedergabe eines bestimmten Gnadenbildes handeln muss: Maria wird immer in derselben Haltung mit einer Lilienkronc gckront dargestellr. Das Jesuskind halt sie auf der linken Seire, wobei ihre rechte Hand den linken FufSdcs Kindes beruhrt. Markanrisrauch derweire offene Mantel, dessen Innenseite am Kragen nach aufien geschlagcn ist, was dutch eine Straminmusterung betonf wird. Nur Nr. 109 ist als Pilgerzeichen mit einer Nadel versehen. Bei den Nr. 110 und 111 handelt es sich um Anhanger, bei denen das separat gegossene Bildfeld in einen sechscckigen bzw. runden Rahmen eingelegt wurde. Bei Nr. Ill ist auf der Riickseite ein zweires Bildfeld mit einem Agnus Dei erhalten ge- blieben, wiihrend ein solches Bildfeld bei Nr. 110 wahrscheinlich vcrloren ging. Die Verbindung der Mariendarstellung mit einer Lilie lieBe sich gcncrcll aus der mittelalrerlichen Bedeutung der Lilie als Zeichen der Keuschheit und Reinheit sowie deren ublicher Verwendung in der Maiicnsymbolik erklaren. Allerdings ist die Dar¬ stellung dcs aus der Liliensraude wachsenden Marienbildes so eigentiimlich, dass sie wohl an ein bestimmtes Kultbild und dessen Legende ankniipft. Line einschliigige Erzahlung verbindet sich mit dem marianischen Cinadenbild der «Santa Maria en la Cueva« im Kloster Santa Maria la Real bei dcr Stadr Najera (Region La Rioja). Die
78 Ptlgerzekhen Griindungdes Klostcrs ini 11. Jahrhundcrt wird legendarisch mit dcr Auffindung der aus ciner l.ilie gewachscnen Maricnfigur verknupft.12'* Sowohl das iiltere romanischc als auch das jiingere gotischc Gnadenbild konntcn das Vorbild fur die Darstellung der Maricnfigur der drci Zcichen abgegebcn haben.l2S Das Kloster, urspriinglich aucb Grablege der Konige von Navarra, war einc Station auf dem Jakobsvveg unmittelbar vor Santo Domingo de la Cal/.ad a.'26 Dies konntc die Verbreitung der Zeichen bis nach Frankrcich erkliiren. Allcrdings muss diesc Hcrkunft der Zcichcn vorerst noch cine Vermutung blciben, zumal man insbesondere die Anhanger eher mit den Konventio- nen dcr Iran/.osischen Pilgcrzcichcnproduktion dcs 15.Jahrhunderts vcrbindcn mochte. Allerdings ist bisber nur ein iihnlichcs Zcichcn aus der Sammlung Gay bckannr127, so dass auch die durch die gegcnwartige Forschungssiruation bedingre Unkenntnis liber die Pilgcr/.eichenproduktion in Spanien in Rechnung gestellt werden muss. 109 Pilgerzeichen, drcischaligei rahmen- loscr G ittcrguss m it Nadel aufder Riicksei te, Maricnfigur aus einem Lilienornament wachsend Invciuar-Nr.: UPM 5653 Material: Blci-Zinn Mafie: Hiilte 34 inm, Rrcite 25 mm Daticrung: 2. Ilalfic 15./friihes 16. Jahrlnmdert Verglcichxsiiickc: Bhuna 1996, Nr. 142 l.itcratur: Koi-.nigsmarkova 1977. S. 138, Nr. 144. - Kat. Prac 1986. S. 19. Nr. 127 110 Pilgcrzcichen, runderGitierguss mit Oscn (?) im runden, separat gcgossenen Rahmen mir Kreissegmcntcn, Pcrlstab- und Wiirfelaugcndekor, Avers: Maria im Liliengewachs, riickseitiges Bildfeld bzw. Hinterlegung verloren Inventar-Nr.: UPM 5715 Material: Blci-Zinn Мл8c: Durchmcsscr 50 mm Darierung: 2. Halftc l5./friihcs 16. Jahrhundcrt VerglcichsMuckc: kcine l.itcratur: Kof.nigsmahkova 1977. -S. 71, Nr. 38 124 Vgl. (Pierre I In тот]: P. Ilippulyt llclyim ;iudidirliclie( iciicliiclii caller gci?it lichen uiul welt lichen Klosier- und Riiicioulcn fur bc- yilerlev (Icsehlcchi [...]. Bd. 8. Leipzig 1756, S. 405-408. 125 Vgl. Cicorg Wl isi:: SpaiiiM-he Pl.otik aus .\icbcnjalirhuiulcricii, Band 2.1 (Text). Leip¬ zig 1927. S. If. uud die Abb. in Band 2,2, I "a l ei 1. 126 Vgl. Р1.01/ Л012, S. 207 mit weitcrcr Lit. 127 Bruna 1996. S. 115. Nr. 142. Ill Pilgerzcichen, scchseckiger Gitrer- guss im sechseckigcn, separat gcgossenen Rahmen mir umlaufenden Tausraborna- ment und Anhiingerose, Avers: Maria im Liliengewachs, Rcvers: Agnus Dei, dazwi- schen Metallpliittchcn als Hinterlegung lnvcntar-Nr.: UPM 5733 Material: Blci-Zinn Mafic: Hblie (mit Osc) 40 mm, Breite 30 in 111 Datierung: 2. Halftc 15./friihes 16. Jahrluindcn Verglcichsstiickc: koine l.itcratur: Kof.nicsmarkova 1977, S. 72. Nr. 39. - Kat. Prag 1986, 5. 20, Nr. 134
Maria Marienzeichen ohne lokale Zuweisung DiePragerSammlungciuhah cine Rcihc von Zcicbcn mil Maricndarstcllungen.dieals Pilgerzcichen nocli keinem bestimmten Kultort bzw. -bild zugcordnct werden konnicii oder als niche orisgcbundcne Devotionalien anzusprechen sind. Pine Entscheidung dariiber, zu wclcher dieser bciden Gruppen die folgcnden Zcicben gerechnet werden miissen, wird erst nach weiteren Porschungen moglich sein. Maria und Kreuzigung Christi mit zwei Engcln und Eichcnlaub (112, 113) Die beiden Pilgerzeichcn sind fast identische, allerdings niclit modelgleichcGirtergiissc. In beiden fallen wurde dem mit ciner riickseitigen Nadel versebenen Pilgerzeichcn nachrraglich cin Standfiiftchcn angelbtet. Das runde Bildfeld wird von einer Scheininschrilt umzogen. 1m Feld sielu frontal eine gekrontc Maricnfigur, die das Jesuskind anf dem linken Arm rriigr und in der rechten Hand einen runden Gegcnsrand, wohl einen stilisierten Apfel, halt. Rechts neben dem Cbristuskind ragt cin aus drei Punkten gcbildetcs (Bhut)-Ornamcni vom Rahmen her ins Bildfeld. Links neben der Maricnfigur sreht senkrecht ein langliches Objekt, das wohl als Kerzc zu verstehen ist, deren Flamme bis zum oberen Rand reicht. Den Raum zwischen Kerze und Bildrahmen fiillt eine Doppelfesscl, die als Voiiv zu 112 Pilgerzeichen, dreischaliger milder und bekmnrer Girrerguss mit Resten der riickseitigen Nadel, angelbtctcr Steg eincs Standfiifichcns InvL-ntar-Nr.: Natinnalmuscum Prag H2-68.I93 Material: Blci-Zinn Make: Holic 60 mm, Breite 23 mm Datierung: 13. Jahrhuntlcrt lnschriii: Scheininschrilt aus zalil- imil mimis- kclahnlichcn Zeichen Vcrglcichsstiicke: Kat. Ri.ri.in 2008. Nr. 19. 49. 61, 246. - I'.Ni.AKT 1916, Fig 319, Nr. 2c 113 Pilgerzeichcn, dreischaliger runder und bekrouter Gillerguss mit Rcsien der riickseitigen Nadel, angelbtcter Steg mit Resten des Standfiifichens, Ende des senk- rechren Krcuzcsbalkcns vergossen lnveiiiar-Nr.: UPM 5658 Material: Blci-Zinn Mafic: Holie 57 mm, Hrcitc 25 mm □aliening: 15. Jahrluindcn ln.sclirili: Scheininschrilt aus /.a111- uiul mimis- kelahnlichen Zeichcn Vcrglciclisstiicke: Kat. Bi.ri in 2008, Nr. 19.49, 61.246. - ILnlart 1916. Fig. 319. Nr. 2c l.inTatiir: Kohniosmaukova 1977. S. 106. Nr. 84. - Kat. Puac: 1986. S. 25, Nr. 179
80 Pilgerzeichet intcrpretieren isr. Auf dun Scheitel des Rahmens erhebt sich cine Kreuzigungsszene: Christus hiingr als Drei-Nagel-Kruzifix mit Icichr angedeureiem S-Schwung an eineni Kreuz, dessen seitliche und obcrc Enden in Lilienornamciiteii auslaufcn. Пег Kreuzcs- tirulus vvird schematisch angedeutet. Links und rcchts knier dem Kreuz zugewandt halbfrontal jc ein Engel mir vveit ausschwingenden Fliigeln. Beide halten langliche, ge- rundetc Gegenstiinde- Kerzen oder Leuchter- in den Handen. Die Leuchterscheinen in eichclfbrmige Lampen auszulaufen, deren obere Enden mit dem Querbalken des Kreuzes verbunden sind. Esgibtbisherkeinedirekten Parallelen zuden beiden Stricken. Allcrdingsscheinensiezubammcn mil vieruntcrschiedlichen Pilgcrzciclien des Berliner Kunstgcwcrbemuseums und einem Sriick im Museum von Boulogne-sur-mer zu einer Gruppe zu gehoren. Kennzcichncnd fiir diese Gruppe ist der Rundrahmen, aufdessen Scheitel ein Kreuz stehr, dessen Enden in Lilienornamenren auslaufen. Drei der Berliner Sriicke, die urspriinglich aus der Sammlung Jagenau stammen, sind verschollen und nur noch durch Foros dokumentiert. Zwei von ihnen zeigen aufeinem durch einen Flammenkranz gebildeten Rundrahmen eine sehr ahnliche Krcuzigungs- gruppe wie die Prager Stiicke. Das ehcmals gefrillte Bildfeld ist leer.1-'1 Ein ahnliches 128 Werk bildere Enlart aus dem Bestand dcs Museums von Boulogne-sur-mer ab. Dieses srark fragmentierte Stuck /.eigi im Bildfeld cine Vera Ikon.129 Dem dritten Exemplar 129 aus der Sammlung Jagenau fchlen die beiden das Kreuz flankierenden Engel. Srattdes- sen rahmen Eichenzweige mit dreipassformigen Blartern und Eicheln das Kreuz ein (das linkc Ornament ist wahrscheinlich weggebrochen). Im Bildfeld ist eine sirzende Madonna als Halbfigur mit dem Kind auf dem rechten Arm dargestellr.1'0 130 Das vierte Berliner Sriick, urspriinglich aus der Sammlung Figdor, ist aufwendiger gcstaltet. In dem um das rundc Bildfeld laufende Schriftband ist das »Ave Maria« zu lesen. Im Bildfeld selbst thront Maria mit einem langen Zeprer (?). Die von den Prager Stricken bekannten Elementc dcr Doppclfessel und des aus drei Punkten gebildeten Blarrornamenrs kehren aber hier wieder. Die Engel flankieren Maria und nicht den Gekreuzigten auf dem Scheitel des Rahmens. Deutlich erkennbar sind hier Eichen- laub und Eicheln, die das Kreuz umgeben. Daher darfdaraufgeschlossen werden, dass auch bei den Prager Stricken Eicheln gemeint sein werden. Eine Zuweisung zu einer bestimmten Kultstatte ist nicht moglich. Auffallig ist aber die Wiederholung einzelner Bildelemente, besonders des aus drei Punkten gebildeten Blartornaments, die auch auf den Zcichen von Vaudon begegnen. HK Marienkronung (114) Zu dem Zeichen mit der Darstellung einer Marienkronung gibt es bisher nur drei Par- allelen: eine in der Sammlung des Musee de Cluny, welches dieselbe Szene - allerdings in einem querreclneckigen Rahmen - prasentierr1 M, die zweite in einem fragmenrarisch 131 erhaltcnen Zeichen mit hochrechteckigem Rahmen, das in Sluis (Provinz Zeeland, Nicderlande)n: gefunden wurde, und cine dritte in einem Fragment aus dem Kloster 132 Wienhausen bei Celle.1” 133 A lie Zeichen enrsprechen der scit dem 14. Jahrhundert ublichen Darstellung der Marienkronung, bei der Christus und Maria gemeinsam auf einer Bank thronen. Bei dem Prager Zeichen halt Christus in dcr linken Hand die Spaira und setzt Maria mit der rechren Hand die Krone auf das Haupt, wiihrend Maria mit dem Gestus dcr zum Gebet aneinandergclcgren Hande sich ihrem Sohn zuvvendet. Das besonders in der franzosischen Tympanon-Plastik weit verbreitete Motiv der Marienkronung macht die Idenrifikation einer konkreten Bildvorlage schwierig. Trotz der erhaltenen Befestigungsnadel muss es sich bei diesem Objckt auch nicht um ein Pilgerzeichcn handeln, sondern es ist eher von einer allgemcineren Funktion als reli- gidses Tragezeichcn auszugehen. HK Каг. BtHi in 2008, Nr 49 und 246. Eniaki 1916. Fig. 319, Nr. 2c. Kat. Br.Ri.iN 2008, Nr. 61. Bruna 1996, S. 105, Nr. 116. Н1Ч1, S. 355. Nr. 1491. Vgl. Appijiin/von Hi usinc.iir i96s,S.233f. nut Abb. 214. Die Dacierimg auf uni 1330 ist wohl zu friili.
Maria 81 Mondsichelmadonna (115-121) Ini folgcndcn Ariikel werdcn alle Zcichen zusammengefasst, die das Moiiv der Mond- siclielmadonna aufgreifen, ohnc dass damit cine gcmcinsame Herkunfr der Zeichen untcrstellt wiirde. Zumindesr fiir die Nr. 115-117 isr ihre l:unkrion als Pilgerzeichen naheliegend. Allerdings licK sicli bislang mir ein Typus von Gitrcrgiisscn mir einer Mondsichel madonna als Pilgerzeichen identifizieren, namlich die Zeichen der Kirche »Onze Licve Vrouw ter Potrerie« in Brugge1 * von denen die hicr vorzusrellcndcn Zei¬ chen sicli aber deurlich unterscheiden. Nr. 115 hat sich in der Prager Sammlung nur als Fragment erhalten. Dieses Zcichen besaf$ urspriinglich einen hochrechteckigen Rahmen. Da weirgehend identischc Zei¬ chen alls dem Museum Worms und in der ehemaligen Pariser Sammlung von Octave Homberg bekannt sind, liissr sich seine urspriingliche Gestalt rekonstruieren.l,s Der Rahmen mit Wiirfelaugendekor lief in zwei kurzen Fialen und in einen Hachen Kielbo- gen aus. Die Marienfigur stein auf einer kleinen Konsole, die der schmalen sieigenden Mondsichel vorgelagert ist. Maria triigr das Kind auf dem recluen Arm. Ihr Kleid ist giirtellos und weist am Halsausschnitt eine Perlsiabborte auf. Uber das Kleid falli mit 114 Pilgerzeichen (?), rahmenloser, drei- schaliger Gittcrguss mit waagerechrer Nadel und Nadelrast auf der Riickseite lnveiuar-Nr.: UI'M 5690 Material: Blei-Ziun Mafic: Holic 29 mm: Brcitc 29 mm □aliening: spates И. Jahrliundcrt (?) Vcrgleiclisstiickc: Bruna 1996. S. 105. Nr. 116 I.iieratur: Koi-mgsmarkova 1977. 5. 106. Nr. 83. - К at. Prac. 1986, S. 24. Nr. 177. - К at. Oi.omoik: 2006. S. 225. Nr. 95 115 Pilgerzeichen (?), urspriinglich hoch- rechteckiger, zweischaliger Gittcrguss, Fragment, Rahmen und flankierendc Engel vcrloren, noch eine Ose und drei riickseitige Halrezungen Invcntar-Nr.: UPM 5686 Maicrial: Blei Zinn Mafic: Holic (noch) 75 mm; Brcitc 38 mm Inschrift: in Miiuiskcln (inirlinkc Fufileistc cr- linltcn) ••...incus miscricnr- Daiierung: 15. Jalirluiiulcrc Vergleichsstiicke: Michis 1904. S. 48. - Kat. Worms 2001, Nr. 8, S. 79 Litcratur: Kocnigsviakkova 1977. S. 71, Nr. 37 134 Vgl. Kat. Drccgi-. 2006, S. 180-184. 135 Micron 190.1. S. 48. - K.-vi. Worms 2001. Nr. 8. S. 79. 116 Pilgerzeichen (?), rahmenloser, drei- schaligcr Gittcrguss, auf der Riickseite Reste der Nadel. durch angelotetes FiiR- chen zum Miniaiurbild verandert lnveiirar-Nr.: UPM 57(P Material: Blci-Zinn Mafic: I I о hi- (noch) 43 111m; Brciic 25 mm □aliening: 15- Jalirlitinilcrt Vcigleichssti'icke: kcinc Litcratur: Koknigsmarkova 1977. S. 701.. Nr. 36
82 Pilgerzeicben leichtem Falrenwurfcin Mantel, (lessen umgcschlagene Innenseite Straminmusterung zeigr. Das Hanpt rragt eine Lilienkrone und ist mit halb geschlossenen Augen leichi zum Kind geneige. Die Haarc reichen in sanfeen Wcllcn bis auf die Scluiltern. Den Kopf umgibt cin kreisrunder Nimbus mit Perlstab. Der Leib wird von fiinf paarig angcordneten Flammenzungen gerabmt. Links und reebis neben dem Hanpt triigt je eine Hiegende Kngelsgestali den Nimbus, wobei zwei im reebten Winkel zueinander srehende Metallsrcgc als >Haltegrifl'< und zugleich wobl der Stabilisierung des Gusses dienten. Am Rahmen waren urspriinglich wohl vier Osen angcbraclu, wovon sicb bci Nr. 115 nur eine unten reclits erhalten bat. Mehrere Zungen auf der Riickseite dienten zur Befestigung cincr Bildhinterlegung. Die Darstelhmg des Marienbildes auf einer Konsole bezieht sich vvabrsebeinlieb auf ein bestimmtes marianisebes Gnadcn- bild. Line sebr ah nliche Darstellung der auf der Mondsichel stebenden Gottesmutter - allerdings im Vergleicb mit Nr. 115 mit seitenverkehrt gehaltenem Jesuskind - bietet Nr. 116. In dicsem Fall fehlen allerdings der Rahmen und die begleitenden Engel. Die I.brstclle am unteren Rand verweist auf ein bier ehcmals angelotetes FuKchen, um das Bild aufstellcn zu konnen. Der Rest einer Nadel auf der Riickseite belegt, dass cs sicb urspriinglich um ein Zeichcn handelte, das an der Kleidung getragen wurde.iw‘ Die Nr. 117 stellt eine Mondsicbcrmadonna begleitet von vier Engeln in einem kreisrunden Doppclrabmcn dar, den cin stilisierter Flammenkranz fiillt. Im Gegensatz zu Nr. 115 wird die Szene hier durch die im unteren Bildfeld links und rechts hinzutretenden Engel mit Scbriftbandern erweitert. Identische oder zumindest sehr ahnliche Stiick finden sich in der Sammlung Bossard und in Lyon, bier allerdings im ovalen Rabmen. 136 Zur sckundiireii, aber liichl uniibliche Ver- wciulimg von Pilgcr/eiclicnals I Iciligenbild- dicn vgl. die Beispiclc unter Barbara, Kat- lierina, l.aiircntius in dicscin Karalog. Der bandwerklich schlichte Guss Nr. 118 stellt eine stehende Madonna auf der Mond¬ sichel ohne Strablenkranz und Beifiguren dar, der wedcr Osen nocb eine llaltcnadel 117 Pilgerzeichen (?), zvveischaliger Git- terguss im runden Doppelrahmen, eine von vier Osen erhalten, auf der Riickseite (tint' von urspriinglich sieben oder acht Haliezungen zur Fixierung einer Hinter- Icgung erhalten Invcntar-Nr.: Narinnalmuseiim I’rag H2-68.185 Material: Blci-Zinn Mafic: Dnrchmesser 49 mm Daticrung: 2. Halite de.s 15. Jahrhunderts (?.l Vergleiclisstiicke: Кат. I.yon 1957, S. 44, Nr. 52 (mit Abb.). - Sammlung Bossard (Hn.niN'c 1911, Tafel XXXVI: 2. Kcihc von oben, 3. Stuck von links) 118 Zweischaliger Girterguss lnveniai-Nr.: Nationalmu.scum I'rag H2-68.188 Material: Blci-Zinn Mafic: Hobc 24 inni, Brcite 14 mm Daticrung: 15. Jahrhundcri V'crglciclisstucke: kcinc 119 Dreiscbaliger Girterguss mit Nadel und Nadelrast auf der Riickseite Invcntar-Nr.: Nationalmuscuin Brag H2-68.28I Maierial: Blci-Zinn Mafic: I lohe 48 mm. Breite 25 mm Daticrung: 15. Jahrlumdcrt Verglciclisstiickc: kei lie
Maria КЗ besirzt. Moglicherwcise belaud sich ini abgcbrochcncn Scheitel der Mondsichel der Ansatz eines FuKchcns um das Bild aufzustcllcn. Bci dem Zeichcn Nr. 119 steht Maria in einer Mondsichd, deren Endcn weit nach oben gezogen wurden, so dass die Spit- zen ihren Manrel und ihr Klcid beruhren. Das Kind auf dem linken Arm rriigt einen Kreuznimbus, Maria ist gekront und ebenfalls nimbiert. Die sich u.a. im bewegten Faltenwurf des Gewandes ausdriickende handwerkliche Qualitat verweist wahrschcin- lich auf ein besrimmtes Kultbild als Vorlage. Nr. 120 zeigt die in der Mondsicbel thronende Maria, die ein in den Hiificn gegiir- tetes Kleid und einen fiber die Schultern herabfallenden Mantel triigt. Sie ist gekront, nimbiert und halt das Kind, das auf ihrem rechten Oberschenkel sitzt, im Arm. In der linken Hand hiilt sie ein Lilienzepter. Zu dicscm Zeichcn cxisticren zwei Parallclcn: ein Stuck aus der Sammlung Bossard und eines aus der Sammlung Gay (jetzt Musee de Clunv). Diese beiden Zeichcn tragen allerdings in der Mondsicbel die Inschrift »ave«, die dem Stuck aus Prag fchlt. Der Anhanger Nr. 121 zeigrdieaufeinersehrkleinen Mondsichel stehende Maria in einem portikusartigen Rahmen, dessen Saulen schon Renaissanceformen ahnen lasscn. HK Maria stehend in it dem Jesuskind (122-131) Die Zeichcn mir Darstcllungen eincr stehenden Maricnfigur sind so mannigfaltig, dass eine ausfuhrlichc Behandlung dieser Gruppe nicht sinnvoll erscheinr, zumal keines der Stiicke in der Prager Sammlung mehrfach aultritt. Daher werden die cinzclncn Stiicke im Pol gen den etwas genauer beschrieben. 120 drcischaliger Gitterguss mit Nadcl und Nadclrast auf der Ruckscitc Inveninr-Nr.: Naiionalmuseum I’rag H 2-68.156 Material: Blci-Ziim Mafe: Hoke 22 mm. Breite 14 mm Datierung: spates 15- / frillies 16. Jalirlniiulert Vcrglcichssiiickc: Brcna 1996. -s- I ^ Nr- |/|6- - Sammlung Bossard (Hri.niNt; 1911. 'I'afcl XXXVI. 3. Rcihc von oben, 2. Snick von links) 121 Anhanger mit Ose, zweischaliger Gitterguss mit einer Mcrallhinterlcgung, die von noch fiinf (urspriinglich sechs) Zungcn gelialten wird, Mondsichel ma¬ donna unter Portikusarchitcktur lnventar-Nr.: Nationalmuseuin H2-68.106 Material: Blei-7.inn Mafic: Hohc31 mm, Breite 18 111111 Datierung: friilics 16. Jalirhundert Vergleichssnickc: Bhuna 1996, Nr. 134 122 Broschc, drcischaliger Gitterguss mit Resten der Nadel auf der Riickseirc, scchs- eckigcs Feld mit cingezogenen Seilen, das von einem Perlstab umzogen wird, darin Maria frontal stehend im Strahlenkranz dar und dem Kind auf dem linken Arm lnventar-Nr.: Naiionalmuseum I’rag M 2-68.071 Material: Blei-Zinn Mafic: Holic 24 mm, Breite 21 mm Datierung: spates IS. I(ruhes 16. J.ilirhiindci i Vergleielissl iieke: keine
84 Pilgerzeicba 131
Maria 85 Inwiefern sich dieeinzelnen Zeichen auf ein bestimmtes Gnadenbild bzw. aufeinen lokalen Kult beziehen, ist kaum zu bcantworten. Dennoch soli darauf hingcwiesen werden, dass cinigc dcr Zeichen auch in anderen Sammlungcn srark vertreten sind, was ein Indiz Fur ihre Funktion als Pilgerzeichen scin konntc. Dies gilt besonders Fur die Broscben Nr. 123 und 125, die auffallend haufig in den um 1900 entstandenen Sammlungen vorbanden sind, allerdings in der Pariser Sammlung von Forgeais Feblcn. Ob die Nr. 122 als Fanzelstiick anzusprechen ist, da idenrisebe Sriickc Feblen, oder ob dasselbe Motiv der Frontal stebenden Maria im Strablenkranz auF Broscben mit achteckigen1’’ odcr runden Rahmen1'” als verwandte Objekte anzusprechen sind, soil hicr ofFen bleibcn. 123 Runde Brosche, dreischaliger Git- terguss mit Nadcl und Nadelrast auF der Riickscite, im einem von einem Perlstab umzogenen runden Feld steht Frontal cine nimbierte Maria, die das Kind auF dem linken Arm triigr, vor dem Korper ein kreisrunder Gegenstand, moglicherweise erne Kugcl, die das Kind in der Hand hal- ten sollte, urspriingliche Bekronung wohl weggebrochen lnvcntar-Nr.: UPM 5749 Material: Blei-Zinn Inschrift: »Avc: maria« Mafic: Durchmcsser 18 mm Daticrung: spates 15./friihcs 16. Jahrliunderi Vergleichsstiicke: Каг. Berun 2008, S. 265, Nr. 5. - Kai. Worvis 2001, S. 99, Nr. 50f. - Sammlung Bossard (Heluing 191 r, Tafcl XXXVI: 6. Rcihe von oben, I StQck von rechts; 7. Rcihe von oben, 2. Stuck von links); Brussel, Btbliothequc Royalc, Cabinet des monnaies, Coll. Dissart, Invcnrar Nr. 23464 124 Runde Brosche, dreischaliger Gitter- guss, Reste von Nadel und Nadelrast; auF der Riickseite, ahnlich Nr. 123 aber ohne InschriFr und Perlstab Inventar-Nr.: Nationalmuscum H2-68.067 Material: Blei-Zinn Mafie. Durchmesser 29 mm Daticrung: spates 15. / fruhes 16. Jahrhundert Vcrgleichsstuckc: keine 125 Hochrechteckige, an den Ecken ab- gerundere Brosche, dreischaligerGitterguss, Nadel und Nadelrast auFder Riickseite, im BildFeld die stehende, gekronte und nim¬ bierte Madonna mit dem Kind auF dem linken Arm, das BildFeld mit erhabenen Punkten gefiillt, der Rahmen wird von einem Perlstab umzogen Invcntar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.073 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohc 22 mm, Brcite 14 mm Daticrung: spates 15. / fruhes 16. Jahrliunderi Verglcichssmtke: Brussel, Riblioilicqitc Royalc, Cabinet des monnaies, (’oil. Dissart, Invcntar Nr. 23453 (?) - Sammlung Bossard (Heeding 1911, I'afcl XXXVI, 7. Rcihe von oben. 3. Stuck von links; 9. Rcihe von oben, 1. St lick von links) 126 Pilgerzeichen (?), dreischaliger, hoch- rechteckiger Gitterguss mit Nadel und Nadcl rasraufdcr Riickscire, ineiner Adiku- larchitektur, die innen von einem Perlstab umzogen wird, unter krabbengesetztem Spitzgiebel eine stehende Madonna mit dem Kind auF dem linken Arm Inventar-Nr.: Nationalmuseum Prag 112-68.202 Material' Blci-Z.nn Mafie: I lohe 22 mm, Brcitc 14 mm Inschrift: in Minuskcln »avc« Daticrung: 15. Jahrhundert Vergleichsstiicke: keine 127 Pilgerzeichen (?), dreischaliger, wap- penschildformiger Gitterguss mit Resten von Nadel und Nadelrast auF der Riick- seite. Uberden wappenfbrmigcn Rahmen wolbt sich ein Lilienreif. Dem innen und aufien mit Perlstab umzogene Rahmen sind knospenformige Kreiseaufgesetzt. Die gekronte und nimbierte Marienfigur triigr das Kind, das eine Kugel in dcr Hand halt, auF dem linken Arm. Zu beiden Seiten der Figur fiillen Lilienornamente den Raum bis zum Rahmen aus Invcntar-Nr.: UPM 5675 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohe 33 mm, Brcitc 22 mm Daticrung: 15. Jahrhundert Vergleichsstiicke: К at. Worms 2001. Nr. 44 (andcrc Bekronung) Literalur: Kof.nigsmarkova 1977. J>. 68, Nr 33 128 Pilgerzeichen (?), dreischaliger, ovaler Gitterguss mit angegossener Ose auF der Riickseite, Rahmen aufien von rocaillear- tigen Ornamenten umzogen, im BildFeld Maria auF einem waagerechten Balken 137 Kai. Lion 1957. 8 45. Nr. 66 (mit Abb.). Kai. Worms 2001. S. 98, Nr. 48. 138 Kai. Worms 2001. S. 98, Nr. 49. srehend, das darunrer den Raum fiillende Rankenwerk ist teilweise weggebrochen, die Figur nimbierr, das Kind auF dem linken Arm iragend (Bild stark vergossen) liiveni.ir-Nr.: UPM 5731 Material: Blei-Zinn Mafie- Hohe 30 nun, Brcitc 27 mm Daticrung: 17. /18. Jahrhuiulcrt (>) Vergleichsstiicke- keine 129 Pilgerzeichen (?), dreischaliger, ovaler Gitterguss mit angegossener Ose auf der Riickseite, Rahmen auficn von rocaillear- tigen Ornamenten umzogen, im BildFeld Maria auf einem waagerechten Balken stehend, darunter Rankenwerk, die Figur halbFrontal, nimbieru Inveiuar-Nr.: Nationalmuseum Prag 112-68.172 Material: Blei-Zinn Mafie- Hohe 37 111m, Breite 29 mm Dancrung: 17./18. J.ihrliuiulert (5) Vergleichssriickc- keine 130 Anhimger, zweischaliger ovaler Git- rerguss, Rahmen umzogen von Taustabde- kor, mit Dse, nimbierre Marienfigur mit dem Kind auFdem linken Arm Inventar-Nr.: Nationalmuseum Prag 112-68.150 Material: Blei-Zinn Mafie: 1 lolie 45 mm, Breite 32 mm Daticrung: 15./fruhes 16 Jahrliuiuleri Vergleichsstiicke. keine 131 Anhanger, zweischaliger ovaler Girrerguss, zwciteiligcr Rahmen mit Ose, auf der Riickseite rautenformiges Gitter als Hintcrlegung, nimbierte Marienfigur mit dem Kind (stark vergossen?) auf dem linken Arm zwischcnzwci Gcwachsrankcn Inventar-Nr.: Nationalmuseum Prag П2-68.173 Material: Blei-Zinn Mafie. Hohe 48 111111, Breite 33 mm Daticrung: 16./ 17. Jahrhundert Vergleiclissiiicke: keine
86 Pilgerzeicheh Maria thronend mit Jesuskind (132-134) Zwei Pilgerzeichen der Pragcr Sammlung zcigen in cincm runden Rahmcn die Dar- stellung eincr auf einer breiten Thronbank sitzenden Marie, zu deren linker Seite das Jesuskind aufrecht stehr. Rcchts neben dcr Marienfigur stcht eine Lilie in einem kannenartigen GefaE und links neben deni Jesuskind brennt in einem Leuchter eine Kerzc. Die Marienfigur ist nimbiert und mit einer Lilienkronc gekront. Sic tragr einen weiten Mantel iiber einem eng anlicgcndcn L'nterkleid. Das Jesuskind hiilr in seiner linken Hand einen Reichsapfel. Die Ikonografie dieser Zeichen erinnert stark an einige jener Zeichen, die Tom- bclaine zugewiesen werden (vgl. besonders Nr. 78 und 81) - allerdings fehlt in diesen Fallen der Kcrzcnleuchter. Als Verglcich lieRe sich evenruell das Stuck in Rouen an- fiihrcn, das der thronenden Maria mit Jesuskind zwei kerzentragende Engel hinzu- fiigt.1 w Der Zusammenhang der Pilgerzcichen mit Tombelaine muss daher vorerst nocb ofFen blciben. 134 stellt ebenfalls die auf einem Thron sitzende Maria mit dem neben ihr stehenden Jesuskind dar. Es ist dcutlicber alter als die Nr. 132f. und scheint den friihen Gitter- giissen inderzweiten Halfredes 14. Jahrhunderts anzugchoren. Eine Verwandtschaft dcr Ikonografie mir den Zeichen aus Tombelaine ist zu vermuten. Das Zeichen ist im oberen Bereich stark fragmentiert, es fehlt die Rahmung, die wahrscheinlich adikula- formig von einem Giebel abgeschlossen wurde. Das Stuck srammt nicht aus dem Ankaufvon Joseph Egger, sondern wurde aus dem Prager Kunsthandel erworben, so dass iiber seine Provenienz nichts bekannt ist. Dennoch spricht nichts gegen seine Herkunft aus Frankreich. 132 Pilgerzcichen, dreischaliger runder Gitterguss, im breiten Rahmen mit umlau- fendem Pcrlstabdekor, Nadelrast und eine von vierZungen aufder Ruckseitecrhalten lnvc-ntar-Nr.: UPM 5725 Material: Blei-Zinti \la(!t: Durchme.sser 34 mm Datierung: 15. Jalirhundert V'crglddisstiicke: Bkuna 1996, Nr. 120 Liter.itur: Koknicsmarkova 1977. S. 64. Nr. 25 133 Pilgerzeichen, dreischaliger runder Gitterguss, im breiten Rahmen mit Flam- menornamenten und dreipassformigem Knospcndekor (z.T. weggebrochen), Na- del und Nadelrast auf der Riickseite Invcntar-Nr.: UPM 98.958 Material: RIei-Zinn Ma8e: Durchmesscr mit Strahlen 42 mm, Bild- durclimesser 20 mm Datierung: 15- Jahrhundert Vcrglciclisstiicke: Bri.na 1996, Nr. 120 Litcrautr: Koknicsmarkova 1977. 8. 65, Nr. 26 139 Lamy-I.asai.i.e 1968, Nr. 23- 134 Pilgerzeichen, zweischaligcr hoch- rechteckiger Gitterguss, fragmentiert, zwei Osen erhalten, ebenso eine von urspriing- lich wohl achr Haltezungcn zur Fixierung einer Hinterlegung lnventar-Nr.: UPM 4944 Material: Blei-Zinn MaBe: Holic (nocli) 58 mm, Rreite 58 mm Datierung: 2. Halftcdes 14. Jahrhundcri.s Vergleichsstiickc: keinc l.iteratur: Koknicsmarkova 1977, S. 56. Nr. 15. -Kat. Prac 1986. S. 19. Nr. 122
Maria 87 Maria mit Kind als Halbfigur (135) Die in diin lies Blech cingcpragte Darstellung der Madonna mit Kind als Halbfigur in cinem rnnd abschliefienden Bogcnfcld ist bishcraus andcrcn Pilgerzeichensainmlungen nicht bekannt. Wegen der fragmentierten Riinder der Plakette sind Befestigungsmbg- lichkeitcn nicht (mehr?) z.u erkennen. Auch wen n die lkonogra fie dieses Zeichens bisher singular ist, ist fine gewisse Vcrwandtschafc mit ciner Cruppc von Plaketten fesiz.u- stellen, diezuersi von Кип Kostcr a Is Abgiisse auf rheiniseben Glocken ans der z.weiten Halfte des 15. Jahrhunderts beschrieben wurden"" und /и denen Beatrice Schiirli 1985 140 Kosti-.h kjs?, S. 8‘)f. Erganzungen aus dem Baseler Raum lieferre.NI Ihre Funktion als Pilgerzeichen srehr 141 SniXui i iy«v zu vernuiten, eine Identifikation des Herkunftsortes war bisher aber nicht moglich. Es handelt sich uni hochrcchteckige Plaketten mit einem giebelfbrmigen Abschluss mit einer maximalcn Hohe von etwa 75 mm. Auf ihnen wild Maria mit Nimbus und Biigelkrone dargestellt, die sich dem auf dem linken Arm gehaltenen Kind mit leicht geneigtein Kopf zuwendet. Im Gegensatz dazu halt auf der Nr. 135 Maria das Kind auf dem rcchten Arm. Maria und das Kind sind bier auch nicht nimbiert und Maria tragt einc Lilienkrone ohne Biigel. Dennoeh gewinnt man durch die Gestaltung der z.um Tragen am Rand gelochten rheinischen Plaketten1*2 wohl eine Vorstellung vom 142 V«l. Kosti-r iy*?, Taf. 7. ЛЬЕ 42. urspriinglichen Zustand der Nr. 135. HK 135135 Pilgerzeichen (?), hochrcehtcekige, wahrscheinlieh ursprunglichgiehellbrmig abschlicRcnde Priigung in Zinnblcch (?), Rand fragmenliert lnvcntar-Nr.: Narionalmusatm 1‘rag 112-68.224 Maic-ri.il: Zilin (?) Mafse: I Icihe (noch) 67 mm, Rreire SO mm Daticrutig: 2. Halfte dc-s IS./frillies 16. Jahr- IuiikIlti Vtrglcii'li.vM iickir: kc-inc
88 Pilgerzeichen Heilige Identifizierte Zeichen Adrian (Hadrian) von Nikomedien (Sankr-Adrians-Abtci Geraardsbergcn/Ostflan- dern?) (136, 137) Die Verehrung des hi. Adrian, der um 290 in Nikomedien als romischer Offi/ier das Martyrium erlirr, wurde im spaten Mittelalter besonders in der Abtei von Gcraards- bergen gepflegt, wohin 1175 Rcliquien dcs Heiligen gelangtcn. Die Wallfahrt zu dieser Kliltstiitte erlebte im 15. Jahrhunderi ilire Bliiiezeit, wovon auch die weite Verbreitung der bier ausgegebenen Pilgerzeichen zeugr.m ИЗ Die Pilgerzeichen aus Geraardsbergen1^ stellen den Heiligen imnier im rittcrlichen Aufzug der Zeit mit Plattcnpanzer dar. Meisr stcht er auf einem liegenden Lowen als ^ Zeichen seines Mutes im Martyrium. Er prasentiert mit der einen Hand ein gcziicktes Schwcrt, wahrend die andere Hand einen Amboss und einen Hammer als Attribute seines Martyriums tragt, da ihm im Kerker seine Knochen mit Hilfe dieser Gerate zerschlagen wurdcn. Kuri Rosier hat darauf hingewiesen, dass trotz ahnlicher Ikonografie derAdrians- Zeichen zwei Varianten zu unierscheiden sind. In dcm einen Fall wird der Heilige mit Bart und lockigem Haar gezeigt und tragt liber dcr Riistung einen mit Zoddeln besetzten Umhang. Bei der zweiten Variantc wird der Heilige als jugendlicher Rit¬ ter bartlos und mit kurzem Haar dargestellt, der iiber dem Panzer keinen Umhang tragt.11' Letztere Zeichen scheinen auch kein Schriftband zu besitzen, wie es bei der ИЗ ersten Variante nicht immer aber meisr begegnet. Beide Varianten sind nicht als Ent- wicklungsstufen zu verstehen, denn die Darstellung des bartigen Heiligen mit Umhang begegnet sowohl in Form von Gittergiissen, die seir den l430cr Jahren als Glocken- abguss belegt sind, wie auch auF brakteatenformigen Plaketten, die seit den l480er Jahren in Geraardsbergen vertrieben wurden. Die beiden Prager Zeichen entsprechen der Variante des bartlosen Ritters ohne Um¬ hang. Wahrend die sonst bekannten Exemplare dieses Typus in der Regel rahmenlos sind, bcsitzteincs der Zeichen einen hochrechtcckigen Rahmcn mit Giebel. Lediglich ein leicht fragmentiertes Stuck in der Sammlung des Museums dcr Stadt Worms ist mitdiesem Zeichen identisch. Auch tragt der Heilige in seiner rechten Hand nur einen Amboss. Der sonst auf dcm Amboss scnkrecht mit dem Kopf nach unten liegende Hammer fehlt. Wahrend die Zeichen aus Geraardsbergen iiblicherweise mit Osen versehen sind, besitzt die Nr. 136 stattdessen auf der Riickseite eine Nadel, wie sie fur franzosische Pilgerzeichen charakteristisch ist. Das zweite Zeichen (Nr. 137) ist zwar fragmentiert, wahrscheinlich besaR es aber keinen Rahmen. Die Darstellung des heiligen Ritters wcicht von Nr. 136 ab; so tragt die Figur z.B. das Schwert in der linken und nicht in der rechten Hand. Die wohl von der rechten Hand getragenen Attribute Amboss und Hammer sind zusammen mit der Hand wcggebrochen. Dennoch verweist die Darstellung des auf einem Lowen stehenden Ritters cindcutig auf den hi. Adrian. Es ist die Frage zu stellen, ob es sich bei diesen Pilgerzeichen - und moglicherweise bei alien Zeichen mit der Darstellung des jugendlichen Ritters - um einen eigenstan- digen Typus der Pilgerzeichen aus Geraardsbergen handelt oder ob die ganze Gruppe dieser Pilgerzeichen nicht doch aus einem andcrcn Wallfahrtsort stammt? HK Austreberthe de Pavilly (Montreuil-sur-Mer) (138-142) Die hier vorzustcllcnden Objckte wurden bisher als Pilgerzeichen dcr hi. Odilia vom elsiissischen Odilienberg (Mont Sainte-Odile, Departement Bas-Rhin) aufgcfasst. Zum Kult von Geraardsbergen vgl. die Iiin- leitungzu den Pilgcrzeiilien in 1 IP 1, 8. 117f. nnd Kosn R 1973H. Vgl. zu den bisher bekannten Fundcn li.a. HPI..S. 119-121, Nr. 1-19. -ПРИ. 244f., Nr. 1038-1042. - Bruna 1996, S. I19f.. Nr. 152. - Nach HP II, S. 244 sollen fast 400 niedcrlandischc Bodeiilunde bekannt scin. Rosier 1973B, S. 112-114.
Heilige Durch die Inschrifi »oteberte« (= Austreberihe) aid dem Pilgerzeichen Nr. 138 wird diesc bishcr giiltige Forsdiimgsmcinung korrigiert. Die iiltere Forschung zu den Odilienzeidicn lasste F.lly van I.oon-van dc Mosoos- dijk 1995 zusanimcn.1’1' Danacb werden dieOdilienzeichen inzwei Gruppen unterieili. Der Typ A ist durch einen achtcckigcn Rahmen bcstimnit, in wcldicm die stehende Heilige im Ordcnshabir dargesielh wird, den Abtissiniieiisiab in ilirer linken und ein Buell in ihrer reebten Hand haltcnd. Der Тур В besit/t cincn adikulaformigcn Rail- men und siellt die Heilige cbenfalls im Ordensbabir dar, allcrdings mit cincm Kelch in der rcchten und cincm Buch in der linken Hand. Audi wird die Figur auf beiden Seiren von einem floralen Rankenwerk umgeben. Das erste Zeichcn des Typus A war ein Seine-Fund, der in die Samnilung Gay gelangtc und schon friih publiziert wurdc.1 r Von den insgesarnt fiinfahnlichcn Zeichcn, die aus dem franzosisdien Kunsibandel in das Wonnscr Paulus-Museum gelangien, bildeie Medard Barth 1938 cities als Pilger¬ zeichen der Wallfahrt zum Odilienberg ab."s Die Excmplare des Typus В wurden zu- erst durch einen Abguss aufder Glockc des danischcn Uggerby bekannt, die Frederick Uldall 1905 publizierte.1'14 Allerdings meinte Uldall aid der Standleistc »WALPVRG« lesen zu komicn und identifizierte die dargestellle Heilige so als die 111. Walburgis von Eichsriitt. Dies wurde in den folgenden Jalirzelinten nie bestritten und aucli nielli iiber- priift, so dass weitere Glockenabgiisse diese Jdentifikation erhielten.1Erst als 1990 das Germanische Nationalmuseum in Niimbergden gut erhaltenen Bodenfund eines 136 Pilgcrzeichen, dreischaliger, hoch- rechteckiger Gitrcrguss mit giebelFormig zulaufetidem Rahmen und Perlstabdekor, Nadel und Nadclrast auf der Ruckseite, zwei von urspriinglich fiinf(?) Haltezungeti zur Fixierung einer Hinterlegung auf der Ruckseite bewahrt. Invent...-Nr.: UPM 5692 МаКс: I Icihc 37 mm. Hreite 27 mm Material: Blei /inn Daticrung: zweite Halite ties 15. Jahrlumderts Vcrgleiclisstiicke: Клт. Worms ioui.S. 105, Nr. 59. Literatur: Kotniosmarkova 197?, S. 90. Nr. 6. - К AT. I'RAG 1986, S. 22, Nr. 153 137 Pilgcrzeichen, Gittcrguss, rahmenlos mit einer Ose aufder Ruckseite Inventar-Nr.: Naiionalmiiseum Prag 112-68.169 Malic: Hohc 33 mm. Breiie 15 mm Maierial: Blei-Zimi Daticrung: zweite I lalltc ties 15. Jubrhundcris Vcrgleiclisst iickc: kcinc 196 V'.\k I.chin-van in- VlnoMiijK 199S/96. \'P Gay 1887. I. l.S. 152. И.Ч Bartii м;?8. .5. 28-11'. mil Abb. 18. Die /.11- weisung geln aul IVucr lolunnes I l.ui OS В (Trier. S. Matthias)ztiriitk. tier meinte -einen ditklichcn Snidi- aul dem Buell als Augcu- paar ansprei'lien zu kniincn. 149 L'i.dai 1. 190s, S. 1S6. 150 Vgl. Kosh-.r 19S7.-5. 701'. 138 Pilgerzeichen, dreischaliger hodi- rcehteekiger Gitterguss, rechter Rahmen wcggehrochen, Resie der Nadel und Na¬ dclrast auf der Riickseiie Inventar-Nr.: Nat inna I museum Prag H2-68.2D libthrtfi: in Miiutskcln -s. 1?| oteberti- Maierial: Blei-Zinu Malic: I lobe 45 mm. Brcitc (nocli) 26 mm Daticrung: 2. I laltie ties 15. Jalirhttndcrts Vcrgleiclisst iicke: kei tie
I'ilgerzeicben 90 solchen Zeichens erwarb, dessen Insclmft »s. odilia« lautete'si, und wenig spacer ein alinlidler niederlandischer Rodcnhind publiziert wurde1'2, setzte sich die Zuweisung der Zeichcn zum Odilienberg durdi. Allerdings srellre diese Entdeckung die Idenci- fikation der nun als Typ A geltenden Odilienzeidien nidit in Frage. Merkwiirdig, ist, dass nie Zweilel an diescr Identifikation auftauchten, da beide Gruppcn z.ur selben Zeic hergesrellt wurden. Audi hiittc auffallen miissen, dass die Exemplare dcs Typ A aus deni franzosischen Bereich srammten, die dcs Тур В aber aus den deutseben Liin- dern und dem Baltikum, was auch durch die Exemplare des Typus A in der Prager Samnilung unterstrichen wird. Die Identifikation durch die Inschrift auf Nr. 138 lost so einen alren Irrrum der Forschung auf. Bei den angeblieh vom Odilienberg stammenden Pilgerzeichen des Typus A handelt es sich tatsachlich um Pilgerzeichen mit der Darstellung der hi. Aus- treberthe (Austreberta) von Pavilly. Diese Heilige wurde um 630 als loch ter eines Hofbeaniten des Konigs Dagobert I. geboren und legte Trull ein Zolibatsgclubdcab, das sie zunachst als Nonne in die Abtei Port (bei Abbeville) ftihrte, von wo aus sie durch den Abt Philibert von Junlieges zur Abrissin dcs von ihm gegriindeten Kloster von Pavilly (Departement Seine-Maritime) berufen wurde. Hier ftihrte sie ein vorhildliches Leben und srarb nach dem Jahr 700. 139 Pilgerzeichen, dreischaliger hoch- rechteckiger Gitterguss mit riickseitiger Nadel und Nadelrast, drei von urspriing- I ich vicr riickseitigen Haltezungen erhalten, Rahmen links fragmentiert lnventar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.I8I Material: Blci-Zinn Mafic: Hohc 43 mm, Brcice 24 mm Daticrung: 2. Halftcdes 15. Jahrliundcrts Verglcichsstiickc: Kat. Worms 2001. S. 132, Nr. 96. - Kai. BhRLiN 2008, S. 347, Nr. 200 (als hi. Odilia inissdctitet) 140 Pilgerzeiclieii, dreischaliger hoch- reclueckiger Gitterguss mit riickseitiger Nadel und Nadelrast, drei von urspriing- lich vier riickseitigen Haltezungen erhalten, Bekronung weggebrochen lnventar-Nr.: Nationalmuscum Brag H2-68.194 Material: Blci-Zinn Mafic: Htilic 36 mm, Brcitc 25 mm Dacicrung: 2. Halftedes 15. Jahrliundcrts V'crglciclisMiitkc: Kat. Worms 2001. S. 132, Nr. 96. - Kat. Berlin 2008. S. 347. Nr. 200 (als hi. Odilia missdcuict) 151 Kat. NOrniii-rc; 2000, Nr. l‘)7, S. 370. 152 IIP I, Nr. 246. I4l Pilgerzeichen, dreischaliger Gitter¬ guss mit achtcckigem Rahmen und vier Osen, riickseitige Nadel und Nadelrast, das hinrerlegte Blech erhalten, welches mit drei von urspriinglich vier Haltezungen befestigt ist lnventar-Nr.: UPM 5736 Material: Blci-Zinn Mafic: Hohc 40 mm, Brcitc 40 nun Daticrung: 2. Hiilfccdes 15. Jahrliundcrts Vcrglcichsstiickc: Kat. Worms 2001. 5. 133. Nr.97f.-GAV 1887, T. l.S. 1521 Literatur: Koi-nicsmarkova 1977, S. 88, Nr. 59. - Kat. Olomouc 1006, S. 226. Nr. 96
Heilige 91 Wcgcn dcr Normanncniibcrlallc wurdc das Klosternach Montrcuil-sur-mer verlegi.1'’’ M6glichcrwei.se hangt die durch die Pilgerzeichen dokumentierte Ausstrahlung des Kultes im 15. Jahrlnindert auch mit dcr Bliite der nahegelegenen Wallfahrtszentren Boulogne-sur-MerundSaintJo<>.stzusammcn,liirdieMontreuil Durchgangsstation war. Die Pilgerzeichen stcllen Austreberthe immer stebend im Benediktinerinnenha- bit dar. Ihr Haupt wild von einem Scheibennimbus nmgeben. In der rechtcn Hand halt sie vor dem Leib ein Bucli. Mit der linken Hand triigt sie einen Abtissinnensiab, dessen Kriimme nach Aufien zeigi. Besonders markanr ist der Ansar/ der Kriimme liervorgeboben, der bei Nr. 138 nocb durcb den Pannisellus beront wird. Das Kloster bewabrte einen romanischen Abtissinnenstab, der als Reliquie der hi. Austreberthe versranden wurde und sich bis beute in der Abtei Sainr-Saulve in Monrreuil erhalten hat.iv‘ Diese Reliquie erkliirt moglicherwei.se auch die Bctonung des Stabes in der Ikonografic der Pilgerzeichen. Die Pilgerzeichen unterschieden sich nach der Form der Rahmung in solche mil einem achteckigen Rahmen und solche mit einem iidikulaformigcn Rahmen. Lctztcrc stcllen im Gegensatz zu den Pilgerzeichen des Odilienbergcs die Abrissin immer ohne Keleh und ohne das rahmende Rankenwcrk, aber mit dem Abtissinnenstab dar. Sie miter- 142 Pilgerzeichen, dreischaliger acht- eckiger Plakertenguss, ruckseitige Nadel und Nadelrast (deformiert) Invcntar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.068 Material: Blei-Zinn Mafic: Durchmesser 23 mm Datierung: lindc dcs 15. Jahrlumderts Verglcichsstuckc: К at. Worms iooi.S. 1341., Nr. 99-101 143 Pilgerzeichen, dreischaliger, rahmen- loser Gittcrguss (Fragment) mit Rcstcn der Nadel auf dcr Riickscitc, durch einen angcloteten Standfufi zum Heiligenhild veriindert Invcntar-Nr.: UPM 5706 Maicrial: Blei-Zinn Mafic: H»hc6U mm (mil I'ufi midi). Hohe ohne I'ufi 40 mm, Brcitc (l'igur) 25 min Datierung: 2. Halite des 15. Jahrlumderts Verglcichsstuckc: Nr. 144. - K.-vi. Bi.ki.in 2008, Nr. 2 und Nr. 36 l.iteratur: Koi-.nk;smaukuva 1977. S. 981., Nr. 71 153 Vgl. zur tie.seliieliie des Klosters: Вuaqui 11 AY к 1891-91. - Rnniiui 1901. 154 К at. Paris 200s, S. 310, Nr. 235. 144 Pilgerzeichen,dreischaliger, rahmen- loser Gitterguss (Fragment), riickseitige Nadel verloren Invcntar-Nr.: Natioii.ilmiiseuni I’rag 112-68.216 Maicrial: Blei-Zinn Mafic: Holic 43 nun, Breiie 18 mm Daiierung: 2. I lallte des 15. Jalirhnndcrts Vergleielissuickc: Nr. 143. - Kat. Btkmk 1008. Nr. 2 und Nr. 36
92 Pilgerzeichen scheiden sich von den Odilienzeichen auch dadurch, dasssieeine Nadcl zum Anstcckcn statt der am Rahmcn angebraclnen Osen besir/en. Die Rabmcn der iidikulaformigen Zeichen werden von eincm umlaiifcnen Perl- .srabornament verziert und von einem Lilienornament bekront. Sic besitzen auf der Riickseite Zungen, mil denen wahrscheinlich eine Blechhinterlegung befestigr war, wie sie bei Nr. 141 erhalten ist. Der Rahmen von Nr. 138 ist aufwendiger gestaltet, die Riickseite zeigt noch eine Haltczungc fiir die Hinterlegung. Das achteckige Zeichen Nr. 141 entspricht den beiden lixemplaren in Worms. Audi fiir das handtvcrklich schlichtcre Zeichen Nr. 142, auf dem Stab und Buch seitlich vertauscht erscheinen, gibt es eine Parallele in der Wormser Sammlung. 1m letzten Fall schcint sich allerdings die Darsrellung von zwei Augcn auf dem in der rcchten Hand der Abtissin gehaltenen Buch zu befinden. HK Barbara (Sainte-Barbc-en-Auge) (143-155) Pilgerzeichen mit Darstcllungen der hi. Barbara bilden unter den franzosischen Zei¬ chen eine rnarkante Grofte. In jeder groReren Sammlung ist diese Gruppe mit einigen Exemplaren prasent. Obwohl Colette Lamy-Lasalle bereits 1968 darauf hingewiesen hattc, dass das in der Franzosischen Revolution zerstorte Augustinerchorherrenstift Sainte-Barbe-en-Auge (Mezidon-Canon, Departement Calvados) als bedeutendstes Zentrum des Barbarakultcs zu geltcn hat, wurden aus diesem Hinweis bisher keine Schliisse fur die Zuvvcisung der Barbara-Zeichen gezogcn.IVi Die Attraktion, die Sainte- 145 Pilgerzeichen, dreischaliger, rahmen- loser Girterguss, auf der Riickseite Reste einer Osc (?) Inventar-Nr.: UPM 5697 Material: Blei-Zinn Matte: Hohc 54 mm, Breitc 20 mm naiierung: 15. Jahrliundert Vergleichsstik'ke: Bruka 1996, Nr. I53f. Literanir: Kopniosmarkova 1977, S. 98. Nr. 70 146 Pilgerzeichen, Gitterguss mit rtick- seitiger Ose(?) Inventar-Nr.: UPM 98.986 Material: Zinn-BIci Matte: Holic 30 mm, Breite 18 mm Dacicntng: spates 15./friihcs 16. Jahrlnindert V'ergleiehsstiickc: Kat. Worms 2001, Nr. 62 155 I.amy-Lasali.k 1968. S. 13. 147 Pilgerzeichen, Gitterguss, Ruck- seite plan Inventar-Nr.: Natioiialmuseum H2 68.125 Material: Blei-Zinn Matte: Hohe 22 min, 17 mm Brciie Datierung: spates 15./ friihes 16. Jahrhundert Vergleichs.stuckc: Kat. Worms 2001. Nr. 63
Heiligc 93 Barbe-en-Augc als Walllalmsort besaR, hern lire aiif dem Besirz tier Sdi;idelrcliquie dcr 111. Barbara, diedurch den normanniseben Adligcn Robert Stigand (1036-86) aus Byzanz in die Stiftskirchc gclangt sein soil. Kardinal l.uigi d’Aragona, der die Kirclie 1517 besuchte, sprichi davon, dass diesc Reliquie »in ganz l:rankreich« verehrt werde.IM’ Einen Quellenbcleg f ur den Verkaufvon Pilgcrzciclicn in Saintc-Barbc-en-Augebictct die ReiscrechmmgdesGrafen Johann 111. von Henneberg-Sclileusingen (1503-41), der dort 1519 auf einer Wallfalm von Paris zuin Monr Saint Michel »zeichen« erwarb.|,;~ Die aliesien Pilgcrzciclicn mit Barbaradarsrcllungcn stammen friihestens aus deni spaten l4.Jahrhundert. AllcZcicliciibictcncincahnliclielkonogralic: Die Heiligc wild frontal stehend dargestellt, in dcr einen Hand tragt sie einen langen, leicht gebogenen Palmzweig, in der andcrcn mcist ein Buck. Neben ihrstcht dcrTurm als Attribut, dcr in etwa dicsclbc Hohe wie die Figur hat. Die Zeichcn lassen sich in vcrschiedencn Gruppen untertcilen. Dcr wohl altcrc Typus stellr die Heiligc neben deni rechts von ihr positionierten Fur in auf einer scliina- lcn Standleistc dar, die sicli nach auRen verjiingt. Der Turin ist mit der Figur nielli durcligangig verbunden, daher treten auch Fragmcnte ohne den flankicrcnden Turin auf (vgl. Nr. 144). Die Zeichen dicscr Gruppe sind etwa zwischen 45 und 60 mm lioch. Sie wurden als drcischaliger Guss mit einer auf der Riickseite angegossener Nadel hergestellt. Die Zeichen konnten auch durch Anlotcn cines StandfiiRchens zu eincm Heiligenbild umfunktioniert werden, wiediesNr. l43 zeigt. Diese Verwendiingscheint bci diesen Zeichen besonders liaufig gewesen zu sein, da Lotstellen auch an ahnlichen Stiickcn dokumentici 1 sind.IMi Srilistiseh kann man cinigcn schr schcmatisch gearbei- 156 П’Лклсажл 1905. S. I .IS. IS? l.ii-Bi- 1895. S. 80. - YiJ. /11111 Кошем l.ii-- in-uvi'At.n 1928, S. 371. - Kt iiM. 101 i. 158 V«l. u.a. Kai. Bkki.in 2008. S. 26'i. Nr. 2 und S. 281. Nr. 36. 148 Pilgcrzeichen, Gittcrguss mit riick- seitiger Osc lnvcntar-Nr.: National museum H2 68.155 Material: Blei-Zinn (r) Mafic: I liilie 27 mm, Breiie 12 111111 Daiiming: spates 15./triihes 16. Jali rbundert Vergleiclisstiickc: Kai. Worms 2001. Nr. 64 149 Pilgcrzeichen. Gittergussmit Restcn der riickscirigcn Osc Iuvcntar-Nr.: Natioiialmusciim 112 68.243 Material: Blei-7.inn (?) Malic: Hohe26 mm, Brciic 15 mm Daticning: spates l5./friihcs 16. Jalirhuiulert Verj;leichsstuckc: Bkuna 1996. Nr. 1551. 150 Pilgcrzeichen, drcischaliger Gitier- guss mit riickscitigcr Nadel, hochrcclit- cckigcr Rah men Inveniar Nr.: Naiioiialinuseuin Prat; 112-68.203 Material: Blei-Zinn Mafic: Hcjlic 23 nun. Breite 21 nun Haiicriing: 2. Halite ties 15. Jalirliunderts Vergleielisst ticke: kei ne
94 Pilgerzeichen tetcn, wohl altcrcn Stucken (vgl. Bruna 1996, Nr. 153Г.) cine Scric gcgcniiberstellen, die mit groEem handwerkliehen Konncn bei der Faltenfiihrungeine Oricntierung an dergleichzcirigen Malerci erkennen lassen (Nr. l43f.).lv> Eine Mittclstellung/.vvischen beiden Gruppcn nimmt Nr. 145 ein.1'*' F.in jlingerer Typus diirfte dem ausgehenden 15. Jahrhundert angchorcn. Er verklei- nertdie Darstellungauf eine Holie um 30 mm und weniger. Moglicherweise wurdefiir diese Zeichen eine andere Legierung benurzt, wodurch sie an Haltbarkeit gewannen, was ihre starke Prasenz in den heutigen Sammlungen mit erklaren konnte. Allerdings vcrloren sie an Konturierung und Detailscharfe. Zur Befestigung diente ilinen eine aufder Riickseite angegossene Ose. Zu uinerscheiden sind jene Zeichen, die Barbara aufeinem halbmondformigen Bogen stehend darstcllcn (Nr. I46f.) von jenen, die eine sich nach unten verjiingendc, sockelformige Standleiste besitzen (Nr. I48f.). Ein bisher einmaliges Stiick ist Nr. 150, das die Hciligc in cincm bochrechteckigen Rahmen darstellt, der nach innen mit einem Perlstab abschliefSt und auften durch ein Band von Wiirfelaugcn umzogen wird. Ebenfalls singular ist das Zeichen in Gestalt eines Pfeils, auf dessen Schaft sich eine der aus sonst iiblichen Barbaradarstellungen mitTurm und Palme findet (Nr. 151). Hinzuwciscn ist auch auf einen doppelseitig gestalteten Kruzifix-Anhangcr, dcr auf einer Seite die Ы. Barbara zeigt, der in diesem Katalog im Zusammenbang der Kruzi- fixe bebandelt wird (Nr. 41). 159 Parallclcn da/.u sicllcn die Sitickc К at. Bur- 1.1N 2008 Nr. 1 imd 36 dar. 160 Ahnliclicsf;ili fiir Kat. Wiiiims 2001, Nr. 65. 151 Pilgerzeichcn (?), Gitterguss, Pfeil mit hi. Barbara, auf dcr Riickseite Reste der Ose (?) Invcncar-Nr.: UPM 5669 Material: Blci-Zinn MaBc: Hohe 60 mm, Brcitc 13 mm Uaticrung: spates 15. / friilies 16. Jahrhundert Vcrglcichssiiickc: kcinc Literalur: Koenics.markova 1977, S. 97, Nr. 69 152 Pilgerzeichen, dreischaliger Gitter- guss mit Res ten dcrNadel aufder Riickseite, hochrcchteckiger Rahmen, durch einen angeloteten Standfuf? zum Heiligenbild verandert Inveiiiar-Nr.: LI PM 5705 Material: Blci-Zinn Mafie: Hohc 52 mm (mit F11R), Holie dcr l-igur 37 mm. Breitcdcr Figur 27 mm Daticruiig: 15- Jahrhundert Vcrgleiclisstucke: kcine l.iceratur: Kornicsmarkova 1977. S. 94. Nr. 73- - Kat. Pkac 1986, S. 21, Nr. 144 153 Pilgerzeichen, dreischaliger Gitter¬ guss mit riickscitigcrNadel und Nadelrast, vergossen und starke Gussgrate Invcncar-Nr.: UPM 5696 Material: Blci-Zinn MaKc: Holie 37 mm, Breitc 20 nun Daricruiig: 15. Jahrhundert Vcrgleichsstiicke: kei tie l.itcratur: Koenicsmakkova 1977, S. 94, Nr. 72
Heilige 95 Niclit volligsichcr ist, c»l> cs sich bci den Nr. 152-155 cbcidalls um Darstelhingen der hi. Barbara handelt, da in dicscn Fallen das Artribut des Turms fell It. Allerdings be- gegnen ini Spatniittelalter aucli Daisiclluiig der 111. Barbara, die sich wie diese Gruppc von Zeichcn nur der Attribute von Palme und Buell bedienen. Da eine alternative Interpretation als eine der virgines capitales, /..B. die hi. Katharina, iinwahrsclieinlich ersclieint, ist vorerst an der Identifikation mil der 111. Barbara fcstzuhaltcii. Ahnlich wie ini Fall des urspriinglichen Barba ra-Typus srellen diese Zeichen die Figur der heiligen Jungfrau frontal aid einer aid einer kleinen Standleiste dar, die von cinem Bauniclien flankiert wird. Ini Fa lie der Nr. 152 steht die Figur in einer von zwei Tiirmen beg ten/ten Fassadenarchitektur, die von einem gescliwiingeneti Giebel bekroiit wird. HK 161 Vgl. Koniusmahkova 1980, S. 65. - Daniil wiril «.Lis Until Karl Kosice. Iici ilt-in .ill 11 lidiciiStiickin tlcrSamniliingl-igdor/KunM- gcwcibcimiscuin Her I in handle cs sitli uni die 111. k.tlliaiina, levidicrl. vgl. K-vr. Hi-It 1 in 200X. S. 265. Nr. i. Bernhard von Aosta / von Menthon(?) (156) Der heilige Bernhard, um 923 als Sohu eiue.s savoyardischen Ritters geboren, ent- scliied sich gegen den Willcn seiner Familie fiir das gcistliche Lehen. hr wurde in Aosta zum Priester geweiht und stieg dort bald zum Archidiakon aid. F.r sail seine Aufgabe vor allem in der Bekampfung der Reste des Heidentums ini Alpengcbiet. In diesen Zusammenhang gchort die Legende von der Zerstdrting der Jitpitersaule atif deni sparer nach deni Heiligen benannten Grofien Sankt-Bernhard-Pass. An 154 Pilgerzeichen, dreischaliger Gittcr- guss ni it Resten der riickseitigcn Nadel Invcntar-Nr.: Naiionalimiseum Frag H2-68.2I9 Material: Ulei-Zinn Майе: Holit: 34 mm. Brciic H mm Datierung: 15. Jalirlumdm Vcrglciclisstiickc: kcinc 155 Pilgerzeichen, dreischaliger Gitter- guss, Nadel auf dcr Riickseite, Palniwedel in recliter Hand abgcbrochen Inveruar-Nr.: Naiionalmiisciiin Prag 112-68.220 Material: Blci-Zinn Майе: I lohe 43 mm. Brciic 28 mm Daiicrung: 15. Jahrliiuulcri Verglciclissiiitke: Sammlung Bnssard: Hi.i.iwnc; 1911, laid XXXVI. 4. Re»lit- v«m «. links. Клт. Hi ki.in 2008, Nr. 4 156 Pilgerzeichen, hochrechteekiger, dreischaliger Gitterguss, aid dcr Riick- seire sind Spuren von Nadel und Nadel- rast erhalten liivcmar-Nr.: Naiioiialmii.scnin Prag H2-68.I92 Material: Blci-7.inn Mafic: Molic 40 mm. Brciic 30 miu liistlirili: in Miniiskcln »su |...|m« (?) Daiicrung: 2. I liilftc tics 15. Jalirlmnderis Vciglciilisstiickc: kcinc
96 Pilgerzetchen dicscm Ort stiftete er ein Hospital und jene gcistlichc Genieinschaft, die sich sparer als Augustinerchorherrenstift um die Versorgung der Reisenden auf dem gefahr- lichen Passwcg kiimmerte. Die Gebeine des 1008 verstorbenen Heiligen ruhcn in der Kathedrale von Novarra.16- Einegriindliche Untersuchungzu dem im Spatmittelaltcrvorallem in Savoyen und im Piemont verbreiteten Knit fchlr. Die Identifikation des vorliegenden Pilgerzeichens mit scinem Kult erfolgt aul der Grundlage zweier Holzschnitte des spaten 15. Jahr- lninderts: dem Strafiburger Nachdruck eines um 1470 wohl in Italien hergestellten Holzschnitts aus der Univcrsitatsbibliothek Salzburg16' und einem ctwa glciclrzeitigen Einblattdruck aus dem Besii/. des Britiscb Museum16'. Bcidc Blatter stellen Bernhard als Chorherren mit Abtssrab dar, wie er mit der rechten Hand den Teufel an der Kette halt, wahrend er in der linken Hand ein Buch tragt, aus dem ein kleines Krcuz heraus- ragt. Die ausgestreckte Hand mit dem Buch schiebt sich als Schranke zwischen einen Hagelschauer, der mit Gewolk und Blitzen am linken oberen Bildrand erscheint, und ein Feld mit Korn und Wcin, das so durch den Heiligen geschiitzt wird. Wahrend die Darstellung des Heiligen mit dem an der Kette liegenden Damonen der auch sonst iiblichen Ikonografie des Heiligen entspricht16', ist die Schilderung der Rettung vor Unwetter ein Spezifikum dieser Holzschnitte. Das Pilgcrzcichcn greift diesen Zug der zcitgcnossischen Druckgrafik auf, indem es den Heiligen mit Chormantel und Stola frontal stchend darstellt, wie er die rechte Hand mit dem Buch und dem daraus hervorragenden Kreuz nach links streckt. Der ausgestreckte Arm am rechten oberen Rand des Bildfeldes meint wahrscheinlich die Dcxtcra Dei in Verbindung mit der Wundermacht des Heiligen. Vom Rahmen sind nur die beiden begrenzenden Saulen und die Standleiste mit einer Minuskelinschrift crhalren. DieGcstaltungdes mit Krabben besetzten Giebelwerkes zwischen den Saulen ist nur zu ahnen. Moglicherweise beziehen sich die beiden seitlichen Begrenzungcn auf jene Saule, von der Bernhard das Jupiterbild entfernte. Neben der Ikonografie des Pilgerzeichens bleibt auch sein Herkunftsort (die Kathedrale von Novarra mit dem Grab des Heiligen, das Hospizaufdem Grofien Sankt-Bernhard-Pass?) zu klaren. HK Christophorus (157-163) Die legcndarc Gestalt des Riesen Christophorus gchort zu den am meisten verehrten und dargestellten Heiligen desausgehenden Mittelalters. Die Ikonografie des Heiligen wurde im latcinischcn Spatmittelalter im besonderen Ma(5e durch eine Episode der Heiligenlcgendebestimmt: DerRiese, derdemstiirksten Herren der Welt dienen wollte, tragt von einem Einsiedlerangeleitet Reisende uber einen Fluss, bis sich Christusselbst in Gestalt eines Kindcs von Christophorus uber das Wasser setzten lasst. Als der Riesc unter seiner Last fast zusammenbricht, offenbart sich Christus und lasst zum Beweis den Stab des Christophorus austreiben.166 Als Nothelfer, Patron der Pilger und Reisen¬ den, aber auch als Heifer gegen die »mors mala«, den jahen Tod ohne den Empfang der Sterbesakramente, waren die Bilder des Christus aufseinen Schultern durch den Fluss tragenden Riesen, der sich aufseinen Stab stutzt, im 15. Jahrhundert in alien Sujets vom monumenralen Fresko bis zum kleinformatigen Holzschnitt weit verbreitet. Insofern verwundert es nicht, dass auch zahlreiche Zeichen mit der Darstellung dieser Szene bekannt sind. Wahrend der grofStc Tcil der Christophorus-Zeichcn ortsunspczifische Devotionalien umfasst, fuhren die Stiicke der Prager Sammlung auf eine Fahrte, die auf eine bestimmte Lokalisierung dieses Typus von Christophorus-Zcichen verweisen - sie jedcnfalls von der allgemeinen Christophorus-lkonografie abheben. Unter den Prager Zeichen kommt Nr. 158 eineSchlusselstcllungzu. Dieses Zeichen ist relativ vollstiindig erhalten und ermbgliclu es, das urspriingliche Ausschen von Stucken der Prager Sammlung, aber auch von Parallelen in der Wormser Sammlung, 162 Zur Viia und l.egende des I leiligen vgl. AASS Jnin II. S. 1074(F. - RE II, S. 640f. - I.cxikmi fur Ihcologieund Kirchc 11, S. 237. - Vincent Mayk, Art. liem/uml von Aosin (von Menton), I.C:i 5, Sp. 370. 163 Universitat.sbiblioihck Salzburg, Sonder- sammlungcn, SignatnrCI 11171, vgl. Wilhelm I .lid wig Schreiber: Handbucli der Holz- und Mctallschnicte des XV. Jalirliunderts, Bd 8: Nadu rage zu den vorhcrgehendeii Banden, Siralsburg 1930, ND Stuitgart 1969, Nr. I277m;aucliabgcbildet in:'Ilieillustraied BartscliBd 164. Supplement: German single¬ leaf woodcuts before 1500, hg. von Richard S. Field, New York 1992. Nr. 1277-1. 164 Abbildung in: Ihe illustrated B.rnsch Bd. 164, Nr. 1277-2. 165 Vgl. Mayk (wie Anm. 162). 166 Vgl. zum Kult und der Ikonografie KostN- m I» 1937.
Heilige 97 dem Kolner Museum fur Angewandte Kunst und dein Germanischen Narionalmu- seum in Niirnberg zu crschlielsen. Es stcllt den heiligen Christophorus dar, vvie er auf einem Stock mit zwei Knaufen nacli reclus gewendet das aid seiner Scluilrer sitzende Christuskind durch den Russ iriigt. Die Darstcllung vvird nach unten durch cincn leicht gewolbten Standstreifen begrenzt, auf dem das Wasser des l:lusses als schriiges Wellengittcr ersebeint. Links hintcr Christophorus steht leicht erhoht eine Gestalt in cincm Mantel mir scnkrechten Fallen, die eine Latcrnc vor den Korper halt. Ihr Kopt ist abgebrochcn. Ks handeltsich nach der ublichcn Christophorus-Ikonografie um den Einsiedler, der Christopheros unterweist. Das Fragment Nr. 157 zeigt eine iilmliche Bildparrie, bei welcher die Figur des F.insiedlcrs giinzlich erhalten ist, aber die restliche Szenerie fehlt. Auf Nr. 158 ist reclus neben Christophorus am Ufer eine zweite Ge¬ stalt, ein frontal stchender Pilger mit Mantel, Stab, Hut, Taschc und einem Buch in dcr recluen Hand, zu sehen. Es handelt sich niclu um eine beliebige Pilgei gestalt, die im Bild etwa das von dem Heiligen gewohnlich iiber das Wasser getragene Klientel vertritt, wic der Nimbus um das Haupt des Pilgers zeigt. Daher muss es sich um einen bestimnuen Pilgerheiligen handeln. Ein Fragment, das imr den am Ufer stchenden Pilgerheiligen zeigt, srellt Nr. 159 dar. Mit dem Zeichen Nr. 158 sind zvvei Stiicke identisch, moglicberweisc sogarmodcl- gleich, die allerdings nur fragmentarisch erhalten sind und daher lediglich den durch 157 Rahmenloser, wohl drei- schaligcr Gitterguss, fragmen- tiertes Pilgerzeichen, zum Typus Christophorus mit dem Pilger¬ heiligen gehorig Invcntar-Nr.: National museum l*rag: 112-68.186 Material: Blci-Zinn Mafic: I lohe 43 mm. Rreire (noch) 19 mm Dark-rung: Kndc des 15. Jahrhuiulerts Vergkiclisstuckc: Nr. 159 158 Pilgerzeichen, rahmenloser, dreischaliger Gitterguss. Nadel und Nadelrast auf der Ruckseite, Typus Christophorus mit dem Pilgerheiligem Invcntar-Nr.: Naiionalmiisciiin Prag 112-68.231 Mareri.il: Blei-Zinn Mafic: I lohe 43 mm, Rrciie 35 mm □aliening: Ende des 15. Jalirliundcrts Vcrglcichsstiiokc: К at. Won ms iooi. S. 1 ID. Nr. 67: S. 112f.. Nr. "Of. - I 1ак11кс:кг 1968. S. 69. Nr. 54. - Kat. Nurkbeiui 2000. S. 3701'.. Nr. 198 159 Rahmenloser. wohl drei¬ schaliger Gitterguss, fragmen- tiertes Pilgerzeichen, zum Tvpus Christophorus mil dem Pilger¬ heiligen gehorig Invcni:ir-Nr.: Nai inn.i I museum I'r.ig 112-68.16(1 .Ylalcrial: Blci-Zinn M a fie: Hfilie ii mm, Breitc (nodi) 15 111111 □aliening: 2. Hiill'lede.s 13. Jahrluin- derrs Ycrgleidis.stiii.ke: Nr. 159. - Kat. Worms 2001 S. 112, Nr. 70f. IIal- di-.cki: 1968. S. 69, Nr. 54
98 Pilgerzeicbn den Fluss schreitcndcn Christophorus mit Stab und Kind zcigen, wiihrcnd die fragilen Seireiiparticn mit dem Pilgerheiligen und dem Einsiedler weggebrochen sind. Fines der beiden Zeichen hefindet sicb in der Wormscr Sammlung16', das anderc ist ein Kolner Bodenfund, der vom Ciermanischen Nationalmuseum in Niirnberg erworben wurde.160 * * * 164 * * * * Zwar niclu identisch, aber in der Darscellung des durch den Fluss sclirei- tenden Christophorus, der rechts von einem nimbierten Pilgerheiligem flankiert wird, sehr iihnlich sind drci weitere Zeichen: zwei aus der Wormscr Samniliing16'’ und eincs des Museums fiir Angewandte Kunsr in Кб1п|Л1. Moglichcrweisc war die Einsiedler- gestalt urspriinglich aucli Teil dieser Zeichen. Ikonografisch ahnlich, handwcrklich allcrdings sehr schlicln sind die beiden Zei¬ chen Nr. 160f., die aid einem Standgrund die Chrisrophorusgestalt mit Chrisruskind begleiret von einem Pilger mit Mantel, Hut und Stab zeigen. Bei diesen Zeichen durfte es sich urn jiingere Arbeiten des 16. Jahrhunderts von einfachster Machart handeln. Die fiinf genannten Zeichen bzw. Zeichenfragmcntc der Prager Sammlung bilden zusammen mit den fiinf Pa rallelen eineGruppc, die einem gemeinsamen Ursprungsort bzw. -konrcxr zuzuweiscn ist. Nahcliegcnd ware es, in der Gestalt des Pilgerheiligen den hi. Jodokus zu sehen, zuiiial die Darstellung mit den Konvencionen ubereinstimmt, die auf den Pilgerzeichen von Sainre-Josse-sur-mer abzulescn sind.171 Dies gilt beson- ders fiir die um 1500 gemalten Pilgerzeichen bzw. Wallfahrtsmedaillen aus Sainte- Josse.1 1 Freilich stellt sich damit die Frage nach der Verbindung zwischcn dem Kult des hi. Jodokus und dem des 111. Christophorus. Denkbar ware freilich aucli in dem Pilgerheiligen den hi. Jakobus d. A. zu sehen und den Zeichentypus als Verbiiidiing zwcier Pilger- und Reisepatrone zu begreifen. 160 Pilgerzeichen, rahmenloser, drei- schaliger Gitterguss mit Nadel auf der Ruekseitc, Typus Christophorus mit dem Pilgerheiligem Invcinar-Nr.: Nationalmuseum I'rag H2-68.I76 Material: Blei-Zinn \1a8c: 1 lithe 34 mm, Breite24 mm □aliening: I. Hiillie des 16. Jahrhunderts? Vergleichsstiicke: Nr. 161 161 Pilgerzeichen, rahmenloser, drei- schaliger Gitterguss mit Nadel auf der Riickseite, Tvpus Christophorus mit deni Pilgerheiligem Inventar-Nr.: Nationalmuseum I’rag 112-68.196 Material: Blei-Zinn Mafic: Hcihe 31 mm, Brcitc 20 mm □aticrung: I. Halftedes 16. Jahrlumdcrts(?) Verglcichssliicke: Nr. 160 167 Kai. Wuiims 2001. S. 1101'., Nr. 67. 168 К at. NOkniii-.kc 2000, S. 3701., Nr. 198. 169 Kat. Wuiims 2001, S. 112f., Nr. 701. 170 1 Iaudhcki: 1968. -S. 69, Nr. 54. 171 Vgl. den Abschniti Jodokus (Bcncdikiincr- abteiSaini-Jossc-siir-Mcr) indicscin Katalog. DicgrofitcAlinlichkcitbc.sichi/.iidcm Stiick IIP II. S. 274. Nr. 1175. 172 Vgl. bcs. dicgcmalte Pilgcrzcichciikollcktion in dem nach 1488 I'iii Louis Quarrc gcmal- ten Stundcnbuch (Kostkk 1972,8. 160 mit Abb.); die Pilgcrzcichciikollcktion in dem in Briiggcum 1500eiusiandcncn.Stundcnbuch ini Bcsitzdes Berliner Kupfersiichkabineits (Ms. 78 В 14, Abb. Kat. Brucc.i- 2006, S. 239). Ein Uberblick iiber die Jodokns- zeichcn in Stu ntlcnbiichcrn hei van Aspr.ntK 2009. S. 553Г. Nr. 25.1-25.3. 162 Pilgerzeichen, rahmenloser, drei- schaliger Girterguss Invcmar-Nr.: Nalionalmiiscnm Prag H2-68.209 Material: Blei-Zinn Mafic: I lobe 39 min, Brcitc 23 mm □aliening: 15. Jahrhnndcn Vergleichsstiicke: Kai. Worms 2001. S. 111. Nr. 68
Heilige 99 Ncbcn den Stiicken, die Christophorus mit einem Pilgerheiligen kombinieren. besitzt die Pragcr Samndung noth zwei Zcichcn, die Christophorus mit dem Christuskind ohne Bcifigure» darstellen. Nr. 162 zeigt den Hciligcn mit blofien Unterschenkeln im Fluss watend. Fr rragt cine» ponchoartigen Umhang und vvendet sich nach links, wall rend das nur fragmeiitarisch erlialtene Christuskind auf der I in ken Schulter sitzt. Hinter dem starken Stab sieht man einige Morale Ornamente, die zur Rahmung der Szene auf der linken Seite gchorten, jetzt aber hinter den Stab gedriickt sind. Zu die- sem Zeichen existiert cin identisches Stiick in der Wormser Sammlung, das ebenfiills einige Fchlsrellen aufweist. Bei diesem Fxemplar ist zu erkennen, dass die Szene auch auf der rcchten Seite von einem ornamentalen Baumchen abgesclilosseii wurde. Nr. 163 zeigt den hi. Christophorus mit seinen Fiiftcn im Wasser stchend, nach links gewendet auf seinen Stab gestutzt. Das Christuskind aul seiner Schulter ist weggebro- chen. Die astartigen Begrenzungen an der linken und rechten Seite lassen vermuten, dass siesich urspriinglich als hochrechteckiger Rahmcn um das ganze Bildfeld zogen. Da kein Vcrglcichsbeispiel bekannt ist, bleibt dies aber eine Vermutung. HK Cosmas und Damian (Luzarches) (164) Um die beiden Briider und Arzte Cosmas und Damian, die um das Jahr 300 das Martyrium erlitten haben sollen, ranktcsich schon in der Antikeeine reiche I.egenden- bildung, die ihr Leben und ihre Graber an unterschiedlichen Platzen verortete, so in Kilikien, in Agypten und in Кот.'"’ Fiir die latcinischc Christcnhcit dcs Mirrclaltcrs 17.1 Zlis.immLiilasscnil Wolfgang AltlT.l.r. Art. Копит und Отпит. 1.0 7, Sp. 341 352. Vgl. nucli David-Dani-.i. 1958. - Jui.ikn/ 1 .khmimakn 1985. 163 Pilgerzeichen, wohl urspriinglich hochrechteckiger drcischaliger Gitrerguss, Rahmung verloren, Nadcl und Nadelrasr auf der Riickseite liwcntar-Nr.: UPM 5700 Material: Blci-Zinn Mafic: Holic 57 mm, Brciic41 mm Daiierung: 15. JahrhniKlcri Vcrgleichsstiicke: keine l.itcraiur: Kocnicsmarkova i97“. 103. Nr. 79. - К at. Pk.-u; 1986. S. 21. Nr. 145 164 Pilgerzeichen, dreischaliger Gitrerguss mit Nadelrast und (noch) einer Haltezunge auf der Riickseite liivemar-Nr.: UPM 98.955 Material: Blci-Zinn Mafic: Hohc 47 mm. Breitc 42 mm Inschrilc: in Minuskeln, verdriicki, links »s [...] m [...)■< reclus »[...] ami [...In-? Daiierung: 15. Jahrhundert Verglcichsstiickc: keine Litcratur: Kokniusmakkova 1977, S. 91, Nr. 62
100 Pilgerzeichet gewann der romische KultdiegroRte Bcdeutung. Von liier aus fand die Verchrungder heiligen Arztc пенс Kultzentren im Norden. Fur das franzosische Konigreich spielrcn im Sparmirrelalter die in Luzarches (Departemcnr Val-d’Oise) verehrten Keliquicn die wichrigste Rolle.1 ' 174 Der Rcliquicnschrein befand sicli nicln in der heutc noch bestehenden Pfarrkir- che Saint-Come-Saint-Damien, sondern in der Stiftskirche Saint-Come auf der Burg von Luzarches. Der Ritter Jean de Beaumont brachtc urn 1170 auf der Ruckkehr vom Kreuzzugaus Rom Reliquien der Heiligen Cosmas und Damian mit auf seine Burg. Das Kapitel der Stiftskirche ersclieint erstmals in einer Urkunde Papst Lucius 111. von 1182. Die Verehrung scheint aber erst am Ende des 14. Jahrhunderts zu einer Wall- fahrt gefuhrt zu haben, nachdcm die Reliquien in einen Schrein und andere Reliquiarc translozicrt wurdcn.ps Kach 1360 sind eine Reihevon Stiftungen zur Aussratrung der 175 Kirche belegt.rf> Um 1400 wurde die Stiftskirche auch zum Zicl von testamentarisch 176 verordneten Wallfahrten.1 ' 177 Essindbisherdrei Pilgerzeichen aus Luzarches bekannt, dieausPariserSeine-Funden s tarn men und sich im Musec de Cluny befinden: zwei Plaketten und ein hochrecht- eckiger Gitterguss, die mit dem bier vorzustellenden Zeichen nur in der Darstellung derselben Heiligen ubereinstimmen, aber einen anderen Typus reprasenricrcn.'78 178 Das Pilgerzeichen stellt die beiden Heiligen frontal stehend unter einem hufeisen- formigen Bogen dar, der auRen von einem schmalcn Lilienband umzogen wird. Die Lilien sind nur noch fragmentarisch erhalten. Wahrschcinlich bildete das obere Bogen- segment urspriinglich cine Lilienkroneiihnlich dem Marienzeichen Nr. 103. Als Stand- grund dient eine nach innen gekrummte diinne Leiste mit Taustabdekor. Derselbe Dekor finder sich auch auf dem Saulchen, welches das Bildfeld vertikal trennt und in zwei Bogen auslauft. Die Kopfe der beiden Heiligen sind von einem groRen Nimbus umgeben, sie rragen kurze Rocke und als Attribute das Harnglas, die Arzneitasche und ein SalbgefiiR. HK Dominikus (Santo Domingo de la Calzada / Villalcazar de la Sirga) (163) Santo Domingo de la Calzada (Region La Rioja) bildet eine wichtigc Station am spanischen Jakobusweg zwischen Estclla und Burgos. Der hier verehrte Lokalheilige Domingo (Dominikus) Garcia (t 1109) lebte als Einsiedler an dem damals noch wenig begangenen FlussubergangdesOja. Er erbaute ein Hospital, eine Brucke und besserte die Strecke des Jakobusweges zwischen Najero und Redecilla aus, was ihm den Bei- namen »dc la Calzada« (von »Calzada« = StraRe) eintrug. Auf ihn gcht die Exisrcnz der spater nach dem Heiligen benannten Stadt zuriick.179 179 Der Besuch des Grabes dieses Heiligen wurde den Jakobuspilgern bereits im Liber Sancti Jacobi empfohlen.180 Bishcr war nur ein Pilgerzeichen aus Santo Domingo de la 180 Calzada bekannt, das den Heiligen frontal auf einer siegelformigen Plakette darstellt und aus dem 13. oder 14. Jahrhundert stammen soli.181 181 Das Bildprogramm des Prager Pilgerzeichens stellt hingegen das »Hiihnerwunder« in den Mittelpunkt. Dieses bereits im Liber Sancri Jacobi erziihlte Mirakel berichtet von der Rettung eines zu Unreclu zu Tode verurteilten Pilgcrs, der am Galgcn auf wunder- bare Weiscdem Tode entging, weil ihn der hi. Jacobus am Lehen erhielt. Diese Rettung wurde nach einer spiiteren Variantedieser Mirakelerzahlungdurch den Richter bestatigt, nachdem dieser durch das Lebendigwcrdcn gebratener Hiihner auf seinem Teller iiber- zeugt wurde. Diese Legende ist im Sparmirrelalter in zahlreichen Varianten uberliefert.187 182 Spatestens seit der Mirte des 14. Jahrhunderts wurde das Wunder in Santo Domingo de la Calzada lokalisiert, wo scitdem auch ein hinter dem Marienaltar der Karhedrale be- findlicher Kafig bezeugt ist, in dem ein Paar weiRer Hiihner gehalren wird.18’ Im Laufe 183 des 13. Jahrhundert stieg Villalcazar de la Sirga (autonome Gemeinschaft Kastilien- Leon) als neue Station am Jakobusweg auf und trat damit in eine gewisse Konkurrcnz Yy. Daviii-D^nu 1958, S. 611Г Vgl. MuLLtK 189?. -5. 79 mu Ант. I. VB1. ebd., S. 821. Nacli Мльь 199 b S. 205. Bkuna 1996, S. 126f. Vgl. I’loiz 2012 mil weiierer Lit. Hi kbfrs 1998, S. 152. Vcl. BRUNA I996. S. 131- — HAASIS-BtRKl.R 2003. S. 61 f. Gruiullcgcnd zur Monvgeschichie I'lOiz 1999. _ Vgl. aiicb HtRiu'Rs/pLOTZ 1996, S. 55-61. - I'Lorz 2011, bes. S. 217-224. HmBhiis/I’i.OTZ 1996, S. 58f.
101 Hcilige 7.11 Santo Domingo de la Calzada. Auch hicr nahm man das Hiihncrwundcr fiir cin marianisches Gnadcnbild in Anspruch.18' Das Pilgerzeichen kombinicrt allc drci Va- riantcn des Huhncrwundcrs, indcm cs im untercn Bildfeld den unschuldig gehangten Pilger da rs tel It, dessen rechter bids vom hi. Jakobus in Pilgertracht und Pilgerstab gc- stiitzt wild, wall rend sdn linker l:uK vom hi. Dominikus gehalten wild, der mit Kutte und Stab dargcstellt ist.iss Beide Heilige sind durcb einen Nimbus gekennzeichnet, der von cinem Perlstab gebildet wird. Links und redus neben dem Haupt des Pilgcrs sind ein Hubn bzw. ein Hahn dargcstellt, da/wischcn zwei Sterne wolil als Hinweis auf den »Sterncnweg«. Das dreitiirmige Stadttnodell zu Fiifien des Pilgers verweist mog- licherweise auf Santiago de Composiela. Eine iihnliche Darstellung erscheint audi aid einem Pilgerzeichen aus Villalcazar de la Sirga, das in Valenciennes gefunden wurde.IK" Das obere, giebelformige Bildfeld wird von einer thronenden und gckronrcn Ma- rienfigur bestimmt, die das Jesuskind auf ihrem rechten Knie halt. Zu ihrer linken Seite kniet ein Engel, der ein Weihraudifass schwingt, zu ibrer recluen Seite ein ker- zentragendcr Engel. Das Maricnbild entspricht im Wesentlichen dem marianischen Gnadenbild, das in Villalcazar dc la Sirga vcrchrt wird. Allerdings ist die Position des Jesuskindes auf dem Pilgerzeichen seitcnvcrkchrt dargcstellt. Ein anderes Pilgerzeichen aus Villalcazar de la Sirga, das in Huntingdon gefunden wurdc, stellt das Gnadenbild ebenfalls seirenverkehrt dar."1’ Die am Rand urn die Darstellung verlaufende Inschrift verweist zugleich auf Do¬ minikus, Jakobus und Maria als Urheber des Wunders. Nach der Schriftform wird man das Zeichen in das 14. Jahrhundert datieren diirfen. HK Eligius von Noyon (166-168) EligiussollalsGoldschmiedam Hofderfrankischen HerrscherChlotharslI. (584-628) und Dagoberts (628-638) gewirkt haben. Spacer empfing er die Priesterweihe und wurde 641 Bischof von Noyon, wo er 660 starb. Seine Reliquien verehrte man in der Kathedrale von Noyon. Zahlreiche Pilgerzeichenfunde aus dem 13. und 14. Jahrhun- derc bezeugen fur diese Zeit eine bedeutende Wallfahrtsbewegung.188 184 Plot/. 1999. s. 26. Р1.01/ 2011. S. 222 ill it wciicrer lit. 185 V«l. l.C"1 6. Sp. 72. Dicsclbc Darsiellunii oil lie S1.1l» bcijcgnel .inch .111/ Jem I'ilper/ei- I'llCll. 186 Tixaiioh 1004. S. 28-30, Nr. I1). 187 Vgl. Haasis-Bi.kmk 2003, S. 63. 188 I Iaasis-Ueknuk ioo), S. 70-76. - Vgl. /ur Ikonogralie von Кт/.покг 1957. 165 Hochrcchteckiger, zwcischaliger l'lachguss mit Spitzgicbcl, urspriinglich vier odcr fiinf Oscn (alle weggebrochen). auf der Riicksciie Inschrift Invcmar-Nr.: UPM 5756 Male-rial: Blci-Zinn Malle: Hcilie 44 mm; Brciic 35 111 m Inschrili: in Maj 11.skein um das Bildlcld laufend: ••MIRACVI.A : ST DOM1XIU : JACOBI: В KATE MARIK -. auf der Riicksciie: »K PH A : TER: OAI. |Ah.s:ii/.] TKRVS- □aliening: 14. Jahrhundert Vergleichssiiicke: keinc Literal ur: Kor.NicsM akkovA 1977. S. 041., Nr. 66. - К at. I'iiai; 1986. S. 22. Nr. 151
102 Pilgerzeichen Bei den fruhenEligius-Pilgerzeichenhandeltes sich umquadratische bisquerrechteckigc Plachgiisse, diezwei ikonografischcn Grundformen folgcn. Dicerste Form stcllt Eligius im Bischofsornar dar, dem cin Pilger - haufig mit Krucken versehen - cine zu cincr Spirale gcrolltc Kcrzc (Wachsrodcl) reichr.1*4 Zwischen beiden Personen isr cin Altar mit Kclch und Hostic darge.stellt. Der zweite Typus zeigt den Heiligcn als Schmied an cincm Am boss stehend, an dem er mit einem Hammer cin Hufeisen bearbeitet. Ihm gegeniiber stein neben einem Pferd eine Figur, die dem Heiligcn ein Wacbsrodel reicht. Die Denning der Szene ist z.T. ratselhaft, sehr wahrscheinlicb bezieht sie sich aufdas in unterschiedlichen Eassungen umlaufende »Beschlagwundcr«, nacli dem der FIciligc einem storrischcn Pferd das Bein abhicb, anschlie/Send das Hufeisen befestigte und dem 'Tier das Bein wieder ansetzte. Zvvei der hier vorzustellenden Eligius-Pilgerzeichen gehoren zu der zuletzt bcschriebe- nen Gruppc »Eligius als Schmicd«.|,,n Sic diirften als jit ngere Vertreter aus der Mitte bzw. vom Ende dcs H. Jabrhundert stammen. Sie untersebeiden sich von den meisten iibrigen Exemplaren dieser Gruppe dtirch die Darstcllung der Kerze, die nicht als Wacbsrodel, sondern als gezogene, gerade Kerze dargestellt wird. Beide verfugen auf der Ruckseitc liber Haltenadeln, was fur jungere Pilgerzeichen vorallem des 15. Jabrhundertstypisch ist. Die Nr. 167 ist eine exakte Parallele zu einem Stiick, das Artur Forgeais 1863 bcschricb, dessen Verbleib aber unbekannt ist.141 Charakteristiscb fiir dieaheren Pilgerzeichen von Noyon ist die fragile und deshalb selten erhaltcne Bekronung mit einem Tiirmchen und zwei seitlich stehenden wellenartigen Zungcn, die moglicherweise Ambosshorner dar- stellen sollen. Diese Bekronung ist bei Nr. 167 ungewohnlich stark ausgebildet. 189 Vgl. I Iaasis-Bkrni.r 2003, S. 72-74. 190 Vgl. ebd., S. 74-76. 191 I-orukais 1863, S. 162f. Da dem von l:orge- ai.s bescliriebencn Stiick cin Tcil der Bckro- nung lehlt, капп es sich nicht um dassclbe Exemplar haiiddn. 166 Pilgerzeichen, dreischaligcr Flach- guss mit riickseitiger Nadel und Nadelrast, Bekronung und linker Rand beschadigt Inveniar-Nr.: Nationalmuscuni Prag H2-68.207 Material: Blci-Zinn Mafic: Hohe 34 mm, Breite 32 111111 □aliening: Mine dcs 14. Jahrhimderts Insclirift: in Majuskeln mit liegendem »Ci«: ..Kll.JICiIVS.. V'ergleiclisstiicke: Tixador 2004, S. 33L Nr. 24 (Insclirift!) 167 Pilgerzeichen. dreischaliger Flach- guss mit riickseitiger Nadel und Nadelrast, Bekronung gut ausgebildet, urspriinglich vier Osen (rechts unten abgcbrochen) Invemar-Nr.: Nationalnuiseiim Prag 112-68.095 Material: Blci-Zinn MaRe: Holie 56 mm, Breite 34mm Daticrung: 2. Halftc des 14. Jahrhunderts Inschrifr: in Majuskeln: »S ELOVIS» Verglcichsstiicke: Forcu ais 1863, S. I62f. 168 Zweischaliger Guss, Plaketre mit planer Riickseite, zugehoriger Rah men verloren Invemar-Nr.: UPM 5751 Material: Blci-Zinn MaRc: Durcliincsser 32 min Daticrung: 2. Malfiedes 15. Jahrhunderts Inschrift: in Minuskeln: «saint: elov : d |c| : noyon :« Verglcichsstiicke: keinc Literalur: Kof.nic.smarkova 1977, S. 93, Nr. 64. - Клг. I'rac 1986, S. 22. Nr. 156. - Клт. Ot.o- mouc 2006, S. 226, Nr. 97
103 Heilige Die rundc Plakette Nr. 168 mil der Darstellung des auf einer Bank thronenden Bischofs, der durcli das Artribur dcs Hammers in der rechten Hand ausgczcichnet wird, ist bisher einzigartig. Eine felilendc Bcfcstigiiiigsvorriclming und der wulsiige Rand mit deni uberstehenden Grat lassen vermuten, dass diese Plakette nrspriinglich fur die Einfiigung in einen wahrscheinlich zweiseitigen Ralimen (wie z.B. bei Nr. 72) hergestellt wurde. Die Darstellung und die Inschrift in Minuskeln vervveisen das Stiick in die 2. Ha 1 fee des 15. Jalirluinderts. HK Fiacrius von Brie (KlosterSt. Fiacre, Breuil) (169-172) Der aus Irland stammende Monch Fiacrius lebte in einer Einsicdclci bei Mcaux, wo er 670 verstarb.192 Im Hochmittelalter vcrbindctsich mit derGriindungdieserEinsiedelei die Legende, Bischof Faron von Mcaux babe dem Eremiten jenes Areal eines Wald- stucks geschenkt, das er an einem Tag zu roden und mit einem Grabcn zu umgeben vermochte. Aber als der Spaten des Eremiten die Erdc beriihrte, sturzten die Biiume von alleine uni, und der Graben entstand ohne sein Zurun. Als eine Augcnzeiigin, die in den I.egendenvariantcn Houpdce bzw. Becnaude genannt wird, den Einsiedler wegen Zanberei bei dem Bischof vcrklagte, iibcrzeugte dieser sich selbst von der gott- lichen Wunderkrafr. Die Anziehungskraft dcs im Kloster St. Fiacre in Breuil (Dep. Marne) verehrten Wundertaters bezeugen etwa 40 Pilgerzcichcnfunde. Unter diesen Funden dominie- ren Flachgiisse, die zum groGen Tcil aus der Seine srammen, was fur einen starken regionalen Besucli dieser knapp 50 km von Paris entfernten Gnadenstiitte im 13. und 14. Jahrhundert spricht. Andreas Haasis-Bemer hat bei den Flachgiissen aus dem KlosterSt. Fiacre zwischcn dem Typus der hoehrechteckigen Zeichen mit Spitzgiebel und dem Typus der querrechtcckigen Zeichen mit einschwingenden Giebelseiten unterschiedcn.191 Die beiden Typen bieten eine ikonografisch ahnliche Darstellung: In der Mittc steht frontal der Bischof Faron mit dem Bischofsstab in der einen Hand, wahrend er die andcre zum Segensgestus erhebt. Auf der einen Seite, meist aid der linken Seite des Bischofs, steht der Einsiedler Fiacrius mit Kutte, Spaten und Buch, das Haupt von einem Nimbus umgeben. Auf der anderen Seite kniet eine Fraucngestalt, die einen Spinnrocken in der Hand halt. Das Bildprogramm der Pilgeizeichen nimmt so auf die Legende von der Ubergabe des Waldcs an Fiacrius durch den Bischof Faron und die Anklage des Einsiedlers vor dem Bischof Bezug. Die Szene im Bildfeld rahmt bei alien Zeichen eine umlaufende Inschriftenlciste, die in Majuskelschrift und diffc- rierender Schreibweise entweder nur Faron und Fiacrius oder auch noch die Anklage fiihrcndc Frau »Hopdee« nennt. Der Flachguss Nr. 169 gehort zum Typus der querrechteckigen Zeichen mit ein- schwingendem Giebel. Die Darstellung enrspricht der ublichen Ikonografie, der im Profil dargestellte Einsiedler halt als Auribut nur den Spaten in der Hand, das Buch fehlt. Die Majuskelinschrift ist unsauber ausgefiihrt, fur »F« erscheint immer »P«. Das Zeichen besitzt grofie Ahnlichkeit mit einem von Blanchet 1930 als Umzeichnung publizierten Stiick.191 Neben dem Flachguss, der noch dem 14. Jahrhundert angehoren diirfte, besitzt die Prager Sammlung einen zweiseitig gestalteten, herzformigen Anhiinger, dessen Bild- seite einen frontal stehenden Monch mit einem Spaten darstellt. Die Identifikation dieser Figur mit dem hi. Fiacrius ist naheliegend. Der Anhiinger gehort damit wohl in eine Reihe mit verschiedenartigcn WciBnietallgiissen, die im friihen 16. Jahrhundert entstanden und den 111. Fiacrius darstellen.,,>s Merkwurdig ist, dass trotz der ikono- grafischeindeutigen Vcrbindung von Kutte und Spaten mit dem 111. Fiacrius eine Reihe rundcr Gittergiisse mit einem breiten, separat gegossenen Ralimen, die eine Figur in der Kutte zeigen, die einen Spaten in der Hand halt, seit dem 19. Jahrhundert als Pilger/eicben der Abtei Abtei Saint-Maur-des-Fosses interpretiert werden. Der Grund 192 Vi;l. /uni I'oI^cikIl-h die DjrMcllunj; liei Нллмь-Вькм! к loo.i, S. "’S-83. 193 l bcl., 8. ^8. Ж Bi.asi ill i 1950, S. 11Ш., Abk 6. Der Ver- lilcib dcs Xcicliem isi unkl.ir. 193 Vgl. В kuna 199k S 14.31 . Nr 201-201
104 Pilgerzeichei Kir diese ikonografisch nichr zu den Darstclliingskoiivcntioncn dcs lieiligcn Maurus passendc Zuschreibung ist cin Seine-Fund, den Forgeais 1863 publi'/ierre.11’6 Das bis lietire ini Musee de Gluny bevvahrte Zeichcn triigt aufdem Rahmen die Inschrift »S. MOR. DBS. FOSSES*. Sein Bildfeld zeigt einen Monch mit Kutte, dereinen Spaten in der Hand hair. Neben ihm kniet cin Adorant. Aucb wenn an der Kombinatioii des Rahmens mil dem Bildleld kein Zweifel besrelu, so enispricht der Spaten als Atrribut keineshills dem hi. Maurus, der auf den Pilgerzeichen immer mit dem Abrssrab dar- gesrellr wird. Ohne hicr cine Ihesc zur Interpretation dieses bisher als Scliliisselstiick behandelten Seine-Fuiides bieten zu koniien, erscheint die Idcntifikaiioii der durch Kuttc und Spaten gekennzeichncrcn Figur als hi. Maurus als nieht tragfahig. Daher werden hier die beiden Prager Zeichcn Nr. 171 f., die zu diesem Zeichentypus gehoren, fur den 111. Fiacrius von Brie in Anspruch genommen. Bei beiden Stuckeii handelr es sich um An hanger, die zwei Bildfelder in einem Rahmen vereinigen. Die Nr, 171 stellt auf dereinen Seite den hi. Fiacrius dar, der mit Tunika und Kukulle bckleidct ist, in der linken Hand ein Buch vor seinen Korpcr halt und die rechte Hand auf den Griff eines im Boden sreckenden Spatens legt. Neben der Figur ist ein Gcwachs siclitbar. Auf der zweiten Seite befindet sich die Darstcllung eines nach links schrcitcndcn Gorteslamms mit Siegesfahne.'‘r Die Nr. 172 zeigt im ersten Bildfeld ebenfalls den 111. Fiacrius in Tunika und Kukulle, in der linken Hand ein Buch lialtcnd und mit der rechten den Spatenstiel beriilirend. Links und rechts sind kleine, omamentale Biiumchen sichtbar. Auf der zweiten Bildseite erscheint das »ihs<-Monogramm in Miiiuskelschrift.144 HK 146 l utti.l.Ais 1863. .S. 1171'. 197 Vgl. da/u den Ahschnitt >-Agiuis Dci« in diesem Band. 198 Vgl. da/.u den Abschniti -IMS- in diesem Band. 169 Pilgerzeichen, zweischaliger Flach- guss mit eliemals walirschcinlich vier Osen (verlorcn), Riickscitc mitdiagonalem Schachhrettmuster Inveiuar-Nr.: Naiionalmuseuni Prag 112-68.138 Mafic: Hfihe 34 mm, Breite -13 min Material: Blci-Zinn Inschrilt: in Majuskeln »-t . S P: I: Л: [Cl?]: R: li: S: P: H: Л: R: О N. Daticrung: 14. Jahrliiinden Vergleichsstiicke: Bl anciift 1930, S. 1401., АЫ). 6 170 Her/.formigcr Anhanger mit metal- lenem Bildfeld und Rcsten einer Einlage aus Glimmer (?) auf der Rtickseite Invcntar-Nr.: UPM 5739 Mafic: Hohe 32 mm Material: Blei-Zinn / Glimmer (?) Datierung: spates 15./fruhes 16. jalirbundcns Vcrglciclisstiicke: keine Literal 11 r: Kof.nigsmarkova 1977, S. 76, Nr. 44. - К at. Prac 1986, S. 22, Nr. 154. - Kai. От¬ моет 2006, S. 231, Nr. 106 171 Kreisrunder Anhanger mit breitem, separatgegossenen Rahmen, umlaufendem Taustabdekor und zwei separaten Bildfel- dern (Fiacrius, Agnus Dei) Invcntar-Nr.: UPM 5747 Mafic: Durclimesser 21 mm Material: BIci-Zinn Da tier uiig: 2. Halfte 15. Jahrhundert Vergleichsstiicke: Kai Worms 2001. S. 147. Nr. 125 l.itcratur: Koknicsmakkova 1977, S. 77. Nr. 45. - К at. Prag 1986, S. 22, Nr. 155
Heilige 105 Georg von Nikomedien (173-175) Zcichen mit der Darstellung dcs iiciligcn Georg als Drachcntdtcr finden sich in gro¬ wer Zahl als spatmittelalterliche Fundsriicke aus ganz F.uropa. Da kein systematischer Ubcrblick y.u dicsen Objekten vorliegt, isr die Einordnung der Einzelfunde schvvierig. Clrundsatzlicli lassen sich zwei Bildtypcn untersclieiden: In dem einen Fall vvird der Heilige auf dem Pfcrd siczend dargcstellt, wie er dem Drachen die l.anze in den I.cib stofit. Bci diescr Darstellung geliort zur Szencric cin Standgrund und hiiufig wird auch die gerettete Kdnigstocluer in das Bild einbezogen. Die zweire Grimdform stellt den Heiligen ohne Pferd dar, wie er mit Lanze und / oder Sclnvert den Drachen bekampft. Diese beiden ikonografischcn Grundformen stellen aber nocli keine Pilgcrzeichen- typen im Sinnc Kurt Kosters dar, die einem bestimmten Kultorr zuzuweisen vvaren. Viclmehr musste eine Gesamtsystematik noch wcitcre Kriterien ermitteln, uni zu einer tragfahigen Gruppierung von Typen zu kommen. Fur die historische Vcrortung der Georgszeichen sind unterschiedliche Vorschliige gemacht worden, ohne dass sich eine uberzeugende Posting durchgesetzt harte. Forge- ais hatte bei der Einordnung eines entsprechendcn Scine-Fundes darauf hingewiesen, dass Kardinal Georges d’Amboise (1460-1510), ab 1493 Erzbischof von Rouen und enger Vertrauter des franzdsischen Konigs Ludwigs Xll. (1498-1515), anlasslich eines Festes Zeichcn mit der Darstellung des Drachenkampfes seines Namenspatrons hcr- stellcn licS.'w Alle Georgszeichen auf dieses Ereignis zu beziehen, wie dies jiingsr noch geschehen isr00, verbieten schon die starken srilisrischen Unterschiedc der Zcichen und,soweit Inschriftenvorhandensind, deren diffcreiucr Inhalr. Colette l.amy-I.asallc 172 Krcisrundcr Anhanger mit breitem, separat gegossenen Rahmen und zwei separaren Bildfeldem (Fiacrius, ihs), Ose abgebrochcn Invcntar-Nr.: Nationalmuscum [‘rag Н2-68.КИ Мавс: Durchmcsser 19 mm Material: Blci-Zinn Daticning: 2. Hallicdcs 15. Jahrhiindcrrs Verglcicbsstiicke: Kat. Berlin 2008, S. 266. Nr. 6: S. 3241'., Nr. 1451. 173 Pilgerzcichen, drcischaliger Gitter- guss mit Nadel auf der Riickseite, Kopf des 111. Georg erganzt, stehender Georg mit Drachen und Konigstochter Invcntar-Nr.: UPiM 5701 Material: Blei-Zinn Malle: H(')lie41 mm. Brcitc2l 111m Datierung: 15. Jahrhundcrt Vcrgleichsstiicke: keine l.itcratur: Koi.niusmarkova 1977. S- 105, Nr. 81. - Клт. Рили 1986. S. 21, Nr. 14 199 I-'ohceais 1865. S. 102. 200 Клт. Nlknhi ki; 2000. S. 3691'. 174 Pilgerzcichen, drcischaliger Giltcr- guss mit Ansarz.cn der riickseitigen Nadel und Nadelrast, zwei modeme I.distellen auf der Riickseite, Georg auf dem Pfcrd, Drachen, Standgrund und Konigsrochter vcrloren Invcntar-Nr.: UPM 5702 Material: Blci-Zinn Malic: Holic (nocli) 30 min, Brcite (nocli) >0 mm Datierung: 2. Hallicdcs 15. Jalirliuiitlcns Vcrglcichssiiickc: Клт. Berlin 2008, S. 2641., Nr. 3. - Haf.df.cke 1968. S. 68. Nr. 51 f. - La- mv-I asa11.i' 1968,8. 151., Abb. 12. - Saninilung Bussard: Helbing 1911, lafcl XXXV I. 2. Kcilic v. u, 2. und 3. Si tick von rcclits; I listorisclu-n Museum Basel. Inv. Nr. 1904/2157 ixler 1904/2158 (?). I.iicraiui: Koemgsmarkova 1977. S. 105, Nr. 82
106 Pilgerzeichen verwies aufdie Abrei Saint-Gcorges in Boschervillc (heute Gemeinde Saint-Martin-de- Boscherville, Dcp. Seine-Maritime), wenige Kilometer wcstlich von Rouen gelegen, als moglichen I Icrkunftsort201, deuret imselbcn Zusammenhang aberauch aufdie Abrei Fonrenelle (heute Saint-Wandrille), die einen Kieferknochen des 111. Georg besaft.2"2 Letzterem Hinweisschlosssicli Denis Bruna vorsichtigan.20' Eine KlarungdieserFrage scheint gegemvartig nur auf dcr Grundlage einer systematischcn Beschreibung aller Pilgerzeichenfunde und dcr Bewerrung der lokalen Quellen im Hinblick auf Wall- fabrtszeugnisse moglich zu sein, was an dieser Stelle niclit zu leisten ist. Die drei Zcichen dcr Prager Sammlung gelioren drei untcrschiedlichen Typen an. Das Zeichen Nr. 173 ist mit keinem anderen Fund idenrisch oderaucb nur ahnlich. Georgsteht mit einer Plattcnrustung auf dem sich unter seinen FiiRen windenden Drachen, dessen Sclnvanz sich uni sein rechtes Bein ringclr. In der linken Hand halt er einen Schild, der ein gemeines Kreuz cragc, mit der rechten Hand holt er zum Schlag mit cinem Schwcrt aus, dessen Klingc abgcbrochen ist. Zu seiner rechten Seite knict die Konigstochrer, die einen Strick in Handen halt, mit dem der Drache am Hals gefesselt ist. Dcr Kopf des heiligen Ritters ist erganzt. Ob es sich um den originalen Kopf handelt, ist zwcifelhaft. Die Nr. 174 stellt den hi. Georg in Riistung und mit aufgeklapptem Visier auf dem Pferd dar, wie er nach rechts gevvandt dem unter ihm liegenden Drachen mit der vom rechten Arm gcfiihrtcn Lanzc in das Maul sticht, wahrend sein linker Arm den Schild, der ein gemeines Kreuz zeigt, vor den Oberkorper halt. Das Stuck ist fragmentierr, der Kopf des Reiters und des Drachen, die Vorderbeine des Pferdes, die Standleiste und die Figur dcr Konigstochrer fehlen. Das Zeichen gehorr zu einer Gruppe von Georgs- zcichen, welche schr ahnlich, teilvveise wohl idcntisch, wenn nicht gar modelgleich sind. Die Stucke dieser Gruppe lassen sich bislang nur in den um 1900 entstandenen iilteren Pilgerzeichensammlungen nachweisen.2"4 Alle Zeichen sind mehr oder weniger fragmentarisch erhalren, das einzige vollstandig erhaltene befindet sich im Museum von Rouen.20’ Signifikant fur diese Zeichen ist u.a. die Darstellung dcs Pferdes mit einer charakreristischenSchabracke.dieausKreissegmentenzusammengesetzt ist, welche sich um einen Knauf auf der Kruppe dcs Pferdes zenrrieren und deren Rand mit Zaddeln geschmiickt ist. Diese Form der Schabracke ist kennzeichnend fiir den Pfcrdeputz im Umkreis des burgundischen Hofes im dritren Vicrrel des 15. Jahrhunderts.206 Auch die von der Konigstochrer getragene Hornerhaube gchort wohl in diesen Kontext. Ob diese Darstellung nur die Rezeption der aktuellen Mode ausdriickr oder auch fur einen Ur- sprungsort in den von Herzog Karl dem Kuhnen (1433-77) regierten Landcrn spricht, soli hicr nicht cntschieden werden. Allerdings ist auch zu prufen, ob die Ahnlichkeit der Serie ein Argument fiir die Falschung dieses Typus um 1900 sein konnte. Das Zeichen Nr. 175 wird ebenfalls von der Darstellung des reitenden Heiligen bestimmt, der dem Drachen die von der linken Hand gcfiihrre Lanze in das Maul sticht, wahrend die Konigstochrer vor dem Pferd steht. Im Gegensatz zu Nr. 174 sind die Figuren wesentlich schlankcr ausgcfuhrt. Besondcrs die Beine des Pferdes sind aufFallig schmal und die Vorderbeine eigentumlich cingeknickt. Der hi. Georg triigt ein Tarrschenschild, so dass dieses Zeichen nicht vor der Mitte dcs 15. Jahrhunderts entstanden sein kann. Dem Prager Zeichen ahneln zwei aus der Sammlung Gay stam- mende Seine-Fundc20" sowie eines aus der Wormser Sammlung.208 Obwohl zwei dcr Zeichen das Pferd nach rechts rciten lassen, sind die Ahnlichkeitcn in der Darstellung der Figuren so markant, dass man von einer zusammengehorigen Gruppe ausgehen muss. Nur eines der Snicke besitzt noch die FufSlciste mit der Minuskclinschrift »s : gorge : chevalerie«, die auch fu г die anderen Stucke vorauszusctzen ist.200 Dcr Vergleich dcr Zeichen zeigt, dass der Helm Georgs immer mit cinem flatternden Helmbusch geziert war, der bei dem Prager Stuck weggebrochen ist. Die Konigstochrer ist immer mit einem enganliegenden Kleid mit weitem Ausschnitt bekleidct, dessen Fallen gerade von der Hiifte abwarts bis zu den Fiiften fallen. HK 201 l.AMY-I.AsAIII 1968, S 16 202 Ebd. 203 Brl na 1996, .5 146. 204 Die Sriickc stainmcn aus der Sammlung Figdor: Kai. Berlin 2008. S. 2641.. Nr. 3; der Sammlung Clemen: Нлтг.екь 1968, S.68, Nr 5lf.; der Sammlung Bossard: Ны - Bing 191 i.Tafcl 2. Reilicv. o, 2. und3. Stuck von rechts. Eines derStiicke soil nach Koster vom Hisrorisclien Museum in Basel erwor- ben worden sein. Karteikartc Kuri Rosters verzcichnei die Inv. Nr. 1904/2157 und 1904/2158. Unklar isi, ob beide Stiicke an- gckaufr wurden. Da die Baseler Sammlung 1904 erworben wurdc, die Sammlung Boss¬ ard aber erst 1911 veraukrionien wurdc, konnte es sich auch um parallelc Stiickc handcln. SichcauclidicLit. mderfolgenden Anm. 205 I.amy-Lasai.le 1968, S. l5f.,Abb. 12. 206 Vgl. u.a die Darstellung des hi. Georg auf einer burgundischen Srandartc vor 1474 ini Kanionalen Museum Solotburn, Клт. Blkn/ Bruggf. 2008, S. 250, Abb. 101. Wcuerc Bcispiclc ebd., S. 313, Kar. Nr. 129c (Cac- sartapisseneii 1450—1470); S 203. Kat. Nr. 28 (Trajan- nnd Herlinbald-Teppicli 1440_l450);Troj.i-Teppicb 1111 Metropolitan Museum of Art New York (wohl Pasqnicr Grenier nach I4(i0 aus Tournai) 207 Bruna 1996, S. I45f., Nr. 206f. 208 Kai. Worms 2001, S. 116, Nr. 75- 209 Ein Fragment, das nur die FulSleisie mil der idcntischen Inschrilt.dcm Drachcnleibund dem Korpus dcr Konigsiochierdarstclli, ver- offcntlichtc n’Ai 1 i.macnk 1928, laid XV, S. 24 /25 (2. Reilic von alien, 3. Snick von Links) aus der Sammlung R. Richebe. Ein iilinliclics Stuck mil dcrsclben lnstlirift wurdc in Lyon gcfiiiulcn: Клт. Lyon 19S7> S.48, Nr. 90 (mit Abb.).
Heilige 107 Gertrud von NivcIIcs (176) Die 626 als 'lociiter des frankischen Herrschcrs Pippin des Altcrcn und seiner Frau Idubcrga geborene Gertrud trat in das von Hirer Mutrer gesrifrere Kloster Nivelles bei Briisscl ein, wurde 652 dcssen Abtissin und verstarb liier 659. Ihre Verehrung verbrei- tete sich wahrend des Mittelalters im ganzen Abend land, oline dass der Besucli ibrer Gebeinc in der Abtei Nivelles cine bedeutende Wallfahrr hervorbrachte. Bisher waren drei Pilgcr/.eichen bekannt, die aus Nivelles srammen: Neben einem iilteren firagmentarischcn Fund im Mu see des Beaux-Arts von I .you21" handelt es sich um zwei Excmplare aus Amsterdam2" und deni belgischen Wichelen212. Alle diese Pilgerzeicben stellen die heilige Abtissin in einer gotischcn Architekturrahmcn untcr einem Giebel dar, dessen Ausselien variiert. Auch das bier vor/.ustellende Objekt ist als Pilgerzeicben anzusprechcn, da Rcsre der Bcfestigungsnadel aufdcr Riickseite erhalten sind. Ebenso verweisen Ansiitzc von jezwei Halcezungcn am unteren und oberen Rand aufdie urspriingliclie Hinterlegung des Zeichcns mit Metall, Pergament oder einem andcrcn Medium. Die Presentation der sichendcndcn l Ieiligenfigur in einem Ralimen, der durch ein Zick-Zack-Fries gebilder wird, weist das Stuck in die Zeit nacli der Mitte des 15. Jahr- hunderts. Die handwerklich schlichrc Darsrcllungder Heiligen entspricht der iiblichen Ikonografie: bekleidet mit dem Ordensgevvand (Weihel, Wimpcl und Kutte), halt sic in der rechten Hand den Abtissinnenstab und in der linken ein Buch. Die Maus auf der unteren Rabmenleiste verweist auf das Attribut der gegen Mauseplagen angeru- fenen Heiligen. Ein sell г ahnliches Stiick finder sich in der Sammlung des Museums der Stadt Worms.21’ HK 210 Kai. I von 19^7. S. SI. Nr. 145. 211 HIM 1. Nr. 1128. - К л i. НнГга.к 2006. .5.217, АЫ». 16.11. 212 HP II. Nr. 1127. 2D Kat. Worms 2001. Nr. 102. S. 135 (donals 111. Ottilia gedeutcr). 175 Pilgerzeichcn, dreischaliger Gittcr- guss mit Nadelrast und Ansatz der riick- seirigen Nadel, Georg auf dem Pferd mit Drachen, Standgrund und Konigsrochter Invcmar-Nr.: UI’M 5703 Material: Blci-Zinu Mafit: l lolie (nocli) 53 mm, Breite 53 111m Datierung: 15. Jalulumdcrt Vcrgleichsstiickc: Bruna 1996. S. 1451.. Nr. 2061’. - Клт. Worms 2001, S. 116. Nr. 75 l.ircrarur: Koeniosmarkova 1977. 5. 104, Nr. 80. Клт. Риде 19КЛ, S. 21, Nr. 146 176 Pilgerzeichen, dreischaliger hocli- rechreckiger Girterguss mit Rahnien und Resren der riickseitigen Nadel und vier Halcezungcn I liven tar-Nr.: Nationalmuscum l’rag H2-68.232 Material: Blci-7.inn Malic: Htihe 31 111111, Breite 26 mm Datierung: 2. Hiilftedes 15. Jalirliuiiderts Vergleiclissrtieke: Клт. Worms 2001. Nr. 102, Nr. 135 177 Pilgerzeichen, dreischaliger Gitrcr- guss in Form des Buchstabcn »M«, aufdcr Riickseite Reste von Nadel und Nadelrast erhalten Inveutar-Nr.: UI*M 5761 Material: Blei-7.inn Malse: Holic 34 mm; Breite 37 nun lnsclirift: in Minuskeln -г : gourgun- Daiieriing: 2. I lalfic des 15. Jalirliuiiderts Verglcichssriicke: I.amy I.asai.i.i. 1968, S. 16, Abb. 13. - I lAinr.Ki. 1968, S. 70, Nr. 591. l.iteratur: Koi.nic.smarkova 1977. S. 92. Nr. 63. - Клт. Prac; 1986, S. 23, Nr. 160
108 Pilgerzeichen Gorgonius und Dorotheus von Nikomedien (177) Das Zeichen, vvclchcs in dcr Form eines »M« untcr den Bogcn des Buchsrabens zwei Hcilige in hofischcr Traclu zeigt, ist durch die Inschrift »s. gourgon« unschwcr als Dar- stellungdesMiirtyrerpaars Gorgonius und Dorotheuszu identifizieren.diealskaiserliche HoHinge am Palast von Nikomedien unter Kaiser Diokletian uni 300 das Martyrium crlitten. Gorgonius wurde im Iateinischen Mittelalter hriufig mit dem romischen Miir- tyrer Gorgonius gleichgesctzt, dessen Reliquien aus Rom in die Abrei Gorze bei Metz ubertragen wurden, von wo aus der Kult weitcr ausstrablic. Eine sichere Lokalisierung der Hcrkunft des Pilger/.eichentypus ist bislicr nicht gelungen. Die Idcntifikation des Typus gclang Colette Lamy-Lasalle 1968 durcb die richtige Lesung der Inschrift auf eincm Stuck der Sammlung Bossard.-" Dieses Exemplar ist das einzige voll.standig crhalrene Vergleichsstiick. In der ehemaligen Sammlung Clemen im Museum fur An- gewandre Kunst Koln befinden sich zwei Fragmente desselbcn Zeichentypus, die nur als rechter Teil des Zeichens bewahrt sind. Da sich die Inschrift auf der linken Seite der Zeichen befindet, kam es zur Missdeutung des Buchstabens als »N« und der dar- gestellten Figurals hi. Bavo.2ls Nach Kurt Koster besitzen die Briisseler Musees royaux d’Art etd’Hismireebensolchcin Fragment aus der ehemaligen Sammlung Hagemann.’16 Das Pilgerzeichen stellt beide Heilige in der von Burgund beeinflussten Mode des 15. Jahrhunderts dar: Sie tragen Schnabelschuhe, Strumpfhosen und eine kurz geschnittcne Schecke. Der rechts stehende Gorgonius halt einen Grillrost als Zeichen seines Marryriums in der rechren Hand, wiihrend die linke Hand in einen am Giirtel befestigten Beutel grcift. Der zweite Heilige, sehr wahrscheinlich ist Dorotheus ge- meint, halt einen Vogel (Falken?) auf der linken Hand und streckt seine rechte Hand cbenfalls in einen an seinem Giirtel hangenden Beutel. Das rahmende »M« wird von einem Wiirfelaugcnband umzogcn. Eine am oberen rechten Rand erhaltenc Zunge (drei wciterc Zungen sind wahrscheinlich abgebrochen) zeigt, dass der Hintcrgrund des Zeichens urspriinglich hinterlegt wurde. HK Honoratus von Amiens (178) Zu dem Pilgerzeichen Nr. 178 sind bisher vier Parallelen bekannt. Jc eines befindet bzw. befand sich im British Museum London, im Musee de Cluny Paris, im Kunst- gewerbemuseum Berlin (seit 1945 verschollen) und im Musee de Picardie in Amiens. Wahiend Camille Enlart 1916 das Stuck aus Amiens mit der neutralen Zuweisung »Heiliger Bischof oder Abt« 1916 veroflFentlichte21", identifizierte Denis Bruna den Heiligen des Pilgerzeichens mit Leobinus von Chartres, wobei er als Vergleichsstiick Nr. 191 benutzte, das seine Herkunft durch die Inschrift zu erkennen gibt. Die Ahn- lichkeit zwischen den beiden Zeichen ist allerdings nicht grofi genug, um vom selben Typus zu sprechen. Nur die Disposition des in einem Architekturrahmen frontal ste- henden Bischof mit Segensgestus, der zu beiden Seiten von einem knienden Adoranten begleitet wird, ist in beiden Fallen gleich.:i!i Das Pilgerzeichen wird von ciner Adikula gerahmt, die nach oben mit einem recht- winkligen Spitzgiebel abschlieftt. Die kleinen seitlichen Fialen sind nur bei dem Stuck im Musee de Cluny rechts erhalten. Die frontal stehende Bischofsfigur tragr liber einer Dalmatik die Kasel und eine Mitra auf dem nimbierten Haupt. Den Bischofsstab halt die linke Hand schrag vor den Korper und beriihrt zugleich einen vor der Brust gchaltenen Kelcli. Die rechte Hand im Pontifikalhandschuh ist zum Segensgestus er- hoben. Links und rechts knien neben der Figur zwei kleine Adoranten, von denen die eine einen Korb oder Kasten auf dem Kopf rragt. Links neben dem Rahmen sind zwei T-formige Kriicken iibereinander dargestellt. Rechts erkennt man neben der Kriimme dcs Bischofstabcs Rudimente einer Doppelfessel. Diese Votive sind bei den Exemplaren in London, Paris und Berlin spiegelverkehrt angeordnet, wiihrend der Bischofsstab bei 2M Lamy-I.asaiii 1968. S. 16. 215 Наипкь 1968. S. 70, Nr. 59f. 216 /.cntralc Pilgcivcicliciikartei Kurt Kiisicr. K.irteikartc St. Gorgo und Si. Doroilieus. 178a Bruderschaftsmedaille der Pariser Backer mit der Darstellung d. hi. Hono¬ ratus von Amiens, FoRGbAis 1874 217 Lnlaki 1916, S. 3051. mil Al»b. 7. 218 l'OKi.hAis 1874. S. 45-47.
Heilige 109 alien Zeichen diagonal von links unten nach rcchrs oben vcrlauft. Obcr dem Nimbus crscheint in dem Gicbcl ein kreisrunder Gcgcnstand, dessen mittleres Segment erhaben ist. Bei diesem Objekt handelr es sich wall rsclici illicit um ein Brot. Mit dicsem Attribut wurde der Ы. Honoratus von Amiens dargestellt, so u.a. auf den von Porgeais puhlizicr- ten Plaketten der Pariser Backerinnung. (Vgl. Abb. 178a) Der Kelch vervveist auf ein eucharistisches Wunder und begegnet u.a. in der Darstellung des Ы. Honoratus am Firminporral der Kathcdrale von Amiens. Der Bischof des 6. Jalirbunderts wurde seit der Hrhebung seiner Gebeine iin Jalir 1060 in Amiens als Wunder rater verebrt. HK Jakobusd. A. (Pilgcrstabemitjakobsmuscheln-Santiago dc Compostela?) (179-180) Die Nr. 179f. stellen zwei Miniaturpilgerstabe dar, die als Zeichen dienten, wie die in einem Fall gut erhalrene ruckseitige Osc zeigt. Beide Stabe besitzen unterhalb des obe- ren Knaufs kleine Haken, die bei den echtcn Pilgerstiibcn zum Anhangen dcs Gcpacks odcr dcs Hutes dienten. Bei Nr. 180 ist dem Stab einegrofte Kammmuscliel aufgelegt, auf deren Scliale sich die Darstellungeines Pilgerheiligen mit Stab, 'Iasche, Hut, Buell und Rosenkranz befindet. Der andere Stab (Nr. 179) ist mit einer kleinen Kammmu- schel und einer Pilgertasche verbunden, deren Tragcriemen um den Stab geschlungen isc. Ahnliche Zeichen sind auch aus einigen wenigen anderen Sammlungen bekannt. 178 Pilgerzeichen, hochrechteckiger, dreischaliger Gitterguss, aufder Ruckseite Nadel und (noch) cine von vier Haltezun- gen vorhanden I nvcntar-Nr.: UPM 568.3 Material: Blei-Zinn MaRe: Holie 41 mm; Brcitc 26 mm Daticrung: 15. Jalirlnmderi Vcrglcichsstiicke: London. British Museum, Inv.-Nr. 1913-6-1*28. - Bkl'na 1996. S. 170. Nr. 250. - Kat. Berlin 1008, .S. 2881'.. Nr. 51. Enlart 1916. S. 3051. mit Abb. 7 Literal 11 r: Koknigsmarkova 1977. S- 87, Nr. 57. - Kat. Prag 1986, S. 23. Nr. 164 179 Pilgerzeichen in Form eines Pilgcrsta- bes mit Knauf, Haken.'Iasche undkleiner Kammniuschelklappe Invent a r-Nr.: UPM 5670 Material: Blei-Zinn Malse: l lohc 62 mm Daticrung: um 1500 Vcrglcichsstiicke: keine l.iteratur: Koekicsmarkuva 1977. S. 96Г, Nr. 68. - Kat. Prag 1986, S. 23. Nr. 166 180 Pilgerzeichen in Form eines Pilger- stabes mit Knauf, Haken, und grofier Kammnuischelklappe mir Darsrellung eines Pilgerheiligen Inventar-Nr.: UPM 5671 iVlaierial: Blei-Zinn MaRe: Hohe 57 mm Daticrung; 11111 1500 Vergleiclissliickc: Sammluiig Eranz Claes. Auk- tionskatalog, Tafel 3. 2. Reilie von unten. 1. Zei- elicn von rcchts l.iteraciir: Koekigsmarkova 1977, S. 96, Nr. 67. - Kat. Prac; 1986. S. 24, Nr. 167. - Kat. Oi.o- мо|ч: 2006, S. 23L Nr. 105
по Pilgerzeichen So cnthidr die Sammlung Franz Claes cin Stiick, das mir Nr. 180 ubcrcinsrimimc.214 2I‘) Ahnliche Sriicke, aber oltne Haken und die Heiligendarsrellung, stain men aus der Seine"" bzw. aus cincm Fund im niederljindischen Rilland**1. F.in verwandtes, wolil aber jiingeres Stuck mit Pilgerhut anstelle der Jakobsmuscliel, wurde in Wien bei den 220 Ausgrabungen an der Alien Universitar entdcckt.222 In der Buchmalerei gibt es zwei ahnliche Darstellungen: Auf einer Randbordiire des Stundenbuchs der Johanna von Kastilien (1479-1555) aus der Zeir urn 1500 wird cin Pilgcrstab mit Haken und einer grofien Muschelklappc wiedergegeben.22* Als Pilgerzeichen erscheint der Stab mir Mu- 223 schel -allcrdingsohnc Haken- aufder Seiteeines um 1510 entsrandenen Gebetsbuchs mil einer genial ten «Sammlung- von Pilgerzeichen.221 Dicsc Darstellungen crlauben cs, die Zeichen in die Zeit um 1500 zu datieren. Ob es sich allerdings ratsachlich um aus Santiagode Compostelastammendc Pilgerzeichen handelt oberob auch eine Herkunft aus einem anderen Pilgerort moglich ware, an dem die Muschelsymbolik eine Rolle spielte - z.B. Saint-Josse-sur-mer -, muss vorliiufig often bleiben. HK Jodokus (Benediktinerabtei Saint-Jossc-sur-Mer) (181, 182) Der heilige Jodokus entstammte einem bretonischen Fiirstcngeschlecht. Nach seinem Verziclu auf die ererbte Herrschaft wurde er Priester und Eremit. Er grundetc die Einsiedelei Runiac in der Picardie, wo er 669 verstarb.22S An ilirer Stelle enrstand das 225 Benediktinerklostcr Saint-Josse (Dcp. Pas-de-Calais). Die Auffmdung der Gebeine des Heiligen im Jahrc 997 begriindete den mirtelalterlichen Kult, der im 14./15. Jahr- hundert - auch in Verbindung mir der nahegelegenen Wallfahrt zur Marienkirche in Boulogne-sur-mer - gcsamrcuropaischc Ausstrahlung gevvann und in den Herzogen von Burgund am Ende des Mittelalters die bedeutendsten Forderer fand. 181 MuschelformigerAnhangermitdcm Rcliefeincs Pilgerheiligen (wahrscheinlich Jodokus), mit Anhangerosc, Rucksciteplan Invcntar-Nr.: Nationaliniisciim Prag N2-68.097 Marcrial: Blei-Zinn Mafic: I lolic 37 mm, Breitc 27 mm Daiierung: I.Viertel des 16. Jahrliunderts Vcrglciclisstiickc: keine 182 Zweiscitiggegossene Pilgermcdaillc 182a mit dem hi. Jodokus und Maria (Boulog- ne-sur-mcr?) Invcniar-Nr.: National museum Prag N2-68.089 Material: Blei-Zinn Mafic: Hcjhe 22 mm, Breiic 12 mm Daticrung: 16. Jalirliundcrt (?) Verglcichsstiicke: keinc Die lotografisclicTal'cl 3 ties Vcrstcigcrungs- katalogsdcrSaniniluiigin den Sammclma|>- pender Pilgerzeichen kartei Kuri Kosrcrzcigi das Stiick. Bkuna 1996. S. 152, Nr. 221. IIP I.S. 166. Nr. 222. Kiiti 1 Ki.inr.H 2006. Bd. 2, S. 285f. London, Briiish Library. Add. MS 18 852, Ш. 183', Alibildung in van Asim-.ukk 2009, S. 471. Brussel, Ktiniglichc Bibliotliek. Ms IV, 280, Bl. 211’. vgl. van Am-iui.n 2009, S. 467 und S. 551, Nr. 21.4. Zum Knit des 111. Jodokus und der spatcrcn Wallfaliri vgl.Ihikh 1924 und Zr.NntK 1973- Ruckseitc von Nr. 182
Ill Heilige Pilgerzeichen aus Saint-Josse-sur-Mcr bind scit deni Iriilicn 14. Jalirlmndcrt be- zeugt226, wobei erst in der zweiten Hiilftc ties 14. Jahrhunderts eine dichte Fundiiber- lieferung cinsetzt.22"’ lis handelt sich um meist rail men lose Girtcrgiisse22\ die den Heiligen als Pilger frontal stehcnd darstellen.22‘' Charakteristisch fiir die Darstellung sind der Pilgerniantcl, die am Riemen getragene Pilgertasclie und der in der linken oder recluen Hand gerragene Pilgerstab und hiiufig cin in der Hand gelialrenes Bucli. Piir die alteren Pilgerzeichen sind die aufdem Mantel angebracluen /.alilrciclien Pil- germuscbeln signifikant, die bei den jiingeren Zeichen verschwinden. Zwei Objekte der PragerSanimlung lassen mit einiger Vorsiclit Saint-Josse-sur-Mer als Herkunftsort vermuten:dei niiisclielfbrniigei Anhanger Nr. 181 und der beidseitig gcstalteter Wallfalmsanhiingcr Nr. 182. Muschelformigc Anbiinger mit der Darstellung eines Pilgcrlieiligen sind bislier inimer an Г Santiago de Compostela bezogen worden. 21(1 Allerdings isr die Herstellung von nietallencn Musclieln als Pilgerzeiclien sowohl fiir den Mont Saint Michel al.sauch fiir Boulogne-sur-mer belegt, wo z.B. der hessisclie Landgraf Ludwig I. 1431 sowohl »zceyclien« alsaucli »moscheln« kanfrc. ’41 Dalier istdic Produktion von musclielformi- gen Devotionalien im benachbarten Saint-Josse-sur-Mer ebenhlls wahrschcinlich. Im Ubrigen erscheint die Pilgerniuscliel als vielfach wiederholtes Ziermotiv aufden friilien Gittergussen mit dem hi. Jodokus. Daher ist die Identifikation des Pilgerheiligen aul der Muschclklappe als Jodokus zumindcst erwagenswert, zumal der Gegenstand in der linken Hand der Figur wohl als Buch anzusprechen isr. Ein sehr iilinliches Stuck hat sich als Abguss auf ciner Glocke im schottischen Dunning aus dem Jahre 1526 erhalten.212 Man wild durch diesc Parallclc die F.ntsrehting des Anhangers im ersten Viercel des 16. Jahrhunderts vermuten durfen, aucli wenn das handwerklieh schlichte Stiick eine spatere Datierung zuliefie. Der beidseitig gestaltete Anhanger zeigt auf der einen Seite den heiligen Jodokus mit der typischen Pilgertracln in einer schlichten Darstellung. Auf der anderen Seite ist in ahnlicher einfacher Manier eine stehende Madonna mit dem Kind dargcstellt, deren Haupt wohl cine Lilienkrone tragt. Umgebcn ist die Gestalt von vier Wiirfel- augen. Die einfache Gcsraltung erschwert eine Datierung der Medaille, die aber nach- mitrelalterlich sein durfte und vermutlich aus dem 16. Jahrhundert stammt, wenn sie niche noch jungcr ist. HK Johannes der Taufer (Amiens, Kathedralkirche, Tauferhaupt) (183) Zu Beginn des 13. Jahrhunderts gclangte Amiens (Dep. Somme) in den Besitz eines le- gendaren Reliquienschatzes. Angeblich hatte Walon dcSarton, ein Adligeraus dem Haus Picardy und Tcilnehmer am 4. Krcuzzug, 1204 nacli der Pliinderung Konstantinopels Teile des Schadels Johannes desTaulers und die silberne Schiisscl, auf der das Haupt der Salome dargeboten worden war, als Bcuteanteil erhalten.211 Bei seiner Riickkehr 1206 nach Amiens wurde die Reliquie von Richard de Gerberoy, dem damaligen Biscliof von Amiens, in Empfang genommen und in einer feierliclien Prozession von Biirgern und dem Klerus durch die Sradt getragen.2'1 Der kostbare Scliatz wurde im Spatmittelaltcr in ciner Chorkapellc der Kathedrale in einem Reliquiar verwahrt, das die Form eines grofSen flachen Tellers mit einer zentralen Darstellung des Antlirzes Johannes des Taufers umgeben von kostbaren Steinen und Pcrlcn hosal?.2'1 Die Weisung am 24. Juni, dem Hauptfcsttagdcs Heiligen, welche vermutlich schon kurz nacli derTranslation cinsetzte2 ,f\ zog zahlreiche Pilger an. Man emittierte hier Pilgerzeichen, deren Ikonografie sich am Hohepunkt der Heiltumsweisung, der Zeigung des Tauferreliquiars, orientierte.21 Iii der PragerSammlungfindet sich ein Pilgerzeichen ausAmiens,dasdic Weisungs- szene in einem Rundrahnicn zeigt. Die Inschrift verweist aufdas Gesicht des Taufcrs iin Zentrum des Reliquiars. Deutlich zu sclien ist der kreisrunde perlschnurvcrzierte Teller in dessen Mittc uberdimensioniert und ebenfalls kreisrund das I auferantlitz 226 Dei alicsic sii.iliyr.itiM.li rclativ sidicr mu 1 100 il.ulcrb.ire l-inul машин aus Rostock, vgl. Naci-.i 200K, S. ”3-76 227 V|»l ilen 1*'11н*гЫ it к bei H л asis- 13i kni к zoo i 228 Cin Lvemplar mit separat gegossenem Rah- men in IIP 11. S. 2”3, Nr. 1160. 229 Die lies ten Obcrsicliicn bietei bislier die 7. u- sninmcnstcllung der nicilcrliiiulischcn l im- dernllPl.Ni.261 263 und 11P II. Nr 1160 IPS. 230 Vgl HIM.S. 163, Nr 212 und 214 -HP1I. S. 26Л Nr. 1133 Mild 1134 231 Kut n 1908. S. 243. 232 Van Loon van hi- Moosuiik 2000. S. 123, Abb. 10. 233 SielieKNiPiMM. 2001,.S. 33-32 Dcrl.cgcn- de n.ub sind die Reliquicn von Kaiser Vale¬ rius n.ieli Rom gchoh worden. spiilcr abei li.'inc sie llieodosius nacli Konstantinupcl verbr.nlit. WiSKll s l8n, S 3 234 I'.bd. 233 Cbd. S. 32. 236 Nacli Winkles wurde die егме К.uliedr.de in Amiens 1130 erriclnei Sie branute 1218 .lb, и ml/wcij.ilirc spinel wuidcn die l'Uiida- lnenie ernes Neubaus gclegl. del 1 288 lonig- gestellt wurde. Spiiiestens /inn Knile des 13- Jahtlmnderts diirlie der Ablialiung pom- pdser Weisung.sleicrn, bei denen neben ilern Haupi aucli die aiideren Reliipiien der Ka- thedralc, wie die Cebeme des St Firiinn, ge/eipt wurdcn, nidus melir im Wege ge- siandcn haben. I did. S. 31. 237 Win kies bericbiet an Kerdem. oh lie allerdings die Quelle zu benennen, dass spe/ielle gol- dene Objekte,iu das Haupt gelulien wurdcn uiid die auf die.se Weise gehcihgicn Stucke als (Jcschcnkc an Konigc und I'iirsten ver- geben wurdcn. Aucliseicn silberne Medadleii mu dem AblnlddesTaufciliaupies, nachdem man init lhncn die Stb;iilelrelii|uie beriilin babe, an Pilger vergeben wurdcn. Lbd. S. 32.
112 Pilgerzeichen erscheint. Das Reliquiar wird durch cincn Klcriker im langcn Gcwand mit Stola pra- sentiert, dcr cs vor scincm Korper halt. Flankicrt wird cr von zwei Assistenzfiguren, vermutliclicbcnfalls Klcriker, wclchclangc. diinnegedrelire Wachsliclucr строгhaltcn. Dieses Exemplar wurde bereits 1886 im Kunstliandel zum Verkauf oftcricrr.2-’* Es ist zu vermuten, dass es damals von dem Antiquiratenhandler Joseph Egger erworben wurde, der sparer die heutigc Pragcr Sammlung Adalberr von Lanna anbot.2 w CB HI. Katherina (Mont St.-Catherine bei Rouen) (184-189) Die Bcncdikrincrabrci Sainte-Trinite bei Rouen besafi cine groRe Fingerreliquie der Martyrerin Katherina, die um 300 in Alexandria hingerichtct vvorden sein soli und im Spatmittelalrer vor allcm a Is Norhelferin verehrt wurde. Diese Reliquie sollte aus dem Katherinenklostcr des Sinai stammen, das den Schrein mit den Gebeinen der Heiligcn bewahrt. Sie machte die Abtei zum Zicl einer bedeurenden Wallfahrt, von derinsbesonderedie in zahlreichen Sammlungen erhaltenen Pilgerzcichen des 15- Jahr- hunderrs Zeugnis geben. Obwohl bereirs Forgeaisein aus der Seine geborgenes Katherinenzeichen vorstellte2,n undahnlicheZeichcn in den um 1900entstandenenSammIungcn Bossard2'11, Figdor242 183 Pilgerzcichen, Gitterguss rund im inschriftfuhrenden Rah men vier (drei erhalren) Oscn und vier Zungen auf der Riickseite Invcntar-Nr.: UPM 5711 Inschrift: »+ : LCCL : SIC[1L|LLM : FAC1KI : BEATI : lOl IANNIS: BAPTISTt- Mafic: Durchmesser 42 mm Material: Blei-Zinn Datierung: I4./I5.Jahrhunderi Verglckhs.s tiickc: Kosierkartei, Typus Amiens, Sr. Jean Baptiste A I; F.ki.art 1916, Fig. 319, Abb. 2d: ikonogralisch sell г lilinlich aber ohne Inschrift im Kahiucn Brii.sscI, Konigliche Biblin- thek, Munzkabinctt, eliemalige Sammlung Dis- sard Literatur: Koenigsmarkova 1977, S. 74, Nr. 42. - Koenigsmarkova 1980, S. 61. - Kat. Prag 1986. S. 20, Nr. 140 184 Pilgerzeichen, drcischaliger Gitter¬ guss mit riickseitiger Nadel und Nadelrast, Figur stehend auf Inschriftenband Invcntar-Nr.: UPM 5698 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohe 80 mm, Brcitc 42 mm Daticrung: 2. Hiilftcdcs 15. Jalirhunderts Inschrift »Z te Z kateline Z duni(i|u]i Z dernuc [n]« Verglcichsstiicke: К at. Worms 2001, Nr. 79 (evt. modelgleich, das Buch ist weggebrnchcn). Mu¬ seum Rouen: Lamy-Lasau.f. 1968, S. 13. Abh. 6 Literatur: Koenigsmarkova 1977, S. 100, Nr. 75. - Kat. Prag 1986, S. 21, Nr. 141. - Kat. Oi-omouc 2006, S. 227, Nr. 99 238 Kiisierkartei Typus Amiens St. Jean Baptis¬ te A 1 nach DaMCOIIrt 1886/K7.S. 133. Abb. 4. - Vgl. auch Lamy-Lassali.e 1973. S. 157. Von dem spateren Ankauf durch Adalbert Lanna wussie Kiister offenbar nidus. 239 Vgl. Koenigsmarkova 2008, S. 1851'. 240 PorgkaIS iKfis, S. 32If. par. Brlna 1996. S. 123. Nr. 159. 241 Melding 1911, Taf'cl XXXVI, viertc Rcihe von oben, drittes Stuck von links. 242 Kat Berlin 2008. S. 268. Nr. 13. 185 Pilgerzeichen, drcischaliger Gitter¬ guss, Rcstc der riickseicigen Nadel und Nadelrast nicht erkennbar, Kopfsekundar, Figur stehend auf Maxentius mit verkiirz- tem Schriftband Inventar-Nr.: UPM 5695 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohe 43 mm, Brcitc 25 mm Datierung: 2. Halite dcs 15. Jahrbimdcrts Inschrift »mai« ? Verglcichsstiicke: Kat. Berlin 2008, S. 268. Nr. 13 Literatur: Koenigsmarkova 1977» Ю1, Nr. 76
Hcilige 113 und im Paulus-Muscum in Worms’*' vertrcten waren, idcntifizicrtc erst Kurr Koster 1957 den Herkunfrsorres durcli die riclnige Lesungder Inschrift aufeinem der Worm- ser Zeiclien."'* Hie Eiudcckung des Abgusses eines identischen Zeichcns auf der 1464 von Tilman von Hachenburg gegossenen Glocken in Breithardt (Rheingau-Taunus- Kreis, Hessen) gibt einen wicluigen Himveis zur Datierung. Die Publikation von vier weiteren Katlierinenzeichen aus dem Bcstand des Museums von Rouen durcli Colette Lamy-Lasalle, von denen zwei dem durcli Koster identifizierten Tvpus enrspreehen, bestatigre die Zuweisung Keisters.2" Die drei vorzustellenden Pilgerzeiclien entsprcchen dem zuersr von Kurt Koster be- schriebenen Typus: Die Hcilige wird frontal steliend als junge Frau mit hocb stehenden kleinen Briistcn und eincr scbmalen Taille in der modischen Trachr des 15. Jahrhun- derts dargestellt. Das eng anliegende Kleid lauft in einer langen Schlcppc aus, die von dcr Figur mit der linken Hand in die Hohe gehoben wird. Die Hiifte wird meist durcli einen Giirtel betont und iiber den Scliultern erscheint haufig eine kurze iirmellose Jacke. In der linken Hand halt die Figur ein aufgcschlagencs Buch. Die rechtc Hand halt das Schwcrt, vor dessen Scheide das mit Klingen besetzte Rad steht, welches von der Figur halb verdeckt wird. Das von einem stramingemusterten Nimbus umgebene Haupt wird von eincr Lilienkrone bedeckt, unrer der traubenformige I.ockcn licrvorquellen. Am 186 Pilgerzeiclien, dreischaliger Gitter- guss in it Resten dcr riickseitigen Nadel, Lorstelle zur Befestigung auf einem Stand¬ ful?, Figur steliend auf Rasenstiick lnventar-Nr.: UPM 98.994 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohc (iinch) 37 mm. Brcitc (noch) 22 mm Datierung: 2. Halftedcs 15. Jahrliundcrts V'crglcichsstiickc: Kat. Worms 2001. Nr. 80. - Museum Rouen: LAMY-I.ASAi.i.t lyfifi. S. 13, Abb. 5 187 Pilgerzeiclien, dreischaliger Gilter- guss, urspriinglich wohl mit riickseitiger Nadel und Nadelrast, Kopfsekundar,durch Anlotung eines Srandfiificliens zuin Hei- ligenbildchen verandert, Typ unbestimmt (aus Sainte-Catlierinc-de-Ficrbois ?) hncntar-Nr.: UPM 98.978 Material: Blei-Zitui Mafic: Hiilic insgesamt 58 111111. 43 mm (nline Pufi). Breiic 23 mm Datierung: 2. Halftedcs 15. Jahrliundcrts Vcrglciclisstiicke: Samiiilung Bossard: Hf.i.risg 1911. Tafcl XXXVI. 5. Reilie von oben. 3. Stiitk von rcclits 243 Kat. Worms 2001. S. 1191'.. Nr. 791'. 244 Kositk u;s7. S. 831’. 245 I.amv-I.asaiii 196S. S. 13f. 188 Anhanger / Medallion, gegossener runder Ralimen mit Anhangerbse. sechs Perlen aus Zahnbein, vier riickseitige Haltezungen und Verschlusspliiitchen aus Blei-Zinn, BildeinlageausgebraniiteniTon Inveniar-Nr.: UPM 5748 Material: Blei-Zinn. Zalin, Ton Mafic: Durchmesser 24 111m Daiierung: 15 Jalirlnmdcrt Vcrglcichsstucke: kcinc I.itcratur: Koi:nu;.smaiikov,\ 1977, S. 102, Nr. 78. - Kat. Prag 1986. 5. 21. Nr. 143. - K.vr. Oi.omiiuc 2006. S. 232. Nr. 107
114 Pilgerzeichen starkstcndiffcrierendie F.xempla re dieses Typus indcrGesralrungdesSrandgrundes. Bci der ersten Varianrc srehr die Figur auf einem an beidcn Sciten eingerollten Schriftband, das sich rechrs bis zum Saum des Kleides emporschwingt und die Minuskelinschrift »Ste 2 kateline 2 du mont 2 de rouen« 6. A. enthalt, wobei die Worttrenner immer die eigentiimliche Form eines groften »2« habcn. Diese Variante wird hierdurch die Nr. 184 vertreten.2^’ Bci dcr zweiten Variante bildet die liegende Gestalt des von der Martyrcrin 246 Лк Worn miner wird cin gcspiegelics »S« iiberwundcnen Kaisers Maxentiusden Srandgrund. Bisherwar diese Variante nurdurch eingesei/t. das fragmentarische Stiick aus der Sammlung Figdor im Berliner Kunstgewerbemu- seum bekannt. Nr. 185 zeigt, dasssich bei der vollstandigen Ausfiihrungzwischen dem gekronten Haupr des Kaisers und dem Klcidersaum ein kurzes Spruchband befinder, dessen wenige Zeichen Ratsel aufgeben.-4' Bei der dritten Variante ist der Standgrund 247 hvil. ist »m.ii« fur Maxcmius /u lesen? als mit Rasen bewachscncr Boden gestaltet, was durch kurze vertikale Linien angedeutet wird. Zu dieser Variante gehort die Nr. 186. Eine erhaltene Lotstellc in der Mitte des Standgrundes weist auf cin inzwischen verlorcnes Standfiiftchen hin, durch das man das Pilgerzeichen ein Heiligenbildchen verwandelte, wie es besonders auch fur die Bar- barazeichen aus Sainte-Barbe-en-Auge (vgl. Nr. 143 und 151) bezeugtwird. Einen vollig anderen Typus, der wahrscheinlich nicht vom Mont St.-Catherine srammt, stcllt die Nr. 187 dar. Auch in diesem Fall wurde das ursprungliche Pilger¬ zeichen mit riickseitiger Nadel durch das Anloten eines SrandfiilSchens in ein Heiligen- bild verwandclt. Die Attribute der Figur- das in der rechten Hand gehaltene Buch und das von der linken Hand ergriffene Schwert - sprechen fur die Identifikation mit der heiligen Katherina. Die Veranderungen in der Bildkomposition sind aberso gravierend, dass es von den bisher bekannten Zeichen vom Mont St.-Catherine zu unterscheiden ist. Dem Zeichen wurde in jtingerer Zeit an Srelle des verlorenen Kopfes ein unzuge- horiges Kopffragmcnt angelotet. Ein sehr ahnliches Stiick aus der Sammlung Bossard zeigt aber, dass es sich ursprunglich um die Darstellungeiner jungen Frau mitoflfenem Haar handelr. Moglicherweise haben wir es mit einem Zeichen aus Sainre-Catherine- de-Fierbois (Departement Indre-et-Loire) zu tun, dem zweiten grofien franzosischen Zentrum des Karherinenkulres im 15. Jahrhundert? Im Ubrigen wurde auch der Nr. 184 in jtingerer Zeit ein falsches KopfFragment angelotet. Bei dem Anhanger mit dem Bild der heiligen Katherina handelt es sich wahrscheinlich nicht um eine ortsspezifische Devotionalie. Vergleichsstuckezu diesem Objekt fehlen bisher. Fragen wirft ein nur fragmentarisch erhaltenes Pilgerzeichen auf, das in einem architek- tonischen Rahmen, der eine gotische Kirche evoziert, nebeneinander die hi. Katharina und den hi. Michael als Drachentoter darstellt. Oberhalb des geteilten Bildfeldes sind Rcste der Darstellung eines Gnadenstuhls zu erkennen, der wahrscheinlich in einen architektonischen Rahmen, z.B. einen Arkadenbogen, eingebunden war. Die Darstel¬ lung der sehr schlanken, in dcr Mode des 15. Jahrhundertsgekleideten Katharinenfigur erinnert zwar an die Nr. 184-186, entspricht ihnen in der Zeichnung des Gewandes aber nicht. Allerdings entspricht die Inschrift »sancte s kateline« und insbesondere das als Worttrenner fungierende gespiegelte »s« grundsatzlich der Inschrift auf Nr. 184. Da nur diese Inschrift auf der Fufileiste erscheint, ist die Annahme, es handle sich bei diesem Zeichen um eine Kombination fur mehrere Kultorte, etwa den Mont Saint Michel (hi. Michael), Vendome (die gottliche Trinitat) und den Katharinenberg bei Rouen, wohl irrig. HK Laurentius von Rom (Bourgtheroulde-Infreville?) (190) Der romische Diakon Laurentius, der entweder unter Kaiser Valerian 258 oder unter Kaiser Dioklctian um 305 das Martyrium crlitt, gehorte rrotz unklarer historischer Bezeugung schon in der Antike zu den am meisten verehrten Martyrern der christ-
Heilige 115 lichen Kirche. Der ursprungliche Ort seines Kultes war sein Grab in der romische Basilika San Lorenzo fuori le inura bzw. deren Vorgangerbauten. Romische Pilger- zeichen des 13./14. Jahrhunderts zeigen sein Bild zusammen mit dem des Erziniir- tyrers Stephanos.-Ih Das Zcichen Nr. 190 siammt allerdings nichi aus Rom, sondern mit grower Wahr- scheinlichkeitausdem nordlichen Frankreich. Ein identischcsStuck publizierte Colette Lamy-Lasalle aus dem Bestand des Museums von Rouen.Jr> Die Figur des Heiligcn steht halbfrontal und leicht nacli reclus gewendei auf einer schmalen Siandleisie, die durch schmale vertikale Linicn einen natiirlichen Boden andeurer. Laurenrius ist als Diakon bekleidet mit einer Dalmatik und ciner darunrer gerragenen Allx*. In dcr rechten Hand triigt er einen nach oben gerichteten Rost, in der linken ein Buch. Der Nimbus des Heiligen wird von einem Perlstab umzogcn. An die Standlciste wurdc in beiden Fallen ein Fiifichen angelotet, das bei dem Exemplar aus Rouen verloren ist. Bei dem Pragcr Stuck ist zwar die Figur kurz iiber der Standleiste gebrochen, der aclu- eckige SrandfuR aber erhaltcn. Auf der Riickseite des dreischaligen Gusses war eine Haltenadel angegossen, von der sich nur noth der Ansatz erhalten hat. AuEer diesen beiden Zcichen gibt cs in dcr Pilgcrzeichensammlung des Berliner Kunstgewerbemuseums einen weitcrcn Gittcrguss, der - nur fragmentarisch erhal¬ ten - ebenfalls den hi. Laurentius darstellt. Bei dicscm Stuck halt die Figur das Buch allerdings in der rechten Hand und den Rost, dcr nach unten weist, in der linken.^" 189 Pilgerzcichen, hochrechteckiger dreischaliger Gitterguss mit ruckscitigcr Nadel und Nadelrast und noch fiinfvon ursprunglich mindcstcnsacht Halrezungen, mit denen cine Hinterlegungdes Bildfeldes fixiert war, dcr hi. Michael als Drachentoter und die Ы. Katharina im Architckturrah- mcn, dariiber Rcste eincs Gnadenstulds Inventar-Nr: UPM 98.954 Material: Blei-Zinii Mafic: llohc 54 mm. Brcite 40 mm Daticruiig: 15. Jahrhundcri Vcrglcidissciicke: keine Litcratur: Клт. Рклс: 1986. 5. 21. Nr. 142 248 Haasis-Bi км к loot, S. 1481. 249 Lamy-I.asau.i: 1968. S. 17 mil Abb. 15. 250 Клт. Bi-klin 2008, S. 280, Nr. 33. 190 Pilgerzcichen, dreischaliger Gitter¬ guss mit Rcsrcn der riickseiiigen Nadel, durch einen angclotctcn Stnndluti zum Heiligenbild verandert, durchgcbrochcn, Hand mit Rost separat inventarisiert 1 liven i a r-Nr.: National museum Prag H2 68.250 tint] H2. 68.049 (Fragment. 1 land mil Rost) Material: Blei-Ziim Mafic: Hohc 57 mm (mit I-ufi). Durchmcsscr des Standltifies 28 mm IXiricrung: 2. Halite des 15. Jalirliimdcris Vcrglcidisstiickc: I.amv-I.asai.i.k 1968. S. 17. Abb. 15
116 Pilgerzeichen Ob ein ebenfalls nur fraginemarisch eihaltencs Pilgerzeichen im Museum der Stadt Worms, das einen rittcrlich gekleideren Heiligen mit einem Rost als Attribur darstellt, tatsaclilich als Laurcntius anzusprechen ist, bleibt unsicher.2'’1 251 Die Laurentius-Pilgerzeichen aus dem 15. oder friihen 16. Jahrhundert stammen mit grower Wahrscheinlichkcit von cincm Laurentius-Kultort im nordlichen Frank- reicli. Colette Lamy-Lasallc hattc auFeinen moglichen Zusammenhang mit der spat- mittelalrerlichcn Laurentiuswallfahrt nach Bourgthcrouldc-Infreville(Departementde l’Eure) in der Normandie hingewie.sen.2-’2 Fur dieses Argument konnre auch sprechen, 252 dassdieinderdortigen Laurentiuskirchecrhaltcnectwa lcbcnsgrol3eLaurenrius-Starue aus dem friihen 16. Jahihundcrr eine gewisse Ahnlichkeit mit den bciden Stricken aus Rouen und Prag aufweist. HK Lubinus von Chartres (Chartres, Kathedralkirche) (191) Lubinus wurde um 544 zum Bischof von Chartres geweiht und starb 552. Man be- stattetc illn in einer Confessio an der Ostwand der Kathedrale. Schon zu Lebzeiten als Wundertater verehrt blieber auch im Hoch- und Sparmittelalter neben Maria, deren Ge- wandreliquiehierverwahrr wurde, der wichrigste Patron der Kathedrale von Chartres.2^ 253 Das Pilgerzeichen Nr. 191 ist das einzige, das sich durch seine Inschrift sicher mit dem Kult des hi. Lubinus in Verbindung bringen lasst.2^ Aufgrund einer gewissen 254 Ahnlichkeit nahm Denis Bruna auch das in dicsem Katalog erstmals Honoratus von Amiens zugewiesenen Pilgerzeichen Nr. 178 als Chartreser Zeichen in Anspruch.255 255 Moglicherweisesind auch verschicdene Pi Igerzcichentypen, die einen stehenden Bischof mit Adoranten darstcllcn und bisher keinem bestimmten Kultort zugewiesen werden konnten, Darstellungen des hi. Lubinus von Chartres.2'’6 256 DerArchitekturrahmendeshochrechteckigen Pilgerzeichensschlieftt nachoben mit einem doppelten Spitzgiebel ab. Die Giebelspitzen werden von Lilien bekront. AulSen und zwischen den Giebeln befinden sichdrei hohe, in Kreuzblumen auslaufende Fialen. In den beiden Giebelfeldern ist jeweils ein Maftwerkfenster mit Vierpass angedeutet. Dieser markante Rahmen verweisr wohl auf die Bauformen der Kathedrale von Char¬ tres. Im Bildfeld dominiert die hohe Gestalt eines Bischofs mit der iiber dcr Dalmatik getragenen Kasel, einer Mitra auf dem nimbierten Haupt und einem Bischofsstab mit auflfalliger Kriimme in der linken Hand. Die rechte Hand ist zum Segensgestus er- hoben. Neben dem Bischof sind zwei Adoranten zu sehen: auf der rechten Seite eine kniende Gestalt, auf der linken Scire cine Figur, die sich wohl auf eine Kriicke stiitzt. Oberhalb dieser Figur scheint eine als Votivzuriickgelassene Kriicke dargesrellt zu sein. Die Srandleisrezeigr eine Inschrift, die sich in der Leiste des linken Rahmens fortsetzt. Die Buchstaben erscheinen spicgclvcrkchrt und von rechts nach links gcschrieben, da der Modclschneider die Schrift nicht negativ eingeschnitten hat. Die Verwendung von Majuskeln lasstaufeine Entstehungspatestens im zweiten Drittel des 14. Jahrhunderts schliefien, wjihrend die Stilistik eher dem spaten 14. oder schon dem 15. Jahrhundert enrsprichr, was eine Darierung des Zeichens erschwert. HK Ludwig von Toulouse (Marseille) (192) Als zweiter Sohn Konig Karls 11. von Neapel 1274 geboren verzichtcte Ludwig von Toulouse 1296 auf die Thronrechte zugunsten seines jungeren Bruders Robert, wurde zum Priester geweiht, schloss sich dem Franziskanerorden an und wurde noch im selben Jahr von Papst Bonifaz VIII. zum Erzbischof von Toulouse geweiht. Er starb bereits im folgenden Jahr und wurde in der Franziskanerkirche von Marseille begraben. Berichte iiber Wunder an seinem Grab liefSen eine regionale Wallfahrr entstchen und fiihrren 1307 zur Einleitungdes papstliehen Kanonisationsverfahrens, das 1317 mit der Hcilig- Kat. Worms 2001, S. 121, Nr. 81. I11 der (•Combination dcr riucrliclun Klcidung mit dem Rost ist chic ldcntifikatioii als hi. Quin- tinus von Amiens elier wahrschcinlich. Lamv-LaSaI 1 F 1968, .S. 17. Vgl. Jan van пик Meui fn. Arc. Lubinus von Chartres, in: I.CI 7, 5р. 412-414 l.csung nach einem Vorschlag von Jan Hrdi- 11a, Prag. Nach Koenigsmarkova 1977 ware 711 lcsen »S. Lubino de cravan- (= C.ravant). Bruna 1996, S. 170. Vgl. S. 136-140 in dicscm Katalog.
Heiligt sprecbungendcte. Durcli seine l'amilie gefordert verbreitete sich sein Kult besonders in den vom Hans Anjou beherrsebten Territorial. Seine Verchriing in der Franziskancrkir- che von Marseille crlebtc ibren Hohepunkt im 14. Jahrhundert und bracb ab, nachdem Konig Alfons V. 1423 Marseille eroberte und die Reliquien nacb Aragon bringen licR. Das Pilgerzeichen gehorr zu den iiheren Flacbgilssen. Das Bildfeld isi als Adikula mit spitzem Giebcl gestaltet, aufdessen AuRenseite kleine Krabben sitzen. Dacb und Seirenwande werden durcli ein stramingemustertes Band angedeuret. Die Darsrellung wird durcli die frontal steliendc Figur des nimbierten Heiligen besrimmt, der den Bt- sebofsstab mit der linken Hand schrag vor seinen Korper hair, wahrend er die Rechte segnend erhebu. Bekleidct ist er mit einer Kasel; ob der Faltenwurf zu seinen FiiRcn die daruntcr getragene Franziskanerkutte andeuten soil, ist sclnver zu entscbeideii.J"'s Zu seinen FiiRen stebt ein Scbild mit dem franzosiseben Lilienwappen. Links neben ibm kniet einc Gestalt, die einen Reicbsapfel in Handen halt; wahrscheinlich ist Ro¬ bert von Anjou gemeint, zu dessen Gunsten Ludwig aul den ’Ibron verziclueie.JV' In der FuRlciste findet sicb der spiegelverkehrt geschriebene Bucbstabe »S« und ein evtl. als Fisch zu deutendes Bild. Moglicherweise wird dabei aufjenes berubmte Wunder angespielt, durch das ein Kaufmann aus Marseille seine verlorene Geldborse iin Bauch eines gefangenen Fisches zuriick erhielt.’f,tl Der Flachguss ist das cinzigc bekannte Pilgerzeichen der Wallfahrt zum hi. Ludwig nach Marseille. HK 257 Vgl.dcn l Ibcrhlickbci Ktu'ia u 2002,S. l‘)2- \h mil wciiorct l.iicr.niir. 258 Vgl. zur iiblidicn Daistcllinigdcs Ht-ilii;«.-ii mil Km tc-11 ntc-r tli-m Pluvialc- lv/iv. der Kasel Kt.t.txsiatMim 1909, S. 2(l(>l'. und 210. ISO Vgl. zu diescr DarstcIliingdnsTafcIhilil von Simone Martini in Sail Lorenzo ill Ncapel (did., S. 1081. u nil lug. I) und ein a lull idles Talclhild iill Mnseiini vnn Aix-eu Provence (el 11L. S. 2101. 260 Vgl. das 1:гско von Bcncilcitit Rotiligli im PalazzoC'oniiiuinaleiii Perugia(cbil.. Li};. 5). 191 Pilgerzeichen, dreischaliger, hoch- rechteckiger Gitterguss, mit fiinf von ur- sprunglich sechs Haltezungen, Nadel und Nadelrast auf der Riickseite Iiiventar-Nr.: UPM 5682 Inschrift: in Majuskcln: »S : LUB1NO : CARA- TKN[SI]“ (Lesung nach cincin Vorsdilag von Jan Hrdina, Prag) Material: Blei-Zinii Mafic: Holic 7U 111m, Brcitc 39 mm Dalicrung: 15. Jahrhundert Verglciclissciieke: keine Litcratur: Kor.NtusMARKovA 1977, S. 85. Nr. 55. - Kor.NtcsMARKOVA 1980, Abb. S. 63. - Kat. Pkac 1986. S. 22. Nr. 157. - Клт. Ot.oMOta: 2006. S. 228, Nr. 100 192 Pilgerzeichen, hochrechtcckigcr Flachguss mit spitzem, krabbenbesetztem Gicbel, Ansatze von 4 Csen (?) Iiiventar-Nr.: UI’M 5757 Material: Blei-Zitin Dalicrung: 14. Jalirlutndcri Vergleidisst iickc: kei ne I .iteratin': Koknicsmarkova 1977. S. 87, Nr. 58. - Kai. Prai: 1986, S. 21. Nr. 149
118 Pilgerzeichen Lupus (Leu) von Sens (Saint-Leu-d’Esserent) (193, 194) Lupus war seir 60S Bischof von Sens und starb hicr 623. Er wurde in dem von ihm gegriindctcn Kloster Sainte-Colombc in Sens begraben. 853 wurden seine Gcbcine in die neuerbaiite Kirche transferiert. Sein Kult verbreitete sich besonders im Osten und Norden Frankreichs. Er wurde besonders von Epileptikern als Patron angerufen.2*’' Es sind vier Pilgerzeichen mit der Darstcllung des heiligen Lupus bekannt, die ausweis- lich der lnscbrift aile aus der Abtei Saint-Loup in Sainc-Leu-d’Esserent (Departement Oise) stammen. Die vier Zeichen sind ikonografisch ahnlich. Dieersten beiden Funde aus Auneuil und aus dcr Seine in Paris wurde von Forgeais publiziert.~b’ Es handelt sich bei alien Zeichcn um Flachgiisse in Form einer spitzgiebligen Kirchenarchitektur, die seitlich von zwei kleinen Tiirmchen flankiert wird. Der Giebel ist mit Krabben verziert, die in alien Fallen aber nur rudimentar erhalten sind. Im Bildfeld steht der mit einer Kasel bekleidetc Bischof, mit Mitra aufdem Haupt und cinem Kreuzstab in der linken Hand frontal auf einem Lowen. Die rechte Hand ist zum Segensgestus erhoben. Rechts neben dem Heiligen kniet eine kleine damonische Figur mit einer Krallenhand, dieals Darstel lung dcr diimonischen Besessenheit (Epilcpsie) zu versrehen ist. Wahrend die von Forgeais publizicrtcn Sciicke in der unteren Lcistc eine Majuskel- inschrift zeigen, die sich in einem Fall in einem Schriftband im Giebelfeld fortsetzt, weisen die beiden Stiicke aus Prageine Minuskelinscluift auf, die in der Rahmenlciste 193 Pilgerzeichen, hochrechteckiger, giebel formigabschlieftender.dreischaliger Flachguss, mit Nadel und Nadelrast aufdcr Rucksei te u nd noch zwei von urspriinglich vier Oscn lnvcntar-Nr.: UPM 5758 Material: Blei-Zinn Mafic: Holic -^8 mm, Breitc4U mm lnscbrift: in Minuskcln: .«saint leu dc c[ss]crcn<,« Daricning: spates l4./friihcs 15- Jahrlunidcrt Vcrglcichs.sriickc: Bkuna 1996, S. 168f. Nr. 248. - Forci-.ais 1863, S. 189-193 Litcraiur: Kornigsmarkova 1977, S. 86. Nr. 56. - Koknigsmarkova 1980, Abb. S. 162. - Кат. Prag 1986, S. 22, Nr. 150 194 Pilgerzeichen, hochrechteckiger, giebelformigabschliefSender.dreischaliger Flachguss, mit Resten von Nadel und Na- dclrast auf der Ruckseite und noch einer von urspriinglich vier Oscn Inventar-Nr.: UPM 98.952 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohe 47 mm, Breitc 37 mnt lnscbrift: in Minuskcln: »saiiu leu dc c[ss]crcnv Daticrung: spates l4./fruhcs 15. Jahrlmndert Vcrglcichssiiteke: Bruna 1996,8. I68L Nr. 248. - PoRGi Ats 1863, S. 189-193 261 Vgl. P. Cousin. Art. l.ufim ojSens, in: New catholic encyclopedia, Bd. 8, San I'rancisco 1967. S. 10781. 262 Porgkais 1863. S. 189-193. 195 Brosche, Pilgerzeichen, hochrcchr- eckiger Gitterguss mit doppeltem goti- schen Drciccksgiebel, Mafiwerk und Fialen, Ruckseite: Nadel mit Nadelrast lnvcntar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2 68.189 Mafic: Holie 48 mm. Brcirc 33 111m Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jalirlunidert Vcrglcichssriicke: kcinc
Metlige oberhalb dcr diinwnischen Gestalt einsetzt und um den Giebel zur anderen Seite liiuft. Die Verwendung der Minuskeln ist ein Indiz dafiir, dass diese Stiicke etwas jiinger sind und moglichcrwcise schon in das 15. Jabrhundert zu verweisen sind. Allerdings ist die Herstellung von Flachgiissen Kir das 15. Jahrhundert auffallig. ИК Maria Magdalena von Bcthanien (Saint-Maxim-La-Saint-Baumes?) (195-197) Vezelay (Department Yonne) in der Grafschafr Burgund war bcrcirs zu Begin n dcs 11. Jahrbunderts in den Besitz von Rcliquien Maria Magdalenas von Bethanien ge- kommen. Da der Ort an einem dcr vier groRen Zubringerwege nach Santiago dc Compostela, der via lenwvicensis, lag, avanciei te er zu einer bliibenden Kultstiitte und zu einer wicluigen Station fur die durchziclicndcn Jakobspilger.'<’, Doch die Situation anderte sich mit dem Aufstieg des Hauses Anjou im 13. Jahr¬ hundert, dem 1245 die Crafschafr Provence zufiel.J<H Karl I. von Anjou, stjindig be- strebt scinen politischen liinlluss wie auch sein 1 lerrschafrsgcbict auszudchnen, zeigre gropes Interessc an der Hciligen und suchre nach Wcgcn, den populiiren Kulr in sein Territorium zu verlagern. Dies gelang ihm schlieftlicb mittels einer aufvvendigen In- szenierung. Im Dczember 1279 erfolgte die Auffindung des angeblich wahren Leibes der Maria Magdalena unter der Kirche von Saint-Maxim-La-Saint-Baumes in dcr Provence, in einem von mehreren mutmaftlichen cliristlichen Miirtyrersarkophagen aus dem 3. Jahrhundert.Im Jahr darauf exhumierte man die Ubcrrcstc dcr Heili- 196 Anhiingcr, sechseckiger Gitterguss, Einleger in doppelten Rahmen (hier ver- loren) Invencar-Nr.: Nationalmtiseum Frag H2 68.206 Mafic: Hiilic 24 mm. Rrciic 21 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jahrlnmtlcrt Vcrgleichsstiickc: keine 197 Pilgerzeichen, hochrechteckiger Gitterguss mil Dreiecksgiebel, Riickscire: Nadel und Nadelrast Invcniar-Nr.: Naiinnalnuiscum I’rag H2 68.245 Mafic: Hohc 56 mm, Breite 30 mm Inschrilt: in Minuskeln >•?. madalain» Material: Rlci-7.inn Datierung: 15. Jahrhundert Verglcichsstiicke: keine 263 Ulrikc l.ti.Bi,. Art. .Maria MagtMena, in: LD.VI 6. Sp. 2831. 264 Raoul Mi.Nsr.i.i.i, Art. Kurt r. Anjou, in: l.DMI. Sp. 645Г 265 Y'gl. Saxi-.k 1959,8. 2201. Kri'ci k 2002. bes. S. 120-148. 198 Pilgerzeichen (?) oder Hciligciifigur- chen(?), zwcischaligcr, rail men loser Gii- terguss mit Srandleiste und angeltiicicm PuRclien, Riickseite plan liivenur-Nr.: UI>M 5704 Material: Blci-Zinn Mafic: I lobe (noth) 45 nun. Rrciic 48 nun. Hohc des l:iifirlu-ns 14 nun. Durchincsscr dcs l;iifithcns 40 nun Datierung: um 1500 Verglcichsstiicke: 1 ll> I. S. 205. Nr. Ш (I'rag- mcni). - I IF II, S. 278. Nr. 1101. - Bruna 1996. S. 172. Nr. 2521'. - Van I.oon-van nr. Moos- i>ijk 2000, .S. 118, Abb. 7 I.iterator: Koknicsmarkova 1977. S. 104. Nr. 80. - К At. Риле 1986, S. 23. Nr. 158. - К at. Oi.nMtirc: 2006. S. 230. Nr. 103
120 Pilgerzeichei gen. Der so initiierte Reliquienkult fand rasch machrige Unrerstiirzung. Bereits 1295 legitimierte Papst Bonifa/. VIII. den Kultort, in dcm er den Dominikanerorden mit der Betreuung der Grabstatte beauftragte und Abkisse fur all jene erteilte, die am Fest- tag der Magdalena und am l ag der Erhebung der Reliquien in der Kirche St. Maxim anwesend waren.:M’ Obwohl die Reliquien in Vezelay schon 1265 offiziell gepriift wurden, fiihrtc der Aufsticg von Saint-Maxim-La-Saint-Baumes zum Niedergang der urspriinglichen Wallfahrtsstatte.2<’~ Der Reisebericlu des Hallenser Salzherren Hans von Waltheyms, der im Jalir 1474 cine Pilgerfahrr in die Provence unternahm, unterstreicht exemplarisch den Erfolg der Gnadenstatte und zeigt, dass die Provence im ausgehenden Spiicmittelalter das Zentrum der Magdalenenverehrung war. In seinen Aufzeichmingen finden sich neben Saint-Maxim-La-Saint-Baumes, wo er u.a. Pilgcrzeichen erwarb,268 noch zwei weitcre wichtige Magdalenen-Gnadenorte: der BergSt. Pilon, wo die Heiligeangeblich 32Jahre lang in einer Grotte geruht habe26'2, und Marseille, wo sie gemeinsam mit der heiligen Martha und Lazarus von Bethanien nach langer Irrfahrt in einem ruderlosen Boot gelandet sein soil. Von dort habc die Prcdigt des Evangeliums in der Provence seinen Ausgang genommen.27'’ Der Legendc nach war ihr Bruder Lazarus dcr erste Bischof von Marseille2 1 und ihr Gefahrre Maximin der erste Bischof von Aix-en-Provence2'2. Drei Objekte der Prager Sammlung zeigen Maria Magdalena. Das Pilgerzeichen Nr. 195 und dcr Anhanger Nr. 196 stellen die Heilige, die das typische Salbgefal? in den Handen halt, in Verbindung mit einer Madonna und einem Bischof dar, der cin Kirchenmodell triigt. Bei der Bischofsfigur diirfte es sich entweder um den heiligen Bischof St. Maximin oderden hi. Lazarus handeln. Vor dem Hintergrund des Maria- Magdalcncn-Kulccs in dcr Provence und dem Wissen iiber den Pilgerzeichcnvertrieb in Saint-Maxim-La-Saim-Bauine ist die Herkunft der beiden Zeichen von hier durchaus denkbar. Allerdings kamen auch die Kathedralen von Aix-en-Provence oder Marseille (?) als Herkunfrsorre in Frage. Unklar bleibt vorersr, auf welche kulrische Verehrung sich die Marienfigur bezieht. Das Pilgcrzeichen Nr. 197 diirfte von einer der anderen mit Maria Magdalena ver- bundene Gnadenstatten stammen, denn die Darstellung weicht von der der Nr. 195f. deutlich ab.2 ’ Die Heilige erscheint wieder stehend mit ihrem charakteristischen Attribut, dem SalbgefafS, in Begleitung eines knienden Adoranten und umkranzt von F.ichenlaub. Letzteres konnte auf die Lage des Kulrortes aufSerhalb eines stiidtischen Umfeldes hindeuten. Miigl idler weise ist dies cin Hinweis auf den St. Pilon, ein sich schroffaus der Ebene erhebendes Kalksreinmassiv, dessen Fill? bis heute von einem Wiildchen eingerahmt wird.2'' CB 266 Saxi к 1959, S. 241. 267 Ebtl., S 1К8Г 268 Wti.i u 1925, S. 34. 269 Ebd., S. 36ff. 270 Ebd., S. 43-46. 271 Vgl. Kruolr 2002, S. 178ЙГ 272 Vgl.cbd.,S. I20ff. 273 Das »s« ist spiegelvcrkchrt geschricbcn. 274 Wfiti 1 1925, S. 38. Martin von Tours (198) Dcr fragmentarische Gitterguss mit der Darstellung des heiligen Martin, der auf dem Pferd sitzend seinen Mantel teilt, gchort zu einer Gruppe von ikonografisch verwand- ten Zcichen, die saimlich ahnliche Mal?e von ctwa 55 mm Holie und erwa dcrsclben Breitc aufweisen, oh lie modelgleich zu sein. Das am besten erhaltene Exemplar dieses Typus ist ein Abguss auf der 1518 gegossenen Glocke der Katharinenkirche in Heus- den (Provinz Nordbrabant, NL).27'5 Alle bekannten Pilgerzeichenoriginale sind mehr 275 Van Loon-van dl Moosdijk 2000, S. 118. oder weniger fragmentierr. Es handelt sich immer um die Darstellung des nach links Abb> 7- reitenden Heiligen auf einem Pferd, das von einer diinnen Standleiste getragen wird. Der Heilige halt in der linken Hand ein fast waagerecht nach rechts weisendes Schwert, mit dem er im Begriffist, seinen von der rechten Hand gehaltenen Mantel zu zerteilen. Hinter dem Pferd steht auf Kriicken gestiitzt die Gestalt des nackten Beiilers. Das Fehlen von Oscn und einer riickseitigen Befestigungsnadel bei diesen Gitter- giissen wirft die Frage auf, ob es sich iiberhaupt um Zeichen und nicht vielmehr um Miniaturheiligenbilder handeltc, die von Anfang an zur Aufstellung mitrels eines an-
121 Heilige geloreren Fiifichcns bestimmt waren. Ebenso bleibt unklar, ob die Stiicke von einem bestimmten Kultort stammen - etwa von der Marrinskirche in Tours - oder ob es sich um Devotionalien ohne einc lokale Bindung bandclr. Das Stiick aus dcr Pragcr Sanimlung ist unterden bisber bekannten Zeichen dieses Typus das bandwerklieb hoebwerrigste. Lis isr reilweise fragmenriert: Der Kopf des Heiligen fehlt, ebenso ein Vorderbein des Pferdes und Teile der beiden Hinterbcine. Von dcr Bettlergestalt bat sich nur ein FuR auL der Standleiste erhalten. Zur Stabili- sicrung ist auf der Riickseite cine Metallklammer mir Kunstbarz fixiert worden. Das originale StandfiiRchcn wurde wiedcr angcklcbt. HK Mathurinus von Larchant (199-204) Nach der aus dem Mittelalter stammenden Lcgcnde wurde Mathurinus am Fnde des 3. Jahrhunderts in Larchant (Deparicmein Seine-et-Mame), etwa 70 km siid- lich von Paris, geboren. Seine Eltern waren vermogende Heiden. Dennoch wurde er bereits als Jugendlicber von einem Bischof Polycarp gerauft und sparer zum Priesrer geweiht. Er wirke zahlreicbe Wunder, vor allem Exorzismen. Deshalb wurde er von Kaiser Maximinian nach Rom gerufen, um dcssen Stieftochter Tlieodora von einem bosen Geist zu befreien, was Mathurinus auch gelang. Er blieb in Rom und soil dort verstorben und begraben sein; erst sparer wurden seine Gcbeinc nach Larchant iiber- tragen.I7f’ Die Basilika von I.archant gebortc zu den bedeutendsten Wallfahrtszentren 276 AASS, Nov. I (1887). S. 245 259. der Ile-de-ITance im Spatmittelalter; es sind testamentarisebe Wallfabrtslegate wie auch Strafwallfahrten dorthin bezeugt. 199 Pilgcrzeichen, Plakettc, dreischaliger Guss mil Resten einer Oseaufder Riickseite 200 Pilgcrzeichen, Brakreat, init Lo- chung lnventar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.066 Material: Blei-Zinn Mafic: Durchmcsser 28 mm Datierung: 15. Jahrhundcrt Verglciclisstikkc: К at. BRiican: 1006, S. 149. Nr. 9.22 und 9.23 (Gussinodcl) Invcniar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.076 Material: Messing Mafic: Durchmcsser 26 mm Datierung: 2. Halite des |5./I'riihcs 16. Jalir- hunderr Verglcichsstiickc: van Asim rkn 2009, S. 557. Nr. 30 201 Pilgcrzeichen. Girtcrguss. Fragment Invciiiar-N'r.: National museum N2-68.180 Material: Blei-Zinn Mafic: Holie (nocli) 54 nun. Brciic (nocli) 21 mm Datierung: 2. Hiilltc des 15-Jahrluiiulert Verglcichsstiickc: Bruna 1996. S. 176, Nr. 260 (iinsicher. da ebenlalls Fragment)
122 Pilgerzeichen Die Pilgerzeichen aus Larchant stellcn cin breites Spektrum von Varianten dar, fur dcren Gestaltung drei einzelnc Bildmotive - teilweise in Koinbination - konsrirutiv sind.’’ Das erste Motiv ist der Exorzismus der 'Iheodora: Diese Szene wir durcb den frontal stehenden Mathurinus bestimmt, der mit Albe und Kasel beklcidet in der lin- ken Hand das Evangelienbuch halt und seine rechte Hand erhebt. Zu seiner rechten Seitc knienheodora, meisr mit Krone, uber ihr siebt man den ausgetriebenen Damon als kleine teuflische Gestalt. Auf der anderen Seite kniei biiufig cine zweite Figur, die sich durch die Krone als Kaiser Maximinian zu erkennen gibt. Gelegenrlich sieln Mathurinus in dieser Szene auf einem Damonenhaupt, auch wird gelegenrlich cine Doppelfessel als Attribut des Hciligen hinzugefiigt. Das zweite Motiv ist die Transla¬ tion des Heiligen, der von zwei Klerikern in einem oftenen Schrcin in die scbematisch angedeutete Basilika von I.archant getragen wird. Dieses Motiv erscheint auf den Pil¬ gerzeichen immer in Kombination mit den anderen Motiven. Das dritte Motiv ist eine Darstellung des Kopfreliquiars des Heiligen. Es handelr sich urn ein Biisrenreliquiar, das den nimbierten Heiligen mit Tonsur und zur Seite fallenden halblangen lockigen Haaren darstellt. An Schultem und Brust wird ein Kaselkreuz angedeutet. Bei den zwei Pilgerzeichen Nr. 202f. triu zu Darstellung der Reliquienbiistc ein Armreliquiar hinzu, dessen Existenz fiir das 15. Jabrhundert in I.archanr ebenfalls belegt ist. Die hier vorgestelltcn seeks Pilgerzeichen lassen sich vier unterschiedlichen Typen zuordnen. Nr. 199f. stellen nur die Szene des Exorzismus der Theodora dar, wobei an die Stelle der sonst ublichcn Figur des knienden Maximinian eine kleine stilisierte Blumc tritt. Wahrend Nr. 199 eine gegossene Plakette von besebeidener kunstlerischer Gestaltung darstellt, ist Nr. 200 ein etwas jiingerer, aus Messingblech2'" geschlagener Brakreat, dessen Ausfuhrung, u.a. mit einem Pcrlcnrcif im doppclrcn Tauband als Rahmenornament liohcrc Anspruche an die Gestaltung erkennen liisst. 202 Pilgerzeichen, Gitterguss im separat gefertigten Rahmen, 2(?) erhaltene riick- seitige Haltezungen Invcntar-Nr.: UPM 5713 Material: Blei-Zinn Mafic: Diirclimesser 62 mm Daricrung: 15. Jalirhundcn (2. Halite:) Inschrilt: in Miiiuskclii »+ miserere| mei |dcus| secundum | magiiam | misericordiam | tuaiii« Verglcich.sstiicke: Nr. 203 l.itcrattir: KotNicsMakkov'A 1977. S. 79f., Nr. 48. - Kat. Prac 1986. S. 23. Nr. 159 203 Pilgerzeichen, Gitterguss im separat gefertigten Rahmen, ahnlich Nr. 202 aber ohne 1 nschrift, riickseitige Haltezungen (?) Inveniar-Nr.: UPM 98.973 Material: Blei-Zinn Malle: Dtirchmesscr mit Railnien 65 mm, Durdimesser ohne Rahmen 38 mm, Rahmen- dicke 8 Datierung: 2. Halfte des 15. Jahrlnuidcrts Vergleichsstiickc: Nr. 202 277 Vgl. Biiuna 1996. S. 173-177. - I.amy- Lassai.i.k 1988. - Tiioison 1889. 278 Nach einein Ciitacluen des liistiiuis fiir ehe- niisclic Tech nnlogie Prag (Vysoka Skola Clie- micko-I'eclinologickd v Pra/e) vom MiirzZO 12 hcstclu das Blech zu 80,2% ails Kuptcr und zu 19,1 % aus Zink. Hinzu knnimcn gcringc Antcilc Nickel (0,45%) 11 ml F.isen (0,25%). 204a Mathurinus-Pilgerzcichen gefun- den in Troyes, nach Coffinet 1859 204 Pilgerzeichen, Gitterguss, Rahmen, Bildfeld fchlt, Laubornamente und eine Ose unten links fchlen, riickseitige Hal¬ tezungen (?) Invcntar-Nr.: IJPM 5722 Material: Blei-Z.inn Ma8e: Hiihc (maximal) 65 mm. Breirc (maxi¬ mal) 58 mm Daiicrung: 15. Jalirhunderi Verglciclissiiickc: Coi i-inkt 1859. S. 1691.- Bkun-a .996. S. 175. Nr. 258. S. 176, Nr. 259
Heilige 123 Die Nr. 201 ist das Fragmenr eincs Gittergusses, der ebenfalls den Exorzismus der Theodora darstellte. Erhaltcn blieben nnr die Figur des Maihurinus und der Damon auf seiner rechrcn Scire. Es ist unwahrscheinlich, dass es sich bei diesem Fragment um ein Bruchstiick von dem Typus der wappenschildforinigen Spiegelzeichen handelt, die ebenfalls den Exorzismus und die Translation des Heiligcn darstellcn27‘\ da die Gesamthohe dieser Zeichen etwa 73 mm betragt, wovon die Figur des Mathurinus etwa die Hiilfte einnimmt. Dafiir ist die Nr. 201 mit einer Holie von 54 mm also zu grofi. Es handelt sich daher um das bisher einzige bekannte Exemplar dieses Pilger- zeichentypus. Die Nr. 202f. stellen das Biisten- und das Armreliquiar des Heiligen in Form einer Engclweisung dar. Als Attribut des Heiligen erscheint oberhalb des Nimbus eine kleine Doppelfessel, die cine Fehldeutung auf den 111. Leonhard nahelegen konnte. Der durchbrochene Gittcrguss befindet sich in einem Rahmen, dessen riickwartige Haltezungen die Befestigung einer Abdeckung, moglicherweisc eincs Spicgclchcns, ermoglichten. Fiireines der wappenschildforinigen Pilgerzeichen ist die Hinterlegung mit einem Spiegel bclegr.28'1 Die Ikonografie der Nr. 202f., die cinen Zusammenhang mit einer Reliquienweisung nahelegt, konnte fur eine solche Hinterlegung mit einem Spiegelchen sprcchen. Die Zuweisung der Nr. 204 nach Larchant ist nicht vollig gesichcrt. Allcrdings entspricht die Gestaltung des Biistenreliquiars den auch bei den anderen Pilgerzeichen zu beobachtendcn Konventionen. Vor allem hat die Nr. 204 grofie Ahnlichkeit mit einem in Troyes gefundenen Zcichen, das in einem ahnlich gestaltetcn Rahmen den Exorzismus der Theodora darstellt, wahrend in der Bekronung des Rahmcns die Translationsszene und darunter das Kopfreliquiar gczcigt werden.281 (Vgl. Abb. 204a) Vermutlich enthielt auch dieser Rahmen einen runden Gitterguss mit dem Exorzis¬ mus der Theodora. Die Bekronung orientierte sich aber abweichend von dem Stuck aus Troyes an der Engelweisung wie die Nr. 202f. HK Maurus von Glanfeuil (Abtei Saint-Maur-des-Fosses) (205) Der heilige Maurus war ein Schuler Benedikrs von Nursia. Nach einer spateren Legendc soli er die Regel seines Lehrcrs nach Gallien gebracht haben und bier im Kloster Glanfeuil (heute Gemeinde Le Thoureil, Dep. Maine-et-Loire) begraben worden sein. Seine Gebeine kamen von dort in die klosterliche Tochtergriindung Saint-Maur-dcs-Fosses.282 Die Wallfahrtzu dem als Krankcnpatron verehrten Heiligen setzte im 13. Jahrluin- dert ein und riss bis zum Ende des Mittelalters nicht ab, ohne fiber Zentralfrankreich hinaus weitere Verbreitung zu finden. Die frfihen Pilgerzeichen sind Flachgiisse mit der Darstellung dcs heiligen Abtes mit Stab und neben ihm knienden Adoranren, iiber denen kleine Krfickcn als Vorivgaben erscheinen.28’ Die jungeren Gittergusse stellen den Heiligen in ahnlicher Wcisc in einem Architekturrahmcn mit Adoranten und den daruber aufgehangten Krucken dar.28' Noch jfingersind die runden Gittergusse, die haufig in separat gegossene, breite Rahmen eingeffigt und so als Anhiinger getragen wurden. Auch diese Zcichen stellen den frontal srehenden Monch mit Stab und Buch dar, neben dem mcist ein Adorant kniet. Die bei den altercn Zcichen aufgehangten Krucken stehen hier neben dem Heiligen auf dem Boden. Diese Form kann allerdings variieren, indent der Adorant wcggelassen wird2t,,i oder ein Eichengewiichs eine Seite des Bildfeldes einnimmt.28(’ Die Nr. 205 entspricht der Grundform mit Adorant und ohne Gewachs. Die in der Forschung bisher u.E. irrtiimlich Saint-Maur-des-Fosses zugeordneten runden Gittergusse im breiren Anhangerrahmen mit der Darstellung des mit einer Kutte bekleideten Heiligen mit Sparcn finden sich im Katalog unter Fiacrius von Brie (Nr. 17 If.). HK 274 Нкимл 1996, .S. 173, Nr 254, cbd. cm Stuck •iiisAiij-cisNi 254, li^. 1 ului ||К 2 2ЯО Vgl. Komi к 1771л, S. 40-42. 2Я1 CnniMH i8s‘l, S. 16У1'. und S. 1КЙ- m. 282 M.-A. Dell Omo, Art. Май,ns, m: LDM 6, Sp. 417. - Sabine Kimpel, Art. Maurm ran (i/miffuil, in: 1 Cl 7, Sp 014-616. 28.3 Vgl. den Uhcrhlick uber die Hachgussc bei Haasis-Bi rki.r 200;. S. 83-85. 284 Vgl. U.a Bri na 1996, S. ГН. Nr. 263 285 U.a. bei dem Stuck Bri'Na 1976. S. 182, Nr. 273. 286 F.lnl.. S. 181Г. Nr 271.
i 24 Pilgerzeichen 205 Krcisrundcr Anhangcr mir brcitcm, scparat gcgosscncm Rah men Invcntar-Nr.: Naiinnalniiisc-uin Prag H2-68.132 Mafic: Durchmcsscr 40 nun Inschrift: in Mnjuskcln: •>+ : ?. : M О R : I) l\ S [• О S I- S : S M OR:!) К 1 O- Marcrial: Blei-Zinn 1 Daliciung: 2. I lalltc IS. Jalirhunderi Verglcichsstiickc: Kat Bi-.ri.in 1008, S. 294, Nr. 04 («line Rahtnen), Iorgiais 1858, S. 14f. - I'Okk.i ais i80 j, S. I l?f. 208 Pilgerzeichen, Citterguss im brei- ten, perlschnur- und bliitenblattvemer- rem Rundrahmcn, Ruckseite: Nadel und Nadel l ast lnventar-Nr.: UPM 5723 Mafic: Durchmcsscr 27 nun Material: Blei-Zinn Dalierung: 15. Jahrhundcrt Verglcichsstiickc: kcinc Liicratur: Koenigsmarkova 1977, S. 49, Nr. 4 207 Pilgerzeichen, Citterguss, rahmcnlos, Ruckscite: Nadelrast Invcntar-Nr.: UPM 5693 Mafic: Holic 35 mm, Breite 30 mm Material: Blei-Zinn Dane-rung: 15. Jalirlmndert Vcrglcichsstiitkc: Model Kat. Cakn/Tou louse/ Evreux 2002, S. 297. Nr. 259 (ahnlich) Liicratur: Koenigsmarkova 1977. S. 52, Nr. 9 210 Devotionalie, Anhangcr mit Ose, Flachguss, hochrcchteckig im zwcischali- gen mit gedrehtcr Schnur und Kugel ver- ziertem, hochrechteckigcn, rundgiebeligen Rahmcn, Ruckseite: stehendcMaria (Notre Dame du Tombelainc?) Invcntar-Nr.: UPM 5741 Mafic: Hohc 30 mm, Brcitc 23 min Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundcrt Verglcichsstiickc: kcinc l.itcratur: Koenigsmarkova 1977. S. ^8, Nr. 3 206 Pilgerzeichen, Citterguss, hochrecht- cckig, mit inschriftfuhrcndem, perlschnur- hegrenztem Rahmen, Ruckseite: sieben erhaltene Zungen, Reste einer Nadelrast Invcntar-Nr.: UPM 5691 Inschrift: »...tlu nmni • dc la • saint • micliel- aufder Standlcistc: »ad« -11104« (?), auf dem rcditcn Fliigel: »ihs« Mafic: Hohc 70 mm. Brcitc 54 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jalirhunderi Vcrgleichssiiicke: keine l.itcratur: Koenigsmarkova 1977, S. 47, Nr. 1. - Kat. Prag 1986, S. 20, Nr. 136 209 Devotionalie, Anhiinger mit Ose, Citterguss, hochrcchteckig mit Rundgie- bel, mit perlschnurverziertem Rahmen im zweischaligen mit gedrehter Schnur verziertem, hochrcchteckigen, rundgie¬ beligen Rahmen Invcntar-Nr.: UPM 5740 Mafic: Hohc 29 mni, Hreite 21 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundcrt Vergleichssiiickc: Nr. 215 l.itcratur: Koenigsmarkova 1977, S. 48, Nr. 2
Heiligt 125 Mont-Saint-M ichcl (206-226) Die im 6. Jahrhundert zunachsr als monastischc Nicdcrlassung dcs friihcn Eremiten- tums errichtete Abtei Ее Monc-Sainr-Michcl (Dcp. Manchc) liegr aufdcr Inscl Mont Tombe diclu vor der nordfranzosischcn Arlantikkiistc im Wat ten nicer. Dcr Erzcngel Michael soli hier im Jalir 709 deni Bischof Aurbert in einer Vision erschienen sein, woraufhin der Bischof deni Erzengel cine Kirche weihte und Rcliquicn ausdeni italic- nisclien Gargano, bis daliin die I lauptvcrchrungsstattc des I'rzcngcls, beschaffcn liefi. Der Kult war hier so erfolgreich. dass der Mont-Sainr-Michcl ab dem 10. Jahrhuiidcrt zur wichtigsten Wallfahrrssrarte der Normandie avancierte und Wallfahrer aus deni gesamten christlichen Abcndland anzog. Selbst als im 14. und 15. Jahrhundert dcr Hundertjahrigen Kricg und einegravierende Pestepidcmic die Abtci in Mitleidenscbaft zogen, riss dcr Strom der Pilgcr niclitab. So brachen beispielsweise in den Jahren 1456 bis 1459 viele Jugendliche aus der Schweiz und Wcstdcutschland zu cincm »Kinder- krcuzzug« zum Mont-Saint-Michel auf.Jfi~ Die Attraktion des Wallfahrtsortesscblagt sicli aucb in derZabl von 21 in der Prager Sammlung uberlicferten Pilgerzeichcn und Devotionalien nieder. Die Stiicke zeigen cin weites Formenspckrrum, in dem sicb auch die uiiterschiedlichen Kultobjekte, die auf dem Berg verehrt wurden, widerspiegeln. 11 Zcichen zeigen den hi. Michael, in Rustling (aufier bei Nr. 214, bier ist der Erz¬ engel lediglich mit einer Art kurzer Toga bekleidet) mit loekigem Haar, ausgebreite- ten Fliigcln, zum Teil mit erhobenem Schwert (Nr. 207, 211 und 216), zum Teil mit Krcuzeslanze (Nr. 206, 208-210, 212-215). Er srclu als Bezwinger mil gespreizien Beincn iiber dem sich unter seinen Fiifien windenden Satan. Der Eormenreichtum 211 Pilgerzeichen, Flachguss, rund, ge- rahmt von einem Bogenfrics, Riickscirc: 210a Riickseite von Nr. 210 ^sc Inveniar-Nr.: UPM 5750 lnschrih: »SANCTK MICHAEL ORA PRO NOBIS. Mafic: Durchmcsscr 36 mm Material: Blci-Zinn Daiieriing: spates 15. / Iriilies 16. Jahrhundert Vcrgleichsstiicke: Kat.Bkki.in 1008, S. 339. Nr. 183. - Kostcrkartei Moni-Saini-Michcl Ty- pus В 1 l.iieratur: Koknkjsmakkoya 1977, S. 51, Nr. 8. - Kai. Pkac; 1986, S. 20. Nr. 135 287 Klaus Arnold, Ait. Kniderkreiuzug, in: I.DM 5.Sp. 1151. - Vemniqiie lir/i.-xn. Ari. Mom-Saim Michd, in: l.OM 6. Sp. 8191. 212 Devotionalie Anhiinger mir Ose, Flachguss, sechscckig im sechseckigetn Rahmen mit Rliirenverzierung an den Ecken Inventar-Nr.: UPM 98.97-1 Mafic: Diirchmesser 28 mm Material: Blci-Zinn Daiienmg: 15- Jalirluinderc VcrglciclisM iicke: keine l.iternnir: Kokkicsmakkoya 1977. S. 49. Nr. 5
126 Hilgerzeicbct, ist auffallig: Neben sehr qualiratvollen und ki'mstlerisch ansprechenden Gittergiissen und Flachgiissen (Nr. 206, 207, 211) gibt cs einfache bis einfachste AusKihrungcn mir und ohne Ralimung. F'sgibr rah men lose Exemplare (Nr. 207, 214, 216), mehrschalige rundc, halbrundgiebelformige, viercckige Anhanger, (Nr. 208-210, 215) sechseckige und vicrcckigc Plakcrtcn (Nr. 2I2f.). Auch in ihrer Tragcweisc isr fast jede Moglich- keit verrreren: Anhanger mit cincr Osc oben (Nr. 208-210, 215), Broschcn mir cincr riickseitigen Anstccknadd (Nr. 213), Pilgerzeichen mir Osen an den Seiten (Nr. 2061.) und Plakcrrcn, die aufder Riickscitc cine Osc, ahnlich einem gesrielrcn Knopf haben (Nr. 214, 216). Das detailreichstc Exemplar ist Nr. 206, auf deni alle Symbole erscheinen, die mit dem F’rzengel Michael und dem Monr Saint Michel verbunden sind. Sic erscheinen in dicscr Komplcxiriit bci den iibrigen Zeichen dieser Gruppe (Nr. 204-216) nicln wieder. Das durch seine Inschrift eindcutig zuzuordnende Stuck zeigt den Erzengcl in komplettcr Riistung mit Harnisch und gespreizten Fliigeln. Aul der Brust ist cine Muschel angebracht. Seine Fliigel zieren die Scclcnwaage und das Christusmonogramm 1HS. Die DarstellungderSeelenvvaageals Attributdes Erzengcls weist aufdie zeitliche Hntstehung des Zeichens im 15. odcr friihen 16. Jahrhundert hin.2s>i Seine Linke stofit die Lanze in den Rachen des unter seinen Fiifien liegenden Satans, die Rechte halt ein Wappenschild mit franzosischer Heraldik — Heure de lys und Krone. Fine grofiere stilistische Zusainmengehorigkeit zeigt sich bei den Exemplaren Nr. 2171. Die Grundlorm der Zcichen vvird durch cine Muschel besrimmt, auf welcher der Hrzengel als Bezwinger Satans in der eben schon beschriebcnen Darstellungswei.se mit Kreuzstab erscheint. Auch bei den Exemplaren Nr. 219f. bestimmt eine Muschel die Gestalt des Zeichens. Aufdcn ersten Blick scheinen diese Stiicke den eben vorgestellten zu ahneln. Allerdings 213 Pilgerzeichen, Brosche, Flachguss, hochrechteckig mit Wiirlelaugenverzic- rung und Nadcl mit Nadelrast auf der Riickseirc Invcniar-Nr.: Narionalnuiscum I’rag I l2-f)H.072 Mafic: Uohc 1,7 mm, Breite 15 mm Material: Blci-Zimi DatiLTUilg: spates 15- /Iriilics l(>. Jalirlnuulcrt Vcrglcicli-sstuckc: kcinc 214 Pi Igerzeichen, G itterguss, ra h menlos mit einer Ose auf der Riickseite Invcntar-Nr.: Narionalmii.seum Prag H2-68.083 Mafic: Hcilie 34 mm, Breite 23 mm Material: Blei-Zinn Daiicrung: spates 15-/FrCihe.s 16. Jaliiliinitlci t Vcrgleielisstiieke: keine 288 Art. Michael, Erzengcl, in: LCI 3, Sp. 262. 215 Dcvotionalie, Bildcinlage eincs An- hangers, Gitterguss mit hoch rechtcckigem, rundgicbeligcm und perlschnurverziertem Rah men, Inveiuar-Nr.: Natinnaliniiscum Prag N2-68.103 Mafic: Hcilie 20 mm, Breite 16 mm Material: Blei-Zinn Daiicrung: spates 15-/friilics 16. Jahrhundert Vcrgleichsst tieke: Nr. 209
127 Heilige wird hier trotz der Fliigel, welche die Halbfigur auf der Muschel flankieren, nicht der Erzengel dargesrellt. Dies zeigt zum einen die Lilienkrone auf dem nimbierten Haupt der Gestalt, die untypisch fur den hi. Michael ist. Zum anderen zeigt sich bei Nr. 220 deutlich cin femininer Busen. Auch ist die Gestalt in ein langes, weites Gewand gehiillt. Augenschcinlich handelt es sich hier um cine hybridc Verkniipfungzwischen dem Kn- gel und ciner weiblichcn Heiligen. Das erscheint zuniichst abwegig, denn die tibrige Symbolik bewegt sich klar im Formenkreis des Mont Saint Michel: die Muschel, die Wappcn mit dem Christusmonogramm (Nr. 219) bzw. den fleur de lys (Nr. 220). Eine Heilige muret hier seltsam kontextlos an. Mit Hilfe der nachsten Gruppe von Zeichen (Nr. 221-224) kann dieses Ratsel gelost werden, denn sie ervveitern die Darstellung um zwei zusatzliche Protagonisren. So werden bei Nr. 222 in einem Rundrahmen der Erzengel (links) gemeinsam mit einer Madonna (Mitte) und einem Bischof dargesrellt. Die schon geschilderte komplexe Kultsituation auf dem Michaelsberg findet in dieser Darstellung ihren Niederschlag. Die nitnhierte und mil einer Lilienkrone bekrome Madonna, wohl als Hinweis auf das Kultbild der »Notre Dame surTerre« zu verstehen, legt nahe, dasssich die Darstellungsverdichtung von Nr. 219f. at iseiner Vcrschmclzung dcr Erzengelikonografie mit der Gottesmutter ergibt. Kin weiterer Hinweis auf diesc Verbindung verbirgt sich auf dcr Riickscire von Nr. 210, wo - auf stramingemuster- ten Hintergrund - eine bekronte Standmadonna mit dem Lilienzepter abgebildet ist. Bei dcr zweiten Beifigur, dem Bischof, handelt cs sich um Autbcrt, den Initiator dcs Sanktuariums auf dem Mont Saint Michel. Vor diesem Hintergrund konnen auch die Nr. 221 und Nr. 223 hier eingeordnet werden, auch wenn sie nur die Madonna und den Bischof zeigen, in ihrer Darstellung aber deutliche Parallelen zu Nr. 222 aufwci- scn. Bei Nr. 223 konnte die linke, wcggebrochene Seite des Fragmentes ursprunglich noch den Erzengel abgebildet haben. Das wappenformige Zeichen Nr. 224 zeigt eine 216 Pilgerzeichcn, Gitterguss, zweiteilig, rahmenlos mit einer Ose aufderRuckseite luvcntar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.222 Mafic: Hfihe 38 mm, Brcite 22 mm Material: Messing Daticrung: spates l5-/fruhcs 16. Jahrliundert Verglcichsstiickc: HP 11. S. 281, Nr. 1203- - Kosterkanci Moni-Saint-Micliel Typus С 1 (I.a- my-Lassai.i.i: 1971, Talcl XXV. Nr. 7. К at. Worms 2001, S. 1281., Nr. 92 und 93) Typus D (= C',ouT 1910, Bd. I. S. 341-3^5 mit l:ig. 205) 217 Pilgerzeichen, muschelformiger Anhanger lnvcntar-Nr.: UPM 98.961 Mafic: l lohe 30 mm. Brcite 27 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15- Jalirlumdcrt Vcrglcichsstiicke: keine Litcratur: Koknicsmaukova 1977, S. 51. Nr. 7 218 Pilgerzeichcn, Rrosche, Gitterguss rahmenlos, Rikkseite: Ose Inveiuar-Nr.: UPM 5674 Mafic: I lohe 25 mm, Brcite 25 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jalirlumdcri Verglcichsst iickc: Kiistcrka rtci Mont-Sai m-M i- chcl Typus PI (= Taiiiiy 1958. S. 487. - Спк- roykr t88o, S. 253. Fig. 79. - Lamy-1.assai.i i-. 1971. Tnfel XXVIII. Nr. 7. - К at. Worms 2001. S. 126, Nr. 88) Litcratur: Ко r.NtesM л к kova 1977, S. 50, Nr. 6. - К at. Prac. 1986. S. 20. Nr. 137
128 PUgerzeichen 220 Pilgerzeichcn, Brosclie, Gitrerguss, rahmenlos mit Wurfelaugcnumrandung im untcrcn Bereich, Riickseite: Nadcl mit Nadelrast Invemar-Nr.: UPM 5673 Mafie: Hiihe44 mm, Brciic 27 min Material: Blei-Zinn Da riming: 14./ 15. Jahrhiindcrr Vcrgleichsstuckc: Kosicrkartci Mont-Saint-Mi- chel Tvpus E I (Corroyeii 1880, S. 253.1;ig. 80. - Forgeais 1863, S. 82. - Sainniliing Bossard: Hei.iunc 1911, Tafcl XXXVI, dorr 1. Rcihc, 2. Stiick von rcchts). sichc aucli Model Kat. Caen/ Toci.ousfVEvreux 2002, S. 240, Nr. 258 Lilcralur: Koenigsmarkova 1977. S. 53. Nr. 10 219 Pilgerzeichen, Brosche, Gitrerguss rahmenlos mit Wiirfelaugenumrandung im untcrcn Bcrcich, Riickseite: Reste von Nadcl uiid Nadelrast Invcncar-N’r.: UPM 5672 Mafic: Hohc 30 mm, Brcitc 21 mm Material: Blei-Zinn Daiierung: 15. Juhrhundcrt Vcrgleiclissiiicke: Kosierkarici Moni-Saini-Mi- cliel Typus E I (Gorkoykr 1880, S. 253, Fig. 80. - Forgeais 1863, S. 82) I.iterator: Koenigsmarkova 1977, S. 53, Nr. II 222 Pilgerzeichcn, Gitrerguss, in zwei- schaligem, krabbenverziertem Rahmen, Riickseite: vier Zungen lnvcntar-Nr.: UPM 5717 Mafic: Durelimesscr 50 mm Material: Blei-Zinn Darierung: 15. Jahrhundert Vcrgleichsstiickc: keine Literatur: Koenigsmarkova 1977, S. 54, Nr. 12. - К at. Frag 1986, S. 20, Nr. 138 221 Pilgerzeichcn, Gitrerguss, rund, in zweischaligem, krabbenverziertem Rah¬ men, Riickseite, drei Zungen Invcmar-Nr.: UPM 5716 Mafic: Durchmesscr 42 nun Material: Blei-Zinn Daiierung: 15. Jahrhuiidert Vcrgleichsstiickc: ahnlich Kat. Worms 2001, S. 126, Nr. 89 Literatur: Koenigsmarkova 1977, S. 55, Nr. 14. - Kat. Prag 1986, S. 20, Nr. 139 223 Pilgerzeichcn, Gitrerguss, rahmen¬ los (Bildplatrchen zum Einlcgcn in einen Rahmen) Inveiuar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.I66 Mafic: Hcihe 36 mm. Brciic 20 mm Material: Blei-Zinn Daiierung: 15. Jahrhuiidert Vcrglcichxsiucke: keine
tieilige stehende Maricnfigur, die von cincm Bischof und der hi. Katharina flankierc wird. Es handelrsich um die Varianrc cincs sehr ahnlichcn, eben falls wappen form i gen Zeichcns, das in zvvei Exemplarcn bekannr isrH‘' und Maria gemcinsam mir dem hi. Michael und dem Bischof Aucbcrc zeigt. Wegcn diescr Vcrwandtschaft wild die Nr. 224 hier vorsichtig ebcnfalls dem Mont Saint Michel zugcordnet, ohne dass fiir die Darstellung der hi. Katharina eine Erklarung vorliegt. Die Miniaturschwerter Nr. 225f. reihen sich nicht auf den ersten Blick in die Sym- bolikdcrZeichcn vom Mont Saint Michel ein. Eine Gussform, die bei der Ausgrabung eines Pilgcrzeichenateliers am Mont Saint Michel entdeekt wurde, zeigt aber, dass sol- che Miniaturschwerter hier gegossen wurden.*‘X) Die Sammlung des Musee de Cluny besitzt acht ahnliche Miniaturschwerter: Alle besitzen wie die Nr. 225 einen Knauf von unterschiedlicher Form, ein gewickcltes Heft, eine gerade oder leicht gebogene Parierstange und eine Klinge mit spitz zulaufendem Orr.241 Drei von ihnen tragen zu- satzlich noch einen Rundschild.242 Auf dem Mont Sainr Michel wurden den Pilgern das Schwert und der Schild des hi. Michael als Reliquien gewiesen. Dies erkliirt die eigentumliche Symbolik dieser Miniaturschwerter als Darsrelliingcn dcr Waffcn dcs Erzengels.2'’1 CB Nikolaus von Myra/ Saint-Nicolas-de-Port (227-231) Der legcndiiren Bischof Nikolaus von Myra (heutc Kale, Tiirkci), dessen Grabstatte seit dem 6. Jahrhundert von Gliiubigen und Pilgern verehrre wurde, soli schon zu Leb- zeiten etliche Wunder gewirkt haben: Schiffe habe er aus Seenot gerettet, angeblich drei geschlachtete Jiinglinge zum Eeben erweekt. Die vvohl bekannteste Episode seiner 224 Pilgerzcichen, wappenschildariger, dreischaliger Gittcrguss mit Nadelrast und sechs Haltezungen auf der Riickscitc, Nadel abgebrochen, im Bildfeld Maria, hi. Katharina und hi. Bischof (Aurbert?) Invciitar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.191 Mafic: Holic 51 mm, Brciic 40 mm Material: Blci-Zinn Insclirift: im Rahmen: »•* AVh : MARIA : GRATIA : PLENA : DOM1NVS : TF.CV:« Dalicrung: 15. Jahrhunderi Vcrglcichsstiickc: Kat. Worms 2001. 5. 79f., Nr. 9. - Lamy-Lasalle 1968, Nr. 17 225 Devotionalic, gegossenes Miniatur- schwert Inveiuar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.090 Mafic: Lange 70 min Material: Hlei-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundert V'ergleichsstiicke: Bkuna 1996, S. 336-338. Nr. 648-652 289 Kat. Worms 2001. S. 791'.. Nr. 9. - I.amv- I.a.sai.i.k 196S, Nr. 17. 290 Kat. Cai,n/Tiiiii.iii:.sk/];.vkei'x 2002. S. 240-244, Nr. 259-263- 291 Bruna 1996.S. 336-334. Nr. 648-654 und Nr. 657. 292 Lbd.. Nr. 6531'. mul 657. Пк- Kc.mhination Rundschild/ .Schwcricr konnte allerdiugs aueli aus dem englischen C'aiitiThury siam- men. Aus dcr'lhcmse wurden sechs soldier Ohjekte gchorgen. ebenso zwei Schwertei ohneSelliId. Spencer weisi allcdicse Sdiilder nach ('antcrlniry, m. F.. gehoren aber maxi¬ mal die mit Rundschild liicrlici. Spkncek 1998. S. 95-98. 293 V'gl. Ki'iiNE 2012. 226 Pilgerzcichen (?); Miniaiurschwcri mit Scheide undaufgcsetzicni Rundschild. der GrifFisr abgebrochen, die Klingestcckt noch in der Scheide Invcmar-Nr.: IJPM 98.963 Mafic: Lange (noch) 63 mm, Brcitc (max.) 14 mm Material: Blci-Ziim Daticrung: 15. Jahrhundert Vergleidisstiicke: Bki.na 1996, S. 339, Nr. 655
130 Pilgerzeichen Legende erziihlr, wic cr die drei Tochter eines mittelosen Mannes vor der Prostitution bewahrt, indem cr ihnen drei goldene Kugeln schenkte.244 Darstellungcn dcs hi. Niko¬ laus finden sich auf fiinf Objekten in den Prager Sammlungen. Nr. 227f. zeigen den Heiligen nimbiert, im bischoflichen Gcvvand thronend, den Bischofsstab mit der Lin ken schrag vor den Korper haltend, die Rcclue zum Segen erhoben und flankiert von einem zu seiner Rechten knienden Adoranten. Beidc Stii- cke sind - ungeachtet der Tatsache, dass Nr. 228 augcnscheinlich sekundiir auf cincn kleinen Stiinder gelotet wurde - Pilgerzeichen, was durch die riickseitig zu erkennen- den Nadeln mit Nadelrast dcutlich wird. Diegrofie Ubereinstimmung im Faltcnwurf und in der Gcsamtkomposition weist beide demselben, allerdings noch unbekannten Ursprungsort zu, der aufgrund der typischen Befestigungsart am chcsrcn im franzo- sischcn Raum zu vermuten ist. Der Kopf von Nr. 227 wurde nachtrjiglich aufgelotet und ist daher vermutlich nicht authentisch, wie auch die fehlcnde Kompatibilirar der Gussnahte auf der Ruckseite zeigt. Nr.230,eineflache, vollplastischekleine Figur, zeigt den Heiligen ebenfalls mit einem Adoranten; allerdings halt der hier thronende Bischofden Stab in seiner Linken gerade neben dem Korper empor und der Nimbus fehlt. Das Pilgerzeichen Nr. 229 und die kleinc, Hache Vollfigur Nr. 231 zeigen den Bischof in einer ganz ahnlichcn Ausfuhrung, 227 Pilgerzeichen, dreischaligcr Girtcr- guss, stehender hciligcr Nikolaus mit Ad- orant, Ruckseite mit Nadel und Nadelrast, Kopf angelotet, moglicherweise sekundar erganzr Itivciuar-Nr.: UPM 5694 Make: Holic 43 mm, Breite 20 mm Material: Blei-Zinn Datierung: 15. Jalirlnindert V'ergleichsstiickc: selir altnlich Sammlnng Boss- ard: Hr.i.Blse 1911, Tafel XXXY'I, dort 5. Rcihc, 2. Sliick von reclus l.iteratur: Koenigsmakkova 1977, S. 94, Nr. 65 228 Pilgerzeichen, drcischaliger Gitter- guss, stehender heiliger Nikolaus mit Ad- orant, Ruckseite mit Nadel (verloren) und Nadelrast, Standftifichen sparer angelotet lnvcntar-Nr.: UPM 98.979 Make: Holie 50 mm, Brcire 31 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jalirhundcrt Yerglciclisstiickc: schr ahnlich Sa mm lung Boss- ard: Helbinc 1911, Tafel XXXVI, dort 5. Rcihc, 2. Stiick von rechrs 294 An ncniarieBKecKN’i-.it, Art. Nikotausv. Myra, in: ШМ 6, Sp. 1173-1176. 229 Pilgerzeichen, Flachguss, stehender heiliger Nikolaus mit Jiinglingen im Pokel- topf, Ruckseite mit Nadel und Nadelrast (bcidcs verloren) Inventar-Nr.: Nationalmuseuin Prag H2-68.234 Макс: 1 lohe 44 mm, Brcitc 22 111m Material: Blei-Zinn Daiierung: 15. Jahrhundcrt Vcrgleichsstucke: Sammlnng Bossard: Helding 1911. 1'afcl XXXVI, 4. Reihe, 2. von rechts
131 Heilige tlironcnd, mitgcradcm Bischofsstab zur Linkcn. Statt des Adoranren findctsich hierzu FuRen von Nikolaus cine Darstellung, die auf eine Episode aus seiner legcndarcn Vita zuriickgeht. Drci Gestalten sitzen dort in cinem Trog. Bei Nr. 231 isc die Darstellung rechcs auRen nocli um eine kleine, axtschwingende Figur erweitert. Es handelt sich um die bildliche Wiedergabe der Erwcckung jener schon erwahnten drci armen Schuler, die von einem Wirt, bei dem sieeingekebrt waren, erschlagen, geschlacluet und eingepokelt, dem heiligen Nikolaus als Speise gereicht wurden. Dieser erkannte den Frcvel, riigte den verbrecberischen Gasigeber scharl und erweekte die Jiinglinge zu Lebcn. Besonders diese letzte Variantc von Zcichcn isr mehrfach bclcgt, so dass von einer starken Emission dieser Zcichcn ausgegangen werden kann, was Hi г die Hcrkunft aus einem bestimmten Gnadenort spriebt. Ein Grofiteil dcr Rcliquien des heiligen Biscbofs wurden am Ende des II. Jahr- hunderts nacli Bari iibcrfuhrt, wo sie in der Krypta der Basilika verwahi t werden und die iralicnische Hafcnstadt zur abendliindischen Hauptvcrehi ungsstatte des Heiligen machteir,‘i Schon seit dem 12. Jahrhundcrt wurden liier Pilgcrzcichcn ausgegeben.1'"' Die Ikonografiedieserhochrechreckigen Flachgiisse mit halbrundem Giebel entspricht jedoch nicht der der hier angefiihrren Stiicke. Sie zeigen nur eine Biiste des segnenden Bischofs mit einem Buch in der linkcn Hand. 230 Devotionalie, Vollplastik, beidseitig gestaltct, thronender hciliger Nikolaus mit Adorant Invcntar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.237 Mafic: Holtc 51 min, Brcitc 24 mm Material: Blci-Zinn mit Paiiuabildung Daricning: 15. Jahrhundcrt Vcrgleichsstiickc: keiiu* 231 Devotionalie, vollplastischc Figur, thronender Heiliger Nikolaus mit Jiing- lingcn ini Pokeltopf und Wirt mit Beil Invcniar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.238 Mafic: Hohc 49 mm. Brcitc 24 mm Insclirift: olntc Material: Blei mit Rcstcn von Vcrgoldung (?) Daticning: 15. Jahrliundcrt Vcrgleichsstiicke: Kiisierkarici Ту pus St. Nikolaus Л I 1. - Saminlung Bossard: Hi-u.uing 1911, Tafcl XXXVI. 4. Rciltc, I. von rcclits. - Van Htfrin- (a;.N/Koi.m-:wt:ij/(jAAi.MAN 1987, S. 1161"., N1. 39.1. - Kat. Worms 1001, S.l291f„ Nr. 94 und 95. - Sclir iilmlich Slhaki.i 1985, S. 120П., Til. 21-23. - Bkcna 1996, S. I%1'.. Nr. 301-303 295 TIUi, Bd. 24, Art. Myra. Sp. 568. 296 Siehc 11.a. Anoi ksson 1989. S. 1041'. - 1111- RINt: 2000. - H/\ASIS-Bl;.RNKK 200). S. 1551. 231a Riickscitc von Nr. 231
132 Pilgerzeichen Sowohl die Darstellung der drei Knaben im PdkeltopP17 als auch die Nadel als Bc- fesrigung am Pilgerzeichen Nr. 229 verweisen viclmchr auf den franzosischen Rauni und die angrenzenden Gebiete. In Lotbringen war der Nikolauskult schon ctabliert, bevor Bari zu einem Wallfahrtszentrum europaischcn Ranges aufstieg. Die Nikolaus- verehrungerfuhr auch hier einen deutliehen Aufschwung, als 1065 -erwa gleichzeirig mit Bari - auch die Abrei Gorze bei Merz in den Besitz einer Nikolausreliquiegelangtc, namlich cincs Fingcrglicdcs des Hciligen, aus dem angeblich ebenfalls wie aus den Reliquien in Bari kostbares Ol tropfte. Die Reliquie wurde zunachst in einer Kapelle verwahrt, die Abt Heinrich von Gorze (1055-93) hattc erbauen lassen und zu der nach der Reliquienerwerbungein Zustrom von Glaubigen, insbesondcrc auch von Kaufleu- ten, entstand. Nach Edith Ennen war diese Wallfahrt dafiir verantwortlich, dass sich aus dem DorF, in dem die Kapelle stand, noch vor der Mitte des 13. Jahrhundcrrs die Stadr Saint-Nicolas-de-Port entwickelte.*‘Jli Unter dem Protektorat der Herzogc von Lothringen wurde hier eine machtige Basilika gebaut und die Gnadenstiitte stieg zum popularsren Nikolauswallfahrrsorr im wesrcuropaischcn Raum auf.2rj Aufeinigen der in Saint-Nicolas-de-Port ausgegeben Pilgerzeichen, deren Gestalt sich in seiner hoch- rechteckigen Grundform mit halbrundem Giebel offensichrlich an dem des beriihmten iralienischen Vorbildes orientiert, ist der Bischof analog der Stucke Nr. 229 und 231 zu sehen: thronend, mit gcradem Bischofsstab und den drei Knaben im Pokelfass.11,11 Auch die spatmirtclalterliche Plasrik am Portal der Basilika Saint-Nicolas zeigt den Bischof mit diesen Attributen. Die bildliche Nahe zu Nr. 229 und Nr. 231 ist so of- fensichtlich, dass die Herkunft dieser Zeichen aus Saint-Nicolas-de-Port als gesichert gelten kann. Auch Denis Bruna hat in seinem Katalog der Pilgerzeichensammlung des Pariser Musec de Cluny drei kleine Nikolausfigurinen, die Nr. 231 in Aussehen und Dimension schr ahnlich sind, nach Saint-Nicolas-de-Port verwiesen.™1 CB Rochus von Montpellier (232) Weiftmetallgiissc und Plaketten mit der Darstcllung des hi. Rochus bilden eine zahlenmaftig kleine Gruppe, die bisher von zwei Exemplaren aus niederlandischen Fundzusammenhangen,o:, einem Fund aus dem englischen South Petherron303 und zwei Srucken in der Brusseler Kdniglichen Bibliorhck304 gebildet wurde. Ob es sich bei diesen Zeichen um ortsspezifische Zeichen oder unspezifische Devotionalien des im 15. und 16. Jahrhundert hochverchrten Pestheiligen handelt, ist unklar. Sollte cs sich um Zeichen mit Bczug zu einem Kulrort handeln, ist dieser nach der Verteilung der Funde wahrsclieinlich in Nordfrankreich (Antwerpen?) zu suchen, nicht aber in Venedig, wohin die Gebeine des Heiligen 1485 uberfuhrt wurden, und ebenso wenig in Arles, wo man am Endc des Mittelalters ebenfalls Anspruch auf den Besitz seiner Reliquien erhob.,0,i Alle Gittergussc stellcn den Heiligen auf einer Standleiste frontal stehend in der Tracht eines Pilgers dar, der seinen rcchtcn Oberschenkel entblofSr, um die Pestbeule sichtbar zu machen. Begleitet wird er von einem Hund und einem Engel. Diese Dar- stellung bezieht sich auf die Legende des Heiligen, der bei der Riickkehr von seiner Pilgerreise nach Rom in Piacenza an der Pest erkrankt scin soil, sich dort in die Ein- samkeit zuruckzog und von einem Hund mit Brot gespeist wurde, bis ein Engel ihn auf wundcrbarc Wcise von seiner Krankheit heilte. Das Prager Zeichen war wic cincs der Zeichen in der Brusseler Koniglichcn Bib- liothek10fl urspriinglich mit einer riickscirigcn Nadel versehen. Durch Anloten eines SrandfiifSchens, von dem nur noch die Verdickung der Lotstelle an der Unterseite der FuBleiste iibrig ist, wurde es zu einem Hciligenbildchen umgeformr. Der originale Kopf des Zeichcns ging verloren und wurde falsch ersetzt. Dass es sich nicht um den originalen Kopfhandelt zeigt die Ruckseitc, denn sowohl am Kopf als auch am Riicken sind Ansiitze dcr urspriinglich vorhandenen Nadeln zu sehen. HK 297 Annemarie Bruckshr, Art. Nikolaus von Myra, in- I DM 6,S|i. IDS. 298 Ennln 1972. S. 1065. 299 TRF. Bd. 24, S. 568. 300 Bruna 1996,6. 194, Nr.296,-1 IP II, S. 281, Nr. 1207. 301 Bruna 1996, S. I96f. 302 HP I, S. 190, Nr. 327. - HP II. S. 287, Nr. 1228. 303 Funddaicnbank dc.s British Museu m, SOM- DOR905. 304 Brussel, Bibliotheque Royalc, Cabincr des monnaics, Coll. Dissart, Invciuar Nr. 23466 (nur fragmentarisch erhalten) und 23499. Die Angaben beruhen auf der Zentralen Pilgerzcichenkarrei Kurt Koster, St. Rochus, Formtyp I und dem Sammelforos derSamm- lungDissard cbd. Bei derlnventarNr. 2.3499 handelt es sich wahrscheinlich um einen jungeren Guss des 16. Jahrhunderts im Siil dcr Renaissance. 305 Vgl. F. Scorza Barcellona, Art. Rochus, hi, in: LDM 7, Sp. 926. 306 Brussel, Bibliothcque Royalc, Cabinet des monnaics, Coll. Dissart, 1 nventar N r. 23466.
133 Heilige Petersschliissel (Rom, Peterskirche) (233) Die Nr. 233 ist ein Pilgcrzeichen tier Peterskirche in Rom. Der Giiterguss zeigt in rahmenloser Ausfiihrungzwei gekrcuzteSchliisscl mir Rciden in Gestalt dreiblanrigcr Kleeblatter und mil grofien, nach aufien gcwandten Barten. Uber dem Kreuzungs- punkr der Sell Kissel ersebeint ein piipstliches Haupt mir Tiara. Rom ist neben Jcrnsnlem die iiltcsrc Wallfahrtsstatte der abendlandischen Chris- renheit. Die Graber der chrisrlichen Martvrer in den Coemetrien aufierhalb der Stadtmauern waren schon scit dem 2. Jahrhundert Ziel von Wallfahrern.ur Die 307 Кгпм, 2011л. S. i?H. lange Tradition als geistliches Zcntrum, die Gcgenwart der piipstlichen Autorirar und Viclzahl seiner Gnadensrarten hoben Rom von den iibrigen Wallfahrtsorten ab. Die zahlrcichen romischen Kirchen besafien cine Viclzahl bedeutender Reliquien und Ikonen. lhr Bcsuch war, seit Papst Bonilaz VIII. 1300 das erste romischen Jubcljahr ausgerufen harte und dieses Jubilaum in der Folgezeit in eincm immer kiirzer werdenden Intcrvall wiederholt wurde, mir besonders attraktiven Ablassen verbunden, die scharenwcise Pilger in die Ewige Stadt lockten. Dies spiegelt sich auch in den romischen Pilgerzcichen wider, deren Oberlielerung gleichermaBen 308 Hkcvimi 2011. zahlreich und viclgesraltig isc.3,,K Unter den romischen Kirchen, die Wallfahrtszei- chen ausgaben, war die Peterskirche die bedeutendste. Schon seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert emittierte man hicr Pilgcrzeichen, deren Gestalt und Ikonografic 30ч F.UI., S. 50f. sich im Laufe der Zeit andcrte.,l,‘l Die ersten Pilgerzeichen zeigten die Apostelfiirsten Petrus und Paulus. Ab dem 14. Jahrhundert gcscllrcn sich zu dicscn ncuc Zcichen, 232 Hochrechteckiger,drcischaligerGit- terguss mit Resten der Nadel und Nadelrast auf der Riickseite Inventar-Nr.: Natiimalmusciim Prag H2-68.211 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohc 41 mm, Brcitc 23 mm Daiicrung: 2. Halfrc dcs 15. Jahrhunderts Vcrglcichsstiickc: HP I, S. 190, Nr. 327; Brussel. Bibliotlicque Royalc, Cabinet dcs moimaics. Coll. Dissart. Invcntar Nr. 23466 233 Brosche, Pilgcrzeichen, Gitrerguss rahmenlos, Doppelschliissel, Riickseite Nadel mit Nadelrast Invcmar-Nr.: Naiionalmiiscum Prag H2-68.08S Material: Blei-Zinn Mafic: Holic 26 111m, Brcite 19 mm natierung: 2. Halite dcs 15. Jahrlumdcrts Vcrgleidtsstiicke: selir ahnlich aber Anltangcr: HP 1, S. 186, Nr. 306
134 Pilgerzeichen welche eine Vera Ikon, das wahre Antlitz Jesu, zeigten. Dessen Abdruck sci, so cine romische Legende, in einem Tuch verewigt worden, mit dem eine mitleidige Frau das schwcift- und blutuberstromte Antlitz Jesu auf dem Weg zum Kreuz trocknete. Die Tuchrcliquie stieg im Spatmittelalter zu eincr der wichtigsten abendliindischen Reliquie auf.'10 SchlieGlich erschienen ab der zweiten Hiilfte des 15. Jahrhunderts jene Pilgerzeichen in Gestalt zweier gekreuzter Schlussel, zu denen auch das hier vorgestellte Objekt gehort. Urspriinglich standen die zwei Schliissel symbolisch fiir die Lose- und Bindegewalt des Papstcs. Im Spatmittelalter scheint sich ihre Bedeutung mehr und mehr auf die papstliche Amtsgewalt zu fokussieren. Ab dem 14. Jahrhundert ist die Obergabe der Schliissel durch den Apostel Petrus an cinen Papst ein verbreitetes Bildmotiv. So zeigen das Sarkophagrelief Papst Urbans VI. (t 1389) und auch die Mittcltiir von St. Peter (1445, Pontifikat Eugen IV.) cincsolche Schlusseliibcrgabe. Bei dicsen Darstellungen werden die Schlussel allerdi ngs parallel in der Hand gehalten. Die Abbildunggekreuzter Schliissel bcgegnet im Kontextdes romischen Papsttumserstmalsaufdem Wappen Papst Nikolaus V. (1447-55). Es tragtbreit gekreuzte aufrechtstehende Schlussel, iiber denen eine papstliche Tiara schwcbt.1" Entsprechend gestaltete Pilgerzeichen der romischen Petcrskirchc sind in vcrschicdcncn Variantcn (gekreuztc Schlussel, gekreuzte Schliissel mit Vera-Ikon, gekreuzte Schliissel mit Vera-Ikon und Tiara, gekreuzte Schliissel mit Tiara bekrontem Papsthaupt, gekreuzte Schliissel mit Jakobsmuschel) uberliefert.112 Auch die Glockenabgusse von romischen Doppelschlusselzeichen datieien nicht vor 1450.-'1-' Dieser spezielle Zeichcnrypus isr damir zeirlich in die 2. Halfre des 15. Jahr- hunderrs zu weisen. CB 310 Ebd..S. 51. 311 Ebd.,S. 55. 312 Kostcrkarici Typus Rom, gekreuzte Schliis¬ sel. - Amahk 1956, S. 33f. mir Abb. 26. - HP I. S. 186Г. Nr. 303-314. - Bruna 1996, S. 199 mir Abb. 306 und 307. - Клт. Rom .999, S 345 mir Abb. 110. Ill und 113. - HPII.S. 283, Nr. 1216, 1217.-Benk6iooz, S. 490f. mit Abb. 213. - Benko 2004, S. 61 und Abb. 2/3 auf S. 59. 313 Der alteste nachgewiescnc Glockenabguss eines romischen Pilger/.cichcns srammt von einer 1452gegosscnenGlockein Hochclheim bci Werzlar; sichc Kosrerkarrei Typus Rom, gekreuzte Schlussel. Siche auch Kuhne 201 ib. Servatius von Maastricht (234) Der hi. Servatius, der legendare Griinder der Bischofskirche von Maastricht, ist eine spatantike Bischofsgestalt, dcren Vita im Laufc des Mittelalters von zahlrcichen Legenden iiberwuchert wurde. Dazu zahlen auch seine angebliche Verwandtschaft mit der Familic Jesu und seine daraus konstruierte Zugehorigkcit zur »Hciligen Sippe«.'" In der Maastrichter Stiftskirchc wurden neben dem Schrein mit den Gebeinen des heiligen Bischofs besonders drei Reliquien verehrt, die man mit ihm in Verbin- dung brachtc: sein Bischofsstab, sein Messkelch und jener Schlussel, der ihm an- gcblich in Rom iibergeben worden war, um seine Vollmacht zur Sundenvergebung zu bezeugen.’1'1 Die Ausbildung des Maastrichter Reliquienkultes und der damit verbundenen Wallfahrt war seit der Zeit um 1200 eng mit den Entwicklungen im nur etwa 30 Kilometer entfernten Aachen vcrkniipft. An beiden Orten stellte man seit dem frii- hen 13. Jahrhundert Pilgerzeichen her.,l6 Als sich im Laufe des 14. Jahrhunderts die siebenjahrliche Aachenfahrt mit der fcicrlichen Weisung der Aachener Reliquien etablierte, folgte man etwa ab dem Jahr 1400 auch in Maastricht diesem Beispiel und zeigte hier zeitgleich mit dem Aachener Marienmiinster Reliquien, besonders solche, die mit dem hi. Servatius in Verbindung standen.'17 Im Jahr 1403 wurde vom Servatiusstifr ein ncues Biistenreliquiar des Heiligen hergestellt und ein Teil seines Schadels darin eingeschlossen. Auch dieses Reliquiar wurde bei dem Reliquienfest gewiesen. Seine Bedeutung bezeugen neue Pilgerzeichentypen, die sein Abbild seit dem Beginndes 15. Jahrhunderts nun als Brustbilddarstellen.31" In Maastricht wurde wie in Aachen im 15. Jahrhundert eine breite Palette von Pilgerzeichentypen her¬ gestellt. Der altere Typus, die Darstellung des heiligen Bischofs als frontal stehende Figur mit dem groften Schlussel und dem Bischofsstab, den er mcist einem Drachen ins Maul stoftt, blieb auch im 15. Jahrhundert in verschiedenen Varianten erhalten. Daneben stehen jene Pilgerzeichen, die die Biiste des Heiligen allein oder flankiert 314 7.um mittclalterlichen Kult des Heiligen vgl. den Oberblick bci Zf.ndcr 1973. 315 Zum Scrvatiusschrcin und weitcrcn Maas¬ trichter Scrvatiusreliquiarcn vgl. Kroos 1985. 316 Der bishcrcinzige Oberblick iiber die Typen der Maastrichter Pilgerzeichen stamnit von Rosier 1971, S. 154f. 317 Vgl. Kuhne 2000, S. 208-227. 318 Vgl. KoiDEWtlJ 2000.
Metlige 135 von zwci Assistcnzligurcn - Engel n oder den Maastrichrcr Bischofcn Monulplius und Gondulpluis - /.eigen. Einc spate Form dieser Entwicklung stcllen Plaketten (Wallfalirtsmedaillcn) oder Brakteatcn dar. Erstmalswurdeeinsolclies Maastricluer Pilgerzeiclien von Kurt Kostcr 1965 als gcmaltes Abbild ini Stundenbucli der Eleonora von Portugal identifiziert.31'' Hanecke van Asperen konnte in/wischen noch fiinf weitere Darstellungen dieses Maastrichter Pilgerzeichentypus in Gebetbiicliern derZeit um 1500dokunientieren.32" Ein in etwaquadratischer Pilgerzciclicn-Brakteat mit Lochungen wurdc in Rotterdam gefunden.321 Allc diese Pilgerzeiclien stellen die Reliquienbiiste des lieiligen Servatius in frontaler Ansiclit dar. Seitlicli neben deni Reliquiar zeigen sie zum einen den iiber- groficn Servatiusschliissel und auf der anderen Seite die Kriininie des Biscliofstabes, wobei die Anordnung beidcr Attribute variieren kann. Die Darstellung entsprichr so dem cinfaclien Typus der Gitfergiisse mit Servatiusliaupt. Durcli die Datierung der Handschriften kann dieser Braktcaten- und Medaillentypus in die Zeit um 1500 ver- wiesen werden. Das Servatiuspilgerzeichen der Pragcr Sammlung ist kein Brakteat, sondern ein drei- schaligcr Gitterguss und ist somit den von Kurt Keister als Wallfalirtsmedaillen be- zeiclineten Plaketten zuzuordnen. Die Darstellung der Rcliquicnbiistc, gerahmt von der Kriininie des Bischofstabes links und dem Schliissel rcchts entspricht den oben genannten Parallclen. Die Rahmung in einem runden Perlstabkranz findet sich aucli bei der Wicdergabe des runden Servatiuszeicliens ini Gebetbuch der Konigin Isabella I. von Kastilien.322 UK 319 Kosti-k i. S.467I'. - Z.u dim Hand .ms der New Yorker I’cirpoiu-Morg.m-l.ibr.u v (Ms M 32) vgl. .Hllll VAN Asn-.KI-.N 2009. S. 398-400. 320 Die.se Zeiclien sind a her eniweder rund oder Iwductlueckig mil (iiebel. nicht aditcckig svie das von Kbsier eutdeckie. vgl. van As- pukI’.n 2009, S. 302, Nr. 42.1 und 42.3. 321 HP 1. S. 193. Nr. 330. 322 Vgl. van Asim ki n 2009. S. 362. Nr. 42.1: Cleveland I. 184'. - Zu der I lundsdirifi vgl. ebd.. S. 381-384. 234 Drcisclialiger, quadratisclier Guss, Wallfahrismedaille mit Resten der Nadel und der Nadelrast auf der Riickseite Inveiuar-Nr.: Nationulnuisciiiu Prag H2-68.063 Material: Messing (?) Mafic: Hohc 23 mm. В re in: 24 mm Datierung: um 1300 Yergleicbxstiicke: keine
136 Pilgerzeichen Nicht oder nicht sicher identifizierte Heilige Johannes Evangelist (?) (235-236) In der Kollektion finden sich zvvei Pilgerzeichen, die einen nimbierten jugcndlichen mannliclieii Heiligen, der in seiner linken Hand ein auigeschlagenes Buch tragt, in einer Adikula zeigen. Die stehcndcn Figuren sind in beiden Fallen halbfroncal nach rechts gcwendet. Audi sind die Haltung der rcchten Hand, die das Buch tragt, und die dadurch bedingte Raffung des langen Gevvandes markant. Nr. 235 tragt zusatz- lieh in dcr rechten Hand die Martyrerpalmc. Arthur Forgcais veroftcntlichte eine Reihe von Jerons der Pariser Kerzenmacherzunfr, die auf dem Avers samrlich deren Patron, den 111. Johannes Evangelist, zeigen.ш (Vgl. Abb. 235a) Darunter finder sicli eine Variante, die Johannes in jener charakteristischen Weise zeigt, wie er auch auf den beiden Pilgerzeichen dargestellt wird. ’2'1 Daher wird hier vorgeschlagen, beide als Figuren des Evangelisren anzusprechen. Von vvelchem Kultort die Zeichen stammen, muss hier often bleiben. HK Stehender Bischof im Medaillon (hi. Philibertus von Tournus?) (237-239) Die Sammlung enthiilt drei Medaillons, die in eincm Mctallrahmen mit Anhiingerose aufdcr cincn Scire ein mctallcncs Bildfeld mit der Darstellungeincsstehenden Bischofs zeigen, vvahrend auf der Riickseite ein Plattclien aus einer rot-gelbliclien wachs- oder harzartigenSubstaiizeingclegt ist. Die Darstellungder frontal stehenden Bischofsgestalt ist deutlich erkennbar, aber nicht spezifisch: Die Figur tragt Albe und Kasel, auf dem 235 Pilgerzeichen, hochrechteckiger, dreischaliger Gitterguss mit adikulaformi- ger Rahmung, Spitzgiebel und Krabben- besatz, aufdcr Riickseite Nadelrasterhaltcn Invcntar-Nr.: National museum Pray H2-68.218 Mafic: Hohc 37 min, Breite 25 mm Material: Blci-Zinn Daiicrung: 15. Jahrhundcrt Vergleichsstiicke: К at. Wokms 2001. Nr. 104. S. 136f. 236 Pilgerzeichen, hochrechteckiger, dreischaliger Gitterguss mit adikulafor- miger Rahmung und ziegelgedecktem Zeltdach, aufdcr Riickseite Nadclrasr und Reste der Nadel erhaltcn Inventar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.099 Mafic: Hohe 31 mm, Breite 28 mm Material: Blci-Zinn Daiicrung: spates l5./friihes 1C. Jahrhundcrt Vcrglcichsstiicke: keinc 235a Johannes Ev. aufeinem Jeron der Pa¬ riser Kcrzenniacher nach Faro 1874, S. 62 323 PtikiatAis 1874, S. 60-62. 324 Ebd., S. 62. 237 Ovaler Anhanger mit Metallrah- men, gegossenem Bildfeld und riickseitiger planer Einlage aus einer harz- oder wachs- artigen Substanz lnvcntar-Nr.: Nationalmuseum Prag Н2-68.Ю9 Mafic: Hiihe 24 mm, Breite 17 mm Material: Blci-Zinn, Harz oder Wachs? Daiicrung: 2. Halftcdcs 15. Jahrhundcrts Vcrglcichsstiicke: kc-inc
neilige 137 nimbierten Haupt cine Mirra. Sic hale den Bischofsscab mit betonter Kriimmc in dcr rcchten Hand. Die linkc Hand isr markant zum Segensgesrus erhoben. Das Bildfcld zeigt cine Straminnuisterung. Es ist bisher keine direkte Parallelezu diesen Anhiingern bekannt. Ein Anbiingcr ans der ehemaligen Sammlung Dissard in dcr Koniglichen Bibliothek in Brussel zeigt cine verwandte Darstellung auf einer Plakcttc in cinem von rocailleartigen Ornamcnten gezierten Rahnien; allcrdings tragtdie Figur den Bischofs- stab in der linken Hand und erhebt die Rechre zum Segen.Vergleichbar ist auch cine Plakette in cinem mit einem Palmwedel gekroincn Raluncn in Lyon, auf welchcr die Figur den Bischofsstab allcrdings diagonal vor den Kiirper halt.1J<* Ebenfalls verwandt ist einc ovale Plakcttc mit umlaufendem Wiirfelaugendekor im Musee de ОипуЛ’ Eine gewisse Niihc zeigt die Darstellung besonders durcli die Betoiumgdes Segens- gestus zu den Pilgcrzcichcn aus Saint-Claude (Dep. Jura)/-’* Allcrdings halt die I’igur in diesen Fallen immer einen Krcuzstab in der Hand, so dass cine Idcntifikation mit dem hi. Claude unwahrscheinlich ist. Die Idcntifikation dcr Bischofsfigur mit dem hi. Nikolaus scheme nicht zwingend.*"' Die grofite Ahnlichkeit bestelu wohl zu einer runden Plakette, die ebenfallsausdcrSammlungDissard in dcr Koniglichen Bibliothek in Briisscl stammt.v'n Die Darstellung der Bischofsfigur mit der markanten rcchten Hand und einem Krummsrab, der besonders mit der Nr. 237 stark iibcrcinstimmr, findet sich auch hicr. Allerdings ist auf der Plakette links ein kniender Adorant plat- ziert, wahrend die rcchts neben der Figur verlaufende Minuskelinschrift »s:philberr« die Herkunft aus dem Bencdiktinerkloster in Tournus (Dep. Saone-et-Loire) verrat, welches die Reliquicn des friinkischcn Hciligen seit dem 11. Jahrhundert bewahrte. (Vgl. Nr. 237) Daher ist die Identifikation des im Bildfcld dcr drei Anhanger abgcbildeten Heiligen mit dem hi. Philibertus erwagenswert. HK 325 Uiipublizicrt, Nachwcisindcr Bilgci/ciilicn- karrei Kun Kiisici, |-cirmiyp.Biscluif'. I laih- figur В II a -. 326 К at. Lyon 1957, Nr. 124 in it Abb. 327 Bruna 1996. S. 221. Nr. 352. 328 Vgl. К at. Bi к 1 in iooS. N1. 27-29. S. 2781. - Bki-na 1996, S. 125. Nr. 163. 329 Vgl. Bruna 1996. S. 195. 330 Biblioilu4|iK' myak- ill- Belgique, eabiuei de inoimaies, Invcniar-Nr. 23445. iinpiibli/ieri. Nachwcis in iler Bilgerzciilienkariei Кип Kiister, l-'orniiyp Si. Bliilibcn, Tournui. 238 Ovaler Anhanger mit Metallrah- men, gegossencm Bildfeld und riickscitigcr planer Einlagc aus einer harz- oder wachs- artigen Substanz Invcniar-Nr.: Nationalmuscum Brag H2-68.110 Mafic: Hohc 23 mm, Brcitc 17 mm Material: Blci-Zinn, Harz odcr Waclis? Daticrung: 2. Halftc tics 15. Jahrhtindcrts Vcrglciclisstuckc: keine 239 Ovaler Anhanger mit Metallrah- men, gegossenem Bildfeld und riickseitigcr planer Einlagc aus einer harz- oder wachs- artigen Substanz luventar-Nr.: Narionalmiiseimi Brag H2-68.ll 2 Mafic: Hiihc 28 mm. Brcitc 19 mm Material: Blci-Zinn, 11 а г/, oder Waclis? Daticrung: 2. Halite des 15. Jahrhundcrts Vcrglcichsst iickc: kei lie 240 Hochrechteckiger dreischaliger Cit- terguss im Architekturrahmen, fragmen- rierr, auf der Riickseite Resre der Nadcl und Nadclrast crhalren, am Rand Resre von Haltezungen zur Fixicrungeiner rCick- seitigen Hinterlegung, Kopffalsch ergiinzt Invcniar-Nr.: Nationalmuscum Brag H2-68.278 Mafic: 1 lobe (noch) 39 mm. Breite 35 in 111 Material: Blci-Zinn Daticrung: spates 15./frillies 16. Jalirliiinderi Verglcichssriicke: Kai. Worms 1011. S. 113f.. N1.V2
138 Pilgerzeichen Stehender Bischof mit Adorant (hi. Philibertus von Tournus?) (240) Das Pilgerzeichen ist nurfragmentarischerhaltcn. F.sfchltdcrden Rahmen bekronende Spitzgiebel. Der urspriingliche Kopf der Bischofsgestalr wurdc durth einen niclu zu- gehorigen Kopf, wohl den ciner Maricnfigur, ersetzt. Die Bekleidung mit Albe und Kascl konnre zwar auch auf einen heiligen Priester verxveisen, aber die Kriimme dcs auflfalliggebogenen Stabeswcist wohl auf einen Bischofsstab bin. Die («Composition der Darstellung, die charakteristische Segensgeste, die Kriimme und die Gcwandung dcs neben der Bischofsfigur knienden Adorantcn crinncrn stark an dicschon oben erwahnte Plakette mit der Darstellung des hi. Philibertus von Tournus.3-’1 (Vgl. Nr. 237) Daher ist auch in diesem Fall eine Zuweisung nach Tournus nicht ganz unwahrscheinlich. Die Darstellung unddieauffallige Fiillungder seitlichen Rahmcnlcisrcn mirschrag- strichgefullten Dreiecken verbindetdas WerkmiteinerParallele, diesich inder Wormscr Sammlung findet und die noch den urspriinglichen Giebel mit Krabbcnbcsatzzeigt."2 Die im К at. Worms 2001 vermutete Identifikation mir dem hi. F.ligius von Noyon iiberzeugt nicht. Die wohl als »DE: PAS1« zu lesende Inschrift der Nr. 240 gibt bisher noch ein Ratscl aul. HK Stehender Bischof (?) (241) Das Pilgerzeichen, welches durch das Anloten eines Srandfufichcns in cin Andachts- biId verwandelt wurdc, ist nur noch fragmentarisch erhalten. Der urspriingliche Kopf wurde nach dem Vcrlust durch einen nicht zugehorigen Fund, der wahrscheinlich zu 241 Pilgerzeichen, hochrechteckiger, rahmenloser dreischaliger Gittcrguss mit Resten von Nadel und Nadelrast auf der Riickseite, durch Anloten eines Standfiifi- chcns zu einem Andachtsbild verandert Inventar-Nr.: Narionalmuscuiii Frag H2 68.177 Mafic: Hohc (noch) 48 mm, Breiie (noch) 20 mm Material: Blei-Zinn Dane-rung: 15. Jahrhundert Vergleichssliickc: kcinc 242 Zwcischaliger ovaler Gitterguss mit frontal stehender Bischofsfigur lnventar-Nr.: Nationalmuseum H2-68.168 Mafic: Hohc 26 mm, Brcitc 27 mm Material: Blei-Zinn Daiierung: spates 15. Jahrhundcrt Verglcichsstiickc: kcinc 331 Bibliotheqnc royalc dc Belgique, cabinet de mon n.i ics, lnventar-Nr. 23-445, unpublizicrr. Nachweis in der I’ilgcr/.eichenkariei Kurt Kosrcr, Borintyp St. Philibert, Tournus 332 Kat. Worms iooi. Nr. 72, S. 113f. Eine altereSainmelaufnahmeindcr I’ilgcncichcn- kariei Kurt Rosier (Worms Тою IV, Nr. 53) zeigt, dassdic Figur einen ebenso gekriinnn- ten Bischofsstab in dcr Hand hielt wic tinse- rc Nr. 240. 243 Wappcnschildformiger, dreischali- ger Gitterguss mit Resten der Nadel und Nadelrast auf der Riickseite lnventar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.175 Mafie: Hohe 40 mm, Brcite 26 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 2. Halite des 15. Jahrhunderts Vergleichsstiickc: keine
139 Heilige einem Salvator-mundi-Bild (wic Nr. 27f.) gchorte, ersetzt. Der Standgrund scheint ursprunglich breiter gewcsen zu sein, so dass sich neben der Bischofsfigur moglicher- weise noch cine Assistenzfigur, ctwa cin Adorant, bcfand. Die Zerstorungen und Ver- anderungen erlauben es nicht, das ursprunglich qualitatvollc Werk einem bestimnuen Pilgerzeichentypus zuzuordnen. HK Stehender Bischof mit Adorant im Blutenkranz (242) Der kleinformatigc Gitterguss ist schwer einzuordnen. Schon die Frage, ob es sich um ein Zeicben oder einen Beschlag o.ii. handelt, lassc sich kaum entscheiden. Die Deutung der frontal stehenden und nimbierten Bischofsgestalt, der mit Albe, Kasel und Mitra bekleidet ist, hangt von der Interpretation jenes Gegenstandes ab, den sie in der linken Hand rragt. Man konnte an eine Pflanze oder Ranken denken. Moglich ware auch, bier ein Hammendes Her/, das Attribut des hi. Augustinus, zu sehen. Auch der florale Blumenkranz, der den Rahmen bildet, und die kleine Figur des knieenden Adoranten geben wohl keinen klaren Hinweis auf die Identitat der dargestellten Figur. HK Stehende Marienfigur und heiliger Bischof in wappenformigem Rahmen (243) Das wappenschildformigePilgerzeichen, das von einem Lilienbandgekrontwird, greift ein auch sonst bei Pilgerzeichcn iibliches Motiv auf.1" Fiir die Zusammenstellung einer stehenden Marienfigur mit einem heiligen Bischof im Bildfeld ist aber bishcr nur eine Parallele aus der Sammlung Bossard bekannt, in der sich ein runder Gitterguss mit einer ahnlichen Darstellung befand.1" Daher muss die Herkunft des Zeichens vorerst ofFenbleiben. HK 333 Vgl. bier 7.B. K.unlog-Nr. 127,224 334 Hu.niNC 1911, S. 75, 1'afcl XXXVI, 6. Rei- hev. o., l.v.l. Zwei Heilige in Architekturrahmen (244) Der Archirekturrahmen wird von zwei spitzgiebligen Nischen mit Maftwerk und Fia- len gebildet. In der linken Nische steht frontal eine Figur, die wegen der Beklcidung mit einer Dalmatika (?) wohl als Diakon anzusprechen ist. In der linken Hand tragt sie ein (Evangelien-)Buch, in der rechten einen Palmzweig oder Stab. In der rechten Nische thront eine Gestalt, deren linkc Hand zum Segensgestus erhoben ist. Eigen- rumlich ist die Gestaltung der Kopfe, die nicht nimbiert sind und spitzkeglige Hiitc (Judenhiite?) tragen. Moglicherweisebestehcn Verbindungenzu einem fragmentarisch erhaltenen Zeichen in Worms, das ebenfalls zwei Heilige in Architcktumischen mit Mal?werk darstellt. Auch hier halt die linkc Figur cin Buch und eine Martyrerpalme in den Handen, wahrend der rechre, srehend abgebildete Heilige mit Albe und Kasel bekleidet als Bischof gezeigt wird.1" Eine Identifikation der Darstellung war bishcr nicht moglich. HK 335 Kat. Worms zooi, S 1.37, Nr. 105. Hcidc Kopfe und die I landcdcr Uiscliolsfigur feli- Icn. Die linkc Figur wird mi Wormser Ka- talogals weibliclie Heilige .mgesprochen. Bustenreliquiar eines heiligen Bischof (hi. Dionysius?) (245) Das Pilgerzeichen stellt in einem sechseckigen Rahmen das Bustenreliquiar eines Bi- schofs dar. Dessen Innenkante wird von einem Perlstabornament und seine Aufien- kante von einem Wiirfelaugenband umzogen. Dieser innere Rahmen wird von einem runden Taustabring umfangen. Ein idcntisches Stuck, vom dem sich allerdings nur der innere sechseckige Rahmen mit dem Bustenrcliquar erhalten hat, findctsich in der Wormser Sammlung.3" Der Nimbus und der angedeutete Steinbesatz auf Kragen und 336 Kat. Worms 2001. S 139. Nr 108. Mitra sind zu wenigspezifisch als dass cine Zuweisungzu einem bestimnuen Reliquiar moglich ist. Jedoch konnte man an das beriihmte Kopfreliquiar des hi. Dionysius in der Abtei in Saint Denis denken. Dieses Kopfreliquiar wurdc von verschiedenen Pil-
140 Pilgerzcicbeu gerzeichentypen aus Saint Denis abgebildct, wobei allerdings stets das gesamte Motiv der Rngelweisnng von dem Reliquiar-Vorbild iibernommen wurde.**7 HK Hciliger Diakon mitSchwein (hi. Monon von Nassogne ?, Sainte-Monon, Gemeinde Nassogne, Provinz Luxemburg, Bclgien) (246) Die Interpretation dieses Pilgerzeichens ist komplizierr, aucli deshalb, weil esdaseinzige bekannte Exemplar seiner Art ist. Die Darstellung eines frontal stehenden Heiligen, dem auf seiner linken Seite ein Schwcin als Attribut beigegeben ist, lasst sofort an den hi. Anronius denken. Einc gewisse Parallclc zu dicsem Zcichcn ist cin Stuck aus dem Historischen Museum Basel, das den heiligen Eremiten in einer sehr ahnlichen Weise mircincm Schwcin an seiner linken Scitcdarsrcllt.'-1* Dicscr Dcutung widcrsprichraber die Tonsur und Gewandung dcs Heiligen, dcr iiber der Albc cine Dalmatik tragt und damit als Diakon gekennzcichnct wird. Eine mogliche Losung dieses Ratsels ist cs, in der bigur den hi. Monon von Nassogne zu erkennen. Der schottische Eremit wurde um 650 bei Nassogne in den Ardennen ersclilagen. Ubcr seinem Grab wurde sparer eine Stiftskirche errichtet. Seine Darstellung im Gewand des Diakons ist tiblich. Sein Attribut ist ein Schwein, weil dieses Tier fur den Einsiedler eine Glocke aus der Erde gewiihlt habe.vw Wenn diese Deutungzutrifft, so ist der Gcgenstand, den der Heilige in seiner rechten Hand halt, wohl als jene Glocke zu versrehen. HK 244 Hochrechteckiger Gitterguss mit Architekturrahmen, auf der Riickseite sind Nadel und Nadelrast sowie noch vicr Haltezungen /.ur Pixicrung einer Hinter- legung erhaltcn Invcniar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.282 Mafic: Hohc48 mm, Brcitc 37 mm Material: BIci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhuiulcrt Vcrgleiclissiiickc: Kat. Worms 2001, S. 137, Nr. 105 (r) 245 Runder dreischaliger Gitterguss, Reste dreier von urspriinglich vier Osen, zwei von wohl urspriinglich vier Halte- zungenam aufieren Rand erhalten.aufder Ruckscitc Reste dcr Nadelrast Inventar-Nr.: UI’M 5734 Mafic: Hohc 33 mm (39 mil Zunge), Breite 32 Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jahrlmndcrt Vergleichsstucke: Kat. Worms 2001. S. 139, Nr. 108 Literal 11 r: Kat. Prag 19K6, S. 23, Nr. 165 337 Vgl. But:nл 1996. S. 1281. 338 Hisiorischcs Museum Basel. Invcuiar Nr. 1904.2145. 339 Vgl. likkart Sauslr, Art. Monon, in: Bio- graphisch-BiblingraphischcsKirchenlcxikon 17, 2000, Sp. 986. 246 Pilgerzeichen, hochrechteckiger, rahmcnloser, dreischaliger Gitterguss, auf der Riickseite Nadel und Nadelrast lnveiuar-Nr.: Nationalmuscum Prag 112-68.239 Mafic: Hohe 55 mm, Breite 30 mm Material: BIci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundert Vergleichsstuckc: keinc
Kopfreliquiar cines Martyrerdiakons (hi. Quintinus?, hi. Vincentius?, hi. Stephanus?) (247-254) In den grcifieren Sammlungen franzosischer Pilgerzeichen gibr es srets cine Reihe von Werken, welche die Biisce cines Diakons /eigen, die meist in runden oder seltener vier- eckigen Rahmcn dargestellt vvird. Diese В listen sind wohl immer als Wiedergaben bestiinmter Kopfreliquiarc anzusprechcn. Schon Forgeais hat zwei unterschicdliche Typen diescr Kopfreliquiarc untcrschicdcn. In dem einen Fall handclt es sich um cine Biistc, bei der vom Kragen aus zwei Streifcn, wohl dicClavi, schriig nach an fieri laufen; diese Pilgerzeichen sollen nach Forgeais den 111. Quintinus darstellen. ’111 Nun ist durch die Inschrift sovvie die spezifischen Attribute, namlich die Nagel, welche zu beiden Seiten in die Schultcr des Heiligen gebohrt sind, ein Pilgerzeichenbrakteat cindeutig als Darsrellungdes hi. Quintinus bzw. von dessen Biistcnreliquiar anzusprechcn. Bci diescr Darstellung vcrlaufen die Clavi allerdings vom Kragen aus nach innen.,',‘ Damit diirfte die von Forgeais vorgeschlagene Deutung in Frage stehen. Die zweite Deutung cines Zeichens mir dem Biistenreliquiar cines Diakons durch Forgeais betrifFt ein rundes Zeichen, bei dem das Reliquiar aufbciden Seiten durch zwei traubenartige Dolden oder Baumchen flankiert wird. Forgeais hatte jene «orncmcnrarion vegetale« als Hinweis auf Wcinrrauben interpretierr und daher in dem Dargestellten den hi. Vinzenz, den Patron der Winzer, selien wollen.-M2 Allerdings zeigt gerade das 340 l-oiuaiAis iS6i. S. 1941.. par. Bri.na 1996. S. 2(101.. Nr. 31(1. 3 41 Vgl. 111» I. S. 47 mil Abb. mid К at. BrOggii 2006. S. 233. Abb. 17.12. Vgl. aucli die Ka- lalugubcrsichi bci van Asim:ri-n 2009. S. 55‘)f., Nr. 38.1. In alien angefiilinen lici- spiek-11 wird der 111. Quiniiiuis Mels mil den Niigeln in deli Selinlierii dargcsicllt. 342 l-oRta.Ai.s 1865. S. 1711. 247 Pilgerzeichen, drcischaliger, rahmen- loser Gitterguss, Biiste eines hi. Diakons im runden Rahmen, der mit von drei uberdimensionalen Palmwedeln gckront wird, auf der Riickseite Reste von Nadcl und Nadelrast Invcniar-Nr.: UPM 5657 Mafic: Hohc 70 mm, Breiie 40 nun Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundert Vcrglcichssiiicke: keine I.iteraiur: Koknicsmarkova 1977- S- 83. Nr. 52. - К at. Prag 198O. S. 23, Nr. 163 248 Anhiinger im runden, breiten, sc- parat gegossenen Rahmen, das runde Bildfeld von Wurfelaugeiulekor gerahmt, Biisre cines hi. Diakons von zwei Kerzen flankiert, Bildfeld oder Hinterlcgung auf der Riickseite verlorcn Invcntar-Nr.: UPM 5712 Mafic: Durdimcsser 42 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jalirluindeit Vcrglciclissiiieke: kei 11c l.iicrarur: Koknigsmarkova 1977, S. 82, Nr. 51 249a Gussmodel mit Darstellung des hi. Vincentius nach Gay 1887, S. 152
142 Pilgerzeichen von Forgeais vorgestellte Exemplar in den floralen Gebilden eindeutig Eichelfriichte, sodassdie vermeintlichen Trauben wold als Eichenbliitter anzusprechensind.Vicror Gay verofFentliclue hingegen schon 1887 die Abbildung eines Gussmodels, das cine von zwei kerzentragenden Engeln flankierte Reliquienbiiste sowie ein Wappenschild mir den Buchsraben »S:V« zeigr, die links und rechrs von zwei Weinrrauben eingerahmt werden, als Zeichen des hi. Vinzenz.’44 (Vgl. Abb. 249a) Ein aus diesem oder einem vergleichbaren Model stammender Guss ist bisheraber nichtbekanntgeworden. Daher ist die Identifikation mit dem hi. Vinzenz fur jene Zeichen mir den beiden Baumchen oder Dolden und damit ihre Zuweisung nach Le Mans bzw. Castres zuletzr im Клт. Worms 2001 auch in Frage gestellt worden’1' obwohl Bruna 1996^’ an ihr festhielt. Fiir unsere Nr. 247-250 ist von Helena Koenigsmarkova 1977 auch eine Deutung als hi. Stephanus ins Gespriich gebracht worden, was ikonografisch denkbar ist. Bei dem gegenwartigen Forschungsstand crscheinr cine Zuweisung der Prager Zei¬ chen an bestimmre heiligen Diakone schon deshalb unmoglich, weil hierfur zunachst Klarheit iiber die Reliquiare bestehen miisstc, auf welche die Darstcllungen Bezug nehmen. Es muss daher an diescr Stclle geniigen, auf einige signifikante Darsrcllungs- konventionen hinzuweisen. Ob diese Beobachtungcn zu ciner kiinftigen Identifikation beizutragen vermogen, wird sich zeigen. 249 Pilgerzeichen, runder, dreischaliger Gittcrguss, dcr Rand mit Wiirfelaugen und von Kiigelchcn umzogen, Biiste eines hi. Diakons zwischcn zwei Baumchen, auf dcr Riickseite Nadel und Nadelrast sowie zwei von ehemals wohl vier Haltezungen zur Befestigung einer Hinterlegung Invcntar-Nr.: UPM 5719 Made: Durclmicsser 28 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15- Jalirlumdcrt Verglcichssiuckc: K,vr. Worms loot, S. 143, Nr. 114 Litcratur: Koenigsmarkova 1977, S. 81, Nr. 49. - Клт. Prag 1986, S. 23, Nr. 161 250 Pilgerzeichen, runder, dreischaliger Girrerguss, der Rand innen und auften von Perlstab umzogen und mit einer Lilien- krone bekront, Biiste eines hi. Diakons zwischcn zwei Baumchen, auf der Riick- scirc Nadel und Nadelrast sowie drei von urspriinglich vier Haltezungen zur Fixie- rung der Hinterlegung Inventar-Nr.: UPM 5720 Mafic: Hohc (mil Bckronung) 31 mm. Durcli- messer 23 mm Material: Blci-Zinn Daticrnng: 15. Jahrhundert Vergleichssiiicke: Kat. Worms loot, S. 140, Nr. 109; S. 145, Nr. 120. - Brcna 1996, S. 212, Nr. 329 l.itcratur: Koenigsmarkova 1977, S. 82, Nr. 51 343 Vgl. ebd. und Brosa 1996, S. 213, Nr. 331. 344 Gay 1887, S. 152. Das Model hat sielt bis lieute crhaltcn, vgl. Brcna 1996. S. 2561., Nr. 693. 345 Kai. Worms 2001. S. 140. 346 Bruna 1996, S. 2111'. 251 Pilgerzeichen, quadrat ischer, aufder Spitze stehender, dreischaliger Gitrerguss, Biiste eines hi. Diakons, Reste von Nadel und Nadelrast aufder Riickseite, wohl ur- spriinglich vier Haltezungen abgcbrochen lnvcniar-Nr.: UPM 5730 Mafic: Hohe 26 mm, Brcitc 26 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jahrhundert Vcrglcichsstiicke: keinc Litcratur: Koenigsmarkova 1977, S. 79, Nr. 47
Heiligt ИЗ Signifikant isc, class die Nr. 247-253 alle ein iihnliches Reliquiar abzubilden schei- ncn, das durch einen bctonten Kragcn sovvie zwei liber die Scliultcr schrag nacli innen Iaufende Streifen - wold die Clavi - gekennzcichnet wird. Innerhalb dicser Gruppe scheinen die Nr. 248 und 253 besonders ahnlich zu scin, da bier die Clavi niclu ganz so schrag wie bei den andcrcn Zeichen fallen und scirlich neben und zwischcn ihren Streifen jeweils ein Wiirfelaugc angebraclu ist. Nur die Oberflache der Biiste von Nr. 254 ist auffallig anders gestaltet, denn sie ist schrag gegittert und in jedem Feld mit einem Punkt besetzt, was an die Musterung des von Gay publizierten Gussmodels erinnert. Ob die flankierenden Kerzen (Nr. 248) odcr Baumchen (Nr. 249f.) und die Formen der Rah men und deren Vcrzierung cine Rolle fur die Identifikarion spielen konnen, ist cine wcitcre oftene Fragc. HK 252 Pilgerzeichen, quadratischcr, aufdcr Spitze stehender, dreischaliger Gittcrguss, identisch mit Nr. 251» aber auf der Riick- scite sind Nadel, Nadelrast, drei von viei Haltezungen und die Metallhinterlegung erhaltcn lnvcmar-Nr.: U1>M 5737 Майе: Hohe 28 mm, Brcitc 28 nun Maicrial: Blci-Zinn Datierung: 15- Jahrhundcrt Verglcicltsstiickc: keine Litcramr: Kocniosmarkova 1977. S. 78. Nr. 46. - Kat. Prac; 1986. S. 23, Nr. 162 253 Pilgerzeichen, plakettenartiger, neuneckiger dreischaliger Cuss mit Nadel und Nadelrast aufdcr Riickseire, im Flach- relief Buste cincs hi. Diakons, umzogen von Pcrlstabdekor und einem Band mit Wiirfelaugen lnvmtar-Nr.: UPM 5754 Майе: Hiilic 30 mm. Brcitc 27 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jahrhundert Vcrgleichs.stiicke: keine Literatur: Koi-nicsmakkova 1977, S. 84, Nr. 54 254 Wahrscheinlich Bildfeld eines An- hangers (ahnlich Nr. 248); das runde Bildfeld von Wiirfdaugendekor gerahint und mit Perlstab umzogen, Biiste eines hi. Diakons untcr MaRwcrk, links und rechrs von Bliitenranken Hankiert, Ruckseiceplan lnvcntar-Nr.: NationalmiLscnm I’rag H2-68.141) МаЙс: Durchmcsscr 41 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jahrluindcrt Vergleichssiiicke: keine
144 Pilgerzeichen Kardinal (hi. Hieronymus?) (255) Die Deutung der stchenden Figur, die durch einen Kardinalshut (Calero) und den I alar als Kardinal gckcnnzcichnct isr, ware noch rarselhafrer, wenn nicht ein selir alin- liclier Seine-Fund aus der Sammlung Gay wcircre Teilc dcr chcmaligcn vollsrandigen Darsrellung verraten wiirde: Rechrs neben dem Kardinal stehen auf einem sich nach auRen verjiingenden Standgrund zwei Kriicken, die wolil als Vorivgaben zu verstehen sind.-v'7 Lcidcr ist auch bei dicsem Pariscr Exemplar dcr rcchtc Tcil des Standgrundes 347 Vgl. Bri.-na 1996. S. 269. Nr. 515. abgcbrochen, so dass ein moglicherweise dorr befindliches Bilddetail fehlr. Da die Figur nicht niinbiert ist, stellt sich die Frage, ob es sich iibcrhaupi uni cine Heiligen- darsrcllunghandclr, was frcilich durch die Vorivgaben nahcgclcgrwird. Moglicherweise handelt es sich trotz des fehlenden Nimbus um eine Darstellung des hi. Hieronymus, dem evtl. der I .owe auf der rechten Seite als Attribut beigegeben war. HK Fragmenr eines Pilgcrzcichens (Einhornjagd ?) (256) Fur das Fragment eines Pilgerzeichens, von dem nur ein Teil des Rahmens mit einer Figur crhalten ist, lasst sich gegenwiirtig keine Parallele oder gar der Pilgerzeichentypus 255 Pilgerzeichen, drcischaligcr rahmcn- loser Gitterguss, Nadelrast auf der Riick- seite crhalten, Standgrund verbogen (?), links und rechts weggebrochen Inventar-Nr.: Nationalmuscum I’rag H2-68.228 Mafic: I folic: 25 mm, Breite (noch) 16 mm Material: Blei-Zinn Datiening: 15- Jahrhundcrt Verglcichssiiickc: Bruna 1996, S. 269, Nr. 515 256 Pilgerzeichen, wohl zwcischaliger, (quer- ?)rechteckiger Gitrerguss, nur linker Rahmen und Reste der Standleiste und linke Figur (Jager?) erhalten Inventar-Nr.: Nationalmiiseum Prag H2-68.226 Inschrift: in Majiiskcln: .[BENEDICTA TU IN MVLIERIBUJS a ET a BENEDICTVS a FRV[Cri'VS VEN'I RIS TL'I)- Mafic: I lohe (noch) 61 nun, Breite (noch) 21 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: Mine 2. Halftcdcs 14. Jahrhundcris VcrglcichsMucke: keinc
tieilige 145 angeben. Offenbar bandcltc es sicli uni cin (qucr- ?)rechteckiges Zeichen mit vicr Osen. Die Majuskelinschrifi und die Klcidung der Figur verweisen seine Entstehung in die Micce oder spatesrcns die zweite 1 liilfte des 14. Jahrliiindcrrs. Der markante Jagerhut und der von der Figur gehaltene Pfeil (?) konntcn zu einer Jagdszcncgchort haben. Der erhaltene Tcil der Inschrift »S о F.T о BENF.DICTVS о FRV« lasst sich leiclit /.uni Ave Maria bzw. zuni Grufider Elisabeth (Lk 1,42) erganzen. Vordiesem Hintergrund konnte es sich bei deni Zeichcn um cine Darsrellung der F.inhornjagd als Symbol der Empfangnis Christi durcli Maria handcln. HK Nachtrag zu Maria in einer Lilie (Nr. 109) (257) Kurz vor Abschluss des Katalogs srellte sich heraus, dass ein Nr. 109 schr ahnliches Zeichen bislier iibersehen worden war. Aus satztechnischen Griinden wird dieses Zei- chen hier als Nachrrag aufgenommen. Moglicherweise besaft die Sammlung nocli ein weiteres identisches oder schr ahnliches Zcichcn. Dieses Objckt (Inventar-Nr. UPM 5651) lieE sich nicht in der Sammlung auffinden. Zwar existierr eine Karreikarte mit knapper Beschrcibung, aber kcine Fotografie. Daher muss der unsichere Hinweis auf die mogliche Ahnlichkeit mit den Nr. 109 und 257 hier ausrcichen. HK 257 Pilgerzeichen, dreischaliger ralimeii- loser Gitterguss mir Nadel auf der Riickseitc, Marienfigur aus eineni Lilienornainent waehsend Invcntar-Nr.: UPM 98.972 Material: Blci-/.inn Mafic: Hohc 52 mm Datierung: 2. Hiillic lS./lriihes 16. Jalirluindcrc Vcrglcichsstiickc: Nr. 109, Biuina 1996. Nr. 142
146 Devotionalien Engel (258-260) Sclion die cliristliclie Ikonografie des Friihmittelalters kennt Engelfigurcn als Adoran- ten oder Assistcn/figurcn. Zunachsr als groftc machrigc Gcschopfc dargcstellt, werden sic ini I.aufc dcr Gotik immer mchr an das hofisclic Idcalbild cincs Jiinglings mil ju- gendlichcn Ziigen und lockigem Haar angepasst.-*'’* In diesem Sril sind auch die drei Engelfigurcn ausgefiihrt, die in dicser Gruppc zusammengefasst sind. Bei Nr. 258 und Nr. 259 handelt es sich um naliezu identisclie kleinc zweidinien- sionale Standfiguren im Seirenprofil. Die Engel tragen lange Gewiinder mir einem abgesetzten Kragen. Es isr jcwcils ein halbaufgestcllrer, detailreich herausgearbeiteter Fliigel zu sehen. Die Gesichter wirken eigentiinilich verfremdet — Augen und Nase sind iibermaKig groK, letztere geht nahtlos in eine holie Stirn tiber. Das Haar ist halblang und lockig. In den Handen halren die Figuren einen groften Leuchrer, unter dem sich cine runde Basis ausbrciiel. Die Figuren liaben am uiuercii Rand zusatzlich zwei um- gebogene Srcgc. Stcg und Leuchrerbasis dicncn dcr Stabilisicrung bcim Aufstellen der Figuren. Auffallig ist die fast niodclglciche Ausfuhrung. Woraufsiegestellt vvurden bzw. 258 Standfigiirchcn, Vollguss, Engel I iivcn tar-Nr.: UPM 5709 Material: Blci-Zinn Mafic: Holie 45 mm, Urcitc 20 mm Datierung: 15. Jahrhundert Yergleichsstikke: Nr. 230, Kosterkartci Tvpus l-.ngel; .Sammlung Figdor siehc dAi.I.EMacne 1928, Tafcl l.Nr. 10. - Scherers 1981, S. 19, Nr. 0. - Selir iihnlich: Клт. Dcsseldorp 1981. S. 19, Nr. 6 l.iieratur: Koenigsmakkova 1977. S. 122, Nr. 109. - К at. 1W 1986, S. 25, Nr. 182 259 Srandfigiirchen, Vollguss, Engel Inventar-Nr.: UPM 98.980 Material: Blci-Zinn Mafic: Holie 45 mm, Brcitc 20 mm Datierung: 15. Jahrhundert Verglcichsstikke: Nr. 235, Kosterkartci Typus Engel; Sammlung Figdor siche d’Ai.i.kmagni: 1928. Tafcl 1, Nr. 10. - Scherers 1981, S. 19. Nr. 0. - Schr iihnlich, Клт. Dusseldoke 1981, S. 19, Nr. 6 (Inv. Nr. 17748) l.iteratur: Koenicsmarkova 1977,8. 122, Nr. 110 348 Oskar Hol.i. (11. a). Art. Hiigcl, in: LC1 1, Sp. 028. 260 Brosche, Flachguss, Rtickseirc Nadel und Nadelrast lnvcntar-Nr.: Nationalmuseum Prag 112 08.147 Material: Blci-Zinn Mafic: Holie 20 mm. Breitc 15 mm Datierung: 15. Jahrhundcrt/16. Jahrlmndcri Vergleiclisstiickc: keinc
Miniaturretabel 147 ob sie Teil cines Ensembles waren, was zu veimuten isr, bleibt vorerst unklar. Leuditer tragende Engel erscheinen aufvielen Pilgerzeichen - insbesondere aber auf den franzo- sischen - als Adoranren oder AssistenzHguren von Mariengnadenbildern.,w Insofcrn 349 konnre hierin ein Hinweisaufdie lokale Herkunfr der beiden Standfigiirchen geselien werden und unter Umstanden aucli aufeine Verwendung im Kontext der privaten Ver- ehrung eincs Madonnenbildcliens. Die Prager Sammlung bcsal? ehcmals drei dieser Figuren, eine ist 1903 an das Diisseldorfer Kunsrgcwcrbcmuscum verkauft worden. '51) 350 Ebenfalls im langen Gewand und mit lockigem Haar allerdings frontal und mit hoch aufgestellten Fliigeln ist der Engel auf der Brosclie Nr. 260 dargestellt. Der Kreuzstab, den er in der linken Hand sclirag vor dem Korpcr halt, und das nimbierte Haupt kennzeichnen ihn als einen der Erzengel. Nur schwach zeichner sich leider der Gegenstand ab, den der Engel in der rechten Hand triigt, und dessen unbestimmte Form am ehesten mit beutelformig zu beschrcibcn ist. Um wclchen Erzengel es sich hier genau handelt, hangt letzrlich davon ab, wie das undeutliche Attribut in seiner rechten Hand zu deuten ist, denn nimbierte Haupter und Boten- bzw. Kreuzstab gehoren zur allgemeinen Ikonografie der Erzengel.451 Michael scheidet hier wohl aus 351 und damit auch die Herkunft aus Monr-Sainr-Michel, da cr als einziger der Erzengel schon seit dem 14. Jahrhundert cine spezielle eigene Ikonografie besitzt und haufig in Riistung, immer aber als Drachentoter erscheint, wie die Zeichen vom Mont Saint Michel zeigen.’52 Ebenfalls im 14. Jahrhundert begann man in der Kunst auch 352 die ubrigen Erzengel /war immer noch in gleicher Tracht darzustellen, sie aber mit unterscheidbaren Attributen auszusratten.'5’ Die typischen Beigaben des Erzengels 353 Gabriel, Olzweig, Lilienstengcl, Palmzweige bzw. Schriftrolle, passen nicht zu dem undeutlichen Objekt in der Hand des Erzengels.’"”4 Glciches gilt fur die Attribute der 354 Erzengel Uriel, dargestellt mit Schwert, Elamme bzw. Laterne, Sealthiel, als Adorant kniend dargestellt, Barachiel, mit Rose, und Jehudiel, Krone und GeifSel. Am ehesten lasst sich die beutelformige Struktur in der rechten Hand wohl mit dem Erzengel Raphael in Verbindung bringen, dem gestalterisch ein Fisch oder eine Biichse mit der Fischgalle beigegeben wurden, Sinnbilder seine Heilung des mit Blindheit geschlage- nen alten Tobias.”5 Ob dieses Zeichen explizir einem Herkunftsort zuzuordnen ist, 355 muss vorerst ofFen bleiben. CB Miniaturretabel (261-264) In den Kontext privater Frommigkeit gehoren kleine Klappaharchen mit zwei Fliigeln, die es wie die Altarretabel in den Kirchen.den diese Miniaruren nachempfunden sind, ermogliehten, das darin befindliche Heiligenbild zu bestimmten Zeiten zu verbergen.w’ 356 Auf die Innenseite der Riickwandc der Altarchen konnte ein Bild aufgemalt oder eine kleine gegossene flache Abbildung eines Gnadenbildes cingelegt werden.’5’ 357 Bei den Objekten 261-264 handelt es sich um viereinzelneTurchen solcher Klapp- altare, samrlich in hochrechteckiger oben in eine geschwungcne Spitze auslaufender Form und ein oder zwei (Nr. 261) Turangeln. Sowohl in der Ausfuhrung als auch in ihren Dimensioncn weisen sie untereinander so grolSe Ubcrcinstimmungen auf, dass man versucht ist, an die Herkunft aus einer Werkstatt zu denken. Aufgrund des Fund- ortes und eingedenk des Umstandes, dass es sich hier nicht wie bei den Pilgerzeichen unbedingr um Reisesouvenirs handcln muss, kame der Raum Paris in Frage. Nr. 261 zeigt auf dcr Vorderseite vor einem schwach stramingemusterten Hintcr- grund eine Heilige, wohl Maria Magdalena, im langen faltenrcichen Gewand. Das nimbierte und von einem Schleier bedeckte Haupt ist bis zum Halbprofil nach rechts gewandt. In beiden Handen halt sie vor dem Korper ein GcPdft (wohl ein Salbgefaft). Ober ihrem Haupt ist MafSwerk angedeutet, das sich bis in die Spitze des Flugels zieht. Der gesamte Fliigel ist von einer Perlschnur umiahmt. Die Ruckseite ist analog aus- gefiihrt, nur dass start der Heiligen ein Kreuzstab, bei dem das Krcuz von einer Raute Vgl. Iiicr K.iulog-Nr. U2f.. 132 nnd 133. Sen ti*t rs 1981, S. 19. Nr. 6. Oskar Mon (и. л), Лп. Engel, in I.Q 1. Sp. 63II. - P.1II1 Lucciilsi, Ai 1. Erzengel, in: LCI 1. Sp. 6781" Sidle lucr 1111 Kauloi;. Nr 206-213. 215, 216 I’nlli 1 uci Hhsi, Art. Erzengel, in: LCI 1. Sp. 675 If. Palli Lucciif.si, Art. Gabriel, Erzengel, in: LCI 2, Sp 75. Oskar I lot.L(u.a),Art. Raphael, Erzengel, in: LCI 3. Sp. 496. Norlim Woli-, An. Relabel, in- LDM 7, Sp. 762 f. I ci/iercszeigcn cntsprctlienilc Puntl / R in Paris oder auch Strnlsund. Rkuna 1996, S. 274. Nr. 530: Ansorci: 2008. S. 95.
148 Dewtionalit umlaufen wird, erscheint, der auf cincr zwcigctcilten Mafiwcrkstrukrur aufsteht. Auch Nr. 262 zeigt Maria Magdalena — bier mir frontalem Antlirz. Diesonsrigen Gesraltungs- elemente, auch auf der Riickscitc, stimmcn bis auf kleine srilistische Abweichungcn fast giinzlich niit Nr. 261 iiberein. Auch Nr. 263 zcigr cincn srramingemusrerren Hinrergrund, vor dem der aufer- standene Christus mir Kreuznimbus, Lendentuch und Dorncnkrone zu schen isr. Die rechte Hand ist zum Segensgrufi erhoben, die linke prasentiert das Wundmal. Dcr Hciland erscheinr frontal, vvobei er ab der Hiifte abwarts nach recht eingedreht ist, die Bcine stchcn hintcreinander, so dass er scheinbar aus dem Bild heraustritt. Auch hier ist iiber dem Haupt angedeutetes Maftwerk sichtbar. Die Szenc umrahmt ein planes Band ohne Verzierung. Auf der Ruckseite steht ein Engel im Profil, die erhobenen Fliigcl weisen in Richtung dcr Tiirangcl, von scincn Handen schwingt ein Spruchband in die Hohe, welches die ersten zwei Worte des Englischen Gruftcs tragt: »ave maria« Finen ebensolchen Engel mit Spruchband tragt auf der Vorderseitc der Turfliigel (Nr. 264). Dieser kniet vor einem wicdcrum stramingemusterten Hinrergrund, der von einem unverzierten Rand umlaufen wird, auf einem ahnlich gemusterten und zu- satzlich mit kleinen Kugeln in den Straminrauten versehenen Podesr. Die Ruckseite tragt wiedcr den Kreuzstab in der Art, die schon fur Nr. 261 und Nr. 263 beschrieben wurde. CB 261 Flachguss, linker Flugel eines Miniaturaltiirchens Inventar-Nr.: UPM 5760 Material: Dlei-Zimi Mafic: Hohe 56 mm, Bicitc 17 mm Daticrung: spates 14./15- Jahrhitndert Vergleichsstucke: keine Litcrautr: Koenics.markova 1977, S. 120, Nr. 106. - Kat. Prac 1986. S. 25, Nr. 184. - К at. Olomouc 2006, S. 227, Nr. 98 262 Flachguss, rechter Fliigcl cincs Miniaturaltiirchens Inventar-Nr.: UPM 98.956 Material: Blei-Zitm Made: Hohe 60 nun, Brcire max. 17 mm Daticrung: spates I4./15-Jahrhundcrt Vergleichsstucke: Brun'a 1996, Nr. 530, S. 274f., Nr. 530, und 534f. - Kat. Berlin 2008, S. 283, Nr. 38 Litcracur: Kof.nicjsmarkova 1977,S. 1201'., Nr. 107 263 Flachguss, linker Flugel eincs M i n iatu ralta rchens Inventar-Nr.: UPM 5759 Inschrift: in Minuskcln "avc maria.< (Ruckseite) Material: Blci-Zinn MaBe: Hohe 61 mm, Brcite 1,47 mm Daticrung: spates 14./15- Jahrhundcrt Vergleichsstucke: keine I.ireratur: Koenigsmarkova 1977, S. 121, Nr. 108
MiniaturschreinelAluirchen 149 Miniaturschreine/Aharchen (265-268) Vicr Objekre der Sammlung gehdren zu finer Gruppc von Gcgenstandcn, deren genauer Zwcck bzw. Fiinktionswfi.se unklar sind. Da her sollen die Bezeichnungen »Miniaturschrein« und »Alt;irchen« als vorlaufige Formulicrtmgcn versranden werden. Klarer hingegen ist der urspriingliche Sitz im Alltag, bci dem von einer Verwcndung im Rahmen der personliehen Devotion auszugehen isr. Die im Folgcnden als Miniaturschreine bczeiclineten zwei Girtergiisse sind Teile klciner sch rein form iger Kistclicn odcr Bcschlage bzw. Verzicrungen derselbcn. Insbc- sondcre die Stiicke Nr. 265 und Nr. 266 sind in deutlicher Anlelinung an spiitmittel- alterliche Schrcinreliquiare gestaltet. Es sind Seitenvviinde - teilweise mit Dach und Giebcl (Nr. 266) - bei deren Ausgcstaltung unverkennbar gorische Bauelementc, wic Maftwerk und spitzbogige Fenster, Vorbild waren. Das Exemplar Nr. 266 zeigr den Schreincharakrcr am deutliclisten. Erhalten sind zwei Seitenwiinde, je direkt daran anschlieftend oben das Dach und vorn die Gicbelwand. Diese zeigr einen heiligen Bischof mit Kreuzstab, dcr auf einem niedergeworfenen Drachcn steht. Links von ihm knier einen Adorant, der cine Kerze empor halt. Aufgrund des in Frankreich zu vcrniutenden Ursprungs des Objektes konnte es sich bei dem Bischof um den HI. Marcellus von Paris handeln, der allerdings iiblicherweise mit scincm Krummstab 358 S;lbinc K,.m Ли. ,w, Paris. in: den Drachen durchbohrt.ViH Faltet man das Exemplar zusammen, erkennt man un- I.CI 7, Sp. 491. 264 Flachguss, rechter Flugel eincs Miniaturaltarcliens lnvcntar-Nr.: Natiimalmuscum 112 68.IU5 Inschrifr: »ave maria- Material: Blei-Zinn MaBc: Hohc 59 mm. Brcite max. 17 nmi Darierung: spates 14./15. Jahrhundcrt Verglciclisstiiekc: keine 265 Miniaturschrein, Girrerguss, querrechtcckige Seirenwand, eine Zunge auf der Riick- seite lnvcntar-Nr.: UPM 5640 MafSc: IHohe 20 mm. Brace 45 mm Material: Blci-Ziim Daticrung: 15. Jahrliunderr Verglcichssriicke: К at. Berlin 2008, S. 2911'. dort Nr. 57, 58 l.iteratur: Koenicsmarkova 1977, S. 127, Nr. 120. - Клт. Prac 1986, S. 25. Nr. 186
150 Devotionalien schwcr, dass aus dcm zwcidimcnsionalen »Bausatz« ein dreidimensionales Kastchen mir Satteldach entsteht.-w' Das hier in zwci Einzcltcilcn wicdergegebene Stiick hat Denis Bruna als ein zusammengesetzres Objekt abgcbildec und auch als 3-D Rekons- truktion dargestellt.’60 Nr. 265 ist ebenfalls mit angedeutcten, hicr sehr spitzcn gotischen Fenster, die von Siiulchen mit kugeligen Kapitellen getrennt werdcn, und cincm drcieckigen Maftwerk ver/.iert. Auf deni Rahnien liiuft ein Zickzackband, dessen Drciecksfliichcn abwech- selnd mit ciner Schragschraffur und einer auf der Spitze stehenden Drcieckskombina- tion von drei Punkten versehen sind. Sowohl in seiner Gestaltung als auch in seinen Maften passt es exakt zu zwei, nahezu identischen Exemplaren aus der Sammlung des Berliner Kunstgewerbemuseums. Der einzige Unterschied bestehr im Fehlen des an- gedeuteten Schliissellochs, wie es in der Mirte von Nr. 265 dargestellt ist. Auch hier liegt der Gedanke nahe, in den Objekten Teileeines hier gleich mehrfach vorliegenden Bausatzcs zu schcn. Auch Nr. 267 und Nr. 268 waren urspriinglich Teile von Miniaturschreinen odcr Klappalrarchen. Das wird an den tiberlangen Zungen deutlich, die an den Seiten aus den Objekten herausragen und die cine Verwcndung als Klcidungszier unwahr- schcinlich machcn. Nr. 267 zeigt in einer unregelmafiig viereckigen Architektur die stehende heilige Katharina, nimbiert, bekront, mit ihrem charaktcristischen Rad in der einen sowie einem Palmwedel in der anderen Hand. Auch in dem hochrechtecki- gen Rahmen des Objektes Nr. 268 steht ein nimbierter Heiliger hier im bischoflichen Ornat mit Mitra, Stola und Kasel und einem verzierten Krummstab, den er rechts neben sicli halt. Eine Identifizicrung des Bischofs ist vvegen der fehlenden spezifischen Attribute nicht moglich. Die vier Werke besitzen kleine Zungen auf der Riickscite, die nahe legen, dass die Miniaturen von innen mit farbigem Papier o. a. hinterlegt worden sind. CB 266 Miniaturschrein, Gittcrguss, zwci querrechteckigc Scitenwande mit Dach- flache und ein Giebel, 13 Zungen auf der Riickseite, zwei Verschlussdsen crhaltcn Inventar-Nr.: UPM 5641 Mafic: Hohc 23-50 mm, Brcirc 32-44 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundert Vcrgleiclisstiickc: keine I.itcratur: Koenicsmarkova 1977-5. 127, Nr. 121 267 Miniaturschrein, Gittcrguss, Frag¬ ment mit vier Zungen, Giebel? Invcntar-Nr.: Nationalmiiseum H2-68.135 Mafic: Hohc 56 mm, Breitc 39 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundert Verglcichsstiickc: keinc 359 Sichc auch Hri.na 1006. S. 298. Nr. 1141. 360 P.hd. S. 298, Nr. 114. 268 Miniaturschrein, Gittcrguss, Frag¬ ment mit zwei Zungen, Giebel ? Invcntar-Nr.: Nationalmiiseum H2-68.I82 Mafic: Hohc 34 mm, Breite 35 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundert Verglcichsstiickc: keine
Kronen 151 Kronen (269-289) Eine Besonderlieit dcr Pragei Sammlung, die in anderen Kollektionen nicht in dersel- ben Haufigkeit auftrittu’’, sind diegroRe Zahl von Miniaturkronen. Essind insgesamt 361 21 Werke, deren markantcs Charakteristikum - neben einem bandformigen Korpus, der so bci keinem Pilgerzeichen auftritt - ein auffalliges konstruktives Merkmal ist: An den schmalen Vcrrikalenden befinden sicli auf der einen Seine Zungen und auf der anderen Seite cnrsprechcnde Aussparungen, in welchedie Zungen eingesteckt werden konnten. Wie bei den gerade beschriebenen Miniaturschreincn (siche Nr. 265-268) handelt es sicli also urn eine Arr »Bausatz«. Die Enden konnten zusammengebogen und so aus dem Band dreidimensionale Kronclien gefornit werden, die liinsiclitlicli ihrer Verwendung Fragen aufwerfen. Da die meisten der vorliegenden Stiicke beschadigt oder sogar nur fragmentarisch erhalten sind, zeigt sich die vollsrandige urspriingliche Gestaltung nur bei Nr. 276 und Nr. 280. Sic gleichen sich untereinander sowolil in ihren Dimensionen, die eine Hohe von vier Zentimeter und (im zusammengebogenen Zustand) einen Durchmcsscr von drei Zentimetern kaum iibersteigt, als auch in der Gestaltung, die um zwei zen- rrale Bildthemen kreist: die Epiphanie Jesu und die so genannten Monatsbilder. Ein Teil der Objckte besteht aus einer Figurenleiste (Nr. 269-276 und 289), iiber der die Zacken der Krone in Form von Lilien, Eichenlaub - seltener auch anderes Blattwerk - dargestellt sind. In einem Fall erscheint in diesem Bereich zusiitzlich die thronende Gottesmutter mit Jesusknaben. Andere Stiicke bestelien aus einem ornamental ge- schmuckren Reif(Nr. 277-281). Sieben Exemplare (Nr. 269-275) zeigen die Heiligen Drei Konige, die der Gottes¬ mutter ih re Gaben reichen bzw. ihrc Gaben prasentieren. DiekunstlerischeAusfiihrung variiert dabei stark. So zeigt das Fragment Nr. 271 in detaillierter Darstellung Maria im Wochenbett mit dem srehenden Jesuskind mit Kreuznimbus. Rechts und obcn sind noch Reste der Stallarchitektur zu erkennen (Balken und Schindeldach). Der Knabe streckt die linke Hand nach einem undefinierbaren Gegenstand aus, moglicherweise das Rudi¬ ment einer Gabe eines der Konige. Links sind drei der charakteristischen Aussparungen fiir die Zungen erhalten, diese beweisen, dass es sich auch bei Exemplar Nr. 275, welches (vermutlich) die stehende Gottesmutter mit Kind zeigt, um eine solche Krone handelt. Auch Nr. 269f., und Nr. 272f. gehoren zu diesem Themenkreis, geben die typische Ikonografie aber wesentlich schematischer wieder. Die Konige und die Gottesmutter stehen einzeln, sind kaum aufeinander bezogen, sondern sehen den Betrachtcr frontal an. Zusatzlich sind die Figuren durch grofle srilisierte Lilien bzw. Eichenlaub getrennt, das gleichzeitig- abgesehen von Nr. 270, bei dem die Konige und die Gottesmutter in einem separaten Bildfeld stehen - gemeinsam mit den Figuren die Zacken der Krone bildet. Ebenfalls zurTliematikder Heiligen Drei Konige gehortwahrscheinlich Nr. 276, das einzige vollsrandige Exemplar. In drei von vier separaten Bildfeldern, deren dreieckige, kreuzbekronte Giebel innen von dreibogigem Maftwerk verziert werden, steht je ein Hirte auf einer Wiese, zu deren FuBen je ein Lamm erscheint. Im rechten Feld ist iiber einer Blume der Verkiindigungsengel zu sehen, dcr ein Spruchband mit einer hier nicht lesbaren Inschrift empor halt. Bekront wird das Stuck von einem groften dreiteiligen Arrangement aus Eicheln und Eichenlaub. Die zwei nur noch rudimenrar erhaltenen Figuren, die iiber dem Giebel des Engelfeldcs stehen, sind evcntuell ein Verweis auf den Kindermord von Bethlehem: Es scheint, als durchbohredie hinteregroKere Figur, deren Beine in einer Rustung stecken, die kleinere nackte Gestalt davor mit einem Schwert. Ob die kniende Gestalt, die auf dem Fragment Nr. 275 zu erkennen ist, einen der Drei Heiligen Konige meint oder ob dieses Exemplar eher dem zweiten Themenkreis, den Monatsbildern, zuzurechnen ist, ist unklar.1('2 Umso deutlicher rritr dieses Tlierna 362 bei Nr. 289 zu Tage, bei dem fiinf Monatsbilder in einzelnen Rundbogen erhalten sind. Dargestellt ist iiber einem Band mit rundem Mafiwcrk ein Teil des jahrlichen Die Berliner Samniliing bcsiizi set hi eni sprcclicndc Objckte (Kat. Bi ri in 2008. S. 286, Nr. 44, S. 28911'., Nr. 52-56, S. 292, Nr. 59),Pariszehn,(BiujNA 1 ^ 9 0. S. 204-207, Nr 314-323).AvciSuickcvcTzcichncil lugo Hclbing in der Sammlung Bossaid, (H1.1- iunc 1911, S. 75, Га I el 36). Die Sammlung im Wormscr Stadtnuiseum besit/i ilrci Kru- nenf’iaginenic Kai. Worms 2001, S. 1031’., Nr. 56-58. Eine Krone befindet sich im A/iocrdesАл/»»л-/|»/(||с Viilfnaennei(Brlna 2006, S. 297, N1. I 12). emc wciteie 1111 Mu¬ seum van den Belfon in Gem (Kai Gt-N i 1975, S. 366, Nr. 64 5). Unrcr den 1’ilger/ei- chen und DcMXinn.ilicn der .Sainmlinii; R. Rieliebe.dieausdcrSaonegeborgen woiden waren, hckindcn sich /wei Kiuncu (n’Ai.i- hMAONh 1928). Eine Krone wurdc in 1.1 lie (De]>. Pas-De-Cal.ns) gelunden.dcr Verbleib ist unbekannt. (Tni'oixiiu 19U. S 687- 689). Ein Kroncnfi.igniciu belindet in der Sammlnng Clemen iin Kolncr Kunstgewei- bemuseum (H,u dkcki 1968, b. 72, Nr. 65). In der I’ilgcr^cichcnkartei von Kun Kdster im Germaiusclien Nationalmuseiim in Nurnbcrg crscheinen uniei der gmfleu Ru- brik der Pilgerzeichen mit deni Motiv der Heiligen Drei Konige zwei solche Kronen in Gestalt vonGlockcnabgussein Hesslingen, Krcis Gifhorn, von 1423 und in I an bach, Krcis GieEen, von 1470. (Kbsterkartei, Hci- lige Drei Konige, Pranzosischcr Typus). Sic- he dazu Khimmi 2012. ZumThcma Monarsbildervgl. S1 koiimai 1 k- Wlhm.RANIHRS 1999.
152 Devotionalien Kronchen mil den Heiligen Drei Konigen (269-276) 269
Kronen 153 Erntezyklus, cin Motiv, welches explizit Teil der Portiilprogramme franzdsischer,M sowie einiger oberitalicnischer,<" Kathedralen des 12./13. Jahrhunderts ist. Beginncnd auf dcr linkcn Seite siehr man /.uniiclist cincn Baucrn. dcr Gerreide mir der Sicliel schneidct und im nachsten Segment die Garben bindet (Ju I i /August). Da nil folgt die Wcinlese im September, dargestellt durch cine Gestalt mit Kiepe aufdcni Riicken, die ihre Hand an einen Weinstock legt. Der naclistc den Oktober verkorperndc Abschnitt ist stark fragmentiert. Im unteren Bereich sind nocli ein Baucrn mit eincr Hacke und ein brachliegcndes Getreidclcld zu erkennen. Im abschlieftcnden I;cld stcht cin Mann mit einem Schwein oder Scliaf, Symbol fur die in den kaltcn Monatcn November und Dczember beginnende Scldaelitezeit. Hier enden symbolisch das Jahr und real iter auch der Reif der Krone. Die klcinen Monatsbildcben tragen iiber den Rundhogen jc cine kleine stilisicrte Lilie, die auch in diesem Fall die Kronenzacken bilden. 269 Krone, Gitterguss lnvcntar-Nr.: UPM 5635 Mafic: Hohc: 35 cm. Breitc: 100 mm Material: Blei-Zinti Daticrung: 15. Jahrhundcri Vcrgleiclissiiickc: kcinc 270 Krone, Gitterguss, Riickseite: drei Zungen lnvcntar-Nr.: UPM 5638 Mafic: Hohc 30-45 mm, Breiic 81 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrliundert Verglcichsstiicke: kcinc Lireratur: Koenicsmakkoya 1977. S. 129, Nr. 124. - Kat. Prag 1986, S. 25, Nr- 188 271 Krone, Gitterguss Inventar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.279 Mafic: Hohc 43 mm, Breitc 36 mm Material: Blci-Zinn Daricruiig: 15. Jahrliundert Verglcichsstiicke: kcinc 272 Krone, Gitterguss lnvcntar-Nr.: UPM 98.981 Mafic: Hohc 66 min, Breitc ca. 150 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundcri Verglcichsstiicke: kcinc 273 Krone, Gitterguss lnvcntar-Nr.: UPM 98.969 Mafic: I lohe 22 mm, Brciic ca. 110 nun Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jalirlumdcrt Vcrgleiclissiiickc: kcinc 274 Krone, Gitterguss Inventji-Ni.: Nationalmuscum 112-68.251 Inschrift: »[?]CM« Mafic: I lohe 43 mm, Breitc 28 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrliundert Verglcichsstiicke: kcinc 363 U.a. Vczclay. Charles. Paris, Reims, Auum und Amiens, siclic Marion ( !kams-Tiiii mi:. Art. Jtih res fill r.< tel In ngen. f.ilnriziiuii. in: 1.1 ).VI 5. Sp. 278. 364 U. a. Verona und I’arm.i, p.hd. 275 Krone, Gitterguss lnvcntar-Nr.: Nationaliniiscuni Prag 112-68.210 Mafic: Hohc 28 mm, Breitc 22 min Man-rial: Blci-Zinn Daiicrung: 15. Jahrhundcri Vei glcii lisst iickc: kei nc 276 Krone, Gitterguss lnvcntar-Nr.: UPM 5637 Mafic: I liilic 53 111m. Breitc 68 111111 Material: Blci-Zinn Daiicrung: 15. Jahrliiiiulcri Vcrgleiclissiiickc: kcinc l.iicraiur: Koinigssiaiikova 1977. S. 129. Nr. 1253 275 276
154 Dei’otionalien Ornamentale Shake (277-288) ******* 277 278 280 281 282 283 284 285
Kronen 155 Alleiibrigen Stiickc trctcn im Wescntlichcn ohnc Figuren auf: die Kronen Nr. 277-281 bzw. die Kronenfragmcnre Nr. 272-288, bei denen es sich ausschlieftlich um Kronen- zackcn handelt. Die crhaltcncn Kronenrcifen sind entweder unverziert (Nr. 280) oder tragen vcrschiedene Muster, die von einfachen geometrischen Formcn wic Punkten, Kreuzen und Vierecken (Nr. 277, 279f.) bis hin zu aufwendigen, verscblungenen Maft- werkarbeiten (Nr. 281) rcichcn. Bei Nr. 277 und Nr. 279 konnte es sich aufgrund der grofien Ubereinstimmungcn in der Gestaltung um die Fragmente desselben Objcktcs handeln. Von den Kronenzacken zeigen sich einige in Ulienform (Nr. 278, 280, 288), 277 Krone, Girterguss Inveniar-Nr.: Naiionalmuscum Pr.ig 112-68.131 Mafic: Hohe 40 mm, Brciic 103 mm Material: Blci-Zinn Daiicrung: 15. Jalirhundcn Vcrgleichsstiickc: kcinc 278 Krone, Gitrcrguss Invcmar-Nr.: UPM 5631 Mafic: Hohe 30 mm. Brcilc 140 mm Material: Hlei-Zinn Datierung: 15. Jahrhundcn Vergleiclissi iicke: keine 279 Krone, Girterguss Invcntar-Nr.: UPM 5632 Mafic: Holic 40 mm, Brciic 105 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jalirhunderi Vcrgleichsstiickc: kcinc 280 Krone, Girterguss Invcntar-Nr.: UPM 5634 Mafic: Hohe: 31 mm Material: Blei-Zinn Datierung: 15. Jalirhunderi Vcrgleichsstiickc: keine 281 Krone, Gitrcrguss Invcntar-Nr.: UPM 5633 Mafic: Ilohe: 31 mm. Brciic: 79 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jalirhuiidcrt Vergleiclissiiicke: keine 282 Krone, Girterguss, rahmenlos (Fragment) Invcntar-Nr.: UP.V1 5639 Mafic: Holte 66 mm, Rreite 60 mm Material: Blei-Zinn Daiicrung: 15. Jalirhunderi Vcrgleichsstiickc: kcinc 283 Krone, Girterguss, rahmenlos (Fragment) Invcntar-Nr.: UPM 5650 Mafic: Hohe 40 min, Brciic 35 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jalirliundcrt Vergleiclissi iicke: kcinc 284 Krone, Gitrerguss, rahmenlos (Fragment) Invenlar-Nr.: UPM 5652 Mafic: Holic 23 null. Brcitc 15 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jahrhundcrt Vergleiclissi iicke: kcinc Litcratur: К at. Pkai; 1986, S. 26, Nr. 196. - Клт. Olomolc 2006. i>. 233. Nr. 110 285 Krone, Giuerguss, rahmenlos (Fragment) Invcntar-Nr.: UPM 5655 (iri)fic: I liilic 43 111111. Brcitc 22 nun Material: Blci-Zinn Daiicrung: 15- Jalirhuiidcrt Vergleiclissi iicke: kcinc 286 Krone, Girterguss, rahmenlos (Fragment) Invriitar-Nr.: UPM 98.960 Mafic: Holic 35 nun. Brciic 35 111m Material: Blci-Zinn Daiicrung: 15. Jalirhunderi Vergleiclissi iicke: kcinc 287 Krone, Girterguss, rahmenlos (Fragment) Invcntar-Nr.: Naiioiialniuscuiii Prag 1 12-68.159 Mafic: Holic 41 nun. Brciic 45 mm Material: Blei-Zinn I latierung: 15. Jalirhuiidcrt Vergleiclissi iicke: keine 288 Krone, Gitrcrguss, rahmenlos (Fragment) Invcniar-Nr.: Natitmalttmsomi l’rag 112-68.091 Mafic: I loin- 48 111111, Brcitc 41 nun Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jalirluitulcri Vergleiclissi iicke: kcinc
156 Devotionalien anderc sind als Laubbliitter b/w. konkret als Eichenlaub zu erkennen (Nr. 280, 282f., 285ft.), iibcr dem in cineni Pall (Nr. 270) die Gottesmutter thront. Wo fanden diese Kronen Verwendung und was oder wen liaben sie bekronc? Ihre Dimensionen sprechen gegen eine Verwendung als Kopfschmuck, sowohl fur Kinder und erst recht fur Erwacbsene sind sie schlicht zu klein. Die Bildmotive der Heiligen Drei Konige und der Monatsbilderzyklen verweisen aufdas Pest der Epiphanie bzw. den Drei-Konigs-Tagam 6. Januar. Es warseit dem 15. Jahrhundert in Mittclcuropa Braucli, fur dicsen Pesttag, welcher gleichzeitig das Ende der so genannten »Raunachte«16S dar- stcllte, kleine Kuclien zu backen, in denen eine Bobne versceckc wurdc. Der Kuchen wurdc aufgetcilr und derjenige, in dessen Stuck sich die Bobne befand, war »Bohnen- konig«. In Frankreicb warder Braucli wabrschcinlich sclion ab dem 13. Jahrhundert etabliert und verbreitete sich von hier aus in den Nachbarlandern.166 Der Bolinenko- nig triigt als Symbol seiner temporaren Wiirde eine Krone. Solche Kronen sind seit etwa der Mitre des 16. Jahrhundert durch bildliche Darstellungen belcgt und wurden von Straftenhandlern als Papierbogen verkauft.16 Dominik Fugger beschcinigt vollig zu Recht den franzosischen Bleikronchen eine groften Ahnlichkeit mit der spateren Papierexemplaren und kommt zu dem Schluss, dass auch diese Blcikroncn als Kopf¬ schmuck des Bohnenkonigs Verwendung fanden.16" Allerdings ignoriert er dabei die geringe Grofte der Objekte. Betrachtet man die Darstellung des Bohnenkonigs auf Gcmiilden des 16. und 17. Jahrhunderts, erkennr man, dass in den meisren Fallen die hier getragenen Kronen eine angemessene Dimension besitzen. Allerdings zeigen auch einigeGemalde, dass die Kronen teilweise garnichtals Rondell, sondern nurals ofFener Reif vorn auf dem Hut getragen wurden.169 Dies ware eine mogliche Erklarungfiirdie Verwendung der Bleikronchen, wirft aber gleichzeitig die Frage auf, warum die hier vorliegenden vollstandigen Sriicke dann die beschriebenen Verschlussmoglichkeiren aufweisen, dieaufeinen Gebrauch als geschlossenes Rundobjekt deuten. Einederzeit nur schwer belegbare aberdennoch interessante Losungder Frage ergibt sich im Blick auf rezente Brauche. Auch heute noch gehoren in vielen wcstcuropaischen Liindem Dreikonigskuchen zum Epiphanienfest. Besonders in Spanien und Frankreich werden oft kleine Kronchen aus Goldpapier, deren Zacken u. a. auch die Gestalt von stilisierten Lilien liaben konnen, auf diese Kuchcn gesetzt. Ob die Dreikonigskuchen auch schon im Mittelalter derartig geschmuckt wurden, ist nicht uberliefert. Auf den neuzeitlichen Darstellungen finden sich derart verzierte Kuchen nicht. Trotzdem ist aufgrund der aufgezeigten Merkmale auch ein solcher Gebrauchskontcxt nicht ganz von der Hand zu weisen. 365 In der Jucli Zwolf- oder Zwistheimachic genannie Zciispannc k.imen im Miitdalier magibclie Pr.ikiikcn 7iir Anwendiing, wie der Wcissagung von Krcigimscn des kom- nieiiden Jahres, Hausrjutlieningen ere. Christoph DAXU.ML’Libit, Art. Rauniichtr, in: LDM 7, Sp. 477f. Dass cs eine engc Vei- bindimgzwischcnden Rjunachren und dem Lpiphaniefest gab. zeigi die im 16. Jahrluin- dert m England gcbraiichlithcBezcithiuiiig iwelfnightking bzw. iwelfnightaike fur den Bohncnkdnig und den Dreikonigskuchen. Cuuiiz 1949, 5». 10, 12. 366 Guta 1 /. 1949, S. 9-14. 367 FufiGER 2007 S. 48f., S. 57f. 368 Ebd. S. 58. 369 Ebd. Talelieil, Abb. 15-17 Marten Clevc, »Dcr Konit; trinkt!« und Abb. 19, Jan Sielicn, »Der Konig trinki!». Kronchen nut Monatshilclern 289 Krone, Girrerguss, rahmenlos Invcniar-Nr.: IJPM 5636 Mafie: Hdlie 32 mm, Breitc 72 mm Material: Blei-Zinn Datierung: 15. Jahrhundert Vcrgleichsstiicke: keinc Literatur: Koenicsmarkova 1977, S. 128. Nr. 122
Ampullen 157 Die Kronen mit rein Horaler lr/.w. geomecrischer Gestaltung siehen mic grower Wahrschcinliclikeit im Kontext privater Frdmmigkeit. Dies legt zuinindest ein mittel- alcerlicher Quellcext italic, dcr aus den Regisrern von l.e Puy srammr. Hs handclr sicli urn einc Aufzahlung von Devotionalien und Andenken, die am Wallfahrtsort an die Pilger verkauft wurden. Neben verschiedenen Souvenirs - wie kleine Heiligenbilder, diverse Bildnissc und Statuen, die Frauen, Manner, Fische und andere Tiere zeigten - werden gcstickte farbige Bordiiren mit fleur de Lis erwahnt, die zum 'leiI auf Kronen aufgebracht waren.1'" Auf vvclchc Wcise genau diese Kronen Vervvendung fanden, ob sie beispiclsweise zur Bekronung von Statuetten o. ;i. dienten, bleibc im Dunklen. Abgesehen von den bciden dcutschcn Glockcnabgiissen17' wurden a lie bishcr bc- kannten Kronchen in Frankreieli gefunden. So liegt es nabc, dorr aucb ilire uisprirng- liche Herkunft zu vermuten und in ihnen Zeugnisse franzosischen Brauchtums zu sehen. CB Ampullen (290-292) Bereits in der Antike gab man an verschiedenen Pilgcrzentrcn, vor allem in Palastina, kleine bauchige GefaRe aus Metall, Glas oderTon aus. Sie dienten zur Aufbcwahrung und zum Transport von gesegnetem Wasser odcr Ol und galcen als Amuletce mit apo- tropaischer Wirkung, worauf ihre Bezcichnung als Fulogi(= das Gesegnete) zuriickgeht. Man crugdiezum Tcil mit zwei klcincn Osen versehenen kleinen GefaReals Anhanger oder deponierte sie im Haus. Wie die Pilgerzeichen oder die andere Devotionalien, die an den Wallfahrtsorten ausgegeben wurden, erlauben einige von ihnen eine Zuweisung zu einem bestimmten Herkunftsortaufgrund tvpischer Ikonografie bzw. einschliigiger Inschrift.’72 Audi abendljindische Wallfahrtsorte, darumer Canterbury, Boulogne-sur- mer oder Vendomc verkaulten Ampullen an die Glaubigen.1* Zum Konvolut der Prager Sammlungen gehoren drei Ampullen (Nr. 290-292). Bei Nr. 290 handelt es sich urn eine Ampulle mit je einer Ose an beiden Seicen, einem konischen, stark einzichenden Hals und viereckigem Korpus. Auf Hals und Korpus ist eine Straminmusterung erkennbar. Lctztcren ziert zudem ein geviertes Wappen, welches im ersten und vierten Schild die franzosischen Lilien zeigt und dessen zweites und drittes Feld diagonal gestreift ist. Es handelt sich uni das Wappen des I Ierzog- tums Burgund unter Philipp dem Kiihnen (1342-1404) und seincm Sohn Johann Ohnefurcht (1371-1419). Auch die Ruckseite der Ampulle ist stramingemustert wie auch das hier dargestellte stilisierte Wappen, das keinen konkreren Bezug zu einem 370 »Yni.iginc.\ sancionmi cl sanciaruni. Iiomi- minu'i miilicriinu-iqiinriiniaiinqucaliaruni siatuauim ei vniaginun) ciiam aniinaliiim quommciimqiic ac pisdum ci alias, in quo cuniqnc crc. auri, argenti, scagni, cupri, pluml>i, Imoiii cl alio qiioqiicacqucquacum- que alia niuicria |...| Item |...] in auro. ar- genio. siagno, plnmlio cl quoeiimqiic malc- ria ctiam hraiulainli ci pingciuli lloics lilii eimi corona vcl sine corona - Biuna iooG. S. 00. 371 Vgl. Anm. 361. 372 l.DK. Ari. Ampullen, S. I49J". 373 Boi:ut)i..s 20o-j, S. -170. 290 Devolionalic, Ampulle mil cin- ziehendem Hals und viereckigen Bauch, zwei rundc Osen Inveniar-Nr.: UI'M 5783 iVlaRe: Hiilic 40 nun. Brciit- 26 nun iYlaccri.il: Hlci-Zinn Daticrung: 1363 bis Anfang 15. Jalirhuiulcn Vcrglcichssiiickc: III* II. S. 370, Nr. 1595 Liicraiur: Koi-niosmaiikova 1977. S. 142. Nr. 154. - К at. Риде; 1986, S. 26. Nr. 192 290a Riickseite von Nr. 290
158 Devotionalien Adelshaus hat, sondern bloftes Dekorationselement ist. Dass der Herkunftsort dcr Am- pulle im Herzogrum Btirgtind zu suchen i.st, liegt aufgrund des Wappens aufdcr Hand. Um welchen konkreren Ort es sicli handelt, kann aber dcrzcit nichr gesagt werden.'4 Nr. 291 ist mit zwei Osen ausgestattet, hat die Form einer klcincn Vase lind liis.st im unteren, bier stark fragmentierten Bereich, einen runden Abschluss crahnen. Die Ampulle zeigt das Wappen des franzosischen Konigs bzw. des Ihronfolgers, in der seit 1376 iiblichen Ausfuhrung mit drei Fleur-de-Lys in einem Schild, welches oben von einer kleinen stramingemusterten Flaclie und einer leiclit gebogenen Lilienkrone iiberfangen wird. Die Riickseite zeigt ein Schiff, eine mittelalterliche Kogge mit Mast und Takcllage, die atif stilisierten Wellen sehwimmt. Rechrs vor dem Mast ist einc undcutlichc unrcgclmaftigc klcinc Struktur crkcnnbar. Moglicherweisehandelt es sich auch bier um eine Ampulle aus Boulogne-sur-mer. (Vgl. dazu Nr. 70) Um einiges alter ist die dritte Ampulle Nr. 292. Das bcutelformige Stuck besitzt an den Seiten je eine eckige Ose. Es ist an vielen Stellen von der Zinnpest befallen, so dass die Darstellungen nicht genau zu erkennen sind. Die Vorderseite wird horizontal von breiten stramingemusterte Bander durclrzogen, dazwischen sind einige bogcnfor- mige Elcmcntc erkennbar. In der Mitte des Bauches erscheint eine kleine, aus sieben Punktcn bestchende bliitenartige Struktur, daruntereinc nicbt mehr zu deurende, am ehcsten als zoomorph zu beschreibende Form. Die Riickseite umlauft am Rand ein Zickzackband. Die Verzierungen wirken insgesamt viel schlicluer und die Ausfiihrung ist vvesentlich grober als bei Nr. 290 und 291. Zusammen mit der Beutelform, die insbesondere bei Ampullen des spaten 12. bis 13. Jahrhunderts auftritt’75, deutet dies darauf bin, dass Nr. 292 in das 13. Jahrhundert - eventuell nocb in das beginnende 14. Jahrhundert - datiert. Eine Aussage liber die Herkunft des Stiickes kann wegen der unspezifischcn Gcstaltung und dcm Mangel an Vcrglcichsstiickcn bislang nicht gemacht werden. CB AlnilichcSiiickcKAi. HRiuaa-20o6,S. 1681'., Nr. 12 19 und 12.20. - Van Hi.tKiNt.iN/ Koi ni wtij/CiAAi.MAN ■ 9K7.S. 139, Nr. 61.2. 375 Borrtjes 2005, S. 470. 291 Dcvotionalic, Ampulle aus (Bou- logne-sur-mcr?) vascnformig mit rundem Abschluss unicn, zwei runde Osen Invenur-Nr.: UI’M 98.962 M.ilse- 1 lohe 37 mm. Breiic 35 mm М.негм!, Blci-Zinn Daiicrung: 3. Vierrel 14./15. Jahrhundert Vcrglcithsstikke: Vorderscire wic Kai. Btui.iN 2008. S. 273, Nr. 22 l.iteratur: Kot-NicsMARKOVA 1977, S 142, Nr. 153 291a Riickseite von Nr. 291 292 Devotionalie, Ampulle, beutelfor- mig mil rundem Abschluss unren, zwei dreieckigc Osen lnvciuar-Nr.: Naiionalmuseum H2-68.292 МлЙс- Hohe 49 mm. Brcite 38 mm, Dickc 10 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 13./beginneiules 14. Jahrhundert Vergletchsstiicke: keine
Vana 159 Varia Rahmen und Rahmenfragmente (293-304) Der Vcrwendungs- und Bedcurungskonrcxtdcr in dicser Rubriksubsumicrrcn Objekte ist vielfaltig. Sic konnten sowohl Teile von Pilgerzeichen als auch von kleincn Altarchen, Schrcinen oder andcrcn Devotionalicn etc. gewesen sein. Bei cinigcn ist auch nicht auszuschliefien, dass sie von profanen Zeichen oder von Schmucksriicken stammen odcr als Beschlagc dieiiten. Gemcinsam isc fast alien, dass es sicb uni leere Rahmen handelt, d.h. ihnen fchlr die zentrale Bildcinheit. Oder aher es sind Rahmenfragmente. Nur einige wenige cnrhalten ein Bildelement. Zu letzteren gehoren die Stiicke Nr. 293 und Nr. 294. Der quercckigc Gitterguss Nr. 293 zeigt einen bekronten Putto mit Hullhornern in den Handen umgeben von floralen Elcmenten und Ran ken in einem Rechceckrahmen. F.benso wic bei diesem Stuck ist auch die Vcrwendung von Nr. 294 unklar, am wahrscheinlichsten erschcint eine Verwcndung als Beschlag. In einem mit einer sternformigen Gicterstrukrur aus- gefiillten Rahmen erscheint der hi. Georg hoch zu Ross als Drachentoter. Bei Nr. 295 befindet sich in einem ebenfalls von einer Gicterstrukrur ausgcfiillrer Rcchteckrahmen ein leercs, rechtcckiges Plattchen - moglicherweise befand sich hier urspriinglich ein kleiner Spiegel.’’6 376 Vgl. Iiierzu 1 11* 11. s. -vi7. Nr. iim. Bei den folgendcn Objekten handelt es sich um Rahmenfragmente. Nr. 297 stammt vermutlieh von einem Pilgerzeichen; das legt die kleine, nach innen gewandee Ado- rantenfigur nahe. Nr. 296 isc aufgrund seiner GroRe wohl cher als Bestandteil eines Beschlages o. a. anzusprechen. Die hochrechteckigen Objekte Nr. 298 und 299 sind aufgrund der leeren, rechtecki- gen Bildflachen als Spiegel zeichen bzw. Spiegelanhanger anzusprechen. Das Spiegelfeld 293 Gitterguss, querrechccckig Invcntar-Nr.: UPM 5621 Malic: Hiilic 30 mm. Brcitc 52 nun Material: BIci-Zinn Daticning: 16. Jahrhundcri (?) Vcrglcich-sstiicke: keine 294 Ciittcrguss, querrechccckig Invcntar-Nr: UPM 5642 Mafic: НоЬебО mm, Hrcitc 81 mm Material: BIci-Zinn Daticrung: 15./I6. Jahrhundcrt Vcrgleidissiuckc: keine I.iterantr: Kat. Phac; 1986, S. 25. Nr. 187
160 Devotionalien 295 Spiegelzcichen, Gitterguss, hoch- reclueckig Invcntar-Nr.: UI'M 5643 Mafic: llolic 55 mm, Brcitc 35 mm Material: Blci-Zinn Daiicmng: 15./16. Jahrhundcn Y'crglcichsstiickc: kcinc 298 Spicgclzcichen, Gitterguss, hoch- rechteckig mit halbrundem Giebcl, drei Osen und cine ruckscitigc Zungc Invcntar-Nr.: UI'M 5680 Mafic: Hc'ilic 65 mm, Brcitc 45 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15./16. Jahrliundcri Vc rglcich sst iic lie: kei ne Litcralur: KoenicsmakkOva 1977, S. 135, Nr. 142 296 Girrcrgnss, Rahmcnfragment Invcntar-Nr.: UI»M 5648 Mafic: Lange 86 nnn Material: Blci-Zinn Daricrung: 15./16. Jahrhundcrc Vcrglcichsstiickc: kcinc 299 Spiegelan hanger, Gitterguss, hoch- rcchtcckig mit Dreiccksgicbcl, einc Osc, vier ruckseitigc Zungcn Invcntar-Nr.: UI'M 5681 Mafic: Hohe 53 mm, Brcitc 34 111111 Material: Blci-Zinn Daticrung: 15./I6. Jahrhundcn Vcrglcichsstiicke: kcinc I.iterantr: KoenicsmarkovA 1977.S. 135,Nr. 143 297 Gitterguss, Rahmenfragmcnt Invcntar-Nr.: Naiionalmuscum Prag H2-68.050 Mafic: Hohe 36 mm, Brcitc 15 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15-/16. Jahrhundcn Verglciclisst iickc: kei ne 300 Girrerguss, zweitciliger Rahmen, hochrechteckig mit Rundgiebel lnventar-Nr.: Naiionalmuscum Prag H2-68.255 und H2-68.289 Inschrift: »/\Vli MARIA« Mafic: Fragment: I.iingc 51 mm, Brcite 7 mm; Rahmen: Hohe 61 mm; Brcitc 44 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15-/16. Jahrluindert Vergleichssiiicke: kcinc
I'aria 16 von Nr. 298 wild von einer aulwendigen Architcktur ausgotischen Biforien, MaRwerk, eincm Dreiecksgiebel und Fialcn gerahmt und von einer Kreuzigungsgruppe bekront. Das lecre Mittclfcld des Anhangers Nr. 299 wird von cinem fragilen, mit Perlschnur ver- zierten Rechteckrahmen mit Wiirfelaugen und Bliitenornamenten gerahmt. Aus einem Dreiecksgiebel, dcr den Rah men iiherdacht.hlicktein Engel mitgespreiztem Flugelpaar hinrer dem Haupt. Aufgrund der riickscitigcn Zimgcn an beiden Objekcen kann man davon ausgehen, dass sie mit farbigem Papier odcr ahnlichem hinterlegt wurden. Ein vcrgleichbareswennaueh nichtidentischesStiickwurdein den Niederlanden gefunden. ’ ’ ’ Nr. 300 isr ein zweiteiliger Rah men mit halbrundem Giebel, der, das legt die In- schrift nalie, moglicherweise einmal ein Bild der Gottcsmutter enthielt. Die Vorder- seire mit dcr Majuskelinschrift »AVE : MARIA« im unteren Bereich, zeigt auRerdem Perlschniire sowic zwei flankierende gedrehte Saulen, von denen die eine bisher als gesondertes Objekt inventarisiert war, ohne Zwcifcl aber urspriinglich zu diesem Rahmcn gehortc. Am Giebel sind Restc einer schmalen MaRwerkverzierung erhaltcn. Riickseitig ist das leere Bildleld ebenfalls von einer Perlschnur und zudem von eincm Wiirfelaugenband und einem breiten Zickzackfrics, das an einigen Stcllcn cine Stra- minmusrerung zeigt, gerahmt. Zwei runde (Nr. 301 und 302) sowie ein herzformiger Rahmen (Nr. 303) sind an dieser Stelle noch zu nennen. Das Exemplar mit der Katalognummcr 301 umfasst ein metallenes rundes Blattchen mit einem Fries aus kleinen nach auRen gewolbten Bogen, das scinerseits von einer Perlreihen flankierten gedrehten Schnurgefasst wird. Die Einlage ist durch das Umbiegen des gesamten hinreren inneren Randbcreiches befesiigt. Im Gcgcnsatz zu dieser - oftensichtlich sehr bestiindigen - Befestigung war die Einlage in dem ebenfalls runden Rahmen (Nr. 302) nur mittels zweier kleiner 301 Gitterguss, Rundrahmen mit ein- gelegtem Metallblattchen lnvciuar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.171 Mafic: Durchmcsscr 33 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15-/16. Jaluliundcn Vcrglciclisstiicke: kcinc 302 Gitterguss, Rundrahmen mit zwei riickseitigen Zungen Invcntar-Kr.: Kaiionalmuscum Prag H2-68.153 Mafic: Durclimcsser 58 mm, Dickc 7 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15./16. JahrhtmtlLTi Vcrglcichssttickc: keme 377 Sic lie 11P 11. S. Л /|8. Nr. 1У98. 303 Gitterguss. Anlninger, Rahmer herzformig mit einer oberen Ose Invcntar-Nr.: N’anonalimismim Prag 1 l2-(i8.1(M Mafic: Nolle 17 mm, Hrcitc23 nun Maicrial: Blci-Zinn Daticrung: 15./16. JahrhuiHlcri VcrgleiclisMiickc: kcinc
162 Devotionalien Zungen befestigt wordcn und isr vcrloren gegangen. Der bier durchbrochcn gcstalcere Rundrabmen besteht aus eincm Wiirfclaugenband das von einem Kranz aus Ringen unigcbcn isr. Ahnliche Fundcaus den Niederlanden zeigen, dass derartigeStiicke weice Verbrcitung gefunden haben.,7s Audi bei dem herzformiger Anhanger (Nr. 303) isr das Bild, welches in gleicber Weise befestigt war wie bei Nr. 301, verlorengegangen. Das leere Feld wird umschlos- sen von einer Perlschnur und auften von einem Band aus Wiirfelaugen. Die Osc wird von einer kleinen l.ilic vcrdcckr.’74 Die runde Broschc (Nr. 304) konnte ursprunglich ebenfalls ein zctu rales Bildfeld besessen liaben. Die markante Rahmengcstalrung um das runde leere Mittelfeld mit umlaufenden Perlleisren und den chcmals elf geschwungenen Strahlen, von denen einer weggebrochen ist, liisst an sich nodi keine Schliisse zu, ob cs sich bei um ein religioses oder ein profanes Motiv gcbandelr bat. Allerdings zeigen u.a. die Nr. 84, 93, 101 eine abnliche Gestaltung, was auch fur cin Stuck im Museum von Rouen zutrifft, das allerdings noch durch cine Kreuzigungsgruppe bekront wird.1*10 Dcnkbar isr aber aucb, da am inneren Rand keine einschliigigen Befestigungs- elemente fur cine Bildplattc erbalten sind, dass zu diesem Objekt ursprunglich kein zcntralcs Motiv geborre. In diesem Fall ware die Sonnensymbolik des Rahmens, die recht eindeutig durch die geflamnuen, leicht gekriimmten Srrahlen mit kugcligen F’lidcn wiedergegeben wird, das wesentliche Motiv des Objcktcs. CB 304 Broschc, rundcr Gittcrguss mit Strahlen, Riickseite: Nadel und Nadelrast Invcntar-Nr.: N'aiionalmuscum I'rag H2-68.I67 Mafic: Diirchmcsscr *12 min Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. JahrliuiK.cn Vcrglcicltssiiickc: Nr. 84, 93, 101 305 Miniatur, dreidimcnsionalcr Gitter- guss, Turin, Fragment Invcmar-Nr.: UI’M 5647 Matte: Hcihe 51 mm, Brciie 23 mm Material: Blei-Zinn Daiicrung: 15. Jalirlumderr Verglciclisstiickc: keine Litcrautr: Koi:nic;sm.\rkova 1977, S. 130, Nr. 126. - К at. Prac 1986. S. 25. Nr. 189 378 Sielie IIP II, S. 445Г, don Nr. 1990 und 1994. Sichc auch d'Ai.i.kmacki: 1928, Tafel X V. S. 24 /25 (3. Reilic von oben, ganz r cell is) 379 Diverse lier/.fiirmigc Anliiingcr sind auch in anderen I;nndkonicxicn haufigeraiigelroflen worden. Sichc z.B. I IP I, S. 298. Nr. 859. - Sim-.nckk 1998, S. 322. Nr. 321 g/h. 380 Kni.art 1916, Tafel 319, Nr. 2c. 306 Miniatur, dreidimensionaler Gitter- guss, Turm, Fragment Inventar-Nr.: UPM 98.985 Mafie: Hohc 65 mm, Breite max. 21 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jalirliundcrt Vergleichsst iickc: keine
Varia Miniarurtiirme (305-308) Wie bei den gerade vorgestcllten Rail men und Rah men (ragmen ten bestelit aucli iiber die Verwendung von vier Miniaturtiirmclien Unklarlieit. Diedreidimensionalen, sanitlicli mir/.um 'leiI erlialren Gittergiisse (Nr. 305-308), stellen Turmspitzcn dar. Die Eormenspradie zeigt eine klare gotische Pragung mit MaRwerk, Krabben und Kreuzblunien. Ob in ilinen die Uberreste von Miniaturarclii- rckturen erwa kleiner Kapellenmodelle odcr aucli von kleinen Schreinen begegnen, lasst sich i n Erniangeluiig vveirere iiberlieferter Elemeiue soldier Ensemble bisher niche sagen. CB 307 Miniatur, dreidimensionaler Gitterguss, Turm, Fragment Invcniar-Nr.: UPM 5646 Mafic: Hiihc 64 mm. Urcitc ca. 20 mm Material: Blei-Zinn Daiierung: 15. Jalirlnmdert Vcrgleichs.siiicke: keinc Literaitir: Kofnicsmakkova 1977, S. 130. Nr. 127. - К at. Риле: 1986. S. 25. Nr. 190 308 Miniatur, tlrcidiniciisioiialcr Giuerguss. Turin, Fragment lnvcmar-Nr.: UPM 98.984 Mafic: Holic 65 mm. Hrciic max. 25 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jalirliuntlcrt Verglcichs.siiickc: kcinc
165 PROFANE ZEICHEN Tiere und Fabelwescn (309-324) Insgesamr 16 Stiickc der Prager Sammlung stellen Tiere oder Fabelwesen dar. Пег iiberwiegende Teil hiervon sind profane Zeicben. Welche konkrete Aussage .sich hin- ter den einzelnen Moriven verbirgr, isr nur sclccn klar crkcnnbar. Das liegr vor allcm daran, dass diese Motive sich auf zeitgcnossische umgangssprachliche Wcndungen oder alltaglichcs Erleben bcziehen, zu denen dcr Zugang in Ermangclung eines wis- scnschaftlich verwertbaren Dccodicriingsschlussels verschlossen bleibt. Erklarungcn basieren daher entwcder auf den Inschriftcn oder auf Analogicn. Nr. 3l6zcigr in dctaillierter Ausfiihrung einen schlanken Windhund mit Halsband in einer spielerischcn, fast begriiRcndcn Pose mit aufgestellten Ohren. Die Inschrift des Stiickes, zu dem es auffallig stark iibereinstimmende, fast modelgleiche Parallelstiicke181 in Kolner und in Paris gibt, ermoglicht die Enrschliisselung seiner Symbolik: Es soli seinem Trager Gliick bringen.Auch offenbaren die Worte auf der Standleiste. dass die Brosche in Frankreich gefertigt wurdc. Das Stiick Nr. 317 zeigt ebenfalls einen Hund und auch er ist auf eine spielerisch-freundlichc Art abgebildet. Hr isi siilistisch wesent- lich einfachergehalten alsdie vorgenannre Brosche und konntcTeil eines Beschlagcso.a. gewesen sein, da es weder einen Hinvveis auf eine Anhangerose noch eine riickseitige Nadel gibt. Moglicherweise ist in diesem Stiick ebenfalls ein Gliicksbringer zu sehen. 309 Brosche, profanes Zeichen Girtcr- guss AfFc mit Dudelsack, Ruckseirc Reste von Nadel und Nadelrast Invenrar-Nr.: Narionalmuscum Prag H2-68.187 Mafic: Holie 28 mm Brcitc 17 mm Material: Blei-Zinn Daricrung: 15. Jahrhuiidcn Vergleichssi iickc: kcinc 310 Anhanger, bekronter Delphin Inveniar-Nr.: UPM 5768 Mafic: Ilohc 28 mm Brciie 25 mm Material: Blei-Ziim Daticrung: 15- Jahrhundert Verglciclissiutkc: kcinc Litcratur: Koenigsmarkuva 1977. S. 140, Nr. 149. - К at. Pit At; 1986. S. 26, Nr. 195. - Kai. Oi.omolc 2006, S. 233, Nr. 109 381 Haf.»i:ki- 196K. S. 72. Nr. 66. - Bkuna 1996. S. 312. Nr. 597. 382 Bkuna 1996, click 311 Anhanger, Drachen-Miniatur- schwcrtschcide mir drci Osen luvcntar-Nr.: UPM 5775 Mafic: Ticfc 24 nun, l.iingc 100 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundcrt Vcrglcichsstiickc: kcinc
Profane Zeichen 166 Am haufigsten sind Vogelmotive in dieser Gruppe vertreren. Nr. 321 zeigr iibcr einer geschwungencn Inschrihenleistc cinen Schwan, dcr auf einem von drei Wellen- linien angcdeurctcm Wasscr .schwimnu. Die Inschrift »or loons : die« gibr Rarscl auf. Im Bririsch Museum in London wird ein Stuck mir ciner fast identischen Inschrift (»or loons dieu«) verwahrr.’8’ Ahnliche Schwanenzeichen finden sich im Vcrhaltnis zu andcren Tierdarsrelhingcn iibcrdurchsclmirrlich hiiiifig - dies gilt vor allem Fur die niederlandischen Fundesowie die Pariser Seine- bzw. die LondonerTliemse-Funde.,K'' Die Inschriften auf einigen franzosischeii F^xemplaren deuren auf cine Funktion als Gliicksbringer bin. Dem Schwan liaftet rein aufterlich etwas Edles an. Daher sind sie hin und wiederzum Gegenstand in der mittelalterlichen Literatur, besonders in den mittelalterlichen Ritterromanen geworden. Vordiesem Hintcrgrund murmafit Bruna, das.s die Schwanenzeichen Kopien von Kleinodien sein konnten, es sich also um eine Art populiirc Interpretation liofischer Kunst bandclt.'85 Dafiir wiirde auch sprechen, dass sich im 14. Jahrhundert in England derartige Schwanenzeiclien bei vielen adligen Familien bis hin zum Konigshaus grower Beliebtheit erfreuren - allcrdings in hoch- werrigeren vergoldeten und steinbesetzten Versionen.'K(’ Zu diesen Kollektionen gehoren etliche Anhanger bzw. Broschen, die einen auf einer kleinen Standleiste mit floralen Elementen stehenden schlanken Vogel mit kur- zem spitzem nacli unten gebogeneni Schnabel zeigen - vermutlich eine Taube. Vom Riicken der Tiere fiihren zwei gedrehtegerade Stege zu einer runden Ose.1H7 Ein solches Exemplar lindet sich auch unter den Prager Stucken (Nr. 323). Eine profane Deutung des Stiickcs aufierhalb der ausgepriigten christlichen Symbolik - als Fleiliggcisttaube, Seclenvogcl oder Vcrkorpcrung christlicher Tugenden wie Hoffnung, Mitgefiihl etc. - stelit nocli aus. Hiiliner und Hahnesiiid liiiufig dargestellte Tiere in den bekannten Konvoluten.’88 Darunter zalilt auch eines, das unter den Prager Objekten ein ganz iiliiiliches Gegen- 312 Brosche, profanes Zeichen. Gitrer- guss, bekrontcr Greif, Riickscitc mit Na- del und Nadelrasl lnveniar-Nr.: UI’M 5766 Matte: Holie 35 linn, Breitc 44 nun Material: Blci-Zinn Dalicning: 15. Jahrluuulerl Vergleiclissiiicke: koine 313 Brosche, profanes Zeichen, Gitrer- guss, Greif, Riickseite mit Nadel und Nadelrast Invcnrar-Nr.: UPM 98.964 Matte: Hcihe 50 mm, Brcite 35 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jalirliuiideri Vergleichssiiickc: kei nc 383 HP I. S. 271. 384 HP 1, S. 270f. Nr. 703-710,- I IP II, S. 419, Nr. 1817-1823. - Bruna 1996, S. 301 ff.. Nr. 571-576. Siminci u 1998. S. 286-289; Sielic auch n’An.r.Macni: 1928, Tafel 2. Nr. 10. 385 Bruna 1996, S. 301. 386 Spencer 1998, S. 2871. 387 HP I, S. 269, Nr. 694-697. - Bruna 1996, S. 300, Nr. 569f. - Spf.nci-.u 1998, S. 316f.. Nr. 318 a und h. 388 HPI.S. 272, Nr. 712-716.-HPI1.S. 418. Nr. 1810-1815- 314 Brosche, profanes Zeichen, Gitter- guss, Teufel, Riickseite mit Nadel und Nadelrast Inveniar-Nr.: Nationalinuscum Prag H2-68.129 Matte: Hohe 21 mm, Breitc 23 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhiindert Vcrglcichssriicke: keine
Tiere und Fabelwesen 167 stuck hat, ein vollplasiischer Anhiinger (Nr. 324) in Gestalt cincr rcclu rimdlich aus- gefuhrtcn Henne, dcrcn Riicken mit dcm Kopf durcli zvvci klcinc Bogenstrukruren vcrbundcn si lid, welche die Ose bildcn.’,v> Im hintcren I'eil ist der Schwanz weggebro- chen. Nach Denis Bruna gehoren speziell Hennen in den Kontcxt dcs »Mardi Cras«, des franzosischen Faschingsdiensiags, cines jener »fetten« Tagc, an denen die Vogel und ihrer tier in groRen Mengen konsumierr \vurden.,‘,,1 Aus der Londoner Themse scamint der Fund eines einschlagigcn An hangers, dcr dem beschriebenen Prager Fx- emplar ahnlich ist und zudem die Inschritt: »Lok on me, Kocrel« tragi, was eher fur einen Gebrauch als Amulert spricht.Wl Das letztc hier zu ncnncndc Vogelinoiiv begegnet schlicRIich in Nr. 313, einem kleinen Beschlagfragment in Gestalt cincs bekronten Vogclkopfcs. Das Tier blickt nach links und halt abwiiris am Hals entlang fallenden einen stilisierten Zweigoder Grasstengel, der je links und reehts von drei Voluten gerahmt wird. Links ragen die Voluten iiber den Kbrper hinaus und finden auf der gegcniibcrlicgcndcn Scite ihr Pen¬ dant in fiinf auRen am Hals entlang fiihrendcn Voluten, die analog der Gegenseitc kleine Osen bilden. Audi die Krone triigt vier kleine Bogen, die auf diese Art vier weitere Osen erzeugt. H inter dicscn zahlrcichen Aussparungcn steht wahrscheinlich neben gestaltcrischen Intensionen ein funktionalcr Gcdankc, dann namlich, wenn die Osen zum Befestigen des so charakrerisierten Beschlages mittcls kleiner Niigel oder Stifte dienten. Unter den Prager Tierdarstellungen finden sich zudem drei Lowen. Lntsprechende Sciicke sind auch in anderen Samndungen belegt/4- Im Mittelalter speiste sich das Wisscn um Ausschen und Verhaltcnsweiscn der GroRkatzen vor allem aus antiken Schriftquellen, alien voran den biblischen Schriften und dem Physiologus.*‘M Im We- sentlichen stand das Tier fiir drei Aspekte. Angrcifende Lowen mit geoffhetem Maul verkorperten das Dainonische. Zuglcich war der Lowe, der mit seinem Odem seine 313 Beschlagfragment (?), Girterguss, bekronter Vogelkopf Inveniar-Nr.: Naiioiialmusciiin Prag 112-68.128 Mafic: Holie 29 mm, Brciie 18 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jahrhiintlcrt Vergleichssi iickc: keinc 316 Brosche, profanes Zeichen, Giuer- guss, Hund auf Siandleiste, Riickseite mit Nadel und Nadelrasr. Invcntar-Nr.: UPM 5767 Inschrift: -BIPN AI A QVI <V1 F. PORTK- Mafic: Hcihc 39 mm, Brciie 58 mm Material: Blei-Zinn Dai imi ng: 14./15-Jah rlni ndert Vcrgleichssiiicke: I Iai.deke 1968. S. 72, Nr. 66. - Bruna 1996. S. 312 Nr. 597 Liierauir: Koenic.smarkova 197- S. 132, Nr. 133. - Kat. Prag 1986. S. 24, Nr. 172. - Kai. Olomihc 2006. S. 233. Nr. Ill 389 IIP 11. S. 418. Nr. 181 i. 390 But:nл 1996, S. 296. 391 Sn-Nc.i r 1998. S. 316. Ahh. 316li und S. 318. 392 HP I. S. 267. Nr. 681 686; HP II. S. 414. Nr. 1786-1788.-Kai. Worms 21,0,..S. |57. Nr. 144. 393 Vgl. Physio, o.ms .916. S. 1 8. 317 Bcschlagfragment(?) Hund, lUitk- seite ohne Gestalrung lnveniar-Nr.: Naiionalimiseuni Prag H2-68.126 Mafic: Holic 17 nun. Brciie 19 mm M.iicrial: Blei-Zinn D.nieriing: 15. Jalirlunuleil VciglciclisM iickc: keine
168 Profane Zeichen rotgeborenen Jungcn /.um Leben erweckte und von dem es hiefi, erschlafe mit offenen Augcn, cin Christussymbol. Schlieftlich verkorpcrtc dcr Lowe wcgcn seiner Kraft und majcsrarischcn Erscheinungauch Herrschaft und Wachsamkcit.m Die BroscheNr. 319 zeigt das Tier in der fiir das Mirrelalter typischcn Art, die oft auf Wappen begegner, in einer cber symbolischcn als realistischcn Darstellungsweise. Es bat einen iibermaftig scblankcn, langgestreckten Korper und steht seitlieb: allc vier detaillicrt ausgefubrten Prankcn sind zu sehen. Das Haupt mit kleinen runden Ohren blickt den Betracbter frontal mit geschlossenem Maul an. Vom empor gekriimmten Schwanz ist nur ein Teil erhalten. Die Mabne fallr in einzelnen Strabnen uber Hals und Brust. Am Kopfwurdc auf den Haarschmuck ver/ichter. In der Art der Gesraltungsrimmt Nr. 320 im Prinzip iiberein. Die Broscbe ist lediglieb etwas gedrungener ausgefiihrt und die Mabne um- schliefir den ganzen Kopf, so dass sie - im Vergleich zur vorgenannten Nr. 319 - eher die Anmutung eines realen Lowen ausdriickr. Auch das dritte einschlagige Exemplar ist eine Brosche (Nr. 318). In einem innen von einer Perlschnur gesiiumten und auften von Voluten und Osen gesebmiickten runden Rahmen sitzt nach rechts gewendet ein Lowe, das Haupt mit geschlossenem Maul wiederum frontal dem Betrachter zugewandt. Und auch hier finden sich wieder die typischen Merkmale: grofie Pranken, runde Oh¬ ren und sparliche Mabne. Im Gegensatzzu den vorausgehenden Darstellungen ragen von den Schulterbliirtern des Tieres zwei grofte dreieckige Fliigel nacli hinten. Der vordere zeigt drei durchgangige Lamellen, der hintere tragt ein Straminmuster. Das Tier erinnert an den Markuslowen von Venedig. Ob tatsaeblieb ein Zusammenhang mit dem venezianischcs Wappentier bestelu, sebeint aber fraglich.395 Der Anbiingcr Nr. 310 stcllt einen springenden Fisch mit Schuppenkleid, aufge- stellter RiickenHosse und geoffneter, zahnbewehrter Schnauze dar, die in ihrer Form 318 Broscbe, profanes Zeichen, runder Gitterguss mit gefliigeltem Lowen, Riick- seite Reste von Nadel und Nadelrast Invcnrar-Nr.: UPM 5726 Malic: Dtirchmcsscr 30 mm Material: Blei-Zinn □aliening: 15. Jalirliundcrt Vcrglciclisst iitke: kei lie l.iicr.uur: Koi.nicsmakkova 1977,8. 131, Nr. 129 319 Brosche, profanes Zeichen, Gitter¬ guss, stehender Lowe, Riickseite: Nadel mit Nadelrast Invciiiar-Ni.: UPM 5765 Mafic: Holic 35 mm, Breite 45 mm Marcrial: BIci-Zinn Daricrung: 15. Jalirliundcrt Vcrglcichsstiickc: Клт. Worms 2001, S. 157, Nr. 144 l.itcraiur: Koknicsmarkova 1977. S. 141, Nr. 152 394 Christian HcNi.MOiim-R, Am. Lowe, in: ШМ 5,Sp. 21411. 395 Unrcr den Pariscr Fiinclcn isi cin sehr iilin- liches Stuck, welches in dein Katalog des Muscc de Cluny als »lion cliinieriquc" auf- gefiiliriisiuiuldcn Fabelwesenziigcschlagcn wurdc, Bruna 1996, S. 326, Nr. 623. - Unrcr den niederlaudischcn Sriickeii finder sich in eincin viereckigcn Rahmen cin I.owe, dcr urspriinglich mogliehcrweisc chenfalls Flu- gel trug. F.nisprcchcndc Rudimeiiresind am Riickcn des Tieres erkenubar. HP П. S. 4l4, Nr. 1788. 320 Brosche, profanes Zeichen, Gitter- guss, stehender Lowe, Riickseite: Reste von Nadel mit Nadelrast Invcnrar-Nr.: Nationalmuseuin Prag H2-68.079 Mafic: I lohe 24 mm, Brcitc 24 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15- Jabrhunderr Vergleiclisstiickc: К at. Worms 2001, S. 157. Nr. 144
Tiere und Fabehvesen 169 klar an einen Delphi» erinnert. Auf dem Kopf des Tieres sind die Kesrc einer Krone in Form des Rcifes auszumachen. Dieser Gitterguss gchort zu den polirischen Zeichen. Den Titel Dauphin dc France rrug jcwcils der iiltcste Kronprinz der franzbsischen K6- nige.r,? Pur Denis Bruna stelien diese Delphinzeichen im Zusammenhang mit den Auscinanderserzungcn zwischen den Armagnacs undden Bourguignonszu Beginn des 15. Jahrhunderts.Wb hr sieht in ihncn Abzcichen der Anhanger Ludwig von Orleans. Damit dariertcn diese Zeichen in den Zeitraum vom Ende des 14. Jahrhunderts bis zur Ermordung Ludwigs im Jahre 1407. Die zwei folgenden Stiicke Nr. 309 und Nr. 322 zielen in ihrer Aussage deudich auf mcnschliche Vcrhaltensweisen ab. Nr. 309 zeigt im Seirenprofil einen Affen, eine Art Meerkatze, der mit angczogenen Bcinen nach links gcwandt auf einem klcincn Podest hockt und auf einem Dudelsack spielt. Der erkennbar erigierre Penis des Tieres offenbart die sexuellcundsicherauchsatirische Anspielung, die h inter dieser Symbolik zu scehen scheint. Vcrgleichbare Darstellungen - allerdings mit Schweinen - wtirdcn in den Niederlanden gcfunden.'0" Eine auf Zwischen menschlichcs bezogcnc satirische Aussage hatte wohl auch das profane Zeichen Nr. 322. In der gleichen Pose begegnet hier eine Sau. Auch sic sitzt aufrecht auf einem Podest, das auf einer kurzen Stand- leiste steht. Sic iriigi ein 1 Ialsband mit Glockchen, einen Giirtcl mit einer Gcldkatze und ist mit langen haarigen Borsten bedeckt. Unter den linken Vorderlauf gcklemmr lauft schrag von links oben nach rechts unten ein (Wander-?)Stab. Das Moriv tier Wanderschaft begegnet auch bei den crotischen Zeichen hiiufiger (siehe Kat Nr. 359 und 360), was aber nicht zwingcnd bcdcutct, dass auch dieses Stuck eine dcrartige Bedeutung implizicrt. Allerdings Iegt das ausgeprjigt ausgearbeitete Gesauge nahe, sexuelle Konnotationen nicht ganz von der Hand zu weisen. 321 Brosche, profanes Zeichen, Girter- guss, Schwan auf Standleiste, Riickseite mit Nadel und Nadelrast Inventar-Nr.: UPM 5762 Inschrift: in Minuskcln »or loons : die- Mafic: Hohe 32 mm, Breitc 40 mm Marerial: Blci-Zinn Daiicrung: 15. Jalirlumdcn Vcrgleichsstuckc: keine Lireratur: Koenigsni arkova 1977- S- 139, Nr. 148. - Клт. Prag 1986. S. 26, Nr. 194. - Bruka 1996, S. 301. - Kat. Oi.omouc 2006, S. 232, Nr. 108 322 Brosche, profanes Zeichen, Gitter¬ guss, sitzende Sau, Riickseite Rcsrc von Nadel und Nadelrast Invciuar-Nr.: Narionalmiiseuni H2-68.246 Mafic: Hohe 51 nun. Brcitc 20 nun Material: BIci mit Resien einer (Schein-)VcrgoI- dung Daiicrung: 15. Jahrhiuulerr Vcrglciclissriicke: keine 396 Bruna 1996. S. 278-286. 397 Der Titel «Dauphin- cxisiicric sehon seii deni2. Vieneldes M.Jalirhniidcrrs.Sciidciii die (iralschali Daupliinc, die dieses Tier audi im WappL-n irug. 1349 an die Iran/fi- siselie Krone iilicrgcgangci) war und als Apanage deni jeweiligen Kroiiprin/.eii ver- liehen wurden. Iie/.ciduicic man die konig- lielien llironlolger als Dauphins, (ierard (Jiokuanengo, Art. Duuphinf. in: I .DM 3. Sp. 588. 398 Audi sic sind in alien bereiis gcnaiuucii grd- fieren .S.inuTiliiiigcu vert retell. Bruna 1996, S. 2791., Nr. 537 539. - Sn nc kr 199K. S. 2901., Nr. 283a: I IP I. S. 273. Nr. 719. 399 Bruna 1996. S. 279. Z11111 P.ineieiik.iinpl /wisdien den Armagnacs und den Bouign- iguons sielie .nidi: (iuy I’. Marciiai., An. Лruuigmin ii Hanrguignons. in: l.DM 1, Sp. 962If. 400 I IP I. S. 2671'.. Nr. 691 -693. 323 Anhanger, Gitterguss, Taube Inventar-Nr.: UPM 5764 Mafic: Holic 32 111111, Breitc 29 nun Maierial: Blei-/.inn Daiicrung: 15. Jahrliinideri Vergleielisst iieke: kei ne Literatiir: Kof.nicsmarkova 1977. S. 132. Nr. 132. - Kat. Prag 1986. S. 24, Nr. 173
170 Profane Zeichen Nebenderirdischen Fauna erscheinenauch diverse phanrasrischeFabelwcsen unrerden Prager Weiftmetallgiissen (Nr. 311-314). Die mitrelalterlichen bildlichen und literari- schen Kiinsrc kennen eineganze Rei he solcher Wesen, meisr Hybrideaus versebiedenen Tieren, aus Menschen und Tieren oder aucb imaginare Tier- bzw. Menschenrassen mir unnaturlichen korperlichen Merkmalen.401 Es waren in der Regel cher negative Eigenschaften, die diesen Wesen zugesprochen wurden.40’ Ein klciner Teufel bzw. eine Chimare begegnet in Nr. 314. Das Wesen lauft auf alien Vieren, die Hinterbeine sind mit langen Klauen bewehrt, nach reclus gewandt, mit geschwungenem, bocb aufgeriduetem Schwanz. Das Haupt triigr Horner die Niistcrn sind gcblaht, die Augen weit geoffnet und aus dem aufgerissenen Maul ragr die Zunge. Derartige Damonenzeichen sind auch in den Niederlanden gefunden wor- dcn.101 Wahrschcinlich hatten sic wie die Wasserspeier an den Katbedralen vor allcm aporropaischen Charakter. 401 Josef F.Ncr.MANN/Viiclav l;ii.ip. Art. Fabel- wesen, in: l.DM 4. Sp. 208-211. 402 Ebd., Sp. 211. 403 HP 1, S. 251. Nr. 59If.; HP II, S. 402f., Nr. 1700f., 1705 und 1707-1710. Die Zeicben Nr. 3I2f. zeigen einen Greif.4"4 Vollsrandige erhalten ist nur Nr. 312; man sieht cin nacb rechtsgewandtes Hybridwcscn in der typischen Ausfiibrung. Der Hinrer- leib ist dcr eines Lowen mit Vogelklauen an den Beinen. Der geschwungene Schwanz endet start in einer Fellquaste in drei Hedern und aus dem Riicken ragen aufgestellte und mir Hedern bedeckte Schwingen. Das bekronre Haupt ist das eines Raubvogels. Dagegen schcinr der Hals mit einer Miilme bedeckt. Ganz ahnlich wurde auch bei der Gestaltung von Nr. 313 verfahren, bier ist allerdings nur der hintere Tcil eines nacb links gewandten Greifes erhalten geblieben. Greife begegnen in der Heraldik als Wappentiere. Ihnen wurden Heilkrafre nachgesagt. Zudem erscheinen sie als Sinnbild fur ungeziibmte Wildbeit aber auch als Christussymbol.40, Auch hier muss die Frage nach der Bedeutung, die diese Zeichen fur ihre Triiger besaften, vorerst ofFenbleiben. Nr. 311 zeigt auf einer Miniaturschwertscheide einen stilisierten Drachen, dessen Maul die Offnung der Scheide darsrellr. Die Verbindung Schwert und Drachen steht fur den im spiiten Mittclaltcr immer wieder in dcr Abcntcuerlirerarur erscheinenden 404 Sichcaucli Bruna 1996, S. 324f. Nr. 6l9ff.; n’Ai LhMACNi. 1918, TalcI 2, Nr. 22. 405 Chrisrian Hunemorder, Art. Greif, in: l.DM 4, Sp. I693f. 324 Anhanger, vollplastiscb, Huhn Iiivcn1.1 r-Nr. UPM 98.953 MjRc: Mohc 20 mm; Brcitc 22 mm Material: Blei-'/.iim D.nicrmip: 15. Jalirliuiuleri Verpleichssruckc: kcinc 325 Girrerguss, profanes Zeichen, Buch- stabe V, Reste von Zungen liivcnur-Nr: UPM 5679 Mafic: Holic 33 mm, Brcitc 31 mm Material: Blci-Ziun Daiicning: 15. Jahrhinidcrt Vcrglcichsstiickc. n’Ai i kmac;n> 1918, Iafcl XV, 1. Rcihc, 4 Objckr von links Litcratur: Koenigsmarkova 1977, S. 118, Nr. 103 326 Gitterguss, profanes Zeichen, fran- zosischen Lilienwappen, Reste von Zungen Invcniar-Nr.: UPM 5676 MaKc: Hohc 42 nim, Brcitc 33 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhunclcrt Vcrglcichsstiicke: kcinc Litcratur: Kolnigsmarkova 1977, S- 140, Nr. 150
Buchstaben und Wappen 171 Kampf mit dem Unrier und symholisiert Mut, Unerschrockenheit und Heldentum.1"'’ Ikonografisch ist das jMoriv cincs Schwcrrcs oder einer Lanze, die einem Drachcn in das aufgerisscne Maul gestoRen wird - und dies gesdiichr quasi ebenso, wenn der Be- sitzer dieses Miniaturgegenstandes cin entsprcchendes Schwert in die Scheide steckt - besonders eng mit der Vita des heiligen Georgs verknuplt."’’ CB Buchstaben und Wappen (325-330) Zu dem breiten Spektrum der in den spiitmitrelalterlichen Weiftmetallgiissen abgebilde- ten Gcgenstande und Symbole gehoren auch Lertern K,fi und heraldische Zeichen'"'\ die in fast alien grofteren wesreuropiiischcn Fundkomplexen bzw. Sammlungen derartiger Sciicke priisent sind. Fiinf entsprechende Excmplare gehoren zur Prager Sammlungen (Nr. 325—330). Nur die Nr. 330 besitzt (noch) cine Vorrichtungen, die zur Befestigung an der Kleidunggedient haben konnten, niimlich eine riickseitigc Nadcl. Da es sich bei alien um Gittergiisse handclt und aucb vvegen des klcinen Formates sowie der biiiifigen Prasenz-zumindestder hiervorgesrellten Wappenzcichen-, istdavon auszugehen, dass es sich nichr um Beschliige, sondern um Zeichen handelt. Zur Befestigung konnten diesc unter Nutzung aus der Gestalrung rcsultierender Aussparungen in den Gtissen an die Kleidung genaht worden sein. Die Buchstaben A, B, D, H, M, O, R, S und V sind als Abgiisse bekannt. Wall rend bei dem i m iibrigen am haufigsren belegten Buchstaben »M« fur Maria bei der Deutung innerhalb der Literatur Konsens besteht’"’, existicrcn fur die anderen Lcttern derzeit nur Vermutungcn. Das gilt auch fiirdaseinzige in den Prager Sammlungen befindliche Letterzeichcn (Nr. 325). Es zeigt den Buchstaben »V« auf einer kleinen Standleiste mit leicht nacb unten gebogenen F.nden stehend. In der Leiste befinden sich zwei kleinc Locher, die der Befestigung an der Kleidung o.ii. dienten. Der Korpus des Buchstabens ist stramingemusterc. Das lnnerc fiillt cine regelmafiige, rektanguliire Girterstrukmr aus zwei horizontalen und sieben vertikalen Staben. Im oberen Bereicb sind in diese 406 Wollga nj; Rune: к n i-.k. Art. Dntche/I: Kulntr- gescbichte und Vidkskundr des spntcn Mittc/- nltrrs, in: ШМ 3, Sp. 13431. 407 Siclic oben den Arlikel: (icorg von Nikome- dlien Ысг im Katalog. 408 Bki;na 1996. S.343f.Ni. 665-669. Soi.n- «>.к 1998. S. 319H'.. Nr. 318l--32Ic .-111* 1. .S. 311flf.. Nr. 962-982. - HP 11. S. 4421", Nr. 1967-1980. К.vi. Biiki.in 2008. S. 343. Nr. 190. 409 Bri.na 199г., S. 280. Nr. 3401'., S'. 283, Nr. 544If.. S. 283. Nr. 34811.. S. 2891'.. Nr. 53611., S. 2931'., Nr. 3611.. S. 34If.. Nr. 662П. -Si*i:nc:i:r 1998. S. 2821.. Nr. 270c. d, 271; HP 1. S. 27811.. Nr. 737-773. - 1 IP II. S. 423-426, Nr. 1847-1869. 410 Siclic auch Hiiuna 1996, S. 342. - Si*i:n<:i r 1998. S. 319; I IP I. S. 310; 1 IP II. S. 442. 327 Gitterguss, profanes Zcichcn, fran- zosischcn Lilicnwappcn, Restevon Zungen lnventar-Ni.: Narionalmuscum H2 68.048 Mafic: Hohc 32 min, Brciie 19 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15- Jahrhunclcri Vcrgleidisstiickc: koine 328 Gitterguss, profanes Zeichen, franzosisches Lilicnwappcn getragen von zwei Assis- tenzfiguren, Reste von Zungen Invcniar-Nr.: Naiionalnuiscnm 112-68.190 Mafic: Hohc 19 mm, Breilc 29 mm Material: BIci-Zinn Daiicrung: 15. Jalirliunderl Verglcichssiiickc: koine
172 Profane Zeichen Srruktur zwei kleine Fcnsrcr eingcarbeiter, die wo hi dem glcichen Zweck dienten wic dieexakr senkrecht unrer ihnen positionierten Aussparungen in der Standleisre. Obcn schliclit cin kreuzbekrontes Vierpassmafiwerk das Stiick ab. Das franzosische Konigswappen in Gestalt von je drei fleure de lis in einem bekronren Wappcnschild prasenriert sich in zwei untcrschicdlichen Varianten aufden vier explizit als heraldische oder patriotische Zcichen anzusprechendcn Objekten (Nr. 326-329). Die I.ilic ersebeint in Kontext der Konige des Fran ken reiches schon seit karolingiseber Zcit als I.ilicnkrone oder Ulienzepter. Als Wappen bzw. als explizites Symbol des Ko- nigshauscs ist sic seit dem 12. Jahrhundcrt auf einem Siegel Ludwigs VII. nachweis- bar. Das der Gottesmutter zugeordnete Symbol der Lilie verkorpertc wohl sebon itn 14. Jahrbundert gemeinsame mit der Oriflammc, dem legendaren Reicbsbanner und den koniglichen Insignien, der beiligen Ampulle mit dem Blut Christi und der den franzosischen Konigen nachgesagren Gabc, durcb Handauflegung Skrofel heilen zu konnen, den quasi gebeiligren Status der franzosischen Monarchal.4" Zwei der Zeichen des hiervorgestellten Konvolures (Nr. 326f.) zeigen ein jc bekronres Wappen mit drei stilisierten I.ilicn, von denen zwei liber der dritten angebracht sind. Von den Kronen sind bei beiden Objekten nur Reste erhalten, dass sie aber ursprung- lieb vorhanden waren, legt der Vergleich mir ahnlichen Sriicken nahe.41- Reste von Zungen an den Rtickscitcn beweisen, dass diese mit farbigem Papier oder ahnlichem binterlegt wurden. Die Gittergiissc Nr. 328f. zeigen - wic in dcr vor dem beschriebenen Ausfuhrung - in einem querrechteckigen Rah men die Priisentation eines Lilienwappens dutch zwei Assistenzfiguren. Bei Nr. 328 wird der Rahmen von zwei verflochtenen Linien ge- 411 PhilippeCiiun i amini-., An. Frankreicb, (A. Allgcmcinc und politische Cieschichtc). in: I.DM 4. Sp. 758K: Peier Dn.c, An. I.ilic, in: l.DM 5. Sp. 1983f. 412 D’Allemai:nk 1928, Tafcl XV', Nr. 27. - I Iki.dinc 1911. Tafcl 36, Reihc 7, 4. Objckt v.l. - Bruna 1996, S. 285. Nr. 548: 1 IP 1, S. 280, Nr. 769. 329 Gitterguss, profanes Zeichen, franzosisches Lilienwappen getragen von zwei Engcln, Reste von Zungen Invcutar-Nr.: Naiionalmuseum 112-68.215 Mafic: I lohe 22 mm, Brciie 30 mm Material: Blei-/.inn Datierung: 15- Jabrliundcrt Verglcichsstiicke: Bruna 1996, S. 342. Nr. 664 330 Gitterguss, profanes Zcichen (?), gekronre Lilie, Nadel auf der Riickseite Invcniar-Nr.: UPM 98.967 Mafic: Hohc 28 mm Material: BIci-Zinn Daiiening: 15- Jahrlnmdcri Vcrglcichsstiickc: keine
173 Ritter und Wajfett schmiickt. Zu beiden Seircn des Wappens stcht je cine Gestalt im langen Cewand mit kurzcm lockigen Haar und schaut den Betrachter frontal an. Nr. 329 gleichr Nr. 328 hinsichrlicli des Aufbaus dcs Bildfeldcs. Allerdings wird der Rahmen bier von einer Perlschnur gescbmiickr. Das Wappen selbst wird von zwei Engeln flankiert. Auch hier zeigen Reste der Ansarze von Zungen, dass die Stiicke hinterlegt getragen worden. In der Sammlung des Mu sec de Cluny gibt es drei Objekte, die in h'orm und Aufbau des Bildfeldcs den Nr. 328f. gleiclien."' Zwei tragen allerdings nicht die drei Lilien im 413 Bkdna 1996. S. 3411'.. Nr. 6f>2il. Wappen, sondern srellen je zwei Lilien gemeinsam mit einem anderen heraldischen Symbol dar. Denis Bruna interpretiert diese Melange a Is gcmeinsamc Darstellung des koniglichen Wappens mit dem jeweiligen heraldischen Symbol des Hauses, aus dem die angeheiratete konigliche Gemahlin stammrc.''" Insgesamt kann wohl davon 414 l-bd. S. 34if.. Nr. 662 ('. ausgegangen werden, dasssolche Zeichen, die das Konigswappen bzw. auch Wappen allgemein zeigen, von ihrem Besitzer in der Absicht dcr Zurschaustellung einer in welcher Intensitiit auch immer bestehenden Sympathie oder Verbundenheit zu den dargestcllten Herrschaftshausern getragen wurden. Die Nr. 330, eine von einer Lilienkrone bekronte fleure de Its, konnte auch als Mariensymbol angesprochcn werden, scheint abcr wohl doch eher cin politisches Zei¬ chen darzustcllen. CB Ritter und Waflfen (331-336) Zeichen mit stehenden oder hiiufiger noch reitenden Rittern waren im Spatmirtelalter weit verbreitet. Dennoch gibt es zu den beiden Zeichen Nr. 331 f. bisher keine Analogic- in einer anderen Sammlung. Die Nr. 331 zeigt in einer handwerklich cjualitatvollcn 331 Profanes Zeichen, dreischaliger Gir- tcrguss, leicht fragmentiert. stehcndcr Rirrcr, auf dcr Ruckseite ist die Nadelrasr erhaltcn Inveniar-Nr.: UPM 5699 Mafic: Brcitc 38 111m, Hohc 93 mm Material: Blci-Ziim Daticrung: 2. Hiilfte dcs 15. Jahrhundcrts Vcrglcichsstiickc: koine Litcratur: Kat. Prac. 1986, S. 21, Nr. 148 332 Profanes Zeichen, rahmenloscr, dreischaliger Gitterguss, ritrerlieher Dra- chenkampf, auf der Riickseire Nadelrasi und Reste der Nadel erhaltcn, oberer und unterer Teil des Zeichens sind nett zu- sammcngclotct Invcntar-Nr.: Nationalinuscum Prag U2-68.080 Mafic: I lohe 36 mm, Brcitc 30 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 2. Halfic dcs 15- Jahrhundcrts Vcrglcichsstiickc: keme 333 Profanes Zeichen, Armbrust, ilrci- schaliger Gitterguss mit an der Riickseire befindlichcr Osc lm-ciuar-Nr.: Naiionaliniiscuiii Prag H2-68.271 Mafic: Hiilic 35 mm, Brcitc 51 mm Material: Blci-/.inn □aliening: 15. |alirlunidcn Wrglcichsst iickc: kei 11c
174 Profane Zeichen Ausfiihrung einen stehenden Ritter mit Plattenpanzer sowie Helm mit betonter Feder, der in seiner rechten Hand cin Schwcrt und in seiner linken eine Tartsche triigt, de- ren geviertes Schild cin Krcuz und heraldische Lilien zeigt. An der Hiifte lehnr eine Streitaxt. Hie Darstellung der Rustling und Bewaffnung verweist auF die 2. Hiilfre des 15. Jalirhunderrs. Die auf der Riickscite crhaltene Nadelrast zeigt, dass es sicli um ein an der Kleidung gctragcncs Zeichen handelte. Die Nr. 332 stellr ebenfalls einen Ritter in Plattenriistung dar, der aber auf dem Pfcrd sitzend einen unter ihm liegenden Drachcn die Lanzc in das Maul stoftr. Das ikonografischc Motiv dcs rirterliehen Drachenkampfes verbindet dieses Zeichen mit den Darstcllungen des hi. Georg. (Vgl. Nr. 173-175) Das Fchlen der Konigstochter in der Szenerie oder eines anderen Hinwcises auf die Georgslcgcnde machen es aber unwnhrscheinlich, dass liicr der hi. Georg, dargesrellr isr. Als Armbrust gestalteteZeichen sind bishernurails niedcrlandischen"\ belgische‘ll<’ und britischen11 Funden bekannt. Moglicherweise handelt es sich um Zeichen von Schiitzengilden o.a. Solltc die Nr. 333 wie die meisten Zeichen der Prager Sammlung aus der Seine stammen, wiire es der erste franzosische Fund dieser Art. Das Zeichen stellt eine Armbrust mit Stegreif und eingelegtem Bolzen dar. Eigentiimlich ist die Darstellung des Abzugshebels, der auf beiden Seitcn des Schaftes erscheint, was dieses Stuck von alien bisher bekannren Funden unrerscheidet. Die zwei Schciden (Nr. 334f.) gchoren zu einem in alien westeuropiiischen Fund- komplexen weit verbreiteten Zeichentypus von Miniaturschwertern, uberderen Funktion allcrdings keine Finigkcitbcstcht. Spencer interpretiert Funde von Miniaturschwertern mit Schwertscheide, insbcsondcre mit klcinen aufgcsctztcn Rundschilden, als Dar- stellungen jener Mordwaffe, mit der Tliomas Becket erschlagen und die als Reliquic in Canterbury bewahrt wurde."H Sonst interpretiert man Miniaruren in Form von 334 Profanes Zeichen (?), Miniatursiibel- scheide, hohl gegossen Invciiiar-Nr.: Naiinnalinnsciim Prag 112-68.059 Mafic: Hohc 48 nun. Breiic 15 mm Marcrial: Blei-Zinn Daiierung: friiluiciizciilich (17. Jalirhuiitlen ?) Vergleichsstiickc: kcinc 335 Profanes Zeichen, Schwertscheide mit Giirtung, Nadel und Nadelrast auf der Riickseite Invciuar-Nr.: Naiioiialnuiscuin Prag 112-68.093 Mafic: Hohc 72 nun, Brcitc 25 mm Material: Blei-Zinn Darierung: 15. Jahrhundcri Vergleiclissiiickc: Bhuna 1996, S. 340, Nr. 658f. 415 Vgl. HP 1, S. 310. Nr. 959-961. - HP II. S. 441, Nr. 1963-1964. 416 Vgl. Kat. BKi'u;t;E2oo6,S.33, Nr.2.11 2.15. 417 Vgl. Mitciiikick 1986. S. 211, Nr. 756. - Spencer 199Я. S. 298f. 418 Vgl. Spencer 1998, S. 93-99. 336 Fragment eines Ritters, erhalten isr der Schild mit Hand und Armansatz Invcnrar-Nr.: NarionaIuius,cum Prag H2-68.056 Malic: Hohc 25. Brcirc 13 mm Material: Blei-Zinn Daiierung: 11 m 1500 Vcrglcichssiiicke: keine
Varia 175 Schwcrtern und Schwertschciden meistals profanes Zeichen.'^Zwei Stiickcdcr Prager 419 Vgl. u.a. Нш:кл 199ft, s. 336 341. - III* 11, Sammlung werden in diesem Katalog allerdings als Zeichcn bzw. Dcvotionalien vom s 4’’1 MontSaintMichelangcsprochen (vgl. Nr. 225f.),woden Pilgern im 15.Jahrhundertdie reliquiaren Waften des Erzengels prasentiert wurden. Fur die beiden Scbwerrscheiden Nr. 334f. ist dies aber niclu walirsclieinlicli. Auflallig ist, dass es sich bci Nr. 334 urn eine gckriimmte Scheide mit eincr an zwei Ringen bciestigten Aufhangung handelt. Daher ist die Miniatur kaum als spatmittelaltcrlich anzusprechen. Dies gilt niclu fur Nr. 335, bei dem die leiclue Biegung sekundar ist. Der Besar/. der Scheide und die Giirtung entspriclu ahnlichcn Miniaturen im Musee de Cluny. '-” 420 Vgl. Hm na 199ft. S. 340. Nr. 6581. Die Nr. 336 istein Fragment, das wall rscheinlich 7.11 r Darstellungeinesgewappneten Ritters gchdrte. Erkennbar ist nur nocli der rarschenartige Scliild mit der Darstellung des Gesichtes eines Wilden Manncs, sowie die in die Schildfessel greiiende Hand und der mit einem Kettenhemd (?) gcschiitztc Oberarm. (Vgl. Nr. 336a) ИК Varia (337-340) Im Folgcnden sind jene Zeiclien mit llicmen zusammengcstcllt, die in den iibrigen Abschnittcn niclu einzuordnen waren. Da es sicli um cine heterogene Gruppe handelt, wird jedes Zeichen fur sich kommentiert. Zeichcn mit der Darstellungciner Sackpfeifc hegegnen haufiger in westeuropaisclien Funden — gclegentlich werden auch dudelsackspielende Fiere abgebildet. (Vgl. Nr. 309 und 322) Die aus Frankreich stammenden Zeichcn stellen die Sackpfeife iminer in einer spezifischen Weise dar: Den Ubergang vom Luftsack zur Spielpfeife bildet ein Drachenkopf; deutlich erkennbar ist das nach oben gerichtcte Anblasrohr, wall rend die danebensitzende Bordunpfeife nur rudimentar ausgcbildet ist. (337) 336a Wachtcr am Grab Christi mir Tartsche in Form eines Wilden Manncs, Ostcrgrab im Erfurter Dom, 11 m 1500, Foto: H. Kuhne 337 Profanes Zeichen, Sackpfeife, se¬ kundar mit einem Maricnbildchcnvcrlotct Invcniar-Nr.: Naiionalimiscum Prag H2-68.055 Mafic: I Iohc33 mm. Hreitc 24 mm Maiciial: Ulci-Ziun Daticrung: 15. Jalirhuiulcn Vcrglcichsstiickc: Tixaddk 2004, S. 112. Nr. 249. - HP 1. S. 293. N1. 860. - К at. Worms 2001. S. 158. Nr. 145 (modclglcicli ?)
176 Profane Zeichen Miniaturen eines Grillrostes mit Fischcn sind als Einzelfunde im Raum dcr Ostscc (Stralsund'21, Liibeck122) sovvie aus Damme*2-' und Brugge'42’4 belegt. Zu dem Pragcr Stuck gibt es einen sehr ahnlichen, bisher unpubliziertcii, Seine-bund.',2S Sowohl die Funktion als aucb die Datierung (spatmittelalterlich, friihneuzeitlich) dicscr Minia- turen iststrittig. (338) Man konnte den maskcnhaftcn Schiidel eines Wildsclnveins mit betontem Gebiss und hcrvorstehenden Hauern fur das Fragment einergrofScrcn Darstellung halten,gabe es nicht einen ikonografisch selir ahnlichen Fund aus Iper426, der cindeutig als Zcichen identifiziert werden kann. An der Nr. 339 sind allerdings keinc Befestigungsosen o.ii. zu erkennen. (339) Die primitiv gearbeitete Hand mil Oberarm konnte rnogl icherwei.se das Fragment einer grofieren Darstellung gewesen sein. Andcrcrseits konnte es sich auch um einc mehr oder weniger vollstiindige Darstellung eines Armcs handeln, die als Votiv oder aber aucli als Miniaturszeptcr (main de justice?) anzusprcchcn ware. (340) HK 339 Profanes Zcichcn, Wildschweinkopf Invcntar-Nr.: Nationalmuseum Prag 112-68.060 Mafic: Hohc 29 mm, Brcitc 27 mm Material: Blei-Zinn Datierung: spatmittelalterlich (?) Verglcichsstuckc: Kai. Bhucci-: 2006, S. 123, Nr. 7.102 338 Fischgrill mit zwei Fischen Invciuar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.081 Mafic: Holtc 65 milt. Brcitc 41 mm Material: Blei-Zinn Datierung: spatmittclalrcrlich. iViihncit/.citlidi? Verglcichsstiicke: vgl. Anm. 420-424 421 Ansorck 2008, S. 110, Nr. S 531. 422 К at. I.uiif.ck 2003, S. 192. Nr. 42. 423 К at. Вtuxa; 1. 2006, S. 121, Nr. 7.82. 424 Brugge, Hriiggcmusciim, unpuhlizicrt, nach Kunera Objckt-Nr. 10629. 425 Paris, Muscc National tin Moyett Age. nach Kunera Objekt-Nr. 11297. 426 Vgl. Kat. BKiititit- 2006, S. 123. Nr. 7.102. 340 Hand mit Oberarm, gegossen lnvcntar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-C8.051 Mafic: Hohc 39 mm, Brcitc 12 mm Material: Blei-Zinn Datierung: uiiklar Verglcichsstiicke: keinc
Erotiscbe Zeicben 177 Erotiscbe Zeicben Zeichen miterodschen bzw. sexuellen Darstellimgentauchtenim 19.Jahrhundertgleich- zeitig mit den Pilgerzeichen und anderen Weifimetallgiissen unter den Seine-Funden auf, die Arthur Forgeais als erster katalogisicrte. Forgeais zog cs allerdings vor, diese Stiicke niche in scinem fiinfbandigen Katalogder »plombs histories« zu veroffentlichen, sondern stellte sic in einem diinnen Biichlein unter dem Titel »Priapees« vor, das ohne Verlagsangabe gedruckt wurde. Nur ein kleiner Teil der von Forgeais publizierten erotischen Zeicben kam in die Sarnmlung des Musee de Cluny. Darin driiekie sich die Distanz der Zcir zu den pornografischen Sujcts dicscr Zeichen aus. Noch 1968 wurden die zwei Phalluszeichen aus der Sarnmlung Clemen im Bestandskatalog des Kolner Museums fur Angewandtc Kunst als »gefliigelte Tiere« camoufliert.'2" Erst durch die zahlreichen Neufunde erotischcr Zeichen in den Niederlanden kam in den letzten zwanzig Jahren eine wissenschaftliche Diskussion liber Gebrauch und Funk- tion dieser Objekte in Gang, die besonders durch eine 2002 in Amsterdam zu diesem Thema veranstalteten Tagung vorangetrieben und fokussiert wurde.'28 Allerdings gibt es bisher keine restlos uberzeugende Deurung ihrer Funktion. GroISe Aufmerksam- keit erregte der Versuch Bedaux'20, die Funktion der sexuellen Zeichen auch auf dem Hintergrund von verbaltensbiologischen Beobacluungen an bestimmten Affenarten zu kliiren, die den erigierten Penis zurGefahrenabwehrcinsctzcn. Diese Funktion der Gefahrenabwehr liisst sich leicht mit den antiken apotrophiiischen Phallusdarstellun- gen wie den Tintinnabuli verbinden, mit denen die besonders haufig belegten spat- mi ttelalterlichen Phallustiere auch ikonografisch durch Beine, Fliigel und angehangte Schellen auffallige Parallelen aufweisen. Im Gegensatz zu der Schaden abwehrenden Funktion betonen Jones430 und jetzt vor allem Koldeweij den Aspekt der sexuellen Zeichen als Gliicksbringer, was die erotischen aberauch weitere »profane« Zeichen mit den religiosen Zeichen verbindet.431 Im Rahmen der angesprochenen Amsterdamer Tagung wurde mehrfach auf die Fastnacht bzw. allgemeincr den Raum der »verkehrten Welt« als Lebensbereich hingewiesen, in denen die erotischen Zeichen wahrscheinlich verortet waren.432 Noch weiter gehen Herchert4” und Velten mit der Interpretation als Kennzeichen bzw. Auszeichnungcn innerhalb von Gemeinschaften oder »Bruder- schaften« unverheirateter Manner.434 Retsch hat jiingst versucht, diese Zeichen als »scherzhafte Liebesgaben« bei der Kommunikation zwischen den Geschlechtern zu verstehen.435 Diese Diskussion soli hier weder bewerrer noch fortgesetzt werden, zumal die einschlagigen Zeichen der Prager Sarnmlung keine unbekannten Sujets bieten, die neue Interpretationen herausfordern. Die erotischen Zeichen der Prager Sarnmlung umfassen im Wesentlichen zwei Gruppen: das Motiv des »Phallustieres« und das der »Vulva auf Pilgerschaft«. Zusatzlich wurden in diesem Abschnitt noch zwei Fragmente einer mechanischen Szencrie mit sexuellen Konnotationen, ein Zeichcnfragment mit der Darstellung einer jungen Frau mit nacktem Oberkbrper, zwei Zeichen mit Minne- szenen und eine als Anhanger gefasste Kaurimuschel aufgcnommcn. Eine Pfeife mit einem Anhanger, der einen Strauft Penisse zeigt, finder sich unter Nr. 424. HK Phallustiere (341-358) Die Prager Sarnmlung umfasst insgesamt 18 Zeichen mit der Darstellung von Phallus- deren. Es handelt sich dabei urn eine recht grofte Menge derartiger Zeichen, die mit keiner anderen Sarnmlung des 19. Jahrhunderts vergleichbar ist. Allerdings wurden nur zwei dieser Phallustiere fur die Sarnmlung des Prager Kunstgewerbemuseums an- gekauft, wall rend die restlichen Zeichen in deni ursprunglich fur den Weitervcrkauf bestimmten Bestand gewissermaften »entsorgt« wurden. Bei dem Typus der Phallustiere wird das Bild eines erigierten Penis in horizontal Ausrichtung mit einem Paar an den Schenkeln stark behaarter Beine zu einer grotesken 427 1 Iai m.( кi- 196K. S. 73, Nr. 68f. 428 Die Bcitriigc der lnguiig wild /iixammen- gel'.isxi in dem Band Winki i masn/Wdi 1 2004. 429 В1ПЛ1Х1989. 430 Jon h x ,991 431 Koi.m \vi ij 1995. - K01 m \vi ij 2006. l»cs. S. 109-117. 432 L‘..i.Ri iii[K2004.-Oxikami>2004 - Won 2004. 433 Hi.iuaiiiti 2004. 434 V'i:i it.n 2004, hex S. 2SST. 435 Ri:t.xc.ii 2008. - Ri:im:ii 2012.
178 Profane Zeichen Figur verbunden. Als weirere Elemente konnen zu dieser Grundform ein Paar in der Mitte des Penis oder oberhalb dcr Beine sitzende Fliigel, cine unterhalb des Frenulum befestigte Schelle oder Glocke, eine auf der Eichel sitzende Krone, ein Schwanzchen, das sich am hinreren F.nde der Schenkel befinder, sowie ein kleiner Penis im Winkel zwischen den Beinen und dem eigentlichen Korper hinzutreten. Die Verbindung des Phallus mit Beinen, dem Fliigelpaar, einem Schwanz und Schellen entspricht in auffal- liger Weise den antiken Tintinnabuli'1’6, oline dass eine Kontinuitat der Darstellung zu diesen spiitantiken Phallusdarstellungen ernsthaft zu behaupten ware. Moglicherweise handeltessich urn die Umgestaltungvon Elementen der traditionellen Amor-Ikonografie 341 Dreischaliger Gitterguss mit Nadel und Nadelrastaufder Riickseite; nach links gewandres Phallusrier mir Krone, Schelle, Fliigel und Schwanzchen lnvcnrar-Nr.: UPM 5772 Material: Blci-Zinn Mafic: Hohe 30 nun, Breitc 30 mm Daticrtmg: 15. Jahrhundcrt Vcrgleicltssiucke: HP I, S. 260, Nr. 634. - Bru- NA 1996, S. 319, Nr. 610 Litcratur: Koenigsmaiikova 1980, S. 134, Nr. 136. - К at. Prag 1986, S. 24, Nr. 174. - Kai. Olumol'i. 2006, S. 229, Nr. 101 342 Dreischaliger Gitterguss mit Nadel und Nadclrast auf der Riickseite; nach links gewandtes Phallusrier mit Schelle und Fliigel 111 ven1.1 r-Nr.: UPM 5773 Material: Blci-Zinn MaKe: Hohe 24 mm Datierung: 15. Jahrliundcrt Vergleiclissiucke: Bruna 1996, S. 3171'., Nr. 607Г. - Haeuecke 1968, S. 73, Nr. 69 Liieraiur: Koenic.smarkova 1980, S. 133, Nr. 135. - Kai. Piiag 1986, S. 24. Nr. 175 343 Dreischaliger Gitterguss mit Nadel und Nadelrastaufder Riickseite; nach links gewandtes Phallusrier mit Schelle, Fliigel und Schwanzchen liivcntar-Nr.: Narionalmusciim Prag 112-68.116 Material: Blei-Zinn Майе: I lolic 22 111m, Breitc 24 mm Datierung: 15. Jalirlnindert Vcrgleiclisstiicke: ahnlich Kat. Nr. 342 344 Dreischaliger Gitterguss mit Nadel und Nadelrastaufder Riickseite; nach links gewandtes Phallusrier mit Schelle, Fliigel und Schwanzchen lnvcnrar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.117 Material: Blci-Zinn Майе: Hohe 16 mm, Brciic 18 mm Daucrung: 15. Jahrhundcrt Vcrgleiclisstiicke: keine 343 Dreischaliger Gitterguss Nadelrast auf der Riickseite erhalten, Nadel wegge- brochen; nach links gewandres Phallusrier mit Fliigel, Schelle, Schwanzchen, Beine abgebrochen Invcntar-Nr.: Nationalnuiseum Prag H2-68.118 Material: Blci-Zinn Майе- Hohe (noch) 16 mm, Breitc 23 mm Datierung: 15. Jahrhundert Vcrglcichssiiickc: ahnlich, cvtl. sogar modcl- gleicli mit Kat Nr 342 346 Dreischaliger Gitterguss Nadelrast auf der Riickseite erhalten, Nadel wegge- brochen; nach links gewandtes Phallusrier mit Fliigel und Schwanzchen, ein Fufi abgebrochen Invcmar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.119 Material: Blci-Zinn Mafic: Hohe 16 mm, Breitc 19 mm Datierung: 15. Jahrhundcrt Vcrglcichssiiickc: in dcr Gcstaliung dcr Fliigel ahnlich Kat. Nr. 341 347 Dreischaliger Gitterguss mit Nadel und Nadelrast aufderRiickseite; nach links gewandtes Phallusrier mit Krone, Schelle, Fliigel und Schwanzchen, cin Bcin mitFuft weggcbrochen Invcntar-Nr.: Nationalmuscum Prag 142-68.120 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohe 29 mm, Brcite 29 mm Datierung: 15. Jahrhundcrt Vcrglcichssiiickc: sehr ahnlich, aber mclu modelgleich mit Kal.-Nr. 341 348 Dreischaliger Gitterguss mit Nadel¬ rast auf der Riickseite, Nadel weggebro- chcn; nach links gewandres Phallustiermit Schelle und Flugcl lnvcnrar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.121 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohe 20 mm, Breitc 23 mm Datierung: 15- Jahrhundcrt Vcrgleiclisstiicke: ahnlich Kat. Nr. 342. -Tixa- dou 1004, S. 120, Nr. 265 436 Du.richs 1997. 349 Dreischaliger Gitterguss mit Nadcl¬ rast aufderRiickseite, Nadel weggebrochen, nach rechts gewandtes Phallusticr mit Fliigel und Schwanzchen Inventar-Nr.: Nationalmuseuni Prag H2-68.122 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohe 17 mm, Breitc 14 mm Datierung: 15. Jahrhnnderi Vcrgleiclisstiicke: trotz dcr gegenlaufigcn Wen- dung bcstcht eine gewisse Ahnlichkeii zu Nr. 344 350 Dreischaliger Gitterguss mit Nadel und Nadelrastaufder Riickseite; nach links gewandtes Phallustier, stark fragmentierr, mit Fliigeln, Schelle, Beine und Schwanz¬ chen waluscheinlich abgebrochen Invcntar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.124 Material: Blei-Zinn Mafic: Hohe (noch) 33 mm, Brciic (noch) 42 mm Datierung: 15. Jahrhunderi Vergleichsstiicke: die besonders plane Oberfla- chc und die eigcntiimliche Gestalrung der Fliigel ist so nichr noch einmal bekannt 351 Dreischaliger Gitterguss mit Nadel und Nadclrast aufder Riickseite; nach links gewandtes Phallustier olme Krone, Schelle, Fliigel und Schwanzchen (keine Abbriiche) lnvcntar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.140 Mafie: Hohe 16 mm, Breiic 24 mm Material: Blei-Zinn Datierung: 15. Jahrhundcrt Vcrglcichssiiickc: s-Hertogenbosch, Afdeling Bouwhistoric, Archcologie en Monumenicn, In¬ ventar-Nr. 7475 (niche publizicrt, nach Kunera, Objekt-Nr. 15106) 352 Dreischaliger Gitterguss, Rcste von Nadel und Nadelrast auf der Riickseite erhalten; nach links gewandtes Phallustier mit Schelle, Beine und Fiifte fragmentiert lnvcnrar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.141 Mafie: Hohe (noch) 13 mm, Brcite 24 mm Material: Blei-Zinn Datierung: 15. Jahrhundert Vcrglcichsstuckc: Bruna 1996, S. 318, Nr. 609
Erotiscbe Zeicben I7l) 350 351 352
180 Profane Zeichen у.и einer Darstellung dcs >*amor carnalis«. Allc Zcichcn tragen auf der Ruckscirc noch intakte odcr in/wischen rudimentare Befestigungen in Form von Nadcl und Nadelrast, was ilire Herkunfr aus Nordfrankrcich nahelcgt, wo dicsc Form der Befestigungsich im 15. Jalirliundcrt gegeniiber der alteren Anbringung mittels Oscn durchsetzte. HK 353 DreischaligcrGiucrguss,Nadcl und Nadclrast auf der Ruckseite, nach links ge- wandics Phallustier mit Fliigcln lnvcnrar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.142 Mafic: I Idlic 19 mm, Rrciic 23 mm Material: Blci-Zinn Dalicrung: 15. Jalirliundcrt Verglcicliss i iickc: kei lie 354 DreischaligcrGitterguss, Nadel und Nadclrast auf dcr Ruckscirc, nach links gewandres Phallustier mir Fliigeln und Schclle (verloren), ein Bein abgebrochcn Invciuar-N'r.: Natioiinlniiisciiiii Prag 112-68.143 Mafic: I Iolic 20 mm, Brcitc 22 mm Material: Blci-Zinn Daiicriing: 15. Jalirliinulcn Vcrglcichsstiickc: cine gewisse Alinliclikcit bc- siclit /и Kat. Nr. 348 355 Drcischaligcr Gitterguss mir Nadel- rast auf der Riickscitc, Nadcl abgcbrochen, Obcrflachcstark beschadigt; nach links ge- wandees Phallusticr mit Schelle und Fliigcl Invcntar-Nr.: Naiionalmuseum Prag H2-68.144 Mafic: Hohc 21 mm, Brcitc 23 mm Material: Blei Zinn Daiierung: 15. Jalirliundcrt Vcrglcichsstiickc: cine gewisse Alinliclikcit bc- sielu -/и Kat. Nr. 348 356 Dreischaliger Gitterguss mit Nadel und Nadclrastaufdcr Ruckseite; nach links gewandres Phallustier mit Schellc, Fliigcl und Scliwanzchcn liivemar-Nr.: Naiiunalniuscuni Prag H2-68.145 Mafic: Hohc 21 mm, Rrciic 24 mm Material: Blci-Zinn Daiierung: 15- Jalirliundcrt Vcrglcichsstiickc: Tixador 2004, ,S. 120, Nr. 265. - liinc gewisse Alinliclikcit bcsteln 7.11 Kat. Nr. 342 357 Dreischaliger Gitterguss mit Nadel und Nadclrast auf dcr Riickscite; srark fragmentiert, nach links gewandres Phal¬ lustier, wahrscheinlich ohne Schelle, Fliigcl und Krone Invcntar-Nr.: Naiiimaliiiuscum Prag H2-68.151 Mafic: Holic (noch) 21 nun, Rrciic 54 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jalirliundcrt Vergleiclissiiickc: keine 358 Dreischaliger Gitterguss mit Resten der Nadel und Nadelrast auf der Ruck- scitc; fragmentiert, nach links gewandres Phallustier mit Glockchen, Flugelansatz (?), Schwan/.chen und Krallenfufien Invcntar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-G8.161 Mafic: Hdlic 33 mm, Breitc 62 mm Material: Blei-Zinn Daiierung: 15. Jahrhundcrt Vcrglcichsstiickc: keine 356
Erotische Zeicben 181 Vulva auf Pilgcrschaft (359-360) Zeichen mit der Darstcllung einer aufrechtscehenden Vulva,diemitArmen und Beincn versehcn ist und die iiblichcn Kennzeiclien der Pilgerfahrt triigt, namlich Stab, Hut und Rosenkranz, sind auch aus cinigen niederlandischen Fundkomplexen bekannt. Einige Deutungen dieser Szcncric vcrwciscn auf die mit der Pilgcrschaft vcrbundcnc sexuelle Vcrsucbung und erotische Zugellosigkeit'1™, ohne dass eine konsistente Inter¬ pretation dieser Darstcllung bisher gegluckt ware. 1m Unterschied zu den niederlandischen Funden srehr bei den beiden Prager Stii- cken die Vulva aufeinem Standgrund, der eine Rasenfliiche darstellen soil. Die Pilger- stabe sind gcdrechselt und mit einem typischen Haken versehen, die Gebetschnur des Rosenkranzes ist offen und rcicht vom Boden bis zur rechten Hand. ИК 43? I IP I. S. 264. Nr.663-666.- IIP 11.S. 413, Nr. 1774. 438 Vgl. и.a. I Imrm uT ioo.|, S. 97|‘ -Sciimid 1009. S. 1081. Meehanische Szenerie (361-363) Die Prager Sammlu ng enthii It zwei sehг wah rscheinlich zusammengehorige Fragmente. Es handelt sicb zum einen um einen flachen aber beidseitig gestalteten Oberkorper einer Frau, dcren Kopf mit einem Tuch bedeckt ist. Ihre Hiinde halten einen Stab oder Stiel in leicht aufrechter Haltung vor dem Korper. Das stabartige Gebilde ist nur fragmentarisch erhalten. Moglicherweise handelte es sich um einen langen Stock oder auf der Spitze dcs Stabes saft cin hammerartiges Gerat. An der unteren Riickenpartie der Frauengestalt befindet sich cin erigierter Phallus mit Hodensack. Drei ahnliche Stiickc bei denen der gesamte Korper erhalten ist — eine Frau und zwei Manner - hatte Thomas Wright 1865 als Fundc aus der Seine publiziert.‘,<‘> (Vgl. Nr. 361a)','<" 439 Wnuair/KNiciiT 1865. Plait-33. 440 In iit-r lotiigralischt-n Dokumciuaiiiin der Sammlung l'ranz Claes in tier Pilgcr/.cichcn- kartei Kurt Kti.sti-г erscheiui anlTatd 3 in tier iTMcn Reilic von oIhmi ganz refills till iillllliclies S|>iclz.ciigfragincni. alli-rdiilgs oline Phallus. 359 Dreischaliger Gitterguss mit Nadel und Nadelrast auf der Riickscite; auf einer Standleiste Vulva mit Pilgerhut, Pilgersrab mir Haken in der linken und den Rosenkranz in der rcchtcn Hand Invemar-Nr.: UPM 5774 Mafie: Holic 50 inm Material: Blei-Zinn □aliening: 15- Jahrhiindcri Vcrglcichsstiickc: HP I. S. 264. Nr. 663-666. - HP 2. S. 413. Nr. 1774 (ahnlicli) I.itcratur: Kai. Prai; 1986. S. 24. Nr. 176 360 Dreischaliger Gitterguss mil Res ten von Nadel und Nadel¬ rast auf der Riickscitc; auf einer z. T. weggebrochcncn Standleiste Vulva mit Pilgerhut, den fragmentarisch crhaltcncn Pilgcrstab in der linken und den Rosenkranz in der rcchtcn Hand Inveniar-Nr.: UPM 98.975 Mafic: Hohe 26 mm Maierial: Blei-Zinn □ar'iening: 15. Jahrliunderi Vcrglciclissiiicke: HP 1, S. 264, Nr. 663-666. - 1 IP 2, S. 413, Nr. 1774 (ahnlicli)
182 Projane Zeicheh Wozu dicsc Figurcn dicntcn, lasst sicli an dcr Nr. 362 ablesen: Es handelt sich um den unteren Teil einer alinlichcn Figur, die von dcr Hiiftc abwarrs crhalrcn blieb. Bcidc Hande dcr Figur umfasscn wiederum einen Stab und am Riicken erschcint ebcnfalls cin Phallus. Dcr Fuft dcr Figur ist durch cincn Nict beweglieh mir einem liinglichen Metallstreifcn verbunden, der mit einem Wiirfelaugendekorverziert ist. Auf Knicliohe bchiulct sicli in dcr Figur einc kreisrunde Aussparung, die wahrscheinlich ebenfalls cine gcnictctc Vcrbindung aufnahm. Die Montage dcr Figur lasst sicli unschwer zu einer bewegliehen Szcncric bzw. zu einem mcchanischcn Spielzeug erganzen. Der Fraueiifigur stand eine zweite Figur, evtl. ein Mann, gegenuber, die ebenfalls an dem langlichcn Metallstreifcn angenieret war. Zusatzlich waren bcide Figuren auf Knie- holie mit einem Dralit o.a. verbunden, dcr den Zug von einer Figur auf die andere iibertrug. Dcnkbar ist, dass bcide Figurcn bci dcr Bcwcgung aufeinander oder aber mit Hammern o.ii. auf cincn mittigaufdem Metallstreifcn angebracliten Gegenstand einschlugen. Der auf der Riickseite der Figuren angebraclite Phallus diente als Grift zum Bewegcn der Figuren. Da ein nach demselbcn Prinzip funktionicrendes Holzhackerspiel als Fragment zu der Prager Saninilung gelicirt, wird diese Nr. 363 bier in den Katalog aufgenommen, aucli wenn es sich niclit um ein scxuell konnotiertes Objekt handelt. HK Fig.!» Fig- 2. Ftg-3. 361a Reste einer mechanischcn S/.cnerie nach Wright/Knigiit 1865, Plate 35 361 Vollplastisclic Fraucnfigur mit Stab und Phallus am Riicken, Teil eines mcclia- nischen Spiclzcugs Invcntar-Nr.: Natiniinliiiiiseiiin Prag H2-68.057 Ma8c: Holie (nocli) 27 mm, Breite (nodi) 18 nun Material: Blci-Zinn Daiierting: spiiimiitclalrcrlidi? Y'erglcidissriickc: W'iuimit/Knicii i 1865. Plate 35. Pig- 1-3. - Kliemaligc Sammlung Pranz Claes 362 Vollplasrische Figur mit Stab und Phallus am Riicken, an einen langlichcn Metallstreifcn mit Wiirfclaugendekor an- genietet, Fragment eincs mechanischcn Spiclzcugs lnvcntar-Nr.: Nationalmnsoiim Prag H2-68.133 Mafic: Hohc (noch) 24 mm, Breitc dcs Morali¬ st rci fens (nodi) 91 nun Malcrial: Blci-Zinn Daricrung: spaimirrelallcrlich ? Verglciclisstiickc: keine
Erotische Zeichen 183 Nackte stehendc Frauengestalt (364-365) Die Prager Sammlung bcsitzt zwei Wcrkc, die jcwcils cine stehende Frauengestalt mit betont schlanker Huftc darstcllcn. In dem einen Fall (Nr. 364) bandclt es sicli um eine handwerklicli sehr schlicbte Arbeit. Die Figur tragt einen Faltenrock odcr ein Kleid, dessen Oberreil berabgelassen wurdc. F.s verhiillt den Korper vom Bauch abwarts, wahrend der Obcrkorper bis zum Nabel nackt ist. Beide Armc sind in die Huften gc- stemnit. Da der Kopf fchlt und chcmals scitlich an dcr Figur befindliche Zusatze mog- licherwcise ebenfalls ahgebrochen sind, lasst sich die Darstellung niclit klar beurteilen. Die zweite Figur (Nr. 365) ist beklcidct mit einem in dcr'Faille eng geschniirten Kleid, das die Briiste durch einen tiefen Ausschnirt betont. Auf dcr linken Seitc der Figur reicht ein geschwungenes Schriftband von der Schulter bis zum Boden. Die Minuskelinschrift darauf ist schwer lesbar, erkennbar scheint das Wort »amor«. Auf der rechtcn Seite sind Rcsrc einer floralen Szencrie aus Blartcrn und Biischen zu ahnen, die zum groften Teil weggcbrochen ist. Moglicherweisc handclt cs sich um das Bruch- stuck einer groReren Szene. Da keine Nadel o.a. vorhanden ist, kann die Figur allein nicht als Zeichen getragen vvorden sein. Die Bedeutung dicser Figurcn ist schwcr zu bestimmen, moglicherweisc stchen sie in Verbindung mit drei ahnlichcn stehenden Frauenfigurcn in der Sammlung dcs Musee de Cluny.1" HK 363 Vollplastische Figur eines Holzha- ckers mit Axt und Restender inechanischen Verbindung, Fragment eines Spielzeugs Iiivcntar-Nr.: Nationalmusciim l’rag H2-68.162 Mafic: Hohc 34 mm, Breitc 18 mm Material: I3lci-Zinn Daticrunj;: spatmiiicIaliiTliclir/friihneii/.eii- lidi ? Verglcichssi iickc: keine 364 Dreischaliger Gitterguss mit Nadel auf der Riickseite, stehende Frauen figur mit entbloRtem Obcrkorper liivcniar-Nr.: Naiionalmuseiini Prag H2-68.221 Mafic: Hohc 32 nun. Brciic (noch) 18 mm Material: Blci-Zinn Daiiernng: spliimittelalterlich? Verglcichsstiicke: keine 441 BitiiNa 1996. S. 3311., N’r. 635-637. 365 Fragment ierter (jit lerguss,!aeheude Frauen figur mit Spruchhand Invcniar-Nr.: Nationalinuscum Frag 112-68.205 lnschrifi: >anior« Mafic: Hohc (noch) 28 mm, Brciic (noch) 22 nun Material: Blci-Zinii Daticrung: wohl 13. Jalirhuiulcri Vcrglcicli.ssiiickc: Biujna 1996. S. 3311.. Nr. 633-637
184 Profane Zeicbe, Minneszene und Herzgabe (366-367) Zu dem Zeicben mir der Darstellung einer Minneszene (Nr. 366) gibt es bisher keine Parallele. Dargcsrcllr ist cin Licbespaar, das unrer einem Baum sitzt und Liebesgaben austauscht: Die Frau reicht dem Mann einen Blumenkranz, wahrend dieser illr cin Herzsymbol entgegenstreckt. Die Szene ruht auf einem rcchteckigen, gerahmten Schriftfeld mit der Inscbrift »an may«. Die Darsrellung nimmt mit dem Hcrzensiauscb und dem Minnegarten Bezug auf die Konventionen der Minnclite- ratur (Rosenroman). Die Darsrellung cines Herzsymbols mit spriefSenden Blartern (Nr. 367) ist als konkretc Liebesgabe anzusprcdicn. Ahnlicbe Objekie sind aus zahlreichen Funden bekannr, allein aus Londoner Grabungen stammen mehr als 50 von ihnen.'12 HK Meerjungfrau (368) Da die urspriinglicb aus der griechischen Mythologie stammenden Mischwescn dcr Sircnen - urspriinglicb mit menscblicbein Haupt und Vogelleib — seit dcr christlichen Spatanrike vor a I lent als Vcrfiihrerinnen zur sinnlicben Lust verstanden wurden, wird 366 Dreiscbaligcr Gitterguss mir Nadcl und Nadelrast auf der Riickseitc, Minne¬ szene mit Herzenstausch und Inschrif- ten rab men Invcntar-Nr.: L'PM S770 lnsclirili: in Minuskcln »an may» Майе: Hcilie 38 nun, I3rcitc3l mm Material: Blci-Zinn Datierimg: 15. Jalirhiindcrt Verglciclisstiickc: keinc Liicratur: Koeniusmahkova 1977.8. 135. Nr. 138. - Клт. Prac; 1986, S. 24, Nr. 171. - Kai. Oi.omouc 1006. S. 229, Nr. 102 442 Vgl. Spencer 1998. S. 321 f. 367 Zwciscbaliger Gitterguss, Herz mit spriefienden Zwcigen Invcntar-Nr.: UPM 5656 Inschrift: in Minuskeln »ca« ? Майе: Hohe 38 mm. Brcite 22 mm Marcrial: Blci-Ziim Daiierunp: 15./frillies 16. Jahrliundcn Vcrglcichssriickc: Spencer 1998, S. 323, Nr. 321c Literalur: Koenicsmarkova 1977- 8. 134, Nr. 137
Erotische Zeichen 185 das Zeichen Nr. 368 ini Katalog an dicscr Stellc eingeordnet."’ Die Darstellung der einschvvanzigen Meerjungfrau mir Spiegel und Kamni (?) entspriclu den iiherwiegend in den Niederlanden gefundenen'", aber auch den aus der Seine stammenden1 ana- logen Zeichen. Ahnlichc Darsrcllungen finden sich in zahlrcichcn Snjeis. Besonders enge Beruhrungen mit der Ikonografie der Zeichen hai eine Misericordie in der Sinr- Pieterskerk in I.owcn (Flamisch-Brabant) aus dcrZeit um 144().H(’ HK Kaurischneckc (369) Das Gchau.se der aus dem Indischcn Ozcan oder Pazifik stammenden Kaurischneeken (Cypraeidac) spielteseit der romischen Kaiserzeit in der europaischen Kulturgeschichre eine wichtige Rolle als Schmuckstuck und Amulert.1'1 Die der weiblichen Scham ah- nclnde Form der Schlitzoffnung des Schneckengchauses mit den parallel verlaufenden Querrippen erklitrt seine Bedeurung als Liebes- und Fruchtbarkeirssymbol. Da eine systematische Unrersuchung der Verbreitung solchcr bis heute getragener Anhanger fur das spate Mittclaltcr und die friihe Neuzeit m.W. fehlt, liisst sich das Stuck nur schwer einordnen.4'"1 HK 368 Profanes Zeichen, drcischaliger C.it- terguss, Sirene, auf der Ruckseite Nadel mit Nadelrast Inventar-Nr.: Narionaliiitiseiim IVag 112-68.113 Mafic: Hohc 27 mm, Brcitc 23 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: 15. Jahrluindort Vergleiclmtiickc: Bkiina 1996, 5. 323, Nr. 6l6. - HP I, S. 252. Nr. 598. - HP II. S. 405. Nr. 1719 369 Anhanger, gefasste Kaurischnecke Invcniar-Nr.: Natioiialnuiseum l’rag H2-68.I14 Mafic: Holie 29 mm. Hrciic 17 mm Material: Kaurischneckc, Blei-Zinn (?) Daticrung: 15. Jahrlnindcrr?, friihneuzeirlich? Vcrglcichssiiicke: Haxsmann/Kkiss-Rkttkn- ukck 1977. S. 181, Nr. 292 443 Vgl. лиг Dcutimgdcr Sircncn ini iVliitclalter dcu Uberblick hei Roi.inc 1010. /.in Ikn- uogr.ific tier Sircncn vgl. I.i.i i i iu.q-Makx ■ 997- 444 Vgl. HP l. S. 2521.. Nr. 598-601 - HP II. S. 405. Nr. 1717-1720. 445 Vgl. But na 1996. S. 322-324. 446 I.i-.ci.i-.kc:q-Makx 1997. S. 281. 447 Vgl. (>um 11. Art. Musdiel. in: I l.mdworier- hucli de\ lleuisdicii AlHTglaubeiis, lig. von I lann.s I3iichrhold-St:inbli u.a., Bd. 6. Berlin 1934/35 (N1) Berlin 1987:, Sp. 6321. 448 Vgl. К at. Sai.ziiiihc 2010. S. 280. Nr. 8.12 II ncl S. 303. Nr. 8.183. - Ahnlichc l-.isNimgen zeigrn die Iriilmeuv.eiilichcn Ainuleite iin К at. Sai./.hl ki. 2010. S. 262-265. 369a Riickseite von Nr. 369
187 BIBELOTS Im Umerschied zu den Pilgerzeichen, die besonders in den letztcn Jahren grundlicheren Analysen und Idcntifr/ierungen unterzogen wurden, stchen Miniaturobjekte des tag- lichen Bcdarfs bzw. Kleidungszubehor hin&ichtlich ihrer Erforschung noth im Abscirs. Dies ist wohl auch dadurch bedingt, dasssie, weil sieoft aus einerpreiswerten Zinn-Blei- Legierung gefertigt waren und einem praktischen Zweck, das heif^t dem Spielen, dem Verschlieften von Kleidung oder als Schmuck dicntcn, stets nur eine armere Varianre der aus Edclmetallen gefertigten Gegenstande waren. Sie unterlagen schneller dem Verfall und hatten dariiber hinausauch keineso interessantc Ikonografiezu bieten wie die Pilgerzeichen. Und doth bleibt es eine Tatsache, dass sie (wenngleich in geringerer Menge) zusammen mit Pilgerzeichen und auch mit Gussformen aus Stein (zumeist Schiefer) gefunden wurden. Wenn wir uns nur auf das Gebiet von Paris konzentrie- ren, von dem angenommen wird, dass wir hier die Provenicnz des Prager Konvoluts suchen diirfen, so finden wir in der Eiteratur vielfach die Herstellung dieser »bibelors« im Rahmen der Zinngiefterei erwahnt. Hire Hersteller wurden »bibelotiers« genannt, wie Verweisc auf Archiveintriige aus dem 13. Jahrluindert zcigcn.vl<l Die »bibelotiers« 449 bewohnten dasselbe Viertel wie die Goldschmiedc, namlich die Gcgend urn die Pont au Change und den Justizpalast'141’, und dieselbc Lcgierung wie fur die »bibelots« wurde oft auch von den Goldschmieden fur die Herstellung von Modeln fur Schnuickstiickc oder andere Schmuckdetails benutzt. Die Quellcn belegcn eine in dicsem Sinne zent- 4<’° ralisierte Produktion und den Vcrtricbdurch Vcrkaufinsbcsondcrcaufviclen Markten, auf denen selbstverstandlich vor allem preiswertere Andenken wie kleine Schmuck- stiicke, Ringe, Rroschen, Armreifen und Stirnbiinder, oder Kleidcrschlieften, Knopfe, Spangen, Schnallen und Gurtelzierbeschlage, angebocen wurden.'1'51 Gleichzeirig kann 451 angenommen werden, dass Miniaturgeschirr und -gegenstande aus dem Bereich der Kiichenausstattung als Spielzeug dienten. Das Ganze kann man sich parallel zu ma- teriellen Zeugnissen aus jungerer Zeit vorstellen, wie zum Beispiel zum Zinngeschirr, das fur Nurnberger Puppenkuchen typisch ist, die bereits fur das 17. Jahrhundert uberliefert sind. Doch es gibt bereits aus der Antike Belege fur Miniaturgeschirr. Die Kontinuitiit des materielIcn Milieus und daraus rcsulticrcnd mcnschlichcr Bcdiirfnis.se ist geradc in den Artefakten dieser Miniaturwelt fur Kinder eindeutig fassbar, denn Spielsachen und Spielc dienten stets dazu, die Welt kcnncnzulcrnen. Ein Teil der Produkte bestand aus kleineren Gcgcnstanden, dcren Funktion Schutz bzw. Vorbeugung war. Glockchen waren Kleidungsbeiwerk oder befanden sich an einer Kette in der Hand des Pilgers, um seine Gegenwart anzuzeigen oder um in das allgemeine Glockengeliiut beim Vorzeigen der betreffenden Reliquicn auf Kirchenfes- ten mit einzustimmen. Eine ahnlichc Funktion hatten Pfeifen, doch waren sie auch Spielzeuge. Klappern wiederum dienten sowohl dazu, Boses vom Kind fernzuhalten, als auch als warnende Signalinstrumente, die ihren Tragcr als Kranken, beispielsweise als Leprakranken, auswiesen. Im Prager Konvolutsind im Kapitel »BibeIors« 56 Gegenstande angefiihrr, darunter dominiert das Miniaturgeschirr wie Schiisseln, Becher oder ihre Fragmente (19), zwei kleine Kerzenstiinder, zwei Feuerbocke, funf verschiedene plastische Tierfigi'irchcn, ebenso Fragmente, ein LofFelchen und viellcicht ein Zahnstocber- alles Gegenstande des profanen Gebrauchs. Die zweite Gruppe wird von Schmuckstiicken und Zierat gebildel, der zur Kleidung gchorte. Hierzu zahlcn sieben Ringe und sechs Schnallen bzw. GiirtclschlieBen. Eine Ausnahme unter den Schmuckstiicken bzw. rcligiosen Objekten (Devotionalien) ist das Fragment einer ofFcnsichtlichen »Rosenkranzkugel« /it. (!av 1877. S 153. Allcrdin^s crstlu-mi die lUvekhmmg ■■ Hibdoi« I'iir Mini.iuircn cim starker tin l7. Jalirliiiiiileri nnil w.n vor .illeinlieiileii F;orscluTiulo 19. J.ilirlnmdcrts ublicli. Z.u. Ha ns i iKK.i, S ? 15 Licmibown 1992. Кар. 5.
188 Bibelots oder Pomander-Riechdose (Bisamapfel). Die dritte Gruppe besreln aus Glockchen und kleinen Pfeifen (10), die dem Pilger aufseinen Fahrten wohl zurTonerzeugunggedient haben mogen, genauso wie die Klappern, bei denen es aber wohl wahrschcinliclicr war, dass man sie einem Kleinkind zur Beruhigung gab. Keiner diescr Gcgcnsrande stellt indes eine Besonderheit noch eine exemplarische Auswahl dar, aus dcr man leicht auf die Welt der erhaltenen Beispiele in der Realitat oder in Abbildungen schliel?en darf. Typische Bestandteile der mittelalterlichen Kiiche waren Feuerbocke, »hasteur« ge- nannte Stutzgestelle, die entweder an der Feuerstelle (Nr. 370 und 371) verwendet wurden, sofern sie paarig vorkamen und zwischen ihnen ein Rost zum Braten von Fleisch ausgebreitet war, oder zum Aufbewahren von Holz. Gay fiihrt nocli einen weitcrcn Ausdruck fiir ein iihnliches Gcstcll an: »chcnet dc fer« (eiserner Hund).45J Die Miniattirbcchcr/-kclchc (Nr. 378-380) haben hinsichtlich ihrer Form dieengsten Par- allelen in liturgischen Gegenstanden (Nr. 374) namlich in der breiten Form der Kuppa - jedenfalls mehr als in gelaufigen Trinkbechern. Zwei kleine Gefal?e auf fast genau so groften Fiil?cn wie ihre geoffnete Kuppa erinnern ihrer Form nach an Taufbecken Objekte/Miniaturen (370-397) 370 Miniatur-Feuerbock, ursprtinglich aus zwei Teilen bestehend, der vordere Srah zweiheinig mir Dreipass, nben gedreht mit Haken, da ran ein kleiner Haken als Aufhangung lnvcntar-Nr.: UPM 5777 Mafic: Hcihc 60 mm, Brcitc 25 mm Material: Blci-Zinn Daiicrung: 15. Jahrhundcrt Vcrglciilissiiiikc: Gay 1887, S. 362 (ЛЬЫIdung cincs Fcucrbocks/Cliencts aus dem 15. Jahrluin- den) 371 Miniatur-Feuerbock, ursprunglich aus zwei Teilen bestehend, der Stander stcht auf zwei Fiil?chcn, mit S-formigcm Arm, gabelformig in Blumenornamente auslaufend lnvcntar-Nr.: UPM 5640 Mafic: Hohc 69 nun, Brcitc 35 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. /16. Jahrhundcrt Vcrglcit.lissiiii.kc: keine 372 Miniaturkerzeiilialier, runderTeller- ful?, StockschaftmitglockenformigerTiille und Dreiblattfensterchen, inderFul?platte eine nicht gegossene Offnung lnvcntar-Nr.: UPM 5776 Malic: Hcilie 50 mm, Brcitc 30 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundcrt Vcrgleich.s.stiicke: n’At.l.r.MACNE 1928, Tafcl CXXXIV. Abb. 8 Literatur: Kai. Prag 1987, Nr. 183 373 Miniaturkerzenhalter, runder Tellerful?, Stockschaft mit zylindrischcr Tulle, zwei Fiscliblasenfensterchen, stark deform iert lnvcntar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.260 Mafic: Hohc 48 mm, Brcitc 26 mni Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jahrhundert Vergleichsstiicke: d’Allemagne 1928, Tafcl CXXXIV, Abb. 8 374 Fufischale/Kelch, teilweise Voll- guss, gerippter Tellerful? mit Stabschaft und runder Kuppa, die mit Schraffierung verziert ist, deformiert lnvcntar-Nr.: UPM 5779 Mafic: Hohc 32 mm, Breitc 30 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jahrhundcrt Vcrglcidisstiickc: Gay 1887, S. 377 (Ziborium von iihnlichcr Form in it cinern Deckel) Literatur: Koi.nigsmarkova 1977, S. 125, Nr. 117 375 Kannchcn/Ampulle, birnenformi- ger Gefdl?korper mit Flockendekor, gc- drungenem breiten Hals, aufrechter Tiille, die in einen Tierkopf auslauft, die Tulle ist mit dem Hals verbunden, geschweifter Bandhcnkel, auf dem Bodenrand noch Reste von drei Fiil?chen vorhanden lnvcntar-Nr.: UPM 5782 Mafic: Hohc 35 mm, Breitc 31 mm Material: Blei-Zinn Daiicrung: 15. Jahrhundcrt Vergleichssriicke: Gay 1887, S. 14 mit Abb. Literatur: Koknigsmarkova 1977.^- 143, Nr. 155 371a Feuer- bock nach Gay 1887, S. 362 452 Gay 1887, S. 69 und 362. 376 Kannchen / Ampul le bi rnen formiger Gefal?korpcr mit Flockendekor, gedrunge- nem breiten Hals, aufrechter Tiille, die in einen Tierkopf auslauft, die Tiille ist mit dem Hals verbunden, unten am Boden eine Lilie, fragmentiert, wie Nr. 375 lnvcntar-Nr.: UPM 98.983 Mafic: Hohc: 32 mm, Brcitc: 32 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jahrhundcrt Vergleichsstiicke: Gay 1887, S. 14 mit Abb. 377 Miniaturtaufbecken (?), runder durchgebrochener Tellerful? mit aufge- setzter sechseckiger Schale, von zwei Blatt- kranzchcn umzogen, aul?en die Buchstabcn »PM« und eine Ziffer (?) Invcntar-Nr.: UPM 5785 Mafie: Hohc 20 mm, Brcitc 30 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 16./17. Jahrhundert Vergleichsstiicke: keine 378 Beclier/ Miniaturtaufbecken (?), runder, schalenformiger Ful? mit Rclief- verzierung, auf der breiten Schale zwei Blattkranzchen, aul?en die Buchsraben »I D« und cine Ziffer (?) lnventar-Nr.: Nationalmuseum Prag H2-68.262 Mafie: Hohc 20 mm, Brcitc 24 111m Material: Blci-Zinn Daticrung: 15./16. Jahrhundcrt Vergleichsstiicke: keine
vjCKtei ivitmamren 189 377 378
190 Bibelot. 379 Bccher/ Miniattirkelch, flacher Fufi mil Stangcnsiicl und kuppelformiger Schale, mit einigen Rippen versehen (?) lnvcntar-Nr.: Nationalnuisciini Prag 112-68.258 Mafic: Hoke 34 min. Breite 22 mm Material: Hlei-Zinn Daticrung: 15. Jalirluiiulcrt Vergleiclisstiickc: kcinc 382 Kelle (Salzloffel?), rundcr Schopflof- fcl, am Rande gestreift, dcr Sticl tordiert, in cine Kugcl auslaufend lnvcntar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-C8.058 Mafic: I lobe 14 mm, Lange 44 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: I5./I6. Jalirhundcrt Vergleiclisstiickc: kcinc 380 Becher/Miniaturkclch.flacher.acht- eckiger Fufi mitstangenformigem Sticl und breiter, einFaclier, kuppelformiger Schalc lnvciuar-Nr.: Nationalmuseuni Prag H2-68.259 Mafic: Hcilic 35 mm, Breiie 24 mm Material: Hlei-Zinn Daiicrung: 15. Jahrlumderi Vergleiclisstiickc: keine 383 Kannchen (Taufkanne?), flacher, runder Ful? mir Verzierung, trichtcrfor- miger GefafSkorper mit flachem Schnabel und eckigem Henkel, stark deformiert, neben dem Henkel cin zusatzlicher Hakcn (?) zugegossen, dcformicri Invcntar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.261 Mafic: Hdhe 38 mm. Breite 25 nun Material: Blei-Zinn Daticrung: 15./16. Jahrliuiiden Vergleichsstiicke: keine 381 Miniaturbeclier? Inveniar-Nr.: UPM 98.982 Mafic: I Itilie 26 mm, Durclnnesser 23 nun Material: Hlei-Zinn Daticrung: 15. Jalirhundcrt Vergleiclisstiickc: keine 384 Kannchen, flacher runden FuB mit Vcrzierungsresten, stark deformiertcr halb- ovaler Korper Inventar-Nr.: Nationalinuseiim Prag H2-C8.263 Mafic: Hdhc 38 mm. Breite 25 mni Material: Blei-Zinn Daticrung: 15./16. Jalirhundcrt Vergleiclisstiickc: keine
ObjektelMin'utturen 191 (Nr. 377, 378 ). Zwei Miniaturker/.enstander, dcren Cuppae-Fensterclicn in Dreipafs- form (Nr. 372, 373 ) haben, konntcn zwar als Spielzeug gcdient liaben, sollten abcr doch besscr dcr Kategorie dcr liturgischen Miniaturgerate zugeordnet vvcrdcn, die wir abermals in groKerer Menge ails dcmsclbcn Material, aber ans jiingerer Zeit, d.b. vom 17. Jahrhundcrt an, kennen.Siestammen dann insbesondereaus Zentren, in denen sieli die Zinnproduktion kontinnierlich liielt, wie bcispiclsweise in Niirnberg. Spielsachen waren viellcicht die Kjinnchen mit gegossenem Schuppendekor (Nr. 375, 376 ), deren Oberfliiche mit der Zeir eine goldartige Patina annahm. Sic iilincln dcr Ampnlle aus 385 Ohrenschiisscl, runde Scliale mit konvexem Boden, zwei flache Drciblattgriffe, untcr dem Boden Reste von zwei (kugcli- gen) FuRchen Inveiitar-Nr: Nationalmuscum I’rag H2-68.270 Mafic: Holic 25 mm, Breitc 36 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 16./17. Jahrhundcn Vcrgleiclisstikkc: keinc 386 Schiissel, ruiidcSdialciiiitaufsicigcndciiiglaticiii Rand, am Boden stilisierte vierbliittrige В Kite, zwei runde 1 lenkel am Randc. deformiert, Gussliicke Invcniar-Nr.: National museum I'rag 112-68.272 Mafic: Holic 14 mill. Brcitc 33 inni Material: Blci-Zinn Haiiming: 16717. Jahrlunulcrt Vcrglcich.sstiickc: kcinc 387 Ohrenschusscl, runde flache Schale mit zwei groflen, gegen- iiberliegenden, flachen Dreiblattgriffen, auf dem Boden im Kreis stilisierte Rose und an den GriflFen feiner volutenartiger Dekor, beschadigt lnvcniar-Nr.: Naiionalmuscum Brag H2-68.274 Mafic: Hohc 5 mm, Brcitc 26 nun Material: Ulci-Zinn Daticrung: Elide ties 16. Jahrlnmdcn.s Vergleiclisst iicke: kei nc 388 Plan tie, runde tiefe Schale mit flachcm Dekor am Boden, Fufl ursprunglich rund und durchbrochen, auf vier angeloteten Ftiflchen stebend, der Handgrifl waclist ans finer dcr drei Rippcn auf dem Mantel des Gcfaflcs heraus, deform iert Inventar-Ni.: Naiion.ilnniseum Brag 112-68.275 Mafic: Durcliniesser 29 mm, Lange 46 mm Material: Klci /.iilil Daticrung: 15. Jalirlunidcn Vcrgleiclisstikkc: kei nc
190 Bibelots Ъ7Э Becher/ Miniarurkclch, flachcr Fufl mir Stangenstiel und kuppelformiger Schalc, mit cinigen Rippen versehen (?) Inventar-Nr.: Narionalmuscum Prag 112-68.258 Mafic: I lolie 34 mm, Rrcitc 22 nun Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundcrt Vergleiclisstiicke: Iccine 382 Kclle (Salzloff'el?), rundcr Schopflof- fel, am Rande gestreifr, dcr Sticl tordiert, in cine Kugei auslaufend Invcntar-Nr.: Nationalmuseiifn I’rag H2-68.058 Mafic: Holic 14 min. Liingc 44 mm Material: Blci-Zinn Daricrung: 15./I6. Jalirliundcrt Vcrglcichssriicke: keine 380 Bcchcr/ Miniaturkelch, flacher.acht- cckiger Fufl mirstangenformigem Sticl und breiter, einfaclier, kuppelformiger Schalc Invcntar-Nr.: Narionalmuseum Prag H2-68.259 Mafic: Hohe 35 mm, Brcirc 24 mm Material: Blci-Zinn Daricrung: 15. Jahrhtindcrt Vcrglcidissiiicke: kcinc 383 Kannchen (Taufkanne?), flachcr, runder Fufl mir Verzierung, tricluerfor- miger Gefaftkorper mit flachem Schnabel und cckigcm Henkel, stark deformiert, neben dem Henkel cin zusatzlicher Hakcn (?) zugegossen, deformiert Invcntar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-68.26I Mafic: Hohe 38 mm, Breitc 25 mm Material: Blei-Zinn Daticrung: I5./16. Jalirliundcrt Vergleiclisstiicke: kcinc 381 Miniaturbechcr? Invcntar-Nr.: UPM 98.982 Mafic: Hohe 26 nun, Durchmesser 23 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundcrt Vergleiclisstiicke: kcinc 384 Kannchen, flacher runden Fufl mit Ver/.ierungsrcsten, stark deform ierter halb- ovalcr Korper Invcnrar-Nr.: Nationalmuscum Prag H2-6H.263 Mafic: Hohe 38 mm, Breitc 25 mm Material: Blci-Zinn Darierung: 15./16. Jahrhtindcrt Vergleiclisstiicke: kcinc
Objekte/Miniaturen 11Л (Nr. 377, 378 ). Zw'ci Miniaturkerzcnstander, deren Cuppae-Fensterchen in Dreipafi- form (Nr. 372, 373 ) habcn, konntcn /.war als Spiclzeug gedienr haben, solltcn abcr doch bcsser dcr Katcgoric dcr liturgisclien Miniaturgerare zugeordnet werdcn, die wir abermals in grofierer Menge aus demsclben Material, aber ans jiingerer Zeir, d.b. vom 17. Jahrhundcrran, kcnncn.Sicstammcn dann insbesondereausZenrrcn, in denen sich die Zinnprodukrion konrinuierlich hielt, wic beispiclsweise in Niirnberg. Spielsachen waren vielleicht die Kannchen mit gegossenem Schuppcndckor (Nr. 373, 376 ), deren Oberflache mit der Zeit eine goldai tige Patina annahm. Sie iihncln dcr Ampulle aus 385 Ohrenschiisscl, runde Schalc mit konvexem Boden, zwei flachc Dreiblattgriffc, unter dem Boden Reste von zwei (kugeli- gen) FuRclien Inventar-Nr.: Nationaliiniseinn Prag 112-68.270 Mafic: Hohc 25 mm, Breite 36 mm Material: Blci-Zinn Datierting: 16./17. Jalirhundert Verglcichsstiicke: kcinc 386 Schiissel, runde Schale mit aufsteigendcmglatteni Rand, am Boden stilisierte vierbliittrige Bliitc, zwei runde Henkel am Rande, deformiert, Gussliicke Inventar-Nr.: National museum Prag H2-6K.272 Mafic: I liilic 14 mm, Brcitc 33 mm Material: Blci-Zinn Datierting: 16./17. Jahrluiiuiert Vergleicbsstiicke: kcinc 387 Ohrenschiissel, runde flache Schale mit zwei groficn, gegen- ubcrliegenden, flachen Dreiblattgriffen, aufdcm Boden im Kreis stilisierte Rose und an den Griften feiner volutenartiger Dekor, beschiidigr Invcntar-Nr.: Naiinnalmusctim Prag H2-68.274 Mafic: Hohc 5 mm, Breite 26 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: Elide dcs 16. Jahrluindcrts Verglcichsstiicke: keine 388 Pfanne, runde tide Schale mit flachem Dekor am Boden. FuR iirspriinglich rund und durdibrochen, auf vier angclotcrcn Fiifichen srehend, dcr HandgrifFwachst aus einer der drei Rippen auf dem Mantel des Gefaftes heraus, deform iert Invcntar-Nr.: Naiionalnuisetini Prag 112-68.275 Mafic: Durchincsscr 29 nun, Liingc 46 nun Material: Blei Zinn Datierting: 15. Jalirhiinderi Verglcichsstiicke: kcinc
192 Bibelot. 394
Objekte/Mtuuituren dun Kunstgewerbemiiseum in Koln am Rhein,s< uiui weiteren Kiinnchen mu einRi¬ cher konischcr l;orm (Nr. 383). die an laufkanneii aus dem 16. Jalirhiindert erimiem. Bemerkenswert isr, dass in dcr ersten Auswalil fiir die Saminlungcn des Kunsrge- werbemuseums Prag keine der fiinf Schusseln (Nr. 385-387, 388 (cine Pfanne], 390) enrhaltcn waren, obgleicli es sich in diesem Falle um edict- Miniaturen liandeli, die jahrhundertclang benurzr wurden, also schwerlicli miller datiert werden kbimen als ins 389 ZaluiMoclicr, der Schafc isr unter- schiedlieh geformt: er endei aufder einen Scire flach und auf der undcien sichel- formig; es konnte sich um oin am Giirtcl getragenes Anhhngsel handeln l»vcniar-Nr.: Nationalmuscum 1'r.ig 112-68 136 Mafic: Hohe8l nun. Breitc 22 null Maicrial: Blci-Zinn Daticrung: 16. Jahrliundert Vcrglcichsstiickc- d'Ai i.fmac.ni-. 1928, laid CCXXVIII. Abb. 3. I'afcl CCXXXV. AI>1>. 5 390 Schiissel, rundc tiefe Schale, aufdem Boden in Kreisen stilisierte Blrite mit Ran- ken, untcrdcrschraflfierten Kanresindsechs Lothei rcgelmaBigangcordnet, walirschein- lich dienten die Locher zur Aufhhngung Invcnt.ir Nr.: Natiitiulimiseum Prag H2-6K 276 Mafic: Hohc ‘J mm, Durchmcsscr 44 nun Material: Blei-Zmn Daticrung: I6./I7. Jahrliundert Vcrglcichsstiicke- Sammliing Bossard (Hllding 191 i,TafelXXXVl:2. Rcihcvon tinten 3. von links) 391 Gefafi, Morser (?), der Mantel isr waagereclu in drei Srreifen getcilr, im mittleren sreln die Inschrifr »pia maria«; es konnte sich um einen Morser handeln, weil sich auf dem Fuff Resre von Srand- fiiffchen befinden Invcniar-Nr.: UPM 5781 Mafic- Hohc 20 min. Durchmcsscr 25 mm Material: Blei-Zmn Daticrung: 15. JahrliutHlen Vcrglcicbsstиске- kcinc I.itcraiur: Koi-nu.sm akkova 1977. S 126, Nr 118 392 Sal/gefaff, Flacliguss, runde Schale, aufdem tieferen Boden im Kreis die In- schrift »IHS«, auf dem Rand cine umlnu- fende Inschrifr, aufder Riickscitcdes Roden gericzce, unlesbare Buchstaben Invctnar-Nr.: UPM 5786 Mafic. Durcbmesser: 62 mm Inscbrifl: ->+soprc dto * none signore sopre sal" none sapore- Matcrial: Blei-Zmn Daticrung: 15. Jalirbutulcri Vcrglcicbsstиске: Cay 1877. S. 606. glctclic bdiale Lttcr.mtr: Kof nigsm akkova 1977, 5. 126, Nr. 119 393 Vollguss, auf einem fragmentierten Sockei sit7ender Himd mit einem Hals- band und Schelle; es scheinr sich um den Knauf eines Gegcnstandes zu handeln, wahrscheinlich um den Griff vom Deckel cinerMiniaturkaimeodervon einem Mes¬ ser bzw. Loffel Г/.1 453 Hai t>t к 1 1968. S. 58. N1. 14. lnvcntar-Nr UPM 5771 Mafic- 1 lobe 23 mm. Rreitr Г mm Material: B!ci-/inu Daticrung: 15./16. Jabrltundcri Vcrglcidtsstiickc: t»'Al 1 f.magki 192K. laid CCXXXV. Abb 7. |.,|VIC С XXXVI, Abb 11 394 Vollguss, drei l iguren mit Guss- stutzen: in der Mittesit/endcr Lowe, liber ihm ein liegendei l.bwc, unten nnd an heiden Seiten Gussriniieii. Das Objckt ist ein Halbprodukt, das zur Herstellung von Griftcn fur RasiermcsseroderSpciseinesser bzw. -loffel verwendet wurdc lnvcntar-Nr.: Naiionaliniiscum Prag 112-68 08” Mafie: Hohc 47 mm. Brcttc 24 mm Material: Ulei-/itin Daticrung: 15. Jabrltundcri Vcrgleiclissiiickc: n'Ai 1 lmai.ni. 1928, I alel CCXXXV. Abb. 7. l afcl CCXXXV1. Abb 11 395 Vollguss, aufeincm Kapitell sit/endei Liiwe mit groffer Mahnc, dcr Schwa 11/ ist и in die Hinrerbeine gewickelt, wolil ein Messergriff o.ii. lnvcntar-Nr. Naiionalmuseum l’tagl 12-68.12” Mafic: I liihc 24 mm, Rreiic 11 mm Material: Blei-Zinn Dancning. 15./16. Jahrliundert Vergleitbssnicke: d’Ai i.kmai.m 1928. laid CCXXXV, Abb. Л Tafel CCXXXVI. Abb. 11 396 Flachcr Vollguss, sit/.ender Lowe mir dem Kopf frontal gedrelu, stark oxidierr lnvcntar-Nr.- Nationalnuiseum PragH2-68 230 Mafic: Hohc 28 mm, Breitc 15 mm Material. Blci-7.mn Daticrung' 15/16 lahrhundcn Vcrglcitbsstiiche. kcinc 397 Vollguss, Pfau auf einem Zweig sit- zend (Klinke?) lnvcntar-Nr.- Nniuinalmnseiim Prag H2-68.240 Mafic Holtc 26 mm. Breitc 41 mm Material: Blei-Zmn Daticrung: 16. Jahrliundert Vcrglcichsstiickc: kcinc 397
194 Bibelots 15./16. Jahrhundert. Lediglich Nr. 385, cine zweihenklige Schiissel, besirzr hinsicht- lich ibrcr flachen Henkelform erst eine nabelicgcndc Variance im 17. Jahrhundert, als dieser Schiisseltyp Verbreitung fand, zumeist mit Deckel und runden kleinen Aufstell- fiiftchen. Diesen Schusseltyp nannre man mitunter WochnerinschQssel oder Breinapf. Ihren Weg in die Sammlungen des Prager Kunstgewerbemuseums fand indes eine tic- fere Schiissel mir dem Monogramm IHS auf ihrem Boden und der Aufschrift »Soprc Dio non e signore - Sopre sal non e sapore« (Nr. 392)4Vt Hirer italienischcn Aufschrift vvegen bekam die Schiissel als einziges Objckt aus dem ganzen Konvolut den Vcrmcrk »italienische Provenienz« und konnteals kleine rituelles Salzfass gedient haben. Genau dieselbe Schiissel ist auch bei Gay abgcbildet und vielleichc gelang sie auch in loggers Sammlung, wie die Nr. 183. Ein relariv seltenes Objekt ist der Zahnstochcr (Nr. 389). Zeitgenossischen Ab- bildungen nach zu urteilen, trug man ihn mit anderen Instrumenten fur die Korper- hygiene (Ohrenreiniger, Nagelreiniger u.ii.) zusammen nut verschiedencn Schliisseln am Giirtel. Ein Riitsel geben einige plastische Miniaturfigiirchen auf (Nr. 393-397): Lowen, ein Hund und evenruell ein Pfau. Sicherlich waren es keine Spielsachen, wie man mitunter meinte, denn alle gehen von angedeuteten Sockeln aus, so dass sie elier wie dcr Abschluss irgendeines Gegenstandcs wirken. Eine iihnliche plastische Verzierung weisen im 15.-16. Jahrhundert insbesonders GrifFe von Rasiermessern, Gabeln und LofFeln auf. (Vgl. Abb. 394a) Mitunter war auch der Deckel eincr Kanne mit einem solchen Abschluss versehen. Wir ordnen also diese Funkrion auch diesen Figiirchen zu, z.B. als Variance fur Kinderbcstccke als Vorbereitung auf das Erwach- senenleben. HKoe I I 454 Die italicnibchc lnsclirift erinnert stark an eine» Tischspruch: «Jensens von Cun kein Herr - jenseits vom Sal/ kein Gestl)inack«. (Carina Brumme) 394a BesteckgrifFe nach dAllemagne i9zS, Tafel CCXXXVI
Zierat 195 Zierat (Schmuck und Beschliige) (398-412) Unter den erhaltenen Schinuckstiickcn aus der preiswerten Blei-Zinnlegierung sind Ringe am zahlreichstcn verrreten, und zwar niclit nur im Prager Konvolur, sondern auch in andcrcn Sammlungen. Der Ring isc bis heute die schlichteste Varianre eines Wallfahrtsandcnkcns. Dicsc cinfachcn Abgiisse, deren I;orm mic dem Ringkopf in der Mitre langs in die Gussf'orin geritzt und dann verbunden wurden, weisen zwar viel- faclie RingkopflFormen auf (Bliite, Muschel, vereinte Hande u.a.), sind aber nur selten sebr anspruclisvoll. Mitunter enthalten sie noch einen kurzen Gliicksspruch auf der Ringschiene. Im Prager Konvolut gibt es zwei Ringe mit blumenformigem Ringkopf und den Rcsten einer Inschrift »... du bon« (Nr. 399 und 404), was wahrscheinlich einen Segenswunsch meint. Bei zwei relativ massiven Ringen mit starken zahnformi- gen Einkcrbungen konnre es sich um speziell fur Manner gefertigte Stuckc handeln (N r. 401,402). Der bisla ng ei nzige beka n nte Beleg eines wei teren massiven Erzeugn isses ist die Rosenkranzkugel (Nr. 405), denn die Herstellung von Rosenkriinzcn aus ver- schiedenen Materialien wie Korrallenperlen, Edelmetallen, aber auch aus Holzvvarseit dem 13. Jahrhundert in ganz Europa verbreitet. Bereits im Laufedes 13. Jahrhunderts wurde der Rosenkranz Bestandtcil der Kleidung, getragen wurde er um den Hals.*" Auf Portrats seit Beginn dcs 16. Jahrhunderts bilden klcinc durchbrochene GefaRe den Abschluss des Rosenkranzcs; diese GefaRe dienten zugleich oft als Riechkugel oder Pomander, wenn in ihnen irgendein aromatischer Stoff eingelagert war. Sie wurden aber auch an einer Ketre um die Taille get rage n.‘lV‘ Die Sammlung enthalt auch KleiderschlieRen in Form von Riemenzungen und Giirtelschnallen. Die Vorlicbc fur langc Giirtel, die an der Kleidung herabhingen, war der Grund fur eine reiclie Giirtelbeschlagproduktion und fanden ihren Widerhall auch in wohlfeil produzierten Varianten. Nr. 407 stellr einen sehr schonen Abguss mit Dekor dar, der der gotischen Formgcbung enrspricht und sein Vorbild in einem 398 Fingerring mit flacher Schiene, die sich zum Ringkopf hin in Form einer funfblattrigen Rlume in einem Sechseck verbreitert lnvcnrar-Nr.: UPM 5626 Mafic: Durchmesser 20 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jahrhundert Verglcidissiiitke: kcinc Litcratur: Кат. Риде; 19K6. Nr. 203 399 Fingerring mit flacher Schiene und flachem Ringkopf in Form einer fiinf- bliittrigcn Blume, am Reif die Inschrift: »du bon du cuer« Inventar-Nr.: UPM 5627 Mafic: Durchmesser 20 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jahrhundert Vcrglcichssiikkc: keinc l.itcratur: Kat. Prai; 1986, Nr. 204 455 l.icilTiuwx ig«j2. Kapitel Paternoster Beads, ah S. 342. 456 Si I’.inckaueu 1956. S. 81, Abb. 127. 400 Fingerring, mil HacherengerSchiene mil kleinen Blumen beset/.t, dazwischcn Minuskulen »pre/nec« (?), der Ringkopf in Form einer Muschel im Relief Invennr-Nr.: UPM 5628 Mafic: Durchmesser 21) mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jabrltunderi Vcrgleichsstiicke: koine l.iieratur: Кат. Рклс 1986. Nr. 205
1% liibeloi Silbererzeugnis liabcn konntc, cbenso wie die Giirtclschnallc in Nr. 408, dcrcn Form ganz ahnlicli in Silbcrausfiihrung bezeugt isr. Auf Masscnproduktion verweisen zwei weitere idcntischcGurcclabschlusse (Nr. 409,410) micdurchbrocbcncm MaRwcrk und L-incni ausgepriigten Dorn, die an das Gewebe angenaht bzw. durcli zwei OfFiiuiigeii am Leder befesrige waren. Mituntcr waren sic aucli mit religiose» Motive» dekoriert (vgl. Nr. I), was wiederum daHir spriiche, dass aucli ahnliche profane Gcgcnstandc mit Motive» cxisrierten, die sich in irgendeiner Form auf den Wallfahrtsorr bezogen und auch auf Marktcn bei Wallfahrtcn angeboten wurden. HKoe 401 Fiiigcrring, Vollguss, niirzahnfcirmi- gcnSchnittenzwischenstilisicrten Blattern Invcntar-Nr.: UP.Vl 5625 Mafic: Durchmcsscr 23 mm Material: Blci-Zinn Dane-rung: 15. Jalirhundcrt Vcrglcichsstiickc: kcinc 402 Fingerring, Vollguss, mitzahnformi- gen Sell n i t ten zwischcn st il isierten Blattern Invcncar-Nr.: UPM 98.992 Mafic: Durchmcsscr 19 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jalirhundcrt Vcrglcichsstiickc: kcinc 403 Fingerring mit flacber Scliicne und Perlenstab am Rande, der Ringkopf wird auszwei ubercinander gelegten Vierpasscn gcbildct, Reste von Minuskulen: »du ...«? Invcnrar-Nr.: UPM 98.988 Mafic: Durchmcsscr 16 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jalirhundcrt Vergleichsstuckc: kcinc 404 Fingerring mit flacher Schiene, der Ringkopf zeigt cine» Vicrpass, am Rande Reste von Minuskulen: »... du boil ...« Invcntar-Nr.: UPM 98.977 Mafic: Durchmesscr 13 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundcri Vcrglcichsstiickc: kcinc 405 Rosenkraiizkugel/ Ricchkapscl (Pomander?), Gitterguss, aus zwei mit Mafiwcrk durchgebrochenen Halbkugcln mit runder Offnung, in der Mitte zusammengesetzt Invcntar-Nr.: UPM 5784 Mafic: Durchmcsscr 30 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhundcrr Vcrglcichsstiickc: ii'Ai i kmacne 1928. Tafcl CVIII. Abb. f>
Zierat 197 406 Anhanger (Pfeifchen ?). a us zwei ge- pressccn Rundteilen mit Rippen mic Perl- musier auf einer Seite. auf der andere mil Ranken, obcn zwci Osen zum Aufhangen, durch die ein klcincr Ring gezogen ist, Resce von (originaler?) Drahcbefesrigung, deform iert Inventar-Nr.: Nationalmuscuni Prag H2-68.247 Mafic: Durchmcsscr 31 mm, Hohe 10 mm Material: Blci-Zinn Datierung: I5--16. Jahrhundcrt Vcrgleichsstikke: kettle 407 Endbeschlag eines Giirtels (Riemenzunge), gegossen, zvveiseiiig gearbeilci, kings in drei Zonen geteilt: rcchts im Vollguss durchflochrcne Aste, in der Mitte beidseilig Giiier, der Ansatzdes Bandes beidseitigdurchgebroclien, links in Klcehluttoriinmentcuuslaufcnd, mit zwei Lochern zur Befestigung, der Dorn fell It lnvcnrar-Nr.: UPM 5614 Mafie: Holie 22 mm, Brcitc 45 mm Material: Blci-Zinn Daricrung: 15. Jahrhunilcrr Vcrglcichssttickc: o'Allkmacm-: 1918, Tafcl XXXV', Nr. 7 und 21. (Asrmotivc). - FixuriRi.tN' 1971. S. 362, Nr. 126. Abb. 409 (in Sillier) l.itcratur: К at. Prac: 1986, Nr. 199 408 Schnalle mir festem Beschlag, gegos- sen, motiticri; das ovale Auge mil gcritziem Rankendekor ist mil einer zvveiseiiigen Einsieckhiilsc verbunden; auf einer Seite zeigt dieuntereHalfteein gegossenes Dekor und diirchbrochenc Pensierchen, auf der anderen Seite ein im Flachreliefgegossenes Blumendekor Invcntar-Nr.: UPM 5613 Mafie: Holie 43 mm, Rrcirc 37 mm Material: Blci-Zinn Datierung: 15. Jalirlumdert Verglciclissiiicke: I-inumkli.n 1971, Abb. 401, Nr. 108 (in Sillier) Literacur: Клт. Prac 1986. Nr. 197 408a Ruckscitc von Nr. 408
198 Bibelots 409 Endbeschlag ernes Giirtels (Riemenzunge), hohles Rund- medaillon, die frontalc Scitc mit durchgcbrochenem Fensrcr, der Dornansatz mir Blattornament und mit abschlicftendem Tierkopf Invcntar-Nr.: UPM 5615 Mafic: Hbhe 42 mm, Brcite 25 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrliundcrt Vcrglciclissiucke: d’AllumaGne 192b, II, Taf. 34, 23. Клт. Wok ms 2001, S. 162. NTr. 156. - Fingeri.in 1971, Nr. 387, Abb. 215 (in Bronze) l.iteratur: Клт. Prag 1986, Nr. 198 410 Endbcschlag eines Giirtels (Riemenzunge), hohles Rundme- daillon, auf der frontalcn Seite ein mit MalSwerk durchgebrochenes Fensrcr, der Dornatisacz mit Blattornament und mit abschlieften- dem Tierkopf Inventar-Nr.: Naiionalmuseum Prag H2-68.111 Mafic: Hohc 48 mm, Brcirc 25 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrliundcrt Vcrglcichsstiickc: h’Ali.emagne. 1928, II, Tal. XXXIV, Nr. 23. - FingerlIN 1971, Nr. 387, Abb. 215 (in Bronze) 411 Endbesch lag eines Giirtels (Riemenzunge), flacherlanglicherschildfbrmiger Kasten mirbeid- seitiggegossenem Rankendekor mit Buchstaben (?), am Rande Rundmedaillons mit Vierpiissen und Muscheln, auslaufend in eine kleine Ose lnvcnrar-Nr.: UPM 5618 Mafic: Hohc 45 nun, Brcitc 35 mm Marcrial: Blci-Zinn Darierung: 15. Jahrhundcrt Vcrglcicltsstiicke: Fingeri.in 1971, S. 407 412 Schnallc mit Haken, sechscckig mit schragen Seiten, ge- ritztem Ornament, in der mittlcren sechscckigen Offhung Restc vom Textilgewebe, die untere Seite ist mit flachcm Blech bedeckt, die Ose fiir den Haken fehlt Invcntar-Nr.: UPM 5616 Mafie: Hohc 65 mm. Breire 40 mm Material: Messing Daticrung: 15. Jahrliundcrt Vergleichsrucke: keinc Litcratur: Клт. Prag 1986, Nr. 200
Glockchen, IJeijen und Klappern m Glockchen, Pfeifen und Klappern (413-425) In den meisten Sammlungen von Pilgerandenken und sonsrigen Souvenirs bilden Glockchen eine umfangreiche Gruppc, denn sie gehorten auch zum typischen Ange- bot auf Marktcn und an den Wallfahrcsorten. Drei Glockcn in dcr Pragcr Sammlung weisen neben dcr klassischcn Glockenform und Zickzack-Dckor in Streifen auf dein Glockcnmantel (Nr. 413, 415, 416) auch cinen identisch geformten Griffauf, der aus einern in drei Schlcifen zu cincm M gewundenen Band bestclu. Wic Bruna>v und vveitere Forscher unrer Berufungaul Qucllcnnotizen iiberei list im mend ausfuhren, ge¬ horten Glockchen zur zusatzlichen Aussrattung eines Pilgers und solltcn cinerseiis bei dcr Fcier der verchrren Rcliquic crklingcn, andcrcrseits aber auch vorbeugend vor zahl- reichen Gefahren schiitzen, die deni Pilger auf seiner Reise drohren. Dicselbe Funktion harren iibrigens auch andcrc, ahnliche Gegensrandc mir akkustischem F.ftekt wie z. B. Pfeifen, von denen es schr reiche Variamen gibt, sei es in der klassischcn langlichen Form einer Rohre mit Anblaseloch oder als rundc liohle Pfeife in Form eines Napfes. Die Pfeife Nr. 423 verstarkr den Ton durch Blasen in ein Glockchen, das gcschlossen ist und ofFensichtlich auch aus einer besseren l.egierung mir hoherem Zinngehah zur Erzeugung eines besseren Tones bcstcht. Auch die zweite Pfeife (Nr. 424) zeichner sich dadurch aus, dass sic sich mir den dazugehorigen Anhiingern in Form eines Schmet- terlings bzw. eines fliegenden Vogels und eines Srraufichens von Penissen erhalten har, die durch den gcblascncn Lufrsrrom zu schwingen anfangen. Da es ein Fragment einer ahnlichen Pfeife im Kunstgewerbemuseum in Koln und ein weiteres Fragment im Musee de Cluny in Paris und ein drittes im Wormser Paulus-Museum gibt, war sic sicher ein beliebtes Spielzeug.158 Die Pfeife Nr. 425 ziert eine gekronte, nimbierre Fraucnbiiste, was sie auch als Devotionalie kennzeichnet. 413 Glockc, der Mantel ist durch drei Streifen mit verschiedenen gcomcrrischcn Motiven u.a. einem Zick-Zack-Band gctcilt, der Grift hat die Form des Buchstaben »M« Invcmar-Nr.: UPM 5778 Mafic: Hohc 35 mm, Durchmcsscr 30 mm Material: Blci-Zinn Daricrung: 15. JahrhuiKlcri V'erglcichssriicke: Buuna 1996, S. 264-268, Nr. 500, 501, 504 Litcraiur: KoenicsmaRKOVa 1977, S. 124, Nr. 114. - Kat. Pkac 1986. Nr. 180 414 Glocke, der Mantel ist durch drei waagcrechtc Streifen geteilt, der untere und obere zeigt Zick-Zack-Dekor, die Aufhangung fehlt lnvcnrar-N'r.: Nationalmusciim Prag 112-68.264 Mafic: Hohc 27 mm, Durclimesser 30 mm Material: Blci-Zinn Daricrung: 15- Jahrhundcrr Vergleichsstiickc: Brcna 1996,5. 264-268, Nr. 500. 501, 504 457 Bruna 1996, S. 263. 458 I Iakoeki: 1968, S. 78, Nr. /5. 415 Glockc, der Mantel ist durch drei waagerechte Streifen gctcilt und zeigt Zick- Zack-Dekor, d ie Aufliangu ng hat d ic Form eines gebogenen »M« lnvcntar-Nr.: Narionalmuseitm Prag H2-68.265 Malle: Hohe 33 mm, Durchmcsscr 29 mm Material: Blei-/.inn Daricrung: 15. Jahrhundcri Vcrglciclissiiickc: Bruna 1996. S. 264-268, Nr. 500, 501, 504
200 Bibelots 416 420 422 423
(rlockcheu, Pfeifen und Klappern 201 416 CJlockc, tier Mantel ist durch drei waagcrechte Streifen gcrcilt und zeigt Zick-Zack-Dckor, die Aufliangung ist stark gebogen lnvcntar-Nr.: Natiiinalnuiscum Prag 112-68.266 Mafic: Hiilic 34 mm, Durchmcsscr 26 mm Material: Blci-Zinn Daiicrung: 15. Jalirliundcrt Vcrglcichsstiickc: Rki.na 1996, S. 264-268, Nr. 500, 501,504 417 Glocke, der Mantel ist durch drei waagcrechte Streifen geteilt und zeigt Zick- Zack-Dekor, die Aufliiingung felilt lnvcntar-Nr.: Nationalnutscum Prag H2-68.267 Mafic: Hiilic 27 mm. Durchmcsscr 26 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jahrhunclcrt Vcrglciclisstiickc: keine 418 Glocke, der Mantel ist durch drei waagcrechte Streifen geteilt und zeigt Zick- Zack-Dekor, die Aufhiingung fehlt, durch Zusammenpressen stark deformiert lnvcntar-Nr.: National museum Prag 112-68.273 Mafic: Hiilic 28 mm, Durchmcsscr 3‘) 111m Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jalirliundeit Vcrgleichsstiickc: kcinc 419 Glocke, fragmeniiert, auf derinneren Scitc Streifen mit Zick-Zack Dekor, ohen Reste eines Handgriffcs (gedrcht?) lnvcntar-Nr.: UPM 98.990 Mafic: Hiilic (nodi) 19 111111, Durclinic.sscr 32 111111 Material: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jalirliundcrt Vcrglcichs.st iickc: kei »c 420 Klapper als Anhanger, aus zwei gepressten Teilen in Form einer Rime z.u- sammengesetzt, im Inncren cin frei beweg- 1 ichcs Kiigelchen, der Mantel tordiert mil flachem Rcliefdekor (auf der Oberflache Starke Patinabildtmg); die Ose zum Auf- hangen ist zerbrochen Invcniar-Nr.: Naiionalmuscum Prag 112-68.268 Mafie: Hiilic 52 nun, Brcitc 27 mm Material: Blci-Zinn Daticrung: 15./16. Jahrhunclcrt Vcrglciclisstiickc: kcinc 421 Klapper als Anhanger mit klciner Mcssingkctcc und Hakcn. aus zwei ge- pressten Teilen in Form einer Rime zti- sammengeseizi, im Innerencin freibeweg- lichcs Kiigelchen, der Mantel tordiert mit Haclicm Ornament. Patinabildung und Delormationcn lnvcntar-Nr.: Nationalniusciini Prag 112-68.269 Malic: I liilic 75 111m, Brcitc 24 111m Material: Blci-Zinn, Messing Daticrung: 15./16. lalirliunclcn Vcrglciclisstiickc: kcinc 422 Klapper als Anhanger, aus zwei ge¬ pressten Teilen in Form einer Birnc zusam- mengesetzr, im lnnercn cin freihewegliches Kiigelchen, der Mantel leicht tordiert mit einfachem Rankendekor (wie Nr. 422), Anhangerose mit Rcsten der Aufliangting, Parinabildung und Delormationcn lnvcntar-Nr.: Naiionalmuscum Prag 112-68.288 Mafic: I Iflhc 34 111m. Brcitc 19 mm Material: Blci-Zinn Daticrung. 15/16. Jahrluiiulcri Vcrglcichsst iickc: kei ne 423 Pfeifchen, Itohle konischc Roll re. die sich zum Mundende hin verhreitert und einen am Rand timlaiifenden Ring aufweist; am schmalen F.nde der Rdhrc cin Hundckopf vor der Miindiing, die in einer hohlen Schelleendet, welclie von einer Sclilangc tiimvunden ist; auf der unteren Seite der Roll re befinden sich in helaubtcn Zweigen zwei Osen zum Aufliangen Invcnrar-Nr.: UPM *>622 Mafic: Hiilic 25 nnu, Brcitc 80 nini Material: Blci-Zinn Daticrung: 15./16. Jahrluindcrt Vcrglcichsst iickc: keine l.iicratnr: Kor.Nir.sMARKiiVA 1977. Nr. 113. S. 124. - К at. Pkai;, 1986, Nr. 181 424 Pfeifchen (Lockpfeife?), konische Rohre mil flachem Relief, daruntcr cin Haltebiigel, seirlich zwei Fliigel und zwei Hangevorrichtungcn mit Loch, wozu die heiden Anhanger im l;orm einesSditnetier- lings und eines StrauKes von Penisscn ge- horen, die sich im Wind der Pfcifc bewegen lnvcntar-Nr.: Nationalnitiscum Prag 112-68.13(1 Mafic: Hiilic 34 mm. Brcitc 50 mm Marcrial: Blci-Zinn Daticrung: 15. Jalirliundcrt Vcrgleichsstiickc: IIakdfkf 1968. S. Nr. 75. - Rki.na 1996, S. 346, Nr. 674. - К at. Worm s 2001, S. 158, Nr. 146 (sell г iihnlich). - Sam Hi¬ lling Bnssard (Hr.i.nixc 1911, Та (cl XXX VI: 6. Rcihc von oben, 2. und 3. von links) 424
202 Bibelot. Ganz aufiergewohnlich sind drei Klappern in Form cincr Birnc, die sich in dem Sammlungsteil des Prager Nationalmuscums befinden. Die GroBtc isr iiber 5 cm lang (Nr. 420), cine andere isr sugar vollstandig mit cincm Mcssingkerrchcn und dem Ha- ken zum Aufhiingen erhalten (Nr. 421). Auch die Art ihrer Hersrellung isr eine andere, denn sie sind aus gepressrem Zinnblech in zwei Teilen geferrigt, die mircinandcr ver- lorctsind und die in ihrem Innern kleine Kugeln bergen. Man kann annehmen, dass ihre Oberflache bearbeirer und vielleicht auch vergolder war, was letzelieh nur durch eine Analyse bestatigt vverden kann. Bei einigen metallenen Gegenstandcn verursa- chen Oxidationsprozesse eine goldfarbcnc Anmutung der Oberflache, gerade wenn das vSruck lange Zeit im Boden lagcrtc. HKoe 425 Pfcifchen, konische Rohre in eine Frauenbiistc mit Krone und Nimbus aus- laufend, seitlich mir cinem Fliigel, der 7.weite fehlt, aufder Unterscite Resteeincr Bcfestigungs- oder Halteosc lnventar-Nr.: UPM 98.993 Майе: Hohc 50 mm Daticrung: 15. Jahrhundcrt Vergleicbssiiickc: keine Liicratur: Koknigsmaiikova 1977. Nr. I12.S. 123
Var'ut 203 Varia (426-434) lm abschlicfiendcn Toil ties Katalogs finden sich ncun Objekte obne deraillierte Be- .sebreibung aufgcfiihrr, wcil sic entweder schr stark beschridigt sind odcr aus dem zeit- lichcn Ralimen dcr Provenienz der Sammlung dcr Pilgerabzeiclien fallen. Nr. 434 ist cine bemerkenswerr gut crbaltcnc Miniatur cincs Barockscsscls, vvic cr .sichcrlich zur Pin rich tung eincs Puppenstubenzimmers gchorte. HKoe 426 (obne Abbildung) GelaB Inventar-Nr. UPM 5780 Daticrung: 15. Jalirliuiulcrt Mafic: 1 Icihe 29 mm. В re ire 22 mm Material: Wei. stark korrodieri 427 Klinkc Invenrar-Nr.: Nationalmiiseuin Brag H2-68.229 Daricning: 16./17. Jalirhundcri Mafie: Breite 86 mm Material: Blei-Zimi c% 428 Plombe Inventar-Nr.: UPM 5753 Daiicrung: 14./15. Jalirliiimlert Mafic: Durchmcsscr 30 mm Material: Blei 428a Ruckseite von Nr. 428 429 Petschaft? Inventar-Nr.: Nutiunalmuseum Pr;tg H2-68257 Datierung: 14./15. Jalirliuudcri Material: Blei Mafic: Durcbmcsscr 30 mm 429a Ruckseite von Nr. 429
204 Bibelot 430 Schwingc (Fragment) Inventar-Nr.: National museum Prag H2-68.I70 Daiicrung: I6. Jalirliundcrt .Vlarerial: Blei-/.inn Mafic: Hdlic 12 nun, Brciie 24 mm 431 Aphrodite Invcniar-Nr.: Nationalmuscuin Prag H2-68.241 Daiicniug: 16./17. Jalirliundcrt Material: Blci-Zinn Mafic: Mohe 61 mm, Breite 20 mm 433 Fragment eincs Beschlags (?) 434 Stuhl Inventar-Nr.: Nationalmuscuin Prag H2-68.094 Daricruiig: 16./17. Jalirliundcrt Material: Blci-Zinn Mafic: Hiilic 23 mm, Breite 59 mm Inventar-Nr: UPM 5787 Datictung: 17. Jalirliundcrt Material: Blci-Zinn Mafic: Holie 58 mm, Breite 31 nuu
ANHANG
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213 Autoren Carina Brumme, Dr. phil., studicrtcan dcr Humboldt-Universitar zu Berlin Ur- und Friihgeschiclue und Thcologie. Sie wurde 2009 an der Humboldt-Universitar zu Berlin mir einer Arbeit iiber »Das spatmirrclaltcrlichc Wallfahrtswesen im Erzstift Magdeburg, im Fiirstentum Anbalr und im sachsischen Kurkrcis« promoviert. Hire Forschungssclnverpunkte sind die religiose Mobiliriir im cbristlicben Abendland, insbesondcrc deren soziale und gesellschaftliche Aspektc, und die religiosen Zeichen des Mirrelalrers. Sie wirkt unter andcrem im Rahmen eines Projektes zum mitrel- altcrlichen Wallfahrtswesen in Mittclcuropa an der Berreuung der Berliner Pilger- zeichendatenbank (www.pilgerzeichen.de) am Kunstgewerbcmuseum der Sraatlichen Museen zu Berlin mit. Helena Koknigsmarkova, PhDr., studierte Kunstgescliichre an der Philosophischcn Fakulrar der Karlsunivcrsirar Prag. Seir 1971 arbeitete sie am Kunsrgewerbemuseum in Prag (UPM) als Spczialisrin fiir Metalle (Zinn, Gusseisen usw.) und historisclies Spielzeug. Sie wurde 1978 mit einer Arbeit iiber die Sammlung der mittelalterliclien Pilgerzcichen im Kunstgewerbemuseum in Prag an der Karlsuniversitiit promoviert und isr seit 1991 Direktorin des Kunstgewerbemuseum.s in Prag. Ihre Forschungsschwer- punkre sind Museologie, mirtelaltcrliche Pilgerzcichen und kleine Metallplasriken. Hartmut Kuhne, Dr. theol., studierre Evangelischen Theologie an der Kirchlichen Hochschulc Berlin (Ost) und der Theologischen Fakulrar dcr Humboldt-Universitar zu Berlin. Er wurde 1998 mir einer Arbeit zu spatmirrelalrcrlichen Reliquienfesten an der Theologischen Fakulrat dcr Humboldt-Universitar promoviert. Er war von 2002 bis 2008 Wissenschaftlicher Assisrentam Lehrstuhl fiirChrisrliche Archaologie, Denkmalkundeund Kulturgeschichre dcr Theologischen Fakulrat dcr Humboldr-Uni- versitatzu Berlin. ,Seit 2009 ist er freiberuflich in verschiedenen Forschungsprojekren tarig, zuletzt als Sripendiat dcr Gerda-Henkel-Stiftung fur ein Projekt zur Vorrefor- matorischen Frommigkeit in Mitteldeurschland. Seine Forschungen betrefFen die Frommigkeir und Kulrur des Spiirmirtclalrers und der Fruhen Neuzeir.
214 Anhang Karte der Herkunftsorte 215 Herkunftsorte der Pilgerzeichen 1 Aaclien (Nordrhein-Westfalen), D 2 Amiens (Dep. Somme), FR 3 Boulogne-sur-Mcr (Dep. Pas-de-Calais). HR 4 Bourbon L’Archambauh (Dcparcement Allier), FR 5 Bourgtheroulde-lnfreville (Dep. de I’hure), lR 6 Breuil (Dep. Marne), FR 7 Briantcs, Notre Dame de Vaudouan (Dep. Indre), FR 8 Calzada (Autonomc Region La Rioja), E 9 Chalons-en-Chainpagnc. Notre-Dame-de-Vaux (Dep. Marne), FR 10 Chartres (Dep. F.urc-ct-I.oir), FR 11 Clery-Saint-Andre (Dep. l.oiret), FR 12 Geraardsbergen (Ostflandern), В 13 I.archanr (Dep. Seine-et-Marne), FR 14 Le Puy-en-Velay (Dep. Haute-Loire), FR 15 L’Eptne (Dep. Marne), FR 16 Le Thourcil, ehemals Glanfeuil (Dep. Maine-et-Loire), FR 17 Liessc (Dep. de l’Aisne), FR 18 Luzarches (Dep. Val-d’Oise), FR 19 Maastricht (Provin/. Limburg), NL 20 Marseille (Dep. Bouches-du-Rhone), FR 21 Mdzidon-Canon, ehemals Sainre-Barbe-en-Auge (Dep. Calvados), FR 22 Mont St.-Catherine bei Rouen (Dep. Seine-Mai itime), FR 23 Mont St.-Michel (Dep. Manche), FR 24 Montreuil-siir-Mer (Dep. Pas-de-Calais), FR 25 Najera, Santa Marfa la Real (Atirnnnme Region La Rioja), E 26 Nivcllcs (Provinz Wallonisch-Brabant), В 27 Nassogne, Sainte-Monon (Provinz Luxemburg), В 28 Noyon (Dep. Oise), FR 29 Paris, FR 30 Rom (Region Latium), I 31 Rue (Dep. Somme), FR 32 Saint-Antoine-en-Viennois (Dep. lscrc), FR 33 Saint-Denis (Dep. Scine-Saint-Denis), FR 34 Saint-Josse (Dep. Pas-de-Calais), FR 35 Saint-Leu-d’Esserent (Dep. Oise), FR 36 Saint-Martin-de-Boscherville (Dep. Seine-Maritime), FR 37 Saint-Maur-des-Fosses (Dep. Val-de-Marnc), FR 38 Saint-Maximin-la-Sainte-Baume (Dep. Var), FR 39 Saint-Nieolas-de-Port (Dep. Meurrhe-et-Moselle), FR 40 Saint-Quctnin (Dep. Aisne), FR 41 Saint-Wandrille, ehemals Fontenelle (Dep. Seine-Maritime), FR 42 Santiago de Compostela (Auronome Gemeinschaft Galicien), E 43 Saumur, Notre-Dame-des-Ardilliers (Dep. Maine-et-Loire), FR 44 Tombelaine (Dep. Manche). FR 45 Tournus (Dep. Saone-et-Loire), FR 46 Fours (Dep. Indre-et-Loire), FR 47 Vendome (Dep. Loir-et-Cher), FR 48 Vezelay (Dep. Yonne), FR 49 Villalcazar de la Sirga (Autonomc Gemeinschaft Kastilicn-Leon), E 50 Walsingham (Norfolk), GB