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                    Innenstadttouren

Am Anfang war der Zusammenfluss - Rund ums Deutsche Eck Dieser Spaziergang am Zusammenfluss von Rhein und Mosel berührt den Ursprung des Namens von Koblenz und einen der ältesten Plätze der Stadt- 1 km IStd. Start u. Ziel: Basilika St. Kastor Bus Lime 1 vom Löhr-Center bis zum Deutschen Eck/Kastorkirche Wegbeschaffenheit: Barrierefreier Weg auf Asphalt und Pflaster Wegbeschreibung Vor der Basilika St. Kastor (s. Tour 3) erzählt der Kastor- Brunnen von der Wende der Koblenzer Geschichte von der französischen Herrschaft zur russischen Besetzung und der baldigen Übergabe an das Königreich Preußen. Das Brunnendenkmal erinnert mit den ersten drei französi- schen Zeilen an Napoleons Russland-Feldzug: ,lm lahr 1812 denkwürdig durch den Feldzug gegen die Russen - unter dem Präfekturat von Jules Doazan.“ Eine Anekdote berichtet, man habe die Inschrift trotz Napoleons Misserfolg belassen, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen. Als Napoleons Truppen sich nach der Niederlage bei Leipzig (16.-19.10.1813) überden Rhein zurückzogen, folgte ihnen die Schlesische Armee von General Blücher. Sie überquerte den Rhein an Neujahr 1814 auf der Breite von Mannheim bis Koblenz mit Schwerpunkt bei Kaub. In Koblenz marschierten russische Soldaten des 8
Am Anfang war der Zusammenfluss - Rund ums Deutsche Eck Armeekorps St. Priest ein. Der russische Stadtkommandant ergänzte die Inschrift humorvoll: „Gesehen und genehmigt durch uns, russischer Kommandant der Stadt Koblenz, am 1. Januar 1814.“ Rechts an der Basilika vorbei, kommen wir zum Paradiesgarten, der seit der Bundesgartenschau 2011 besteht, und zum Chor der Kirche. Beim Deutschen Eck belegte der Fund einer Hacke die Anwesen- heit von Menschen im engeren Stadtge- biet vor etwa 10000 Jahren. Vor 7000 Jahren waren die hochwasserfreien Areale im Gebiet der Innenstadt besie- Kastorbrunnen und Basilika St. Kastor. Inschrift des Kastor- Brunnens. 9
B (leit, auch das Gelände der Kastorkirche. Kurz nach der Geburt Christi bis in die 80er-Jahre des I. Jahrhunderts kontrollierte ein römisches Kastell die Moselmündung und den Rheinüber- gang. Eine Ecke davon legte man nahe dem Chor der Kirche frei. Nachdem die Römerdas rechte Rheinufer erobert und ein Kastell in Koblenz-Niederberg gebaut hatten, stand hier bis ins 4. Jahrhundert ein Tempel. Seit dem 6. Jahrhundert fanden hier christliche Begräbnisse statt. Die im Jahr 836 geweihte Ehemaliger Torbau des Staatsarchivs Koblenz. Kastorkirche setzt diese christ- liche Tradition fort. Im Paradiesgarten stehen Pflan- zen, wie sie Marienbilder aus der Zeit um 1400 bis um 1500 zeigen, so die immergrüne Eibenhecke als Symbol des ewigen Lebens, die Lilie als Mariensymbol und die Erdbeere, die nach der Vorstellung jener Zeit verstorbene Kinder im Paradies zu essen bekommen. Ein Tor führt uns zu den Bauten des Deutschen Ordens. Im Haus des Komturs präsentiert das Lud- wig Museum Koblenz zeitgenössi- sche Kunst. Hl 216 siedelte sich der Deut sehe Orden am Zusammen- fluss von Rhein und Mosel an. Der Erzbischof von Trier übertrug ihm das Hospital des Florinsstiftes, um die Armen- und Krankenversor- gung zu verbessern. Ein Landkom- tur verwaltete von Koblenz aus die Ordensniederlassungen zwischen 10
Am Anfang war der Zusammenfluss - Rund ums Deutsche Eck Mainz und dem Niederrhein, und ab dem 15. Jahrhundert be stand hier eine der Kammerballeien, die direkt dem Hochmeis- ter des Ordens unterstanden. Die Zerstörungen nach der Säku- larisation von 1802 und im Zweiten Weltkrieg haben nur das Haus des Komturs, der Gewölbekeller der Trotzenburg (heute Restaurant) und eine Seite der Kirche überstanden. Der modern ergänzte Torbau erinnert an das von 1895 bis 1944 hier unter- gebrachte Staatsarchiv (heute: Landeshauptarchiv) Koblenz. Der Kunstsammler Peter Ludwig (1925-96), der 1992 den Grund- stock für das Koblenzer Museum stiftete, stammt aus Koblenz. Hinter dem Festungstor beim Museum erreichen wir rechts das historische Deutsche Eck. HEin ehemaliger Turm der mittelalterlichen Stadt- mauer, seit dem frühen 19. Jahr- hundert Geschützstellung der preußischen Stadtbefestigung, markiert den Ort, an dem Rhein und Mosel bis ins 19. Jahrhun- dert zusammenkamen. Wegen der Niederlassung des Deut- schen Ordens heißt dieser Ort seit dem Mittelalter „Deutsches Eck“. Hochwassermarken lassen erahnen, wie hoch hier das Was- ser stehen kann. Beim letzten lahrhundert-Hochwasser zeigte der Koblenzer Pegel am 23. De- Hochwassermarken am zember 1993 9,49 Meter. historischen Deutschen Eck. 11
Wir gehen ans Rheinufer, von wo unser Blick hinüber zur Fes te und zum Stadtteil Ehrenbreitstein (s. Touren 6 und 7) geht. Nach links treten wir vor das Kaiser Wilhelm Denkmal der Rheinprovinz am Deutschen Eck, vor dem die deutsche Flagge I und die Flaggen der 16 Bundesländer wehen. IEine Sandbank vor dem Deutschen Eck, der Hundsschwanz, und ein um 1880 hier angelegter Schutzhafen wurden bis 1897 mit dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal überbaut. Der Architekt Bruno Schmitz (auch Erbauer des Leipziger Völkerschlacht- denkmals von 1913) und der Bildhauer Emil Hundrieser wirk- ten zusammen an dem Monument. Es zeigt Kaiser Wilhelm I. j (1797-1888), der ab 1871 als erster Kaiser das neue Deutsche Reich regierte, hoch zu Ross. Ein weiblicher Genius an Wil heims Seite trägt die Kaiserkrone. 12
Am Anfang war der Zusammenfluss - Rund ums Deutsche Eck Bei den letzten Kämpfen um Koblenz im Zweiten Weltkrieg traf am 16.3.1945 eine amerikanische Granate das Standbild. Aus dessen Kupfer fertigte man später Telefonleitungen. 1953-90 war der Denkmalssockel das Mahnmal der deutschen Einheit. Seil 1993 steht hier vor allem dank der Spende des Koblenzer Verlegers Werner Theisen eine von Raimund Kittl geschaffene Bronze-Kopie des Standbildes. I in Stück aufwärts der Mosel erinnern drei Teile der Berliner Mauer an die deutsche Wiedervereinigung. Wir blicken hinü- ber zur Helling, auf der das Wasser- und Schiffahrtsamt seine Schiffe wartet. Vor uns entfaltet sich die Moselansicht der Stadt bis zur Balduinbrücke. Beim Denkmal für den rheinland-pfäl- zischen Ministerpräsidenten Peter Altmeier (1947-69 im Amt) biegen wir links ab. Wir queren die Straße und gehen bis zur Straße »Am alten Hospital“. Hier treffen wir links auf einen Rest des Von-der- Leyenschen Hofes. Der Trierer Erzbischof Johann von der Leyen (1556-67) bau- te hier ein Stadtpalais für seine Familie. Nur die Gartenfront aus der ehemaligen Friedhofskapelle der Deutschordens- kommende und einem barocken Bau haben den Zweiten Weltkrieg überstanden. 1797-1813 saß hier die Verwaltung des französischen Departements „Rhein und Mosel". 1815 richteten General Neidhardt von Gneisenau und sein Stabs- chef Carl von Clausewitz in dem Hof das Generalkommando des späteren VIII. preußischen Armeekorps ein, zu dem gut 50 000 Soldaten gehörten. Der spätere Generalfeldmarschall und Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847-1934) war hier 1896-1900 Chef des Generalstabes. Nach wenigen hundert Metern stehen wir wieder vor der Kas- torkirche. 13
Im Kastell „Confluentes“ - Römische Spuren in der Koblenzer Altstadt Sichtbare Spuren der römischen Zeit sind in Koblenz rar, und doch prägt das Kastell bis heute den Kem der Altstadt. 2std. 2,5 km Bus/Bahn: Gute Anbindung zum Schienenhaltepunkt Mitte, sowie Zentralplatz und Löhr-Center; Bus Linie 1 bis Deutsches Eck Start: Basilika St. Kastor Ziel: Liebfrauenkirche Wegbeschaffenheit: Geteerte und gepflasterte Wege, leichte Anstiege und eine Treppenanlage Wegbeschreibung Wir beginnen diese Tour an der Basilika St. Kastor. An dieser gehen wir rechts vorbei zum Chor. Die Koblenzer Altstadt mit den drei romanischen Kirchen im Gebiet des römischen Confluentes. Südlich des Chors der Kirche stand das erste römische Kastell in Koblenz, und der Chor besetzt den Stand- ort eines römischen Tempels (s. Touri). Das Siedlungsgebiet zur römischen Zeit konzentrier- te sich auf einem Höhenrücken entlang des Rheins, weiteren hochwassersicheren Höhen im Stadtgebiet und einem Hügel an der Mosel, der um 370 zum H 14
Im Kastell „Confluentes" - Römische Spuren in der Koblenzer Altstadt Kastell ausgebaut wurde. Im Tempel am Standort der Kastor- kirche wurden vermutlich Flussgottheiten verehrt, die einen sicheren Übergang über eine Moselfurt beim Deutschen Eck und überden Rhein garantieren sollten. Durch eine Tür am Paradiesgarten und an der Talstation der seit 2010 bestehende Seilbahn vorbei, kommen wir an den Rhein Wir gehen nach rechts bis zur Rheinstraße. Die Rheinstraße war über Jahrhunderte bis zur Zerstörung der Schiffbrücke 1945 der Zugang zur Rheinquerung. Unweit von hier führte ab 49 n. Chr. eine römische Brücke nach Eh- renbreitstein, das einen Brückenkopf von Koblenz bildete. Die meiste Zeit aber nutzte man hier eine Furt. Hoch über dem Tal, als Vorgänger der Feste Ehrenbreitstein, bestand vom 2. bis 5. Ih. ein römischer Militärposten, auch noch nach der Aufgabe des rechtsrheinischen Limes (259/260) und des Kas- tells in Koblenz-Niederberg. 15
2 Wir folgen der Rheinstraße in die Altstadt hinein bis zum Gör- rcsplatz. Die llistoriensäule zeigt über dem römischen Weinschiff eine fantasievolle Ansicht des römischen Koblenz - bis hin zu ei- nem Tor, das der Porta Nigra in Trier ähnelt. Das spätrömische Koblenz war befestigt, aber längst nicht so prächtig. Der Gör- resplatz war Teil des ausgedehnten römischen Siedlungsge- bietes, in dem sich auch Handwerk und Gewerbe angesiedelt hatten. Hämischer Kelterstein nm Hathaus. Zurück auf der Rheinstraße, gehen wir links in die Firmungstraße und zum Jesuitenplatz. Hinter den Bögen des Jesuitenkollegs/Rathauses liegt unweit des Schängel-Brunnens ein Steinblock, der wohl das Fundament einer römischen Weinkelter bildete. Zurück auf dem Platz, erreichen wir links durch die Jesuitengasse den En- tenpfuhl. Der rechts an der Mosel beginnende und um den Altstadtkern bis zur Alten Moselbrücke laufende Straßenzug Kornpfortstra- ße Entenpfühl - Plan - Altengraben - An der Moselbrücke folgt dem Verlauf eines Wassergrabens, der das um 370 n. Chr. erbaute römische Kastell Koblenz und bis ins 13. Ih. noch das mittelalterliche Koblenz schützte. Wir wenden uns nach links und folgen dem Verlauf des ehema- ligen Wassergrabens um den Hügel, der das römische Stadtzen- trum und Kastell aufnahm. Durch die Dr.-Erich-Franke-Gasse blicken wir auf die Liebfrauenkirche hinauf. HDie Liebfrauenkirche wurde innerhalb eines zerstörten rö- mischen Baus auf dem römischen Hügel erbaut. Die Bruch- steinmauer davor markiert die Position der römischen Kastell- 16
Im Kastell „Confluentes" - Römische Spuren in der Koblenzer Altstadt mauer. Links von der Treppe steht ein überwölbter Rest eines der 19 Rundtürme des Kastells. Wir folgen weiter der Straße, que- ren den Plan und kommen zu den Vier Türmen. Diese Kreuzung mit den barocken Erkern geht zurück auf die Kreuzung des Gra- bens mit der römischen Haupt- straße - heute: Markt- und Löhr- straße die nach Süden aus dem Kastell herausführte. Reste der römischen Stadt mauer und eines Turm- fundaments in der Dr. Erich- Tranke Gasse. Das Altstadlgebiet, in dem wir uns hier bewegen, wurde erst ab dem 2. Jh. stärker besiedelt. Erst ab dem 3. Ih. - nach dem Fall des Limes - ersetzte man die Holzbauten durch Steinhäu- ser. Am Rand des heutigen Münzplatzes befand sich bis um 70 n. Chr. ein Grabgarten. Nach dieser Zeit dehnten sich die Grabstätten der Römer entlang der Löhrstraße aus. im Bereich Altenhof/Münzplatz entstand ein großer Gebäudekomplex. Tafel am Standort des Südtores des spätrömischen Kastells Koblenz. 17
römischen Moselbrücke. Wir gehen nun nach rechts die Markt- straße hinauf Richtung Münzplatz. Im Boden kennzeichnen Kopfsteinpflaster und eine Bronzeplatte den Standort des Südtores des Kastells. Das spätestens um 370 angeleg- te Kastell Confluentes auf einem Hügel an der Mosel umschloss eine hohe, 2,5 m dicke Mauer. Ihre 19 runden Türme, jeweils 19 rn hoch, standen nur 24-35 in voneinander entfernt. Das von zwei Türmen flankierte Südtor besaß eine einfache Durchfahrt. Im Jahr 402 verließen die römischen Soldaten das Kastell. Um das Jahr 455 war die Stadt endgültig von den Franken erobert. Über den Münzplatz und durch die Durchfahrt - Im Paradies mit dem Jugendstilgemälde „Leben und Zeit“ von William Straube (1911) - kommen wir zur Alten Burg. Hier nehmen wir die Treppen durch den Burggraben zum Moselufer hinunter. Dort steht auf ei ner Fläche aus Flusskieseln ein Holzpfahl der römischen Mo- selbrücke. FV Um 100 n. Chr. bis ins 5. Jh. bestand die römische Moselbrü- cke etwas unterhalb des Standorts der Bakluinbrücke, die in etwa das moselseitige Ende der Kastellmauer markiert. Mehr als 1000 spitze, mit Eisenschuhen versehene Eichenpfähle dienten als Fundament der Steinbrücke. Im 2. Jh. wurde die Brücke erneuert. Bei der Instandsetzung im 3. Ih. verbaute man auch Fragmente von Grabdenkmälern. 18
Im Kastell „Confluentes“ - Römische Spuren in der Koblenzer Altstadt Blick auf den römischen Hügel mit dem Kastellturm im Pfarrhaus l.iebfrauen (links). Moselabwärts erhaschen wir rechts zwischen den Zufahrten der Tiefgarage durch ein Tor einen Blick auf die römische Kastell- mauer, die hier etwa 8 9m hoch war. Am Alten Kaufhaus und Schöffenhaus steigen wir nach rechts auf den Florins- markt hinauf. Einer der großen, mit Fußbodenheizung und Wandmalereien versehenen Bauten innerhalb der Kastellmau ern lag unter der Florinskirche; die Chorapsis steht auf einem römischen Turmfundament. Nun gehen wir zum Pfarrhaus Liebfrauen hinüber. Dessen beide Türme gehen auf die Kastellmaucr zurück, der linke ist komplett, der rechte zur Hälfte römisch. Von hier zurück zur Alten Burg sind es ca. 270 m, und vom Moselufer bis zur Liebfrauenkirche ca. 200 m. Dies waren etwa die Ausmaße des römischen Kastells. 19
2 Gegenüber dem Pfarrhaus, an der verandaartigen Ecke, fan- den Archäologen wohl Beute aus den Germaneneinfällen der lahre 353-355, die offenbar auch Koblenz trafen, Fragmente römischer Helme und Schildbuckel. Eilig waren Silber und Gold abgetrennt worden. Die Reste wurden vergraben, um sie vielleicht später abzuhoien. Über den Waffenresten entstand wenige lahre später in einer Friedensperiode ein Neubau. Die Florinspfaffengasse hinauf, finden wir im zweiten Durch- gang rechts zum Brunnenhof eine Bodenplatte und einen far- Erinnerung an das römische Gebäude im llemich Elorinspfaffengasse. bigen Plattenbelag, die an den Fund einer Fußbodenheizung des Badebe- reiches eines römischen Hauses er- innern. Zwischen Florinspfaffengas se und KornpfortStraße, in Verlängerung der Pfarrhaus-Türme nach rechts, verbergen sich in einer Tiefgarage zwei weitere Turmreste und Spuren der ca. 5,60 m hohen Kastellmauer. H Wir queren den Brunnenhof und kommen durch den Durchgang zur Mehlgasse. Ihr folgen wir nach links und umrunden dann rechts herum die Liebfrauenkir- che. Zwischen der Kirche und der Michaelskapelle endet unsere Tour am Südrand des Kastells. Die Liebfrauenkirche steht spätestens seit dem 7. Jh. zum Teil auf den Mauern eines im lahr 369 errichteten römischen Baus am Südrand des Kastells. Die Michaelskapelle, ehemals Friedhofskapelle, steht auf einem römischen Turmfunda- ment. Der Abstieg von hier zum Plan lässt den Höhenunter- schied zwischen dem römischen Hügel und seinem Vorfeld erahnen. 20
Die Kirchen der Koblenzer Altstadt Drei romanische Kirchen, Liebfrauen-, Kastor- und Florinskirche, prägen die Kob- lenzer Altstadt. In ihnen spiegelt sich die Stadtgeschichte, und sie erzählen vom Glauben der Menschen durch die Jahrhunderte. 2 km 2 SW Start: Forum Confluentes am Zentralplatz Ziel: Liebfrauenkirche Bus/Bahn: Gute Anbindung zum Schienenhaltepunkt Mitte, sowe Zentralplatz und Löhr-Center Wegbeschaflenheit: Geteerte und gepflasterte Wege, einige Stufen in den Kirchen: die Kirchen sind aber auch zu emem Teil barrierefrei zu betreten Wegbeschreibung Vom Forum Confluentes aus queren wirdieClemensstraße Rich- tung Altstadt und biegen in die Casinostraße/Gymnasialstraße Richtung Jesuitenplatz ein, den wir am Schängel-Brunncn vorbei erreichen. Hinter den Bögen des Jesuitenkollegs, das seit 1895 als Rathaus dient, steht rechts die Fassade der Citykirche, der ehemaligen Jesuitenkirche. Der Trierer Erzbischof rief die Jesuiten 1580 nach Koblenz, damit sie durch ihre Predigten und ihre Schule ein katholi- sches Gegengewicht gegen die Verbreitung der Reformation bildeten. Sie ersetzten das seit Mitte des 13. Jh. bestehende Zisterzienserinnenkloster durch Neubauten, auch mit der 1617 vollendeten Kirche. Ihre Fassade vereint die Renaissance ?1
Citykirche St. lohannes am lesuitenplatz. des Portals mit gotischen Formen in der Fensterrosette. Wegen eines schweren Bombentreffers 1944 wurde die Kirche bis 1958/59 nach Plänen von Gottfried Böhm wiederaufgebaut. Ihr weiter, me- ditativ abgeschlossener Raum birgt Holzskulpturen der Koblenzer Künst- lerin Edith Peres-Lethmate, vor allem das Dreifaltigkeitsbildnis von 1959 über dem Altar. Die Glasfenster schuf der aus Koblenz stammende lakob Schwarzkopf 1962. Sie thematisieren am Altar die Schöpfungsgeschichte und an den Sei- ten die Sünden der Menschen und ihre Wiederaufnahme durch Christus. 22
Die Kirchen der Koblenzer Altstadt Unser Weg führt uns, wenn wir die Kirche verlassen, nach • < hl.s zur Firmungstraße. Wir folgen ihr und der Rheinstra- ße bis zum Rheinufer, an dem wir nach links zur Seilbahn lalstation und neben dieser durch ein Tor der Gartenmauer um ( hör der Basilika St. Kastor gelangen. Im lahr 836 weihte der Trierer Erzbischof Hefti die Basilika Si. Kastor vor den Toren der Stadt. Um 1160 ersetzte der re- präsentative romanische Chor mit den Flankentürmen den .dien Chor und einen daran angeschlossenen Rundbau, der wohl Reliquien aufnahm. Die Löwen bei ihn Fenstern sind als Christus Symlwle zu deuten. Von ihrer Gründung bis 1802 war St. Kastor eine Stiftskirche. Eine Gruppe von Geistlichen lebte hier. An- ders als Mönche lebten sie aber in Woh- nungen im Umkreis der Kirche statt in /eilen, und sie hatten ein Einkommen. An die Stiftsherren erinnern die meisten Grabplatten, die vom Kirchenboden an die umstehenden Mauern versetzt wur- den. Seit gut 800 Jahren ist die Kirche auch das Zentrum der Pfarrei in der al- len Koblenzer Unterstadt. Vom Chor gehen wir links an der Kirche entlang zum Hauptportal in der Westfas sade. Basilika St. Kastor. Die Westtürme bergen noch Mauern des 9. Jh. und zeigen sichtbar die weißen Kapitelle aus dieser karolingischen Bau- phase. Bis 1103 wurden die unteren fünf Geschosse neu er- baut. Die Geschosse darüber, um 1210 erbaut, verdeutlichen den Wechsel von der frühen Romanik in die reiche rheinische Spätromanik. Über dem neoromanischen Portal steht eine Sta- tue des Hl. Kastor, der im frühen 4. Ih. als Seelsorger im Raum 23
Altarnaum und Schiff der liasilika St Kastor. Karden/Mosel wirkte. Bis zur Auflö- sung des Kastorstiftes 1802 befan- den sich vor der Kirche ein Hof und rechts der Kirche ein Kreuzgang. Nun treten wir ins Innere der Kirche und überblicken den Raum bis zum Chor. Den einschiffigen karolingi- schen Bau ersetzte bis 1208 der dreischiffige spätromanische Bau mit der reichen Gliederung. Er war noch flachgedeckt; erst 1497 wurde das spätgotische Sterngewölbe eingefügt. Die Farb- fassung spiegelt an den Seiten die spätromanische und im Ge- wölbe die spätgotische Gestalt. Die manieristische Kanzel von 1625 zeigt die vier Evangelisten als Überlieferer der Frohen Botschaft Jesu und Statuen der vier Kirchenväter als Begrün- der der kirchlichen Lehre. Das Gemälde von Clemens Hille- brand (1990) über dem Altar blickt ins Himmlische Jerusalem. Rechts herum gelangen wir in einen Querhausarm und in den Chor. HDas Grabdenkmal mit dem lebensgroß abgebildeten Ehepaar im rechten .Seitenschiff entstand um 1411 und erinnert an den kurfürstlichen Amtmann Friedrich von Sachsenhausen und seine Frau Sophie. Funde von Resten der Rüstung lassen den Schluss zu, dass die beiden in ihrer besten Kleidung und Rüs tung bestattet wurden. Sie stifteten dem Stift Weinberge und bekamen dafür jedes lahr eine Messe für ihr Seelenheil gele- i scn. Das nicht realistische junge Aussehen der ca. 50 jährigen Frau und des bis zu 70 Jahre alten Mannes soll wohl aussagen, dass die beiden die ewige Jugend erreicht haben. Rechts im Querhaus hängt ein Stück des spätromanischen Lettners, der den Chorraum der Stiftsherren abschottete. Die 24
Die Kirchen der Koblenzer Altstadt «mäkle aus der Zeit um 1480 zeigen die zwölf Apostel, oben hi den Seiten Jesus und Maria und untenan den Seiten Kastor ...I Pizza, die in der Pfarrei St. Kastorais Selige verehrt werden. i Chor prägen die Fenster von Aloys Stettner (1954), der um lilill vollendete Altar mit einem barocken Christus-Corpus und das Apsisgemälde. Der Nazarener loseph Anton Settegast ahmte um 1850 ein Dreifaltigkeitsbildnis von Raffael nach und setzte links Maria sowie den Hl. Nikolaus hinzu, der in i oblenz als Patron der Schiffer eine Rolle spielte. Rechts se- । n wir den Hl. Kastor und den Hl. Antonius von Padua. I He spätgotischen Grabdenkmäler erinnern an die Trierer Erzbischö- le und Kurfürsten Kuno von Fal- lu nstein (1362-88 im Amt, links) und Werner von Königstein (1388- 1418). In ihrer einzigartigen Form spiegeln sie die Bedeutung dieser Männer, die dem ältesten deut- schen Bistum vorstanden und zu den sieben Fürsten gehörten, die den deutschen König wählten, wi- der. Kuno gehört neben Balduin zu den bedeutenden Trierer Bischöfen des Mittelalters, die ihr Bistum fes- tigten und ausbauten. Wir verlassen die Basilika durch das Hauptportal, queren den Kirch- platz, folgen dann der Straße nach links, queren sie mit dem Zebra- streifen und folgen nun geradeaus der Straße „Am Alten Hospital“ bis zum Florinsmarkt und der Florinskirche. Epitaph wn Friedrich und Sophie wn Sachsenhausen in der Basilika St. Kastor. Grabmal für Erzbischof Kuno wn Faikenstein in der Basilika St. Kastor. 25
Westfassade der riorinskirche. Im frühen 10. Jh. gründete Her- mann von Schwaben das Stift St. Florin. Die Kirche wurde um 1100 in romanischen Formen komplett neu errichtet, die aus dem Trier-Lothringer Raum beeinflusst sind. Mit dem Anbau der Apsis um 1350 und der Anlage von Gewölben erfolgten bis 1611 gotische Veränderungen. Das Stift wurde fak- tisch 1794 aufgelöst, als es die franzö- sische Armee als Heumagazin über nahm. Das Schlachthaus, das die Stadt hier 1808 einrichten sollte, wurde nie verwirklicht. Der preußische König be- schlagnahmte die Kirche, um dort bis 1820 eine evangelische Garnison- und Zivilkirche einzurichten, da viele evangelische Beamte und Soldaten in die mehrheitlich katholische Stadt gezogen waren. Südseite der l.iebfrauenkirche. 26
Die Kirchen der Koblenzer Altstadt I »iv Kirche birgt neben Altar-Wandbildern vom 14. bis 15. Ih. zwei W andgemälde des kurtrierischen Hofmalers Januarius Zick (um 1770) mit der Hochzeit von Kana und dem letzten Abendmahl, »wie gotische Glasfenster aus Dausenau und Arnstein an der I ahn, die der Freiherr vom Stein der Kirche schenkte. genüber der Kirche ehrt das Denkmal für Nicolaus Cusanus inen der bedeutendsten Theologen und Philosophen des 15. Jh. I r war 1427-39 Dechant des Stifts in St. Florin. Wir spazieren n nach links durch die Mehlgasse zur Liebfrauenkirche. Die Liebfrauenkirche ist seit jeher die Pfarrkirche der alten Koblenzer Oberstadt. Von etwa 1180 bis 1205 bauten die Bür- r eine neue spätromanische Kirche. Sie nutzt Fundamente les Ursprungsbaus aus dem 7. Jh. und des Neubaus des 10. Ih. Mit den schlanken Türmen wie mit dem 1456 vollendeten spätgotischen Chor zeigten die Koblenzer ihren Glaulten und ihr Selbstbewusstsein. Die Inschrift von 1765 am Portal und die Statue der Himmelskönigin Maria von 1702 darüber hal- len in Erinnerung, dass Maria die Patronin von Koblenz ist. Die Zwiebelhauben der Türme ersetzten 1694 die 1688 von den Franzosen zerstörten Turmhelme. Die jetzigen Hauben entstanden 1955 bei der Beseitigung der Kriegsschäden. Wir treten zunächst in die Vorhalle ein und steigen dann ins Schiff hinunter. In der Vorhalle erinnern drei Grabdenkmäler an eine der bis ins 16. Jh. führenden Koblenzer Familien. Sie zeigen den 1517 verstorbenen Schultheiß Reinhart von dem Burgtorn, seine Frau Guta (gest. 1553) und seinen Sohn Otto Joachim (gest. 1547), die Herren standesgemäß in Rüstung. Das Innere der Liebfrauen- kirche. 27
3 Über dem schlanken, aufstrebenden spätromanischen Kirchen inneren mit den Emporen aus der Zeit um 1200 er- setzte das gotische Sterngewölbe 1487 das ursprüngliche Ge- wölbe. Aus der alten Ausstattung sind neben den Statuen von Maria und Josef (um 1750) der Christus-Corpus aus der Zeit um 1350 an dem Lebensbaum Kreuz über dem Altar und im rechten Seitenschiff der Nikolaus-Altar von 1680 enthalten. Der Hl. Nikolaus segnet darin die Stadt Koblenz, wie sie acht lahre vor ihrer Zerstörung durch die Franzosen aussah. Daneben erinnert ein Fenster von Heinz Kassung seit 2013 an den Bombenangriff am 6. November 1944, nach dem Türme und Dach der Kirche abbrannten, und an den Anteil der Trüm- merfrauen am Wiederaufbau. Abschließend empfiehlt es sich, rechts herum in den Chor hinaufzugehen. Neben dem Seiteneingang befindet sich ein Grabstein für die lüdin Hannah aus dem 14. Ih. Er wurde wohl um 1419 im Chor eingemauert, nachdem der Trierer Erzbischof die Koblenzer luden vertrieben hatte und der jüdische Friedhof geschändet worden war. Das Sakramentshaus von 1779/80 im Chor birgt ein Bild der Anbetung der Könige der Zeit um 1564. Ein Höhepunkt der seit 1953 erfolgenden schrittweisen Neuverglasung der Kir- che durch verschiedene Künstler sind die 1992 vollendeten Chorfenster von Hans-Gottfried von Stockhausen. Sie zeigen „Frauen in der Heilsgeschichte“: Im Zentrum Maria und auf dem Stammbaum lesu auch Frauen des Alten Testaments, in den Fenstern links und rechts unten Maria, sowie Frauen am Lebensweg lesu, links und rechts oben dann Frauen der Kirchengeschichte wie Hildegard von Bingen, Mutter Teresa, Edith Stein und Sophie Scholl. 28
„Regierungsviertel“ und Neustadt - Spuren des Kurfürsten von Trier und des Königreiches Preußen Ausgehend vom neuen Schloss, wollte der letzte Trierer Kurfürst Clemens Wenzes- laus ein neues Stadtviertel gründen. Die damals vollendeten Bauten lassen erahnen, wie Koblenz kurz vor der Französischen Revolution aufblühte. Nebenan zeugen mar- kante, zum Teil mächtige Bauten vom Königreich Preußen. 2 km 1,5 Std Start u. Ziel: Neustadt/Schlossrondell Bus/Bahn: Gute Anbindung zum Schienenhaltepunkt Mitte, sowie Zentralplatz und Löhr-Center Wegbeschaffenheit: Geteerte und gepflasterte Wege. Schotterwege, im Grunde barrierefrei Wegbeschreibung Wir beginnen den Weg mitten auf dem Schlossrondell in der Neu- stadt. Von hier geht unser Blick zum Kurfürstlichen Schloss und zurück in die Schlossstraße, die auf das Schloss zielt. Der letzte Trierer Erzbi- schof und Kurfürst Cle- mens Wenzeslaus von Sachsen (1769-1801 im Amt) verlegte 1786 Darsteller der preußischen rußnrtillerie bei einem Kon- zert vor dem Kurfürstlichen Schloss. H 29
seine Residenz von Ehrenbreitstein in die Neustadt. Ausge- hend von seinem Schloss, sollte hier ein neues Stadtviertel entstehen. Als 1794 die französischen Truppen Koblenz er- oberten, stockte diese Entwicklung. Erst im 19. lahrhundert wuchs das neue Viertel. Die 50er-lahre-Bebauung am Schloss- rondell greift geschickt die alten Planungen auf. Über die Straße betreten wir den Ehrenhof vor dem Schloss, der zur Bundesgartenschau 2011 seine jetzige Gestalt erhielt, und gehen bis zum Pfeilerportikus des Schlosses. Aus finanziellen Gründen musste der Architekt Michel d'Ixnard das Schloss so stark vereinfachen, dass aus den barocken Planungen seines Vorgängers Francois Peyre der früheste und bedeutendste Bau des frühen Klassizismus im Rheinland wurde. Der Kurfürst wohnte 1786-94 im ersten Obergeschoss rechts. In der preußischen Zeit ab 1815 resi- 30
RegierungsvierteP' und Neustadt Heile 1846-1911 der Oberpräsident der Rheinprovinz im I rdgeschoss. Die kurfürstliche Wohnung war 1845-1918 ein \ppartement des preußischen Königs, liier wohnten 1850-57 iti< h Prinz Wilhelm und seine Frau Augusta. Nur Säle und Ireppe im Mittelbau wurden 1950/51 in Anlehnung an ihre die Gestalt w ieder aufgebaut, während das übrige Innere des s< blosses zum Behördenhaus wurde. lagsüber gelangen wir rechts des Portikus durch das Schloss um Schlossgarten. Hier kommen wir an den Wasserbecken vorbei auf das Belvedere mit der Statue von Vater Rhein und iner Tochter Mosel von 1842. Das Schloss zeigt sich auch zum Rhein repräsentativ. Das Re- lief über dem Pfeilerportikus präsentiert neben dem Wappen \on Erzbischof und Kurfürst Clemens Wen- zeslaus von Trier Zeichen seiner weltlichen und geistlichen Macht, sowie Vater Rhein und seine Tochter Mosel als Reverenz an den Standort des Schlosses. Der Schlossgarten wurde für die Bundesgartenschau 2011 in modernen Formen, aber in Anlehnung an die Planungen von Peter Joseph Lenne (um 1842) neu angelegt. Über eine der Pergolen gelangen wir in eines der Tiefparterres des Gartens. Um die Pergola herum finden wir dann einen der Zugänge zum Rheinufer. Hier laden seit 2011 die Schloss- Gorres Denkmal am Rheinufer. stufen ein, am Fluss zu verweilen oder die Farbenspiele auf dem Rhein und seinen Hängen im Sonnenuntergang zu genießen. Das Görres-Denkmal erinnert seit 1928 an einen bedeuten- den Publizisten aus Koblenz. Joseph Görres (1776-1848) war nach dem Abfall von der Französischen Revolution glühender deutscher Patriot. Er publizierte in Koblenz die Zeitschrift 31
4 „Rheinischer Merkur“ und trat für eine moderne Verfassung für Preußen ein. Da er der Obrigkeit zu kritisch war, floh er. Im Exil wirkte er als Literatur-Professor in München. In der Besatzungszeit nach dem Ersten Weltkrieg, die erst 1929 en- dete, drückte der Genius mit dem Reichsadler den Wunsch der Rheinländer aus, weiter zum Deutschen Reich zu gehören. Wir spazieren nun am Rhein entlang bis zum zweitiirmigen Regierungsgebäude des preußischen Regierungsbezirks Ko blenz. 1906 war das Regierung.sgebäude vollendet. Es ersetzte das alte Priester- und Waisenhaus, in dem sich ab 1786 die kur- fürstliche und ab 1815 die preußische Regierung befunden Die Koblenzer Rheinfronl mm Schloss bis zum Regierungsgebäude und dem „Coblenzer Hör. Das Regierungsgebäude nm Koblenzer Rheinufer. hatte. Kaiser Wilhelm II. griff verbes- sernd in die Baupläne des Neubaus ein, der den preußischen Staat ein- drucksvoll repräsentiert. Er vereint Elemente staufischcr Königspfalzen mit rheinischen spätromanischen For- men, zeigt aber im Bauschmuck zu den Seiten des Portals auch Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm sowie die Sternzeichen. Am Giebel vertreten eine Winzerin, ein Fischer und der heilige Georg als Patron der Ritterschaft historische Merkmale der Region. Seit 1957 befindet sich hier wie im benachbarten, 1912-13 erbau- ten ehern. Hotel „Coblenzer Hof" das Bundesamt für Ausrüstung, Informa- tionstechnik und Nutzung der Bun- deswehr (BAAINBw). Am „Coblenzer Hof“ folgen wir nach links der Rheinstraße. Hier finden 32
Regierungsviertel“ und Neustadt wir rechts ein Relief des kriegszerstörten Hotels „Rheingold“ von 1913 mit dem Titel „Die gute alte Zeit“. Am Verkehrskrei- sel biegen wir links in die Karmeliterstraße ein. Am Landes hauptarchiv Koblenz, das die Überlieferung der kurfürstlichen Regierung wie des Oberpräsidiums der Rheinprovinz und der Bezirksregierung Koblenz aufbewahrt, und am Landgericht Koblenz vorbei, erreichen wir den Reichensperger-Platz. Der ReichenspergerPlatz ist nach dem Koblenzer luristen \ugust Reichensperger (1808-95) benannt, der als Zentrums- Politiker Abgeordneter in der preußischen Nationalversamm- lung und ab 1871 im Reichstag tätig war und zur Vollendung des Kölner Doms beitrug. Auf dem Platz steht seit 2001 das von Jürgen Waxweiler gestaltete Koblenzer Mahnmal für die ()pfer des Nationalsozialismus. Der neobarocke Bau auf der Südseite des Platzes nahm ab 1911 das Oberpräsidium der preußischen Rheinprovinz auf, die ab 1822 die Regierungsbezirke Aachen, Düsseldorf, Kob lenz, Köln und Trier umfasste. Zu Beginn des Ersten Welt- kriegs, vom 16. bis 30. August 1914, befand sich hier das Große Hauptquartier mit Kaiser Wilhelm 11. Wir wenden uns nach rechts und betreten den Clemensplatz. Seine Begrünung lässt nicht mehr erahnen, dass er der kur- I Tierischen und der preußischen Armee als Paradeplatz diente. Auf der Nordseite des Clemensplatzes steht das weiße klassi- zistische Haus des Weinhändlers Trimborn von 1786, aus der Anfangszeit der Neustadt Die angrenzende ehern. Oberpost- direktion in italienischen Renaissance- und Barockformen aus der Zeit um 1870 wurde zum Zentrum der Telekommuni- kation in Koblenz, das um 1900 bereits ein größeres Telefon- netz hatte, und nahm nach 1945 das Fernmeldeamt I auf. Das gegenüberliegende Lassaul.x’sche Haus von 1786/87 spiegelt wie das 1786 erbaute Hotel „Trierer Hof“ noch den Glanz der kurfürstlichen Zeit wider.
Stadttheater und Hrunnenobelisk am Deinhard Platz Über die Straße kommen wir zum Stadttheater am Deinhard Platz. Kurfürst Clemens Wenzeslaus ließ den Brunnenobelisken 1791 für seine Nachbarn errichten, um ihnen Trinkwasser aus der Leitung zum Schloss zukommen zu lassen. Das 1787 vollendete klassizistische Theater war einst als private Einrich- tung ein gesellschaftliches und kultu- relles Zentrum der Neustadt. Zur Eröffnung gab man Mozarts Oper „Die Entführung aus dem Serail“. Seit 1869 bietet das Haus als Stadttheater Schauspiel, Oper und Ballett. Ab 1810 befand sich neben dem Theater der 1794 gegründete Weinhandel von Johann Friedrich Deinhard. Die Firma Dein- hard produzierte hier ab 1843 auch Sekt, dessen Grundweine von Rhein, Mosel und Saar kamen. Wein und Sekt, die auch nach Übersee verschifft wurden, lagerten in dreistöckigen Kellern. 1997 übernahm Henkell & Co. Deinhard und verlager- te die Produktion nach Wiesbaden. 2009 wichen große Teile der Deinhard-Bauten dem Neuen Justizzentrum in Koblenz. Vorbei an der Filiale der Deutschen Bundesbank, kehren wir zum Schlossrondell zurück. Das Gebäude der Bundesbank Filiale entstand 1935-37 für die Reichsbank. Der monumentale, mit Tuff und Basalt ver- kleidete und verzierte Bau ist das einzige aus der Zeit des Nationalsozialismus erhaltene Bauwerk in der Innenstadt. Da- malige Planungen, die Schlossstraße als Aufmarschstraße bis zur Mosel zu verlängern und an deren Ende ein Pendant zum Schloss zu errichten, blieben der Stadt erspart. Die 1934 vor dem Schloss für Versammlungen gebaute „Thingstätte“ exis- tiert nicht mehr. 34

Hinaus aus engen Gassen - Die Südliche Vorstadt Als die bis 1832 erbaute preußische Stadtbefestigung 1890 fiel, durfte sich Koblenz nach Süden erweitern. Diese Tour führt durch die damals entstandene Südliche Vorstadt. Start: Bus/Bahn: Herz Jesu-Kirche Gute Anbindung zum Schienenhaltepunkt Mitte, sowie zum Löhr-Center Ziel: Josefskrrche Wegbeschaffenheit: Geteerte und gepflasterte Gehwege, eben Wegbeschreibung Wir beginnen diese Wanderung an der historischen Nahtstel- le zwischen dem alten Stadtkern und der Südlichen Vorstadt, bei der stadtbildprägenden Herz Jesu-Kirche. Sie liegt an der I.Öhrstraße, einer der Haupt-Straßenachsen der Stadt Richtung Süden. Wie eine Burg Gottes unter den Menschen erhebt sich die von 1900-1904 vom späteren Mainzer Dombaumeister Lud- wig Becker erbaute katholische Kirche mit vier Türmen und dem zentralen Vierungsturm. Sie steht am Ort des Löhrtors der preußischen Stadtbefestigung. Der mit Tuff verkleidete Ziegelbau gehört zu den bedeutenden historistischen Kirchen im Rheinland. Becker übernahm Details rheinischer romani- 36
Hinaus aus engen Gassen - Die Südliche Vorstadt scher Kirchen bis zu den Türmen der Andernacher Liebfrau- enkirche. Trotz ihres massigen Erscheinungsbildes ist sie im Inneren weit und für ihre Zeit fortschrittlich gestaltet, weil sie jedem Gläubigen freie Sicht zum Altar bietet Wir queren die Kreuzung bei der Kirche und folgen nach links dem Friedrich-Ebert-Ring. Er markiert mit dem Moselring den Verlauf der Stadtbefestigung. An der Hohenzollernstraße erreichen wir die evangelische Christus- kirche. 01901-1903 erbaut, prägt die malerisch ins Stadtbild gesetzte Christuskirche mit ihrem schlanken Eckturm den Beginn der Hohenzollernstraße. Sie übernimmt Formen der späten Gotik. Für die Die Herz Jesu-Kirche am Friedrich-Ebert-Rlng. 31
Das Innere der Herz lesu Kirche. Vorfahrt hoher und höchster Herr- schaften bis zum Kaiser erhielt die Kirche einen überdachten Seiten eingang. 2014 wird unweit der Kir- che auf dem Friedrich-Ebert-Ring das Artillerie-Denkmal von 1907 wiedererrichtet. Es erinnert an die 1866 und 1870/71 gefallenen Sol daten des damals in Koblenz statio- nierten Feldartillerie-Regiments von Holtzendorff (1. Rheinisches) Nr. 8. Der Bildhauer Georg Schreyögg stellte zwischen den Fi- guren von Krieg und Frieden die Hl. Barbara als Patronin der Artillerie dar. I Turm der ehern. Oberpost direktion. Im weiteren Verlauf des Fried- rich-Ebert-Rings begleiten uns Bauten der Zeit kurz nach 1900 bis in die 1920er-Jahre und links die ehemalige kaiserliche Oberpostdi- rektion mit dem markanten Eckturm, erbaut um 1905. Wir biegen beim Max von Laue-Gymnasium rechts in die Südallee, die ihren städte- baulichen Zielpunkt in der iosefskir- che hat. Der Rizzastraße folgen wir nach links und biegen rechts in die Kurfürstenstraße Die Kurfürstenstraße wur- de ab den 1890er-Jahren im historistischen Stil bebaut, die Südallee erst nach 1900. Die Südliche Vorstadt entwickelte sich ab den 1890er-lahren vom Umfeld 38
Hinaus aus engen Gassen - Die Südliche Vorstadt der losefskirche aus hierher. Weite Straßen und großzügige Häuser mit Innenhöfen bildeten einen Gegenpol zu den engen, ungesunden Wohnver- hältnissen der Altstadt. Das 1901/02 erbaute Hilda-Gymnasium trägt den Namen der Frau des späteren badi sehen Großherzogs Friedrich, der 1897-1902 das VIII. preußische Ar- meekorps in Koblenz kommandierte. Schmuck am Turm der ehern. Oberpostdirektion. Im Markenbildchenweg lohnt es sich, einmal nach rechts zu gehen. Hier haben sich stattliche Bauten der 1890er-Jahre er- halten, insbesondere das 1894/95 von Otto Nebel erbaute Haus Nr. 13, in dem 1910-66 Fritz Michel wohnte. Wir folgen weiter der Kurl'ürstenstraße, wenden uns dann mit der Johannes- Müller-Straße nach rechts und biegen am Stiftungsklinikum Mittelrhein links in die Südallee ein. Das Stiftungsklinikum ging aus dem seit 1850 bestehenden evangelischen Stift St. Martin hervor. Der für Koblenz bedeu- tende Chirurg, Gynäkologe, Historiker und Kunsthistoriker Dr. med. Dr. h. c. Fritz Michel (1877-1966) war 1927-47 leiten- der Chefarzt des Krankenhauses. In der Krankenhauskapelle hat Markus Lüpertz ein Fenster mit dem Heiligen Martin gestaltet. Die Wohnblöcke in diesem Bereich der Südallee entstanden ab 1920 für Angehörige der französischen Besatzungsmacht nach dem Ersten Weltkrieg. Sie betonen den hohen städtebaulichen Wert der Allee. Linser Weg führt uns nun zur Josefs kirche, die einen städtebaulichen Bezugspunkt der Vorstadt bildet. Markenbildchemveg. 39
Mit ihrer 96 m hohen Turmfassadc prägt die 1895 98 erbau- te Josefskirche die Vorstadt. Josef Kleesattel formte sie nach dem Vorbild französischer Kathedralen. Trotz der schweren Kriegszerstörung im fahr 1944 hat die Kirche ihre reiche Ge- staltung behalten. Abschließend lohnt sich ein Abstecher um die Kirche herum in die Schenkendorfstraße. Die nach dem Dichter Max von Schenkendorf (1783-1817) be- nannte Straße zeigt die architektonische Bandbreite der Süd liehen Vorstadt. Das Haus Nr. 25 rechts ist eines der letzten Fachwerkhäuser der Zeit vor 1890, als hier im I’estungsvor- feid nur Bauten standen, die man leicht niederreißen konn- te, um das Schussfeld freizumachen. Die Schenkendorfschule (Nr. 15), von Stadtbaurat Friedrich Wilhelm Maeckler 1890/91 erbaut, ist ein für die Zeit typischer Ziegelbau. Haus Nr. 5, 1896/97 von Otto Nebel erbaut, ist von der Burgenromantik beeinflusst. 40
Die alte Residenz - Koblenz-Ehrenbreitstein im 18. und 19. Jahrhundert Der Ort am Fuß der Feste Ehrenbreitstein ist eng mit den Wehrbauten verbunden. Hier im .Dahl“ zeugen in den engen Gassen barocke Bauten davon, dass der Ort im 17718. Jahrhundert die Residenz des Kurfürsten von Trier war. Auch die nachfol- gende preußische Zeit hat Spuren hinterlassen. 2,5 «mW 2std I > ! f* Start u. Ziel: Koblenz-Ehrenbreitstein. Kapuzinerplatz Wegbeschaffenheit: Geteerte und gepflasterte Straßen, ein starker Anstieg Bus: Linien 8,9 und 10 vom Zentralplatz bis Ehreobrertstem/ Kapuzinerplatz Bahn: Auf der linken Rheinseite bis Ehren- breitstein Bahnhof. Fähre: Vom Pegelhaus am Konrad-Adenauer- Ufer in Koblenz zum Rheinsteig-Ufer in Ehrenbreitstein Wegbeschreibung Auf dem Kapuzinerplatz im „Dahl“, wie die Einheimischen Eh- renbreitstein nach seinem alten Beinamen „Thal“ nennen, beginnt dieser Spaziergang bei der Kapuzinerkirche und dem Brunnen. Wir erleben Ehrenbreitstein derzeit als einen Stadtteil, der seinen alten Glanz wieder auferstehen lässt. Er blüht als Wohnort und Künstlerkolonie auf, seit der Hochwasserschutz und die Verle- gung der Bundesstraße ihn wieder attraktiv gemacht haben. 41
Der schon römisch besiedelte und im Mittelalter nach den hier betriebenen Mühlen benannte Ort gelangte um 1200 an den Trierer Erzbischof. Als Siedlung ergänzte er die erzbischöfliche Burg und spätere Festung Ehrenhreitstein, und von 1629/1680 bis 1786 war Ehrenbreitstein sogar die Residenz des Landes- herrn. Um das geistliche Leben im Ort zu fördern, siedelte die- ser 1627 die Kapuziner hier an. Ihre 1629 vollendete und 1657 erneuerte Kirche birgt seit 1753 trotz der Proteste der Mönche gegen den Prunk drei Barock-Altäre von Johannes Seiz. Rheinfront von Chrenbreit stein mit Kapuzinerkloster; Garnisonslazareft und Luisenturm. Die Pfeiler des Brunnens tragen Marken historischer Hochwasser. Seit dem Abschluss der Hochwas- serschutzmaßnahmen ist das Dahl bis zu 10,88 m am Koblenzer Pegel sicher - für diese Wasserhöhe steht die goldene Kugel. Wrir wenden uns vom Ortskern in Richtung des Discount-Marktes, ge- hen an dem Konrad Haus mit sei- 42
Die alte Residenz - Koblenz-Ehnenbreitstein im 18. und 19. Jahrhundert nen Neo-Renaissance-Formen vor- bei bis zur Kurve und schauen zum ehemaligen Garnisonslazarett und zum Luisenturm. 1814-1918 war Ehrenbreit stein vom preußischen Mi- litär geprägt. Große Flächen im Ort und im Kloster beanspruchte das Train-Depot des VIII. Armeekorps, das Fahrzeuge, Feldbäckereien etc. Kapuzinerkirche in Ehren- breitstein. für das Heer bereithielt. Das 1874 erbaute Konrad-Haus war Büro- und Offiziershaus des Rheinischen Trainbataillons Nr. 8. Martin Gropius haute 1878 das heu- te als Wohn- und Geschäftshaus ge- nutzte Garnisonslazarett mit der für Preußen typischen Klinkerfassade. Den Hauptbau mit hellen großen Krankensälen flankierten zwei Iso- liergebäude, von denen das linke noch besteht. Der mit Weinlaub um- rankte Luisenturm, 1919-52 Wohn- haus und Atelier des Koblenzer Ma- lers Hans Dornbach, wurde 1856 von Ingenieur Hauptmann August von Cohausen als Teil der Ehrenhreit- Luisenturm. steiner Stadtbefestigung erbaut und nach Prinzessin Luise, der lochter von Kaiser Wilhelm I. und Augusta, benannt. Nun kehren wir zum Kapuzinerplatz zurück, biegen in die lin- ke Straße, die Hofstraße, ein und unterqueren sogleich Bundes iraße 42 und Bahnlinie. Wo unser Blick über den Rhein nach Koblenz schweift, endete bis 1945 die Schiffsbrücke (s. Tour 16). Ret hts sind I lochwassermarken angebracht. Es geht nun zur Ilof- straße zurück, der wir nach links bis zum Wendehammer folgen. 43
Die Hofstraße zielt auf den kurfürstlichen Residenzbezirk am Fuß des Ehrenbreitsteins. Vor wenigen Jahren strömte hier noch der Verkehr der B 42 hindurch. Die Reste der alten Ba- saltbordsteine sind von Panzerketten gezeichnet, denn bis in die frühen 90er-Jahre rollten hier zu Übungszeiten Teile der in Niederberg, Pfaffendorf und Horchheim stationierten Panzer- brigaden 15 und 34 zum Verladebahnhof. Den Beginn der Straße bildet links der ehern. Gasthof .Zum Weißen Roß“, der am Koblenzer Rheinübergang günstig lag. Hier wohnte auch der kurtrierischc Hofmaler lanuarius Zick (1730-1797), ein Schwiegersohn des Wirts. Auch das Coenen sehe Haus mit seiner Freitreppe prägt die Straße. 1713/14 von Hofbaumeister Ravensteyn für den Landrentmeister Coenen erbaut, ist es ein besonderes Zeugnis des barocken Glanzes von Ehrenbreitstein. 1777-86 saß hier die Regierung des Kur- fürstentums Trier; 1881-91 diente es als Festungs-Komman- dantur. Am Wendehammer erinnert links ein graues Haus an das im Krieg zerstörte Haus La Roche. 1771-80 wohnte hier der kurtrierische .Staatskanzler Georg Michael von La Roche mit seiner Frau Sophie. Die Schriftstel- lerin publizierte 1771 mit der „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“ ein wichtiges Werk der Empfindsamkeit, jener Literaturströmung, die das Gefühl in den Mittelpunkt stellte. Sie stand im Austausch mit den Schriftstellern ihrer Zeit. Jo- hann Wolfgang von Goethe setzte ihr in „Dichtung und Wahr heit“ ein Denkmal. Am 8. September 1778 wurde in dem Haus Sophies Enkel Clemens Brentano geboren, einer der bedeu- tendsten Dichter der Spätromantik. Über die Charlottenstraße erreichen wir den Marstall und das Dikasterialgebäude. Von hier gehen wir zum Rhein Muse- um zurück. Daneben führt ein Weg hinauf zum Felsenbunker,
Die alte Residenz - Koblenz-Ehrenbreitstein im 18. und 19. Jahrhundert liessen zwei Kilometer lange Stollen 1943-45 bis zu 10000 Menschen vor Luftangriffen schützten. Wir ge- hen am .Museum links die Charlot- tenstraße hinauf und sehen auf der anderen Straßenseite den grünen lunkerhof, in dem der kurtrierische Oberjägermeister wohnte und die lagdhunde des Kurfürsten gehalten wurden. Das Dikastenalgebäude am Fuß der Feste Ehrenbreit stein. Das Dikastenalgebäude, erbaut von Balthasar Neumann, nahm Ka von etwa 1746 bis 1777 die kurtrierische Regierung auf. In die U Bögen im Erdgeschoss konnten Beamte und Minister einreiten und fahren. Pferde und Wagen parkte man im Krummstall am Hof. 1777-86 residierte hier Kurfürst Clemens Wenzeslaus. Er gab damals das weiter nördlich liegende, 1801 zerstörte Schloss Philippsburg (1626-29) auf und brauchte ein Domizil bis zur Vollendung des Koblenzer Schlosses. 1762 vollende- te Neumanns Schüler Johannes Seiz den Marstall, an dessen Zweck die Plastik des sich aufbäumenden Pferdes erinnert. 1814-1918 gehörten die Bauten zu den Festungsanlagen des Nieder-Ehrenbreitsteins und der Münz-Kaserne des Train- Bataillons Nr. 8. Das 1912 gegründete Rhein Museum in der alten Grundschu- le hat die Kulturgeschichte des Rheins zum Thema. Es steht im Bereich eines ehemaligen Wassergrabens der Festungsan- lagen, der auch kurfürstlicher Jachthafen war. In dem Haus wurde der Schriftsteller Joseph Breitbach (1903-1980) gebo- ren. Sein wichtigstes Werk ist „Bericht über Bruno“ (1962). In „Die Wandlung der Susanne Düsseldorf* (1932) spiegelt er die amerikanische Besatzungszeit in Koblenz. (1919-23) wider. In Koblenz wird der von Breitbach gestiftete Joseph Brcitbach- Preis verliehen. 45
An der Fußgängerampel wechseln wir die Straßenseite und ge- hen im .Obertar links weiter. Der Baukomplex uns gegenüber wurde im 18. Jahrhundert zur Aufwertung des Ortseingangs errichtet. Die heute in Vallendar tätige Gemeinschaft der Pallot- tiner betrieb hier 1893-1939 eine Schule. Seit wenigen Jahren sind die Weinberge am Festungshang wieder bestockt. Wir bli- cken bald auf einen Turm des 1857 erbauten Sauerwassertors der Ortsbefestigung von 1854 57. Der Blick nach oben auf die Festungswälle lässt erahnen, wie bedrohlich es war, im Schuss- ihemnlige Plillottiner Gebäude im Obertal. feld der Feste Ehrenbreitstein zu lie- gen. Es geht nun rechts hinauf. Hier kann das Mineralwasser des „Dähler Borns“ probiert werden, der schon 1327 erwähnt wurde. Am Ende des Aufstiegs belohnt die Kreuzkirche mit einer besonderen Perspektive: Hier scheint Kaiser Wilhelm I. vom Deutschen Eck über die Dächer von Koblenz zu reiten. HDer Heribertsturm erinnert mit seinem Namen an die Besit- zungen der Deutzer Abtei St. Heribert. Er entstand 1580 94 Flick mn der Kreuzkirche auf den Helfenstein der Feste Ehrenbreitstein. am ehemaligen Augustiner-Eremi- ten Kloster, das der Erzbischof als Kellerei, d. h. als Finanzverwaltung, weiter benutzte. Im Kloster war Martin Luther als Mönch zu Gast, bevor er 1517 die Reformation ein- leitete. An dieser Stelle entstand 1702-07 die barocke Kreuzkirche. Der Volltreffer einer Luftmine ließ davon 1944 nur die Krypta übrig, in der drei Erzbischöfe ihre Eingewei 46
Die alte Residenz - Koblenz-Ehrenbreitstein im 18. und 19. Jahrhundert de oder Herzen halien bestatten lassen, ehe Irr Leichnam in den Trierer Dom überführt wurde. Den zeltartigen Neubau von 1962-64 mit Fenstern von Johannes Schreiter plante der Koblenzer Architekt Martin Ufer. l inks hinter der Kirche steigen wir die Trep- pen hinauf, dann den steilen Pfad rechts hi- nab zur Muttergottes Kapelle am Klausen- l>erg. OAn der Kapelle erinnert eine Tafel an ein Gefecht bei der Belagerung der Festung Ehrenbreitstein durch franzö- Heribertsturm. sische Truppen vom 16. September bis 18. Oktober 1795. Bei einem Ausfall aus der Festung vertrieben die Verteidiger am 17.10.1795 die Gegner aus ihren Stellungen. Dabei wurden der österreichische Leutnant Arnold von Solemacher, ein Feld- webel und zwei kurtrierische Jäger tödlich und zwölf weitere Jäger schwer verwundet. Während der gesamten Belagerung zählte man auf der Seite der Verteidiger neun Töte und 56 Ver- wundete und bei den Franzosen mehr als 1400 Tote. Weiter abwärts erreichen wir die Straße „An der Kreuzkirche“ und kommen links zum Bückerplatz, der an den Flugzeugkon strukteur Carl Clemens Bücker (1895-1976) aus Ehrenbreit- stein erinnert. Nun geht es die Humboldtstraße hinab. Vom Rhein hierher und dann durch die Helfensteinstraße lief bis ins 19. Jahrhun dert der Fernverkehr hinauf auf den Westerwald und dort weiter ostwärts oder Richtung Frankfurt am Main. Wir biegen rechts in die Meesgasse. Hier sehen wir links das Fenster, aus dem heraus die 1692 erbaute Hofapotheke ihre Arznei verkaufte. In der Friedrich-Wilhelm-Straße gehen wir ein Stück rechts hi- nauf, am Haus des Festungskommandanten Oberst Klein von
1703 vorbei, das im 19/20. lahrhundert die Weinhandlung und Brennerei Buschmann aufnahm. Nun biegen wir links in die Kellereibotsgasse, an deren Ende dann links in die Wam- bachstraße. Die denkmalgerechte Sanierung des Hauses Kellereibotsgas- se 169 gehört zu den Anfängen der Rettung von Teilen des historischen Ortsbildes mit seinen oft bis in Details erhal- tenen Barockbauten. Die Gasse heißt nach dem herzoglich- Geburtshaus der Mutter Ludwig mn Beethovens in der Wambaehstraße. nassauischen Kellereiboten, der für die Finanzverwaltung arbeitete, als Ehrenbreitstein 1803 14 zu Nas- sau gehörte. Die Ehrenhreitsteiner Hausnummern folgen dem französi- schen System, das um 1800 von der Kreuzkirche aus alle Häuser durch- nummerierte. Links die Wambaehstraße hinunter kommen wir zum Geburtshaus der Maria Magdalena Keverich. Die 1746 geborene Tochter des kurfürst- lichen Oberholkochs heiratete den kurkölnischen Hofmusiker Johann van Beethoven und gebar 1770 in Bonn den Komponis- Detail aus der Fassade des alten L'hrenbreitsteiner Rathauses. ten Ludwig van Beethoven, letzt kom- men wir nach links durch die Kapu- zinerstraße zum Kapuzinerplatz zurück. Das reiche barocke Fach- werk links von 1676 ist ein Stück des alten Ehrenbreitsteiner Rathauses - bis zur Eingemeindung nach Koblenz 1937 war Ehrenbreitstein Sitz einer Bürgermeisterei - und erinnert noch einmal an den alten Glanz dieses Stadtteils. 48
Preußens Wacht am Rhein - Die Feste Ehrenbreitstein Mu der Seilbahn schweben wir über den Rhein auf den Festungsberg, der von Fein- n nur schwer zu erobern war. Wir erobern die Feste von ihrem Schussfeld aus, das II11 ein Kerngebiet der Bundesgartenschau war. 2,5 km 2std. Start u. Ziel: Bwgstatioo der Seilbahn vor der Feste Ehrenbreitstein Seilbahn: Von Koblenz auf den Ehrenbreitstein Wegbeschaffenheit: Barrierefreie Tour auf gut ausgebauten Wegen Bus: Linien 8.9 und 10 vom Zentralplatz bis Ehrenbreitstem/ Bahnhof oder Charlotten- straße bzw. L. 9/10 bis Am Sauerwassertor und dann Fahrt mit dem Schrägaufzug Bahn: Auf der linken Rheinseite bis Ehrenbreit- stein Bahnhof Wegbeschreibung Mit der Seilbahn von Koblenz aus, als Rheinsteig-Wanderer oder mit dem Auto können wir den Ehrenbreitstein, dessen Wehran- langen über 3000 lahre jede Annäherung erschwerten, bequem erwandern. Wir bewegen uns zunächst im Vorfeld der Feste, das vom Land Rheinland-Pfalz als freies Schussfeld gestaltet wurde. Die Wegachsen deuten Schusslinien der Festungsge- schütze an. Nur von hier konnte man die Feste angreifen, und so sehen die Schießscharten das Gelände lückenlos ein. Die am Westrand des Plateaus von den Landesforsten Rhein- land Pfalz erbaute hölzerne Aussichtsplattform geht wie die W
7 Staudenbepflanzung auf die Bundesgartenschau 2011 zurück. Von der Plattform aus überblicken wir das Festungsvorfeld - nahe bei uns liegt auf der Wiese Chris Drurys „Rhine Moselle Whirlpool“ aus Schiefer (2011) - sowie das Koblenz-Neuwieder Becken. Wir gehen noch bis zu dem Wäldchen und an diesem entlang zum Kletterpark am Werk Pleitenberg Das Gelände am Nordrand des Plateaus ist mit gedeckten Gän- gen gestaltet. Wir bewegen uns hier wie ein Angreifer der Feste feste Ehrenbreitsiein. Ehrenbreitstein in seinen Deckungs- gräben. Das Werk Pleitenberg bildete mit dem zerstörten Fort Rheineck eine Verteidigungsstellung 600 Meter vor der vordersten Linie der Feste, deren Geschütze im frühen 19. lahrhundert auf gut 1000 Metern Distanz wirkten. 50
Preußens Wacht am Rhein - Die Feste Ehrenbreitstein marschieren wir zur Feste Ehrenbreitstein und betre n sie beim Entreegebäude neben dem Parkplatz. Hinter dem I cldtor macht eine Klanginstallation > rausche aus dem Festungsbetrieb rlebbar, vom .Marschtritt bis zum inonendonner. Die „Stationen der Festungsgeschichte“ links im lunn Ungenannt rekonstruieren (machst anhand von Modellen die 1 ntwicklungdes Ehrenbreitsteins. BVor 3000 Jahren begann die Wehrbaugeschichte des Felsens mit einer Palisade. Einem Hauptwall der Feste Ehren- breitstein, aus der Sicht des Angreifers. römischen Militärposten (2. 5. lahrhundert) folgte eine Burg, die der Trierer Erzbischof uegen 1160 ausbaute und im frühen 16. lahrhundert in eine Fes- tung verwandelte, die den neuen Feuerwaffen trotzen konnte. 1795-99 viermal von den Franzosen belagert, fiel die Festung schließlich durch Aushungern. Auf den Fundamenten der 1801 gesprengten Festung erbaute das Kö- nigreich Preußen 1817-28 die jetzige Feste. Im Obergeschoss des Turms Unge- nannt verdeutlichen rekonstruierte Kasernenstuben und Geschützstel- lungen, sowie Uniformen den All- tag der preußischen Soldaten und mögliche Kriegsnutzungen um die lahre 1830 und 1900. Durch die be- l'urrn Ungenannt der Feste Ehrenbreitstein. nachbarten Ausstellungsräume erreichen wir die Lange Linie In ihrem Lichthof verdeutlicht ein Bombentreffer von 1944 die zunehmende Zerstörungskraft der Waffen, die den Festungsbau obsolet machte. Arrestzellen und die Ausstellung „Weinreich“ im Obergeschoss sind hier zu entdecken. 51
7 Im Obergeschoss geht es auch durch einen Gang mit Gewehr scharten weiter in die Contregarde rechts. Die Brücke dort- hin gibt einen Blick auf Hauptgraben und Hauptwall frei. Ein Angreifer hätte es gegen die starken Wälle und die darin in Kasematten geschützte Artillerie schwer gehabt. In der Contre- garde befinden sich eine Kriegslatrine, rekonstruierte Festungs- geschütze der Zeit um 1830 und die Kanone Greif aus dem Jahr 1524. Ob dieser etwa neun Tonnen schwere Mauerbrecher jemals zum Einsatz kam, ist unbekannt. Er stand zweimal als Kriegsbeute in Paris und kehrte 1984 als Symbol der deutsch- französischen Freundschaft hierher zurück. Nebenan stellt die rheinland-pfälzische Landesarchäologie Fun- de vom Mittelrhein aus. Auf dem Dach der Contregarde und dem über eine Brücke angebundenen Ravelin sind die Ge- schützstellungen zu Zeitgärten umgestaltet, die den Gartenbau seit der Steinzeit veranschaulichen. Zum Gemüsegarten der Zeit um 1960 gehört die über den Treppenabgang erreichbare Wohnung Suderland. Sie erinnert daran, dass die Feste in der Nachkriegszeit auch ein Wohnquartier war. Wir müssen noch den Retirierten Graben mit der Konzerl- bühne passieren, ehe wir durch das Kurtinentor ins Innerste der Feste vorstoßen. Der lichtgelbe Anstrich und die Fassaden- gliederung am Oberen Schlosshof bilden einen freundlichen Kontrast zu den wehrhaften Außenseiten und erinnern daran, Rheinbastion der Feste Chnenbreitstein am Retirierten Graben. dass die Feste einst auch als Kaser- ne diente. Am Hof wartet die kultur- und technikgeschichtliche Ausstel- lung des Landesmuseums Koblenz. Zudem sind hier zwei besondere Aussichtspunkte zu erleben, der eine am Brunnendenkmal, der an- dere links auf dem Dach der Großen Traverse. Wir blicken vom Rand des 52
Preußens Wacht am Rhein - Die Feste Ehrenbreitstein Aesterwaldes über Koblenz in die Ei- hinein und sehen links den Aus- lUler des Hunsrücks. Im mittelalter- ii hen Burggraben unter der Großen I f aver.se berichtet eine Multimedia- Schau von der Geschichte des Fhren- breitsteins. Oberer Schlosshof der Feste Ehrenbreitstein. HEin Modell am Brunnendenk- mal verdeutlicht die 1815-34 angelegte Festung Koblenz und Ehrenbreitstein, in der die Feste I hrenbreitstein eine Art Zitadelle war. Bis 1890 war die Stadt las Zentrum eines vorbereiteten Schlachtfeldes, das zuletzt 22 Festungswerke besetzten. Danach waren nur noch die Werke hier auf der rechten Rheinseite bis 1918 einsatzbereit. I nser Weg zurück führt durch die Gräben und regulären Zugänge. So gehen wir wieder durch das Tor der Kurtine und dann durch den Tun- nel des Ravelins. Beim Verlassen des Tunnels können wir rechts in eine rekonstruierte Wachstube der Zeit um 1900 blicken. Im folgenden Hauptgraben erinnert das Ehrenmal des deutschen Heeres seit 1972 an die gefallenen Heeressoldaten der Brunnendenkmal am Oberen Schtosshof der Feste Ehrenbreitstein. Weltkriege, sowie seit 2006 auch an die Heeressoldaten der Bundeswehr, die im Dienst ihr Leben verloren haben. Beim Grabentor veranschaulicht eine Multimediaschau in einem Minengang den unterirdischen Kampf um Festungen. Durch Grabentor und Feldtor gelangen wir wieder zum Entree- gehäude. Von hier ist es nicht mehr weit bis zum Parkplatz oder zur Seilbahn. 53
Zwischen „Dahl“ und „rheinischem Nizza“ - Wanderung von Ehren- breitstein nach Pfaffendorf Diese Stadtteiltour auf dem rechten Rheinufer führt hinauf zum Fort Asterstein und einem der schönsten Panoramablicke über Koblenz. Im zweiten Teil überrascht das verwunschene Bienhorntal. -IM ii|cli«i Start u. Ziel: Koblenz-Ehrenbreitstein, Kapuzinerplatz Wegbeschaffenheit: Wechsel zwischen Asphalt und erdigen Wegen bzw. Schotterwegen: lange Steigung am Beginn Bus: Linien 8,9 und 10 vom Zentralplatz bis Ehrenbreitstein/ Kapuzinerpiatz Bahn: Auf der linken Rheinseite bis Ehrenbreitstein Bahnhof Fähre: Vom Pegelhaus am Konrad-Adenauer-Ufer in Koblenz zum Rheinsteig-Ufer in Ehrenbreitstein Wegbeschreibung Diese Wanderung beginnt auf dem Kapuzinerplatz in Ehren- breitstein (s. Tour 6). Unweit der Fachwerkfassade des alten Rat- hauses von 1676 gehen wir rechts die Humboldtstraße hinauf. Im Vorübergehen entfaltet sich die für Ehrenbreitstein typische Mischung aus barocken Häusern, die an den Glanz der kurfürst- lichen Residenz erinnern, und Häusern des 19. Jahrhunderts. Auf dem Bücker Platz halten wir uns rechts bergauf zum Ko-
lonnenweg, dort dann links hinauf. Links sehen wir Klausen- burg und Rheinburg, Zeugnisse der Burgenromantik vor dem Hintergrund der Feste Ehrenbreitstein, in deren Schussfeld wir uns bewegen. Die Klausenburg aus Grauwacke und Fachwerk entstand bis 1856 auf der Basis eines in die Ortsverteidigung einbezogenen Kelterhauses der Firma Buschmann. Ingenieur-Hauptmann Au- gust von Cohausen plante sie inmit- ten von Weinbergen. Darüber sicherte ab 1833 die Kaponniere Klausenberg den Ort. Als die Befestigung 1890 auf- gegeben wurde, baute Generalmajor Wilhelm von Bötticher (1844-1927) die Kaponniere zur „Rheinburg“ um. Beim weiteren Aufstieg passieren wir das Tor eines ehemaligen Pulverma- Klausenburg und Rheinburg über t'hrenbneitstein.
8 gazins der 1854-57 erbauten Ortsbefestigung von Ehrenbreit- stein und eine Kaponniere, die die Wehrmauer verstärkte. Zwei Kurven weiter biegen wir rechts zum Bezirksfriedhof ab. Bei dem Kriegerdenkmal entfaltet sich ein besonderes Koblenz- Panorama. Das als Obelisk gestaltete Denkmal erinnert an die Gefallenen des VIII. preußischen Armeekorps im Deutschen Krieg von 1866. Wir sehen in der Stadt die Rheinfront mit Schloss und Regierungsgebäude, aber auch links auf der Karthause Fort Großfürst Constantin (1822-27), einen Teil der preußischen Festung Koblenz. Gegenüber dem Friedhofseingang bringt uns ein erdiger An- stieg zu einer Wiese. Der Pfad durch das Gebüsch am Zaun ent- lang weist den Weg zum Fort Asterstein Wir treten zunächst vor sein Reduit mit der klassizisti- Fort Asterstein: innenhof des Reduits. sehen Hoffassade und umwandern es dann nach rechts, wo wir die Reste des Tors zur Wallanlage des Forts und die Angriffsseite des Re- duits sehen. 1818-26 erbaut, sicherte das Fort als Teil der Be- festigungen auf dem Asterstein die Südseite der Feste Ehrenbreit- stein, sowie die Städte Ehrenbreit stein und Koblenz gegen feindlichen Beschuss. Das Fort trägt seit 1847 den Namen des Generals Ernst Ludwig von Aster (1778-1855). Dieser war 1815-37 von Koblenz aus für den preußischen Festungsbau am Rhein zuständig, kommandier- te 1826-37 die Festung Koblenz und Ehrenbreitstein und war 1837 49 Chef des preußischen Ingenieur- und Pionierkorps sow ie Generalinspekteur der Festungen. 56
Zwischen „Dahl“ und „rheinischem Nizza Von der Außenseite des Reduits kommen wir über einen Sport- platz hinweg, bis zu dessen rechtem Ende die - 1927 zerstörten - Wallanlagen des Forts reichten. Wir queren die Lindenallee, und schon bald sind wir zwischen Streuobstwiesen unterwegs. Rechts steht die zu Wohnbauten umgestaltete Goeben-Kaserne uii 1938. Einige Gebäude sind seit den 50er-Jahren eine Künst- rkolonie. Mit der Teerstraße wenden wir uns nach rechts ins Wohngebiet. Den dritten Abzweig links nehmen wir, um über inen Pfad in die Clara-Viebig-Straße zu kommen. An deren l nde halten wir uns rechts und folgen der Fritz von Unruh Straße zur Lehrhohl, um dann links abzubiegen. \m Waldrand verlassen wir die Straße u h rechts und folgen der Markierung Rheinsteigs (blaues R) durch das Hienhorntal. Anfangs begleitet uns eine isianienallee, dann wandern wir durch •i tief eingeschnittenes Bachtal, an des- Nordseite Bruchsteinmauern an auf- i bene Weinberge erinnern. Her der Brücke der B 42 und bei Spiel pl.it/ und Brunnen queren wir den Bach ui ul folgen ihm, vorbei an einer ehemali- i läbakmühle, nach Pfaffendorf. Die i die hinab und durch die Bahnunterfüh- erreichen wir die katholische Pfarr- n In- Sl. Peter und Paul. Pfaffendorf: Katho- lische Pfarrkirche St. Peter und Paul. im lahr 1047 erstmals erwähnte und 1937 nach Koblenz an| •nieindete Pfaffendorf wandelte sich im 19. lahrhundert U vi .i Ai in- und Ackerbau-Ort zum beliebten Wohngebiet. An der । r Sl raße nach Horchheim wohnten bevorzugt Beamte und • h-i> Die terrassenförmige Anordnung des Stadtteils brach- n i t.ifli-ndorl den Beinamen „rheinisches Nizza“ ein. 57
Die 1903 vollendete, nach der Kriegszerstörung von 1944-45 vereinfacht wiederaufgebaute neogotische Pfarrkirche prägt das Ortsbild. Über dem Eingang in der Turmfassade sehen wir ein Relief der Kirchenpatrone Petrus (mit Schlüssel) und Paulus (mit Schwert). .Auf der anderen Seite der Emser Straße kommen wir mit dem Rheinsteig ans Rheinufer; hier rechts. Am anderen Ufer ent faltet sich die Koblenzer Rheinfront vom Weindorf über das Schloss bis zum Deutschen Eck. Ein Lehrpfad zum Rhein und zur Rheinschifffahrt begleitet uns, und ein Mosaik erinnert an das Treideln (das Ziehen von Schiffen mittels Pferden flussauf- wärts), als die Schiffe noch keinen eigenen Antrieb hatten. im Unterbau der Pfaffendorfer Brücke, die 1864 als Eisen- bahnbrücke eröffnet wurde, befinden sich Kasematten der Brückenverteidigung. Sie gehen in die Horch heimer-Tor-Befes- tigung Ober, die ab 1866 die Südseite von Ehrenbreitstein sicherte. Hlick über den Schutzhafen auf die Feste Ehrenbneitstein. Wir steigen die zweite Trep- pe hinter der Brücke hinauf und umrunden den Schutz- hafen des Wasser- und Schifffahrtsamtes nach links. Hier lagen im Winter Schif- fe und Teile der Koblenzer Schiffsbrücke zum Schulz gegen Eisschollen. Am Rhein entlang erreichen wir bei der Fähranlegestelle den breiten Durchgang, durch den wir nach rechts zum Kapuzinerplatz zurückkehren. 58
Rotwein und Mendelssohn - Unterwegs in Horchheim Wo der Komponist Felix Mendelssohn-Bartholdy komponierte und Rotwein angebaut wurde, ist ein besonders alter Ortskern zu entdecken. 3 km 2 SW. Start u. Ziel: Mendelssohn-Park Bus: Linie 6 von Löhr-Center/Zentralplat? bis Mendelssohn; Linie 570 von Zen- tralplatz/Zentraler Omnibusbahnhof am Hauptbahnhof bis Mendelssohn Wegbeschaffenheit: Weitgehend asphaltierte Wege, einige Stücke mit Parkwegen Wegbeschreibung Nahe am Ortskern von Horchheim beginnen wir an der Emser Straße im Gebiet des Mendelssohn Parks Wenn wir an dem vom Park übriggebliebenen Türmchen die Treppe hinaufgehen, kommen wir zu einem Denkmal. Es markiert etwa den Standort des Hauses von loseph Mendelssohn und erinnert an die Aufent- halte des Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy( 1809 1847) in diesem Haus. Der Berliner Bankier Joseph Mendelssohn (1770-1848) kaufte 1818 einen alten Hof, um sich hier im Sommer und zur Weinlese aufzuhalten. Horchheim war damals ein bedeutender Weinort, in dem sogar guter Rotwein angebaut wurde. Nach einem Brand im fahr 1970 wurde das stattliche Haus abgerissen. Felix Mendelssohn-Bartholdy vollendete 1837 sein Klavierkon- zert Nr. 2 in Horchheim, 1839 komponierte er hier den 114. Psalm. 59
Türmchen im Horchheimer Mendelssohn- l'ark. Wir kehren auf die Emser Straße zurück und folgen ihr nach links; dann rechts in die Reiffenbergstraße hinein. In dem Gebäude rechts am Ende der Straße verbirgt sich das Mendelssohnsche Teehaus. QDas seit 1901 als evangelische Luther- Kapelle genutzte, in einen Wohnkom- plex eingebundene Teehaus war einst vom Mendelssohnschen Park umgeben und gewähr- te Blicke in die Rheinlandschaft, lohann Claudi- us von Lassaulx schuf hier etwa 1830-35 einen für sein Werk bedeutenden Bau. Die Schauseite des Teehauses Richtung Rhein zeigt Anklän ge an romanische Formen ebenso wie die für Lassaulx typische Materialpoiychromie, d. h. die Farbgebung mittels einer gekonnten Anord- nung verschiedener Materialien. Rn
Rotwein und Mendelssohn - Unterwegs in Horchheim \ i der Bahnstrecke entlang, die hon um 1860 den Park zerschnitt, mimen wir zu einer Unterfüh- rung, durch die bis 1956 die Stra- nbahn fuhr. Dahinter biegen wir nks in die Allee. Dieses Stück der ।rkanlagen gewährt uns einen Blick i h r den Rhein sowie auf die Südbrü .! und die 1878/79 für die strate- isch wichtige „Kanonenbahn“ Ber- Die Allee des Mendelssohn Parks und die Rheinbriicken bei Horchheim. n> Metz gebaute Eisenbahnbrücke. Am Ende der Allee bringt sein steiler Weg auf den Leinpfad am Rhein. .ich links erreichen wir rheinaufwärts eine Hafenaniage. Das (gehörige, 1892 erbaute Gebäude der Löhnberger Mühle in ihnstein reiht sich mit Zinnen und Türmchen in die Burgen- irnantik ein. Es geht vor dem Hafen links hinauf, dann wieder iks in die Von-Kellenbach-Straße, dort durch die Bahnunter- hrung und die Von Eyß Straße hinauf. An der Kreuzung mit Lmser Straße treffen wir auf das von Eyßsche Palais. khi inansicht der Löhnberger Mühle.
Das romanische Haus in Horch- heim. Bis etwa 1765 ließ sich Freiherr Matthias von Eyß hier ein drei- flügeliges Palais erbauen, das heute entgegen der barocken Gestaltung nackten Bruchstein zeigt. Schon früh verschwand der linke Flügel, und die über einem Tor angelegte Kapelle im Mittelbau wurde 1945 schwer beschädigt. Der Altar der Kapelle steht heute in der Pfarrkirche. Nun empfiehlt sich ein kurzer Abstecher nach rechts. An der nächsten Kurve markiert ein Pfeiler aus Lahnmarmor die Grenze, wie sie in den Jahren 1815-66 zwischen dem König- reich Preußen und dem Herzogtum Nassau bestand. Wir gehen nun auf der Emser Straße zurück in den Horchheimer Ortskern. Gegenüber dem Altenheim St. Josef steht das romanische Haus. Das steil aufragende romanische Haus ist eines der ältesten Häu- ser in Koblenz. Ein spätromanisches Fenster mit Kleeblattbogen zur Straße lässt erahnen, dass es reich ausgestattet war. Mauern und Deckenbalken stammen aus dem frühen 13. Jahrhundert, letztere wurden im Jahr 1241 eingebaut. Weite Teile des Dach- gebälks entstanden 1472, als das Haus mit einem Stufengiebel aufgestockt wurde. Vom 15. Jahrhundert bis 1803 gehörte das Haus zum Präsenzhof des Koblenzer Stifts St. Florin. 62
Rotwein und Mendelssohn - Unterwegs in Horcht»"in i Orden der Armen Dienstmägde Jesu Christi (Dernbaclier hwestem) kam dank der Stiftung der Familie Mendelssohn ;n i nach Dorchheim, um in der Krankenpflege und Armen Ile tätig zu werden. Das Altenheim geht auf das Dorchhelmer •i losefs-Krankenhaus zurück. In der zweiten Straße links überrascht uns ein Fachwerkhaus aus dem 15. Jahrhundert mit Bruchsteinsockel und Schwebe iebel (Müfflingstraße 6). Einige andere Däuser an der Emsit straße und in den Seitengassen bergen ebenfalls mittelalter liehe Bausubstanz, sind aber äußerlich stark verändert. Wir folgen der Müfflingstraße Richtung Rhein, gehen dann rechts und biegen rechts in die zweite Straße, die Kirchstraße Den linken Teil der Grundschule erbaute Johann Claudius von lassaulx 1842-44. Bei aller Schlichtheit besticht der Bau dun h eine saubere und lebendige Verwendung heimischer Gesteine HDer Maulbeerbaum bei der Schu- le wurde wohl 1837 gepflanzt. Damals versuchte der Landkreis Kob- lenz über die Jjehrer die Produktion von Seide als Nebenverdienst Tür Bauern und Winzer zu etablieren. Die Zucht von Seidenraupen auf den Maulbeer- bäumen rentierte sich aber nicht. An der Ecke Kirchstraße/Emser Stra- ße steht das alte Postamt mit Bruch- steinsockel und Fachwerkgiebel, erbaut 1907. An das Gemeindehaus, das Rat, Back- und Schulhaus war, erinnert hier ein Türsturz von 1572 mit dem Horch- heimer Wappen. Schräg gegenüber grüßt uns die katholische Pfarrkir- che St. Maximin Katholische Pfarrkirche St. Maximin in Horch heim. 63
Der Kirchturm aus dem 12. Jahrhundert erinnert an die Ge- schichte des Gotteshauses, das 1916-18 in neobarocken Formen nach Plänen des Düsseldorfer Architekten Richard van Broek neu errichtet wurde. Die Kanzel aus dem 18. lahrhundert aus der Koblenzer Barbarakirche und der 1677 gestiftete Altar des Karmeliterklosters fügen sich gut in den Raum, ebenso der Rokoko-Altar aus der Zeit um 1761 63 aus dem von-Eyßschen Palais rechts. Von der Stumm-Orgel (um 1749) ist der Prospekt erhalten. 1865 stiftete die Familie Mendelssohn die Kopie von Raffaels .Sixtinischer Madonna“. Am Altarraum steht die Schmerzhafte Muttergottes vom Heiligenhäuschen Alte Heerstraße aus dem 15. Jahrhundert. Der Horchheimer Bildhauer losef Welling ge- staltete den Altar, das Kreuz und die Statue des heiligen Maxi- min. Dieser war um 330-346 der fünfte Bischof von Trier. Sein Attribut verweist auf ein Wunder: Da ein Bär auf einer Reise mit dem heiligen Martin von Tours sein Saumtier fraß, bürdete Maximin dem Bären sein Gepäck auf. Professor Willy Stucke aus Bonn schuf 1920/21 die Ausmalung des Chors und die Kreuzwegbilder. Rings um den Altar entfaltet sich mit dem Lamm Gottes, Posaune blasenden Engeln und den Ältesten eine expressive Szenerie des Jüngsten Gerichts. Wenn wir die Kirche verlassen haben, wenden wir uns nach links, und gehen an der Kirche entlang auf die Mittelstraße; hier rechts und bald links die Bornsgasse hinauf. Wir überque- ren die Bahnstrecke und steigen links versetzt mit dem Drit- teneimerweg aufwärts bis zur Weitenbornstraße; nun links hinab. In der Kurve biegen wir rechts in den Alten Weg, zum seit 1897 bestehenden Friedhof. Rund um den Dritteneimerweg lagen Drittelweinberge, die vor allem dem Freiherrn von Heddesdorf in Winningen und Joseph Buschmann aus Ehrenbreitstein gehörten. Die Weinbergspäch- 64
Rotwein und Mendelssohn - Unterwegs in Horchheini > r hatten ein Drittel der geernteten Trauben ,11 die Eigentümer abzuführen. \\ ir folgen im Friedhof dem ersten Hauptweg. Der Horchheimer Bildhauer Josef Welling । hui' eine Reihe von Grabmälern auf diesem Friedhof. Herausragend ist links des Haupt- wegs das Kreuz auf dem Grab der Pfarrer von St. Maximin, das unter der Kreuzigungs- szene Jesus mit dem Zöllner Zachäus, der Frau am lakobsbrunnen und mit Nikodemus zeigt. Weiter in dieses Gräberfeld hinein, vorbei an (iräbern der Dernbacher Schwestern, stoßen wir auf die Familiengrabstätte Becken kamp mit einem Basaltmonument der Zeit um 1930, das an ein Portal des Straßburger Münsters erinnert. Grabmal Hecken kamp auf dem Horchheimer Friedhof. Prof. Dr. Jakob Beckenkamp (1855-1931), Sohn eines Horchhei mer Lehrers, gehört zu den Wegbereitern der Kernphysik. Er lehrte Physik und Chemie und war ab 1897 Professor für Minera- logie und Kristallografie an der Universität Würzburg. Noch be- vor der in Koblenz Pfaffendorf geborene Physiker und Nobelpreis- Träger Max von Laue 1912 die Gitterstruktur experimentell nachweisen konnte, gewann Beckenkamp grundlegende Erkenntnisse zu Eigenschaften und Strukturen von Kristallen bis hin zu ihrer dynamischen Struktur. Auf dem Weg zurück sehen wir links nahe der Kapelle ein Grabmal der Zeit um 1930, dessen EngelsbiId auf Westerwälder Steinzeugfliesen gearbeitet ist. Wir folgen dem Alten Weg abwärts und be- treten links durch ein Metalltor den evange- Gmbstele mit Steinzeit# schmuck auf dem Horchheimer Friedhof. 65
lischen Friedhof. Er war 1855-1967 in Gebrauch und versam- melt nahe dem Hochkreuz einige Grabmäler, darunter jenes für Eduard von Davidson Generalleutnant Eduard von Davidson (1840-1922) trat 1872 aus dem großherzoglich-hessischen in das preußische Heer über. Nach verschiedenen Kommandos bei der Artillerie in Fritzlar, Kassel, Breslau und Straßburg war er 1895-1900 Kommandant der Festung Koblenz und Ehrenbreitstein. Sein Landhaus steht noch unweit des Horchheimer Eisenbahntunncls an der Emser Straße. Weiter geht es den Alten Weg hinunter zum Ileiligenhäus- chen; nun links die Alte Heerstraße hinab zum Römerplatz. Das Denkmal von Josef Welling erinnert an den Weinbau in Horchheim und den kegelförmigen Horchheimer Käs, den die Leute auf den Fensterbänken trockneten. Nach rechts kommen wir zum Mendelssohn Park zurück. Blick iwi Rittersturz auf Koblenz Horchheim. 66
iou( 10 Marienwallfahrt und Festungsmauern - Koblenz-Lützel Der Wallfahrtsort Lützel war der Brückenkopf von Koblenz und im 19. Jahrhundert Teil der Festungsanlagen. Spuren davon wie auch Volkspark und Franzosenfriedhof laden zu Entdeckungen ein. Start u. Ziel: Bus/Bahn: Alte Moselbrücke/Balduinbrücke Gute Erreichbarkeit mit dem Bus bis Löhr-Center und der Bahn bis zum Schienenhaltepunkt Koblenz Mitte Wegbeschaffenheit: Weitgehend Asphalt und Pflaster, dazwischen Parkwege, eher leichte Steigungen Wegbeschreibung Am PcterAltmeier-Ufer unweit der Balduinbrücke beginnen wir auf der Koblenzer Seite der Mosel mit dem Blick auf Lützel am anderen Moselufer. In „Lützel“ bzw. „Lützelcoblenz“ steckt mittelhochdeutsch „lüt- ze[l]“ für „klein". Dieses kleine Koblenz war ein Brückenkopf von Koblenz links der Mosel. Nach dem Untergang der römischen Brücke verbanden nur eine Furt und wohl auch eine Fähre die beiden Moselufer. Erzbischof Balduin veranlasste den Bau der Al- ten .Moselbrücke oder Balduinbrücke. Sie entstand 1331/32-63. Um sie zu finanzieren, gewährte der Papst Ablässe. 1945 spreng- ten deutsche Pioniere Bögen auf der Koblenzer Seite. Diese wur- den 1946-49 repariert. Die Lützeler Seite wich bis 1975 einem Neubau, damit die Schiffe mehr Raum haben. 67
Am Moselufer unterqueren wir die Balduinbrikke und die Ei- senbahnbrücke, die Koblenz 1858 mit der Eisenbahn nach Köln verband. Im Unterbau der Brücke stecken Kasematten der Brü- ckenverteidigung. Vor der Europabrücke erheben sich links Mau- erreste der Stadtbefestigung. Die 1932-34 erbaute und 1952-54 wiederhergestellte Brücke gehört als Teil der B 9 zur wichtigsten Verkehrsachse der Stadt; 1972-74 wurde sie verbreitert. Balduinbrücke. Unser Weg führt zur Moselstaustu- fe. Beim Wasserkraftwerk auf der Koblenzer Seite empfiehlt sich ein Besuch des „Mosellums“, ehe wir den Steg über die Staustufe nehmen. Hirn Zuge des Ausbaus der Mosel zur modernen Wasser- straße entstanden mehrere Staustu- 68
Marienwallfahrt und Festungsmauem - Koblenz-Lützel fen, um den Wasserstand zu verbessern. Das durchströmende Wasser dient der Stromgewinnung. Damit noch Fische passie- ren können, besteht eine Anlage für den Fischaufstieg. Sie kann vom „Mosellum“ aus beobachtet werden, in dem der Besucher viel über die Mosel erfährt. Mit der Schleuse überwinden die Schiffe den Höhenunterschied bei der Staustufe. Vom Steg gehen wir zur Weinbergstraße; hier rechts und beim Spielplatz neben Grundschule und Kindergarten links die Trep- penanlage hinauf. Der Fußweg entlang der Straße führt uns nach links zum Langemarr kplatz. Auf unserer Seite befindet sich die Wehrtechnische Studiensainmhing (WTS). Die WTS des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) ist in Deutschland einzigartig. Sie liefert Anschauungsmaterial für Truppe und Wehrtechniker und dokumentiert die Entwicklungs- und Er- probungsarbeit des Amtes. Ausgestellt ist die Entwicklung der Bewaffnung und Ausrüstung der deutschen Truppen seit dem 18. Jahrhundert, inklusive Versuchsträgern und Prototypen. Standort der Sammlung ist die Langernarck Kaserne, die 1936 aus dem Korpsbekleidungsamt und der Dampfwaschanstalt (1888-90) des VIII. preußischen Armeekorps hervorging. Eine Unterführung unter der Mayener Straße bringt uns hinü- ber zur Maria-Hilf-Kirche. Ein um das Jahr 1700 zum Dank für die Errettung aus der Hand von Räubern aufgehängtes Bild ist der legendenhafte Beginn der Wällfahrtskapelle Maria Hilf. Die 1814 etwas östlich un- seres Standortes neu erbaute Kapelle dient seit 1928 in Trier dem Gründer der Barmherzigen Brüder von Maria Hilf, Peter Friedhöfen (1819-60), als Grabkapelle, weil er oft in der Kapelle gebetet hat. Die jetzige neogotische Kapelle entstand 1907. Das alte Gnadenbild, eine Schmerzhafte Muttergottes, befindet sich in St. Peter in Neuendorf, doch die Pilger zog es weiter in die Kapelle, in der seit 1953 eine gotische Muttergottes steht. 69
10 Haupttor der Feste Kaiser Franz. Von der Kapelle aus überqueren wir die B 9 über eine Brücke, gehen dann mit dem Fußweg rechts hinunter und durch die Unterführung und dahinter rechts die Bodelschwinghstraße hinab. Hinter dem Tor links verbirgt sich eine Zufahrt zu Resten der Feste Kaiser Franz. Hier auf dem Petersberg in Lützel entstand das System Feste Kai- ser Franz der preußischen Festung Koblenz und Ehrenbreitstein. Es sicherte gegen die Eifel und das Neuwieder Becken und schütz- te Truppenansammlungen. Von der Feste Franz (1817-22) sind Im ehemaligen Graben bereich der Hubenheimer Flesche auf dem Lützeler Friedhof. nach der Entfestigung von 1920/21 und einer Sprengung 1959 nur der Kehlturm des Kernwerks und das Haupttor erhalten. Das Tor folgt der Ägyptenmode der Zeit und präsen tiert den Preußenadler wie den ägyp- tischen Sonnengott Ra. Wir.steigen nun dieBodelschwingh- straße hinauf. Uns begleitet weiter oben ein Sanitätsbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Anlagen der 70
Marienwalltahrt und Festungsmauem - Koblenz-Lützel ste Franz reichten bis in Höhe des Altenheims. Unweit da- i>n stehen Mannschaftshäuser der 1913 fertiggestellten Ka- erne des 2. Rheinischen Feldartillerie-Regiments Nr. 23. Die Wohnblocks links der Straße entstanden in den 1950er-Jahren Hir die französischen Besatzungsangehörigen und nahmen bis in die 1990er-Jahre Bundeswehrangehörige insbesondere aus der Falckenstein-Kaserne auf. In der Kurve biegen wir in die Straße .Am Petersberg“ ab und betreten gleich rechts den Volkspark Wir folgen dem Parkweg nach links und wenden uns dann zum Friedhofskreuz. Unter dem großen Hügel rechts liegen Trümmer des 1969 gespreng- ten Kernwerks der Bubenheimer Flesche Die 1816 -22 erbaute Bubenheimer Flesche besetzte als Teil des Festungssystems Feste Franz das Nordende des Petersbergs. Die Wallanlagen wurden 1920 geschleift. In ihrem Bereich, rund um das als Cafe genutzte Reduit, entstand 1936 der Volkspark, dem der Koblenzer Stadtgartendirektor Hans Wilhelm Mutzbauer (1908-1968) gegen 1960 die heutige einfache Form gab. Stadtgartendirektor Mutzbauer plante auch den 1953 eröffne- ten Lützeler Friedhof Er integrierte auch Teile der Buben- heimer Flesche. Wir stehen beim Friedhofskreuz auf einer Grabenwehr und blicken in den Bereich des Grabens, dessen innere Mauer links liegt. Wir gehen die Treppe hinab und nehmen gleich rechts die nächste Treppe. Wenn wir dann in Feld 4 ein Stück nach rechts gehen, sehen wir eine Geschütz scharte der Grabenwehr und die mit Gewehrscharten ausge- stattete Mauer der Verbindung von der Bubenheimer Flesche zur Feste Franz. Der Weg führt weiter hinab, wir folgen der Kurve nach rechts und nehmen den Abstieg zum Friedhofstor an der Andernacher Straße. Rechts biegen wir gleich ab und erreichen, vorbei an der Moschee, den Franzosenfriedhof n
10 Manxxtu Denkmal auf dem rranzosenfriedhof in Lützel. QAuf dem Franzosenfriedhof sind seit dem Deutsch-Fran zösischen Krieg (1870/71) 456 fran- zösische Kriegsgefangene begraben, die im Lager auf dem Petersberg an Epidemien starben. Die Soldaten wurden in 32 Gräbern, meist Mas- sengräbern, beigesetzt. Die Grabmä- ler nehmen Formen der Zeit auf, von der Stele bis zum Obelisken und der abgebrochenen Säule. Das eigentliche Gräberfeld darf wegen Astbruchgefahr nicht betreten werden. Das pyramidenartige Denkmal für General Marceau entwarf der Koblenzer Architekt Peter loseph Krähe 1797. 1820 wurde es wegen des Festungsbaus vom Petersberg hierher versetzt; Marceaus Asche ruht seitdem im Pantheon in Paris. Der ru- hende Löwe ersetzte 1885 ein Trophäenrelief. General Fran $ois Sevörin Marceau-Desgraviers, 1769 in Chartres geboren, kommandierte ab 1794 die 6. Division der französischen Maas- und-Sambre-Armee. Er eroberte 1794 Koblenz und leitete die erste Belagerung des Ehrenbreitsteins 1795. 1796 wurde er bei Höchstenbach/Westerwald tödlich verwundet. Wir kehren zur Andernacher Straße zurück, nehmen die Bahnunterführung und biegen dahinter rechts ab. l'mnz. Olm Schönbornsluster Weg, der hinter der Unterführung links abgeht, befindet sich das DB- Museum Koblenz. Es zeigt verschie- dene Lokomotiven und Wagen des 20. lahrhunderts, darunter auch Sa- lonwagen, in denen Bundespräsiden- ten und Bundeskanzler, sowie Koni gin Elisabeth II. von England reisten. 72
Marienwallfahrt und Festungsmauem - Koblenz-Lützel der Andernacher Straße kommen wir an der Rhein-Kaser- ne entlang. Über den ehemaligen Güterbahnhof Lützel sehen ir rechts den Kehlturm der Feste Franz. In der Meyer-Alberti- iraße links beherbergt die „Kuhurfabrik“ das Koblenzer |u •ndtheater und andere Kulturangebote. in Gelände der Kaserne liegen unterirdische Teile der Neuen din ier Flesche (1821-25), eines Außenwerks der Feste Franz. Hie Kaserne wurde 1913/14 für das Rheinische Trainbataillon \r. 8, die Nachschubeinheit des VIII. preußischen Armeekorps, i richtet. Heute nutzt das Kommando Sanitätsdienst der Bun- deswehr die Kaserne. Wir folgen der Andernacher Straße konsequent, auch über die Kreuzung am Brenderweg und die Balduinbrücke hinweg, nun durch die Gartenstraße und von dieser geradeaus in die Blu- menstraße. In der Kurve führt uns ein Weg ans Moselufer, von dem wir auf die Altstadt blicken können. Nach rechts gelangen wir zur Balduinbrücke. Wir nehmen hier die Aufstiege und kommen so auf die Brücke, die uns in die Altstadt zurückführt. Das Lützeler Moselufer beim Hochwasser 2011.
Der heilige Beatus und die Greifen - Am Rand der Karthause Die Karthause schaut auf eine klösterliche und eine militärische Vergangenheit zu- rück. Wir bewegen uns am Fuß und am Rand dieses jungen Stadtteils. 7 km 2.30Std. SD O Start u. Ziel: Bus/Bahn: Hauptbahnhof Koblenz Gute Anbindung zum Hauptbahnhof Koblenz und dem Zentralen Omnibusbahnhof auf dem Bahnhofplatz Wegbeschaffenheit: Fußwege mit Asphalt und Pflaster, Schotterwege, relativ steile Aufstiege am Beginn, am Ende Abstieg über eine lange Treppenanlage Wegbeschreibung Wir beginnen diese Wanderung auf den Bahnhofplatz. Hier vereinen sich Bauten der Kaiserzeit, der Moderne, der Aufbau- jahre und der jüngeren Zeit. Der neobarocke Hauptbahnhof entstand 1899-1902. Sein Mit- telbau leitet die Fahrgäste in den Tunnel zu den Gleisen. Das Schnellrestaurant nimmt den Raum der ehern. Wartesäle 1. und II. Klasse ein; im rechten Pavillon befand sich die „Halle für Al- lerhöchste Herrschaften und Fürstenzimmer, also auch für den bahnbegeisterten Kaiser Wilhelm II. Hinter dem zentralen Platzgebäude erhebt sich das ehern. Toto- Lotto-Haus. Der qualitätsvolle 50er Jahre-Bau spielt mit dem 74
Der heilige Beatus und die Greifen - Am Rand der Karthause Kontrast des verputzten Baukörpers mit der verglasten Raster- fassade. Der 50er-Jahre-Komplex des Hauptpostamtes rechts von uns nimmt heute auch die Rheinische Landesbibliothek Koblenz auf. Wir machen nun einen Abstecher nach links in die Südliche Vorstadt, und zwar durch die mittlere Straße, die Bahnhof- straße, die uns mit einem Torbogen aufnimmt. Der Ziegelbau der Stadt Verwaltung von 1927/28 mit dem Tor ist einer der wenigen Koblenzer Bauten, die von der Internationalen Moderne und vom Bauhaus geprägt sind. 1938 45 Der Koblenzer Hauptbahnhof. 75
11 befand sich in dem Gebäude die Gauleitung der NSDAP für den I * „Gau Koblenz-Trier“ (ab 1941: „Gau Moselland“), liier residier- I te Gauleiter Gustav Simon (1890 1945), ab 1940 als „Chef der Zivilverwaltung“ auch für die „Eindeutschung“ von Luxemburg I zuständig. Als „Reichsverteidigungskommissar“ (ab 1942) spiel- te er auch eine Rolle im „totalen Krieg“ gegen die Alliierten. Mit der zweiten Querstraße, der Rizzastraße, biegen wir links ab zur Löhrstraße. An der Ecke Bahnhofstraße/Rizzastraße steht ein von Bau- haus und Neuer Sachlichkeit geprägter Bau von 1936 mit ei- ner turmartigen Ecke. Die Baulücke daneben gibt den Blick auf ein Werbebild für ein Waschmittel aus der Zeit um 1930 frei. An der Löhrstraße erinnert ein Wege- oder Friedhofskreuz aus Sandstein von 1669 an die Pest-Toten in Koblenz in den Iahten 1667/68. Die hintere der beiden Eisenbahnbrücken, die wir nun unter- queren, entstand 1912 und trägt ein Jugendstilgeländer. Hinter der Überführung der B 9 liegt das 1897 erbaute neogotische Brüderkrankenhaus St. Josef der Barmherzigen Brüder von Bauinschrift über dem Tor zum Fort Großfürst Constantin. 76
Der heilige Beatus und die Greifen - Am Rand der Karthause Maria-Hilf. Wir gehen bis zu dessen Umfriedung und dann links am Parkhaus entlang, queren die Beatusstraße und die folgen- den Fahrbahnen. Nun gehen wir hinter der Unterführung am Kehlturm von Fort Großfürst Constantin vorbei rechts an der Simmerner Straße auf dem erhöhten Fußweg hinauf. Weiter oben, bei zwei 1912-14 erbauten Familienhäusern der Kasernen auf der Karthause, biegen wir hinter dem Fußgänger- steg links ab, kommen auf dessen Höhe und halten uns rechts. Wir passieren das Exerzierhaus der Erbgroßherzog-FTiedrich- Kaseme, die 1900-1902 für das III. Bataillon/6. Rheinisches Infanterie-Regiment Nr. 68 erbaut wurde und 1982/2000 dem Wohngebiet wich. Nun kommen wir zum Fort Constantin Seit dem 8./9. Jahrhundert bestand am Ort des Forts ein dem heiligen Beatus geweihtes Benediktinerkloster. Erzbischof Bal- duin siedelte 1331 an dem einsamen Ort vor der Stadt Kartäuser an. An der Stelle des Klosters baute Preußen 1822-27 das Fort. Fs deckte mit dem Kehhurm unten und dem Kasemattenkorps hier oben das Vorfeld der Stadt und den Aufgang zur Feste Kai ser Alexander. Der Teil links des Tors wurde 1944 zum Bunker für Luftschutzieitung und Polizei ausgebaul. Einschüsse von Panzern und Maschinengewehren erinnern daran, dass hier ei nige deutsche Soldaten vom 17. bis 19. März 1945 Widerstand gegen die 87. U.S.-lnfanterie-Division leisteten, die Koblenz, das Kriegsende brachte. Wieder auf dem Parkplatz, halten wir uns links bis zur Sim merner Straße Diese queren wir weiter oben bei der Ampel- anlage. Die heute als Wohnblock und Justizvollzugsanstalt (seit 1946) genutzten Gebäude an der Straße gehören zur 1909-12 erbauten Spitzberg-Kaserne des II. Bataillons/6. Rhein. Infan- terie-Regiment Nr. 68. An der Gabelung oberhalb der lustizvoll- zugsanstalt biegen wir links in die Straße ,Am Löwentor“, die uns zu diesem Tor hinaufbringt. 77
Löwen tor der Feste Kaiser Alexander. ODas Löwentor, das eigentlich zwei Greifen, Symbole der Wachsamkeit und Stärke, zieren, war das Haupltor der Feste Kaiser Alex- ander. Die Greifen wurden in der Ei- senhütte in Bendorf-Sayn gegossen. Das 1817 22 errichtete preußische Festungswerk sicherte Koblenz Rich- tung Rhein, Mosel und Hunsrück. Neben dem Tor ist rechts ein Teil des Kernwerks der Feste er- halten. Die Wallanlagen zeichnen sich im Straßenverlauf ab. Wir gehen links am Tor vorbei und gleich rechts in den „Fin- kenherd“. Die kath. Pfarrkirc he St. Beatus entstand bis 1948 aus einem Pferdestall der Kasernen in der Feste, und der ab 1949 von der Bauschule Koblenz (heute: Hochschule Koblenz) genutzte Bau rechts am Ende der Straße war ab 1909 Kaserne für die Maschinengewehr-Abteilung des Infanterie-Regiments Nr. 68, dessen 1. Bataillon in der Feste lag. Rechts geht es „Im Falkenhorst“ weiter und gleich wieder links in den „Drossel- gang“ bis zur querverlaufenden „Zeppelinstraße“; nun kurz nach links und dann rechts in den Pfad zwischen Gärten. Wir durchschreiten den Bereich des südlichen Grabens der Fes- te Alexander und verlassen ihr Gelände in der Zeisigstraße Nun wenden wir uns nach rechts, queren die nächste Straße, gehen quer über den Spielplatz und dann halblinks über den Fußgängersteg über den Berliner Ring zum Bundesarchiv. Seit 1952 ist Koblenz wegen der Nähe zur damaligen Bundes- hauptstadt Bonn die Zentrale des Bundesarchivs. Den jetzigen Bau auf der Karthause weihte Bundeskanzler Helmut Kohl 1986 ein. Das Archiv sichert in Koblenz die staatlichen Dokumente der westlichen Besatzungszonen (1945-49) und der Bundesre publik Deutschland seit 1949. 78
Der heilige Beatus und die Greifen - Am Rand der Karthause RundesarcJiiv Koblenz. Unser Weg führt in das 1984 fertiggestellte Einkaufszentrum Potsdamer Straße Das Wohngebiet auf der Karthause ent- stand ab 1929. Hier auf der Höhe entwickelte es sich aber weit- gehend erst ab 1965, nachdem das seit dem frühen 20. Jahrhun- dert bestehende, bis nach dem Zweiten Weltkrieg vorwiegend militärisch genutzte Flugfeld geschlossen worden war. Beim Dreifaltigkeitshaus und dem Studentenwohnheim biegen wir links ab und queren bei der Feuerwache die Sim merner Straße, dahinter rechts zur Rüsternallee; hier links. Wir blicken auf den Campus der Hochschule Koblenz, dessen Bauten 1998 und 2009 eröffnet wurden. Sie bietet technische sowie wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Studiengänge an. Das Gebiet links von uns, die „Pionierhöhe“, diente bis 1918 als Pionierübungsplatz. Die Rüsternallee wird zur Karl-Härle-Straße In ihr biegen wir hinter dem Bolzplatz rechts in den Fußweg ein, mit dem wir nun einen Teil der Ost Karthause umrunden. Uns begleiten bald Reste der früher bedeutenden Weinlage „Affenberg“ und ein Blick ins Rheintal mit dem Stadion Oberwerth. 79
11 Das ehern. TotoLotto Haus am Bahnhofplatz. BEin Gedenk- stein unweit des Fußwegs erin- nert an Karl Härle (1872-1962). Mit seiner Familie erwarb er 1912 den Karthäu- serhof, den ehemaligen Gutshof des Kartäuserklosters St. Bea- tus. .Mit Schweine- und Rinderzucht, Milchbetrieb, sowie Obst- und Gemüseanbau war der Karthäuserhof einer der wichtigsten Versorger am Mittelrhein, auch in den Weltkriegen. Die Stadt Koblenz wandelte das Gelände ab 1962 in ein Wohngebiet um. Der Fußweg bringt uns schließlich zur von alten Bäumen um- standenen „Goethe-Bank“ mit dem „Goethe Blick“. HAm 27. luli 1815 unternahm Johann Wolfgang von Goethe mit dem Freiherrn Karl vom Stein einen Ausflug auf die Karthause. Der Koblenzer Publizist Joseph Görres hatte sie zusammen mit Koblenzer Persönlichkeiten zu einem Frühstück hier oben ein- geladen. Das Treffen muss nicht genau hier am „Goethe-Blick“ gewesen sein, aber er hält die Erinnerung daran wach. Nur kurz folgen wir weiter dem hier .Philosophenweg“ ge- nannten Fußweg; schon geht es an der Gabelung rechts hin- ab und an der Gabelung weiter unten links. Im Osthang der Karthause bringt uns der Fußweg zum Hasenpfad, einem lan- gen Treppenabstieg. Unten angekommen, nehmen wir die R<F nierstraße nach links und folgen deren Verlängerung, einem Fußweg unter der hier auf Pfeilern verlaufenden Bundesstra- ße 9, zum hinteren Eingang des Hauptbahnhofs. Hier geht es die Treppenrampe hinab und durch den Tunnel zum Bahnhof platz. 80


Tour 12 Koblenz im Mittelalter Wer genau hinsieht und auch die kleinen Gassen nicht scheut, bekommt mit dieser Altstadt-Tour eine Ahnung vom Glanz der Stadt Koblenz zur Zeit der Staufer und auch danach. Start u. Ziel: Bus/Bahn: Forum Confluentes am Zen- Gute Anbindung zum Schienenhaltepunkt tralplatz Mitte sowie Zentralplatz und Löhr-Center Wegbeschaffenheit: Asphalt- und Pflasterwege, einige Treppenstufen Bogen der mittelalterlichen Stadtmauer an der Schanzen Pforte. Wegbeschreibung In der Tourist-Information im Forum Con- fluentes veranschaulicht eine Medienstation Stadtentwicklung und -geschichte. Auf dem Platz zwischen dem Forum Confluentes und dem Forum Mittelrhein stand bis 1965 ein Stück der Stadtmauer des 13. lahrhunderts, die Wasserturmsmauer, benannt nach einem Hochbehälter der Wasserleitung von 1786. Wir umrunden das Forum Confluentes vom Zentralplatz aus nach links, gehen über die Kreuzung geradeaus in die Casinostraße und dann rechts die Schanzenpforte hinauf. H~H| Entlang der Schanzenpforte stehen schmale Mauerhäuser an der Stadt- mauer. Eines dieser Häuser gab bei seinem 82
Koblenz im Mittelalter Abriss den Blick auf ein Stück Stadtmauer frei, die sich ansons- ten mitsamt zwei Schalentürmen in der Bebauung verbirgt. Wir sehen einen Bogen mit Wehrgang darauf. Alle 55-80 Meter ver stärkte ein Turm die Mauer. Am Ende der Straße wenden wir uns nach links zum Görrcs Platz, in dessen Mitte die 1992 von Jürgen Weber gestaltete His- toriensäule seit 1992 Ereignisse und Epochen der Stadtgeschichte spiegelt. Erst im 13. Jahrhundert kam dieses Gebiet in den Schutz der Stadtmauer. Noch bis ins 16/17. Jahrhundert befanden sich hier Weingärten. Vom Platz folgen wir nach rechts der Rhein strafte bis zum Rhein und biegen dann links ab. Uns beobachtet die Feste Ehrenbreitstein, an deren Stelle der Trierer Erzbischof schon vor 1139 eine Burg besaß, die seine Macht festigte, aber auch als Quartier des landesherm und als Kanzlei diente. Hinter der Seilbahn-Talstation erreichen wir links das histo- rische Deutsche Eck. Teile der preußischen Bastion mit den 83
12 Hochwassermarken und der anschließenden Wehrmauer des 19. Jahrhunderts stammen von der Stadtmauer des 13. lahrhun- derts. Ein Turm besetzte hier den Zusammenfluss von Rhein und Mosel, der erst im 19. lahrhundert weiter nach Norden ver- legt wurde. Durch das Tor queren wir das Gelände der ehema- ligen Niederlassung des Deutschen Ordens (s. Tour I). Die Basilika St. Kastor (s. Touren 1 und 3) erreichen wir an ihrem Chor. Rechts herum können wir sie durch einen Nebeneingang betreten. Basilika St. Kastor. BDie Basilika St. Kastor ent- stand bis 836 außerhalb von Koblenz. Kaiser Ludwig der From me erkannte diese bischöfliche Gründung vor seiner Stadt an, in- dem er bei der Weihe zugegen war. Seine Nachkommen trafen sich 842 und 860 hier, um über die Teilung des Frankenreiches zu verhandeln, landen hier aber keine Einigung. Diese Treffen gehören zu einem Prozess, der 843 in Verdun zur Teilung in drei Reiche und 880 in Ribemont zur Teilung in ein West und ein Ostreich führte, aus denen Frankreich und Deutschland entstanden. Die Kirche wurde 882 beim Normanneneinfall beschädigt und ebenso, als König Otto IV. 1199 die Stadt verw üstete, die auf der Seite seines Gegners Philipp von Schwaben stand. Südlich der Kirche stand der Kreuzgang. Um den Chor herum lag bis 1777 der Plärrkirchhof der Unterstadt. Bedeutendere Personen und die Stiftsherren ließen sich in der Kirche bestat- ten. Während die Geistlichen ihre Gottesdienste im Chor feier- ten, feierte die Pfarrgemeinde ihre Messen vor einem eigenen Altar am Lettner. 84
Koblenz im Mittelalter Durch den Haupteingang der Kirche treten wir auf den Kirch- platz. Gegenüber gehen wir in der Kastorstraße zum „Deut- schen Kaiser“. Die zum Teil noch mittelalterlichen, im 16/17. Jahrhundert um Neubauten ergänzten Häuser der Kastorgas.se und ihrer Neben- gassen dicht an der Stadtmauer wurden nach 1945 durch Neu- bauten ersetzt. Cher Jahrhunderte war dieses Viertel ein Quar- tier der Armen, auch der Tagelöhner und Schiffer. Die Straße litt stark unter Hochwasser. An der Stelle des Altenheims befand sich ab etwa 1236 ein Franziskanerkloster, das 1804 1923 als städtisches Hospital diente. Das turmartige Haus „Deutscher Kaiser“ birgt Substanz des 15. lahrhunderts. Ein Koblenzer Schöffe und erzbischöflicher Münzmeister ließ das Haus unter Verwendung älterer Teile neu errichten. Es stand nahe der Kornpforte der Stadtbefestigung, die 1287 als eines von 16 Stadttoren errichtet wurde. Dahinter fand schon im 13. lahrhundert im Gebiet des Stadtgrabens der Getreidemarkt statt. Dieser Graben, den Kornpfortstraße und Entenpfuhl nachzeichnen, hat römische Ursprünge und schütz- te noch um 1200 die hochmittelalterliche Stadt. Wir nehmen auf der anderen Seite der Kornpfortstraße die Gasse „Unterm Stern“ und kommen beim Schöffenhaus und dem Alten Kaufhaus über die Treppe hinunter zur Mosel. H Das Schöffenhaus mit sei- nem gotischen Erker ent- stand 1530 als Gerichtsgebäude über der Holzpforte der Stadt- mauer. Das 1419-25 erbaute Alte Kauf- und Tanzhaus bot im Keller- geschoss Kaufleuten, die am Mo- selufer anlegten, die Möglichkeit, Waren anzubicten. Mit den hohen Die Moselfront der Koblenzer Itstadl. 85
Alte Burg. oberen Geschossen besaßen die Ko- blenzer eine Festhalle. Von 1674 bis um 1800 war es Rathaus der Stadt. Damals wurde der spätgotische Bau barock überformt. Vor der Balduinbrücke (s. Tour 10) steigen wir durch den Burggraben zur Alten Burg hinauf. Der Erzbischof von Trier baute das Burghaus der Familie von der Arken zur Stadtburg aus. Im Streit um die vom Erzbischof nicht gewollte Einführung eines Stadtrates verhin- derten die Koblenzer 1281 den Weiter- bau der Burg. Sie erschien ihnen als Zwingburg, da die stärksten Teile ins H Stadtinnere wiesen. Zweimal musste der Landesherr die Stadt erobern, um den Bau fortzusetzen Erst 1304 einigten sich Bür- ger und Erzbischof; 1307 war die Burg vollendet. Blendbögen auf der Moselseite kennzeichnen den ältesten Kern der Burg. Der Erzbischof baute die Burg weiter aus; so vergrößerte Bal- duin (1307-54) die Moselseite. Otto von Ziegenhain (1418-30) setzte eine gotische Kapelle auf den östlichen Turm. Die jetzi Altes Kauf und Tanzhaus und Schöffenhaus am f'lorinsmarkl. ge Gestalt mit Elementen von Renais- sance und Barock schufen Johann von der Leyen(1556-67)und Johann Hugo von Orsbeck (1676-1711). Bei Bau- arbeiten konnten am Nordrand des Münzplatzes Reste des Grabens und eines Turms der Burg nachgewiesen werden. Das Grabenstück neben dem Burghaus gibt eine Ahnung von Stärke und Größe der Burg. 86
Koblenz im Mittelalter Der Burgstraße folgen wir nach links zur Florinskirche (s. Tour 3). Das Stift St. Florin war ab denn 10. Jahrhundert ein geistliches Zentrum im Königshof Koblenz. Im Gegensatz zu St. Kastor gab es hier aber keine Pfarrgemeinde. Der Zisterzienser Bernhard von Clairvaux predigte 1147 in St. Florin für den 2. Kreuzzug. Er war offenbar Gast der Familie von Helfenstein Ihr hinterließ er später seine Mütze, den Pileolus, der sich heute in St. Georg auf der Rheininsel Niederwerth befindet. 1338 richtete Erzbischof Balduin im Stift St. Florin den Fürsten tag und Reichstag aus. Balduin gab ein Essen im Stift; Kaiser Ludwig der Bayer hielt in St. Kastor Gericht. König Edward III. von England warb hier beim Kaiser, den Erzbischöfen von Trier und Mainz, sowie weiteren Bischöfen und Fürsten um Unter- stützung für seinen Krieg gegen Frankreich. Balduin gab ihm Truppen und Geld und erhielt die Königskrone als Pfand. Nun queren wir die Straße schräg nach links und stehen vor dem Pfarrhof Liebfrauen Um 1200 baute ihn der Bischof un- ter Verwendung zweier römischer Türme aus. Um 1300 befand sich hier die erzbischöfliche Kellerei, die Finanzverwaltung. Der riesige Keller fasste 1307 gut 100000 Liter Wein. Wir gehen die Florinspfaffetigasse hinauf und rechts durch den Durchgang beim „Steinenhof“. HDer „Steinenhof (Florins- paffengasse 9) ist im Kern das älteste Haus der Stadt. Die Ecke zum Pfarrhof hin ist ein un terkellerter Wohnturm des späten 12. Jahrhunderts. Im 13. Jahrhun- dert wurde er saalartig erweitert. Hieran erinnern die vermauerten Spitzbögen im Durchgang Pfarrhaus Liebfrauen. 87
12 Im Brunnenhof erinnert ein monumentales Gemälde an die Verhandlungen zur Reichsteilung in St. Kastor. Zwei freigelegte Brunnen zeugen von der früheren Trinkwasserversorgung der Stadt. Ihre Wasserqualität war oft mäßig, da Abort- und Müll- gruben das Grundwasser verunreinigten. Durch den Torbogen bei dem zweiten Brunnen gelangen wir in die Mehlgasse, in der im Mittelalter die Bäcker tätig waren. An der Ecke Mehl- gasse/An der Liebfrauenkirche erinnert links eine Tafel an die Grenzauer Fehde. Die Türme der Liebfmuenkirche. H 800 Koblenzer zogen am 20. April 1347 aus, um für Erzbischof Balduin die Burg Grenzau im Westerwald zurückzuerobern. Dessen Gegner Reinhard von Westerburg, Führer der Adelsopposition im Westerwald, tötete in einem Hinterhalt 172 Koblenzer. Von 1348 bis 1794 war der Grenzauer Stein an dieser Hausecke der Ausgangspunkt Für ein Gedenken an die Toten der Grenzauer Fehde und eine Prozession der Koblenzer zu sieben Kirchen der Altstadt am Freitag nach Ostern. Mit der Liebfrauenkirche (s. Tour 3) errei- chen wir die alte Haupt- und Mutterkirche der Stadt, deren Ausbau und Ausstattung die Bürger bezahlten. Ihr Kern, um 1180-1205 er- baut, spiegelt die Blüte der Stadt zur Zeit der Stauferkaiser. Um die Kirche lag bis 1777 der Pfarrkirchhof, an den die Michaelskapelle er- innert, die seit dem 14. lahrhundert auch als Beinhaus diente. Wir gehen an der Nordseite der Kirche ent- lang, die Braugasse hinunter. Etwa an der Stelle des Gasthau- ses „Altes Brauhaus“ stand neben dem städtischen Brauhaus 1356 bis 1674 das Rathaus der Stadt, also dicht neben der Stadt- pfarrkirche. Wir kommen in den Entenpfuhl und wenden uns nach rechts auf den Plan 88
Koblenz im Mittelalter Der Plan entstand zwischen der römischen Stadtmauer auf der Seite der Liebfrauenkirche im Norden und dem Stadtgraben H an seiner Südseite. 1339 hieß der Platz „forum carnium", wohl wegen der Fleischer, die bis 1771 an seiner Ostseite schlachte- ten und verkauften. 1468 taucht der Name „uff dem Plane“ auf. Schon im 14. Jahrhundert stand ein öffentlicher Brunnen auf dem Platz. Die nun folgende Kreuzung an den Vier Türmen entstand im 13. lahrhundert, als der Stadtgraben verfällt wurde. Wir folgen der seit der Römerzeit wichtigen Straßenachse der Löhrstraße nach links, queren die Pfuhlgasse und gehen am Altlöhrtor vorbei. Gleich hinter dem Schuhladen links betreten wir das Kleinschmittsgässchen Es führt an Mauerhäuschen entlang, und am Ende der Gas- se treffen wir auf einen Turm der mittelalter- lichen Stadtmauer. Wir sind nun also am Süd rand des mittelalterli- chen Koblenz unterwegs. Vorbei an Fundamenten des Altlöhrtors kom- men wir etwas links ver- setzt durch die gleichna- mige Straße wieder zum Zentralplatz zurück. Der spätgotische. Chor der Liebfmuenküvhe. 89
n @ Anfänge von Rheinland-Pfalz in Koblenz Koblenz war von 1947-1951 die Hauptstadt von Rheinland-Pfalz. Einige Bauten sind eng mit der Entstehung des Bundeslandes verbunden. Start u. Ziel: Bus/Bahn: Forum Confluentes am Zentralplatz Gute Anbindung zum Schienenhalte - punkt Mitte sowie Zentralplatz und Löhr-Center Wegbeschaffenheit: Asphaltierte und gepflasterte Fußwege Wegbeschreibung Die Medienstation in der Tourist-Information im Forum Con- fluentes am Zentralplatz bietet Bilder zur Stadtgeschichte, auch von der zu 87% zerstörten Innenstadt, in der der Aufbau des Bundeslandes Rheinland-Pfalz begann. Wir nehmen den Aus- gang Richtung Altstadt, queren die Clemensstraße und biegen in die Casino- und Gymnasialstraße Richtung Rathaus ein. Das Koblenzer Rathaus am lesuitenplatz. Über den Bögen zum Jesuitenplatz, in der ehemaligen Aula des Jesui- tenkollegs, tagt heute der Stadtrat. 1947 fanden hier die ersten Sitzun- gen des Landtags von Rheinland- Pfalz statt. Werktags können wir beim Schängel-Brunnen oder vom Jesuitenplatz aus ins Treppenhaus und damit vor den Historischen Rathaussaal gelangen. 90
Anfänge von Rheinland-Pfalz in Koblenz Am 18. Mai 1947 stimmte die Bevölkerung von Rheinland-Pfalz über die Landesverfassung ab, die die Beratende Landes Ver- sammlung in Koblenz erarbeitet hatte, und wählte den ersten Landtag. Am 4. luni 1947 wurde der Landtag hier im Rathaus eröffnet. Am 9. Juli wählte das Parlament den Koblenzer Peter Altmeier zum Nachfolger des ersten Ministerpräsidenten L)r. Wilhelm Boden (1890-1961). Bis zum 19. Juni 1948 tagte der Landtag im RathaussaaL Wir gehen über den Jesuiten- platz, biegen rechts in die Fir mungstraße und gleich links in die Eltzerhofstraße. Zwei Tore führen rechts in den Hof des Gönes Hauses, in dem der Landtag vom 13. Oktober 1948 an seine Sitzungen abhielt. Görres-Haus. 91
Nachdem der zu 30 % zerstörte Görresbau wiederhergestellt war, fanden hier bis zum Umzug von Landtag und Landesregierung nach Mainz die Landtagssitzungen statt, die letzte am 30. März 1951. In den 96 Landtagssitzungen in Koblenz wurden 257 Ge- setze beschlossen. Am 16. Mai 1950 beschloss der Landtag den Umzug nach Mainz; ein Dekret der französischen Besatzungs- macht hatte Mainz schon 1946 zur Landeshauptstadt erklärt, aber dort fehlten zunächst große Gebäude und Wohnungen. In Mainz tagt das Parlament seit dem 18. Mai 1951, doch erst am 30. Mai 1951 beendete es endgültig seine Arbeit in Koblenz. Das von Stadtbaumeister Hermann Nebel geplante Haus war 1866 als Vereinshaus des Katholischen Lesevereins eingeweiht worden. Der Verein hatte gute Lektüre und gesellige Erholung zum Ziel und wollte das katholische Leben bündeln. Er benann- te sein Haus nach einer der prägenden Personen des Koblen- zer Katholizismus, dem gebürtigen Koblenzer Joseph Görres (1776 1848). 1983 kaufte das Land Rheinland-Pfalz das Haus und machte es zum Domizil des Staatsorchesters Rheinische Das Peter Altmeier Denkmal im Hochwasser 2011.
Anfänge von Rheinland-Pfalz in Koblenz Philharmonie. Vom Hof blickt man auf den Luftschutzbunker Nagelsgasse von 1943. Wieder auf der Eltzerhofstraße, halten wir uns rechts, über- queren die Straße „Am Alten Hospital“ und gehen zum Pe ter-Altmeier-Ufer. Nun folgen wir der Mosel nach rechts zum Peter Altmeier-Denk ma I Die vier Sandsteinblöcke, die das nach dem Entwurf von Horst Schwab 1981/82 geschaffene Denkmal bilden, stehen für die vier Gebiete, aus denen das Bundesland Rheinland-Pfalz ge- formt wurde: Die ehemals preußischen Provinzen Rheinland und Hessen-Nassau, Rheinhessen und die Bayerische Pfalz. Das nach Westen geöffnete Portal steht für die Verständigung zwi- schen Deutschland und Frankreich. Peter Altmeier, am 12. August 1899 in Saarbrücken geboren und seit Kindertagen in Koblenz zu Hause, war Lebensmittel- Kaufmann und Zentrums-Politiker. 1946 wurde er Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Beratenden Landesversammlung, und am 9. Juli 1947 wählte ihn der rheinland-pfälzische Landtag zum zweiten Ministerpräsidenten. Er bekleidete das Amt bis zum 19. Mai 1969 und trug so wesentlich zum Aufbau des Lan des bei. Er starb am 28. August 1977 in Koblenz. Moselabwärts gehen wir bis zum Parkplatz und halten uns dahinter rechts zur Kastorkirche In der Kastorkirche, deren Kriegsschäden 1945-61 beseitigt wurden, sicherte man 1954 die Gewölbe. Um diese Zeit zu dokumentieren, brachte man im östlichen Gewölbe des Mittelschiffs auch das Wappen von Rheinland-Pfalz an. Mit einem Gottesdienst in St. Kastor begann 1947 die Eröffnung des Landtags. Vom Vorplatz der Kirche aus folgen wir nach links der Kastor- pfaffenstraße und der Karmeliterstraße zum Reichensper ger-Platz. Vor uns steht das schlossartige ehemalige Oberpräsi- dium der preußischen Rheinprovinz. Das Gebäude war 1947-51 93
13 Das ehern. Oberpräsidium der preußischen Hheinprovinz. Sitz des Ministerpräsidenten und nahm Staatskanzlei sowie Innen- und Justizministerium auf. Wir wenden uns rechts zum Stadttheater. Hier tagte ab dem 22. November 1946 die Beratende l^ndesversammlung sieben Mal. Ihre achte und letzte Sitzung vom 23. bis 25. April 1947, in der sie die Landesverfassung verabschiedete, fand aber im Ho tel Rittersturz bei Koblenz statt (s. Tour 20). Rechts am Theater bzw. „Trierer Hof entlang, kommen wir durch die Clemens- straße zum Zentralplatz zurück. Um den Bedeutungsverlust von Koblenz gegenüber Mainz im fahr 1951 auszugleichen, behielt Koblenz zentrale Einrichtun- gen. So wurde es auch zu einem Zentrum der Landesjustiz mit dem Verfassungsgericht, dem Oberverwaltungsgericht und ei- nem Oberlandesgericht. 94
Park der Lebenden und der Toten - Der Koblenzer Hauptfriedhof Seit 1820 besteht der Hauptfriedhof, ein Park, der die Stadtgeschichte ebenso wi- derspiegelt wie den Umgang mit dem Totengedenken. Dieser Spaziergang vermittelt einen Überblick über den Friedhof und führt zu den Gräbern bedeutender Persön- lichkeiten. Start u. Ziel: Bus/Bahn: Beatusstraße, Verwaltungsgebäude Gute Anbindung über den Hauptbahn- am Hauptfriedhof hof und Zentralen Omnibusbahnhof. von dort durch den Hauptbahnhof in die Beatusstraße Wegbeschaffenheit: Wechsel von festen und eher erdigen Wegen, einige Steigungen und Gefälle Wegbeschreibung Wir starten am östlichen Friedhofseingang an der Beatusstra ße. Hier stehen wir am historischen Anfang des 1820 geweihten Friedhofs, neben den Feldern I und 4. Heute dehnt er sich mit einer Fläche von ca. 35 Hektar weit entlang der Beatusstraße und den Hang der Karthause hinauf aus. Wir betreten die gut 150 lahre alte Platanenallee und werfen ei- nen Blick auf zwei klassisch-antik beeinflusste Grabmäler. Das erste erinnert an den königlichen Hofsteinmetzmeister Hein- rich Pabst (1849-1918), der viele der historischen Grabmäler dieses Friedhofs gefertigt hat. Im Relief sehen wir die Lebens- alter des Steinmetzen: Das Kind, den jungen Mann, die Heirat, die Arbeit des Bildhauers und den Greis. Etwa aus derselben 95
14 a 1 «ME Grabkreuz für Anna Maria Billigs. Zeit um 1919 stammt das Marmorgrabmal der Familie Dornbach mit bekrönenden Akroterien. Hans Dornbach (1885-1952) gehört zu den bedeutendsten Koblenzer Malern des 20. lahrhunderts. Er stand in Verbindung mit Vertretern des Impressi- onismus und der Moderne sowie den rhei nischen Expressionisten. So begegnete er in Weimar Henry van de Velde, während der Pariser Studienzeit Matisse, Rodin, Ril- ke und Maillol und in Berlin Lovis Corinth und Renee Sintenis. In Koblenz gründete er 1946 mit Kollegen die „Arbeitsgemeinschaft bildender Künstler am Mittelrhein“ (AKM). 96
Park der Lebenden und der Toten - Der Koblenzer Hauptfriedhof Wir gehen zum Eingang zurück, dann ein Stück nach rechts. Rechts des Weges sind Grabkreuze aus Basalt versammelt, die auf den Koblenzer Pfarrkirchhöfen oder ab 1777 auf dem ersten zentralen Friedhof am Löhrtor standen. Ein Kreuz von 1794 mit dem Bäckersymbol, den Ijöwen mit der Bre- zel, erinnert an Anna Maria Billigs, Vertreterin des rheinischen Hand- werks, wie Schösschen und Spitzweck zeigen. Nun gehen wir ein Stück zurück und biegen links in Feld 2 ein. Das wei- ße Marmormonument mit den Stufen und dem trauernden Engel von 1915 ist ein besonders repräsentatives Grabmal, zudem vorn lugendstil beein- flusst. Hauptmann Ernst Vahlbruch (1865-1911) hielt 1910/11 als Artil- lerie-Offizier vom Platz in Koblenz für den Kriegsfall die Einsatzpläne Grabmal Vahlbruch. der Festungsartillerie aktuell. Das klassizistische Grabmal aus Lahnmarmor für Major Solemacher (1764-1842) links zeigt die umgedrehte Fackel als antikes Todessymbol. Wir folgen dem Weg parallel zur Platanenallee. Rechts liegen die Gräber des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Pe- ter Altmeier (1899-1977, im Amt 1947 69, s. Tour 13) und des 1965 unter Bundeskanzler Ludwig Erhard amtierenden Bundes- justizministers Karl Weber (1898-1985). Nun geht es auf die Allee zurück. Hier ragt links das schlanke, mit drei Kreuzen und dem segnenden Jesus verzierte Grabmal von Theophil Gassen (1805-78) auf, eines Malers aus dem Kreis der Nazarener. 97
Hochkreuz und Friedhofshalle I. Grabmal für Max und Henriette Elisabeth wn Schenkendorf. Über die nächste Kreuzung hinweg folgen wir der Allee. Vor der nächsten Kreuzung steht links ein schlanker Stein für den Dich- ter Max von Schenkendorf (1783-1817, s. Tour 16) und seine Frau. Schräg gegenüber das Grab von Josef Cornelius (1849-1943), des Dichters des Koblenzer Schängel-Liedes (s. Tour 15). Im Hintergrund gestaltete Jan Vissers in den 5()er-lahren für die Familie Brands die Stele mit dem Mosaik des Phönix, der sich selbst verbrannt hat und aus seiner eigenen Asche wieder auferstcht. Wirerreichen nun das Hochkreuz, um 1822 errichtet und 2011 erneuert, sowie die Fried hofshalle I, die Johann Claudius von Las- saulx 1821/22 in Anlehnung an die Matthias- Kapelle in Kobern/Moscl geplant hat. Die heute komplett als Kapelle einge- richtete Halle diente im 19. Jahrhun- dert auch zur Aufbahrung von Leichen. Dies entlastete enge Haushalte, in denen eine drei- tägige Aufbahrung nicht zu leisten war. Die Aufbahrungsfrist und die Beobachtung durch den Leichenwärter sollten ausschließen, dass jemand scheintot war. Bei Verdacht auf Scheintod konnte man die Arme und Beine der Toten mit Glöckchen verbinden, damit sie beim Aufwachen Alarm gaben. Für diesen Fall standen dem Arzt eine Badewanne und andere Hilfsmittel zur Verfügung. Rechts vor der Halle steht das vom Löhrtor-Friedhof hierher übertragene rote Sandsteinmonument für die 22-jährige Ger- 98
Park der Lebenden und der Toten - Der Koblenzer Hauptfriedhof Statue wn einem Kindergrab, unweit des Veteranen-Üenkmals. trude Hubertina Drimborn, die 1812 bei der Geburt ihres zweiten Kindes starb. Ein Knabe beweint die Urne auf dem Grabmal. Weiter die Allee entlang, treffen wir auf das 1843 errichtete Denkmal für verstorbene deutsche Veteranen der Ar- mee Napoleons. Den Gusseisenschmuck lieferte die Eisenhütte in Bendorf-Sayn. Links vor dem Denkmal gehen wir in Fehl 6. nehmen den unteren Weg bis zur Treppe, an der eine um 1900 geschaffene Trauernde aus der Werkstatt Canessa in Genua steht. Der Kissenstein davor erin nert an Philipp Wirtgen (1806-70), der die Pflanzenwelt im Rheinland erforschte. Wir steigen die Treppe hinauf. An Carl Albrecht (1747-1833), bis 1802 Celle- rar der Abtei Maria Laach, dann bis 1833 Pfarrer an der Koblenzer Liebfrauenkir- che, erinnert ein neogotisches Taberna- kel-Grabmal aus Gusseisen. Es ist eines der bedeutendsten Werke der Sayner Ei- senhütte. Weiter im Feld, rechts, ist der Verleger und Autor von Reiseführern Carl Baedeker (1801-59) begraben. Am Ende des Feldes liegen die bogenförmige Grab- stätte der Architektenfamilie Nebel und das Gräberfeld der Borromäerinnen. Ferdinand Nebel (1783-1860), Baubeamter im Stadt- und Land- kreis Koblenz, plante Kirchen in Dieblich und Kaifenheim. Der Koblenzer Stadtbau- Grabmal für Pfarrer Carl Albrecht. AS/-. 99
14 meister Hermann Nebel (1816 93) plante das Koblenzer Görres- Haus (s. Tour 13) und den Ausbau von Schloss Medardus in Bendorf und von Schloss Sayn. Otto Nebels (1855-1927) Häuser prägen die Südliche Vorstadt von Koblenz mit. Die Barmher- zigen Schwestern vom heiligen Karl Borromäus übernahmen 1826 die Krankenpflege im Koblenzer Bürgerhospital und waren 1923-76 Pflegerinnen im städtischen Krankenhaus Kemperhof. Oberhalb der Treppe queren wir den Weg, nehmen die ersten Stufen und biegen links in Feld 18. Der erste Stein rechts (Al- denhoven, um 1900) zeigt einen Schmetterling und eine sich in den Schwanz beißende Schlange als Symbole des Neuwerdens und der Unendlichkeit. Links findet sich ein kryptischer Verweis auf markige Worte aus Goethes »Götz von Berlichingen'' (»Er aber, sag’s ihm, er kann mich ...“). Etwas weiter links erinnert eine Tafel an den Flugzeugkonstrukteur Carl Clemens Bücker (1895-1976) aus Ehrenbreitstein, der unter anderem 1934/35 die Schulflugzeuge »lungmann“ und Jungmeister“ entwickelte. Wieder auf dem geteerten Weg, geht es links hinauf zu einer Fläche mit Generalsgräbern in Feld 17. Den Schmuck mit den antikischen abgelegten Waffen für die Generäle von Thielmann und von Griesheim lieferte die Sayner Hütte. Die Grüber der Generäle von Griesheim und Frelherr von Thielmann. General Eduard Wilhelm Ludwig von Bonin (1793-1865) war 1852 und 1858/59 nreußischer Kriegsminister und wirkte an der Heeresreform mit; 1860-64 kom- mandierte er das VIII. Armeekorps in Koblenz. General von Hirschfeld (1790-1859) führte 1848-51 Trup- pen gegen Pfälzer und Badener Re- volutionäre und kommandierte ab 1851 das VIII. Armeekorps. General lohann Adolf Freiherr von Thiel- mann (1765-1824) trug 1815 zum Sieg der Alliierten gegen Napoleon 100
Park der Lebenden und der Toten - Der Koblenzer Hauptfriedbof bei Waterloo bei und kommandierte 1820-24 das VIII. Armee- korps. Gustav von Griesheim (1798-1854) links neben ihm ar- beitete im Kriegsministerium, war Dozent und Militär-Publizist und kommandierte 1850-54 die Festung Koblenz und Ehren- breitstein. General .August von Goeben (1811-80) befehligte das VIII. Armeekorps ab 1870, auch im Deutsch-Französischen Krieg (1870/71). Wir gehen weiter aufwärts und nehmen den zweiten Weg links ins Feld 16. An dessen Ende stehen rechts drei gusseiserne Ste- len der Familie Wegeier aus der Sayner Hütte. Der Arzt Franz Gerhard Wegeier (1765-1848) stand in französischem und preu- ßischem Staatsdienst und wirkte bei der Einführung der Pocken- schutzimpfung im Departement Rhein und Mosel mit. Wrie seine Frau Eleonore (1772-1841) war er mit dem Komponisten Ludwig van Beethoven befreundet. Auf dem Teerweg geht es weiter bergauf, bis zum lichten Feld 15 Im vierten Weg links liegt das Grab von Dr. Fritz Michel (1877-1966), der das Kranken- haus ev. Stift St. Martin leitete und wichtige Beiträge zu Ge- schichte und Baudenkmälern von Koblenz leistete. Dahinter se- hen wir das um 1965 von dem Mayener Bildhauer Udo Weingart geschaffene Grabmal der Familie Saurborn. Es zeigt mit dem Weltenrichter Christus und den Evangelisten Symbolen das Jüngste Gericht und die Hoffnung auf das ewige Leben. Am Rand des Feldes, im Hang, liegt die Grabstätte der Barmher- zigen Brüder von Maria Hilf, die Peter Friedhöfen ab 1851 als Krankenpflege-Orden in Koblenz aufbaute (s. Touren 10 u. 15). Weiter am Hang entlang treffen wir auf die um 1910 errichte- te Gruft der Spediteurs-Familie Spaeter mit einer griechischen 101
14 Tempelfront. Vorbei am neogotischen Denkmal für Oberbürger- meister Carl Heinrich Lottner (im Amt 1867-88) folgen wir dem Hauptweg. Kurz hinter dem Zugang zu Feld 14 mit seinem sternförmigen Brunnen biegen wir links ab. Grab wn Max und Lotte Weidtman. Durch ein Tor betreten wir den Ehrenfried- hof für die Gefallenen des Zweiten Welt- krieges. Hier ruhen gefallene Soldaten und zivile Opfer der Luftangriffe auf Koblenz. An der Treppe liegt weiter oben links das Grab des Ehepaars Max (1858-1921) und Lotte Weidtman (1879-1920). Die monumenta- le Figur der Trauernden ist ein Zeugnis der großen Liebe Weidtmans, der bei der Dia- mantengewinnung in Namibia zu Reichtum gekommen war und eine Villa in Metternich bewohnte, zu seiner Frau. Im Ehrenfriedhof steht die Batterie Hübeling, ein 1828-30 erbautes Außenwerk der Feste Kaiser Alexan- der. In ihrem Inneren sind die Namen aller im Zweiten Welt- krieg getöteten Koblenzer verzeichnet. Dem Hauptweg oberhalb des Ehrenfriedhofs folgen wir nach links, aufwärts bis zur Ruhestätte für die Allerkleinsten, Kinder, die als Frühchen starben oder tot zur Welt kamen. Ab hier geht es bergab und in der Kurve links hinab. Wir blicken in den hainartigen Ehrenfriedhof für die Gefallenen des Ersten Grabstätte l'abst. Weltkriegs. An der nächsten Ga- belung steht die ummauerte Grab- anlage der .Steinmetzfamilie Pabst von etwa 1925. Die ausdrucks- starke Schmerzhafte Muttergottes nimmt die Trauer auf und verweist zugleich auf die Auferstehung der Toten mit Jesus Christus. 102
Park der Lebenden und der Toten - Der Koblenzer Hauptfriedhof Gegenüber der Ehrenhalle des Ehrenfriedhofs treten wir in Feld 20, nehmen hier den linken Weg. Ein Ehrengrabfeld erinnert hier an 14 von 24 Toten des Brücken- einsturzes am 22. Juli 1930, der die Koblenzer Rhein land-Befrei ungsfeier und die Freude über das Ende der Besatzungszeit nach dem Ersten Weltkrieg jäh beendete. Bei der weißen Statue Auf dem Ehrenfriedhof für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges. einer Trauernden gehen wir die Treppe hinauf und wenden uns dann nach links. Im Hang steht das eklektizistische weiße Grabmal der Familie Mand mit Pfeilern und Gebälk. Carl Mand (1811-1892) gründe- te 1835 eine bedeutende Koblenzer Pianofortefabrik. Der Kom- ponist Franz Liszt lobte einen Mand-FlügeL Wir gehen hier die Treppe hinauf, dann oben rechts bis zum Glockenturm. Links den Weg hinauf erinnert ein Denkmal an das nahe Grab von Peter loseph Osterhaus (1823-1917). Der Koblenzer Osterhaus komman- dierte 1848 in der Deutschen Revo- lution die Mannheimer Bürgerwehr. 1849 wanderte er in die Vereinigten Staaten von Amerika aus. Ab 1861 kämpfte er als Freiwilliger im Amerikanischen Bürger- krieg auf der Seite der Union, zuletzt als General. 1865 kommandierte er kurze Zeit das 15. Armeekorps. Nach dem Krieg war er bis 1866 Gouverneur von Mississippi, dann bis 1877 Konsul der USA in Lyon. Denkmal für Peter loseph Osterhaus. 103
Grabmal Gieck-Marcour. Die Treppen lieim Turm gehen wir hinunter; an deren Ende geradeaus in Feld 19 Etwa in der Mitte von dessen oberem Rand steht das Grabmal Gieck Marcour von etwa 1904 mit der Statue einer Trauernden neben einem zerstörten Kreuz, letzt gehen wir durch das terrassenförmige Feld 19 hinab, das in wei- ten Teilen den Charakter des Friedhofs um das Jahr 1900 widerspiegelt. Unten auf dem Hauptweg halten wir uns links, überdie nächste Kreuzung hinweg. Voraus an der Gabelung erinnert eine Säu- le an den Generalsekretär des Departements Rhein und Mosel Franz Joseph Reichensperger (1768-1815), den Vater des Politikers und Förderers des Kölner Dombauvereins August Reichensperger. Bemerkenswert ist links die Grabstätte von Bönninghausen/Bresgen mit der Statue einer Frau, die eine Flamme in den Händen birgt (1928). Wir gehen ein Stück zu- rück, biegen dann links in Feld 3 ein. Vor uns liegt das Grab von Johann Nepomuk von Schwerz (1759-1844). Der Kob- lenzer war ein Pionier der modernen Landwirtschaft und baute die landwirtschaftliche Akademie und heutige Universität in Stuttgart-Hohenheim auf. Nun gehen wir die Stufen hinab, dann links und am nächsten üuerweg wieder links; danach rechts ans Grab von Caroline Settegast (1792-1871). Die Wohltäterin gründete und betrieb mit anderen Frauen den katholischen Frauenverein St. Barbara, der Witwen, Waisen und Armen half, sowie junge Mädchen aus- bildete. Schräg gegenüber schuf der Koblenzer Bildhauer Wen- zel Jina um 1900 ein besonderes Monument für die Familien Burkhard/Grisar. Wir treten nun auf die Platanenallee und folgen ihr nach rechts zum Ausgangspunkt dieser Tour. 104
Besuchertouren
Bim Herzen der Koblenzer Altstadt Was den Reiz der Koblenzer Altstadt ausmacht und wo es sich lohnt, näher hinzu- schauen und zu verweilen - alles dies vermittelt dieser Gang durch den Kem der Altstadt. Start u. Ziel: Bus/Bahn: Forum Confluentes Gute Anbindung zum Schienenhaltepunkt am Zentralplatz Mitte sowie Zentralplatz und Löhr-Center Wegbeschaffenheit: Fußgängerzone, vereinzelte Treppen Wegbeschreibung Die Tourist-Information im Forum Confluentes, dem 2013 er öffneten Kulturbau der Stadt, bietet mit einer Multimediastation einen Einstieg in Stadtentwicklung und -geschichte. Mit dem gläsernen Aufzug im Foyer neben der Stadtbibliothek gelangt man auf das Dach des Forums, von dem der Blick über die Dä- cher von Koblenz schweift. Im Norden sehen wir die Liebfrauen- Rlick wm Forum Confluentes auf die Uebfrauenkinche kirche im Herzen der Altstadt und weiter rechts Kastorkirche und Fes- te Ehrenbreitstein. Frei schweift der Blick auch über die Südliche Vor- stadt bis zum Stadtwald mit dem Fernmeldeturm auf dem Kühkopf. Der Neuendorfer Pfarrer Joseph Gregor l^ng (1755- 1834) stiftete die Grundlagen für 106
die Stadtbibliothek und das Mittelrhein-Museum. Das Museum im Forum Confluentes hat Schwerpunkte bei den Hofmalern des Kurfürsten von Trier - darunter eine der wichtigsten Samm- lungen mit Werken von lanuarius Zick (1730-97) - und bei der Rheinromantik, bietet aber auch Einblicke in die mittelrheinische Kunstgeschichte. Im „Romanticum“ bei der Tourist Information lassen sich Rheinschifffahrt und Rheinro- mantik interaktiv erkunden. Wieder unten im Foyer, verlassen wir das Forum nach links, zur Clemensstraße, gehen nach rechts und queren die Straße an der Kreuzung nach links. Durch Casi- no- und Gymnasialstraße erreichen wir den Schängel Brunnen, eines der Wahrzei- chen der Stadt. Bchängel-Brunnen. 107
15 Die Koblenzer nennen sich seit mehr als 100 Jahren „Schängel". Dies leitet sich wie der im Rheinland verbreitete Name „Schang“ von dem französischen Vornamen Jean“ ab. Fraglich ist, ob sich hierin die französische Zeit von Koblenz (1794-1813) spiegelt. Seit der Karnevals-Session 1914 gehört das „Schängellied“ („Dat Cowelenzer Schängelche“) von Josef Cornelius (Text) und Carl Kraehmer (Musik) zum Leben der Stadt. Sein Refrain lautet: „E’ lustig Cowelenzer Schängelche ich sein, Gedaaft met Rhein- on Musseiwasser on met Wein, Gesond am Herz, an Lewer on der Lung, On sein och meiner Modder allerbeste Jung.“ H Angeregt von dieser Hymne schuf Carl Burger 1940/41 den Brunnen. Dessen Bassin zeigt den jungen Koblenzer, wie er spielt und Schabernack treibt, und lausbübisch spuckt die Schängel-Figur Wasser. Uns umgibt das Rathaus, dessen Bauten bis 1773 zum Jesui- ten-Kolleg gehörten. Deren eigentliche Schauseiten sehen wir nun hinter den Bögen auf dem Jesuitenplatz. 1580 rief der Erzbischof von Trier die Jesuiten nach Koblenz, damit sie den katholischen Glauben festigten. Sie bauten die lesuitenkirche (s. Tour 3) und betrieben eine Schule. Der 1701 vollendete schlossartige Schulneubau nahm mehr als 300 Schü- Jesuitenplatz. lerauf. In seinem Treppenhaus zei- gen Deckengemälde den Triumph des wahren Glaubens sowie die Bestrafung der faulen und die Be- lohnung der fleißigen Schüler. Zum lesuitenkolleg gehörte auch der Hof neben der Kirche, den man durch das Renaissance-Portal des „Neu- en Baus“ von 1592 gegenüber dem Schängel-Brunnen betritt. 108
Im Herzen der Koblenzer Altstadt Der Jesuitenplatz entstand erst Ende des 18. Jahrhunderts, als Koblenz als Residenz des Kurfürsten von Trier blühte. Viele Ba- rockbauten wurden in jener Zeit errichtet, so auch die identischen Wohnhäuser von 1773 auf der Nordseite des Platzes, vor de- nen wir nun rechts in die Firmungstraße abbiegen. H Johannes Müller (1801-58), des- sen Denkmal auf dem Jesuitenplatz steht, wurde in der nahen Jesuitengasse ge- boren. Er war Professor in Bonn und Berlin und begründete die moderne Physiologie, die Lehre von den chemisch-physikalischen Vorgängen in Organismen. Er forschte auch zur Neurophysiologie, zur Entwicklungsge- schichte und zur vergleichenden Anatomie. Zu seinen Schülern gehörte der Pathologe Rudolf Virchow (1821 1902). In der Finnungstraße bietet die Dach- landschaft einige der für Koblenz typi- schen barocken Zwerchgiebel. Darunter tritt aber der (liebel mit dem Kopf der „Hygiea“ hervor. Dieser 1903 geschaffene Jugendstil-Schmuck mit der griechischen Göttin der Gesundheit warb damals für eine Drogerie. Auf dem Görres-Platz fasst die 1992 vom l and Rheinland-Pfalz der Stadt zur 2000-Jahr-Feier geschenkte His- Denkmal für Mannes Müller auf dem lesuitenplatz. Hygiea in der Firmungstraße. toriensäule Epochen der Stadtgeschichte zusammen. Die Säule beginnt mit einem römischen Weinschiff und einer phantasievollen Darstellung des römischen Koblenz (um etwa 9 v. Chr. bis ins 5. lahrhundert). Für das Mittelalter stehen die 109
Römisches Weinschiff der Historiensäule auf dem Görres Platz. Verhandlungen der Frankenkönige zur Reichsteilung unter den Bögen (842 und 860), das 1199 von König Otto IV. verwüstete Koblenz und die spätmittelalterliche Stadt mit ihrer Stadtmauer. Feuer und Rauch ver- binden die Hexenverfolgung, die der Erzbischof von Trier, Stadt herr von 1018 bis 1794, Mitte des 17. Jahrhunderts einstellte, und die Bastille, Wahrzeichen des Auftakts zur Französischen Revo- lution (1789), nach der Koblenz von 1794 bis 1813 zu Frankreich gehörte. Darüber sieht man preußische Soldaten über die Alte .Moselbrücke reiten. Dies ist die Zeit als Festungs- und Verwal- tungsstadt, 1815-1918. Über der im Zweiten Weltkrieg zu 87% zerstörten Innenstadt erhebt sich das heutige Koblenz mit seinen historischen und modernen Gebäuden. An der Ecke des Platzes zur Rheinstraße betrieb Carl Baede- ker (1801 59) ab 1827 sein Verlagsgeschäft. Hier erschienen die ersten Baedeker-Reiseführer. Gegenüber der Historiensäule gehen wir die Nagelsgasse hinun- ter. Zwischen den Häusern erspähen wir links den Bunker Na- gelsgasse, 1943 für 3000 Personen erbaut Bei Kriegsende war er der einzige intakte Bau in weitem Umkreis. Im Kalten Krieg w'urde er modernisiert, um 2700 Menschen Schutz zu bieten. An der Straße „Am Alten Hospital“ sehen wir rechts Reste des Von der-Ieyenschen Hofs und die Türme der Kastorkirche (s. Tour 3). Mit der Straße gehen wir links zum Dreikönigen- haus (1701). Das Relief am Erker zeigt die Heiligen Drei Könige, wie sic Jesus mit ihren Gaben verehren. Wir gehen die Korn- pfortstraße Richtung Mosel hinunter. Mit dem „Deutschen Kai- ser“, im Kern Ende des 15. Jahrhunderts erbaut, steht eines der ältesten Koblenzer Häuser vor uns. 110
Im Herzen der Koblenzer Altstadt Die Danne mit dem Pfarrhaus Lieb- /rauen und der Horinskirche. Dann wenden wir uns nach links in die Gasse „Unter’in Stern“, die uns auf den Florinsmarkt bringt. Dieser trägt seinen Na- men nach der Florinskirche (s. Tour 3) und wird vom Schöf- fenhaus und dem Kauf- und Tanzhaus geprägt (s. Tour 12). F.s empfiehlt sich ein Abstecher in den Florinsgarten neben der Kirche, an dem sich ein Stück Kreuzgang und ein Haus der Zeit um 1210 erhalten haben. Der Augenroller gehört zu den Koblenzer Wahr- zeichen. Seit 1726 gibt es unter Der Augenroller am Allen Kauf und l'anzhaus. der Uhr des Kauf- und Tanzhauses einen Kopf, der mit den Au gen rollt und passend zum Stundenschlag die Zunge zeigt. Beim Wiederaufbau entstand 1965 die heutige Form des Augenrollers. Nach einer Tradition, die erst ab 1879 zu greifen ist, stellt er den Raubritter Johann Lutter von Kobe.rn dar, der 1536 im Koblenzer Schöffenhaus vor Gericht stand und in Koblenz enthauptet wur- de. Wahrscheinlich ist der Augenroller vor allem eine uhrmache- rische Besonderheit, die seit jeher die Menschen erfreut. Wir queren nun die Straße hin zu dem markanten Eckhaus - im 16. lahrhundert „Fraueneck" genannt - mit der Werbemale- rei aus dem frühen 20. Jahrhundert. Das Haus „Fraueneck“ geht auf einen mittelalterlichen Bau zurück und ist von einem Neorenaissance-Ausbau im späten 19. lahrhundert geprägt. Im 16. Jahrhundert befand sich hier das 111
15 „Frauenhaus“, wie man das Bordell nannte. In dem Haus wurde Aloys Freiherr von Hügel (1754-1825) geboren. Er war bis 1793 kurtrierischer Regierungskanzler. 1794-1806 kämpfte er als ös- terreichischer Gesandter beim Reichstag vergebens um den Er- halt des Kaiserreiches. 1796 vertraute man ihm die Reichsinsig- nien an. Er sorgte dafür, dass sie sich seit 1800 in Wien befinden. Nach links treten wir vor das Pfarrhaus Liebfrauen und hier nach rechts in die Florinspfaffengasse. Haus Nr. 9, der Steinen hof, birgt im Kern einen Bau des 12/13. lahrhunderts. Haus Nr. 6, seit 2013 wieder Kloster und Gästehaus der Barmherzi- gen Brüder, erbaut 1725, war Sitz der Stiftsschule von St. Florin. Der Pfarrhof Liebfrauen birgt zwei Türme des römischen Kas- tells aus dem 4. lahrhundert. Um 1200 ausgebaut und um 1700 barock gestaltet, war er ein Hof des Erzbischofs von Trier und zeitweilig Sitz des Hofgerichts. Von 1783 an diente er als Pries- terseminar. Dessen Leiter war zugleich Pfarrer von Liebfrauen. Das barocke Tor stammt vom Bassenheimer Hof in der Wei- ßergasse, der im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Eine guss- eiserne Kaminplatte im Hof erinnert an den Trierer Erzbischof lohann Hugo von Orsbeck (im Amt 1676-1711). In der Florinspfaffengasse liegen Anfänge zweier noch heute in der Krankenpflege tätiger Ordensgemeinschaften. Haus Nr. 9 war 1858 66 das Mutterhaus der Schwestern vom Heiligen Geist, die Irmina Hoelscher 1857 in der Mehlgasse 8 gegründet hatte. In Haus Nr. 6 wirkten 1851 89 die Barmherzigen Brüder von Maria Hilf, die der Schornsteinfeger-Meister Peter Friedhöfen 1850 gegründet hatte. Friedhöfen starb in diesem Haus 1860 mit 41 fahren. Im Hof des Hauses steht die neogotische Peter-Friedhofen-Kapelte, 1854/55 vom Kölner Domwerkmeister Vincenz Statz erbaut. Gedenktafel für Peter Friedhöfen am Peter Friedhofen Haus. 112
Im Herzen der Koblenzer Altstadt Gegenüber dem Peter-Friedhofen-Haus biegen wir rechts in den Brunnenhof. Am Tor erinnert die Bodengestaltung an die Badeanlage eines römischen Hauses. Ein Wandgemälde zu den Verhandlungen über die Teilung des Frankenreiches im lahr 860 und die Kopie eines Stückes eines römischen Grabmals hal- ten Erinnerungen an die Geschichte der Stadt wach. Private und öffentliche Brunnen, Ziehbrunnen und ab 1852 weitgehend Brunnen mit Pumpen, versorgten bis ins 19. lahr- hundert die Bevölkerung mit Trinkwasser. 1865 gab es noch 514 private und 14 öffentliche Brunnen. Brunnen-Nachbarschaften hielten die öffentlichen Brunnen in Schuss. Verunreinigungen durch Abort und Müllgruben sowie schlechte Straßenptlege gefährdeten das ITinkwasser. Seit 1885/86 liefert das Wasser- werk auf dem Oberwerth Trinkwasser aus den Filterschichten des Rheins Waren bis dahin bei drei Cholera-Epidemien (1849, 1866 und 1872) jeweils mehr als 100 Personen gestorben, so kamen dank verbesserter Hygiene 1892 nur noch drei Personen durch Cholera um. Ab jener Zeit besser- ten sich dank des Wegfalls der Stadtbe Festigung auch die beengten Wohnver- hältnisse in der Stadt. Durch den Torliogen heim „Histori sehen Weinkeller“, der das bis ins Mit- telalter zurückgehende Kellergeflecht im Untergrund nutzt, treten wir auf die Mehlgasse, hier nach links zur Statue des „Pfefferminzje*. Die Fassaden spie- geln verschiedenste Stilepochen: Haus Nr. 6 links besitzt noch eine Fassade mit Zwerchgiebel und Dekoration des 18. Jahrhunderts. Am Haus Nr. 12 über- formte im späten 19. Jahrhundert eine Mehlgasse 113
15 neogotische Fassade den Kern des 17. Jahrhunderts. Typisch für die Mitte des 19. Jahrhunderts ist das Haus Nr. 9, das heimische Gesteine vereint, Grauwacke für die Mauern, Basalt und Tuff für die Öffnungen und Verzierungen. HZu den „Altstadt-Originalen“, an die mehrere Statuen erinnern, gehört das „Pfefferminzje". Diese Annemarie Stein aus Bonn, die zwischen den Weltkriegen in Koblenz lebte, besserte ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Pfefferminzröllchen auf und hatte einen Sprachfehler. Der Volksmund vereinigte dies in ihrem Spitznamen. Sie fiel mit ihrer Stegreifdichtung und ihrem Frohsinn auf. Vom Schicksal gezeichnet, lebte sie ärmlich, sam- melte aber Abfälle für verwahrloste Katzen und Hunde. Unser Weg führt zur Liebfrauenkirche (s. auch Tour 3), der alten Stadtpfarrkirche auf dem höchsten Punkt der Altstadt, 9 m über dem Niveau des Deutschen Ecks. Das Standbild von 1702 in der Fassade und die Inschrift des Portals machen deutlich, dass Maria die Patronin dieser Kirche und der Stadt ist. Südturm der Liebfrauenkirche. Auf einem T urm der Liebfrauenkirche taten vom 18. Jahrhundert bis 1893 nachts zwei Turmwächter ihren Dienst. Sie läuteten um 22 Uhr zum Schließen der Stadt tone die „Polizeiglocke“ - hieran erinnert noch das Läuten der .Lumpenglocke“. Von 1817-93 wachten zudem zehn Nachtwäch ter in den Straßen, ausgestattet mit Spieß, Blendlaterne, Signalpfeife, Horn und Mantel. Vier von ihnen meldeten sich im Wechsel alle Viertelstunde am Kirchturm - gegensei tige Kontrolle und Wachhalten der Türmer zugleich. Diese nächtliche Sicherheits-Polizei ergänzte die Polizeibeamten und die Militär wachen, um Ruhestörer und Einbrecher zu stellen, sowie auf Brände zu achten. 114
Im Herzen der Koblenzer Altstadt Wieder vor der Kirche, gehen wir geradeaus zum Münzplatz. Das freistehende barocke Münzmeisterhaus erinnert noch an die bis 1773 Iwstehende kurfürstliche Münzprägestätte. Am anderen Ende des Platzes steht der Metternicher Hof, Geburtshaus des österreichischen Kanzlers Clemens Wenzeslaus von Metternich (1773-1859), der 1815 den Wiener Kongress organisierte, in dem Koblenz mit dem Rheinland zu Preußen kam. Statuen von Fritz Berlin halten am Platz Facetten des Altstadtlebens lebendig. Der Schutzmann in der Polizei-Uniform der 50er-/ 60er lahre erinnert an die Polizei- Inspektion I im Münzmeister- haus. Marktfrauen beschickten bis in die 60er lahre den Gemü- semarkt auf dem Platz. An der Marktslraße steht der „Resche Hennerich“. Der arme Schuhma- cher Heinrich Rech, der noch um 1870/80 nachweisbar ist, blieb Haus Metternich. wegen seiner Streiche präsent. Den Militärdienst leistete er als Tambour bei einem Koblenzer Regiment. Einmal alarmierte er ei- genmächtig seine Kameraden mit der Trommel. Dies brachte ihm sechs Wochen strengen Arrest ein. Von der Jugend ermuntert, trommelte er in Erinnerung an seinen größten Streich mit den Fingern den Generalmarsch auf seinen aufgeblasenen Backen. Die Marktstraße hinunter, verlassen wir bei einer Bronzeplat- te den Bereich des römischen Kastells Koblenz und erreichen die Vier Türme. Die vier Barockhäuser, wieder aufgebaut nach der Zerstörung der Stadt durch die Truppen Ludwigs XIV. von Frankreich 1688 im Pfälzischen Erbfolgekrieg, bilden einen der schönsten Plätze der Stadt. Hier kreuzen sich die alte römi- sche Hauptstraße, die sich nach Süden als Löhrstraße fortsetzt und das Zentrum der Koblenzer Fußgänger- und Einkaufszone bildet, sowie der Stadtgraben, der bis ins 13. Jahrhundert den Stadtkern umschloss. 115
15 Auf dem Plan. Wir wenden uns nach links, auf den Plan, einen der ältesten Plätze der Stadt, in dessen Mitte ein Brunnen von 1806 an die Anfänge der öffentlichen Versorgung mit gutem Trinkwasser er- innert. Links, von den barocken Zwie- belhauben der Liebfrauenkirche über- ragt, steht ein Ensemble von Barockbauten, wie sie Koblenz bis zum Zweiten Weltkrieg prägten: Das alte Rathaus (1794-1895) trägt noch das Stadtwappen, die Krone der Stadtpatronin Maria auf dem Wappen des Bistums Trier; daneben die alte Pfarrschu- le Unserer Lieben Frau von 1776, die 1911-73 die Feuerwache aufnahm; schließlich das „Alt-Coblenz“, ein Rokoko Bau von 1778/79, später Sitz der Weinhandlung und Likörfabrik Drou- wen. Im Haus rechts daneben wurde die in Europa und Amerika gefeierte Sopranistin Henriette Sontag (1806-54) geboren. Am Beginn des Entenpfuhls begrüßt uns der Entenbrunnen der Koblenzer Künstlerin Edith Peres Lethmate von 1979. Erst 1745 wurde im Entenpfuhl das letzte Stück Stadtgraben geschlossen, das als Kloake gedient hatte. An den Gasthof „Zu den drei Reichskronen“ erinnert eine Tafel rechts zwischen den Läden. Hier stieg Wolfgang Amadeus Mozart 1763 ab, um mit seiner Schwester vor dem Kurfürsten von Trier aufzutreten und eine Erkrankung auszukurieren. Am 26. Juli 1774 kehrten hier Goethe, der Diakon Lavater und der Pädagoge Basedow auf der Rückreise von Düsseldorf nach Bad Ems ein. Goethe hielt dies in dem Gedicht „Dine zu Coblenz“ fest. Durch die Dr. Erich Franke-Gasse blicken wir links noch ein- mal auf den spätgotischen Chor der Liebfrauenkirche. Links der Treppe davor ist ein Teil eines römischen Kastellturms er- halten. Nun kommen wir rechts durch die Rathaus Passage und das „Schängel-Center“ zum Forum Confluentes zurück. 116
„Zum Rhein, zum Rhein ..." - Konrad-Adenauer-Ufer, Schloss und Kaiserin- Augusta-Anlagen Eine der schönsten Rheinanlagen liegt in Koblenz. Die Promenade und der Land- schaftspark entwickelten sich ab 1856. Sie eröffnen immer wieder neue Blicke auf den Rhein. Start: Bus: Pegelhaus am Konrad-Adenauer- Linie 1 von Hauptbahnhof oder Zentral- Ufer platz bis Rheinstraße Ziel: Kaisenn-Augusta-Denkmal in den Kaiserin-Augusta-Anlagen Wegbeschaffenheit: Fester Uferweg Wegbeschreibung Aus Richtung Altstadt (lesuitenplatz und Görres-Platz) bringt uns die Rheinstraße ans Konrad-Adenauer-Ufer am Rhein. Wir befinden uns hier in jenem Teil der Koblenzer Rheinan- lagen, die erst nach der Aufgabe der Stadtbefestigung im Jahr 1890 gärtnerisch gestaltet wurden und deren jetzige Gestalt von der Bundesgartenschau 2011 geprägt ist An den Steigern starten Schiffstouren auf dem Rhein. Das älteste Schiff, das hier anlegt, ist die „Goethe“, ein Schaufelraddampfer H 117
von 1913, der auch mit moderner Maschine noch eine Ahnung vom historischen Reisen gibt. 1817 erreichte das erste Dampf- schiff Koblenz, und König Friedrich Wilhelm III. von Preußen unternahm 1825 eine Dampferfahrt von Köln nach Koblenz. Seit 1827 betreibt die „Köln-Düsseldorfer Rheindampfschifffahrtsge- sellschaft" (KD) den Linienverkehr auf dem Rhein. Rheinaufwärts erreichen wir zwei Pavillons aus der Zeit um 1910, an denen die Maut für die Schiffsbrücke zu bezahlen war. Die Schiffsbrücke verband 1819 -1945 Koblenz und Ehrenbreit- stein. Der Ersatz für die seit etwa 1680 bestehende „fliegende Brücke“, eine Fähre, lag im Schutz der Festung Koblenz und hat- te eine strategische Bedeutung, zumal sie bis 1864 die einzige Rheinbrücke zwischen den Festungen Köln und Mainz war. Die Fahrbahn der 325 Meter langen Brücke lag auf 36 Kähnen. Woll- ten Schiffe passieren, wurde die Mitte der Brücke ausgefahren. Bei Eisgang wurde die Brücke zerlegt und in den F.hrenbreitstei- ner Winterhafen gebracht. 118
„Zum Rhein, zum Rhein ... Das Pegelhaus, ein 161! erbauter Rhein kran, erinnert an den alten Rheinhafen. Am Eingang befinden sich Hochwasser- marken. Die blaue Pegeluhr zeigt seit 1887 den aktuellen Wasserstand des Rheins. An der Pegeluhr zeigt der große Zeiger die Meter und der kleine die Zentimeter. Der Nullpunkt des Koblen- zer Pegels liegt bei 57,667 Meter NN - die Spitze des KaiserWilhelm-Denkmals und damit auch etwa das Rheinufer bei uns liegt bei 64,7 Meter NN. Die Fahrrinne ist bis Koblenz 2,50 Meter unter dem gleich- wertigen Wässerstand von 80 Zentimeter am Koblenzer Pegel tief, oberhalb Koblenz maximal 2,10 Meter. Sinkt der Pegel dar- unter, führt dies ebenso zu Einschränkun- Die Pegeluhr am Pegelhaus zeigt 3,26 m an. gen des Schiffsverkehrs wie ein Hochwas- serpegel ab 6,50 Meter. Beim jüngsten Iahrhunderthochwasser zeigte der Koblenzer Pe- gel am 23. Dezember 1993 9,49 Meter. In den lahren 1651 und 1784 stand der Rhein noch höher. Eisschollen, die sich beim Tauwetter stauten, steigerten in früheren Zeiten so manches Hochwasser. Rechts sehen wir nun das stattliche ehemalige Hotel „Coblen- zer Hof“ von 1913 und das Regierungsgebäude, das ab 1906 das Königreich Preußen am Rhein repräsentierte (s. Tour 4). Bald begleitet uns ein hoher alter Baumbestand, rechts begrenzt ein Rest der 1832 vollendeten preußischen Stadtbefestigung den Schlossgarten. Vorbei an der Skulptur „Affection“ (Zunei- gung) des Luxemburger Künstlers Lucien Wercollier und dem Fischer-Relief von Ludwig Cauer (1915), erreichen wir den ers- ten Zugang zum Schlossgarten. 119
16 Im Garten geht es um die Pergola herum, links in das Tiefpar- terre und über die Treppe auf die Pergola hinauf. Wir besteigen das Belvedere mit der Statue von Vater Rhein und Tochter Mosel und erhalten einen beeindruckenden Überblick über das Kur- fürstliche Schloss wie über das Görres-Denkmal am Rhein (zu den Details s. Tour 4). Nun gehen wir auf der nächsten Pergola wieder abwärts, dann um die Pergola herum und durch das Tor ans Rheinufer zurück. Unweit des Görres-Denkmals laden die Schlossstufen zum Verweilen nahe am Strom ein. Der Blick geht zu Feste und Stadtteil Ehrenbreilstein, und im Hang gegenüber sehen wir das Kriegerdenkmal auf dem Asterstein (s. Tour 8). H Wilhelm Prinz von Preußen (1797 1888) und seine Frau Au- gusta von Sachsen-Weimar (1811-90) wohnten 1850-57 im Schloss, als Wilhelm Generalgouverneur des Rheinlands und Westfalens war. Als Königspaar (ab 1861) und als Kaiserpaar (ab 1871) kamen Wilhelm I. und Augusta immer wieder nach Koblenz. Neben ihren wohltätigen Stiftungen ist Augusta vor allem als Stifterin der Kaiserin Augusta-Anlagen in Erinnerung. Der Landschaftspark am Rhein, der 1856-61 nach Plänen von Peter Joseph Lenne entstand, sollte den Koblenzern einen Aus- gleich zu ihren engen Wohnverhältnissen schenken. Unter der Pfaffendorfer Brücke, die 1864 als Eisenbahnbrü- cke eröffnet wurde und im Schutz der Festung die Bahnlinien beider Rheinseiten verband, betreten wir die Kaiserhalle. Die Reliefs und Bänke feierten 1875 das 25-jährige Jubiläum des Einzugs von Wilhelm und Augusta in Koblenz. Die Brücke ruht auf den Rheinanschluss Kasematten, die ab 1827 die Stadtbefestigung am Rhein verstärkten und als Kaser ne dienten. Vor dem Tor lag ein Graben, den eine Zugbrücke überquerte. Erst davor begannen die Kaiserin-Augusta-Anlagen. Wie schon 1861 steht hieran ihrem Beginn seit 2011 das Denk- mal für Max von Schenkendorf. 120
,Zum Rhein, zum Rhein ... B Der Dichter Max von Schenken dort (1783-1817), der ab 1813 im preußisch russischen Generalstab gedient hatte, trat 1815 in die neue Königliche Re gierung (Bezirksregierung) in Koblenz ein, Tür die er auch Angelegenheiten zum Festungsbau in Koblenz bearbeitete. Er gehörte zum Freundeskreis von Joseph Görres wie zur Tafelrunde um General von Gneisenau, die überlegte, wie sich Preußen moderner gestalten ließe. Leier und Schwert am Denkmal verweisen da- rauf, dass Schenkendorf wie Theodor Kör neran den Freiheitskriegen teilnahm und mit seiner Dichtung die Deutschen für den Kampf gegen Napoleon begeisterte. Von den Denkmälern, Statuen und Ruhe- Denkmal für den Dichter Max i»n Schenkendorf. platzen der alten Rheinanlagen ist wenig geblieben, aber am Weindorf findet sich noch eine Säule mit preußischem Adler, die an den Bau der Pfaffendorfer Brücke erinnert. Gegenüber zeugt eine abgebrochene Säule vom Hochwasser 1882 (9,20 Meter am Koblenzer Pegel) und der Zertrümmerung der Säule durch Hochwasser und Orkan am 12. März 1876. Ein erstes Weindorf entstand 1925 zur „Reichsausstellung Deutscher Wein“ in Koblenz. Die vier Fachwerkbau- ten, die die großen deutschen Weinanbau- gebiete repräsentierten, boten am Rand der Fachmesse die Möglichkeit, Wein zu genießen. Da dieses Weindorf sehr beliebt war, ließ man es stehen, und nach der Kriegszerstörung baute man es nahe dem alten Standort vereinfacht wiederauf. Zwi- Pneußischer Adler auf dem Denkmal zum Bau der Pfaffendorfer Brücke. 121
16 sehen Weindorf und Brücke besteht seit 1951 das „Schnorbach Brückstück“, die kleinste eingetragene Weinlage Deutschlands, benannt nach der Pfaffendorfer Brücke und Oberbürgermeister losef Schnorbach, in dessen Amtszeit (1946-60) Wiederaufbau und Ausbau der Stadt fielen. Gegenüber dem Weindorf und vor der Kulisse der Rhein-Mosel Halle, der städtischen Kultur- und Konferenz-Halle, steht seit 2013 wieder der Traubenträger Brunnen, den Carl Burger für die Weinausstellung 1925 geschaffen hatte. Die Männer, die eine Traube aus dem gelobten Land der Israeliten bringen, drückten damals, als das Rheinland nach dem Ersten Weltkrieg von 1919-29 von den Alliierten besetzt war, die Hoffnung aus, dass dieses zum Deutschen Reich zurückkehren möge. Am W'eg erinnert ein Stein daran, dass hier 1926 der ehemalige franzö- sische Staatspräsident (1974-81) und Ehrenbürger von Koblenz Valery Giscard d’Estaing geboren wurde. Bei unserem Weg rheinaufwärts begleiten uns der Blick auf Koblenz Pfaffendorf, wegen seiner Terrassenlage „rheinisches Nizza“ genannt, und die ab etwa 1900 erbauten, weiter südlich oft villenartigen Häuser am Rand der Südlichen Vorstadt. Die zum Teil eher strenge und üppige Gestaltung der Rheinanlagen wich bei der Neugestaltung durch den Koblenzer Gartendirektor Wilhelm Mutzbauer in den 50er lahren einer offeneren, freieren Form. Das „Cafe Rheinanlagen" und der Biergarten setzen die Tradition der Trinkhalle von 1861 fort. In der Trinkhalle gab es auch das Heilwasser „Emser Kränchen“ und eine Bibliothek. Bis 1918 sorgten preußische Regimentska pellen regelmäßig für Unterhaltung. Das landhausartige Haus mit dem Fachwerkgeschoss im Hintergrund diente ab 1894 als Wirtschaftsgebäude der Rheinanlagen. An der Ecke Januarius Zick-Straße erinnert ein Stein an den Besuch von Wilhelm und Augusta am 14. Juli 1870 in Koblenz, 1897 errichtet anlässlich des 100. Geburtstags von Kaiser Wilhelm 1. Wilhelm, damals 122
„Zum Rhein, zum Rhein nur König von Preußen, weilte im Juli 1870 zur Kur in Ems. Er wies dort am 13. Juli die Forderung des französischen Gesandten Graf Benedetti ab, auf den Thron in Spanien zu verzichten. Diese Abfuhr des Gesandten, verbunden mit der Publikation des Ge- sprächs als „Emser Depesche* durch Kanzler Bismarck, brachte am 19. luli 1870 Frankreichs Kriegserklärung und den Deutsch- Französischen Krieg (1870/71), nach dem sich die deutschen Staaten zum Reich vereinigten und Wilhelm Kaiser wurde. Am Wege finden wir bald rechts ein Denkmal für den Planer der Kaiserin Augusta-Anlagen, den gebürtigen Bonner Peter Joseph Lenne (1789-1866), einen der bedeutenden Gartenpla- ner des 19. Jahrhunderts. Er war ab 1815 im preußischen Staats- dienst, ab 1824 als Gartendirektor in Potsdam. In dem Bereich der Rheinanlagen, den eine gut 150 lahre alte Platanenallee prägt, steht der Luisen- oder Salve-Tempel als heiterer Blickpunkt und Ruheplatz. Durchbrochene Gusseisen- stützen aus der Sayner Hütte tragen den Monopteros von 1862. Nach 1871 ließen Luise und Friedrich, der 1888 als Kaiser Fried- Denkmal für Peter Joseph Lenne. 123
16 Denkmal für Kaiserin Augusta. rieh III. regieren sollte, im Tempel eine Widmung für ihre Mut- ter Augusta anbringen. Der Tempel stand anfangs am jetzigen Standort des Kaiserin Augusta-Denkmals, an dem dieser Spaziergang endet. Hier war der Spielplatz von Prinzessin Luise, der gleichsam den Aus- gangspunkt des Parks bildete, und hier ehrte die Stadt Koblenz 1896 ihre Wohltäterin Augusta. Die Anlagen dehnten sich noch weiter nach Süden aus und endeten im nicht mehr erhaltenen „Nachtigallenwäldchen". Das Denkmal entwarf Bruno Schmitz, der Architekt des Kaiser Wilhelm-Denkmals am Deutschen Eck. Karl Friedrich Moest porträtiert in dem Standbild keine strahlende junge Monar- chin, sondern die alte Kaiserin, wie man sie in Koblenz kannte und liebte. Die Reliefs des Bildhauers Vogel zeigen Koblenz mit Vater Rhein und Tochter .Mosel schon mit dem erst 1897 voll- endeten Denkmal am Deutschen Eck und die Schlacht von Sol- ferino (1859), in der Henry Dunant die Idee für das Rote Kreuz fand, das Augusta in Preußen und im Deutschen Reich förderte. 124

Zwischen St. Johannes und St. Servatius - Ein Gang von Güls nach Metternich Zwischen den historischen Ortskernen der Koblenzer Stadtteile Güls und Metternich entfaltet sich die Mosel wie ein Stausee. Der Rückweg über die Höhen und entlang eines Weinbergs bietet PanorainaNicke auf Koblenz und das Koblenz-Neuwieder Becken. 8 km 2 sw. Start u. Ziel: Bahnhof Koblenz-Güls Bahn/Bus: Von Koblenz Hauptbahnhof oder Schienenhaltepunkt Mitte bis Bahnhof Koblenz-Güls Linie 3 vom Löhr-Center bis Güls - Alte Schule Wegbeschaffenheit: Wechsel von Asphalt. Schotterwegen, erdigen Wegen sowie steinigen und erdigen Pfaden: einige starke Steigungen und Gefälle Wegbeschreibung Vom Bahnhof Güls gehen wir zunächst in den Ortskern und dort rechts in die Gulisastraße Nach wenigen Metern ragt links die neue Pfarrkirche St. Servatius mit ihren schlanken Türmen auf. Der Erbauer der neuen Gülser Kirche (1833-40), Johann Clau- dius von Lassaulx (1781-1848), gilt als einer der Wegbereiter der Architektur des Historismus. In dem Bau verbindet er einen weiten, von Pfeilern getragenen Raum mit romanischen Formen. 126
Zwischen St. Johannes und St. Servatius Heimische Steine, Grauwacke, Tuff und Basaltlava sowie Ton- Verzierungen geben der Außcnhülle eine große Lebendigkeit. Barocke Heiligenfiguren, sowie ein gotisches Relief der Geburt Christi wurden aus der alten Pfarrkirche hierher übertragen. Wenige hundert Meter weiter die Straße hinunter treffen wir auf die alte Pfarrkirche St. Servatius Die alte Gülser Kirche ist die bedeutendste romanische Dorf- kirche im Raum Koblenz. Der Turm aus dem frühen 12. lahr- hundert erhielt im frühen 13. Jahrhundert ein neues Glockenge- schoss. Aus derselben Zeit stammt das dreischiffige Langhaus mit Emporen und einem hochgelegenen Chor. Zur Ausmalung gehört die Dar- stellung der acht Seligpreisungen lesu. Retief über dem Eingang der Neuen St. Sen« tius Kirche: Mönche mit dem Kirchenmodell und der Hl. Servatius verehren die Muttergottes. 127
17 Der Patron der beiden Gülser Kirchen erinnert daran, dass Güls im Mittelalter zum St.-Servatius-Stift in Maastricht gehörte. Der im lahr 484 in Maastricht verstorbene Hl. Servatius kämpfte für die Lehre des Athanasius, dass Jesus Gott wesensgleich ist. Er ist einer der Eisheiligen und wird meist als Bischof mit dem Schlüssel des heiligen Petrus dargestellt. Gegenüber der alten Kirche befindet sich das Gülser Heimat museuni Wir queren die Straße Am Mühlbach und gehen nun rechts hinunter, auch durch die Teichstraße, bis zur Gül ser Eisenbahnbrücke Die Eisenbahnbrücke gehörte zur strategisch wichtigen „Kano- nenbahn" Berlin-Metz, die 1878/79 vollendet wurde. Unweit der Brücke begann die 87. U.S. Infanterie-Division am 16. März 1945 die Eroberung von Koblenz, die am 19. März gelang. Als am 27. März auch die rechtsrheinischen Stadtteile erobert wa- ren, endete für Koblenz der Zweite Weltkrieg. ,4m Geisenbom in Metternich. Wir queren die B 416 und gehen nach links, unter der Brücke hin- durch, an der Mosel entlang, die hier dank der Koblenzer Staustufe wie ein See anmutet. Wir blicken auch auf die W'einlage „Marien- berg*. Ein Teil der Uferanlagen liegt auf Trümmerschutt des 1944 durch Bomben getroffenen Güls. Wir que- ren am Ende des Uferwegs die Bun- desstraße und wandern sie 300 Me- ter nach rechts entlang. Dann folgen wir links hinauf dem Wegweiser „Über’m Rath“ bis zum Rand der Bebauung. Nun geht es rechts zu ei- nem Belüftungsturm bei der Quell- stube des Geisenborns. 128
Zwischen St. Johannes und St. Servatius Eine eiserne Rohrleitung vom Geisenborn über die Alte Mosel- brücke versorgte ab 1786 das Kurfürstliche Schloss in Koblenz sowie später auch die öffentlichen Brunnen auf dem Clemens- platz, dem Plan und dem Platz vor der Kastorkirche mit Trink- wasser. Wir passieren über Fußwege und an Garagen vorbei die Hochhäuser im Eu- lenhorst, queren dann einen Spielplatz und gehen dann in der Neugasse rechts bis vor den Marienstätter Hof mit sei- nem barocken Fachwerk. Hier links bis zur Trierer Straße, kurz nach links und dann rechts mit der Oberdorfstraße zur katholische Pfarrkirche St. Johannes. Neben einem Turm der Zeit um 1200 steht seit 1914-16 die von Dreifalttgkeitsbild über dem Portal vwi St Mannes in Metternich. dem Koblenzer Architekturbüro Huch und Grefges erbaute Pfär- kirche St lohannes Baptist. Passend zur neobarocken Gestal tung steht im Innern der 1735 gestiftete Altar der Koblenzer Barbarakirche. Nun geht es die Straße weiter hinauf, dann beim Haus Nr. 49 links in die Gasse bis zur Trierer Straße, diese ein Stück weit hinab und dann beim Haus Nr. 346 nach rechts wieder zur Neugasse Nach 100 Metern fuhrt der Weg dann rechts hinauf und bei der Gabelung über den Pfad mit Stufen bergauf. Zwi- schen Weiden entfaltet sich bald hinter uns das Panorama des Koblenz-Neuwieder Beckens. Bei der Gabelung auf der Höhe geht es links. Ein Pfad führt uns zur „Metternicher Eul“ mit der Aussicht auf Koblenz. Das wegen seines seltsam geformten Adlers .Metternicher Eul“ genannte Kriegerdenkmal erinnert seit 1913, dem 100. Jubiläum H der Völkerschlacht bei Leipzig, an die Gefallenen der Freiheits- 129
17 kriege gegen Napoleon, des Deutsch-Dänischen Krieges 1864, des Deutschen Krieges 1866 und des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71. Vom Platz hinter dem Denkmal nehmen wir den Pfad rechts zwischen die Äcker. An der Kreuzung folgen wir dem Wegwei- ser „Über’s Rath nach Güls“ nach links. Eiszeitliches Lösspmfil am Mettemicher Marienberg. Das Windrad, ein weiteres Wahrzeichen von Metternich, ließ der Regierungsbaumeister Max Weidtman 1912 nach seinen Erfah- rungen bei der Diamantengewinnung in Namibia für die Wasserversorgung seiner Villa in Metternich bauen. Am Ackerrand entlang, mit dem Blick über die Mosel auf die Karthause und den Fernmeldeturm auf dem Kühkopf, kommen wir in den Wald hinab. Hier nehmen wir den Pfad nach rechts, der uns bald am oberen Rand des Wingerts „Marien- berg“ und an einer Lösswand. in der Bodenschichten aus der letzten Eiszeit vor uns stehen, entlangführt und den Blick auf Güls und die Mosel eröffnet. In Güls halten wir uns geradeaus, „Über’m Rath“ und auf der Plan- straße, dann zur alten Kirche und durch die Gulisa- straße zum Bahn hof Blick vom Marien berg über die Mosel nach Moselweiß. 130
CO |9 Leben im Stadtwald Diese Tour durch den Koblenzer Stadtwald verbindet die Wildgehege am Remste- cken mit römischen Sredlungsspuren. Höhepunkt ist die grandiose Aussicht vom Kühkopf ms Koblenz-Neuwieder Becken. Start u. Ziel: Bus: Parkplatz Eichenplatz/Remstecken Linien 620/621 vom Löhr-Center oder an der B 327 vorn Zentralen Omnibusbahnhof am Hauptbahnhof bis Remstecken Wegbeschaffenheit: Vorwiegend gut ausgebaute Waldwege und eine Asphaltstraße, gegen Ende ein Stück Rheinburgenweg mit erdigen Waldpfaden; einige starke Anstiege und Gefälle Wegbeschreibung Vom Parkplatz Eichenplatz an der B 327/Hunsrückhöhenstra- ße führt uns der Weg hinunter in den Wald und dort beim Spiel platz nach links zum Restaurant „Forsthaus Reinstecken“. Hier bieten die Waldökostation und ein Bauerngarten interessan- te Einblicke. Für Kinder stehen Ponys zum Reiten bereit. Wir spazieren zwischen den Wildgehegen weiter, in denen sich Rot-, Dam- und Muffelwild tummeln. Bei den Wildschweingehegen steigen wir links hi- nauf in den Wald. Nun folgen wir der Markierung des Mo- selhöhenwegs (M) bis zu einer Gabe- Wildsc.hweine am Remstecken. 131
18 Jung, halten uns hier rechts und erreichen bald Reste eines rö- mischen Gutshofes. Hlm Koblenzer Stadtwald lagen mehrere römische Landgüter (Villae rusticae). Erst im Mittelalter bedeckte der Wald wieder vollständig die römischen Ackerflächen. Die Villa am Rem- stecken bestand vom 1. bis 4. Jahrhundert. Die Fundamente des Hauptgebäudes, das auch Wohnhaus war, und eines Wirt- schaftsgebäudes mit den Fundamenten zweier Öfen zum Trock nen landwirtschaftlicher Erzeugnisse sind freigelegt und aul- gemauert worden. Der Waldweg zwischen den Resten des Gutshofs fuhrt uns berg- ab. Auf der versetzten Kreuzung halten wir uns geradeaus und an der folgenden versetzten Kreuzung nehmen wir den mittle- ren Weg. Auf der Kreuzung beim Kleinbornsbach und einer Hütte verlassen wir den Moselhöhenweg und halten uns links 132
Leben im Stadtwald Der Wegweiser „Eiserne Hand“. Richtung „Eiserne Hand“. Am Faulsutterborn und einem Teich vorbei, erreichen wir die B 327. Kurz folgen wir der Straße nach links und queren sie dann vorsichtig zum Wanderparkplatz und dem Wegekreuz „Eiserne Hand“. Das vielleicht aus Anlass der Pest im lahr 1677 gestiftete Wege- kreuz aus Basaltlava mit dem vergitterten Bildstock wurde 1728 und 1798 erneuert. Den Namen „Eiserne Hand" erhielt das mar- kante Kreuz an der Kreuzung von Römerstraße und Pützweg wegen der eisernen Hände, die in die Richtungen von Koblenz und Waldesch weisen. Vordem Kreuz biegen wir rechts ab. Die Markierung des Zuwegs zum Rheinburgenweg (gelbes R mit Zinnen) leitet uns nun. Nach ca. 500 Metern folgen wir diesem mit einem Pfad nach links und kommen so über Stu- fen in den Merkurtempel. Merkurtempel. 133
18 Nahe der Römerstraße und inmitten mehrerer Gutshöfe bestand der Tempel vom 1. bis 5. Jahrhundert Im Zentrum des umfriede- ten Tempelbezirkes stand ein keltisch-römischer Umgangstem- pel aus einer geschlossenen Cella mit dem Kultbild und einem überdachten Umgang. Daneben wurden ein kleiner Bau und die Eingangshalle mit ihren Stufen ergraben. Verehrt wurden hier der römische Gott des Handels Merkur in einer keltischen Inter- pretation und die keltische Segensgöttin Rosmerta. Hinter den Tempelfundamenten geht es über einen Pfad auf einem Waldweg weiter. Hier biegen wir links ab und nehmen dann am Abzweig Kronenstein den Rheinburgenweg Richtung Koblenz. An der nächsten Wegespinne halten wir uns links Richtung Bäckerkreuz. Hier passieren wir den Schiillerhof, eine weitere Ausgrabungsstelle eines römischen Gutshofes, den die Stadt Koblenz in Mittelalter und Neuzeit noch einmal bewirtschaftete. Unter der asphaltierten Straße, auf die wir stoßen, verbirgt sich eine Römerstraße. Ehe wir dieser nach rechts folgen, lohnt sich ein Abstecher 20 Meter nach links zum Bäckerkreuz HDas Bäckerkreuz aus Basalt, ein für den Mittelrhein typisches Ge- denkkreuz, erinnert seil der Zeit um 1600 an den Tod ei- nes Bäckers und fordert die Vorübergehenden um ein Ge- denken oder Gebet auf. Der Spitzweck war ein verbreite- tes Symbol für die Bäcker. Häckerkreuz an der Römerstraße. 134
Leben im Stadtwald Fernmeldelurm auf dem Kühkopf. Der Römerstraße folgen wir ca. 1 Kilometer und steigen dann auf einer asphaltierten Straße links hinauf auf den Kühkopf (382,2 Meter NN). Im Schatten des 1976 vollendeten, 260,7 Me- ter hohen Fernmeldeturmes kommen wir über einen Parkplatz und an einer Hütte vorbei zum Bußkreuz. Hier erwartet uns ein Panoramablick über Koblenz ins Neuwieder Becken. Wieder auf dem Parkplatz, steigen wir nach links mit dem geo logischen Wanderweg auf steinigem Pfad hinunter zum Küh- born und zur Römerstraße; hier nach links zum Gasthaus „Forsthaus Kühkopf“ Hier nehmen wir links den Rheinbur- genweg (rotes R mit Zinnen) und wandern auf einem Waldpfad parallel zum gut ausgebauten Waldweg. Der Pfad endet an ei- nem Parkplatz, den wir nun queren, um dann mit einem Steg über die B 327 zum Ausgangspunkt zurückzukehren. 135
CD H „Denkst du des Schlosses EU noch auf stiller Höh?“ - Schloss Stolzenfels und die Rheinromantik Schloss Stolzenfels und sein verwunschener Park, gestaltet für König Friedrich Wil- helm IV. von Preußen, sind ein Höhepunkt der Rheinromantik. Jede Windung der Wege und jeder Winkel eröffnen neue Blicke in die Rheinlandschaft und führen in eine verklärte Welt aus Geschichte und Kunst. Start u. Ziel: Bus/Schiff: Koblenz-Stolzenfels Linie 650 von Zentralplatz oder Zentra- ler Omnibusbahnhof am Hauptbahnhof bis Kobtenz-Stolzenf els/Schlossweg Schiff der Marksburgschifffahrt Vom- fell: Von Koblenz (Konrad-Adenauer- Ufer) bis Stolzenfels Wegbeschaffenheit: Aufstieg auf einem steilen, asphaltierten Weg, Rückweg alternativ über Pfade und eine Treppe Wegbeschreibung Wir beginnen den Aufstieg zum Schloss am Schiffsanleger von Stolzenfels oder an der Bundesstraße 9 im Ort. Gleich hinter dem Tor im Schlossweg bringt uns der Weg zu einem hohen dunklen Viadukt mit einem Kreuz darauf. Der untere Teil des Schlossparks im Gründgesbachtal ist düster gestaltet. Felsen und Wasserfall verdichten die geheimnisvolle Atmosphäre, bis sich auf dem Viadukt der Blick ins Rheintal verliert. 136
Denkst du des Schlosses noch auf stiller Höh?' Der Schlosspark und die Gärten von Stolzenfels wurden in den lahren 1835-45 unter der Aufsicht des preußi- schen Generalgartendirektors Peter Joseph Lenne. (1789-1866) von Maximilian und Wilhelm Weyhe erstellt. Er formte Wein- berge zu einem Landschaftspark. Schloss Stolzenfels. Das Land Rheinland-Pfalz stellt den verwilderten Park mit sei nen Spazierwegen, Ruheplätzen und Sichtverbindungen zum Schloss und in die Landschaft schrittweise wieder her. Die katholische Pfarrkirche St. Menas, die Johann Claudius von Lassaul.x 1831 -33 als weiten Saal erbaute, ergänzt den Park um einen geistlichen wie malerischen Akzent. 137
Pfarrkirche St. Menas. Tor der Klause. Tor von Schloss Stolzenfels. le weiter wir nach oben steigen, des- to mehr öffnet sich das Bachtal. Im Hang rechts des Weges lohnt sich ein Abstecher zum terrassenförmi- gen Waldfriedhof von Stolzenfels. Der Stolzenfelser Friedhof wurde 1941 angelegt und 1956 ausgebaut. Er ergänzt den Schlosspark um ein romantisch- melancholisches Motiv. Auf seinen von Bruchsteinmauern gestützten Terrassen dürfen nur Holzgrabmä- ler errichtet werden. B Wo der Bach zu Teichen gestaut ist, haben wir erste Blicke auf das Schloss. Am Weg überrascht uns die Klause, durch deren Tores zum Schloss hinaufgeht. Der Festungsbau-Ingenieur Carl Schnitzler plante die im Jahr 1842 erbaute Klause. Der burgartige Bau nahm neben Pfer- deställen und Wagenremisen Woh- nungen für Bedienstete des Schlos- ses auf. Nun treten wir mit Zugbrücke und Schlosstor in Schloss Stolzenfels ein. o Die Stadt Koblenz schenkte dem späteren preußischen König Friedrich Wilhelm IV. die Ru- ine der um 1244 vom Trierer Erzbi- 138
Denkst du des Schlosses noch auf stiller Höh?“ schof erbauten Burg Stolzenfels. 1836-42 ließ er das Schloss nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel neu errichten. Mittel- alterliche Teile wie der Bergfried und ein gotischer Wohnturm wurden bewahrt. Im Geiste einer klassizistischen Ordnung entstand ein Sommersitz, der bis in die Details der komplett erhaltenen Ausstat- tung die Geschichte spüren lässt, in die der Erbauer eintauchen wollte. Die seit 2011 rekonstruierten Gärten laden zum Verweilen und zum Schwelgen in der Rheinlandschaft ein. Die von Schnitzler und Stüler bis 1845 erbaute Kapelle ist von der Apollinariskirche in Remagen angeregt und steigert die malerische Wir kung des Schlosses. Ehe wir den Abstieg beginnen, empfiehlt sich noch ein Abstecher vom Schlosstor links hinauf bis zur Reitbahn, einem naturnahen Amphitheater, das durchaus für Ritterturniere gedacht war. Wir fol- gen dann dem Hauptweg ins Tal zurück. Noch vor der Klause empfiehlt es sich als Alternative, den Pfad rechts zu nehmen, um die Spazierwege um den Schlossberg herum zu erproben. Wir kommen so zum Viadukt. Hier lohnt es sich, zur Pfarrkir- che St. Menas hinüberzugehen, von de- ren Friedhof sich der Blick auf den Rhein öffnet. Eine Treppe bringt uns in den Ort zurück. Die Kapelle wn Schloss Stolzenfels. Wasserfall im Schloss park wn Stolzenfels. 138
Tour 20 Lichte Eichen und Rheinburgenweg Die Rheinserte des Koblenzer Stadtwaldes mit ihrem hohen Baumbestand birgt mit dem Rittersturz eine der Geburtsstätten der Bundesrepublik Deutschland. Von der Wallanlage auf dem Dommelberg entfalten sich Panoramablicke ins Rheintal. Start u. Ziel: Wanderparkplatz „Lichte Eichen“ östlich B327 nahe „Forsthaus Kühlkopf“ Wegbeschaffenheit: gut ausgebaute Waldwege und -pfade. am Dommelberg steinige Pfade mit stärkeren Steigungen und Gefällen Wegbeschreibung Ab dem Wanderparkplatz „Lichte Eichen“ orientieren wir uns an der Markierung des Rheinburgenwegs (rotes R mit Zinnen). Wir gehen zunächst tiefer auf den Parkplatz, nehmen Blick wm Dornmelberk’ auf Honhheim. 140
Lichte Eichen und Rheinburgenweg dann den Pfad rechts, queren mit die- sem nach 500 Metern eine Teerstraße und einen Parkplatz und erreichen bald den Rittersturz, eine Gedenkstätte mit einem weiten Blick über das Stadion Oberwerth nach Koblenz. Auf einem auch für den Kob- lenzer Festungsbau benutzten Steinbruch stand das „Berghotel Rit- tersturz“. Vom 23. bis 25. April 1947 tagte hier die Beratende Landesver Sammlung abschließend zur Verfas- sung von Rheinland-Pfalz. Vom 8. bis Denkmal auf dem Kittemturz 141
20 10. Juli 1948 einigten sich hier die Ministerpräsidenten der drei Westzonen Deutschlands über die Gründung und die föderalen Strukturen des Weststaates. Danach schuf der Parlamentarische Rat in Bonn das Grundgesetz. Beim zweiten Treffen auf dem Rittersturz am 25. und 26. August 1948 beschlossen die Minis- terpräsidenten die Einberufung von Bundestag und Bundesrat und schlossen damit formell die Gründung der Bundesrepublik Deutschland ab. Wir kehren zum Rheinburgenweg zurück und halten uns an der Pfadkreuzung links. Der Pfad führt uns im Wald rheinauf- wärts an einem Zaun entlang. Über einen Steg queren wir das obere Ende eines der Bachtäler, die zum Rhein steil abfallen. Am Königsbach, der einem in Koblenz gebrauten Bier seinen Namen gab, nehmen wir den Querweg nach links und steigen an der gleich folgenden Gabelung rechts hinauf. Der Pfad bringt uns auf den Dommelberg, von dem wir noch einmal den Blick auf Koblenz genießen können. Blick vom Dommelberg auf Koblenz. 142
Lichte Eichen und Rheinburgenweg Auf den beiden Bergkuppen des Dommelbergs schräg gegen- über der Lahnmündung schützten drei Wälle eine Siedlung, die vom 11. bis 10. Jahrhundert v. Chr. und vom 6. bis 5. Jahrhun- dert v. Chr. bestand. Brandspuren deuten auf eine zerstörungs bedingte Aufgabe der Wehranlage. Über zwei Bergkuppen hinweg bringt uns der steile steinige Pfad zur Weidgenhöhe. Von dort blicken wir gegenüber der Lahnmündung bei Lahnstein ins Rheintal. Der Blick gibt eine Ahnung von der Burgenvielfalt und der frü- heren territorialen Zersplitterung am Mittelrhein. Die ab 1854 wieder aufgebaute Burg Lahneck bei Lahnstein begründete der Mainzer Erzbischof 1240-45, dem auch die Martinsburg als Zollburg am Rheinufer gehörte. Schloss Stolzenfels auf unserer Rheinseite begann der Trierer Erzbischof um 1244. 1836-42 ließ es König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen wieder aufbau en. Die nie zerstörte, mit ihrem rekonstruierten Putz strahlende Marksburg über Braubach prägt in besonderem Maße unsere Vorstellungen von einer Burg. Ab 1238 erbaut und im 16/17. Ih. zur Festung ausgebaut, gehörte sie nacheinander den Herren von Eppstein, den Grafen von Katzenelnbogen und den l and grafen von Hessen sowie dem Herzogtum Nassau. Nach wenigen hundert Metern treffen wir auf einen breiten Waldweg. Er bringt uns nach rechts zurück zu den .Lichten Eichen“. tu