Author: Imhof Michael  

Tags: stadtführer  

ISBN: 978-3-86568-944-3

Year: 2013

Text
                    Stadtführer

Hliik über den Rhein zum Deutsi hen Eck, zur Liebfrauenkirche, zu St. Florin, dem Mittelrhein-Museum und der Halduinbnk ke über die Mosel
Portal iw, 1754/1967 des urn 1230 gegrün- deten und 1944 zerstörten und nicht wieder aufgchiuten Domii likanerklosters Geschichte Kohlen/ 1632 (wäh- rend der Belagerung der SJrweden im Dreifigjährigi'n Krieg), Merian-Ansicht, 1646 Koblenz wurde kurz nach Christi Geburt als Kastell zur Sicherung des Mosel Übergangs der Straße von Mainz nach Köln erbaut. Die Pfahl- brücke über die Mosel befand sich 50 m stromabwärts von der heutigen Baidu in brücke. Das Kastell lag, wie neue Ausgrabungen belegen, iin Be- reich von St. Kastor, d. h. am Zusam- menfluss von Rhein und Mosel. Das Römcrkastell maß ca. 100 x 100 m und besaß einen Graben von 4 m Breite und 2,5 m I iefe. Im Kastell waren etwa 1000 Soldaten stationiert, die die Rheingrenze zu sichern hatten. West- lich des Kastells entwickelte sich an der Mosel eine florierende römische Handelsstadt, für die neben der be- reits erwähnten Brücke über die Mosel wenig später auch eine Holzbrücke über den Rhein errichtet wurde. Nach Gcrmancnübcrfällen erhielt die Stadl um 300 einen festen Mauerring. Die- se spätröniische Befestigung, die 19 Rundtürme mit jeweils 10 m Durch- messer besaß, ist an verschiedenen Stellen erhalten und wurde in spätere Bauten einbezogen. Auch nachdem das Römische Reich zusammengcbrochen war, behielt Koblenz seine überregionale Bedeu- tung durch einen Königshof, der ab dem 5. Jahrhundert bestand. Im Mittelalter war das 836 geweihte Stift St. Kastor ein bedeutendes kulturelles Zentrum. Hier fanden 842 die Ver- handlungen zwischen den drei En- keln Karls des Großen statt, die zur Teilung des Fränkischen Reichs im Vertrag von Verdun 843 führten. 1018 schenkte Kaiser I leinrich II. den Fiskus Koblenz dem Erzbischof von Trier. Mit dem Übergang dieses wirt- schaftlich wie strategisch bedeutsa-
Portal von 1754/1967 des um 1230gegrün- deten und 1944 zerstörten und nicht wieder aufgebauten Dominikanerklosters Geschichte Koblenz 1632 (wäh- rend der Belagerung der Schweden im Drei ßigjährigen Krieg), Merian-Ansicht, 1646 Koblenz wurde kurz nach Christi Geburt als Kastell zur Sicherung des Moselübergangs der Straße von Mainz nach Köln erbaut. Die Pfahl- brücke über die Mosel befand sich 50 m stromabwärts von der heutigen Balduinbrücke. Das Kastell lag, wie neue Ausgrabungen belegen, im Be- reich von St. Kastor, d. h. am Zusam- menfluss von Rhein und Mosel. Das Römerkastell maß ca. 100 x 100 m und besaß einen Graben von 4 m Breite und 2,5 m liefe. Im Kastell waren etwa 1000 Soldaten stationiert, die die Rheingrenze zu sichern hatten. West- lich des Kastells entwickelte sich an der Mosel eine florierende römische Handelsstadt, für die neben der be- reits erwähnten Brücke über die Mosel wenig später auch eine Holzbrücke über den Rhein errichtet wurde. Nach Germanenüberfällen erhielt die Stadt um 300 einen festen Mauerung. Die- se spätrömische Befestigung, die 19 Rundtürme mit jeweils 10 m Durch- messer besaß, ist an verschiedenen Stellen erhalten und wurde in spätere Bauten einbezogen. Auch nachdem das Römische Reich zusammengebrochen war, behielt Koblenz seine überregionale Bedeu- tung durch einen Königshof, der ab dem 5. Jahrhundert bestand. Im Mittelalter war das 836 geweihte Stift St. Kastor ein bedeutendes kulturelles Zentrum. Hier fanden 842 die Ver- handlungen zwischen den drei En- keln Karls des Großen statt, die zur Teilung des Fränkischen Reichs im Vertrag von Verdun 843 führten. 1018 schenkte Kaiser Heinrich II. den Fiskus Koblenz dem Erzbischof von Trier. Mit dein Übergang dieses wirt- schaftlich wie strategisch bedeutsa-
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men Platzes in das Trierer Herr- schaftsgebiet begann die Herrschaft der Trierer Erzbischöfe am Rhein, die bis zur Französischen Revolution an- dauern sollte. Um 1000 errichtete man die Burg auf dem Ehrenbreit- siein, die über Jahrhunderte konse- quent zur Festung ausgebaut wurde. Hier bewahrten die Herrscher in unsi- cheren Zeilen wichtige Heiligtümer auf. Als Zollburg errichteten die kur- I tierischen Erzbischöfe im 13. Jahr- hundert zudem die südlich von Ko- blenz gelegene Burg Stolzenfels und als eine Zwingburg gegen das nach mehr Unabhängigkeit strebende Bür- gertum die Alte Burg. Im frühen 13. Jahrhundert ließen sich der Deutsche Orden (1216), die Dominikaner turn 1230) und die Franziskaner (1236) in der Stadt nieder. Erst im 14. Jahrhun- dert wurde mit dem Bau der Balduin- briieke erstmals seil der Römcrzeit er- neut ein fester Übergang über die Mosel geschaffen. Im 15. Jahrhundert ging von den Stif- ten St. Kastor und St. Florin eine her- ausragende geistige Ausstrahlungs- kraft aus, als mit Winand von Steeg und Nikolaus von Kues Gelehrte von europäischer Bedeutung tätig waren. Während der Reformationszeit blieb Koblenz katholisch. Während des Dreißigjährigen Kriegs verlegte Kurfürst Philipp Christoph Koblenz mit seinen Grofsfestiui^cn 1840 (nach H. Fischer/ A. Müller 2002) Fort Astei stein in Lluenbreitstein iw; 1818-28
men Platzes in das Trierer Herr- schaftsgebiet begann die Herrschaft der Trierer Erzbischöfe am Rhein, die bis zur Französischen Revolution an- dauern sollte. Um 1000 errichtete man die Burg auf dem Ehrenbreit- stein, die über Jahrhunderte konse- quent zur Festung ausgebaut wurde. Hier bewahrten die Herrscher in unsi- cheren Zeiten wichtige Heiligtümer auf. Als Zollburg errichteten die kur- trierischen Erzbischöfe im 13. Jahr- hundert zudem die südlich von Ko- blenz gelegene Burg Stolzenfels und als eine Zwingburg gegen das nach mehr Unabhängigkeit strebende Bür- gertum die Alte Burg. Im frühen 13. Jahrhundert ließen sich der Deutsche Orden (1216), die Dominikaner (um 1230) und die Franziskaner (1236) in der Stadt nieder. Erst im 14. Jahrhun- dert wurde mit dem Bau der Balduin- brücke erstmals seit der Römerzeit er- neut ein fester Übergang über die Mosel geschaffen.
Im 15. Jahrhundert ging von den Stif- ten St. Kastor und St. Florin eine her- ausragende geistige Ausstrahlungs- kraft aus, als mit Winand von Steeg und Nikolaus von Kues Gelehrte von europäischer Bedeutung tätig waren. Während der Reformationszeit blieb Koblenz katholisch. Während des Dreißigjährigen Kriegs verlegte Kurfürst Philipp Christoph

liiick von Ehrcu- breitäein auf Koblenz von Sötern seinen Amtssitz von Trier nach Koblenz in das neu erbaute Schluss Philippsburg unterhalb der Festung Ehrenbreitstein. Seit dein 17. Jahrhundert wirkte sich die günstige Verkehrslage von Ko- blenz in Kriegszeiten verheerend aus. So wurde die Stadt immer wieder befestigt, teilzerstört, entfestigt und wieder aufgebaut, besonders im Drei- ßigjährigen Krieg (1618-48), im Pfäl- zischen F.rbfolgekrieg (1688-97), wäh- rend der Franzosenzeit (1794-1814) und im 2. Weltkrieg, als die Kernstadt zu ca. 85 % zerstört wurde. Ein wichtiger Finschnitt war die Er- oberung der Stadt durch die französi- sche Revolutionsarmee 1794. Lm Zu- ge der Säkularisation wurden die Klös- ter und Stifte 1803 aufgelöst. Infolge der Vereinbarungen auf dem Wiener Kongress fiel Koblenz 1815 an das Königreich Preußen. Ms Sitz des Oberpräsidiums der Provinz Grußher- zogtum Niederrhein und als spätere Hauptstadt der preußischen Rhein- 6
von Sötern seinen Amtssitz von Trier nach Koblenz in das neu erbaute Schloss Philippsburg unterhalb der Festung Ehrenbreitstein. Seit dem 17. Jahrhundert wirkte sich die günstige Verkehrslage von Ko- blenz in Kriegszeiten verheerend aus. So wurde die Stadt immer wieder befestigt, teilzerstört, entfestigt und wieder aufgebaut, besonders im Drei- ßigjährigen Krieg (1618-48), im Pfäl- zischen Erbfolgekrieg (1688-97), wäh- rend der Franzosenzeit (1794-1814)
und im 2. Weltkrieg, als die Kernstadt zu ca. 85 % zerstört wurde. Ein wichtiger Einschnitt war die Er- oberung der Stadt durch die französi- sche Revolutionsarmee 1794. Im Zu- ge der Säkularisation wurden die Klös- ter und Stifte 1803 aufgelöst. Infolge der Vereinbarungen auf dem Wiener Kongress fiel Koblenz 1815 an das Königreich Preußen. Als Sitz des Oberpräsidiums der Provinz Großher- zogtum Niederrhein und als spätere Hauptstadt der preußischen Rhein-


provinz bauten die l’reußcn Koblenz zur Festung und zu einem der stärks- ten Festungssysteme Europas mit zahlreichen Festungswerken aus. Die erste Eisenbahn fuhr 1858 durch Koblenz. Seitdem entstanden weitere Brücken über den Rhein und die Mo- sel. Zugleich verloren die Befestigun- gen durch die fortschreitende Kriegs- technik an Bedeutung. Als Folge brach man ab 1890 die Stadtbefestigung ab. Kaiser Wilhelm I. lebte lange mit sei- ner Gattin Augusta in Koblenz. Sein Denkmal wurde 1897 am Deutschen Eck errichtet. Um 1900 erfolgten um- fassende Stadterweiterungen vor al- lem nach Süden mit herausragenden Bauten, darunter bemerkenswerte Kir- chen und der Hauptbahnhof. Nach Ende des 1. Weltkriegs besetzten erst amerikanische und dann französi- sche Truppen die Stadt. Die schweren Schaden des 2. Weltkriegs haben das Stadtbild maßgeblich verändert. Die wichtigen Baudenkmäler wurden zu- meist wiederhergestellt. 7
provinz bauten die Preußen Koblenz zur Festung und zu einem der stärks- ten Festungssysteme Europas mit zahlreichen Festungswerken aus. Die erste Eisenbahn fuhr 1858 durch Koblenz. Seitdem entstanden weitere Brücken über den Rhein und die Mo- sel. Zugleich verloren die Befestigun- gen durch die fortschreitende Kriegs- technik an Bedeutung. Als Folge brach man ab 1890 die Stadtbefestigung ab. Kaiser Wilhelm 1. lebte lange mit sei- ner Gattin Augusta in Koblenz. Sein Denkmal wurde 1897 am Deutschen Eck errichtet. Um 1900 erfolgten um- fassende Stadterweiterungen vor al- lem nach Süden mit herausragenden Bauten, darunter bemerkenswerte Kir- chen und der Hauptbahnhof. Nach Ende des 1. Weltkriegs besetzten erst amerikanische und dann französi- sche Truppen die Stadt. Die schweren Schäden des 2. Weltkriegs haben das Stadtbild maßgeblich verändert. Die wichtigen Baudenkmäler wurden zu- meist wiederhergestellt.

links: „Le Pouce“ (Der Daumen) iw Cesar, Skulptur vor dem Ludwig Museum rechts: Deutsc h- ordenskommende mit Rheinbau und Resten der ehemali- gen Kirche links im Vordergrund Torbau undAtrhiv- dienerhaus mit (jlasneubau von 2002 DEUTSCHHERRENHAUS (Ludwig Museum) Bereits 1216 berief Erzbischof Thcodc- rieh II. von Wied die Ritter des Deut- schen Ordens nach Koblenz und über- ließ ihnen das nach ihnen „Deutsches Eck" benannte Gelände an der Mosel- mündung einschließlich des beste- henden St.-Nikolaus-Krankenhauses. Damit ist die Deutschordcnskommcn- de der älteste Sitz des Ritterordens im Rheinland. Die Niederlassung unter- stand unmittelbar dem Hochmeister und verwaltete zahlreiche Besitzun- gen von Mecheln bis Mainz. Nach den Zerstörungen im 2. Weltkrieg stellte man von der ehemaligen Anlage nur das gotische I lauplgebäudc - den Rheinbau - von 1279 und den Keller des Moselbaus mit Kreuzgratgewölbe (14. Jh.) wieder her. Von der 1306 ge- weihten und 1811 zerstörten Kirche sind Reste der Südwand und einer 1354/55 an der Südseite des Chors er- richteten Kapelle als Ruine erhalten. Zudem bestehen die Befestigungs- mauern zum Rhein und zur Mosel so- wie der Torbau und das Archivdiener- haus von 1895/96 (im Zuge der Um- wandlung zum Staatsarchiv errichtet). Seit 1992 beherbergt das Gebäude das Ludwig Museum für zeitgenössische französische Kunst, die fünfte vom Sammlerehepaar Peter und Irene Ludwig initiierte Kunstsammlung in Deutschland. Der Aachener Scho- koladenfabrikant Peter Ludwig (1925- 96) ist in Koblenz geboren.
links: „Le Police" (Der Damnen) vo Cesar, Skulptur vor dem Ludwig Museum rechts: Deutsch- ordenskommende mit Rheinbau und Resten der ehemah gen Kirche links in Vordergrund
DEUTSCHHERRENHAUS (Ludwig Museum) Bereits 1216 berief Erzbischof Theode- rich II. von Wied die Ritter des Deut- schen Ordens nach Koblenz und über- ließ ihnen das nach ihnen „Deutsches Eck" benannte Gelände an der Mosel- mündung einschließlich des beste- henden St.-Nikolaus-Krankenhauses. Damit ist die Deutschordenskommen- de der älteste Sitz des Ritterordens im Rheinland. Die Niederlassung unter- stand unmittelbar dem Hochmeister und verwaltete zahlreiche Besitzun- gen von Mecheln bis Mainz. Nach den Zerstörungen im 2. Weltkrieg stellte man von der ehemaligen Anlage nur das gotische Hauptgebäude - den Rheinbau - von 1279 und den Keller des Moselbaus mit Kreuzgratgewölbe (14. Jh.) wieder her. Von der 1306 ge- weihten und 1811 zerstörten Kirche sind Reste der Südwand und einer 1354/55 an der Südseite des Chors er- richteten Kapelle als Ruine erhalten. Zudem bestehen die Befestigungs- mauern zum Rhein und zur Mosel so- wie der Torbau und das Archivdiener- haus von 1895/96 (im Zuge der Um- wandlung zum Staatsarchiv errichtet). Seit 1992 beherbergt das Gebäude das Ludwig Museum für zeitgenössische französische Kunst, die fünfte vom Sammlerehepaar Peter und Irene Ludwig initiierte Kunstsammlung in Deutschland. Der Aachener Scho- koladenfabrikant Peter Ludwig (1925- 96) ist in Koblenz geboren.


DEUTSCHES ECK Die verkehrsgünstige Lage der Stadt Koblenz wird vor allem am „Deut- schen Eck“ offenkundig, der Mün- dung der Mosel in den Rhein. Seinen Namen erhielt der Ort durch den Deutschen Orden, der hier 1216 aus dem Besitz des Stiftes St. Kastor Grund und Boden erhielt. Auf der Landzunge des „Deutschen Ecks" steht das Reiteidenkmal für Kaiser Wilhelm I. von 1897. Das kupferge- triebene Reiterstandbild (1945 zer- stört, 1993 als Nachbildung wiederer- richtet) entwarf Emil Hundrieser. Den Entwurf für die Anlage und die Sockel- architektur lieferte Bruno Schmitz, der auch das Völkcrschlachtdcnkmal in Leipzig entwarf. Reitcnienkmai Kaiser Wilhelms /. am Deutschen Eck
DEUTSCHES ECK Die verkehrsgünstige Lage der Stadt Koblenz wird vor allem am „Deut- schen Eck" offenkundig; der Mün- dung der Mosel in den Rhein. Seinen Namen erhielt der Ort durch den Deutschen Orden, der hier 1216 aus dem Besitz des Stiftes St. Kastor Grund und Boden erhielt. Auf der Landzunge des „Deutschen Ecks" steht das Reiterdenkmal für Kaiser Wilhelm I. von 1897. Das kupferge- triebene Reiterstandbild (1945 zer- stört, 1993 als Nachbildung wiederer- richtet) entwarf Emil Hundrieser. Den Entwurf für die Anlage und die Sockel- architektur lieferte Bruno Schmitz, der auch das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig entwarf. Reiterdenkmal Kaiser Wilhelms I. am Deutschen Eck


Blick auf St. Kastor, im Hintergrund die Liebfrauen- (links) und die Florins- kirche (rechts). Seit Juli 2010 ver- kehrt die Rheinseil- Mm - mit 890 m Länge die grüßte Seilbahn Deutsch- lands - vom Rhein- ufer neben St. Kas- tor rum Plateau vor der Festung Ehren- breitstein. Um den UNESCO-Welterbe- Status nicht ru ge- fährden, soll die Seilbahn Ende 2013 wieder abge- baut werden. ST. KASTOR St. Kastor bildete im frühen und ho- hen Mittelalter das kulturelle und re- ligiöse Zentrum von Koblenz, ob- gleich die Kirche bis Ende des 13. Jahrhunderts noch vor den Toren der Stadt lag. Der Gründungsbau ist in geringen Teilen im heutigen Bau er- hallen. Er wurde über einem römi- schen Umgangstempel erbaut und 836 durch Erzbischof lletti im Bei- sein von König Ludwig dem From- men geweiht, nachdem ein lag zuvor die Gebeine des hl. Kastor von Kar- den an der Mosel in die Kirche ge- kommen waren. Wohl schon zur Gründungsphasc bestand das Stift, das 1802 aufgelöst wurde. Die karolingische einschiffige Kirche (vor 836) mit Querhaus, Apsis, Apsis- umgang und Chorscheitelrotunde prägt bis heute die Ausmaße der Kir- che. Die karolingische Bausubstanz ist in den Fundamenten, vom Quer- haus bis zu den Kämpfern des Chor bogens und wohl auch im Westbau erhalten. Der Westbau erhielt seine Gestalt als Doppelturmfassade in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts. Um 1150/60 wurde der Chor mit den bei- den Flankcnlürmen erbaut. Nach grö ßeren Zerstörungen 1198 im Krieg zwischen Philipp von Schwaben und König Otto IV. entstand bis 1208 (Weihe) das breite und niedrige ro- manische Langhaus mit gewölbten Seitenschiffen und flachgedecktem
ST. KASTOR St. Kastor bildete im frühen und ho- hen Mittelalter das kulturelle und re- ligiöse Zentrum von Koblenz, ob- gleich die Kirche bis Ende des 13. Jahrhunderts noch vor den Toren der Stadt lag. Der Gründungsbau ist in geringen Teilen im heutigen Bau er- halten. Er wurde über einem römi- schen Umgangstempel erbaut und 836 durch Erzbischof Hetti im Bei- sein von König Ludwig dem From- men geweiht, nachdem ein Tag zuvor die Gebeine des hl. Kastor von Kar- den an der Mosel in die Kirche ge- kommen waren. Wohl schon zur Gründungsphase bestand das Stift, das 1802 aufgelöst wurde. Die karolingische einschiffige Kirche (vor 836) mit Querhaus, Apsis, Apsis- umgang und Chorscheitelrotunde prägt bis heute die Ausmaße der Kir- che. Die karolingische Bausubstanz ist in den Fundamenten, vom Quer- haus bis zu den Kämpfern des Chor- bogens und wohl auch im Westbau erhalten. Der Westbau erhielt seine Gestalt als Doppelturmfassade in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts. Um 1150/60 wurde der Chor mit den bei- den Flankentürmen erbaut. Nach grö- ßeren Zerstörungen 1198 im Krieg zwischen Philipp von Schwaben und König Otto IV. entstand bis 1208 (Weihe) das breite und niedrige ro- manische Langhaus mit gewölbten Seitenschiffen und flachgedecktem

oben: Grabmal des Erzbischofs Kuno II, vor» Falkenstein (t 1388) in gotischer Spitzbogenblcnde im Chor unten: Grabmal für Erzbischof Werner von Königstein (t 1418) in nasen- besetztem Kielbogen im Chor oben links: St. Kastor, Fassade Mittelschiff. Wenig später erhielten die Westtürme ein zusätzliches Ge- schoss und die beiden verhältnismä- ßig steilen Rautcnhelme. Im späten 15. Jahrhundert erfolgte die Einwöl- bung des Langhauses und die Ncu- einwölbung der Vierung mit einem Netzrlppengewölbe. Kurz nach 1802 brach man die Stifts- gebäude und den romanischen Tor- 11

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Mittelschiff. Wenig später erhielten die Westtürme ein zusätzliches Ge- schoss und die beiden verhältnismä- ßig steilen Rautenhelme. Im späten 15. Jahrhundert erfolgte die Einwöl-
bung des Langhauses und die Neu- einwölbung der Vierung mit einem Netzrippengewölbe. Kurz nach 1802 brach man die Stifts- gebäude und den romanischen Tor-
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bau zum Friedhof ab. 1848/49 wur- den im Rahmen einer Instandset- zung unter Johann Claudius von I.as- saulx die barocke Ausstattung und die Chorschranke entfernt. Joseph A. Set- tegast malte Anfang der 1850er Jahre die Kirche aus. Von den großflächigen Wandmalereien ist seit 1928 nur noch das Apsisgemälde erhalten. Im Rah- men der Außenrestaurierung erneuer- te Stadtbaumeister I. W. Maeckier 1890-95 das rechte Seitenschiff und die südliche Sakristei. Im 2. Weltkrieg wurden die Dächer und die Orgel zer- stört. Grundriss nmh Krause W20 si hwar/ = vor 8 16 ( hör = um 1150/60 Landhaus = vor 1208
oben: St. Kastor, Ansicht von Süden links: Das 1835 als Mädchenschule für die Pfarrei St. Kastor nach Entwürfen des bedeutenden Archi- tekten Johann Clau- dius von Lassaulx im Rundbogenstil errich- tet und im Dachge- schoss 1912/13 ver- änderte Gebäude diente zwischen 1911 und 1944 als Rhein- museutn links: Pfairhaus von St. Kastor, erbaut 1830 irn Rundbogen- stil nach Entwürfen von Johann Claudius von Lassaulx 13

Kastor-Brunnen, Denkmal für Na- poleons Russland- Feldzug 1812, ur- sprünglich von den Statuen von Vater Rhein und Mutter Mosel bekrönt Denkmal für Peter Altmeier (1899- 1977), erster ge- wählter Minister- präsident von Rheinland-Pfalz 1947-69 JAKOBUSKAPELLE/VON- DER-LEYENSCHER-HOF Im Bereich des 1944 zerstörten Von- der-Leyenschen-Hofs (Kastorstraße 2, heute Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen) steht auf dem dama- ligen Friedhof der Deutschordenska- pelle die 1355 erbaute gotische Jako- buskirche. Ihr Äußeres wurde um 1725 nach Entwürfen des kurtrieri- schen Hofbaumeisters Johannes Seiz mit dem Nachbargebäude zu einer barocken Schaufront (ursprünglich war dies die Gartenansicht) umge- staltet. Dieser Bauteil bildet den Rest des Von-der-Leyenschen-Hofs, den Erzbischof Johann von der Leyen (1556-67) als Stadthof für seine Fa- milie erbauen ließ und der mehrfach ergänzt und umgebaut wurde. Der Neubau stammt von 1967. GÖRRESHAUS Das ursprünglich freistehende neu- gotische Görreshaus (heute im Hin- terhof Eltzerhofstraße 6 von 1892/ 93) ist das Fest- und Versammlungs- haus des 1863 gegründeten katholi- schen Lesevereins, das nach dem ka- tholischen Publizisten Josef Görres (1776-1848) benannt ist. Der neugo- tische Kernbau von 1865 mit großem Festsaal dient heute als Stammhaus des Staatsorchesters Rheinische Phil- harmonie. Görreshaus (Eltzerhofstraße 6, Hinterhaus) „DEUTSCHER KAISER" Das spätere Gasthaus „Deutscher Kai- ser" (Kastorstraße 3) gehört zu den wenigen mittelalterlichen Häusern in Koblenz, die unversehrt die Beschie- ßung der Stadt durch die Franzosen 1688 überstanden. Das markante turmartige Gebäude mit Zinnen- kranz ließ sich der Koblenzer Schöffe und erzbischöfliche Münzmeistcr Konrad von Lengenfeld (t 1520) um 1490 erbauen. Das Wappen der Fami- lie Lengenfeld zeigen der Schlussstein des Sterngewölbes im F.rgeschoss und der Bogenfries der Nordfassade. PFARRHOF LIEBFRAUEN Das Anwesen Florinspfaffengasse 14 könnte auf den merowingischen Kö- nigshof zurückgehen - eindeutige Belege fehlen jedoch. Bei den zwei Türmen mit barocken Helmen von
Jakob iiskapel le

Kastor-Rrunnen, Denkmal fiir Na- poleons Russland- Feldzug 1H12, ur- sprünglich von den Statuen von Vater Rhein und Mutter Mosel bekrönt l tenkmal für Peter Altmeier (1899- 1977), erster ge- wählter Minister- präsident von Rheinland-Pfalz 1947-69 JAKOBUSKAPELLE/VON- DER-LEYENSCHER-HOF Im Bereich des 1944 zerstörten Von- der-l.eyenschen-Hofs (Kastorstraße 2, heute Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen) sieht auf dem dama- ligen Friedhof der Deutschordenska- pelle die 1355 erbaute gotische Jako- buskirche. Ihr Äußeres wurde um 1725 nach Entwürfen des kurtrieri- schen Hofbaumeisters Johannes Seiz mit dem Nachbargebäude zu einer barocken Schautront (ursprünglich war dies die Gartenansicht) umge- staltel. Dieser Bauteil bildet den Rest des Von-der-Leyenschen-Hofs, den Erzbischof Johann von der Leyen (1556-67) als Stadthof für seine Fa- milie erbauen ließ und der mehrfach ergänzt und umgebaut wurde. Der Neubau stammt von 1967. GÖRRESHAUS Das ursprünglich freistehende neu- gotische Görreshaus (heute im Hin- terhof EltzerhofStraße 6 von 1892/ 93) ist das Fest- und Versammlungs- haus des 1863 gegründeten katholi- schen Lesevereins, das nach dem ka- tholischen Publizisten Josef Görres (1776-1848) benannt ist. Der ncugo- tische Kernbau von 1865 mit großem Festsaal dient heute als Stammhaus des Staatsorchesters Rheinische Phil- harmonie. Görreshaus (Ellzerhofslraße 6, Hinterhaus) „DEUTSCHER KAISER" Das spätere Gasthaus „Deutscher Kai- ser" (Kastorstraße 3) gehört zu den wenigen mittelalterlichen Häusern in Koblenz, die unversehrt die Beschie- ßung der Stadt durch die Franzosen 1688 überstanden. Das markante turmartige Gebäude mit Zinnen- kranz ließ sich der Koblenzer Schöffe und erzbischöfliche Münzmeister Konrad von Lengenfeld (f 1520) um 1490 erbauen. Das Wappen der Fami- lie Lengenfeld zeigen der Schlussstein des Sterngewölbes im trgeschoss und der Bogenfries der Nordfassade. PFARRHOF LIEBFRAUEN Das Anwesen Florinspfaffcngasse 14 könnte auf den merowingischen Kö- nigshof zurückgehen - eindeutige Belege fehlen jedoch. Bei den zwei Türmen mit barocken Helmen von
<>t>en links: „Deutscher Kaiser" oben rechts: Kräiner/untlhaus, Kornpfort- strafte 17, 1708 10 1701/02 (1987 rekonstruiert) handelt es sich um Türme der spätrömischen Stadtmauer. Im Mittelalter diente der Hof als erzbischöfliche Wohnung und als Hofgericht. Seine heutige Gestalt erhielt die Anlage 1680-82 und 1701/ 02 durch Johann Christoph Sabastia- ni. Das Tor von 1745 stammt vom 1944 zerstörten Basscnhcimcr Hof an der Balduinbrucke. Weinhaus Hubertus ant Florinsmarkt, Fachwerkbau um 1695 oben. Eltz-Kübcnachcr Huf. Kornpfurtstraße 15, heute Sladlhihlio- thek, Aiißciigestattung um 1701 von Johann Christoph Sebastiani unten: Pfarrhof Liebfrauen, Florinspfaffcngassc 14
ST. FLORIN oben: St. Florin, Fassade lind Grund- riss rechts: Glasferislcr, Rundscheiheit mit der Dimtcllunx aus der Kindheit und Passion Christi, um 1330, sonst 1899 Die ehern. Stiftskirche Sl. Florin geht auf die Kapelle des benachbarten fränkischen Königshofs zurück. Die heutige Kirche wurde um 1100 als ro- manische Basilika errichtet, der Chor in der Mitte des 14. Jahrhunderts go- tisch erneuert. Die Kirche war zu- nächst in allen Teilen flach gedeckt. Erst in den Jahren zwischen 1582 und 1614 erfolgte durch Meister Diet- rich der Einbau des Langhausgewöl- bes, das nach der Beschießung 1688 durch die Franzosen 1708-11 erneuert wurde. Die Franzosen lösten 1803 während ihrer Besatzungszeit das Stift auf. verkauften die Ausstattung und brachten 1807-11 die angrenzenden Sliftsgebäude ab, so dass nur das ro- manische Kapitelhaus und geringe Teile des Kreuzgangs tbeide um 1200) erhalten sind. Nach der Franzosenz.oii wurde die Kirche als evangl Ische Pfarr- kirche (ab 1818) wiederhergcstcllt. Die Turmheline wurden 1899 erneuert. Die historische Ausstattung ist fast vollständig verloren gegangen. Bemer- kenswert sind jedoch die vermutlich aus der Kirche in Dausenau stammen- 16


oben: St. Flo- rin, Blick durch das Langhaus zum Chor links und unten Mitte: Kapitelhaus, Ansicht und Schnitt rechts außen: Denkmal für Nikolaus von Kues (1401- 64) vor der Kir- che - berühm- ter Philosoph, Theologe und Mathematiker, ab 1430 De- kan am Stift St. Florin, später auch Kardinal den mittelalterlichen Glasscheiben, die 1899 zu großen Fenstern zusam- mengesetzt wurden. Sie zeigen Dar- stellungen aus der Kindheit und der Passion Christi (um 1330), der Kreuzi- gung und I limmelfahrt Christi (wohl aus dem Kloster Arnstein stammend, 2. Drittel 14. Jahrhundert).
Rümsheimer Hof, Kaul- und Danz- huu.\ sowie Schotten- haus Moselansicht mit „Deutschem Kai- ser", Schöffenhaus (mit Erker und Wap- pen des ’ltierer Kurfürsten Richard von Greiffcnklau (reg. 1511-31)), den 1 linnen von St. Florin, dem Kaufhaus und dem Uihresheimerhof mit (Jalcriebau ALTES KAUFHAUS (Mittelrhein-Muscum) Das 1419-25 als städtisches Kauf- und Danzhaus am Florinsmarkt errichtete Gebäude diente von 1674 bis 1794 als Rathaus. Nach Beschädigungen im l'täl/ischen Krbfolgckricg 1688 erhielt cs durch Johann Georg Judas das ba- rocke Mansarddach und den Uhrtunn mit dem Fratzen köpf des „Augcnrol- Icrs". 1944 zerstört und 1961/62 wie- derhergestellt, beherbergt das Gebäu- de das Mittelrhein-Museum, eine Sammlung mittclrhcinischer Kunst (bemerkenswerte gotische Skulpturen und Gemälde der Rheinromantik). Bis zum I ndc der Generalsaniening 2013 präsentiert das Museum Sonderaus- stellungen. Ein Teil des Museums ist auch im gotischen Schöffen haus von 1528-30 (J965 rekonstruiert) mit den filigranen Ecktunnchen unterge- bracht. Hier tagten die 14 Schöffen, die das Stadtgericht bildeten. F>er Hürreshcimcr Hof von 1659/60 mit markantem geschweiften Giebel beherbergt u. a. die Musik- und Ju- gendbibliothek. Von 1847 bis 1938 war der Bau Synagoge. Zur Mosel schließt der barocke Galeriebau (1771-74) von Nikolaus lauxen an.


ohen: Münzplatz, Jugendstil-Wandgemälde vwj William Straube (1911} mit der Darstellung des Paradieses (links), Meltemicher Hol (Mitte), Marktfrau & S< hulzmwrn sowie „Resche Hennerich" (Htnnze- figuren wn Fritz Herltn, oben rechts), Münzmeisterhaus (rechts) MÜNZPLATZ Der Münzplatz entstand durch den Abriss der Gebäude der kurfürstüch- trierischen Münze, die 1773 geschlos- sen wurde. Während die Werkstätten (Öfen, Prägerei, .Schlosserei usw.) nach 1806 verschwanden, blieb das heute frei stehende Münzmcistcrhaus von 1761/63 (von Johann Seiz erbaut) er- halten, das einstige Wohnhaus des Münzmeisters Meydingcr. Dem Platz gegenüber steht der Met- ternicher Hot, Stadthof der Freiher- ren von Metternich-Winneburg. Das im Kern mittelalterliche Gebäude er- hielt seine heutige Fassade 1674. Hier wurde Clemens Wenzeslaus von Met- ternich (1773-1859) geboren, der 1814/15 den Wiener Kongress leitete. links: Straßenkreuzung Markt straße/Am Plan - vier Häuser von 1608 mit kunstvollen Erkertünnen, 1689 92 von loh. Christoph Sebasliani (nach Zerstörung 1688) erneuert, Marktstr. 2 und Am Plan 2 1862/63 erhöht, Letzteres 1944 zerstört, 1950 rekonstruiert



Lkbfraucnkin he. Doppelt! trmfassade (oben), Grundriss (unten rechts), Innenansicht rum Chor (S. 23), Grabsteine des Reinhard von Burg- torn (t IS 17) und seiner Frau Guta (t 1553) in der Vor- halle (unten links) LIEBFRAUENKIRCHE Im Zentrum der Altstadt gelegen, war die Kirche vom späten Mittelalter bis um 1794 die Hauptpfarrkirche von Koblenz. Der heutige Bau besaß meh- rere Vorgänger, darunter einen römi- schen Saalbau, der im 5,/6. Jahrhun- dert zu einer Kirche mit Ambo und Chorsch ranke um gestaltet wurde. Mit dem Bau der heutigen spätroina- nischcn Liebfrauenkirche wurde 1180 begonnen. 1205 war die dreischiffige Gewölbebasilika vollendet. Den Chor verlängerte man 1404-30 nach Plä- nen von Johann von Spay ff 1420) mit dem heutigen spätgotischen Iang- eljor. Um 1470 modernisierte inan das Mittelschiff durch den Einbau des pninkvollen Netzrippengewölbes. Die 1688 zerstörten Turmhclme erneuerte 1693/94 der kurtrierische llofbau- meister Johann Christoph Sebastian!. Weitere barocke Veränderungen folg- ten, die jedoch der Kölner Donibau- meister Vinzenz Statz 1852 zugunsten neuromanisch bzw. -gotischer Bau- formen und Ausstattungsstücke aus- tauschte. Wichtigste Sehenswürdig- keit im Kirchenraum ist heute der Flü- gelaltar eines flämischen Meisters mit der Anbetung der I ledigen Drei Köni- ge von 1584 (im Chor). Die spätroman ischc Pfeilerbasilika wirkt durch die Emporen und den ho- hen Obergaden ungewöhnlich. Durch das Emporengeschoss entsteht ein in den Proportionen außergewöhnlich steil wirkendes Mittelschiff. Der Chor der romanischen Kirche ist heute der Vorchor des dreischiffigen, gegenüber dem Langhaus etwas breiteren spätgo- tischen Chors. 22

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maa Jesuiteitkirche, Fas- sade - Portal mit Johannes dem Täu- fer (Kitchenpalron), Ignatius von Loyola (Ordensgründer) Franz Xaver (Jesui- tenheiliger) und Erz- engel Michael - und Innenratan JESUITENKOLLEG IUM/ RATHAUS Der Jesuitenplatz mit dem Standbild des in Koblenz geborenen Anatomie- professors Johannes Müller (1H01— 58), der u. a. die Blutgerinnung er- forschte, wird von zwei Barockhäusem mit Zwerchgiebeln von 1773 des Stadt- baumeisters Nikolaus lauxcn und dem ehern. Jcsuitcnkollcgium geprägt, das heute als Rathaus genutzt wird. Nach- dem sich im Zuge der Gegenreforma- tion auf Wunsch des Trierer Erzbi- schofs Jakob 111. von Eltz der Jesuiten- orden 1580 in Koblenz in den Gebäu- den der zuvor umgcsiedelten Zis- terzienserinnen niedergelassen halte, entstanden ab 1588/89 die ersten Klos- tcrncubautcn (zunächst der Süd-, dann der Westflügel unter der Leitung von Georg Monreal) und 1613-17 die re- präsentative Kirche mit Seitenschiff- emporen im nachgotischen Stil mit Renaissancczierformcn. 1944 zerstört, wurde nur die Fassade von 1617 mit der prächtigen Fensterrose und dem Portal wiederhergestellt, während man das Kirchenschiff 1958/59 nach Plä- nen von Dominikus Böhm neu er- richtete. Die Glasbilder schuf Jakob Schwarzkopf (1962). Das Gnadenbild stammt aus dem 15. Jh. Den Gebäude- teil des Kollegs zum Jesuitenplatz schuf Joh. Christoph Sebastian! 1694-1701, die Turmhauben Joh. Georg Judas. links: Schängelbnmnen vrwr Carl Burger, 1940. Der Lausbub „Schlingel“ spuckt alle zwei Minuten Wasstr. ,Schang'ist eine Ab- leitung vom franz. Jean’- Bezeichnung eines Franzosen wahrend der Franzosenzeit hzw. mundartliche Bezeichnung (Ortsneckname) für die in der Stadt Koblenz geborenen Jun- gen (heute auch Mädchen) rechts: Jesuitenkolleg unten: Jesuitenplatz mit dem Denkmal für Johannes Muller





RHEINUPER Das Rheinufer dominieren die Mo- numentalbauten des Hotels „Coblen- zer :911-13 von G. Müllcr-Er- kvknz) und das neuromanische, an stautische Pfalzen angelehnte Regie- rungsgebäude (1902-06 von Paul Kiese hke), der ehern. Sitz der König- lichen Regierung des preußischen Rc- tungshezirks Koblenz. n i hts: Hisloriensäule (1992) von Jürgen Ui her auf dein Josef-Görres-Plalz.. Über dem n mi* heu Weinschiff'ist die Geschichte von Koblenz dargestellt: römische Stadt, fränki- sdier Konigshof, Zerstörung 1199, Kreuz- zogt. Blütezeit im Mittelalter, Dreißigjähriger Kmg, Französische Revolution 1789, 1 u Jahrhundert, 2. Weltkrieg und heute unten: W'eindorf geht auf die Reic hsausstel- lung .Deutscher Wein“ von 1925 zurück oben: Rheinufcr mit ehern. Regierungsge- häude (heule Bundes- amt für Wehrleduiik und Beschaffung) van 1902-06 und Hotel „('oblenzer Hof von 1911-13, davor Rheinkran, 1609-11 nach Plä- nen von Peler Werner unter Mitwirkung des ftil'ulter Festungsbau- meisters Johann Pasqualini Mitte: Rtgienings- straße 7, eheni. Huuptzollamt und Dienstwohnung des Regia tutgspriis i deu- ten, heute Oherian- desgericht Koblenz und AnwallsgerichLs- hof Rhcinland-Pfdlz, um 1906 von Paul Kiese hke erbaut 25
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oben und unten links: Kurfürstliches Schluss, 1776-92 unten rechts: Görres- Deitktnal, 1928 von Richard Langer. Der 5 m hohe Jüngling mit Buch und Adler streckt sich zur rech- ten Rheinseite - der Verweis auf die Wiedervereinigung mit dem Deutschen Reich als Koblenz französisch war. Der Koblenzer Josef Gör- res (1776 1848) förderte Pressefrei- heit, Vierfassung und Volksrecht. KURFÜRSTLICHES SCHLOSS Das kurfürstliche Schloss (1776-92) der Architekten Pierre Michel d'lxnard und A. Francois Peyre d. J. am Rhein - ufer gilt als einer der letzten monu- mentalen Schlossbauten des 18. Jahr- hunderts und zugleich als erster und bedeutendster frühklassizistischer Bau im Rheinland. Die Rheinfront besitzt eine beachtliche Länge von 160 m. Auftraggeber des Schlosses war Kur- fürst Clemens Wenzeslaus von Sach- sen. Er entschloss sich für den Resi- denzneubau südlich der Stadt, um den Ausbau einer vorgelagerten Neu- stadt voranzutreiben und die Phi- lippsburg in F.hrcnbreitstein als Resi- denz abzulösen. Da der Kurfürst 1792/93 und endgültig 1794 vor dem französischen Revolutionsheer flie- hen musste, blieb die Innenausstat- tung unvollendet. Das Schloss erlebte seitdem unterschiedliche Nutzungen. 1842-45 erhielten einige Innenräu- me nach Entwürfen von Friedrich August Stüler durch Johann Claudius von Lassaulx eine klassizistische Um- gestaltung. 1845-1914/18 diente das Obergeschoss als Wohnort des preußi- schen Königshauses, während im Erd- geschoss 1846-1911 der Sitz des Ober- präsidiums der Rheinprovinz unter- gebracht war. 1944 zerstört, wurden Ausstattungsteile wiederhergestcllt. 26



Stnscmannstra/ie 3/5 (neben dem Schloss), t hem. Oberpräsidium der Rheinprovinz, heult Struktur- und Genehmtgungsdirek- riun Kord, 170 m langer Repräseniulions- hau um 1907-10 (Architekten Saran und Rt rhnstedt) nai h Vorbildern fränkischer und rheinischer Barockschlösser SL losef, 189S-98 nach Plänen von losef Kl, < sattel, sehr qualitätvoller neugotischer Kuu als Zentrum der südlichen Vorstadt mit 90 tu hohem Turm und Originalausstattung (0 B E 5! I BOJE DEINHARDPLATZ Zentnirn der spätbarocken Stadtcr- weiterung bildet der Dcinhardplatz, benannt nach dem 1786 errichteten Stammhaus Deinhard - dem ehe- maligen Zentrum des Wcinhandels und der Sektproduktion (seit 1969 Deinhard-Kellcrmuseumt. Der Brunnenobelisk von 1791 nimmt die Platzmitte ein. Repräsentativster Bau ist das Stadtthcater, 1786/86 von Johann Andreas Gärtner erbaut. Im Innern ist der klassizistische Zu- schauerraum zu bestaunen. Neben dem Theater steht das Hotel „Trierer Hof", 1786 von Christian Trosson er- baut. Deinhardpiatz mit dem Stammhaus Deinhard (Deinhard-Kellermu- seum, links), dem Stadttheater (Milte), dem Hotel „lYicrer Hof (rechts) sowie dem Bnmnenohelisken von 1791 Herz-fesu-Kirche, 1900-03 von Ludwig Becker, malerisc he repräsentative Kirche im Stil rheinischer Spät- rumunik in städtebau- lich exponierter Lage am Friedrich-Ebert- Ring, Aussiedlung 1944 zerstört 27




KOBLENZ-EHRENBREITSTEIN FESTUNG EHRENBREITSTEIN Die rechte Rheinseite (Koblenz-Ehren* breitstein) wird von der mächtigen Festung Ehrenbreitstein geprägt, die sich gegenüber der Moselmündung in 118 in Höhe über dem Strom auf steil ansteigendem Felsen erhebt. Es han- delt sich um eine der stärksten in Euro- pa errichteten Festungsanlagen. Das Vorgeländc der Festung auf der Hochfläche ist die Austragungsfläche der Bundesgartenschau 2011. Die Rheinseilbahn, die größte Luftseil- bahn Deutschlands, verbindet die Festung Ehrenbreit- stein, Grundriss linksrheinische Seite bei St. Kastor mit dem Plateau vor der Festung. Dabei können bis zu 7600 Menschen pro Stunde befördert werden. Die Festung Ehrenbreitstein beheima- tet unter anderem das Landesmu- seum Koblenz (Hohe Ostfront), eine Archäologische Ausstellung (Contre- garde rechts), zwei Restaurants und die Jugendherberge. Eine erste Burg soll um 1000 von dem Konradiner Erenbert angelegt worden sein. Wenig später gelangte sie an die Erzbischöfe von Trier, die die Anlage stetig ausbauen ließen. Als besonders sicherer Ort im Erzbistum verwahrte man hier 1.380-1422 die Kopfreliquie des hl. Apostels Matthias. Um 1500 begann der Ausbau zur Fes- tung durch die Errichtung der ersten bastionierten Anlage, indem die Burg auf die im Norden gelegene Hochflä- che ausgedehnt wurde. Im 17. Jahr- hundert erreichte die Festung ihre heutige Ausdehnung. Dennoch ge- lang es den französischen Truppen 1799, nachdem die kurtrierische Be- satzung mehr als drei Jahre belagert und daher ausgehungert worden war. die bis dahin unbezwungene Festung zu erobern und 1801 restlos zu zerstö- ren. 1815-32 erfolgte die Neubefesti- gung in Anlehnung an die barocke Anlage, jedoch in moderner Formen- sprache und Technik, und damit die Erschaffung des heutigen Zustands. Landesmuseum Koblenz Das Landesmuseum Koblenz versteht sich als technisches Museum und be- handelt Aspekte der Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Region vom Automobilbauer August Horch und der Bimsindustrie bis hin zu Wein- bau, Sektherstellung, Tabakverarbei- tung und Archäologie. 28
A'ur.< hnnhnitstein, Ansicht it»i dir tfaffcndorfcr Hnttke (Khebibnicke) Festung Ehrenbreitstcin 2$




oben und unten: Dikasleriulbau und Mars lull Pagerie KURFÜRSTLICHE GEBÄUDE Unterhalb der Festung Ehrenbreit- stein stand ursprünglich die kurfürstli- che Residenz, die sich der Trierer Erz- bischof Philipp Christoph von Sötern 1626-29 nach Plänen Georg Ridingers erbauen ließ und die dieser - nach sich selbst - Philippsburg nannte. Seit der Vollendung des kurfürstlichen Schlos- ses in Koblenz (s. S. 28»1786 stand die Philippsburg leer. 1801 von den Fran- zosen gesprengt, wurden die Reste we- nig später abgebrochen. Erhalten blie- ben die stattlichen Nebengebäude, die für sich bereits den Eindruck größter Repräsentation vermitteln: im Nor- den die Pagerie (Festungspfortenbau, 1690-92 von Johann Christoph Sebas- tians), der langgestreckte, parallel zu in Rhein verlautende, schlossartige Dikasterialbau für die kurfürstliche Verwaltung <1739—19 nach Plänen des berühmten Architekten Balthasar Neumann», dahinter der Krummstall (gleichfalls von Neumann 1744-47, Wirtschafts- und Stallgcbäudc) und im Süden der Marstall (1762 von Jo- hannes Selz, Rokoko-Portaldekor mit Maskenkartusche und aufbäumen- dem Pferd mit Knecht, 1762/63 von Joseph Fehl).



ORTSZENTRUM Fhrcnbrcitstcin besitzt noch Reste des historischen Stadtkerns mit eini- gen interessanten Wohnhäusern zu- meist aus der Barockzeit, darunter das Palais Coenen von 1713, die sich anschließenden I läuser „Weißes Ross" von 1723 in der Hofstraße und die Al- te Mühle (Obertal) von 1726. Die Mutter Ludwig van Beethovens, Maria Magdalena Keverich (1746-87), wurde im Mutter-Beethoven-Haus (Wambachstr. 204) geboren. Das Ge- burtshaus ist seit 1975 Museum. Die größte Beethovensammlung in Pri- vatbcsilz zeigt Notenhandschriften. Briefe, Erinnerungen an Sophie von La Roche und Clemens Brentano usw. Die Kapuzinerkirche (1657 geweiht) besitzt qualitätvolle Altäre des Hofar- chitekten Johannes Seiz von 1753 und eine Kanzel von 1755. In der seitlichen Loretoka pelle befinden sich ein Altaraufsatz von 1739 und ei- ne reich stuckierte Altamische mit Vesperbild und Rükokostuck (1747). Das Rheinmuseum Koblenz schil- dert anschaulich das Leben am Rhein vom Neandertaler über die Rheinro- mantik bis zum Rheinausbau und die Entwicklung der Rheinschifffahrt. üben: Kapuzinerkir- che und Kulturzen- trum Konradhaus, IX7H von dem be- rühmten Berliner Architekten Marlin Gropius erbaut links: Mutter-Reetho- ven-Haus links: Rheirirnuseum, Gebäude 2. Hälfte 19. Jahrhundert unten: Rhvinnniseum, Schiffsfund wn Ehrenbreitstein aus dem 17. Jahrhundert Palais (oeneti, 17 IS wn dem Hofhau- meister Philipp Honorius Ravensleyn für den Hofkammer- rat Heinrich Ludwig Coeneti erbaut unten: Haus Kapuzi- ners! ruße 1.15, Fach- werk von 1672, ursprünglich vorn ehern. Rathaus stam- mend und ttS44 in das heutige Gebäude eingebaut 31





Koblenz ist eine römische Grün- dung und daher eine der ältesten Städte in Deutschland. Einzigartig ist die Lage von Koblenz an der Mün- dung der Mosel in den Rhein. Dies spiegelt sich auch im lateinischen Ortsnamen „Confluentes" (= die Zu- sammenfließenden) wider, der sich im Namen „Coblenz" - die bis 1926 offizielle Schreibweise - erhalten hat. Große Teile der Stadt gehören zum UNESCO-Welterbe Mittelrheintal. Hier hat sich eine außergewöhnliche Kulturlandschaft mit Burgenanlagen und Kirchen in einer bezaubernden Landschaft erhalten. Mit mehr als 100000 Einwohnern ist Koblenz heute überregionales Zen- trum, Universitätsstadt und unter anderem der Sitz des Bundesarchivs und der Bundesoberbehörden Bun- desamt für Wehrtechnik und Be- schaffung sowie Bundesamt für In- formationsmanagement und Infor- mationstechnik der Bundeswehr. Burg Stolzenfels, eine der bekanntesten Burgen des Rheins, liegt nur wenige Kilo- meter südlich von Koblenz