Author: Knippers J.   Cremers J.   Gabler M.   Lienhard J.  

Tags: kunststoff   materialwissenschaft  

ISBN: 978-3-920034-41-6

Year: 2010

Text
                    Atlas
Kunststoffe +
Membranen

Edition ∂

WERKSTOFFE UND HALBZEUGE
FORMFINDUNG
UND KONSTRUKTION

KNIPPERS
CREMERS
GABLER
LIENHARD



Atlas Kunststoffe + Membranen WERKSTOFFE UND HALBZEUGE FORMFINDUNG UND KONSTRUKTION KNIPPERS CREMERS GABLER LIENHARD Institut für internationale Architektur-Dokumentation · München
Autoren Jan Knippers, Prof. Dr.-Ing. Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (itke), Fakultät für Architektur und Stadtplanung, Universität Stuttgart Jan Cremers, Prof. Dr.-Ing. Architekt Fakultät Architektur und Gestaltung Hochschule für Technik Stuttgart Markus Gabler, Dipl.-Ing. Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (itke), Fakultät für Architektur und Stadtplanung, Universität Stuttgart Julian Lienhard, Dipl.-Ing. Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (itke), Fakultät für Architektur und Stadtplanung, Universität Stuttgart Mitarbeiter: Sabrina Brenner, Cristiana Cerqueira, Charlotte Eller, Manfred Hammer, Dipl.-Ing.; Petra Heim, Dipl.-Ing.; Carina Kleinecke, Peter Meschendörfer, Elena Vlasceanu Fachbeiträge: Joost Hartwig, Dipl.-Ing., Martin Zeumer, Dipl.-Ing. (Umweltwirkungen von Kunststoffen) Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, Fachbereich Architektur, Technische Universität Darmstadt Carmen Köhler, Dipl.-Ing. (Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe) Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (itke), Fakultät für Architektur und Stadtplanung, Universität Stuttgart Fachberatung: Christina Härter, Dipl.-Ing. (Kunststoffe) Institut für Kunststofftechnik, Universität Stuttgart Andreas Kaufmann, M. Eng. (Komplexe Gebäudehüllen), Philip Leistner, Dr.-Ing. (Erweiterte bauphysikalische und energetische Aspekte) Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP, Stuttgart /Holzkirchen Alexander Michalski, Dr.-Ing. (Tragwerk und Form) Lehrstuhl für Statik, Technische Universität München Mauricio Soto, MA. Arch. (Konstruieren mit textilen Membranen) studio LD Jürgen Troitzsch, Dr. rer. nat. (Erweiterte bauphysikalische und energetische Aspekte) Fire and Environment Protection Service, Wiesbaden Redaktion Redaktion und Lektorat: Judith Faltermeier, Dipl.-Ing. Architektin; Cornelia Hellstern, Dipl.-Ing.; Jana Rackwitz, Dipl.-Ing., Eva Schönbrunner, Dipl.-Ing. Redaktionelle Mitarbeit: Carola Jacob-Ritz, M. A.; Cosima Strobl, Dipl.-Ing. Architektin Zeichnungen: Dejanira Ornella Bitterer, Dipl.-Ing.; Ralph Donhauser, Dipl.-Ing.; Michael Folkmer, Dipl.-Ing.; Marion Griese, Dipl.-Ing.; Daniel Hadjuk, Dipl.-Ing.; Martin Hämmel, Dipl.-Ing.; Emese Köszegi, Dipl.-Ing.; Nicola Kollmann, Dipl.-Ing. Architektin; Simon Kramer, Dipl.-Ing.; Elisabeth Krammer, Dipl.-Ing. Herstellung /DTP: Simone Soesters Repro: Martin Härtl OHG, Martinsried Druck und Bindung: Aumüller Druck, Regensburg Herausgeber: Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG Postfach 201054 80010 München www.detail.de Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. © 2010, erste Auflage Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN: 978-3-920034-41-6 (Hardcover) 4
Inhalt Impressum Vorwort 4 6 Teil E 1 Teil A Kunststoffe und Membranen in der Architektur Die Entdeckung und Entwicklung von Kunststoffen Der Traum vom Kunststoffhaus Entwicklung des Membranbaus Bauten mit transparenten und transluzenten Hüllen Potenziale, Tendenzen und Herausforderungen Teil B 1 2 3 4 21 24 3 4 5 Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen Konstruieren mit Folien Konstruieren mit textilen Membranen Komplexe Gebäudehüllen Teil F 30 48 54 60 174 188 196 212 Gebaute Beispiele im Detail Projektbeispiele 1 bis 23 Teil G 160 225 Anhang Verordnungen, Richtlinien, Normen Literatur Autoren Abbildungsnachweis Abkürzungen Kunststoffe Sachregister Personenregister 286 287 289 290 292 292 295 Halbzeuge 1 2 3 4 5 6 Vorprodukte Faserverstärkte Kunststoffe Kunststoffhalbzeuge Folien Textile Membranen Erweiterte bauphysikalische und energetische Aspekte 7 Umweltwirkungen von Kunststoffen Teil D 10 12 16 Werkstoffe Kunststoffe Fasern Klebstoffe und Beschichtungen Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe Teil C 2 Konstruieren mit Kunststoffen und Membranen 68 76 82 94 100 108 124 Planung und Formfindung 1 Tragwerk und Form 2 Dimensionierung und Ausführung 134 150 5
Vorwort 6 Während das Bauen mit Textilien auf einer jahrtausendalten Tradition beruht, bilden die Kunststoffe eine vergleichsweise neue Materialklasse. Insofern ist es auf den ersten Blick überraschend, beide Themen in einem Buch vereint zu finden. Verständlich wird der Ansatz, wenn man bedenkt, dass Membranen ihren Weg in die Architektur erst fanden, als ab der Mitte des 20. Jahrhunderts synthetische Fasern und polymere Beschichtungen zur Herstellung dauerhafter und tragfähiger Textilien führten, die das bis dahin für Zelte verwendete Baumwollgewebe ersetzten. Die Entwicklung der modernen Kunststoffe ermöglichte die bahnbrechenden Membranbauten Frei Ottos, Walter Birds und anderer, die rasch auf ein großes Interesse stießen und im Folgenden eine weite Verbreitung fanden. Ganz in der Tradition der Reihe der Konstruktionsatlanten widmet sich auch dieser Band den die Architektur prägenden Anwendungen von Kunststoffen. Hierzu zählt das Tragwerk ebenso wie die Gebäudehülle und der Innenausbau. Dabei durchzieht die Erläuterung der gemeinsamen Werkstoffgrundlagen – von der Doppelstegplatte bis zur beschichteten Glasfasermembran – dieses Buch wie ein roter Faden. In jedem Kapitel werden die Parallelen innerhalb der Gruppe der synthetischen Werkstoffe aufgezeigt und unabhängig von den Unterschiede in der konstruktiven Umsetzung und architektonischen Anwendung herausgestellt. Diese Betrachtungsweise zeichnet die Publikation aus, denn üblich ist es, das Bauen mit Textilien und das Bauen mit Kunststoffen getrennt zu thematisieren. Kunststoffe wurden zunächst als Ersatz für wertvolle und knappe natürliche Stoffe wie Elfenbein, Schellack oder Horn entwickelt oder sollten an die Stelle wenig dauerhafter Materialien wie Baumwolle treten. Seit Beginn der 1950er-Jahre hielten sie Einzug in den Alltag und standen für den Traum von einer glücklichen Zukunft durch technologischen Fortschritt. Gegen Ende des letzten Jahrhunderts wandelte sich der Ruf der Kunststoffe in der öffentlichen Meinung allerdings deutlich. Gründe hierfür waren häufig auftretende Mängel bei ihrer Verwendung für Gebäude sowie steigende Kosten, aber mehr noch ein wachsendes ökologisches Bewusstsein, zu dem Kunststoffe nicht mehr zu passen schienen. Wie die historische Betrachtung in Teil A »Kunststoffe und Membranen in der Architektur« zeigt, war dementsprechend auch das tatsächliche Kunststoffhaus bisher kein Erfolg. Die Werkstoffe selbst haben sich dagegen fast unbemerkt nicht nur in der Welt der Gebrauchsgegenstände ausgebreitet, sondern auch im Baubereich, weshalb Kunststoffe heutzutage überall in einem Gebäude zu finden sind. Dies betrifft allerdings weniger den sichtbaren Bereich als vielmehr den bautechnisch-konstruktiven: Dichtungen, Dämmungen, Rohre, Kabel, Farben, Klebstoffe, Beschichtungen und Bodenbeläge wären heute ohne Kunststoffe undenkbar. Gemeinsam ist allen synthetischen Werkstoffen, dass sie über eine außergewöhnlich hohe Bandbreite hinsichtlich ihrer Eigenschaften verfügen. Durch die Wahl geeigneter Ausgangsstoffe, deren Modifikation in der Herstellung und die anschließenden Fertigungsschritte lassen sie sich sehr präzise an die jeweiligen Anforderungen anpassen. Diese Optionen stehen nicht immer, aber doch in vielen Fällen auch den Planern offen. Daher werden in Teil B »Werkstoffe« zunächst die Basiswerkstoffe, d. h. vor allem Kunststoffe und Fasern, sowie deren Herstellungs- und Verarbeitungstechnologien detailliert dargestellt. Dabei wird die Brücke zwischen den aus dem Alltag vertrauten und den leistungsfähigen, im Bauwesen verwendeten Kunststoffen geschlagen. Diese Prozesse bilden eine wesentliche Grundlage für das Verständnis von Halbzeugen und Konstruktionen aus Kunststoff. Um der dynamischen Entwicklung Rechnung zu tragen, weist die Darstellung deutlich über den aktuellen Stand der Bautechnik hinaus. Beispielsweise beschäftigt sich die Materialforschung derzeit intensiv mit der Suche nach einem Ersatz für erdölbasierte Kunststoffe, um den Verbrauch endlicher Ressourcen zu reduzieren und eine bessere Verwertung am Ende der Lebensdauer zu ermöglichen. Es wird daher ausführlich auf naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe eingegangen, auch wenn diese derzeit
noch von geringerer Bedeutung für die Baupraxis sind und mehr im Automobilbau und in der Verpackungsindustrie eine Rolle spielen. Für den Schritt vom Vorprodukt zum Halbzeug greift die Kunststoff- und Textilindustrie auf spezifische Technologien zurück, die im Bauwesen sonst unbekannt sind. Das beinhaltet sehr verschiedene Aspekte wie das Verarbeiten von Fasern zu Textilien, das Schäumen von Kunststoffen, aber auch Verarbeitungstechnologien wie Extrudieren oder Spritzgießen. Nach einem allgemeinen Überblick über Vorprodukte folgen in Teil C »Halbzeuge« die einzelnen Abschnitte zu verstärkten und unverstärkten Kunststoffen, Folien sowie beschichteten und unbeschichteten Textilien. Eine besondere Eigenschaft der Kunststoffe besteht darin, dass sich nicht nur ihre mechanischen, sondern auch ihre bauphysikalischen Eigenschaften, z. B. hinsichtlich Licht- und Wärmedurchgang, sehr genau einstellen lassen. Die sich daraus ergebenden Möglichkeiten werden ausführlich behandelt. Ein Kapitel zu den Umwelteinwirkungen geht auf die in mancher Hinsicht sehr emotional geführte Debatte über die ökologischen Eigenschaften der Kunststoffe ein. Als Dämm- und Dichtstoffe leisten Kunststoffe vielfach einen unverzichtbaren Beitrag zu einer ökologisch effizienten Gebäudeplanung, ihr Leichtbaupotenzial ermöglicht materialeffiziente Strukturen. Nachteilig sind allerdings der hohe Energieeinsatz bei der Produktion, der bisher umfangreiche Einsatz von fossilen Rohstoffen sowie die vielfach unbefriedigende Verwertung am Ende der Lebensdauer. Der Beitrag macht deutlich, dass eine ökologische Bewertung von Kunststoffkonstruktionen je nach Ausgangsmaterial, konstruktiver Umsetzung und architektonischer Anwendung sehr unterschiedlich ausfallen kann und pauschale Aussagen hierzu nicht möglich sind. Teil D »Tragwerk und Formfindung« verdeutlicht die Parallelen, aber auch die Unterschiede bei den verschiedenen Anwendungen von polymeren Werkstoffen. Der statische Nachweis von Membranbauten und biegesteifen Kunststoffkonstruktionen ist üblicherweise in völlig getrennten Vorschriften und Empfehlungen geregelt. Die vergleichenden Darstellung zeigt jedoch, dass die gemeinsamen Werkstoffgrundlagen und das sich daraus ergebende ähnliche Kriech- und Dauerstandsverhalten zu gleichartigen Nachweiskonzepten führen, auch wenn die konstruktive Umsetzung ganz unterschiedlich ist. Die Formfindung von Membrankonstruktionen erfordert allerdings ein ganz anderes Vorgehen, als wir dies von allen anderen Baustoffen gewohnt sind. Hier ist ein vertieftes Verständnis des Zusammenhangs zwischen Kraft und Form erforderlich, das in dem entsprechenden Kapitel anschaulich erläutert wird. Der praxisnahen und anschaulichen Darstellung des Bauens mit Kunststoffhalbzeugen, frei geformten Bauteilen bis hin zu Folien und textile Membranen widmet sich Teil E »Konstruieren mit Kunststoffen und Membranen«, der erstmals in übersichtlicher Weise konstruktive Lösungen im Detail aufzeigt. Hierbei geht es nicht allein um die bautechnische Ausführung, sondern auch um die bauphysikalische Bedeutung des Materials in der Gebäudehülle, weswegen auf die besonderen Möglichkeiten in mehrschichtigen und mehrschaligen Konstruktionen eingegangen wird. Die Auswahl der »Gebaute[n] Beispiele im Detail« in Teil F erfolgte vor allem nach dem Kriterium einer vorbildlichen gestaltprägenden architektonischen Integration von Kunststoffen bzw. Membranen. Ziel war es, eine möglichst große Bandbreite an Gebäudenutzungen und Einsatzorten vorzustellen. Die Projektbeispiele zeigen, dass viele Möglichkeiten – die Integration von Funktionen zur Lichtleitung, Energieerzeugung oder Wärmespeicherung, um nur einige zu nennen – derzeit bei Gebäuden noch gar nicht oder nur in Ansätzen genutzt werden. Aus dem Fahrzeugoder Flugzeugbau bereits bekannte Technologien wie adaptive Strukturen aus Faserverbundwerkstoffen mit integrierten Sensoren und Aktoren haben ihren Weg ins Bauwesen noch nicht gefunden. Hier liegt ein großes Potenzial, das der Architektur viele Möglichkeiten eröffnet. Die Entwicklung synthetischer Werkstoffe schreitet daher schnell voran. Um dem Rechnung zu tragen, sind in das Buch aktuelle und zum Teil bisher noch unveröffentlichte Forschungsergebnisse eingeflossen. Bisher beschränkt sich die verfügbare Literatur zu Kunststoffen auf sehr spezifische Fachbücher, z. B. für den Flugzeug- oder Maschinenbau. Eine Zusammenstellung der Werkstoffgrundlagen lag im Hinblick auf ihre Anwendungen in der Architektur bisher nicht vor, weshalb die Arbeit an diesem Buch recht aufwendig war. Wir danken daher allen, die uns dabei unterstützt haben: den Fachberatern aus den unterschiedlichsten Bereichen, den Studierenden, die uns beim Zeichnen zur Verfügung standen, sowie den Fotografen der Fakultätswerkstatt der Universität Stuttgart. Die Idee, Kunststoffe und Membranen in einem Buch zusammenzuführen, spiegelte sich nicht nur in der Konzeption des Titels wieder. Auch die gemeinsame Bearbeitung der Kapitel durch alle Autoren führte zu einer dichten Verknüpfung der unterschiedlichen Wissensgebiete. Dieses Buch schließt eine Lücke in der Fachliteratur. Wir hoffen, dass es zu einer verstärkten Beschäftigung mit diesen Werkstoffen und damit vor allem zu neuen Anwendungen in der Architektur beiträgt. Autoren und Verlag im August 2010 7

Teil A Kunststoffe und Membranen in der Architektur Die Entdeckung und Entwicklung von Kunststoffen Von der Alchemie zur Chemie Polymerchemie und industrielle Produktion Kunststoffe im Möbelbau und Industriedesign Verbreitung von Kunststoffen Abb. A 10 10 11 11 12 Der Traum vom Kunststoffhaus Erste Baukonstruktionen aus glasfaserverstärktem Kunststoff Die Kunststoffzelle für das Wohnen von Morgen Kunststoffhäuser als Ausdruck visionärer Vorstellungen Das Bauen mit Kunststoffen und die erste Ölkrise Raumelemente aus Kunststoff – industrielle Vorfertigung und Serienproduktion Kunststoffe heute 12 Entwicklung des Membranbaus Die leichten Flächentragwerke Frei Ottos Pneumatische Strukturen Seilnetze und Membrandächer für Sportstadien Membranbau in der zeitgenössischen Architektur Materialien in der textilen Architektur – vom Natur- zum Kunstfasergewebe und zur Kunststofffolie 16 16 17 13 13 14 14 14 15 19 20 20 Bauten mit transparenten und transluzenten Hüllen 21 Potenziale, Tendenzen und Herausforderungen Anwendungen und Potenziale Tendenzen und Entwicklungen Herausforderungen 24 24 25 27 mobiler Membranpavillon, Stuttgart (D) 2006, Julian Lienhard 9
Kunststoffe und Membranen in der Architektur A1 Die Entdeckung und Entwicklung von Kunststoffen Holz fault, Metalle sind teuer, Leder wird brüchig und Horn verzieht sich: Seit langem träumt der Mensch davon, natürliche Werkstoffe durch künstliche zu ersetzen, die sich einfach herstellen und bearbeiten lassen, langlebig und für jeden verfügbar sind. Dieser Traum verleitete die Alchemisten damals zu den eigenartigsten Experimenten. Erfolge bleiben nicht aus: In der arabischen Welt destillieren sie Parfüms aus Blüten, in China werden das Schießpulver und das Papier erfunden. Bereits im 16. Jahrhundert wird in Augsburg ein Kunstharz hergestellt, das durch wiederholtes Aufkochen von Magerkäse gewonnen und für Medaillons und Geschirr verwendet wird. Einer der letzten großen Erfolge der europäischen Alchemie ist die Entdeckung des Porzellans. Nach langem Experimentieren gelingt zu Beginn des 18. Jahrhunderts, und damit über 1000 Jahre später als in China, endlich die Herstellung des »weißen Golds« in Meißen. Von der Alchemie zur Chemie A1 A2 A3 A4 A5 A6 10 Hermann Staudinger beim Erläutern seiner Molekülkettentheorie, auf der die moderne Polymerchemie fußt. Cover der ersten Ausgabe »Kunststoffe«, München 1911 Radio mit Bakelit-Gehäuse, Philips, 1931 Jumo Brevete, Schreibtischlampe, Frankreich um 1945 Rocking Armchair Rod aus der »Plastic Shell Group«, 1948, Charles and Ray Eames Stapelstuhl, 1960, Werner Panton Mit dem Aufstieg der Naturwissenschaften vollzieht sich im 17. und 18. Jahrhundert allmählich der Wandel von der praktischen Alchemie zur theoretischen Chemie, die dann in der Zeit der industriellen Revolution zur Schlüsselwissenschaft des 19. Jahrhunderts wird: Die Massenproduktion von Textilien verlangt nach neuen Farbstoffen sowie Wasch- und Bleichmitteln, die Hüttenwerke suchen nach Verbesserungen bei der Metallerzeugung, die Bergwerke benötigen wirkungsvolle und sichere Leuchtmittel. Da dringend Ersatz für seltene und teure Naturstoffe wie Elfenbein, Horn, Schellack, Koralle oder Seide benötigt wird, werden die ersten Schritte auf dem Weg zu den modernen Kunststoffen getan. Die Auslobung eines Preises von 10 000 US-Dollar zur Herstellung von Billardkugeln aus einem künstlichen Ersatzstoff für Elfenbein soll den Anstoß zur Entwicklung von Zelluloid gegeben haben. Grundsubstanz von Zelluloid ist Cellulose, ein natürliches Polymer, das Pflanzen ihre Steifigkeit verleiht. Die Zugabe einer Mischung aus Salpeter- und Schwefelsäure verändert die Konsistenz der Cellulose und führt zur Nitrocellulose, dem Ausgangsmaterial für die Herstellung von Zelluloid. Allerdings wird lange und intensiv nach einem geeigneten Lösungs- und Bindemittel gesucht, das aus den Nitrocellulosefasern eine bearbeitbare plastische Masse macht. Alexander Parkes präsentiert auf der Weltausstellung 1862 in London erstmals einen Vorläufer, das sogenannte Parkesin, das jedoch wegen rascher Rissbildung kein Erfolg wird. Der amerikanische Buchdrucker John Wesley Hyatt entwickelt schließlich das technische Verfahren zur Herstellung von Zelluloid durch Zugabe von Kampfer als Lösungsmittel. 1870 meldet er sein Verfahren zum Patent an. Dieses Zelluloid findet rasch eine weite Verbreitung und wird nicht nur für Billardkugeln, sondern auch als Imitat von Perlmutt, Schildpatt und Horn für Kämme und Haarschmuck, Spielsachen, Brillen, Zahnbürsten, künstliche Gebisse und schließlich sogar für Filme verwendet. George Eastman, der Gründer der Firma KODAK, stellt ab 1889 Rollfilme aus Zelluloid her und öffnet so die Fotografie für den Massenmarkt. Ein weiteres teures Naturprodukt, für das man Ende des 19. Jahrhunderts dringend nach Ersatz sucht, ist Seide, da deren Herstellung sehr kostspielig ist. Dem französischen Naturwissenschaftler Hilaire de Chardonnet gelingt die Herstellung einer Kunstseide auf Cellulosebasis. Diese markiert zwar den Beginn der Kunstfaserproduktion, ist aber kein nachhaltiger Erfolg, da sie wie alle Produkte aus Cellulose den gravierenden Nachteil der leichten Entflammbarkeit hat. Aus Cellulose stellt der Schweizer Chemiker Jacques Brandenberger bald darauf auch hauchdünne transparente Folien her, das Cellophan, das bis heute als Verpackungsmaterial verbreitet ist. Als Ersatz für Schellack – eine harzige Substanz, die in einem mühsamen Prozess aus den Ausscheidungen der Lackschildlaus gewonnen wird und daher sehr teuer ist – entwickelt der belgische Chemiker Leo Baekeland um 1905 das erste ausschließlich aus künstlichen Ausgangsstoffen hergestellte vollsynthetische Material Bakelit. Hauptbestandteil von Bakelit ist Phenol, das aus Abfallprodukten der Koksher-
Kunststoffe und Membranen in der Architektur A2 stellung gewonnen wird und damit recht billig ist. Da es zudem elektrisch isolierend und erst ab 300 °C entflammbar ist, eignet es sich als Ersatzstoff für Schellack, der vor allem bei den ersten elektrischen Geräten als dünne Isolationsschicht verwendet wurde. Mit Bakelit verfügt die Elektroindustrie endlich über einen Isolierstoff, der die Massenproduktion unter anderem von Schaltern, Zündspulen, Radiound Telefongeräten ermöglicht (Abb. A 3, siehe auch Phenoplaste, S. 46). Polymerchemie und industrielle Produktion Der Begriff »Kunststoffe« wird 1911 erstmals für den Titel einer Fachzeitschrift verwendet und etabliert sich in der Folgezeit (Abb. A 2). Die wissenschaftlichen Grundlagen zur Herstellung von Kunststoffen – die Polymerchemie – werden allerdings erst in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts durch Hermann Staudinger, Professor für Chemie in Freiburg und Zürich, entwickelt (Abb. A 1). Er wird dafür 1953 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Die Herstellung von Zelluloid, Bakelit und den verwandten Werkstoffen beruhte bis zu diesem Zeitpunkt vor allem auf Erfahrung, Spekulation und Zufall. Mit einer wissenschaflichen Grundlage ist die gezielte Entwicklung synthetischer Stoffe möglich: Die chemische Forschung wandelt sich von der Tüftelei kreativer Einzelgänger hin zum strategisch geplanten Unterfangen in großen Forschungsabteilungen. Ein Beispiel hierfür ist Nylon, die erste vollständig synthetisch hergestellte und kommerziell genutzte Kunstfaser aus kalt gerecktem Polyamid. Sie ist das Ergebnis 11-jähriger Forschungen des amerikanischen Chemiekonzerns DuPont. Unter der Leitung von Wallace Hume Carothers, dem bei DuPont bereits 1930 die Herstellung von Neopren, einem synthetischen Kautschuk, gelungen war, arbeitete dort ein 230 Köpfe starkes Team an der Entwicklung der Kunstfaser. Als Nylon 1938 auf den Markt kommt, wird es zuerst für die Borsten von Zahnbürsten und später für Damenstrümpfe verwendet. Die ersten 4 Mio. Paar Strümpfe sind 1940 in New York innerhalb weniger Stunden ausverkauft. Unabhängig davon gelingt 1939 in Deutschland die Herstellung einer ganz ähnlich aufgebauten Polyamidfaser, die von ihren Erfindern A3 an der Berliner I.G. Farben Kunstseidenfabrik »Perlon« getauft wird. Im Zweiten Weltkrieg werden diese ursprünglich für die Mode geschaffenen Kunstfasern für Fallschirme verwendet. Die Polyesterfaser, die heute im Membranbau eine wichtige Rolle spielt, wird 1940 von J. R. Whinfield und J. T. Dickinson in England entwickelt und unter dem Handelsnamen Trevira für Bekleidungen eingesetzt. Der älteste der heutigen Massenkunststoffe ist das Polyvinylchlorid, kurz PVC. Bereits 1912 lässt sich Fritz Klatte, Forscher bei der Chemischen Fabrik Griesheim-Elektron bei Frankfurt, ein Verfahren zur Herstellung von PVC patentieren. PVC soll das leicht entflammbare Zelluloid ersetzen. Durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs dauert es allerdings noch einige Jahre, bis Verfahren für die industrielle Großproduktion zur Verfügung stehen, sodass PVC erst in den 1930er-Jahren als Massenkunststoff für Kabelummantelungen, Rohre und zahlreiche andere Massengüter verwendet wird. Die meisten Kunststoffe entstehen in der Mitte des 20. Jahrhunderts in rascher Folge: • Polymethylmethacrylat (PMMA /Acrylglas), 1933 • Polyethylen (PE), 1933 • Polyurethan (PUR), 1937 • Polyamid (PA), 1938 • ungesättigtes Polyester (UP), 1941 • Polytetrafluorethylen / Teflon (PTFE), 1941 • Ethylentetrafluorethylen (ETFE), 1970 • Silikon, 1943 • Epoxidharz (EP), 1946 • Polystyrol (PS), 1949 • Polycarbonat (PC), 1956 • Niederdruck Polyethylen (PE-HD), 1955 • Polypropylen (PP), 1957 A4 A5 Kunststoffe im Möbelbau und Industriedesign Im Vergleich zu vielen anderen im Bauwesen gebräuchlichen Materialien sind Kunststoffe noch nicht einmal ein Jahrhundert alt. Doch bereits kurz nach ihrer Entwicklung ziehen sie in den Alltag ein, da die gestalterischen Möglichkeiten dieser neuen Werkstoffe sehr schnell entdeckt werden. Im Industriedesign und Möbelbau entstehen Formen, die bisher nicht A6 11
Kunststoffe und Membranen in der Architektur A7 A8 möglich gewesen waren. Beispiele hierfür sind die französische Schreibtischlampe Jumo Brevete aus Bakelit von 1945 (Abb. A 4, S. 11) oder das Sortiment von Lebensmittelbehältern aus dem gegossenen Weichthermoplast Polyethylen, das die Firma Tupper Plastics Company, gegründet vom ehemaligen DuPont Chemiker Earl S. Tupper, 1946 auf den Markt bringt. Im Möbelbau erfolgt der erste wirklich bedeutsame Einsatz von Kunststoffen in Massenproduktion ab 1948 durch Charles und Ray Eames mit den Schalensitzen aus geformtem, glasfaserverstärktem Polyester der Plastic Shell Group (Abb. A 5, S. 11). 1957 entwerfen Irwine und Estelle Laverne den Champaign Chair, den eine Sitzschale aus transparentem, formgebogenen Acrylglas prägt. Inspiriert wurden sie von dem Architekten und Designer Eero Saarinen, der zwei Jahre zuvor den Tulip-Stuhl entworfen hatte. 1959 gestaltet Werner Panton das vielleicht bedeutsamste Kunststoffmöbel überhaupt, den Stapelstuhl (Abb. A 6, S. 11). Es ist der erste im Spritzgussverfahren mit nur einer Form hergestellte Stuhl, der aus einem einzigen Werkstoff – Polyurethan-Hartschaum – besteht (ab 1970 aus Styrol-Thermoplast ASA/PC, später dann aus Polypropylen; siehe auch Thermoplastische Formteile, S. 92). 1962 entwickelt Robin Day den Polyprop, einen äußerst preiswerten Stuhl mit der ersten im Spritzgussverfahren gefertigten Sitzschale aus Polypropylen und Beinen aus gebogenem Stahlrohr. Von diesem Stuhl wurden seit 1963 mehr als 14 Mio. Stück verkauft. Kunststoffe eröffnen zunehmend neue Optionen durch breit einstellbare Werkstoffeigenschaften und neue angepasste Formgebungsverfahren (z. B. Kunststoff-Spritzguss), die nicht zuletzt auch neue wirtschaftlichere Fügeprinzipien erlauben. Der Prozess dieser Erweiterung an Gestaltungs- und Konstruktionsmöglichkeiten, der später auch für das Bauen so wichtig wird, lässt sich bereits Mitte des 20. Jahrhunderts an der Entwicklung des Legosystems ablesen: Ole Kirk Christiansen, ein dänischer Tischlermeister, der sich eigentlich mit Holzspielzeug beschäftigt, beginnt 1949 inspiriert von dem Kinderspielzeug-Bausatz »Kiddicraft Self-Locking Building Brick« (wofür der Brite Harry Fisher Page das Patent innehält) sehr ähnliche Bausteine herzustellen und als »Automatic Binding Bricks« zu verkaufen, ab 1953 dann als LEGO. Die ersten Steine sind aus Celluloseacetat, mit Noppen auf der Oberseite, unten jedoch sind die Steine hohl. Durch die Formgebung im Spritzgussverfahren und der möglichen lösbaren Verbindung sind sie bereits deutlich von Holzbausteinen entfernt. 1958 werden auf der Unterseite zur Unterstützung Hohlröhren in das Design aufgenommen, um die Fügung zu stabilisieren. Damit wird der Abstand zu bekannten Holzfügeoptionen nochmals erheblich vergrößert. Auch die Werkstoffeigenschaften werden in der Folge optimiert: Ab 1963 werden LEGO-Steine aus dem Kunststoff Acrylnitril-Butadien-StyrolCopolymerisat (ABS) hergestellt. Das Beispiel der LEGO-Steine macht deutlich, dass die bereits im Design des Werkstoffs einstellbaren Materialeigenschaften und die Optionen der Formgebung vollständig neue Möglichkeiten des Gestaltens und Fügens erschließen, die weit über diejenigen konventioneller Werkstoffe hinausgehen. Die sehr hohe Verbreitung von Bausystemen aus Kunststoffen (neben LEGO gibt es diverse weitere) führt dazu, dass sich viele Menschen bereits von klein auf unterbewußt mit Konstruktionsmöglichkeiten außerhalb der klassischen Bauformen und -materialien auseinandersetzen. 12 Verbreitung von Kunststoffen Kunststoffe sind heute omnipräsent und werden in sehr großen Mengen produziert. So werden beispielsweise seit Mitte der 1990er-Jahre in großem Umfang Flaschen aus Polyethylenterephthalat (PET) verwendet. Mehrweg-PETFlaschen, die nur etwa ein Zwölftel des Gewichts vergleichbarer Glasflaschen aufweisen, lassen etwa zehn Umläufe zu, bevor eine Wiederaufbereitung erforderlich wird (Glasflaschen ca. 40). Bei einer weltweiten PET-Produktion von ca. 40 Mio. t im Jahr (2007), was etwa einem Fünftel aller produzierter Kunststoffe entspricht, wurden 2003 über 125 Mrd. PET-Flaschen hergestellt. Die Verwertungsquote, die den Anteil der recycelten PET-Flaschen an der gesamten in Verkehr gebrachten Menge angibt, betrug 2008 z. B. in der Schweiz 78 % (mehr als 35 000 t). Dies entspricht über 1 Mrd. Flaschen. A9 Der bisher vergleichsweise niedrige Preis der für die Produktion von Kunststoffen maßgeblichen Ressource Erdöl trägt zu einer enormen weltweiten Verbreitung von Kunststoffprodukten bei. Für die Zukunft stellt sich jedoch die Frage, wie sich der Umgang mit Kunststoffen verändern wird, falls sich der Rohstoffpreis deutlich nach oben entwickelt. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Entwicklung von Biokunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen zunehmend an Bedeutung gewinnen wird (siehe Biokunststoffe, S. 62ff.). Das z. B. aus Milchsäure hergestellte Polylactid (PLA) wird bereits in großem Umfang in der Verpackungsindustrie eingesetzt. Der Marktanteil liegt derzeit zwar noch unter 1 %, wächst allerdings sehr schnell an. Waren die ersten Kunststoffe noch aus natürlicher Cellulose hergestellt und fand erst allmählich ein Ersatz durch synthetische Stoffe auf Erdölbasis statt, setzt ein Jahrhundert später das inzwischen vorhandene Bewusstsein für die Endlichkeit unserer Ressourcen den umgekehrten Prozess in Gang. Der Traum vom Kunststoffhaus Während des Zweiten Weltkriegs produziert die Industrie fast ausschließlich Güter für das Militär, was sich auch auf die noch junge Kunststoffindustrie auswirkt: Die Produktion beläuft sich hier hauptsächlich auf Fallschirme, Kabelummantelungen für die Radarabwehrsysteme aus Polyethylen und auf leichte, kratzfeste Kanzeln für Bomber aus Polycarbonat. Dazu werden die Produktionskapazitäten sehr schnell hochgefahren: In den USA werden 1937 noch monatlich 5000 Platten Polycarbonat hergestellt, 1940 sind es bereits 70 000. Nach dem Krieg stehen diese Kapazitäten wieder der zivilen Nutzung zur Verfügung. Die Suche nach neuen Absatzmärkten beflügelt den Einzug der Kunststoffe in alle Bereiche des täglichen Lebens. So werden plötzlich große Mengen an Strümpfen produziert. Legendär sind die Anstürme auf die Amerikanischen Kaufhäuser, als im Herbst 1945 endlich wieder »nylons« zu haben sind. Strümpfe, Kleider und Unterwäsche aus Nylon, Perlon oder Trevira sind
Kunststoffe und Membranen in der Architektur A7 Fly’s Eye Dome aus GFK Elementen, USA 1970, Richard Buckminster Fuller A8 Radom, USA 1955, Richard Buckminster Fuller A9 Monsanto House/House of the Future, Demonstrationsgebäude als Teil von »Tomorrowland«, Disneyland, Kalifornien (USA) 1957, Richard Hamilton und Marvin Goody A 10 fg 2000, Altenstadt (D) 1968, Wolfgang Feierbach A 10 in der Nachkriegszeit ungeheuer populär. Haushaltswaren und Verpackungen aus Polyethylen oder Polypropylen finden sich plötzlich in jeder Küche. Da sich Kunststoffe bei Alltagsgegenständen bewähren und auch schon für Möbel verwendet werden, liegt es nahe, sie schließlich auch für Baukonstuktionen einzusetzen. Die kleinere Kuppel benötigt nur ein einziges Formteil und selbst die größere kommt mit nur zwei Formteilen aus. Die Kunststoffzelle für das Wohnen von Morgen Erste Baukonstruktionen aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) Neben einigen Architekten und Forschungseinrichtungen sieht auch die chemische Industrie in Erwartung einer zunehmenden Industrialisierung des Bauens einen riesigen Markt im Bauwesen. Die Lincoln Laboratories, eine 1951 gegründete und am Massachusetts Institute of Technology (MIT) angesiedelte Forschungseinrichtung des amerikanischen Verteidungsministeriums, beschäftigen sich mit der Entwicklung von Schutzhüllen für Radarstationen, den sogenannten Radomen. Da der Schwenkbereich der Antennen kreisförmig ist und die Kugel das geringste Verhältnis von Oberfläche zu Volumen hat, greift man hier Richard Buckminster Fullers Überlegungen zu geodätischen Kuppeln (1954) als Konstruktionsprinzip auf. Die Einhausung von Radarstationen muss allerdings möglichst metallfrei sein, um die elektromagnetischen Strahlen nicht zu stören. Auf diese Weise entstehen die ersten Konstruktionen, die vollständig aus Kunststoff sind. Sie bestehen aus handlaminierten Formteilen mit gekanteten Randverstärkungen, die mit Bolzen verbunden sind. Als Material wird glasfaserverstärktes Epoxid- oder Polyesterharz verwendet. Die erste Kuppel dieser Bauart wird 1955 auf dem Mount Washington errichtet, zahlreiche folgen für Radarstationen der Distant Early Warning Line in der Arktis (Abb. A 8). Heute sind sie sozusagen per Katalog in verschiedenen Ausführungen erhältlich und wurden mittlerweile mehr als 200 000 mal gebaut. Unabhängig davon entwickelt Buckminster Fuller das Konstruktionsprinzip der geodätischen Kunststoffkuppeln weiter und beantragt 1961 das Patent für seine Monohex-Struktur, die dann später auch als Fly’s Eyes bezeichnet wird, da deren kreisförmige Öffnungen mit Acrylglaskuppeln geschlossen werden. In seinem Patent beschreibt er die Herstellung dieser Strukturen aus Holz, Metall und GFK. Die ersten Fly’s Eyes aus GFK werden 1975 in drei verschiedenen Größen von 3,66 m (12 Fuß), 7,92 m (26 Fuß) und 15,24 m (50 Fuß) realisiert. Monsanto House/House of the Future (USA) 1954 tritt die Monsanto Chemical Company an das MIT mit der Idee heran, ein Haus vollständig aus Kunststoff zu entwickeln. Bereits 1955 veröffentlicht das MIT die Studie »Plastics in Housing«, in der das Wohnen der Zukunft untersucht wird. Flexibilität der Nutzung für sich verändernde Familien, einfacher Standortwechsel für eine zunehmende Mobilität und kostengünstiger Wohnraum für den wachsenden Mittelstand sind dabei die wesentlichen Argumente für das Bauen mit Kunststoffen. All dies soll in einem Projekt demonstriert werden, das sich durch einen einfachen Auf- und Umbau an verschiedene Grundrisse und Umgebungsbedingungen anpassen lässt. Nach zwei Jahren Entwicklung und Produktion erfolgt 1957 der Bau eines ersten Musterhauses in der Disney World, Kalifornien (Abb. A 9). Um einen quadratischen Kern auf einem Betonsockel sind vier auskragende Flügel gruppiert, die die Wohn- und Schlafzimmer aufnehmen. Im zentralen Kern befinden sich die installationsintensiven Räume wie Küche, Bad und WC. Die Gebäudehülle ist als Sandwich in Dicken zwischen 7 und 11 cm laminiert, die für die Auskragungen zu Hohlkästen gefügt sind. Für die Kernlage werden mit Polyurethan (PUR) ausgeschäumte Papierwaben und für die Decklagen mit zehn Schichten Glasfasergewebe verstärktes Polyesterharz verwendet. An manchen Stellen ist die Kunststoffkonstruktion zusätzlich mit Holzeinlagen ausgesteift. In den umfangreichen begleitenden Fachveröffentlichungen [1] sind die Fenster als »abwaschbares Plastik« beschrieben, bestehen also vermutlich aus Acrylglas. Außerdem werden verschiedene Grundrissvarianten dargestellt. In der Realität wäre ein Umbau jedoch wegen der vielen Verklebungen und Dichtungen nicht so einfach gewesen. Das Gewicht von jeweils ca. 50 kg/m2 für Dach und Boden der auskragenden Flügel ist deutlich niedriger als das bei einer konventionellen Bauweise. Auch die Innenausstattung ist fast vollständig aus Plastik: Regale, Küchenschränke und selbstverständlich das Geschirr. Im Haus werden außerdem alle technischen Geräte ausgestellt, die man von der Zukunft des Wohnens erwartet: Bildtelefon, Mikrowelle, elektrische Zahnbürste und per Knopfdruck ausfahrbare Regale. [2] Ende der 1960er-Jahre entstehen in rascher Folge zahlreiche Prototypen von Kunststoffhäusern. So zeigt allein der Katalog zur »2. Internationalen Kunststoff-Haus-Ausstellung« 1972 in Lüdenscheid Abbildungen von fast 90 gebauten Häusern und Hallen aus Kunststoff, bei denen GFK als lastabtragendes oder raumabschließendes Material eingesetzt wird. Der konstruktive Aufbau der meisten Häuser ähnelt dabei dem Monsanto House. Bemerkenswert ist der Kontrast zwischen dem futuristischen Anspruch und den eigentlichen Herstellungsverfahren. Nicht nur die Konstruktion, sondern auch die Formensprache suggerieren eine industrielle Produktion. Tatsächlich wurden die Kunststoffhäuser aber mit einfachsten handwerklichen Verfahren in Kleinstbetrieben hergestellt. fg 2000 (D) In Deutschland entwickelt 1968 der Modellbaumeister Wolfgang Feierbach das Kunststoffhaus fg 2000, das als einziges System für Kunststoffhäuser eine Zulassung für den Vertrieb und Bau erhält und damit die Voraussetzungen zur Serienfertigung erfüllt (Abb. A 10). Dieses Bausystem besteht aus leicht nach innen gewölbten Wandelementen mit abgerundeten Kanten von 1,25 ≈ 3,40 m und Dachund Bodenelementen von 1,25 ≈ 10,50 m, die aneinandergereiht werden. Die Außenhaut des fg 2000 wird von 6 mm starken GFK-Platten gebildet, die Innenhaut von GFK-Platten mit einer Stärke von 4 mm. Dazwischen dienen 8 cm PUR-Hartschaum als Kern zur Wärmedämmung und Aussteifung. Die Wand- und 13
Kunststoffe und Membranen in der Architektur A 11 A 12 A 13 A 14 Zip Up House, Modellfoto, GB 1969, Richard Rogers Futuro, Matti Suuronen a Außenansicht b Innenansicht Polyeder-Häuser der Familie Hübner, Neckartenzlingen (D) 1975, Peter Hübner und Frank Huster Polyurethan-Ortschaum-Konstruktion auf der Internationalen Kunststoffhaus-Ausstellung, Lüdenscheid (D) 1971, Peter Hübner A 11 Deckenelemente sind durch vorgeformte Flansche und Bolzen verbunden, die Fugen werden durch Dichtungsbänder aus Moosgummi und Polysulfid abgedichtet. Bei diesem ersten Versuchshaus ist die Grundrissvielfalt durch die lineare Aneinanderreihung der Elemente allerdings stark eingeschränkt. Deshalb wird 1972 ein zweiter Prototyp erstellt, der mithilfe von Eckelementen und durch eine freie Überspannung der Deckenelemente eine variable Grundrissgestaltung ermöglicht. Zip-Up House (GB) Das Zip-Up House (1969) des Architekten Richard Rogers steht für eine bestimmte Phase in der englischen Architektur, in der Konstruktion und Technik zum wesentlichen Gestaltungsmerkmal wurden. Die Verwendung von Kunststoffen für tragende Bauteile ist auf den ersten Blick nicht erkennbar (Abb. A 11). Der Name »Zip-Up« steht für die Aneinanderreihung einzelner dichter und hochgedämmter Raumelemente aus 20 cm dicken tragenden Sandwichpaneelen, wobei die beiden Deckschichten aus Aluminium und der aufgeschäumte Kunststoff gemeinsam aussteifend wirken. Wie bei Fahrzeugen werden mit einem Band aus synthetischem Kautschuk die Fugen und Fenster abgedichtet. Die selbsttragenden Raumelemente mit einer Spannweite von 9 m erlauben eine freie innere Aufteilung und eine einfache spätere Erweiterung. Die Wärmedämmung dieses Hauses ist so hoch, dass in England sogar auf eine Zentralheizung verzichtet werden kann. Futuro (FIN) Die Ikone aller Kunststoffhäuser ist jedoch vermutlich das Futuro des finnischen Architekten Matti Suuronen von 1968 (Abb. A 12). Die Idee des Hauses als bewegliche Einheit, als für jeden verfügbares Gebrauchsobjekt wird durch keinen Entwurf besser gezeigt als durch das Futuro. Seine Form verdeutlicht, welche Faszination und welchen Einfluss die Erfolge der bemannten Raumfahrt auf die Architektur damals ausübten. Es wird zum Symbol des Space Age und des ungebrochenen Glaubens an den Segen der Technik von morgen, obwohl Suuronen immer wieder betont hat, dass 14 er eigentlich nur eine Skihütte planen wollte. Das Futuro ist ein Ellipsoid mit 8 m Durchmesser und 4 m Höhe, das aus je acht identisch gekrümmten Sandwichpaneelen für die obere und untere Gebäudehälfte besteht. Es liegt auf einem Stahlring auf, der auch den Aufbau in unwegsamen Gelände ermöglicht. Der Innenausbau mit den konzentrisch angeordneten, fest eingebauten Liegesitzen und Sanitärzellen ist von der gleichen Konsequenz wie die äußere Form. Bis 1978 werden rund 60 Stück gebaut, sodass es das Futuro im Gegensatz zu anderen Kunststoffhäusern immerhin zu einer bescheidenen Kleinserie gebracht hat. [3] Kunststoffhäuser als Ausdruck visionärer Vorstellungen Die Experimente mit Kunststoffhäusern fallen mitten in eine Zeit, in der unterschiedliche Utopien für die Zukunft der Menschheit formuliert werden. Visionen künftiger Megastädte fanden 1960 mit der Ausstellung »Metabolism« in Tokio und dem Manifest »Metabolism 1960 – The proposal for urbanism« ihren Auslöser. Die britische Architektengruppe Archigram zeigt von der Pop-Kultur beeinflusste Bilder einer »Walking City« oder einer »Plug In City«. Flexibilität und Mobilität sind dabei die zentralen Stichworte und führen zu Ideen von riesigen Raumgerüsten, die mit Wohnzellen bestückt werden. Die ersten Serienhäuser aus Kunststoff stoßen auf großes Interesse in der Öffentlichkeit, da sie auf diese futuristischen Visionen eingehen und dafür auf den aktuellsten Stand der Polymertechnik zurückgreifen. Kunststoff wird zum Ausdruck einer sich in dieser Zeit entwickelnden Gegen- und Subkultur. Weltweit bilden sich Avantgardegruppen, die zwischen Architektur und Kunst oszillieren. Neben Archigram in Großbritannien sind dies Ant Farm und Eat in den USA, Archizoom, Superstudio und UFO in Italien und Coop Himmelb(l)au in Österreich. Sie rebellieren gegen die Rückwärtsgewandtheit der damaligen Architektur, wollen mit herkömmlicher Theorie und Praxis brechen. Das Experimentieren mit neuen Formen und Baustoffen, wie eben Kunststoff, bildet den Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Wohnformen. Das Bauen mit Kunststoffen und die erste Ölkrise Mitte der 1970er-Jahre ist das Experimentieren mit Kunststoffhäusern allerdings genauso schnell beendet, wie es begonnen hatte. Mit der ersten Ölkrise 1973/74 steigen nicht nur die Preise für das Ausgangsmaterial Erdöl und die ohnehin schon teuren Kunststoffhäuser verlieren damit endgültig die Möglichkeit, sich auf dem Markt zu behaupten. Zudem erwacht allmählich ein Bewusstsein für die Endlichkeit unserer Ressourcen, sodass Konzepte wie das Monsanto House plötzlich als ökologisch fragwürdig gelten. In den folgenden Jahren zeigt sich zudem, dass für eine sich zunehmend individualisierende Gesellschaft die einst so zukunftsweisende Idee der industriell gefertigten Wohnzelle veraltet scheint. Zu sehr sind Kunststoffe mit solchen architektonischen Vorstellungen verbunden, als dass sie eine Chance auf eine kontinuierliche architektonische Entwicklung gehabt hätten. Fehlende Erfahrung bei der Planung oder mangelhafte Ausführung verursachten bauphysikalische oder baukonstruktive Schäden und bringen den Kunststoffen somit den Ruf als minderwertige Materialien ein, der zum Teil bis heute besteht. Raumelemente aus Kunststoff – industrielle Vorfertigung und Serienproduktion Ein Text von Peter Hübner aus dem Katalog zur »1. Internationalen Kunststoff-Haus-Ausstellung« 1971 in Lüdenscheid fängt die Stimmung dieser Zeit ein: »Es ist kein billiges Zukunftsgerede, wenn behauptet wird, dass in den nächsten Dezennien Menschen in Häusern, Siedlungen, ja in Städten leben werden, die ganz oder teilweise auf der Kunststoff-Basis entstanden sind. [...] Dem Bauen und Wohnen in einer Welt von Kunststoffen steht nichts mehr im Wege. Höchstens wir selbst, weil wir uns schwer an etwas Neues gewöhnen. Die Voreiligen mag eines trösten: Die Entwicklung vom nie ausgehenden Feuer bis zum perfekten funktionierenden Feuerzeug hat ja auch nicht nur ein paar Tage gedauert.« [4] Hübner zeigt auf der Ausstellung sein Baumhaus aus »Ortschaum«, das im kompletten Gegensatz zur Präzision der industriellen Vorfertigung steht, die damals die architektonischen Vorstellungen beherrscht (Abb. A 14).
Kunststoffe und Membranen in der Architektur Der Auftrag, 110 temporäre Raumeinheiten für Kioske, Toiletten und Informationspavillons auf dem Gelände der Olympiade 1972 in München zu realisieren, ermöglicht eine industrielle Serienfertigung. Die dafür von Hübner entwickelten Raumzellen sind Polyeder auf achteckigem Grundriss mit Seitenabmessungen von ca. 3,60 m. Der Wandaufbau besteht aus dreilagiger Wellpappe, die anschließend mit glasfaserverstärktem Polyesterharz beschichtet wird. Die Einbauten für Bad und Küche werden aus tiefgezogenem Polystyrol hergestellt. In der Folge entwickelt Hübner mit seinem Partner Frank Huster dieses System der temporären Raumzellen für eine Dauernutzung weiter. Er testet und demonstriert es beim Bau seines eigenen Wohnhauses, das er innerhalb eines Tages aufstellen lässt. Bezeichnend hierfür ist der Titel seiner Einladungskarte »Morgens kommen die Häuser, abends kommen die Gäste«, mit dem er seine Erwartung an das Bauen der Zukunft formuliert. Um sieben Uhr morgens verlassen die Lastwagen mit 23 vorfabrizierten Zellen des Typs »Casanova« die Hallen der Firma Staudenmayer. Die Fundamente und Grundleitungen sind so vorbereitet, dass ein mobiler Kran die bereits mit allen Installationen ausgestatteten Zellen nur an die gewünschte Position heben muss. Als abends die Gäste zur Einweihungsfeier kommen, sind die Kunststoffelemente bereits vollständig zu einem Haus montiert (Abb. A 13). Hübner bemüht sich dabei durch vielfältige Kombination, den sich wiederholenden Zellencharakter zu überwinden. Die Hauptwohnräume sind mit übergroßen Öffnungen verbunden, sodass ein fast offener Grundriss entsteht und die modulare Ordnung des Systems nicht als räumliche Einschränkung empfunden wird. Das Haus wird seit 1975 bewohnt, ohne dass gravierende Mängel an der Bausubstanz aufgetreten sind. 1985 und 1996 wurde es durch Holzanbauten mit Grasdach erweitert. Entgegen der Vermutung, dass Systeme wie diese auf der Schwelle zur Massenproduktion stehen, verschwinden vorgefertigte Wohnzellen Ende der 1970er-Jahre nahezu vollständig aus der Architektur. Es bleiben lediglich Sanitärund Nasszellen aus Kunststoff, die ab Mitte der 1970er-Jahre in großer Zahl für Krankenhäuser und Hotels produziert werden. Wie viele seiner Kollegen wendet sich auch Hübner nun von Themen wie Serienproduktion und Vorfertigung ab und beschäftigt sich mit ganz anderen Fragen, insbesondere dem ökologischen Bauen. Das Ende dieser mit so viel Enthusiasmus angegangenen Wohn- und Bauexperimente zeigt sich auch am unrühmlichen Ende des Monsanto House. Zwar war es von 20 Mio. Menschen besucht worden, Verhandlungen über weitere Verkäufe oder Überlegungen, die Konstruktion in die Serienproduktion zu übernehmen, sind aber nicht bekannt, sodass es 1967 schon wieder abgerissen werden soll: Der Versuch, das Haus mit einer Abrissbirne zu zerlegen, schlägt fehl, da die elastische Gebäudehülle die Stöße der Metallkugel zurückfedert. Stattdessen wird es mit einem Drahtseil umwickelt und zusammengezogen – ein Vorgang, der immerhin zwei Wochen dauert. Daran zeigt sich, dass die Firma Monsanto kaum noch Interesse daran hatte, die Idee der flexibel auf- und abbaubaren Wohnzelle durch einen entsprechenden Rückbau zu demonstrieren. Zu diesem Zeitpunkt glaubt man offensichtlich schon nicht mehr an eine Zukunft dieser Konzepte. Kunststoffe heute Gestaltprägende architektonische Elemente aus Kunststoff verschwinden Mitte der 1970erJahre fast vollständig aus der Architektur. Dichtungen, Dämmungen, Beschichtungen und vieles andere mehr sind seither allerdings ohne Kunststoffe undenkbar und nahezu überall im Gebäude zu finden. Die Verwendung als tragender und raumbildender Werkstoff bleibt vor allem auf Nischenbereiche beschränkt, bei denen Dauerhaftigkeit und Beständigkeit eine besondere Rolle spielen, z. B. bei Abdeckungen von Kläranlagen, Stegen und Wartungsgängen von Offshore-Plattformen oder Anlagen der chemischen Industrie. Die Weiterentwicklung der Kunststoffe findet vornehmlich in anderen Bereichen der Technik statt. Eine Vorreiterrolle übernimmt dabei der Flugzeugbau mit seinem ständigen Bestreben nach Gewichtsreduktion und einer aerodynamischen Optimierung der Formen. Bereits 1958 entsteht an der Universität Stuttgart das erste Segelflugzeug aus GFK namens »Phönix«. Für Verkehrsflugzeuge setzt Airbus 1972 erstmals Faserverbundwerkstoffe ein. Bei den neuesten Flugzeugen beträgt ihr Anteil rund 50 %, wobei sie mittlerweile sogar für besonders sicherheitsrelevante Teile des Rumpfs verwendet werden. Um Gewicht einzusparen, besitzen einige Hubschrauber sogar eine fast vollständig aus Faserverbundwerkstoffen bestehende Zelle, da sie beim Vertikalstart jedes Gramm Masse durch Antriebskraft anheben müssen. Ähnliche Werkstoffe werden auch beim Bau von Fahrzeugen, Booten oder Sportgeräten eingesetzt. So gibt es Rennräder, die bis auf Kette und Lager nur aus kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffteilen bestehen und deren Gesamtgewicht unter 3 kg liegt. Da die Produktion solcher Räder allerdings sehr kostspielig ist, wurde ein Mindestgewicht für Rennräder festgelegt, um keinen Wettbewerbsvorteil für wohlhabende Rennställe zu schaffen. Als Ende der 1990er-Jahre dann unter großem Interesse der Fachwelt die ersten öffentlichen Fußgängerbrücken aus glasfaserverstärktem Kunststoff entstehen, werden hierfür Halbzeuge und Fügetechniken verwendet, die im Vergleich zu den Entwicklungen in den anderen Branchen als hoffnungslos rückständig erscheinen. In der Architektur führen die neuen Vorstellungen von fließenden Formen und aufgelösten Räumen zu einem wiedererwachten Interesse an Kunststoffen, da diese freien Geometrien sich oft nur mit Kunststoffen realisieren lassen. a b A 12 A 13 A 14 15
Kunststoffe und Membranen in der Architektur a b Allerdings werden sie heute noch fast ausschließlich für Bekleidungs- oder Fassadenelemente verwendet. Der Einsatz für tragende oder raumabschließende Bauteile wie bei den Kunststoffbauten der 1960er-Jahre bleibt noch auf wenige Einzelfälle wie z. B. das Itzhak Rabin Centre in Tel Aviv von Moshe Safdie (Abb. E 2.36, S. 184) oder The Walbrook in London von Foster and Partners (siehe Büround Geschäftshaus »The Walbrook«, S. 232f.) beschränkt. Die kontinuierliche Entwicklung von materialgerechten und an die Anforderungen des Bauwesens angepassten Konstruktionsweisen steht noch am Anfang und ist Gegenstand aktuellster Forschung und Entwicklung (siehe auch Potenziale, Tendenzen und Herausforderungen, S. 24). Utopisten überall vom Gewicht der Traditionen und suchen nach neuen Formen menschlichen Zusammenlebens, Wohnens und Bauens. So entwickelt und konstruiert Frei Otto seine ersten leichten Flächentragwerke und bringt damit das neue, der Natur zugewandte Verständnis vom Bauen zum Ausdruck. Sein Verdienst ist es, die alte Idee des Zelts um 1960 in die zeitgenössische Architektur eingeführt zu haben, denn seit der Antike wurden zeltartige Konstruktionen lediglich als temporäre Funktionsbauten ohne weitere Bedeutung für die Baukunst angesehen. Ein Beispiel hierfür sind die Überdachungen der römischen Stadien und Theater. Bereits zur Zeit Julius Cäsars wurden große Schattendächer aus leichter Baumwolle errichtet. Sie bestehen aus zahlreichen Einzelstücken, die sich über Seilzüge bewegen und raffen lassen. Für Konstruktion, Aufbau und Bedienung greifen die Römer auf ihre Erfahrungen mit Segelschiffen zurück, was sich auch in der Bezeichnung »vela« (Segel) widerspiegelt. Das Schattendach des Kolosseums beispielsweise besaß eine Fläche von 23 000 m2 – eine Größe, die textile Dächer erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts wieder erreichen. Bei den römischen Schattendächern muss es sich also um sehr anspruchsvolle Konstruktionen gehandelt haben, von denen allerdings fast keine Darstellungen überliefert sind. Diese Überdachungen werden zwar von Zeitgenossen bewundert, aber nicht dokumentiert, Entwicklung des Membranbaus Auf den ersten Blick erscheint es verwunderlich, das Bauen mit Membranen und das Bauen mit Kunststoffen in einen gemeinsamen Kontext zu stellen. So sind textile Konstruktionen doch bereits viele Tausend Jahre vor den polymeren Kunststoffen entstanden und damit so alt wie der Versuch der Menschheit, sich gegen widrige Umgebungsbedingungen zu schützen. Erst auf den zweiten Blick werden die Parallelen sichtbar. Nach den Traumatisierungen des Zweiten Weltkriegs befreien sich Visionäre und a 16 A 15 da sie damals ganz der Technik und nicht der Baukunst zugeordnet werden. Als gebaute Zeugnisse ihrer Existenz sind lediglich Einstecklöcher für Masten in den Tribünen zu finden. [5] Dieses Verständnis von textilen Konstruktionen bleibt bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts im Wesentlichen erhalten. So werden im Sonderband des »Handbuch der Architektur«, einer um 1900 entstandenen großen Enzyklopädie des Bauens, Zirkuszelte zwar beschrieben, gleichzeitig aber festgestellt, dass »solche Notbehelfe indes wohl kaum in das Gebiet der Baukunst gehören«. [6] Die wenigen Ausnahmen wie die Hängedächer des russischen Ingenieurs Vladimir Suchov gegen Ende des 19. Jahrhunderts oder die 1937 von Le Corbusier entworfene textile Hülle für den Pavillon des Temps Nouveaux auf der Weltausstellung in Paris haben kaum Einfluss auf die allgemeine Bau- und Konstruktionsgeschichte. Die leichten Flächentragwerke Frei Ottos Dies ändert sich erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Als Frei Otto auf der Bundesgartenschau in Kassel 1955 ein kleines Vierpunktsegel von 12,50 ≈ 12,50 m errichtet, erregt er mit dieser Konstruktion großes Aufsehen, da zu dieser Zeit niemandem die Grundformen des textilen Bauens vertraut waren (Abb. A 15 a). Obwohl Planung, Ausführung und Montage nur sechs Wochen dauern, markiert diese einfache Überdachung des Musikpavillons eine neue b A 16
Kunststoffe und Membranen in der Architektur a b c Epoche im Membranbau. Erstmals wird hier das Prinzip der gegensinnig gekrümmten vorgespannten Membran gezeigt (siehe Krümmung, S. 136f.). Neben dem Musikpavillon errichtet er in Kassel noch zwei weitere Bauten: drei kissenartige Überdachungen, die Drei Pilze (Abb. A 15 b) und den sogenannten Falter, ein wellenförmiges Zeltdach, das den Aussichtspunkt an einer Wegkreuzung überspannt. Am Ende der Bundesgartenschau werden alle drei Zelte wieder demontiert. Der Erfolg seiner leichten Zeltdächer führt unmittelbar zu einem Folgeauftrag für die nächste Bundesgartenschau 1957 in Köln. Neben dem Eingangsbogen, einem 34 m weit spannenden und nur 171 mm dicken Stahlbogen, der von einer Membran überspannt und gleichzeitig durch sie gegen seitliches Umkippen und Ausbeulen stablisiert wird (Abb. A 17 a), und kleineren Buckelzelten (Abb. A 17 c) begeistert vor allem das Sternwellenzelt für den zentralen Tanzbrunnen die Besucher (Abb. A 17 b). Letzters wird von sechs Masten und einer 1000 m2 großen Membran gebildet, die aus zwölf gleichen Segmenten besteht. Diese sind mit wechselnden Hoch- und Tiefpunkten sternförmig um einen mittigen Ring angeordnet. Ursprünglich nur für einen Sommer geplant, hat es die Stadt Köln wegen seiner Beliebtheit seither fast jedes Jahr errichtet und dafür die Membran mehrfach erneuert. Mit der bewegten Dachform, den ausgewogenen Proportionen und der präzisen Konstruktion ist dieses kleine Zelt nicht nur zu einer der einflussreichsten Leichtbaukonstruktionen, sondern zu einem der bedeutendsten Bauten der deutschen Nachkriegsarchitektur überhaupt geworden. Es steht im Gegensatz zu den Repräsentationsbauten der Kriegsjahre und dem monotonen Funktionalismus der Nachkriegszeit: ein leichtes und temporäres Zelt, das sich gleichzeitig an natürliche Formen anlehnt wie dem technischen Fortschritt verpflichtet ist. Mit seinen Entwürfen scheint Frei Otto eine tief verwurzelte Sehnsucht nach einem neuen Bauen angesprochen zu haben. Anders ist die enorme Wirkung, die von Frei Otto bis heute ausgeht, nicht zu erklären. Mit seinen Bauten in Kassel und Köln hat er im Grunde bereits alle Formen der zugbeanspruchten Flächentragwerke vorgeführt. Angeregt durch diese Arbeiten wird in der Folge von ihm und anderen Planern kontinuierlich an der Verbesserung der konstruktiven Durchbildung, der Werkstoffe und der Formfindungsverfahren gearbeitet. Dabei wachsen nicht nur die Abmessungen der realisierten Konstruktionen, sondern auch das Spektrum ihrer Nutzung über die Jahrzehnte stetig an. Internationale Anerkennung erhält Frei Otto dann durch die frei geformte Dachlandschaft des Deutschen Pavillons auf der EXPO 1967 in Montreal, die er gemeinsam mit Rolf Gutbrod entwirft (Abb. A 16). Das Dach ist mit 8000 m2 weit größer als alles, was er bis dahin realisiert hat. Die tragende Struktur besteht aus einem Netz aus 12 mm dicken Stahlseilen mit einer Maschenweite von 50 cm. Die Firma Stromeyer & Co aus Konstanz fertigt das Netz in 9,50 m breiten Bahnen und verschifft es nach Montreal. Dort wird es am Boden liegend zusammengeschraubt und durch hydraulisches Hochdrücken der Masten in den gewünschten Vorspannungszustand gebracht. Unter das Netz wird als Raumabschluss eine Membran gehängt, die über Tausende kleeblattförmige Klemmteller mit dem Seilnetz verbunden ist. Die Ermittlung der Seilkräfte findet im Vorfeld mit aufwendigen Messmodellen im Maßstab 1:75 am Institut für leichte Flächentragwerke (IL) der Universität Stuttgart statt. Hier wird auch ein Versuchsbau im Maßstab 1:1 errichtet, der heute noch als Institutsgebäude genutzt wird. Obwohl ursprünglich nur für einen Sommer geplant, bleibt der Deutsche Pavillon in Montreal noch sechs weitere Jahre stehen. Das Seilnetz wird dann später zum Vorbild für die Überdachung der Olympischen Anlagen in München. A 18 A 19 A 15 A 16 A 17 A 18 A 19 A 17 Pneumatische Strukturen In den USA entwickelt sich das Bauen mit Textilien maßgeblich vor dem Hintergrund der Suche des amerikanischen Militärs nach metallfreien Schutzhüllen für ihre empfindlichen Radarsysteme. Zum einen entstehen die bereits erwähnten GFK-Radome, zum anderen präsentieren 1946 die Cornell Aeronautical Laboratories in Buffalo, New York eine andere Lösung, eine luftgestützte textile Hülle. In den nächsten zwei Jahren plant und baut ein Team BUGA, Kassel (D) 1955, Frei Otto a Musikpavillon in der Kasseler Karlsaue b Drei Pilze, beleuchteter Sitzplatz bei Nacht a, b Deutscher Pavillon auf der Weltausstellung in Montreal (CAN) 1967, Rolf Gutbrod und Frei Otto BUGA, Köln (D) 1957, Frei Otto a Eingangsbogen, Frontalansicht b Tanzbrunnen, textile Sternwelle c Buckelzelt, Blick vom Rheinufer Prototyp des Radoms, Walter Bird Schwimmbadüberdachung, Walter Bird 17
Kunststoffe und Membranen in der Architektur unter der Leitung des jungen Luft- und Raumfahrtingenieurs Walter Bird die ersten pneumatischen Radome, die bereits 1954 zu Hunderten über ganz Kanada und den USA verteilt sind (Abb. A 18, S. 17). Diese ursprünglich für das Militär entwickelte Konstruktion findet schnelle Verbreitung auch im zivilen Bereich wie z. B. für Tennisplätze, Schwimmbäder und Ausstellungshallen (Abb. A 19, S. 17). Stehen für Bird vor allem die technischen Vorteile der pneumatischen Konstruktionen zur Überdachung mittelgroßer Hallen im Vordergrund, erkennen erst die großen Visionäre dieser Zeit ihr Potenzial zur Gestaltung neuer Lebensräume. So entwickelt Buckminster Fuller 1950 beispielsweise die Idee einer Klimahülle über Manhattan und Frei Otto, der 1962 eine viel beachtete systematische Untersuchung zu pneumatischen Konstruktionen vorlegt, das Konzept einer künstlichen Stadt in der Antarktis. Beide halten pneumatisch gestützte Hüllen mit Spannweiten von 2000 m und mehr für technisch möglich. Der Hintergrund für solche Visionen wird aus Frei Ottos Beitrag zum Kongress »wie werden wir wohnen« von 1967 deutlich: »Die klassischen Baukonstruktionen werden weiterentwickelt und mit günstigeren Formen über immer größere Flächen gespannt, deren erreichbare Grenzen heute bereits in Kilometer gemessen werden müssen. Große Spannweiten gestatten konstruktionsungehemmte, freie und anpassungsfähige Nutzungen des umschlossenen Gebietes. Es gelingt beispielswei- A 20 a 18 se, Raumgitter großer Ausdehnung aus veränderlichen dreidimensionalen Netzen, die nicht einmal fixiert sind, in der Luft zu spannen und dort auch, warum auch nicht, Wohnungseinheiten unterzubringen. Die jüngsten Entwicklungen auf baukonstruktivem Gebiet gestatten die Durchführung sowohl von Aufgaben der Erschließung als auch der Intensivierung durch synchrone Veränderung. Die Stadt im Meer oder sogar auf dem Mond, Pflanzenschutzhäuser in der Antarktis und anderes mehr sind längst nicht mehr Utopie, sondern Planungsvorhersage.« [7] Eine Realisierung seiner Stadt in der Antarktis sagt Frei Otto für die frühen 1980er-Jahre voraus. Die Machbarkeit hat er zusammen mit Kenzo Tange und Ove Arup nachgewiesen, realisiert wurde das Projekt aber nicht. Auch die britischen Avantgardisten der Gruppe Archigram sind von der Pneumatik fasziniert. Sie sehen darin die Möglichkeit, weiche, anpassungsfähige und bewegliche Strukturen zu schaffen, die ganz im Gegensatz zu einer bürgerlichen Architekturtradition stehen. Den Höhepunkt der Entwicklung pneumatischer Konstruktionen stellt die EXPO 1970 in Osaka dar: Von beweglichen Schirmen über aufgeblasene Informationspavillons bis zu Kissendächern sind hier zu bewundern. Die bekannteste pneumatische Konstruktion ist vermutlich der Fuji-Pavillon von Yutaka Murata und Mamoru Kawaguchi (Abb. A 20). Mit seinen spektakulären Formen und Farben macht er die Nähe zur Pop Art deutlich. Der Pavillon besteht aus 16 gebogenen Schläuchen mit einem Durchmesser von 4 m und einer Länge von 78 m, deren Fußpunkte einen Kreis von 50 m beschreiben. Alle Schläuche sind an ein zentrales Gebläse angeschlossen, das im Normalfall einen Druck von 1000 Pa erzeugt, der bei starkem Wind auf 2500 Pa erhöht werden kann. Von Bedeutung ist auch der USA-Pavillon des Architekturbüros Davis, Brody & Ass. in Zusammenarbeit mit den Designern Chermayeff, Geismar, de Harak & Ass. und dem Ingenieur David H. Geiger, da seine seilnetzverstärkte pneumatische Konstruktion später zum Vorbild für mehrere große Hallen wird (Abb. A 21). Die Konstruktion überdacht ein Oval mit Seitenabmessungen von 142 ≈ 83 m bei einer Scheitelhöhe von nur 6,10 m. Diese flache Krümmung ist durch eine Verstärkung der Membran mit einem Netz aus 32 Seilen mit Durchmessern von 48 mm möglich. Die Seile sind an einem umlaufenden Betondruckring befestigt, dessen Gewicht ein Abheben des Dachs verhindert. Das Gewicht der Dachfläche beträgt weniger als 5 kg/m2, sodass ein geringer Überdruck ausreichend ist. Der teilweise in das Erdreich abgesenkte Ausstellungsraum wird über eine Luftschleuse betreten. Der Pavillon zählt zu den größten Bauten auf der EXPO 1970, seine Bedeutung erhielt er aber vor allem durch seine zurückhaltende und ausgereifte Konstruktion. Kenzo Tange und die Ingenieure Yoshikatsu Tsuboi und Mamoru Kawaguchi präsentieren a b A 21 b A 22
Kunststoffe und Membranen in der Architektur ebenfalls auf der EXPO 1970 erstmals ein Dach mit pneumatisch vorgespannten Folienkissen, eine Bauweise, die in der Architektur inzwischen eine große Rolle spielt (Abb. A 22). Das Dach besteht aus einem stählernen Raumtragwerk, das mit quadratischen Luftkissen von je 10,80 m Seitenlänge überdacht ist. Die pneumatisch vorgespannten Kissen sind leicht, transparent und unempfindlich gegenüber Verformungen und Wärmeausdehnungen der großen Stahlkonstruktion mit Seitenabmessungen von 291 ≈ 108 m. Der innere Überdruck ist sehr niedrig und wird bei stärkerem Wind erhöht. Die obere Membran besteht aus sechs, die untere aus fünf Schichten Polyesterfolien. In den folgenden Jahren können sich pneumatisch vorgespannte Konstruktionen nicht so verbreiten, wie damals erhofft, da im Dauerbetrieb doch häufiger technische Probleme auftreten. Seilnetze und Membrandächer für Sportstadien Zu einer Domäne der zugbeanspruchten Flächentragwerke haben sich im Lauf der Zeit die Überdachungen großer Sportanlagen entwickelt. Hierfür sind weit spannende Konstruktionen erforderlich, die Schatten spenden und vor Regen schützen, aber ansonsten meist keine erhöhten Anforderungen hinsichtlich Schalloder Wärmeschutz erfüllen müssen, sodass die leichten Konstruktionen ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Rückverankerte Konstruktionen Die von Frei Otto entwickelten Konstruktionen werden vorgespannt, indem die leichte Dachfläche mit Seilen und Masten gegen Fundamente im Baugrund gespannt wird. Ein Höhepunkt dieser Bauweise stellt die Überdachung der olympischen Anlagen 1972 in München dar. Sowohl in seiner architektonischen Konzeption als auch der konstruktiven Durchbildung knüpft das Dach von Günther Behnisch, Frei Otto und den Ingenieuren von Leonhardt und Andrä (Jörg Schlaich) zwar an das Vorbild des Seilnetzes des Deutschen Pavillons für die EXPO 1967 in Montreal an, allerdings war es in seiner Größe damals überwältigend. Zahlreiche bis heute bedeutsame Forschungen und Innovationen waren dabei notwendig, dies betrifft: die Eindeckung mit Acrylglasplatten (siehe Abb. E 5.16 und E 5.17, S. 218), Erdanker, neue Seiltypen, dauerschwingfeste Klemmen, Verankerungen und Umlenkungen aus Stahlguss und vor allem numerische Formfindungsverfahren (siehe Formfindung, S. 138ff.) sowie computergestütze Zeichen- und Berechnungsprogramme, die hier zum ersten Mal bei einem großen Bauvorhaben eingesetzt werden. Bei der Realisierung des Münchner Seilnetzes wurde aber auch ein großer Nachteil solcher Konstruktionen deutlich: Offene Dachlandschaften dieser Größe erfordern enorme Spannkräfte, die wiederum aufwendige Verankerungen im Baugrund notwendig machen. In München haben die Schwergewichtsfundamente für das Hauptseil die Größe eines mittleren Mehrfamilienhauses. Speichenradsysteme Eine Alternative bieten Systeme, die auf geschlossenen Druck- und Zugringen basieren und deswegen als Speichenradsysteme bezeichnet werden. Sie eignen sich besonders gut für große Sportanlagen, da diese oft einen Grundriss in Form eines Kreises oder Ovals haben. Schon Darstellungen aus dem 17. Jahrhundert von Rekonstruktionen antiker Schattendächer über römischen Arenen zeigen Hängesysteme mit einem geschlossenen Zugring an der inneren Dachkante. Der amerikanische Ingenieur David H. Geiger entwickelte diese Idee für die Überdachung moderner Sportarenen weiter. Die erste Dachkonstruktion dieser Art präsentiert er bei der 1986 fertiggestellten olympischen Gymnastikhalle von Seoul. Heute werden überwiegend solche geschlossenen Systeme verwendet, da sie im Gegensatz zu den rückverankerten Systemen keine großen Zugfundamente im Baugrund erfordern. Eine Beispiel hierfür, das zugleich eine Vorstellung davon vermittelt, welche räumliche Wirkung die überdachten Arenen der Antike entfaltet haben müssen, ist die Überdachung der Stierkampfarena in Saragossa der Ingenieure Jörg Schlaich und Rudolf Bergermann von 1990 (Abb. A 24). Die Primärkonstruktion besteht aus einem äußeren Druckring mit einem Durchmesser von 83 m und zwei inneren gespreizten Zugringen mit 36 m Durchmesser. Zug- und Druckringe sind mit 16 Radialseilen verbunden. Durch vertikales Spreizen der inneren Zugringe wird das System vorgespannt und versteift. Im äußeren Ring entsteht eine Druckkraft, die sich mit den Zugkräften der inneren Ringe im Gleichgewicht befindet. Der Druckring liegt auf dem oberen Rand der Tribüne auf, sodass diese im Wesentlichen nur mit vertikalen Auflagerlasten beansprucht wird und auf die aufwendige Verankerung von Zugkräften verzichtet werden kann. Der Sandplatz in der Mitte der Arena ist mit einer beweglichen Membran überdacht. Im offenen Zustand wird diese unter einer zentralen Nabe gerafft – ein Prinzip, das Frei Otto bereits 1967 für die Überdachung der Stiftsruine in Bad Hersfeld verwendet hatte. Das innere Dach schließt sich, indem es entlang der Radialseile zum unteren Ringseil gezogen und dann gegen Flattern im Wind durch vertikales Aufspreizen der Nabe vorgespannt wird. Da das Vorspannen der zentralen Membran wesentlich größere Kräfte erfordert als das Öffnen und Schließen, wurden die Antriebe für diese beiden Funktionen entkoppelt. Im Rahmen der Umbauarbeiten des Stuttgarter Leichtathletik- und Fußballstadions (1993) entwickeln Schlaich und Bergermann für die Überdachung das Speichenradprinzip weiter (Abb. A 23). Eine andere Konstruktion war nicht möglich, da eine Rückverankerung im Baugrund wegen des Stuttgarter Mineralwassers nicht zulässig gewesen wäre. Anders als in Saragossa wird das System über einem ovalen Grundriss mit zwei ge- A 23 A 20 A 21 A 22 A 23 A 24 Ausstellungspavillon der Firma Fuji auf der Weltausstellung in Osaka (J) 1970, Yukata Murata und Mamoru Kawaguchi USA-Pavillon auf der Weltausstellung in Osaka (J) 1970, Davis, Brody & Ass. mit David Geiger a Luftbild b Innenraum unter Überdruck Dach der Festival Plaza, Weltausstellung in Osaka (J) 1970, Kenzo Tange, Yoshikatsu Tsuboi und Mamoru Kawaguchi a Luftbild b Nahaufnahme Folienkissen Gottlieb-Daimler-Stadion, Überdachung, Stuttgart (D) 1993, Schlaich, Bergermann & Partner Stierkampfarena, Saragossa (E) 1990, Schlaich, Bergermann & Partner a Luftbild b Schließen der Überdachung a b A 24 19
Kunststoffe und Membranen in der Architektur A 25 spreizten Druck- und einem inneren Zugring angewendet. Zwischen dem inneren Zugring, bestehend aus acht parallelen Seilen mit jeweils 79 mm Durchmesser, und den Druckringen spannen insgesamt 40 radiale Seilbinder in einem Abstand von rund 20 m. Mit ihren Spannweiten von bis zu 58 m unterteilen sie die 34 000 m2 große Dachhaut in 40 Segmente. Die einzelnen Membransegmente selbst werden von je sieben Druckbögen gestützt, die auf den unteren Radialseilen aufliegen. Die Bögen verleihen der Membran ausreichend Krümmung und reduzieren die freien Spannweiten. Dadurch kann ein leichtes und lichtdurchlässiges PVCbeschichtetes Polyestergewebe verwendet werden. Diese Konstruktion hat sich als außerordentlich effizient erwiesen und wird so zu einem Prototyp, der von Schlaich, Bergermann und ihrem Partner Knut Göppert für zahlreiche Stadien weltweit variiert und weiterentwickelt wurde. Membranbau in der zeitgenössischen Architektur A 26 a b 20 A 27 Das Stuttgarter Dach steht auch exemplarisch für einen Wechsel der Formvorstellungen. Die zusammenhängende, große und sanft geschwungene Fläche des Münchner Dachs wird in Stuttgart in kleine Segmente zerlegt. Dieser Übergang von der in die Umgebung eingebetteten freien Dachlandschaft hin zu einer autarken, ingenieurmäßig optimierten und modularen Struktur ist typisch für die architektonische Ausformulierung von Membranbauten gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Die Abhängigkeit der Form von mechanischen Prinzipien und das darin liegende Potenzial zu hocheffizienten Strukturen hat bis zum Ende des 20. Jahrhunderts eine große Faszination auf Architekten und Ingenieure ausgeübt. Teilweise wird die Logik der Form und Konstruktion durch die architektonische Umsetzung noch überhöht, was sich auch in einer expressiven Zurschaustellung der Konstruktion und ihrer Details zeigt. Beispielhaft für diese Strömung der sogenannten Hightech-Architektur des ausgehenden 20. Jahrhunderts ist das Inland Revenue Centre in Nottingham von Michael Hopkins von 1994 (Abb. A 28). Heute suchen Architekten dagegen meist nach Formen, die nicht durch die Technik und Gesetzmäßigkeiten des Membranbaus bestimmt werden. Das Bauen mit Textilien und Folien soll sich dagegen eher einer übergeordenten Gestaltidee unterordnen. Im Idealfall gelingt es,dabei zu neuartigen Formen zu gelangen und dennoch der Logik von Konstruktion und Werkstoff gerecht zu werden. Als Beispiel hierfür können die Münchner Allianz Arena der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron (Abb. D 1.18, S. 142) oder das National Aquatics Center (»Watercube«) der australischen Architekten PTW in Peking genannt werden. Auch Thomas Herzog beschreitet mit seinem Projekt für die Bergwacht in Bad Tölz 2008 einen neuen Weg (siehe Trainingshalle der Bergwacht, S. 260f.). Materialien in der textilen Architektur – vom Naturzum Kunstfasergewebe und zur Kunststofffolie Die Entwicklung des textilen Bauens wird nicht nur vom kulturellen Umfeld und den Fortschritten bei Konstruktion und Berechnung zugbeanspruchter Konstruktionen bestimmt. Auch Innovationen bei den Werkstoffen – und dabei vor allem der Übergang von der Natur- zur Kunstfaser – spielen eine entscheidende Rolle. Besonders deutlich wird dies an der Entwicklung pneumatischer Konstruktionen. Als Ideengeber und konstruktiver Vorläufer für pneumatische Konstruktionen werden meist der erste Heißluftballon der Brüder Montgolfier von 1783 und der nur kurze Zeit später aufgestiegene Wasserstoffballon von Jaques Charles genannt. Der Forscher und Ingenieur Frederick William Lanchester ist wohl einer der Ersten, der die Idee der Pneumatik auf Gebäude überträgt. 1917 lässt er sich den Entwurf für ein Feldlazarett patentieren, das nur von einem geringen Überdruck ohne Masten oder Hängeseil getragen wird. Allerdings bleibt diese Idee Utopie, da ihm noch keine luftdichten Textilien zur Verfügung stehen, die einen wirtschaftlich vertretbaren Bau des Lazaretts ermöglichen. Erst durch die Einführung der kunststoffbeschichteten Membranen in der Mitte des 20. Jahrhunderts kann Walter Bird dann an die Vorschläge Lanchesters anknüpfen und zahlreiche pneumatische Konstruktionen realisieren. In den 1950er- und 1960er-Jahren wird überall mit den verschiedenen synthetischen Geweben aus Polyamidfasern (Nylon, Perlon) aus Polyester (Trevira, Dacron) oder Polyacryl (Dralon) mit Beschichtungen aus synthetischem Kautschuk (Hypalon, Neopren), PVC oder Polyurethan experimentiert. Frei Otto verwendet für seine ersten Zeltdächer noch Textilien aus Naturfasern. So besteht die Membran des Musikpavillons auf der Bundesgartenschau 1955 in Kassel aus ca. 1 mm dickem Baumwollschwergebe und ist mit 18 m wesentlich weiter gespannt, als es bis dahin im Zeltbau üblich war (Abb. A 15 a, S. 16). Die Nachteile der Naturfasern wurden allerdings bei Bewitterung und hoher statischer Beanspruchung offensichtlich. Auch Frei Otto beginnt daher schon bald mit Kunstfasern zu experimentieren. Bereits für den Eingangsbogen der Bundesgartenschau 1957 in Köln verwendet er eine PURbeschichtete Glasfasermembran (Abb. A 17 a, S. 17). Das neue Material hält allerdings nicht lange: Die Glasfaser ist zwar unempfindlich gegenüber UV-Strahlung, wird aber von der Feuchtigkeit angegriffen, die durch die Beschichtung diffundiert. Der Bogen erhält daher schon nach einer Saison eine Haut aus bewährtem Baumwollgewebe. Auch ein Polyamidgewebe, das er für ein Zelt auf der Interbau 1957 in Berlin verwendet, hält nicht lange. Bereits nach sechs Wochen hat die Membran einen Riss, dessen Ursache – wie sich später zeigt – im Färben mit Titanoxid liegt. Auch diese Kunstfasermembran muss
Kunststoffe und Membranen in der Architektur A 25 A 26 A 27 A 28 A 29 Fuller entsteigt einem Necklace-Dome, Black Mountain College, Asheville (USA) 1949, Richard Buckminster Fuller Union Tank Car Company, Kuppel mit 130 m Spannweite, Baton Rouge (USA) 1958, Richard Buckminster Fuller Brass Rail Restaurants auf der Weltausstellung in New York (USA) 1964 a Außenansicht b Innenansicht Dach Inland Revenue Centre, Nottingham (GB) 1994, Michael Hopkins Einfamilienhaus, Tokio (J) 1996, FOBA gegen ein bewährtes Baumwolltuch ausgetauscht werden. Für die Überdachung des Freilichttheaters in Wunsiedel (1963), ein wandelbares Dach in Cannes (1965) sowie für den Deutschen Pavillon in Montreal (1967) setzt Frei Otto erstmals PVC-beschichtete Polyestergewebe ein. Um 1970 kann sich dieses Gewebe dann als dauerhaftes, flexibles und kostengünstiges Standardmaterial im Membranbau durchsetzen (siehe PVC-beschichtete Polyestergewebe, S. 104). Glasfasergewebe Auch Glasfasergewebe werden schon früh als Alternative zu den UV-empfindlichen synthetischen Fasern eingesetzt. Dabei wird mit verschiedenen Beschichtungen experimentiert. Neben der bereits beschriebenen PUR-Beschichtung für die Membran des Eingangsbogens der Bundesgartenschau in Köln wird z. B. für den amerikanischen Pavillon auf der EXPO 1970 in Osaka eine PVC-Beschichtung verwendet (Abb. A 21, S. 18). Dieser wegweisende Bau regt zu einer Reihe ähnlicher Hallenkonstruktionen an, wie dem 1975 in der Nähe von Detroit errichteten Pontiac Silverdome vom Architekten Don Davidson und dem Ingenieur David H. Geiger. Hierbei wird erstmals ein PTFE-beschichtetes Glasfasergewebe eingesetzt, das sich gegen Ende des 20. Jahrhunderts als weiteres hochwertiges und zudem kaum entflammbares Standardmaterial des Membranbaus etablieren kann. Die pneumatisch gestützte Membran muss nach Schneeschäden allerdings bereits 1985 durch eine konventionelle Unterkonstruktion aus Stahlträgern ersetzt werden, was symptomatisch für den Misserfolg sehr großer pneumatischer Konstruktionen – sogenannter Airdomes – ist. Kunststofffolien Die Extrusion von Kunststofffolien aus Polyamid, Polyethylen oder PVC ist bereits seit den 1940er-Jahren bekannt. Transparente PVCFolien werden von Walter Bird, Richard Buckminster Fuller, Kenzo Tange und anderen eingesetzt. Sie eignen sich wegen des hohen Gasdiffusionswiderstands besonders für pneumatische Konstruktionen. Allerdings erreichen A 28 A 29 sie nur geringe Festigkeiten, sodass sie lediglich für untergeordnete Bauteile mit weniger statischen Beanspruchungen verwendet werden können. Die stärkeren, beständigeren und UV-durchlässigen ETFE-Folien werden erstmals Mitte der 1970er-Jahre extrudiert. Sie dienen zunächst als Glasersatz bei Gewächshäusern, finden aber, nachdem sie 1982 bei einem Gewächshaus in Arnheim erstmals als Gebäudehülle eingesetzt worden waren, ihren Weg in die Architektur (siehe Folien, S. 94ff.). In vielen Fällen führt dies zu sehr ausdrucksstarken Gebäuden, die in ihrer Gestaltung durch das Material bestimmt werden. Während es für den Einsatz von Membranmaterialien viele Beispiele großer Bauten gibt, wurden Entwürfe textiler Architektur eher selten für kleinere Projekte umgesetzt. Ein wichtiges Beispiel ist dabei ein kleines Wohnhaus in Tokio, das 1996 auf einer Grundfläche von 4 ≈ 21 m realisiert wurde. Die Hülle besteht größtenteils aus einem doppelt gekrümmten, transluzenten, PTFE-beschichteten Glasfasergewebe, wodurch das Haus »Licht atmet im 24-Stundenrhythmus der Stadt«, so die Architekten. Die neuen Materialien werden aber auch bei anderen Projekten eingesetzt, die nur mittelbaren Bezug zum Bauen haben, wie z. B. das 1986 vom französischen Architekten Gilles Ebersolt in Zusammenarbeit mit dem Botaniker Francis Hallé entwickelte Wipfelfloß, mit dem sich erstmals die Wipfelzonen tropischer Regenwälder direkt erreichen und erforschen lassen. Die Struktur aus PVC-beschichteten Polyesterschläuchen, die mit Aramidfaser-Netzen zu einem Sechseck mit ca. 27 m Durchmesser verbunden sind, bildet eine Fläche, die als »schwimmendes« Laboratorium von sechs Personen genutzt werden kann. Ein Heißluftballon bringt das Floß an den jeweiligen Einsatzort. Dieses Beispiel zeigt, dass Konstruktionen aus Kunststoffmaterialien in besonderer Weise geeignet sind, hochspezifischen Anforderungen gerecht zu werden, wie sie sich z. B. bei temporären, mobilen Bauten für sehr spezielle Einsatzorte stellen. Auch für komplexe Gebäudehüllen werden Textil- und Folienmaterialien zunehmend genutzt, obwohl sich die Anforderungen an Gebäude nicht zuletzt aufgrund steigender Wärmedämmstandards laufend erhöhen. Durch zahlreiche Innovationen wird die Leistungsfähigkeit ständig verbessert. Hierzu zählen unter anderem funktionale Schichten, z. B. Low-E-Schichten (eine optische Funktionsschicht mit einem geringen Emissionsgrad), wie sie erstmals im neuen Flughafen in Bangkok (siehe Passagier-Terminal-Komplex Suvarnabhumi International Airport, S. 277ff.) eingesetzt wurden, neue transluzente Wärmedämmung (siehe Aerogele im Membranbau, S. 220) und integrierte Photovoltaik (siehe Photovoltaik, S. 122f.). Bauten mit transparenten und transluzenten Hüllen Als sich viele Architekten und Ingenieure noch mit der Idee der industriell gefertigten Wohnzelle befassen, wendet sich Buckminster Fuller bereits neuen Themen zu. Schon seit den 1920er-Jahren hatte er mit den industriellen Fertigungsverfahren des Automobil- und Flugzeugbaus experimentiert und sich danach als Autodidakt mit geometrischen Studien zu Kugeln beschäftigt. Ende der 1940er-Jahre beginnt er mit Studenten des Black Mountain College, einer winzigen Kunstschule in North Carolina, seine ersten geodätischen Kuppeln zu realisieren. Er verwendet für die Eindeckung transparente Folien, da diese seine filigranen Stabstrukturen weder statisch belasten noch optisch beeinträchtigen (Abb. A 25). Für ihn sind Kunststoffe nicht »künstlich«, sondern er sieht in ihrem polymeren Aufbau eine Weiterentwicklung natürlicher geometrischer Ordnungsprinzipien. [8] Als 58-Jähriger erhält er schließlich 1953 mit der Überdachung der Ford-Rotunda seinen ersten richtigen Auftrag. Dabei verwendet er für die Eindeckung der Stabkuppel eine Vinylhaut, und schafft somit vermutlich das erste Bauwerk mit einer transparenten Kunststoffhülle (Abb. A 26). In der Folge entstehen zahlreiche geodätische Kuppeln, unter anderem auch sein berühmtestes Bauwerk, der Pavillon der USA auf der Weltausstellung 1967 in Montreal, dessen aufgelöste und exponierte Struktur der Kuppel einen 21
Kunststoffe und Membranen in der Architektur A 30 A 31 A 32 A 33 A 34 a Tankstelle, Thun (CH) 1962, Heinz Isler a während des Aufbaus b Dachuntersicht Pavillon »les échanges« auf der Expo 64, Lausanne (CH) 1964, Heinz Hossdorf Olympiadach München (D) 1972, Günther Behnisch, Frei Otto und mit den Ingenieuren von Leonhardt & Andrä (Jörg Schlaich) USA-Pavillon auf der Weltausstellung in Montreal (CAN) 1967, Richard Buckminster Fuller a Gegenlichtaufnahme b Kuppelausschnitt von innen Studien zu Faltwerken und Raumfachwerken, Renzo Piano a mobiles Dach einer Schwefelaufbereitungsanlage, 1966 b, c Studien zu Raumtragwerken mit Kunststoffpyramiden, 1964/65 b A 30 A 31 A 32 22 nachhaltigen Einfluss auf die folgende Generation von Architekten ausübt. Buckminster Fuller entwickelt hierfür ein zweilagiges Raumtragwerk mit einem Durchmesser von 76 m und einer Höhe von 61 m (Abb. A 33). Es besteht aus Stahlröhren, die in der äußeren Lage Dreiecksmaschen, in der inneren Sechsecke bilden. Zwischen den beiden Lagen ordnet er Formelemente aus Acrylglas an, die von innen mit beweglichen dreieckigen Markisen entsprechend dem Sonnenstand verschattet werden können. Ein Computerprogramm sorgt dafür, dass die Verschattungselemente der Sonne folgend bewegt werden, sodass immer nur ein Minimum der Felder abgedunkelt ist und der transparente und leichte Charakter der Kuppel erhalten bleibt. Mit dieser dynamischen Abstimmung von Innenklima und Sichtbeziehungen demonstriert Fuller seine Vorstellungen einer adaptiven Gebäudehülle. Leider geht sie bereits 1976 bei Wartungsarbeiten in Flammen auf. Auch andere Architekten und Ingenieure entdecken transluzente Kunststoffe als neues Gestaltungs- und Konstruktionselement. Beispielhaft dafür ist die 1960 von dem Ingenieur Heinz Isler errichtete Tankstellenüberdachung in Thun, Schweiz. Bekannt wurde Isler durch seine Betonschalen, bei denen er ab Mitte der 1950er-Jahre Kunststoffe für den Formenbau und für die transparetenten Oberlichter mit Durchmessern von 5 bis 8 m einsetzt, sodass er mit diesem Material bereits vertraut ist. Die Überdachung in Thun ist als ein 14 ≈ 22 m großes und 50 cm starkes Sandwichelement konstruiert. Ihre Herstellung findet auf dem Boden statt: Zuerst wird die untere Decklage aus glasfaserverstärktem Polyester laminiert, wobei der Glasfaseranteil mit 25 % relativ niedrig ist, um eine hohe Transluzenz zu erzielen. Vorgefertige, einseitig offene Kisten werden mit den offenen Seiten nebeneinander auf diese noch feuchte Decklage gestellt. Auf die geschlossene obere Ebene der Kisten wird dann die abschließende Decklage laminiert (Abb. A 30 a). Die so entstandene Platte wird nun im Ganzen auf die acht eingespannten Stahlstützen mit Pilzkopf gesetzt (Abb. A 30 b). Die einfache Struktur erzielt ihre Wirkung durch die Transluzenz. Aufgrund von Vergilbung wird das Dach jedoch nach zehn Jahren schließlich weiß gestrichen, und aus der durchscheinenden Konstruktion wird so eine gewöhnliche Tankstellenüberdachung. Auch der Schweizer Ingenieur Heinz Hossdorf experimentiert mit transluzenten Kunststoffen und nutzt diese z. B. für die Überdachung des zentralen Ausstellungsplatzes der EXPO 1964 in Lausanne (Abb. A 31). Über die rechteckige Grundfläche von 108 ≈ 72 m spannt er 24 schirmartige Elemente mit Außenabmessungen von 18 ≈ 18 m. Jeder Schirm besteht aus vier gleichen hyperbolischen Paraboloiden, die auf einer eingespannten Stahlrohrstütze lagern und zusätzlich zum Mast verstrebt sind. Die Restflächen zum benachbarten Schirm oder zu den Dachrändern werden mit dreieckförmigen
Kunststoffe und Membranen in der Architektur a b A 33 Elementen geschlossen. Insgesamt werden fürdas Dach 192 Elemente aus zwei Grundformen im Handlaminat hergestellt. Die GFK-Elemente sind nur 3 mm stark und haben einen Glasfaseranteil von lediglich 30 %, um eine möglichst hohe Lichtdurchlässigkeit zu erzielen. Die Flächen werden von oben beleuchtet, sodass sie nachts wie eine gleichmäßig leuchtende Lichtdecke erscheinen. Um die sehr dünnen und großen GFK-Flächen zu stabilisieren, sind diese mit einem Stahlrahmen eingefasst und unter Zug gesetzt, indem die Mastspitze hydraulisch nach unten gezogen wird. Dadurch werden wie bei einem Regenschirm die Flächen durch die Streben nach außen gedrückt und vorgespannt. Das Prinzip der Vorspannung macht deutlich, dass diese Konstruktion nicht nur formal, sondern auch konstruktiv den Membrantragwerken sehr nahe steht. Sie hätte in ganz ähnlicher Form auch mit einer textilen Hülle realisiert werden können. Nach drei Jahren wird die elegante Struktur abgebrochen, ohne dass ein einziger Schirm erhalten bleibt. [9] Für die Verbreitung transparenter Kunststoffe sind auch die Überdachungen der olympischen Anlagen in München 1972 von Bedeutung (siehe Seilnetze und Membrandächer für Sportstadien, S. 19). Zunächst diskutieren die Architekten um Günther Behnisch für die Eindeckung des Seilnetzes zahlreiche Alternativen − von der PVC-beschichteten Membran wie in Montreal bis zu Metallschindeln oder einer Holzschalung. Die Fernsehanstalten fordern jedoch eine lichtdurchlässige Dachfläche, da bei der vorhergehenden Fußballweltmeisterschaft 1970 in Mexiko die Stadionüberdachung sehr starke Schlagschatten auf das Spielfeld geworfen hatte und die Fernsehkameras die entstehenden Kontraste nicht ausgleichen konnten. Daher werden verschiedene lichtdurchlässige Folien und Platten untersucht, wobei am Ende nur Acrylglas die Anforderungen hinsichtlich des Brandschutzes und der Dauerhaftigkeit erfüllt (Abb. A 32). Die Platten werden mit Kantenlängen von 2 ≈ 2 m hergestellt und dann bei 150 °C auf 3 ≈ 3 m gereckt. Im Brandfall schrumpfen die Platten bei etwa 200 °C, wobei der Aluminiumrahmen das Material hält. Durch die entstehende Spannung reißen die Platten auf, wodurch Hitze und Rauch nach oben entweichen können. Die Acrylglasplatten werden mit einem Brandschutzzusatz versehen, um nicht weiter zu brennen und auch nicht brennend abzutropfen. Sie sind auf dem vorgespannten Seilnetz mit Maschenweiten von 75 cm befestigt. Um die Bewegungen des Netzes und die Temperaturdehnungen der Platte aufnehmen zu können, müssen die Platten untereinander mit ca. 14 cm breiten schwarzen Neoprenbändern verbunden werden. Dadurch erhält die Dachfläche ihre optische Struktur und das statisch wirksame Seilnetz tritt in den Hintergrund. Die zunächst ungewollte optische Überlagerung von Dichtungsbändern und Seilnetz hat inzwischen das Bild des Dachs so sehr geprägt, dass es nicht verändert werden sollte, obwohl heute mit ETFE-Folien eine weitgehend fugenlose Eindeckung möglich wäre. Als daher nach rund 25 Jahren die Acrylglaselemente wegen Versprödungen und Eintrübungen ausgetauscht werden mussten, ersetzte man sie durch in Material und Konstruktion fast identische Platten. Der größte Teil der Platten erhielt wie ursprünglich einen Zuschlag aus Rußpartikeln, der für eine leichte Tönung sorgt. a b c Die olympischen Anlagen in München und der amerikanische EXPO-Pavillon in Montreal sind wegweisende und viel beachtete Bauten, die viele Architekten dazu angeregt haben, sich mit lichtdurchlässigen Kunststoffen zu beschäftigen. Beispielhaft sei hier Renzo Piano angeführt. Mitte der 60er-Jahre studierte er u. a. bei dem Mathematiker und Ingenieur Zygmunt Stanislaw Makowski, der neben dem Architekten und Ingenieur Konrad Wachsmann und dem Maschinenbauer Max Mengeringhausen zu den Pionieren auf dem Gebiet der modernen Raumtragwerke zählt. Makowski beschäftigte sich am »plastic research unit« der University of Surrey auch mit Faltwerken und Raumfachwerken aus pyramiden- oder hyperbolischen paraboloiden GFK-Formteilen, die als Dacheindeckung wirken und sich gleichzeitig am Lastabtrag beteiligen (Abb. A 34). Dadurch beeinflusst realisiert Renzo Piano in Italien solche Strukturen für einfache Ausstellungs- oder Lagerhallen. Obwohl diese ersten Raumtragwerke A 34 23
Kunststoffe und Membranen in der Architektur in ihren konstruktiven und formalen Mitteln noch sehr reduziert sind, markieren sie dennoch den Beginn von Renzo Pianos Auseinandersetzung mit Werkstoffen, ihren Eigenschaften, ihrer Verarbeitung und den sich daraus ergebenden architektonischen Möglichkeiten. Für den IBMPavillon 1982 greift er das Thema der Kunststoffpyramiden wieder auf. Der Pavillon ist für eine Wanderausstellung in 20 europäischen Städten konzipiert, sodass ein geringes Gewicht und ein einfacher Auf- und Abbau die wesentlichen Anforderungen an den Entwurf darstellen. Seine fachwerkartigen Bögen mit einer Spannweite von 12 m bestehen aus nur drei Materialien: laminiertes Birkenholz für die Oberund Untergurte, transparentes Polycarbonat für die Pyramiden der Diagonalen und Aluminium für die Verbindungselemente (Abb. A 35). Potenziale, Tendenzen und Herausforderungen Im Vergleich zu den Strukturen aus den 1960erJahren wird die Entwicklung der Kunststoffe deutlich: Zunächst aus funktionalen Gründen für Schutzhüllen von Radaranlagen, Überdachungen von Industrieanlagen oder pneumatisch gestützte Schwimmbadüberdachungen verwendet, entwickeln sie sich zu Werkstoffen, die auch hohe Anforderungen an visuelle und haptische Qualitäten erfüllen. Von Architekten wie Richard Buckminster Fuller, Günther Behnisch oder Renzo Piano werden sie schließlich für die Konstruktion und Gestaltung herausragender Bauten genutzt und finden so ihren Platz in der Architektur. Die inzwischen hochentwickelten, bewährten und leistungsfähigen Kunststoffe bieten gegenüber konventionellen Werkstoffen besondere Vorteile: • großes Leichtbaupotenzial durch hohe spezifische Festigkeiten • Beständigkeit gegen aggressive Medien • niedrige Wärmeleitfähigkeit • vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich Form und Transparenz • Einstellbarkeit der Materialeigenschaften durch Additive und Zuschläge • Integration funktionaler und konstruktiver Komponenten In Kombination bzw. im Verbund mit konventionellen Materialien, z. B. mit Glas, Holzwerkstoffen oder Metallen eröffnen sich viele neue Möglichkeiten, die im Folgenden dargestellt werden. Anwendungen und Potenziale Kunststoffe sind heute meist dann von Bedeutung, wenn besondere Anforderungen an Gewicht und Beständigkeit sowie Form, Farbe und Transluzenz gestellt werden. Kunststoffe für den Materialleichtbau Die hohen spezifischen Festigkeiten, d. h. das günstige Verhältnis von Zugfestigkeit zu Eigengewicht, spielen in der Architektur vor allem bei textilen Membranwerkstoffen eine Rolle. Ein häufig gebrauchtes und anschauliches Maß zur Erfassung der spezifischen Festigkeiten ist die sogenannte Reißlänge. Diese beziffert die Länge bei der ein vertikal aufgehängter Faden unter seinem eigenen Gewicht reißen würde (siehe Mechanische Eigenschaften, S. 48f.). Bei typischen metallischen Werkstoffen wie Aluminium oder Stahl beträgt diese Länge etwa 15 – 25 km, bei Naturfasern wie Baumwolle oder Seide 40 – 50 km und bei Glasfasern bis zu 180 km. Im Vergleich dazu erzielen die derzeit verwendeten Polyamid- oder Polyesterfasern Reißlängen von rund 100 km, Kohlenstofffasern liegen bei rund 250 km. Deutlich größere Reißlängen bis zu 400 km sind mit hochfesten Polyethylenfasern möglich, und neueste Werkstoffe auf Basis von Nanotechnologien (»carbon nano tubes«) erreichen theoretisch sogar Reißlängen bis zu 5000 km, konnten aber bisher nur im Labormaßstab produziert werden. Derzeit lassen sich hochfeste Fasern jedoch noch nicht zu einem im Membranbau verwendbaren und bezahlbaren Gewebe verarbeiten. Allerdings zeigt dies, dass die Entwicklung leistungsfähiger Textilien für den Membranbau bei Weitem noch nicht abgeschlossen ist. a Kunststoffe für korrosionsbeständige Außenbauteile Für Anwendungen im Außenbereich ist die Witterungsbeständigkeit und Dauerhaftigkeit von Kunststoffen von wesentlicher Bedeutung. b 24 A 35
Kunststoffe und Membranen in der Architektur A 35 A 36 IBM-Pavillon, während der Ausstellung in Mailand (I) 1984, Renzo Piano a Innenraumansicht b Außenansicht faseroptische Sensoren in kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff a parallel zu Verstärkungsfasern b senkrecht zu Verstärkungsfasern Viele Kunststoffe sind im Gegensatz zu Metallen außerdem beständig gegen Säuren und Laugen. Sie werden daher schon seit Langem dort eingesetzt, wo diese Eigenschaften eine besondere Rolle spielen, z. B. bei der Abdeckung von Klärbecken, in Rohren und Behältern der chemischen Industrie oder bei Stegen und Plattformen von Offshoreanlagen. Im Zuge immer aggressiver werdender Umweltbedingungen gewinnt diese Resistenz auch für andere Bauaufgaben an Bedeutung. So wird z. B. intensiv an der Entwicklung von Brückenfahrbahnen aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) gearbeitet. Diese sind beständig gegen Frost und Tausalze, die in Verbindung mit Feuchtigkeit die Hauptursache für Korrosionsschäden und die in der Folge aufwendigen Instandsetzungen an Beton- und Spannbetonbrücken sind (siehe Spezielle Halbzeuge im Ingenieurbau, S. 92f.). Zu Beginn des Bauens mit Kunststoffen verursachte UV-Licht zahlreiche Schäden am Material, da es die Bindung der Kohlenstoffatome angreift. Inzwischen werden aber UV-Licht absorbierende Stabilisatoren und reflektierende Beschichtungen verwendet, die einen zuverlässigen Schutz bieten. Kunststoffe für die thermische Hülle Für die Konstruktion der Gebäudehülle ist die niedrige Wärmeleitfähigkeit der Kunststoffe von besonderem Interesse. Sie liegt in der Größenordnung von Holz und damit deutlich unter der von Glas, Beton und erst recht von allen metallischen Werkstoffen. Durch Aufschäumen des Kunststoffs lässt sich die Wärmeleitfähigkeit noch weiter verringern, durch den Einsatz von Schwergasen können Kunststoffe sogar bessere Werte erreichen als ruhende Luft. Entsprechende Schäume aus Polystyrol (PS) und Polyurethan (PUR) werden kontinuierlich weiter optimiert, vor allem im Hinblick auf die InfrarotStrahlungsdurchlässigkeit, das Ausgasverhalten und die Erhöhung der Porosität. Außerdem befinden sich derzeit Phenolharzschäume mit einer sehr geringen Wärmeleitfähigkeit von nur ca. 0,022 W/mK in einer fortgeschrittenen Entwicklungsphase. Als thermisch getrennte Halterung kommen thermoplastische Kunststoffe, meist PVC und a b Polyamid, bereits seit Langem bei Verglasungen im Fassadenbau zum Einsatz. Intensiv wird momentan der Ansatz verfolgt, GFK für Fenster und Fassaden einzusetzen, da er neben der niedrigen Wärmeleitfähigkeit gleichzeitig tragfähig und dauerhaft ist. Zudem haben stranggezogene (pultrudierte) Profile aus GFK mit einem Glasfaseranteil von etwa 70 % eine ähnliche Temperaturdehnung wie Glas selbst. Somit ist ein direkter Verbund zwischen Verglasung und GFK mittels einer starren Verklebung möglich, ohne dass größere Zwängungsspannungen infolge unterschiedlicher Temperaturdehnungen zu befürchten wären. Die Notwendigkeit elastischer Schichten zwischen Glas und Pfosten zum Ausgleich von Dehnungsdifferenzen entfiele somit (siehe GFK-Glas-Verbund, S. 164). Zahlreiche Hersteller von Fenstern und Fassaden arbeiten momentan an solchen Entwicklungen. Die Verwendung von GFK hat gegenüber anderen Fensterkonstruktionen, vor allem solchen aus PVC oder Holz, das Potenzial zu erheblich geringeren Rahmenansichtsbreiten – aus architektonischer Sicht ein erheblicher Vorteil (siehe Firmenzentrale in Middelfart, S. 244). fen gar nicht mehr denkbar wären (siehe Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen, S. 160ff.). Geometrie und Formgebung Im Gegensatz zu Metall, Glas, Holz und anderen konventionellen Baustoffen stehen für viele Kunststoffe Formgebungsverfahren zur Verfügung, die eine vergleichsweise einfache Herstellung komplex geformter Bauteile ermöglichen und somit neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Dies bietet Chancen für die Gestaltung, birgt aber auch Risiken, denn das für die Architektur so wichtige Thema der »Materialgerechtigkeit« wird dadurch vordergründig schwer fassbar: Alles scheint möglich! Das gilt vor allem für Konstruktionen mit biegesteifen Werkstoffen, bis zu einem gewissen Maße aber auch für pneumatische Strukturen, bei denen durch den Zuschnitt viele Formideen umgesetzt werden können, wobei die ihnen innewohnende Logik einen klaren Rahmen für die Formgebung festlegt. Die Möglichkeiten der Formgebung sind aber auch für viele Konstruktionsdetails von Bedeutung, die ohne Dichtprofile, Schnellverbinder, Einbaudosen und Halterungen aus Kunststof- A 36 Transluzenz und Transparenz Die Lichtdurchlässigkeit der Werkstoffe ist ein wichtiges Gestaltungselement und bei Kunststoffen oft in einem weiten Bereich einstellbar (Abb. A 41, S. 27). Nur mit Kunststoffen lassen sich Konstruktionen herstellen, die gleichzeitig weit spannend und dabei auch lichtdurchlässig sind: Im Membranbau sind mit PTFE-Geweben Lichtdurchlässigkeiten von ca. 40 % erreichbar, mit faserverstärkten Duroplasten sind sogar bis zu 85 % möglich. Fluorpolymerfolien erreichen bei den für den Baubereich verwendbaren Stärken eine Lichttransmission bis ca. 95 %, Acrylglas liefert sogar noch höhere Werte. Tendenzen und Entwicklungen Viele Möglichkeiten, die Kunststoffe bieten, werden derzeit noch kaum genutzt und befinden sich gerade erst in der Entwicklung. Einstellung der Werkstoffeigenschaften Traditionell werden Konstruktionen aus einer begrenzten Anzahl an Werkstoffen mit definierten Eigenschaften gefügt. Beim Bauen mit Kunststoffen und Membranen ist zunächst eine intensive Auseinandersetzung mit den Grundlagen erforderlich, um aus der kaum überschaubaren Menge an Ausgangsstoffen und Halbzeugen die richtige Auswahl zu treffen. Bei Membranen sind diverse Kombinationen von Folien, Fasern und Beschichtungen möglich. Gleiches gilt für Faserverbundwerkstoffe, bei denen sich Verstärkungsfasern, der formgebende Kunststoff (Matrix), Füllstoffe und Additive oft mit geringem Aufwand variieren lassen. Dabei können nicht nur die technischen Eigenschaften, sondern auch die visuellen und haptischen Qualitäten gezielt gesteuert werden. Die Auswahl und Steuerung der Materialkomponenten stellt eine neue und anspruchsvolle Aufgabe für Architekten und Ingenieure dar. Durch Zugabe von thermochromen, phosphoreszierenden und photochromen Pigmenten lassen sich interessante optische Effekte erzielen. Die Untersuchung und Anwendung solcher Möglichkeiten für adaptive Gebäudehüllen, 25
Kunststoffe und Membranen in der Architektur deren Lichtdurchlässigkeit sich an die Umgebungstemperatur oder UV-Einstrahlung anpasst, steht noch ganz am Anfang. Gleiches gilt für die Integration wärmespeichender oder feuchtespeichernder Materialien (z. B. Phase Change Materials – PCM, siehe auch S. 33). In Kombination mit transparenten Kunststoffen birgt dies interessante visuelle und bauphysikalische Qualitäten (siehe Erweiterte bauphysikalische und energetische Aspekte, S. 108ff.), ist aber derzeit noch Gegenstand der Forschung. Kunststoffe für die Nutzung der Solarenergie Kunststoffe bieten vielfältige Möglichkeiten für eine optimierte passive und aktive Nutzung der Solarenergie. Da der Strahlungswärmeaustausch bei den meisten Kunststoffkonstruktionen eine vergleichsweise große Rolle spielt, kommt der genauen Einstellung der optischen Eigenschaften eine entscheidende Bedeutung zu. Das betrifft die Transmission im UV-Bereich bei Gewächshäusern, die solare Transmission bei Gebäudehüllen, aber auch das Verhalten im Bereich der Wärmestrahlung (Reflexion und Absorption; siehe Erweiterte bauphysikalische und energetische Aspekte, S. 108ff. und Einkaufszentrum in Amadora, S. 256f.). Diese Eigenschaften lassen sich durch Additive, durch Laminieren verschiedener Werkstoffe, durch Nano- und Mikrostrukturierung, aber auch durch spezielle Beschichtungsverfahren einstellen. Viele dieser Optimierungsschritte bedeuten Multifunktionale Werkstoffe für adaptive Strukturen Piezokeramiken (PZT) Elektrostriktiva (PMN-PT) eine große Herausforderungen für den Planer, vor allem in den Fällen, in denen der Werkstoff dem Innen- oder sogar dem Außenklima ausgesetzt ist. In der Solartechnik sind für die Gebäudeintegration von Photovoltaik im Bereich PC, PMMA, ETFE und Glas-PTFE bereits erste Schritte getan (siehe Photovoltaik, S. 122f. und Komplexe Gebäudehüllen, S. 212ff.). In Standard-PV-Modulen spielen Kunststoffe dabei schon lange eine entscheidende Rolle (z. B. als Front- oder Backsheet oder als Substratmaterial für flexible Photovoltaik). Hohe Erwartungen knüpfen sich an die Entwicklung einer polymerbasierten Photovoltaiktechnologie, die derzeit unter dem Begriff »Organic PV« zusammengefasst wird und in Aussicht stellt, dass PV in Zukunft erheblich günstiger zu produzieren und wesentlich breiter einzusetzen ist. Im Bereich der Solarthermie stellen Kunststoffe bereits jetzt einen Anteil von ca. 15 % der verwendeten Komponenten. Neue Entwicklungen sind im Gang. Dies betrifft die Absorber selbst, sowie Unterkonstruktionen, Verbinder, Leitungen, aber auch Dämm- und Abdeckmaterialien. Ausblick − Multifunktionale Elemente aus Kunststoffen Die Verarbeitung von Kunststoffen geschieht oft bei vergleichsweise niedriger Temperatur und geringem Druck, weshalb eine Integration funktionaler Elemente möglich ist. So können beispielsweise lichtleitende Glas- oder Poly- Gebäudehüllen mit biegeweichen Materialien Auswahl möglicher Maßnahmen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit Gebäudehülle Verbesserung der Wärmedämmung durch einen zusätzlichen Dämmstoff oder die Integration eines Dämmsystems Flächenstabilisierung Piezopolymere (PVDF) gespannt Formgedächtnislegierungen (NiTi, CuZnAl, ...) An Magnetostriktiva (Terfenol-D) we nd un gs re ife Elektro-/magnetorheologische Flüssigkeiten merfasern für spätere Beleuchtungseffekte relativ einfach in Faserverbundbauteile eingebettet werden (Abb. A 40). In der Luft- und Raumfahrt spielt die Integration von Sensoren zur Erfassung von Temperatur, Spannungen oder Schädigungen eine Rolle. Durch den Einbau sind diese vor äußeren Einflüssen geschützt und können die Messgrößen im Bauteil selbst und nicht nur an dessen Oberfläche erfassen. Im Flugzeugbau ist vor allem der Einsatz von Piezokeramiken gebräuchlich. Diese wandeln Dehnungen in elektrische Spannungen um, so dass die mechanischen Beanspruchungen im Bauteil permanent überwacht werden können. Faseroptische Sensoren sind eine weitere Technologie, die für den Flugzeugbau derzeit entwickelt und in ersten Anwendungen erprobt wird. Auch wenn der Durchmesser dieser Fasern deutlich größer ist, sind sie in ihrem Materialaufbau den Verstärkungsfasern aus Glas verwandt und lassen sich daher gut mit diesen kombinieren. Die Sensorfasern werden an eine Lichtquelle angeschlossen; eine Veränderung der Wellenlänge des Lichts lässt dann Rückschlüsse auf die Spannung und Temperatur im Bauteil zu (Abb. A 36, S. 25). Der nächste Entwicklungsschritt ist die Verwendung von Aktoren zur aktiven Steuerung der Bauteilgeometrie. Für die Aktoren werden ebenfalls piezoelektrische oder elektrostriktive Materialien benutzt, die umgekehrt zu den Sensoren eine elektrische Spannung in eine Deh- ohne klimatischen Abschluss Einsatz zusätzlicher Funktionsschichten auf der Materialoberfläche mit selektiven und/oder low-E-Eigenschaften Integration von Photovoltaik Integration von akustisch wirksamen Schichten in der Konstruktion oder darunter (Verbesserung der Raumakustik durch Verbesserung der Schallabsorption oder Reduktion der Schalltransmission) Polymer-Gele (PAN, PVA, ...) pneumatisch A 37 Dehnung Einsatz zusätzlicher Funktionsschichten auf der Materialoberfläche zur Verbesserung des Anschmutzverhaltens Ausbildung schaltbarer Schichten im Aufbau (Steuerung des Lichteintrags) groß adaptiver Tragflügel gespannt mit klimatischem Abschluss Ausbildung verfahr-/bewegbarer Strukturen (Lichteintrag, Lüftung, Verschattung) Zukunftsthemen: Steigerung der thermisch wirksamen Masse (z. B. durch Integration von PCM) hochgenaue Strukturen aktive StrukturAkustik-Regelung klein niedrig Formgedächtnislegierungen hoch Frequenz Polymer-Gele Piezokeramiken Piezokeramiken m. Wegverstärkung A 38 26 Integration von lichtemittierenden Funktionsschichten auf der Materialoberfläche pneumatisch Integration von schaltbaren/selbstschaltenden Funktionsschichten zur Steuerung der g-Werte Kontrolle der feuchtespeichernden Eigenschaften Kontrolle/Schaltbarkeit der Wärmedämmeigenschaften (U-Wert) A 39
Kunststoffe und Membranen in der Architektur A 40 nung umwandeln. Sie sind meist in Form dünner Platten von wenigen Zehntel Millimetern Dicke direkt in den faserverstärkten Kunststoff integriert. Piezoelektrische Aktoren werden momentan vor allem für hochfrequente Aufgaben der Schwingungsdämpfung verwendet. Ein typisches Beispiel ist die Vibrationskontrolle von Rotorblättern bei Hubschraubern. Ein künftiges Einsatzgebiet könnten aktiv schalldämmende Fassaden sein (Abb. A 37 und A 38). Weitere Aktoren sind derzeit Gegenstand der Forschung, wie z. B. Formgedächtnismaterialien, die als Drähte oder Fasern bereits in der Medizintechnik Verwendung findet. Dabei handelt es sich um Metalle oder Polymere, die bei verschiedenen Temperaturen unterschiedliche Grundformen haben, zu denen sie bei Abkühlung oder Erwärmung stets zurückkehren. Bei Temperatursteuerung sind damit im Gegensatz zu piezoelektrischen Werkstoffen große aktive Dehnungen bei niedrigen Frequenzen möglich. Auch Polymergele könnten sich als Aktoren eignen. Dabei handelt es sich um Kohlenstoffverbindungen, die in feuchten Medien durch Ionenaustausch reagieren und ihr Volumen verändern. Ein mögliches Anwendungsgebiet wären »künstliche Muskeln« zur aktiven Steuerung von Verschattungselementen für Fassaden. [10] All diese Entwicklungen eröffnen zahlreiche Möglichkeiten, von denen viele bisher erst in Ansätzen genutzt werden und die Gegenstand aktueller Forschung sind. Herausforderungen Daneben gibt es aber auch Hindernisse, die einer breiten Anwendung von Kunststoffen in der Architektur entgegen stehen. Brandverhalten Kunststoffe werden aus organischen Polymeren bzw. Erdöl hergestellt und sind daher grundsätzlich entflammbar, selbst wenn dies für einige Fluorpolymere (PTFE und ETFE) in der Praxis kaum gilt. Auch durch Zugabe von Brandschutzadditiven ist es bisher nicht geungen, Kunststoffe unbrennbar zu machen. Zudem reduzieren diese zwar die Entflammbarkeit, erhöhen aber gleichzeitig oft die Toxizität der Rauchgase. Die Verwendung von Kunststoffen ist daher meist nicht möglich, wenn erhöhte Anforderungen an die Entflammbarkeit oder den Feuerwiderstand gestellt werden. Aus dem Stahlbau bekannte Maßnahmen wie die Ummantelung mit mineralischen Faserplatten oder schaumbildende Brandschutzanstriche haben sich in Versuchen als untauglich erwiesen. In der Entwicklung von aktiven und passiven Brandschutzmaßnahmen für Materialien und Bauteile aus Kunststoffen liegt ein erhöhter Forschungsbedarf für die Zukunft. Inzwischen wurden erste keramische und daher nicht brennbare Harzsysteme für Faserverbundbauteile vorgestellt, die aber noch in der Praxis erprobt werden. Ökologische Aspekte Je nach Anwendung schneiden Bauteile aus Kunststoffen in einer ökologischen Bewertung unterschiedlich ab (siehe Umweltwirkungen von Kunststoffen, S. 124ff.). Drängender Forschungsbedarf ergibt sich vor allem aus den Problemen, die Kunststoffe am Ende ihrer Nutzungsdauer verursachen. Dies gilt besonders für Faserverbundbauteile oder textile Membranen, die aus verschiedenen, kaum trennbaren und chemisch sehr beständigen Komponenten bestehen. Wachsendes Umweltbewusstsein und verschärfte gesetzliche Regelungen schränken eine Deponierung immer weiter ein. Natürliche Fasern aus Flachs, Hanf oder Ramie werden derzeit schon häufig als Ersatz für Glasfasern bei Verkleidungsteilen im Automobil- und Waggonbau oder in der Möbel- und Freizeitindustrie verwendet. Die natürlichen Fasern sind dabei aber meist noch in einen konventionellen petrochemischen Kunststoff eingebettet, sodass die ökologischen Vorteile begrenzt sind. Weitaus schwieriger gestaltet sich der Ersatz der petrochemischen Kunststoffe durch Harze auf natürlicher Basis. Zwar werden Biokunststoffe wie das aus Stärke hergestellte Polylactid (PLA) schon in großem Umfang für Behälter, Verpackungen und Ähnliches eingesetzt. Dagegen steht die Entwicklung von natürlichen Kunststoffen aus Stärke, Zucker oder Pflanzenölen für erhöhte Anforderungen an die mecha- A 41 nische Stabilität oder die Dauerhaftigkeit aber noch ganz am Anfang (siehe Biokunststoffe, S. 62ff.). Derzeit erproben einige Automobilhersteller Formteile aus Biokunststoffen für die Außenkarosserie. Inwieweit Biokunststoffe auch in der Architektur für tragende oder raumabschließende Bauteile verwendet werden und dabei endliche Rohstoffe ersetzen können, ist derzeit noch unklar und stellt eine zentrale und spannende Aufgabe für die Materialforschung dar. Anmerkungen: [1] siehe hierzu auch Genzel, Elke; Voigt, Pamela: Kunststoffbauten: Teil 1. Die Pioniere. Weimar 2005 [2] ebd., S. 40ff. [3] wie Anm. 1, S. 134ff. [4] Blundell Jones, Peter: Peter Hübner. Bauen als ein sozialer Prozeß. Stuttgart 2007, S. 26 [5] Graefe, Rainer: Vela Erunt. Die Zeltdächer der römischen Theater und ähnlicher Anlagen. Mainz 1979 [6] Schmitt, Eduard: Zirkus- und Hippodromgebäude. In: Handbuch der Architektur. Teil 4, Heft 6. Stuttgart 1904 [7] wie Anm. 1, S. 167 [8] wie Anm. 1, S. 26 [9] Schlaich, Jörg: Das Olympiadach in München. Wie war das damals? Was hat es gebracht? In: Behnisch und Partner, Bauten 1952 –1992. Stuttgart.1992 [10] Grohmann, Boris A.; Wallmersperger, Thomas; Kröplin, Bernd-Helmut: Adaptive Strukturen und gekoppelte Mehrfeldprobleme. In: Stahlbau, 69. Jg., Heft 6, S. 446 – 454 A 37 A 38 A 39 A 40 A 41 Anwendungsreife multifunktionaler Werkstoffe Aktoren für adaptive Strukuren Maßnahmen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit von textilen Gebäudehüllen in GFK-Paneele einlaminierte lichtleitende Fasern, itke/Universität Stuttgart mit LED beleuchtete transluzente GFK Sandwichplatten, Installation »Syn chron«, 2004, Carsten Nicolai 27

Teil B Abb. B Werkstoffe 1 Kunststoffe Einteilung der Kunststoffe Herstellung von Kunststoffen Füllstoffe und Additive Eigenschaften der Kunststoffe Thermoplaste Elastomere Duroplaste 30 30 31 32 34 40 44 46 2 Fasern Eigenschaften und Anwendung Anorganische Fasern Polymerfasern Naturfasern Metallfasern 48 48 50 51 53 53 3 Klebstoffe und Beschichtungen Klebstoffe Beschichtungsstoffe 54 54 57 4 Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe Naturfaserverstärkte Kunststoffe Naturfasern Biokunststoffe Naturfaserverstärkte Biokunststoffe Zukunftsvision Bau 60 60 61 62 64 65 transluzente Fassadenplatte aus glasfaserverstärktem Kunststoff 29
Kunststoffe B 1.1 B 1.1 B 1.2 B 1.3 B 1.4 30 Kunststoffgranulat (PVC) Kunststoffverarbeitung nach Industriezweigen in Deutschland (2007) Einteilung von Kunststoffen nach ihrem chemischen Aufbau Herstellung von Kunststoffen aus Erdöl Kunststoffe sind seit vielen Jahren unverzichtbare Werkstoffe im Alltag, in der Industrie und Medizin. Nach Angaben des Verbands der Kunststofferzeuger PlasticsEurope betrug die gesamte Kunststoffverarbeitung in Deutschland 2007 ca. 12,5 Mio. t. Dabei entfallen ca. 25 % der Nutzung auf den Baubereich – nach der Verpackungsindustrie (32,4 %) der zweitgrößte Markt für Kunststoffe (Abb. B 1.2). Im Vergleich zu anderen Sparten ist im Bauwesen der Anteil der Kunststoffe mit hoher Festigkeit größer (z. B. weichmacherfreies PVC – PVC-U und Duroplaste), da hier besondere Anforderungen an die Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit gestellt werden. Bislang konzentriert sich der Einsatz von Kunststoffen in der Architektur meist noch auf sekundäre Bauteile wie Folien, Dämmungen, Anstriche oder Bodenbeläge. Die Verwendung für tragende und Raum bildende Konstruktionen gewinnt jedoch zunehmend an Bedeutung. Kunststoffe sind synthetische Materialien aus organischen Molekülen. Bei der Synthese werden unterschiedliche einzelne Moleküle (Monomere) zu Makromolekülen, den sogenannten Polymeren, zusammengebaut. Der Begriff Polymer wird auch als Synonym für Kunststoff verwendet. Durch die Vielzahl an verfügbaren Monomeren und ihrer unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten ergibt sich eine große Sortenvielfalt von mehr als 200 Kunststoffen, deren Eigenschaften sich durch Additive nochmals anpassen lassen. Tradierte Werkstoffe wie Stahl, Holz oder Beton haben eine wesentlich geringere Variationsvielfältigkeit hinsichtlich Gestalt, Haptik und Festigkeit. Gerade die Bandbreite an Möglichkeiten macht das Gebiet der Kunststoffe zunächst unüberschaubar und schwer greifbar. Aber hier liegt gleichzeitig ein entscheidender Vorteil. Während bei gängigen Werkstoffen das Material die Konstruktion bestimmt, kann Kunststoff entsprechend den mechanischen, optischen oder bauphysikalischen Anforderungen ausgewählt oder angepasst werden. Trotz aller Variationen gibt es jedoch einige werkstoffspezifische Eigenschaften, die allen Kunststoffen gemein sind. Dazu zählen beispielsweise ein geringes Eigengewicht, eine hohe Verformbarkeit, ein ausgeprägt zeitabhängiges Verhalten sowie die prinzipielle Brennbarkeit aufgrund der enthaltenen Kohlenstoffverbindungen. Einteilung der Kunststoffe Je nach Kunststofftyp sind die organischen Molekülketten in unterschiedlich starkem Maß untereinander verknüpft, was sich auf die Festigkeit und Schmelzbarkeit auswirkt (Abb. B 1.3). In Abhängigkeit des Vernetzungsgrads werden sie eingeteilt in: • Thermoplaste • Elastomere • Duroplaste Es ist schwierig, die jeweils typischen Eigenschaften dieser drei Kunststoffgruppen generell zu beschreiben, da die Kennwerte jeweils sehr weit streuen. Die folgenden Abstufungen sind daher eher als Tendenzen zu sehen. Bei Thermoplasten sind die Moleküle nicht vernetzt. Daher weisen diese Kunststoffe vergleichsweise geringe Festigkeitswerte auf und sind in der Regel wenig temperaturbeständig. Sie lassen sich beliebig oft einschmelzen und umformen, was insbesondere für die industrielle Fertigung und die Wiederverwertung vorteilhaft ist. Die meisten Gebrauchsgegenstände aus Kunststoff im Haushalt oder auch Verpackungen bestehen aus Thermoplasten. Die Moleküle von Elastomeren sind vernetzt und somit nach der Herstellung nicht mehr schmelzbar. Ausgangsstoff ist zäher Rohkautschuk, den erst die Vernetzung elastisch macht. Elastomere (umgangssprachlich Gummi) werden grundsätzlich vor der Vernetzungsreaktion verarbeitet. Aufgrund ihrer geringen Festigkeitseigenschaften sind sie nicht als Konstruktionsmaterial geeignet, werden aber häufig in Fugen zur Abdichtung oder als Lagen für eine gleichmäßige Übertragung von Kontaktspannungen eingesetzt. Im Alltag sind Autoreifen eines der Haupteinsatzgebiete von Elastomeren. Die Gruppe der Duroplaste besitzt engmaschig vernetzte Moleküle und damit auch höhere Festigkeitswerte und eine bessere Dauerhaftigkeit als die anderen Kunststoffgruppen. Duroplaste sind nicht schmelzbar und haben eine vergleichsweise hohe Temperaturbeständigkeit. Lichtschalter und Stecker werden häufig aus Duroplasten geformt.
Kunststoffe Kunststoffe Verpackung 32,4 % Bauwesen 25,2% Thermoplaste Fahrzeuge 9,2% Elektronik 7,4% Sonstiges 14,9 % Medizin 1,7 % Haushaltswaren 2,9% Möbel 3,8% Duroplaste Elastomere • Molekülketten nicht vernetzt • schmelz- und umformbar • eher geringe mechanische Eigenschaften • Moleküle stark vernetzt • nach Vernetzung nicht schmelzbar • sehr gute mechanische Eigenschaften • Moleküle schwach vernetzt • nach Vernetzung nicht schmelzbar • sehr hohe Dehnbarkeit Landwirtschaft 2,5% B 1.2 Es existieren auch Mischformen aus Kunststoffen zweier Gruppen, welche die günstigen Eigenschaften beider Komponenten vereinen. Thermoplastische Elastomere (TPE) sind beispielsweise sehr elastisch und zugleich schmelzbar. Einzelne Kunststoffe wie die Polyurethane oder Silikone können in ihrem Molekülaufbau stark variiert werden, sodass sie sowohl als Thermoplaste, Elastomere oder Duroplaste produziert werden können. Bei Silikonen treten wegen des im Polymermolekül enthaltenen Siliziums darüber hinaus einige Eigenschaften auf, die von den übrigen Kunststoffen abweichen. Sie haben eine besonders hohe Temperatur- und Witterungsbeständigkeit und sind im Gegensatz zu den meisten anderen Kunststoffen nicht brennbar. B 1.3 che Abscheidung des Kondensats stattfindet. Bei der Herstellung ist daher darauf zu achten, dass das Nebenprodukt ungehindert austreten kann und anschließend abgeleitet wird. Die dritte Reaktionsart ist die Polyaddition, bei der sich ebenfalls über eine stufenweise chemische Reaktion verschiedene Molekülbausteine miteinander verknüpfen. Sie unterscheidet sich von der Polykondensation vor allem dadurch, dass wie bei der Polymerisation keine Nebenprodukte bei der Reaktion anfallen. sation, Polykondensation oder Polyaddition. Das Produkt aus dieser chemischen Verknüpfung ist das Polymer, also der Kunststoff. Bei der Polymerisation verbinden sich die vorhandenen Monomere unter Einfluss von Katalysatoren zu Polymeren, ohne dass Nebenprodukte aus der Reaktion entstehen. Werden bei der Polymerisation unterschiedliche Monomere verknüpft, spricht man von Copolymerisation. Die Polykondensation erhält ihren Namen aus dem mit der Herstellung verbundenen Austritt von Wasser (Kondensat), in einigen Fällen auch Chlorwasserstoff, Ammoniak oder Alkohol. Meist werden in einer stufenweisen Reaktion zwei verschiedene Arten von Molekülbausteinen zusammengefügt, wobei eine kontinuierli- Kunststofferzeugung Die Kunststofferzeugung findet in Chemiewerken statt, der Kunststoff wird teilweise schon dort mit Füllstoffen und Additiven verse- Erdöldestillation Herstellung von Kunststoffen Praktisch alle gebräuchlichen Kunststoffe sind petrochemischen Ursprungs, d. h. sie basieren auf Erdöl. Bei der Verarbeitung in der Raffinerie wird das Rohöl zunächst erhitzt und in Abhängigkeit der Dichte in seine Bestandteile getrennt. Die dabei gewonnenen Leichtbenzine (Naphtha), die ca. 10 % des Gesamtausstoßes bilden, werden anschließend zu Kunststoffen verarbeitet. Alle weiteren Komponenten wie Petroleum, Kerosin, Heizöl oder Bitumen fließen anderen Nutzungen zu. Zur Kunststoffherstellung wird das Naphtha zunächst gespalten, auch »Cracken« genannt. Es entstehen einzelne Monomere wie Ethylen, Propylen oder Acetylen – die Bausteine zur Generierung von Kunststoffen (Abb. B 1.4). Aus diesen werden die Kunststoffpolymere zusammengesetzt. Alternativ kommen für die Gewinnung der Monomere auch andere Ausgangsstoffe wie Erdgas, Steinkohle oder nachwachsende Rohstoffe infrage, die derzeit aber aus Kostengründen noch eine untergeordnete Rolle spielen (siehe Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe, S. 60ff.). Polymerbildung Der Zusammenbau der einzelnen Monomere zu Ketten oder Netzen erfolgt über drei unterschiedliche Reaktionsmechanismen: Polymeri- Kunststofferzeugung Gas 20 °C 150 °C Pyrolyse Leichtbenzine (10 %) Monomere (Ethylen, Propylen, Acetylen) (Aufspalten) Petroleum, Kerosin Polymerisation H H H H H H ...+ C C + C C + C C + ... H H H H H H 250 °C H C H ... H C H H C H H C H H C H H C H ... Polyethylen - Makromolekül Ethylen Ethylen Ethylen Schweröl Polyaddition Rohöl (erhitzt) 350 °C 1. Monomer ... + 2. Monomer + Polyaddukt + + + ... ... ... Polykondensation 1. Monomer 2. Monomer Polykondensat 400 °C Schmieröl, Paraffine, Bitumen, Teer ... + HO OH + HO OH + ... ... O Wasser + H2O Polymer (Kunststoff) B 1.4 31
Streuung / Absorption Kunststoffe transparente Pigmente (50 –100 nm) für glasklare Kunststoffeinfärbungen Streuung faserverstärkter Kunststoff mit Thermofarben Zusammenhang zwischen Pigmentgröße und Transparenz bei Farbpigmenten B 1.7 Füllstoffe und deren Auswirkung B 1.8 Stegplatte aus Kunststoff mit photochromer Deckschicht B 1.9 Kunststoffknöpfe mit Perlmutteffekt B 1.10 Kunststoff mit Effektpigmenten B 1.11 Kohlenstoffnanoröhrchen unter dem Mikroskop in ca. 100-facher Vergrößerung deckende Pigmente, z. B. zur Kunststoffeinfärbung B 1.5 B 1.6 Absorption 0 200 400 B 1.5 hen und als Zwischenprodukt ausgeliefert. Dabei unterscheiden sich die drei Kunststoffgruppen hinsichtlich der notwendigen Verfahrensschritte und der verwendeten Vorprodukte. Thermoplaste sind als Granulate oder Pulver erhältlich, die zwar schon die endgültige chemische Zusammensetzung haben, jedoch beim Verarbeiter erst noch eingeschmolzen und zum Endprodukt geformt werden müssen. Elastomere werden aus Rohkautschuk produziert, der im Gegensatz zum Endprodukt noch nicht vernetzt ist. Der Rohkautschuk wird verarbeitet und geformt, erst danach erfolgt die Vulkanisation, also die Vernetzung zum Kunststoff unter Einwirkung von Schwefel, Druck und hoher Temperatur. Duroplaste werden zunächst in Form eines flüssigen Vorprodukts (Kunstharz) oder als Formmassen gefertigt, welche ebenfalls noch nicht vernetzt sind. Die chemische Reaktion erfolgt über beigemischte Härter erst im Rahmen der Endverarbeitung. Die genauen Methoden der Verarbeitung und Aufbereitung werden im Kapitel »Vorprodukte« (S. 68ff.) erläutert. Füllstoffe und Additive Die Eigenschaften von Kunststoffen werden wesentlich durch die eingebauten Füllstoffe und Additive beeinflusst (Abb. B 1.7). Dabei bezeichnet man Stoffe, welche die Eigenschaften verbessern oder als Reaktionspartner zur Verfügung stehen, als Additive. Stoffe, die zur Streckung des Kunststoffs dienen, heißen Füllstoffe. Viele Kunststoffe wären ohne entsprechende Additive überhaupt nicht einsetzbar, da nur sie die Kunststoffeigenschaften gezielt an das Anforderungsprofil anpassen. Bei PVC beispielsweise sind die Möglichkeiten, die Eigenschaften durch Additive zu beeinflussen besonders ausgeprägt. Weicher und harter PVC haben zwar einen identischen chemischen Aufbau, durch die unterschiedlichen Anteile an Weichmachern liegen jedoch grundsätzlich verschiedene Werkstoffe mit eigenen Einsatzbereichen vor. Dass Additive nicht nur die Eigenschaften, sondern auch die Verarbeitbarkeit eines Kunststoffs wesentlich bestimmen, sollte bereits bei der Planung eines Bauteils oder Arbeitsschritts 32 600 800 Teilchengröße [nm] B 1.6 berücksichtigt werden. So ist z. B. ein ungesättigtes Polyesterharz, das aus Brandschutzgründen mit Flammschutzmitteln angereichert ist, durch die erhöhte Viskosität wesentlich zeitintensiver in der Verarbeitung. Für die Zusammensetzung der richtigen Mischung spielen verschiedene Aspekte eine Rolle: • angestrebte Lebensdauer • Witterungs- und UV-Beanspruchung • chemische Beständigkeit • beabsichtigte Endverarbeitung • gewünschte Farbe und Transparenz • Anforderungen an den Brandschutz • Anforderung an mechanische Eigenschaften Einfärben von Kunststoffen Das Wissen um die Auswirkungen und die Kombinierbarkeit aller Additive und Füllstoffe beruht auf langjähriger Erfahrung der Kunststoffproduzenten und sollte mit diesen abgestimmt bzw. ihnen ganz überlassen werden. Der Endverarbeiter bezieht also in der Regel Kunststoffe, die bereits mit Additiven und Füllstoffen versehen sind. Im Einzelnen sind folgende Füllstoffe und Additive gebräuchlich: • kostenreduzierende Füllstoffe (z. B. Kaolin, Kreide oder Öl bei Elastomeren) • Farbmittel (Farbstoffe und Pigmente) • Katalysatoren und Reaktionspartner zur Steuerung der chemischen Reaktion • Stabilisatoren zur Verbesserung der Dauerhaftigkeit (z. B. unter UV-Beanspruchung) • Weichmacher bei Thermoplasten zur Verhinderung spröden Verhaltens • Flammschutzmittel (Halogene, Aluminiumtrihydrit oder -hydroxid) • Thixotropiermittel zur Verbesserung der Streichfähigkeit bei Duroplasten Farbstoffe Im Kunststoff lösliche Farbstoffe bestehen wie der Kunststoff selbst meist aus organischen Verbindungen. Sie sollten wasserunlöslich sein, um einer Entfärbung im Gebrauch vorzubeugen. Farbstoffe bewirken, anders als Pigmente, eine transparente Einfärbung, der Kunststoff bleibt glasklar. In Kombination mit (weißen) Pigmenten ist aber auch eine opake Farbgebung möglich. Farbstoffe haben eine bessere Temperaturbeständigkeit als Farbpigmente, weshalb sie für das Einfärben hitzebeständiger Kunststoffe gut geeignet sind. Die häufig erforderlichen Weichmacher können sich allerdings aus dem Kunststoff lösen und über direkten Kontakt oder Wasser in den Körper von Menschen und Tieren gelangen. Darin enthaltene Chemikalien wie Bisphenol A stehen im Verdacht, gesundheitsschädigend zu wirken. Im Kunststoff vorhandene Additive spielen für das Recycling von thermoplastischen Kunststoffen eine wichtige Rolle. Eine Wiederverwertung ohne Qualitätsverlust ist nur bei der Mischung von identischen Kunststoffen mit gleichen Füllstoffen und Additiven möglich. Zahlreiche Thermoplaste und Duroplaste sind grundsätzlich transparent, daher steht ein großer Spielraum zur transparenten oder opaken Einfärbung offen. Einige nicht lichtechte Kunststoffe werden stets opak eingefärbt und optisch aufgehellt, um ein gleichbleibendes Erscheinungsbild zu garantieren. Bei den Farbmitteln wird zwischen löslichen Farbstoffen und nicht löslichen Farbpigmenten unterschieden. Die Abgrenzung von organischen Pigmenten zu Farbstoffen ist manchmal fließend, da sie aufgrund ihres polymeren Aufbaus ebenfalls in Kunststoff löslich sein können. Farbpigmente Im Gegensatz zu Farbstoffen lösen sich Farbpigmente nicht im Kunststoff, sondern werden als möglichst kleine Partikel in Form von Nadeln, Plättchen oder Kugeln zugemischt. Je nach Teilchengröße bleibt der Kunststoff dabei nahezu transparent oder erscheint opak (Abb. B 1.6). Bei Abmessungen von 50 bis 100 nm streuen die Pigmente das einfallende Licht kaum, d. h. der Kunststoff ist transparent. Größere Pigmente (300 – 550 nm) streuen Licht dagegen wesentlich stärker – das Material wirkt dann opak. Als Pigmentstoff kommen unterschiedliche Werkstoffe zum Einsatz, am häufigsten jedoch die relativ preiswerten Metalloxide. Je nach chemischer Zusammensetzung ergibt sich eine charakteristische Farbe des Pigments. Daneben zählt auch Ruß zu den anorganischen Farbpigmenten, die kostengünstig und weitverbreitet sind. Organische Pigmente sind im Gegensatz zu
faserförmige Füllstoffe und Verstärkungsmittel + + + +++ ++ den metallischen wesentlich vielfältiger und in der Farbe variabler, jedoch auch teurer. Sie verleihen dem Kunststoff eine höhere Brillanz, besitzen aber ein geringeres Deckvermögen. Effektfarbmittel Phosphoreszierende Farben, optische Aufheller, Thermofarben, Effektpigmente (Abb. B 1.10) oder Farben mit Perlmuttglanz zählen zu den Effektfarbmitteln. Sie können sowohl auf Farbstoffen als auch auf Pigmenten basieren. Fluoreszierende und aufhellende Farben (Aufheller) wandeln UV-Licht in sichtbares Licht um und verleihen dem Kunststoff oder der Kunstfaser eine besonders leuchtende, helle Farbe. Thermofarben wechseln durch eine Änderung in der Kristallstruktur ihre Farbe bei veränderter Bauteiltemperatur (Abb. B 1.5). Der Effekt ist grundsätzlich reversibel, nach wiederholter Farbänderung können jedoch chemische Prozesse stattfinden, die den Vorgang irreversibel machen. Anorganische Effektpigmente sind verhältnismäßig große Plättchen (»Flakes«), die je nach Größe sogar mit bloßem Auge erkennbar sein können. Durch den geschuppten Aufbau entstehen Lichtreflexionen und damit metallisch wirkende Farbtöne, in Abhängigkeit des Betrachtungswinkels ändert sich die Farbe oder es entstehen Glitzereffekte. Die Pigmente selbst bestehen häufig aus Metalloxiden, Aluminium oder Kupfer. Effektpigmente sind für (kunststoffbasierte) Lackierungen der Automobilindustrie sehr gebräuchlich. Um einen Perlmuttglanz zu erzielen, werden natürliche Fischschuppen oder der Ersatzstoff Bleicarbonat in den Kunststoff eingebracht. Der Perlmutteffekt wird beispielsweise für Knöpfe oder Kämme aus Kunststoff eingesetzt (Abb. B 1.9). Additive mit bauphysikalischen und mechanischen Funktionen Spezielle Pigmente sind in der Lage, die Wärmespeicherung oder -reflexion von Kunststoffen zu beeinflussen. Glimmerpigmente erhöhen beispielsweise die Reflexion des Kunststoffs, d. h. sie spiegeln einen erheblichen Anteil des einfallenden Infrarotlichts, während der Kunststoff für sichtbares Licht transparent bleibt. Damit kann der Energiedurchlass infolge Strah- + + + + + ++ +++ ++ -+ ++ -+ + + Wirtschaftlichkeit + + + + + + + + + + chemische Beständigkeit + + -+ - bessereWärmestandfestigkeit + + + + + reduzierte Schwindung plättchenförmige Füllstoffe Holzmehl Ruß Metalloxide Calciumcarbonat (Kreide) Kaolin Silica Sand-/Quarzpulver Graphit Talkum Glimmer Polymerfasern Kohlenstofffasern Glasfasern Schlagzähigkeit kugelförmige Füllstoffe E-Modul + bis +++ Verbesserung der Eigenschaften - Verminderung der Eigenschalften Druckfestigkeit Zugfestigkeit Kunststoffe + + + + + + + + ++ ++ + ++ + + ++ + + + + B 1.7 B 1.8 lung bei transparenten Scheiben von Kunststofffassaden reduziert werden. Thermochrome oder photochrome Additive absorbieren zunächst Energie und strahlen sie zeitlich versetzt wieder ab (Abb. B 1.8). Dabei reagieren Thermofarben auf Temperaturunterschiede, während photochrome Additive direkt die Strahlungsenergie aufnehmen. Für eine bauphysikalische Wirkung sind diese Effekte meist jedoch zu gering ausgeprägt, weshalb sie vor allem aus gestalterischen Gründen eingesetzt werden. Phase Change Materials (PCM) Energie speichernde Werkstoffe, sogenannte Latentwärmespeicher (engl. Phase Change Materials – PCM), regulieren den Temperaturhaushalt von Bauteilen. Sie sind selbst keine Kunststoffe, können jedoch in die Hohlkammern von Stegplatten aus Kunststoff eingefüllt oder in Form von Mikrokügelchen direkt in den Kunststoff eingearbeitet werden (siehe Sandwichplatten, S. 90). Anders als bei thermochromen Materialien findet bei PCMs keine chemische Reaktion statt, sondern ein physikalischer Phasenübergang von fest zu flüssig. Wesentlich ist darüber hinaus – ebenfalls im Gegensatz zu thermochromen Materialien – das Vorhandensein einer »Plateau-Temperatur«, bei der ein Latentwärmespeicher wirkt. Beim Durchschreiten dieser Temperatur nimmt das PCM überproportional viel Energie auf oder gibt diese ab. Dadurch behält das Material in gewissen Grenzen die Plateau-Temperatur bei, auch wenn konstant Energie aufgenommen oder abgegeben wird. PCM sind meist Paraffine oder Salzhydrate, deren Übergangstemperatur sich gut auf den bauphysikalisch relevanten Bereich einstellen lässt. Feuchteabsorbierende Additive Bei Kunststoffen ist das Feuchteabsorptionsvermögen im Vergleich zu Holz oder Naturfasern vergleichsweise gering. Es ist allerdings möglich, feuchtespeichernde Materialien, sogenannte Trockenmittel (Getterstoffe), in begrenztem Umfang in die Polymermatrix von Kunststoffen zu integrieren. So können beispielsweise Abstandhalter von Mehrscheibenverglasungen Restgase wie Wasserdampf absorbieren. B 1.9 B 1.10 100 μm B 1.11 33
Kunststoffe Kohlenstoffnanoröhrchen Kohlenstoffnanoröhrchen (engl. carbon nanotubes – CNT) können in Form kleiner Partikel dem Kunststoff beigemischt werden, wodurch sich unterschiedlichste mechanische Eigenschaften steuern lassen (Abb. B 1.11, S. 33). Bei Faserverbundwerkstoffen verbessern sie z. B. die Haftzugfestigkeit zwischen Fasern und Kunststoff erheblich. Die Entwicklung von Anwendungen und die Untersuchung der Umweltwirkung von CNT sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Bei den Nanoröhrchen handelt es sich um röhrenförmig vernetzte, elektrisch leitfähige Kohlenstoffmoleküle, die so hohe Festigkeiten aufweisen, dass sie selbst hochfeste Kohlenstofffasern übertreffen. Spannung σ [N/mm²] Fasern Durch den Einbau von Fasern in Form von kurzen Stücken, Langfasern oder als Textile kann die Festigkeit und der E-Modul (Dehnung des Werkstoffs unter Spannung) von Kunststoffen wesentlich verbessert werden. Am gebräuchlichsten sind glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) und kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK). Bei zunehmendem Fasergehalt übernimmt der Kunststoff nur formgebende und schützende Funktionen, während die Fasern die mechanischen Eigenschaften bestimmen. Als Grenzfall können textile Membranen betrachtet werden, bei denen der Kunststoff ediglich in Form einer dünnen Beschichtung verwendet wird. Die für architektonische Anwendungen infrage kommenden Fasern werden im Kapitel »Fasern« (S. 48ff.) ausführlich erläutert, die zur Verfügung stehenden textilen Halbzeuge im Kapitel »Textilien« (S. 69ff.). Eigenschaften der Kunststoffe Kunststoffe sind in ihren Eigenschaften wesentlich vielfältiger als tradierte Werkstoffe wie Holz, Metalle oder Beton (Abb. B1.19, S. 38). Besonders bei faserverstärkten Kunststoffen streuen die Festigkeit, der E-Modul und die Dehnbarkeit erheblich (Abb. B 1.12). Je nachdem welche mechanischen, chemischen und fertigungstechnischen Anforderungen sich stellen, muss der Anwender einen geeigneten Kunststoff auswählen und ihn gegebenenfalls mit Additiven optimieren. Es ist daher nicht nur wichtig zu wissen, welche Charakteristika Kunststoffe aufweisen, sondern auch inwieweit diese variiert werden können. Kunststoffe in der Wahrnehmung Die sensorischen Eigenschaften eines Kunststoffs bestimmen den ersten Eindruck. Im Gegensatz zu anderen Baustoffen variieren Kunststoffe sehr breit hinsichtlich ihrer Transparenz, Haptik oder ihres Klangs. Umgekehrt können die sensorischen Eigenschaften aber auch beim Erkennen eines unbekannten Kunststoffs hilfreich sein. Optische Wahrnehmung Die Eigenschaft eines Materials, für Strahlung durchlässig zu sein, bezeichnet man als Transparenz. Sie variiert bei jedem Werkstoff in Abhängigkeit der betrachteten Wellenlänge: Ein für sichtbares Licht transparentes Material kann in anderen Wellenlängenbereichen opak sein. In gestalterischer Hinsicht spielt die Transparenz von sichtbarem Licht eine wichtige Rolle. Daneben ist für bauphysikalische Aspekte die Transparenz gegenüber ultravioletter oder Infrarotstrahlung von Bedeutung (siehe Lichtund wärmestrahlungstechnische Eigenschaften, S. 113ff.). Ein Bauteil, durch das man klar hindurch sieht, wird als transparent bezeichnet, ist jedoch nur eine schemenhafte Durchsicht möglich, spricht man von transluzent, ist es vollkommen lichtundruchlässig, gilt es als opak (Abb. B 1.14). Wie transparent ein Bauteil wirkt, ist in starkem Maße von seinen Dimensionen abhängig. So kann ein und derselbe Werkstoff als Folie hochtransparent sein, als Platte jedoch milchig oder vollkommen undurchsichtig. Dementsprechend beschreibt die gebräuchliche Einteilung in transparent, transluzent und opak die Eigenschaft eines spezifischen Bauteils, nicht allgemein die eines Materials. Die Transparenz von Kunststoffen hängt von den beigemengten Füllstoffen und ihrem chemischen Aufbau bzw. der Anordnung der Moleküle ab. Bei Thermoplasten variiert diese zwischen vollständig unregelmäßig (amorph) bis kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK) max. σ = 5000 [N/mm²] 500 400 glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) Baustahl 300 Aluminium 200 B 1.12 Acrylglas (PMMA) 100 Polycarbonat (PC) max. ε =150 % Holz Polyethylen (PE-HD) max. ε =1000 % 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 Dehnung ε [%] B 1.13 B 1.14 Vergleich typischer Kunststoffe mit tradierten Baustoffen a mechanische Eigenschaften (SpannungsDehnungs-Linien) b Eigengewicht (Wichte) c Wärmeleitfähigkeit vergilbter Kunststoff transparenter, milchiger, opaker Kunststoff a Holz Holz PE-LD PVC-U PMMA PMMA PVC-U PTFE GFK/ CFK PE-LD PTFE GFK Aluminium Baustahl Baustahl Aluminium 0 b 34 10 20 30 40 50 60 70 80 Wichte [kN/m³] 53 221 0 c 1 2 3 4 Wärmeleitfähigkeit [W/mK] B 1.12 B 1.13
Kunststoffe a b c hin zu einem nahezu gleichmäßigen Aufbau (teilkristallin). Die Molekülstruktur ist in erster Linie vom verwendeten Kunststoff abhängig, kann jedoch auch durch den Herstellungsprozess beeinflusst werden. Teilkristalline Thermoplaste wie Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) oder Polytetrafluorethylen (PTFE) sind milchig oder sogar vollständig opak, während amorphe Thermoplaste eine hohe Transparenz aufweisen, dazu gehören beispielsweise Polyvinylchlorid (PVC), Polystyrol (PS), Polymethylmethacrylat (PMMA – Acrylglas) und Polycarbonat (PC). Bei Duroplasten können sich die Moleküle wegen ihrer engen Vernetzung nicht gleichmäßig anordnen, weshalb sie in der Regel transparent sind. Bei Elastomeren sind die Moleküle zwar nur teilweise vernetzt, eine theoretisch mögliche Transparenz ist aber aufgrund der notwendigen Füllstoffe wie Ruß oder Öl nicht umsetzbar. Um dennoch ein transparentes und elastisches Material zu erhalten, besteht die Möglichkeit, Elastomere und Thermoplaste chemisch oder physikalisch zu verbinden (Thermoplastische Elastomere – TPE). Dauernde UV-Strahlung kann einige transparente, aber nicht lichtechte Kunststoffe wie PVC mit der Zeit trüben, der Kunststoff wird undurchsichtig. Bei PVC spalten sich an der Oberfläche infolge der einwirkenden Strahlung Chlorwasserstoffe ab, was zur Vergilbung führt (Abb. B 1.13). Akustische Wahrnehmung Ein Fachmann erkennt den Kunststoffs am Klang beim Klopfen bzw. beim Knittern von Kunststofffolien. PVC-P, Acrylnitrilbutadienstyrol (ABS), PMMA, PA und CA klingen beispielsweise eher dumpf wohingegen andere Kunststoffe »scheppern«, z. B. das harte PVC (PVC-U), PC oder PS. Letzteres hat einen sehr charakteristischen gläsernen Klang, vor allem wenn es bricht. teil duktiler Werkstoffe ist, dass lokale Überbeanspruchungen durch plastische Deformation ausgeglichen werden können. Der Werkstoff beginnt zu fließen, d. h. bei nahezu konstanter Spannung nimmt die Verformung zu. Damit werden die Lasten auf benachbarte Bereiche abgegeben. Kunststoffe decken die gesamte Breite zwischen spröde und zäh ab, wobei bestimmte Additive (Weichmacher) das Materialverhalten häufig in Richtung Zähigkeit verbessern. Haptische Wahrnehmung Kunststoffe werden meist ohne zusätzliche Beschichtung verarbeitet, daher sollte der Oberflächenqualität des Materials besondere Beachtung geschenkt werden. PE, PP, PTFE und Celluloseacetat (CA) fühlen sich wachsartig an, was im Allgemeinen als angenehm empfunden wird – Werkzeuggriffe beispielsweise bestehen daher oft aus CA. Die Kratzempfindlichkeit von Kunststoffen variiert ebenfalls, besonders empfindlich sind PE und weiches PVC (PVC-P), etwas geringer auch PMMA. Die Kratzempfindlichkeit korreliert in gewissem Maß mit der Härte eines Werkstoffs, die wiederum abhängig ist von dessen E-Modul und Fließgrenze, also der mechanischen Spannung, bei der sich das Material dauerhaft plastisch verformt. Mechanische Eigenschaften Die Zug- oder Druckfestigkeit eines Werkstoffs beschreibt die maximal aufnehmbaren Spannungen. Bei Kunststoffen liegt der Wert der Zugfestigkeit häufig über dem der Druckfestigkeit. Der E-Modul gibt die Dehnung des Werkstoffs unter Spannung wieder – ein hoher E-Modul entspricht einer geringen Verformung. Daneben hängt die tatsächliche Dehnung eines Bauteils von der Geometrie des Querschnitts ab. Die Kombination aus E-Modul und der Querschnittsgeometrie bestimmt die Steifigkeit eines Bauteils. Bei Kunststoffen ist der E-Modul meist nicht konstant, sondern nimmt bei zunehmender Belastung ab, d. h. die Verformungen vergrößern sich unter steigender Last überproportional (Abb. B 1.12 a). Außerdem sind bei allen Kunststoffen sowohl E-Modul als auch Festigkeit temperaturabhängig – bei ansteigender Bauteiltemperatur fallen beide Werte ab. Beispielsweise verfügt Polycarbonat bei einer Bauteiltemperatur von 100 °C nur noch über zwei Drittel seiner Zugfestigkeit unter Raumtemperatur. Bruchverhalten Für die Sicherheit eines Bauwerks ist nicht nur entscheidend, welche Belastungen ein Werkstoff aufnehmen kann, sondern welches Bruchverhalten er zeigt. Ein spröder Werkstoff versagt bei Erreichen der Festigkeitsgrenze schlagartig, wobei scharfkantige Bruchflächen oder Splitter entstehen können. Man spricht bei sprödem Verhalten auch von geringer (Kerbschlag-)Zähigkeit oder glasartigem Verhalten. Werkstoffe mit duktilem oder zähem Verhalten brechen im Idealfall gar nicht. Unter Stoßbelastung kann das Material einen Teil der einwirkenden Energie abdämpfen. Ein weiterer Vor- B 1.14 Das Bruchbild von Kunststoffen lässt sich in drei Kategorien unterteilen: Einen duktilen Bruch zeigen PE, PP, PA, weiches PVC-P, PC, weiches CA sowie PTFE und alle Elastomere. Der sogenannte Weißbruch ist durch die auffällig weiße Bruchkante charakterisiert. Das Verhalten von hartem PVC-U und den Styrol-Copolymeren (SB, ABS, ASA), bei denen Weißbruch auftritt, liegt zwischen duktil und spröde. PMMA, PS und der Styrol-Copolymer SAN sowie alle Duroplaste verhalten sich glasartig und brechen spröde. Dieser Sprödbruch ist hinsichtlich Dauerhaftigkeit und Anwendungssicherheit als negativ zu bewerten. Kunststoffe mit eigentlich duktilem Verhalten können infolge Alterung und dem damit verbundenem Abbau der enthaltenen Weichmacher verspröden und hiermit ihr Bruchverhalten ändern. Härte Die Härte eines Werkstoffs beschreibt den Eindringwiderstand der Oberfläche gegen einen spitzen Gegenstand. Sie ist abhängig vom E-Modul und der Fließgrenze eines Materials. Es gibt unterschiedliche Prüfverfahren, bei denen Stifte mit kegel- oder kugelförmiger Spitze in den Werkstoff gedrückt und dabei die Eindringtiefe gemessen wird. Je nach Härtebereich des zu prüfenden Materials kommen unterschiedliche Verfahren zur Anwendung. Bei weichen Elastomeren wird die Härte nach dem Verfahren »Shore A« gemessen, härtere Elastomere und weiche Thermoplaste werden in »Shore D« geprüft (DIN 53 505). Härtere Thermoplaste sowie alle Duroplaste werden nach »Rockwell« vermessen (DIN EN ISO 6508-1), für faserverstärkte Kunststoffe ist die Prüfung nach »Barcol« gebräuchlich (nach DIN EN 59). 35
E-Modul, relativ zur Raumtemperatur 20°C Kunststoffe 1,1 1,0 Phenolharz (PF) 0,9 0,8 0,7 Vinylesterharz (VE) 0,6 0,5 0,4 0,3 ungesättigtes Polyesterharz (UP) 0,2 0,1 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 Temperatur [°C] B 1.16 B 1.15 portional zu, bis es zu einem verzögerten Bruch kommt (Zeitstandfestigkeit). Hierfür sind die Griffe einer Einkaufstüte ein alltägliches Beispiel – zunächst tragen sie das Gewicht, werden immer länger und können schließlich nach einigen Minuten doch reißen. Bei der Dimensionierung von Kunststoffbauteilen muss daher die Dauer einer Einwirkung in die Berechnung einfließen (siehe Berechnung, S. 150ff.). Relaxation beschreibt grundsätzlich den gleichen Mechanismus wie das Kriechen, wobei hier vorgespannte Bauteile betrachtet werden, deren Dehnung konstant gehalten wird. Durch die Verschiebung der Moleküle entspannt sich das Material zu einem gewissen Grad. Dieses Werkstoffverhalten zeigt sich z. B. bei vorgespannten Membranen die – ursprünglich straff – mit der Zeit an Spannkraft verlieren und gegebenenfalls nachjustiert werden müssen (siehe Kompensation, S. 148). Erhöhte Temperaturen beschleunigen sowohl Kriechen als auch Relaxation, da die Bindungskräfte zwischen den Molekülketten schwächer werden. Thermische Eigenschaften Die Wärmeausdehnung von Kunststoffen ist sehr unterschiedlich; die Werte variieren zwischen 35 · 10-6/K für Phenoplaste (PF) und 250 · 10-6/K für Polyethylen (PE). Dies entspricht einer Ausdehnung zwischen 35 und 250 mm je 100 m Länge bei einer Temperaturänderung von 10 K. Verglichen mit konventionellen Baustoffen wie Holz (8 mm), Stahl Masseverlust [%] Kriechen, Zeitstandfestigkeit und Relaxion Ein wesentliches Merkmal von Kunststoffen ist deren irreversible Reaktion auf zeitlich andauernde mechanische Einwirkung. Unter konstanter Belastung gleiten die einzelnen Molekülketten des Kunststoffs aneinander vorbei, wobei sich die Verformungen vergrößern und es zu einem zeitlich verzögertem Bruch kommen kann. Das Materialverhalten lässt sich anschaulich mit Spaghetti darstellen (Abb. B 1.15). Hängen die Nudeln (als Bild für Molekülketten) an einer Gabel, zieht ihr Eigengewicht sie langsam nach unten. Ist die Last nicht zu hoch, verlangsamt sich das Gleiten, da die einzelnen Spaghetti aneinander haften, der Vorgang kommt schließlich zum Stillstand. Unter hoher Belastung können einzelne Molekülstränge jedoch abreißen, es kommt zum Bruch. Bei unvernetzten Thermoplasten ist dieses Verhalten folglich wesentlich stärker ausgeprägt als bei stark vernetzten Duroplasten. Unter Kriechen versteht man die kontinuierlich zunehmende plastische Verformung eines Werkstoffs unter konstanter Belastung, diese kann ein Vielfaches der ursprünglichen elastischen Verformung betragen. Die Kriechverformung von Kunststoffen tritt vor allem kurz nach Beginn einer Belastung auf und erreicht schließlich einen Grenzwert. Liegt das Belastungsniveau jedoch über einem gewissen Schwellenwert, nehmen die Verformungen nach einer längeren Belastungsdauer überpro- (12 mm), Glas (9 mm), Aluminium (23 mm) oder Beton (10 mm) verformen sich Kunststoffe unter Temperaturänderung sehr stark. Die Befestigung von Kunststoffbauteilen muss deshalb entsprechende Dehnungen zulassen. Lediglich faserverstärkter Kunststoff erreicht Werte, die im Bereich der konventionellen Baustoffe liegen, nämlich zwischen 0 und 35 mm (siehe Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen, S. 160ff.). Polymerfasern können auch einen negativen Ausdehnungskoeffizienten aufweisen. Verhalten bei hohen Temperaturen Bei einigen Kunststoffen kommt es bereits unter normalen Anwendungstemperaturen (z. B. unter 60 °C) zu einem Abfall des E-Moduls und der Festigkeit, der jedoch bei Abkühlung reversibel ist (Abb. B 1.16). Erst bei weiter zunehmenden Temperaturen erweicht der Kunststoff, er beginnt sich zu zersetzen, verliert an Masse (Abb. B 1.17) und brennt schließlich. [1] Als Gebrauchs- oder Anwendungstemperatur bezeichnet man die Temperatur, der ein Werkstoff ausgesetzt sein kann, ohne bleibenden Schaden zu nehmen und bei der Festigkeit und E-Modul nicht erheblich verringert sind. Die Gebrauchstemperatur wird einerseits für kurzfristige Einwirkung und andererseits für dauernde Einwirkungen angegeben. Bei Thermoplasten wird häufig auch die sogenannte Glasübergangstemperatur (Tg) angegeben, bei der der Kunststoff von einem steifen in einen zähelastischen Zustand übergeht; sie erlaubt jedoch 0 -0,5 Phenolharz (PF) -1,0 Vinylesterharz (VE) -1,5 B 1.15 B 1.16 B 1.17 B 1.18 36 Modell zur Erklärung des Langzeitverhaltes von Molekülketten bei Kunststoffen unter Last Veränderung des E-Moduls von duromeren Kunststoffen unter Brandeinwirkung Massenverlust von duromeren Kunststoffen unter Brandeinwirkung Eigenschaften ausgewählter Kunststoffe ungesättigtes Polyesterharz (UP) -2,0 50 0 100 5 150 10 200 15 250 20 300 25 350 30 400 35 450 40 500 45 550 50 600 55 650 60 Temperatur [°C] 700 750 65 70 75 Versuchsdauer [min] B 1.17
Kunststoffe Kunststoff Spezifikation Bruch- Transpaverhal- renz ten Dichte [g/ cm3] Gebrauchstemperatur dauernd/kurz [°C] Merkmale Handelsnamen und Synonyme chemischer Angriff durch Zugfestigkeit [N/mm2] Zug-EModul [N/mm2] Bewitterung linearer Ausdehnungskoeffizient 10-6/K Wärmeleitfähigkeit [W/mK] Säure Lauge ++ ++ 0 50 –75 1000 – 3500 70 – 80 0,14 – 0,17 + + - 10 – 25 – 150 – 210 0,15 ++ ++ - 8 – 23 200 – 500 230 – 250 0,32 – 0,40 Thermoplaste PVC Polyvinylchlorid PE Polyethylen PP Polypropylen U Weißbruch 1,46 65 – 70/75 –90 klingt scheppernd P duktil 1,27 50 – 55/55 – 65 gummiartig flexibel, klanglos LD duktil 0,92 60 –75/80 – 90 wachsartiger Griff, mit dem Fingernagel markierbar duktil 0,95 75 – 90/90 –120 duktil 0,90 100/140 nicht mit dem Fingernagel markierbar HD ++ ++ - 18 – 35 700 –1400 120 – 200 0,38 – 0,51 + ++ - 21 – 37 1100 –1300 110 –170 0,17 – 0,22 PS Polystyrol spröde 1,05 50 –70/60 – 80 klingt gläsern + + - 45 – 65 3200 – 3250 60 – 80 0,18 SB Styrolbutadien Weißbruch 1,05 50 –70/60 – 80 nicht so spröde wie PS + ++ - 26 – 38 1800 – 2500 70 0,18 ABS Acrylnitrilbutadienstyrol Weißbruch 1,05 75 – 85/85 –100 zähelastisch, klingt dumpf, kratzfest Abselex, Absinol + ++ - 32 – 45 1300 – 2700 60 –110 0,18 zähelastisch Luran + ++ - 75 3600 80 0,18 - 32 1100 – 2600 80 –110 0,18 SAN Styrolacrylnitril spröde 1,08 85/95 ASA Acrylesterstyrolacrylnitril Weißbruch 1,04 70 – 75/85 – 90 PMMA Polymethylmethacrylat spröde 1,19 65 – 90/85 –100 PC Polycarbonat duktil 1,20 135/160 PET Polyethylenterephthalat 1,37 100/200 PA Polyamid 1,13 80 –100/140 –180 duktil 1,14 80 –120/170 – 200 PTFE Polytetrafluorethylen duktil 2,17 250/300 ETFE Ethylentetrafluorethylen 1,75 150/220 CA Cellulose (tri)acetat 1,30 70/80 6 66 duktil duktil Luran-S uneingefärbt glasklar, klingt dumpf Acrylglas Plexiglas 0 ++ ++ 50 –77 1600 – 3600 70 – 90 0,18 zähhart, klingt scheppernd Makrolon, Lexan 0 -- 0 56 – 67 2100 – 2400 60 –70 0,21 Vivak, Mylar + + 0 47 3100 40 – 60 0,24 zähelastisch, klingt dumpf, Dämpfung hoch Nylon, Perlon -- + - 70 – 85 1400 60 –100 0,29 -- + - 77 – 84 2000 70 –100 0,23 wachsartige Haptik Teflon ++ ++ ++ 25 – 36 410 120 – 250 0,25 ++ ++ ++ 35 – 54 1100 40 0,23 -- - - 38 2200 120 0,22 angenehmer Haptik, klingt dumpf Elastomere (mit Füllstoffen) Naturkautschuk duktil 70/90 Kautschuk, Latex 0 0 -- ca. 30,0 R-Kautschuk duktil 100 –130/120 –130 Neoprene, Chloroprene, Butyl, Nitril -/+ 0/+ -- ca. 20,0–25,0 M-Kautschuk duktil 120 –170/150 – 200 Buna AP, Keltan + + ++ ca. 20,0 Q-Kautschuk duktil 180/300 0/- 0/- ++ ca. 8,0 - - + 20 – 60 1500 – 2500 - - + 25 560 – 1200 10 – 50 - - + variabel variabel variabel variabel 0 0 + 40 –70 3000 – 4200 80 –150 0,7 0 0 + 80 –240 7000 – 23 000 9 – 30 0,25 + + 0 60 –125 3000 – 6000 60 0,88 1350– 2800 165 000– 300 000 0,2 17,0 Silikon variabel Duroplaste PF UP Phenolharz spröde 1,30 110/140 mit Holzmehl spröde 1,40 110/140 faserverstärkt spröde 2,00 110/140 spröde 1,20 150/200 spröde 1,80 150/200 spröde 1,20 130/180 spröde 1,70 130/180 1,20 130/180 ungesättigtes Polyesterharz faserverstärkt (GFK) EP Epoxidharz faserverstärkt (CFK) VE Vinylesterharz spröde PUR Polyurethan duktil 1,05 50 – 80/70 –100 nicht lichtecht, temperaturbeständig Bakelite Kunstharz hohe Festigkeitswerte 35 chemikalienbeständig Phenacrylatharz + + 0 70 – 84 3400 – 3600 53 – 65 vielseitig einsetzbar PU 0 + - 70 – 80 4000 10 – 20 0,35 0,35 0,58 ++ sehr gut beständig, + gut beständig, 0 teilweise beständig, - wenig beständig, -- unbeständig transparent als Folie transparent milchig opak B 1.18 37
Kunststoffe Probe entflammt überhaupt nicht oder nur sehr schwer Probe deformiert langsam Probe wird durch Lösung aus Salpeter- und Salzsäure (1:3) nicht angegriffen Polyfluorkohlenwasserstoffe (PTFE, ETFE) Probe deformiert nicht Geruch nach Salzsäure Geruch nach Formaldehyd starker Fischgeruch Geruch nach Phenol Polyvinyl(iden)chlorid (PVC/PVdC) bzw. VC-Copolymere Harnstoffharz (UF) Melaminharz (MF) Phenolharz (PF) mit anorganischem Füllstoff Probe brennt innerhalb der Flamme, erlischt aber nach Entfernen der Flamme Probe brennt mit gelber Flamme, schwer entflammbar Probe brennt mit blauer Flamme mit gelber Spitze, Probe schmilzt und tropft, Geruch nach brennender Wolle oder Haar, Probe in 50 %igem HCl langsam löslich kurzzeitig grünes Aufleuchten in der Flamme, beißender Geruch Geruch nach Phenol, zugleich mit Geruch nach brennendem Holz oder Papier Funkensprühen in der Flamme, Geruch nach Essigsäure Polyvinylchlorid (PVC) Phenolharz (PF) mit organischem Füllstoff Celluloseacetat (CA) Polyamid (PA) 6.6 Probe brennt nach Entfernen der Flamme weiter (Farbbeurteilung sofort nach Entflammung vornehmen) gelbe Flamme mit blauem Rand gelbe Flamme Probe brennt langsam (erlischt evtl. auch von selbst), schwarzer Rauch, scharfer, beißender Geruch, phenolartig Probe brennt heftig, intensiv weiße Flamme Epoxidharz (EP) Cellulosenitrat (CN) Probe brennt langsam, klare rauchlose blaue Flamme, schwacher FormaldehydGeruch Polyoxymethylen (POM) Probe schmilzt und tropft, Tropfen können brennen, Essiggeruch Celluloseacetat (CA) Probe schmilzt und tropft, Tropfen können brennen dicker Rauch mit Rußflocken Geruch nach Leuchtgas Geruch nach Essig Polystyrol (PS) Polyvinylacetat (PVA) unangenehmer, stechender Geruch Geruch nach gebranntem Zucker Polyurethan (PUR) Ethylcellulose (EC) Probe knistert und zerspringt Geruch nach ranziger Butter Celluloseacetobutyrat (CAB) Polyesterharz (UP) blaue Flamme mit gelber Spitze Probe schmilzt nicht Probe schmilzt und tropft Tropfen können brennen Tropfen brennen stets, Geruch nach brennender Kerze, Probe schwimmt auf Wasser herber, ranziger Geruch stechender Geruch Probe biegsam Probe etwas härter Probe härter und steifer, Oberfläche kratzfester Celluloseacetobutyrat (CAB) Cellulosepropionat (CP) Polyethylen niedriger Dichte (PE-LD) Polyethylen hoher Dichte (PE-HD) Polypropylen (PP) 38 Geruch nach brennender Wolle oder Haar, Probe in 50 %igem HCl langsam löslich obstartiger Geruch Polyamid (PA) 6,6 Acrylharz B 1.19 B 1.20 Erkennen von Kunststoffen durch Brandprobe Verwendung von Kunststoffen im Bauwesen B 1.19
Kunststoffe keinen Rückschluss auf die Gebrauchstemperatur. Die Schmelztemperatur von Thermoplasten gibt an, bei wie viel Grad der Kunststoff vollständig flüssig wird – eine Information, die für die Produktion wichtig ist. Brennbarkeit Kunststoffe sind grundsätzlich brennbar, jedoch ist das Brandverhalten je nach Werkstoff sehr unterschiedlich. Darüber hinaus können Additive oder Füllstoffe die Brandeigenschaften beeinflussen. Oftmals dient daher eine Brandprobe zur Identifizierung von Kunststoffen (Abb. B 1.19). Wesentlich ist dabei, ob der Kunststoff durch eine Beflammung mit einem Bunsenbrenner Feuer fängt und ob er nach Entfernen der Flamme weiter brennt oder selbst verlischt. Außerdem sind die Farbe der Flamme und das Auftreten von Rauch signifikante Erkennungsmerkmale von Kunststoffen. Für den Baubereich ist daneben wichtig, ob ein Kunststoff brennend abtropft und mit welcher Rauchentwicklung zu rechnen ist (siehe Brandverhalten und Brandschutz, S. 119f.). Beständigkeit und Wiederverwertbarkeit Die Langzeitbeständigkeit von Kunststoffen ist sehr unterschiedlich. Während Feuchtigkeit in den meisten Fällen unproblematisch ist, können unterschiedliche Witterungs- und Medieneinflüsse schädigend auf das Material wirken (Abb. B 1.18, S. 37), insbesondere in Verbindung mit hohen Temperaturen. Kunststofffasern sind aufgrund der großen Oberfläche besonders empfindlich gegenüber diesen Einflüssen (siehe Polymerfasern, S. 51ff.). Hochenergetische UV-Strahlung kann die Kohlenstoffbindungen im Kunststoff angreifen und so die Molekülketten zerstören sowie die Weichmacher aus dem Kunststoff lösen – der Werkstoff vergilbt oder versprödet. Je nach Molekülaufbau reagieren Kunststoffe gegenüber UV-Belastung sehr unterschiedlich. Dauerhaft beständig sind Fluorpolymere (PTFE, ETFE) und Silikon. Über eine gute Beständigkeit gegen UV-Strahlung verfügen Acrylglas (PMMA), PET, Polycarbonat (PC), hartes PVC-U und duroplastische Kunststoffe. Bei anderen Kunststoffen kann die Molekülstruktur durch Beigabe von Stabilisatoren besser geschützt und damit die UV-Resistenz erhöht werden. Prinzipiell können Kunststoffe bis zu einem gewissen Grad Feuchtigkeit und Wasser aufnehmen. Die Auswirkungen von Feuchtigkeit auf den Kunststoff sind dabei jedoch sehr unterschiedlich. Während ein Großteil der Kunststoffe wasserbeständig ist, kann bei einigen Materialien das Wasser die chemischen Verbindungen spalten und damit den Kunststoff oberflächlich angreifen (Hydrolyse). Für die im Bauwesen häufig verwendeten Duroplaste wirken sich Feuchtigkeit und viele Medien wie Laugen oder Säuren jedoch nicht negativ auf die mechanischen Eigenschaften aus. Im Gegensatz zu anderen organischen Baustoffen wie Holz sind die meisten Kunststoffe beständig gegenüber Mikroorganismen. First- und Gratrolle PET, PP Dampfsperre PE, PA Dachdämmung PS, EPS, XPS, PUR Dampfsperre PE Solartechnik EVA Lüftungs-, Putzprofil PVC Bodenbelag PVC, EP, PUR Regenrohr PVC, PE Auflagerfuge CR Akusikplatte PVC Sonnenschutz PVC Randverbund PUR, Butyl Polysulfid Fenster PVC PE-C Spanplatten PE Außenfarbe PMMA, EP, PUR Dämmung PS, EPS, XPS, PUR Mauersperrbahn PVC Hohlkörper PE Lichtschacht PP Kabel PVC Beschlag PA Fensterbank PVC Farben und Lacke PMMA, EP, PUR Steckdosen und Schalter PF, UF, MF Dübel PA Kunststein UP, EP Baufolie PE-LD Trittschalldämmung PE Heizungsrohr PE-X, PP Abwasserrohr PP, PVC-U Noppenbahn PE, HD Dichtungsprofil EPDM Filterflies PP, PA B 1.20 39
Kunststoffe B 1.21 B 1.22 B 1.23 B 1.24 B 1.25 B 1.26 Eigenschaften von Thermoplasten in Abhängigkeit der Temperatur a amorphe Kunststoffe (PVC, PS, PMMA, PC), der Einsatzbereich liegt unterhalb der Glasübergangstemperatur im hartelastischen Bereich, Bruchverhalten eher spröde b teilkristalline Thermoplaste (PE, PP, PTFE, ETFE), der Einsatzbereich liegt oberhalb der Glasübergangstemperatur im weichelastischen Zustand, Bruchverhalten eher duktil Mischbarkeit von Thermoplasten Polyvinylchlorid (PVC) Polyethylen (PE) Polypropylen (PP) Polystyrol (PS) ε [%] f [N /mm²] TG = Glas- od. Einfriertemperatur TZ = Zersetzungstemperatur TF = Fließtemperatur Festigkeit f Verformung ε Tmax TZ TF TG T[°C] Zersetzung Schmelze Umformbereich weichelastischer Zustand Einsatzbereich hartelastischer Glaszustand a ε [%] f [N /mm²] TG = Glas- od. Einfriertemperatur TF = Fließtemperatur TZ = Zersetzungstemperatur Tmax= Gebrauchstemperatur Festigkeit f Verformung ε Tmax TG TF TZ T [°C] b PA PET PC PMMA SAN ABS PS PP PE-HD PE-LD B 1.21 PVC PVC ++ PE-LD ≈ ++ PE-HD ≈ ≈ PP ≈ ≈ ≈ ++ PS ≈ ≈ ≈ ≈ ++ ABS - ≈ ≈ ≈ ≈ SAN + ≈ ≈ ≈ ≈ ++ ++ ≈ ≈ ≈ - ++ ++ ++ PMMA ++ ++ ++ PC -- ≈ ≈ ≈ ≈ + + PET ≈ ≈ ≈ ≈ -- -- ≈ ≈ PA ≈ ≈ ≈ ≈ -- ≈ ≈ ≈ + bis ++ gut mischbar - bis -- bedingt mischbar ++ ++ ++ ++ ≈ -- ++ ≈ nicht mischbar B 1.22 40 Recycling Ausschließlich Thermoplaste kommen für eine vollständige Wiederverwertung infrage, da sich nur diese einschmelzen und erneut formen lassen. Neben der Sortenreinheit des Kunststoffs sind dabei auch nahezu identische Additive und Füllstoffe der zu mischenden Abfälle Voraussetzung. In der Praxis kann dies nur durch einen von Herstellern gesteuerten Stoffkreislauf gewährleistet werden, was mit einem entsprechenden logistischen Aufwand verbunden ist. Ein Beispiel hierfür ist der von europäischen Herstellern geregelte Stoffkreislauf für PVCFensterrahmen. Dank der einheitlichen Kunststoffzusammensetzung können alle zum Stoffkreislauf gehörigen Produkte nach dem Rückbau gemischt und wiederverwertet werden – die Recyclingquote liegt bei nahezu 100 %. Ist keine vollständige Wiederverwertung möglich, können die Abfälle zu Produkten mit geringerer Leistungsfähigkeit verarbeitet werden (Downcycling). Die Verwendung von Kunststoffabfällen für Schüttgut, Dämmung, Bodenbeläge und dergleichen ist mit allen Kunststoffen möglich, je nach Verwendungszweck ist allerdings auch hier eine Sortenreinheit anzustreben. Für das Downcycling ist es nicht notwendig, dass alle Komponenten identische Füllstoffe und Additive besitzen. Die Vielfalt der unterschiedlichen im Bauwesen eingesetzten Kunststoffprodukte macht eine sortenreine Trennung fast unmöglich. In der Automobilindustrie wird dieser Problematik durch die Verwendung von Barcodes begegnet, durch die sich jeder einzelne Kunststoff beim Rückbau wieder identifizieren lässt. Schmelze Einsatzbereich zähelastischer Zustand Glaszustand spröde Es wurden jedoch auch biologisch abbaubare Kunststoffe entwickelt, die von Feuchtigkeit oder Mikroben zersetzt werden, um das Müllproblem bei Einwegverpackungen zu lösen. Grundsätzlich besteht hier der Widerspruch zwischen dem Wunsch nach einem dauerhaften Baustoff einerseits und einer ökologisch unbedenklichen Verwertung andererseits (siehe Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe, S. 60ff.). Thermoplaste Thermoplaste bestehen aus linearen oder verzweigten Molekülketten, die untereinander keine chemischen Bindungen eingehen, sondern nur durch schwache physikalische Kräfte zusammengehalten werden. Diese sogenannten Nebenvalenzkräfte lösen sich, wenn das Material erwärmt wird. Dadurch sind die Molekülketten frei beweglich, d. h. der Kunststoff wird weich und formbar (Abb. B 1.21). Thermoplaste zeigen ein zähes Materialverhalten, sie sind schweißund recycelbar. Im Vergleich zu Duroplasten besitzen sie eher geringere Festigkeitswerte und im Mittel eine beschränkte Temperaturbeständigkeit. Thermoplaste sind wegen der höheren Viskosität als Grundmaterial für faserverstärkte Kunststoffe weniger geeignet als Duroplaste. Kunststoffmischungen Polymerblends sind Mischungen verschiedener Kunststoffe, die jedoch nicht chemisch miteinander reagieren, sondern nur physikalisch vermengt und durch Haftvermittler verknüpft werden. Durch die Mischung lassen sich die Eigenschaften von mehreren Grundwerkstoffen gezielt kombinieren und entsprechend den Anforderungen anpassen (Abb. B 1.22). So können nicht nur verschiedene Thermoplaste miteinander kombiniert werden, sondern auch Thermoplaste mit Elastomeren. Bei diesen sogenannten thermoplastischen Elastomeren (TPE) sind die beiden Phasen entweder chemisch verknüpft (Blockpolymer) oder es handelt sich um Mischungen mit rein physikalischer Bindung (Polymerblends). Unter Gebrauchstemperaturen zeigen TPEs typische Eigenschaften eines Elastomers wie die gute Dehnbarkeit. Bei hohen Temperaturen verhalten sie sich jedoch thermoplastisch, sie sind z. B. gut umformbar und lassen sich schweißen. TPEs ersetzten weiche Thermoplaste wie PVC-P hauptsächlich dann, wenn eine höhere Elastizität erforderlich ist, z. B. bei Abdichtfolien. Vorteilhaft ist außerdem die im Vergleich zu den Elastomeren mögliche Einfärbung. Von opaker Farbe bis hin zu einer hohen Transparenz sind alle Nuancen einstellbar. Polyvinylchlorid (PVC) ˉ Fensterrahmen, Rohre, Lichtkuppeln, Bodenbeläge, Beschichtung von Membranen (Abb. B 1.23) Im Baubereich ist PVC der mit Abstand am häufigsten eingesetzte Werkstoff. Er hat im Vergleich zu anderen Thermoplasten eine hohe Festigkeit und einen hohen E-Modul. Auch wegen seiner guten Alterungsbeständigkeit, der vorzüglichen Resistenz gegenüber chemischer Substanzen und dem für Thermoplaste guten Brandschutzeigenschaften findet PVC im Bauwesen weite Verbreitung. Der transparente Werkstoff ist jedoch nicht dauerhaft lichtecht, weshalb er häufig opak eingefärbt wird. Sein Wärmeausdehnungskoeffizient und seine Wärmeleitfähigkeit liegen für Thermoplaste eher in den unteren Bereichen. Grundsätzlich verhält sich PVC spröde und muss daher mit Weichmachern versetzt werden. Je nach Inhaltsmengen der Weichmacher und Stabilisatoren spricht man von einer harten oder einer weichen Ausprägung. Im Vergleich zum harten PVC-U (weichmacherfrei) hat weiches PVC-P (hoher Weichmacheranteil) auch bei niedrigen Temperaturen eine bessere Zähigkeit, besitzt jedoch eine geringere Festigkeit und ein geringeres E-Modul sowie eine schlechtere Witterungsbeständigkeit. Die enthaltenen Weichmacher können ausdiffundieren und an die Oberfläche treten. Bei Kontakt mit anderen Kunststoffen und Verklebungen kann dies problematisch werden. Eine alternative Methode, das spröde PVC weicher zu machen, stellen Mischungen (Blends) von PVC mit chloriertem Polyethylen hoher Dichte (PE-HD) dar. Das Polyethylen verbessert die Zähigkeit des
Kunststoffe PVC, dadurch kann der Anteil an Weichmachern reduziert werden. PVC wird meist pulverförmig geliefert, für die Verarbeitung geschmolzen und über Spritzgießen, Extrusion und andere Verfahren geformt. Es ist relativ günstig herzustellen und gut zu bearbeiten – Schweißen, Kleben oder Umformen sind problemlos möglich. Polyvinylbutyral (PVB) ˉ Zwischenschichtfolien von Verbundglasscheiben Folien aus hochmolekularem PVB sind sehr transparent und eignen sich daher besonders zur Verklebung von Verbundglasscheiben. PVB gehört zur Gruppe der Polyvinylacetate, welche auch häufig für Lösungsmittelklebstoffe eingesetzt werden. PVB-Folien werden bei der Verklebung zwischen die Glasscheiben gelegt und unter Einwirkung von hohem Druck und hoher Temperatur verklebt. Polyethylen (PE) ˉ Abdichtfolien, Wasserleitungen, Beton-Hohlkörper-Platten, Gewächshauseindeckungen, Polymerfasern (Abb. B 1.24) Polyethylen ist ein preiswerter Massenkunststoff mit geringem Eigengewicht. Ohne Zugabe von Pigmenten ist er milchig weiß und verliert mit zunehmender Dichte seine Transparenz. Der Kunststoff hat eine hohe Dehnbarkeit und zeigt ein sehr zähes Bruchverhalten. Die Gasdurchlässigkeit dieses Werkstoffs ist höher als bei den meisten anderen Kunststoffen, allerdings kann er nur in geringem Umfang Wasser aufnehmen. Festigkeit und E-Modul von PE sind sehr niedrig. Verglichen mit anderen Thermoplasten ist dafür die Wärmeleitfähigkeit von PE relativ hoch. Das Material ist nicht witterungsbeständig; Folien aus Polyethylen niedriger Dichte (PE-LD) werden rasch durch UVStrahlung zersetzt. Polyethylen wird in zwei unterschiedlichen Verfahren hergestellt: Während bei der Polymerisation unter hohem Druck ein Werkstoff mit geringer Dichte und geringerer Festigkeit bzw. E-Modul entsteht (PE-LD), kann durch Niederdruckpolymerisation ein Kunststoff mit höherer Dichte bei gleichzeitig größerer Festigkeit und höherem E-Modul gewonnen werden (PE-HD). Grundsätzlich steigt die Chemikalien-, Witterungs- und UV-Beständigkeit von PE mit der Dichte. Eine Beimischung von Ruß stabilisiert den Molekülaufbau und erhöht damit die UVBeständigkeit zusätzlich. Ein vernetztes Polyethylen (PE-X) hat höhere Gebrauchstemperaturen und eine bessere Zeitstandfestigkeit. Die Verarbeitbarkeit und Schweißbarkeit von PE ist sehr gut, dies trifft insbesondere auf Folien aus PE-LD zu. Durch den unpolaren Aufbau eignet es sich jedoch grundsätzlich nicht zum Kleben, da der Klebstoff nicht die für seine Wirkung erforderlichen Dipolbindungen aufbauen kann. Umformen ist zwar prinzipiell möglich, jedoch nicht ohne Weiteres durchführbar, weil der Werkstoff keinen ausgeprägten thermoelastischen Zustandsbereich aufweist. Polyethylen-Ionomer ˉ Zwischenschichtfolien von Verbundglasscheiben, Rohre Ionomere können aus unterschiedlichen Kunststoffen gewonnen werden. Die für das Verkleben von Glasscheiben gebräuchlichen Ionomerfolien basieren auf Polyethylen. Im Allgemeinen bestehen Ionomere sowohl auf ionisierten als auch nicht ionisierten Komponenten. Dadurch ergeben sich die besonderen Hafteigenschaften auf anderen Materialien, welche in diesem Fall die Kennwerte der gebräuchlichen PVB-Folien überschreiten. Durch Hitze lösen sich die Bindungen der beiden Komponenten – der Werkstoff wird thermoplastisch verarbeitbar. Ionomerfolien sind glasklar und zäh, sie können sehr dünn mit nur 12 μm Stärke verarbeitet werden. B 1.23 Ethylen-Vinylacetat (EVA) ˉ Abdichtungsbahnen, Klebefolien bei Solarmodulen Durch die Beigabe von Vinylacetat nimmt die Gasdurchlässigkeit von Polyethylen zu, gleichzeitig wird die Transparenz erhöht. Wesentlich ist die Verbesserung der Bruchdehnung und der Kerbschlagzähigkeit. Grundsätzlich wird EVA wie PE-LD verarbeitet, die Elastizität steigt zunehmend mit höherem Vinylacetatgehalt. Bei der Einbettung von Solarzellen in Glasscheiben werden EVA-Folien eingesetzt, durch Erhitzung verkleben sie dauerhaft mit den Fügepartnern. Polypropylen (PP) ˉ Rohrleitungen, Abdeckelungen, Behälter (Abb. B 1.25) Polypropylen ist ebenfalls ein Massenkunststoff, dessen Eigenschaften im Wesentlichen denen von PE ähneln. Festigkeit und Temperaturbeständigkeit liegen jedoch etwas über dessen Werten, während die Wärmeleitfähigkeit geringer ist. PP kann mit Fasern verstärkt werden, um die Festigkeit weiter zu verbessern. Der Werkstoff hat wie PE eine geringe Dichte, die unter der von Wasser liegt. Unbehandeltes PP ist milchig, aufgrund der für Dauerhaftigkeit und Zähigkeit notwendigen Füllstoffe jedoch meist opak. Die UV-Stabilisierung ist aufwendiger als bei PE und führt zu schlechteren Ergebnissen, daher ist der Werkstoff für Außenanwendungen grundsätzlich ungeeignet. Auch die Verarbeitung von PP ähnelt der von PE: Es ist gut form- und schweißbar, aber ebenfalls schwierig zu kleben. B 1.24 B 1.25 Polystyrol (PS) ˉ Wärmedämmung, Trittschalldämmung, Kernmaterial für Sandwichbau (Abb. B 1.26) PS ist wie PE und PP ein preiswerter Massenkunststoff mit relativ geringer Dichte, jedoch besseren mechanischen Eigenschaften. PS ist formtreu und hat eine geringe Wärmeausdehnung und -leitfähigkeit. Nachteilig sind sein sprödes Bruchverhalten und die UV-Empfindlichkeit, die nur bedingt durch Stabilisatoren optimiert werden kann. PS ist zwar sehr B 1.26 41
Kunststoffe B 1.27 B 1.28 B 1.29 transparent und hat eine brillante Oberfläche, jedoch vergilbt der Werkstoff schnell unter direkter Sonnlichtbestrahlung, wird spröde und neigt zur Spannungsrissbildung. Daher kommt PS nur für Anwendungen im Innenbereich infrage. Ein gutes Erkennungsmerkmal für diesen Kunststoff ist der gläserne Klang bei Schlagbeanspruchung bzw. das Knistern von PS-Folien. Im Gegensatz zu PE und PP lässt sich PS nicht nur schweißen, sondern auch kleben. Zu Hartschäumen expandiert (EPS) oder extrudiert (XPS) dient es für Wärmedämmungen oder Sandwichkerne von faserverstärkten Kunststoffen (siehe Kernmaterialien, S. 72ff.). Einflüsse, insbesondere gegen UV-Strahlung. Das Bruchverhalten ist vergleichsweise spröde, wenn der Werkstoff nicht mit Elastomeren oder Fasern modifiziert wird. Im Gegensatz zu vielen anderen Thermoplasten kann PMMA in Form von gegossenen Platten, Profilen oder Rohren direkt als Halbzeug hergestellt werden. Die Vernetzung findet direkt in der Form statt. Daneben wird PMMA auch wie andere Thermoplaste zunächst als Granulat produziert und anschließend z. B. zu Platten extrudiert. Hinsichtlich Festigkeit und E-Modul sind die gegossenen Halbzeuge den Granulaten jedoch überlegen. Vorteilhaft ist die einfache Warmumformbarkeit von PMMA. Nach einer Erwärmung auf ca. 130 °C (extrudiertes PMMA) bzw. 150 °C (gegossenes PMMA) lässt es sich gut formen und behält seine Gestalt nach dem Erkalten bei (siehe Umformen, S. 172f.). Ein großer Vorteil ist die hohe Zähigkeit von PC, die ungefähr dem zehnfachen von PMMA entspricht. Typische Anwendungen sind daher Konstruktionen, bei denen mit Stoßbelastung zu rechnen ist. Die Gebrauchstemperatur von PC liegt mit bis zu 135 °C deutlich über der von PMMA. Eine Verstärkung von PC mit Glasfasern verbessert die Zugfestigkeit wesentlich und steigert zudem die Gebrauchstemperatur auf 145 °C. Zum Umformen wird PC zunächst mehrere Stunden auf 110 °C vorgewärmt, um es zu trocknen. Anschließend wird es bei 180 – 210 °C durch Streckziehen, mittels Druckluft oder durch ein Vakuumverfahren umgeformt. Der Prozess der Formgebung ist damit deutlich aufwendiger als bei PMMA. Styrol-Copolymerisate (SB, ABS, SAN, ASA) ˉ Möbel, Sitzschalen, Sanitärauskleidungen, Außenverkleidungen (nur ASA) (Abb. B 1.32) Styrol-Copolymere haben einen ähnlichen chemischen Aufbau wie Polystyrol und grundsätzlich vergleichbare Eigenschaften. Durch die chemische oder physikalische Kombination unterschiedlicher Monomere lassen sich Schlagzähigkeit oder Witterungsbeständigkeit im Vergleich zum Polystyrol optimieren. Die Styrol-Copolymerisate haben wie PS eine brillante Oberflächenqualität. Insbesondere Acrylesterstyrolacrylnitril (ASA) ist auch für Außenanwendungen geeignet, er hat aufgrund der höheren Polarität der Moleküle eine sehr gute Witterungsbeständigkeit. Häufig verbessert die Beigabe anderer Thermoplaste oder Elastomere die Schlagzähigkeit, die Kratzfestigkeit oder allgemein die mechanischen Eigenschaften des Kunststoffs und macht ihn dadurch robuster. Polymethylmethacrylat (PMMA) ˉ Verglasungen, Überdachungen, Möbel PMMA (Acrylglas) ist ein typischer Kunststoff des Bauwesens, der im Vergleich zu anderen Thermoplasten hervorragende mechanische Kennwerte und eine besondere Brillanz besitzt. Bei 3 mm dicken Platten beträgt die Lichttransmission ca. 92 % und ist damit besser als bei mineralischem Glas. Der harte Werkstoff ist verglichen mit anderen Thermoplasten zwar kratzfest, jedoch empfindlicher als Glas oder Polycarbonat. PMMA ist beständig gegen äußere 42 Polyester Polyester ist ein Oberbegriff für verschiedene Kunststoffe, denen eine vergleichsweise hohe Zugfestigkeit und ein hoher E-Modul gemein sind. Außerdem haben sie eine für Thermoplaste sehr hohe Wärmebeständigkeit, eine exzellente Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einflüsse und eine hohe Transparenz. Daher sind Polyester für Außenanwendungen besonders interessant. Die einzelnen Kunststoffe aus der Gruppe der Polyester werden in der Praxis oft unter ihrem Gruppennamen klassifiziert. So werden die für Membranen wichtigen PET-Fasern von Herstellern auch vereinfachend als Polyesterfasern bezeichnet. Polycarbonat (PC) ˉ Verglasungen (Stegplatten), Überdachungen, Brüstungen (Abb. B 1.28) Polycarbonat ist hinsichtlich seiner Eigenschaften mit PMMA vergleichbar und findet zum großen Teil für die gleichen Aufgaben Verwendung. Festigkeit und E-Modul sowie die Dauerhaftigkeit sind bei beiden Materialien ähnlich. Für den Außeneinsatz sind bei PC jedoch UV-Stabilisatoren notwenig, um ein Vergilben zu verhindern. PC ist transparent, wenngleich seine Lichtdurchlässigkeit unter der von PMMA liegt. Polyethylenterephthalat (PET) ˉ Fasern, hochfeste Folien (Abb. B 1.27) PET hat im Gegensatz zu Polycarbonat einen höheren Kristallisationgrad und damit eine geringere Transparenz. Jedoch kann durch die Fertigung ein amorpher Aufbau mit hoher Transparenz erreicht werden, dabei sinken jedoch die mechanischen Eigenschaften und die Wärmeformbeständigkeit. Im Allgemeinen teilt PET die guten Eigenschaften der anderen Polyester wie hohe Festigkeit, E-Modul und vorzügliche Witterungsbeständigkeit. Im Gegensatz zu PC ist PET beständig gegenüber Spannungsrissbildung. Ebenso wie PC muss PET vor der Verarbeitung mehrere Stunden getrocknet werden. Im Bauwesen ist vor allem die Extrusion von hochfesten Folien von Interesse, außerdem das sogenannte Schmelzspinnen zu hochfesten Fäden und Drähten. Die Polyesterfasern, wie die PET-Fasern auch vereinfachend genannt werden, sind sehr robust und nehmen kaum Feuchtigkeit auf, weshalb sie für den Membranbau von sind. Glykolmodifiziertes PET (PET-G) hat eine erhöhte Schlagzähigkeit, es ist für Tiefziehen hervorragend geeignet und wird daher häufig für den Modellbau verwendet. Polyphenylenether, modifiziert (PPE + PS) ˉ Fensterprofile, Sonnenkollektoren Das Polyester PPE wird ausschließlich als Polymerblend mit Polystyrol verarbeitet, um eine
Kunststoffe ausreichende Temperaturbeständigkeit zu erzielen. PPE+PS hat sehr gute mechanische Eigenschaften. Die Formtreue von PPE + PS ist besonders hoch. Wie die anderen Polyester ist es sehr witterungsbeständig und außerdem bei Feuereinwirkung selbstverlöschend. Eine Besonderheit ist die leichte Weiterverarbeitung, z. B. lässt sich die Oberfläche gut lackieren oder bedrucken. Polyamid (PA), Aramid ˉ Fasern, Türbeschläge, thermische Trennung in Fensterprofilen, beschichtete Gartenmöbel (Abb. B 1.30) Polyamide sind teilkristallin und damit opak. Bei der Sonderform Aramid sind aromatische Ringe in die Molekülstruktur eingebaut, es wird fast ausschließlich zur Produktion hochfester Fasern verwendet. Polyamid und Aramid haben gute mechanische Eigenschaften, vor allem ein hohes Dämpfungsvermögen und eine gute Abriebsfestigkeit. Fasern aus diesen Werkstoffen weisen ein sehr zähes Bruchverhalten auf, unter Stoßeinwirkung können sie hohe Energiemengen absorbieren. Polyamide sind darüber hinaus wärmeformbeständig und widerstandsfähig gegen chemische Einflüsse, aber weniger witterungs- und lichtstabil. Für Außenanwendungen ist daher der Einsatz von Stabilisatoren wie Ruß unerlässlich. Polyamide nehmen vergleichsweise viel Feuchtigkeit aus ihrer Umgebung auf, was einerseits die Festigkeit des Werkstoffs herabsetzt, andererseits jedoch die Zähigkeit verbessert. Celluloseacetat (CA) ˉ transparente Wärmedämmung (TWD), Brillenfassungen, Werkzeuggriffe (Abb. B 1.31) Celluloseacetat wird durch eine chemische Reaktion von Cellulose (aus Baumwolle oder Holz) mit Essigsäure gewonnen. Je nach Anteil an gebundener Essigsäure wird zwischen Cellulosediacetat (CA) und Cellulosetriacetat (CTA) unterschieden. Letzteres ist schwieriger thermoplastisch verarbeitbar, hat jedoch eine höhere Wasser- und Wärmebeständigkeit. Die bevorzugten Verarbeitungsverfahren für CA sind Spritzgießen, Extrusion, Extrusionsblasen sowie Warmumformen. CTA wird vornehmlich im Gießverfahren zu Hartfolien verarbeitet, die aufgrund ihrer hohen Transparenz auch für LCD-Bildschirme Verwendung finden. Im Gegensatz zu den anderen hier erwähnten Kunststoffen wird Cellulose(tri)acetat nicht aus Erdöl gewonnen, sondern basiert auf nachwachsenden Rohstoffen. In den 1920er-Jahren löste Celluloseacetat das Zelluloid wegen seiner geringeren Entflammbarkeit als Schichtträger für Filmbänder ab. CA zeichnet sich durch eine hohe Transparenz, Festigkeit, Oberflächenhärte und -glanz, Wärmestandfestigkeit, gute Griffigkeit sowie eine niedrige Feuchtigkeitsaufnahme aus. Aufgrund hoher Oberflächenelastizität ist es kaum kratzempfindlich. Die geringe elektrostatische Aufladbarkeit ermöglicht staubfreie Oberflächen. Signifikant ist das hohe mechanische Dämpfungsvermögen, weshalb sich Celluloseacetat z. B. für die Verwendung als Werkzeuggriff eignet. Charakteristisch ist auch die hohe Wärmestrahlungsabsorption, die CA und CTA für transparente Wärmedämmungen interessant macht. Dieser Kunststoff kann ausschließlich in witterungsgeschützten Bereichen eingesetzt werden, da keine geeigneten Zusätze für eine dauerhaft wirksame Stabilisierung gegen UV-Strahlung und Feuchtigkeit zur Verfügung stehen. B 1.30 B 1.31 Fluorpolymere Fluorpolymere unterscheiden sich in einigen Punkten wesentlich von den anderen Thermoplasten. Ihre mechanischen Eigenschaften sind eher gering einzustufen, weshalb sich diese Werkstoffgruppe kaum als Konstruktionsmaterial eignet – mit Ausnahme von Folienkissen oder PTFE-Geweben. Es sind vor allem die außergewöhnlichen Oberflächeneigenschaften, die Fluorpolymere für das Bauwesen zu einem sehr interessanten Material machen. Aufgrund der geringen Rauheit der Oberfläche bleibt Schmutz nicht haften, die Kunststoffe sind praktisch selbstreinigend und stellen deshalb ein ideales Beschichtungsmaterial dar. Außerdem ist die Werkstoffgruppe äußerst resistent gegen Witterung und UV-Bestrahlung sowie nicht entflammbar. Die Anwendungstemperatur ist für Thermoplaste zudem ungewöhnlich breit und reicht von Tiefsttemperaturen ab -200 °C bis zu 300 °C. B 1.32 B 1.27 B 1.28 B 1.29 B 1.30 B 1.31 B 1.32 Polyethylenterephthalat (PET) Polycarbonat (PC) Polytetrafluorethylen (PTFE) Polyamid (PA) Celluloseacetat (CA) Acrynitrilbutadienstyrol (ABS) 43
Kunststoffe B 1.33 B 1.34 B 1.35 B 1.36 B 1.37 B 1.38 B 1.33 Polytetrafluorethylen (PTFE) ˉ Membranbeschichtung, Gleitlager, Folien, PTFE-Faser (Abb. B 1.29, S. 42) Im Bauwesen dient das milchig-weiße PTFE zur Beschichtung von Membranen, um eine selbstreinigende Oberfläche zu erzeugen. Eine weitere Anwendung ist der Einsatz von PTFE-Scheiben für reibungsarme Gleitlager von Brücken. Nach der Produktion lässt sich PTFE nicht wie andere Thermoplaste wiederholt schmelzen, was eine Warmumformung verhindert. Durch Sintern und Extrusion ist es jedoch möglich, Formteile und Folien herzustellen. Ethylentetrafluorethylen (ETFE) ˉ Folien ETFE ähnelt im chemischem Aufbau und seinen Eigenschaften grundsätzlich dem PTFE, lässt sich im Gegensatz zu diesem jedoch leicht thermoplastisch verarbeiten. Die Beigabe von Ethylen erhöht darüber hinaus die Festigkeit und den E-Modul. ETFE ist transparenter als PTFE, weshalb es für hochtransparente und schmutzabweisende Folien gebräuchlich ist. Bei hohen mechanischen Anforderungen können ETFE-Folien auch mit Glasfasern verstärkt werden (z. B. für Laborartikel). B 1.34 plastisch verarbeiten und wird hauptsächlich für Folien verwendet. Seine Lichttransmission ist bei 100 μm mit bis zu 97 % hervorragend. Die maximale Gebrauchstemperatur liegt jedoch deutlich unter der von ETFE. Elastomere Aktuell beruht etwa ein Drittel der weltweit produzierten Elastomere auf Naturkautschuk, der aus dem Saft kautschukhaltiger Pflanzen – auch Latex genannt – gewonnen wird. Die restliche Produktionsmenge entfällt auf synthetische Kautschuke auf Erdölbasis. Naturkautschuke sind seit mehreren hundert Jahren in Südamerika und später in Europa bekannt. Die klebrige Masse wurde unter anderem zur Abdichtung von Textilien verwendet, z. B. für den 1823 patentierten Mackintosh Regenmantel. Technische Bedeutung erlangte Naturkautschuk aber erst nach der Erfindung der Vulkanisation im Jahr 1839, die den Kautschuk dauerhaft elastisch macht. Später kamen synthetische Kautschuke hinzu – zunächst um den Naturkautschuk zu ersetzen, später jedoch weiterentwickelt für spezielle Anwendungsbereiche. Elastomere (Kautschuke oder umgangssprachlich Gummi) werden aufgrund ihrer Molekülstruktur als »mittlere Kunststoffgruppe« zwischen den unvernetzten Thermoplasten und den eng vernetzten Duroplasten einge- stuft. Im Gegensatz zu den Thermoplasten lassen sich Elastomere nicht mehr erweichen, nachdem die Molekülvernetzung abgeschlossen ist. Der Ausgangswerkstoff eines Elastomers wird als Rohkautschuk bezeichnet, unabhängig davon, ob er natürlichen oder synthetischen Ursprungs ist. Den Übergang des Rohkautschuks vom flüssigen in den festen Zustand nennt man Koagulation, wobei jedoch noch keine chemischen Reaktionen stattfindet, sondern lediglich eine physikalische Erhärtung. Dieses feste Rohmaterial ist sehr zäh und lässt sich nur unter hohen mechanischen Kräften verarbeiten. Zunächst wird der Rohkautschuk zerkleinert, mit Füllstoffen versehen und geformt. Ist das Material zu fest, müssen für die Weiterverarbeitung zuvor die Polymerketten durch Zugabe von Chemikalien aufgespaltet werden (Mastizieren). Danach findet unter Einwirkung von Schwefel oder schwefelhaltigen Verbindungen bei erhöhtem Druck und hoher Temperatur die chemische Vernetzung der Moleküle statt (Vulkanisation). Aus dem ursprünglich plastischen, bleibend verformbaren Rohkautschuk wird elastischer Gummi, also das Elastomer. Die mechanischen Eigenschaften der Elastomere bleiben bei steigender Temperatur innerhalb ihres Einsatzbereichs relativ konstant, wobei die Gebrauchstemperaturen je nach Werkstoff streuen (Abb. B 1.38). Die untere Temperaturgrenze ist durch die Versprödung TG = Glas- oder Einfriertemperatur TZ = Zersetzungstemperatur ε [%] f [N/mm²] Tetrafluorethylen-Hexafluorpropylen-Vinylidenfluorid-Terpolymer (TFB bzw. THV) ˉ Folien Das sogenannte Terpolymer besteht aus drei Fluorpolymeren. Es lässt sich sehr gut thermo- Naturkautschuk Ethylen-Propylen-Kautschuk (EPDM) Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) Silikonkautschuk Eigenschaften von Elastomeren in Abhängigkeit der Temperatur, der Einsatzbereich liegt oberhalb der Glasüberganstemperatur im gummielastischen Zustand, Bruchverhalten eher duktil Vergleich gebräuchlicher Elastomere Festigkeit f Verformung ε Glaszustand B 1.35 44 B 1.36 TG gummielastischer Zustand Einsatzbereich TZ T [°C] B 1.37
Kunststoffe Zugfestigkeit Elastizität Verschleißbeständigkeit Wetter- und Ozonbeständigkeit Wärmebeständigkeit Kälteflexibilität Gasdurchlässigkeit Dauergebrauchstemperatur [°C]1 Naturkautschuk NR ++ ++ o -- -- ++ - 100 R-Kautschuke SBR + - + -- - + - 110 BR -- ++ ++ -- -- ++ - 100 IIR - -- - o o o ++ 130 CR + + + - - o + 120 EPDM o o - ++ + + o 140 FKM o -- - ++ ++ -- + 210 EAM o -- - ++ + - + 170 MVQ - + -- ++ ++ ++ -- 200 FVMQ - o -- ++ + + -- 180 ++ + ++ + o - + 130 M-Kautschuke Silikonkautschuk Polyurethankautschuk 1 AU für optimalen Werkstoff ca. 1000 Stunden +, ++ gute Eigenschaften o durchschnittliche Eigenschaften -, -- schlechte Eigenschaften B 1.38 des Elastomers gekennzeichnet, die obere durch die Zersetzung des Materials (Abb. B 1.37). Wegen ihrer hohen Dehnbarkeit kommen sie als Konstruktionsmaterialien nicht in Betracht, werden jedoch häufig als tragendes Fugenmaterial oder zur Abdichtung eingesetzt. Auch nach starker Dehnung findet das Elastomer wieder in seine ursprüngliche Form zurück. Die Dauerhaftigkeit und Elastizität von Elastomeren wird durch die Beigabe aktiver Füllstoffe gesteuert, welche gleichzeitig das Material verstärken. Bei dunklen Elastomeren, z. B. für Autoreifen, ist das typischerweise Ruß, bei hellen Erzeugnissen hochdisperse Kieselsäure oder Öl. Die Witterungsbeständigkeit von Elastomeren ist in der Regel gut, es besteht jedoch grundsätzlich die Gefahr, dass Luft bzw. Sauerstoff den chemisch gebundenen Schwefel auslöst, das Elastomer dadurch brüchig macht und es altern lässt. Im Folgenden werden die für das Bauwesen relevanten Elastomere kurz dargestellt. Dabei sind die verschiedenen synthetischen Kautschuke in Abhängigkeit ihrer chemischen Zusammensetzung und ihrer Eigenschaften in unterschiedliche Gruppen eingeteilt. Zu den sogenannten R-Kautschuken gehören neben dem Naturkautschuk (NR) einige synthetische Elastomere mit dem Naturkautschuk ähnlichen Eigenschaften. R-Kautschuke haben vergleichsweise hohe Festigkeiten, jedoch eine geringere Witterungsbeständigkeit. Im Gegensatz dazu sind die synthetischen M-Kautschuke und Q-Kautschuke (Silikonelastomere) sehr witterungsbeständig, aber weniger fest. Daneben gibt es noch weitere Gruppen, die für spezielle Anforderungsprofile entwickelt wurden. Naturkautschuk (NR) Naturkautschuk (Natural Rubber – NR) basiert auf pflanzlichem Rohkautschuk (Latex) und gehört zur Gruppe der R-Kautschuke. Er spielt nach wie vor eine wichtige Rolle, da er zahlreiche positive Eigenschaften aufweist, die von synthetischen Kautschuken nicht erreicht werden (Abb. B 1.33). Festigkeit, Dehnbarkeit oder Stoßelastizität sind hervorragend, die Erwärmung unter dynamischer Belastung ist sehr gering. Naturkautschuk wird daher heute zu zwei Dritteln für die Produktion von LKW-Reifen verwendet. Für andere Anwendungen wird Naturkautschuk jedoch zunehmend durch die spezialisierten und häufig preiswerteren synthetischen Kautschuke ersetzt. Der für die Vulkanisation erforderliche Schwefel verbessert die allgemein geringere Langzeitund Witterungsbeständigkeit von Naturkautschuk. Dennoch ist er auf Dauer empfindlich gegen UV-Strahlung und Ozon sowie gegen Benzin. Wegen der im Bauwesen erwarteten langen Lebensdauer kann dies problematisch werden. Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) ˉ Fußbodenbeläge, Kabelisolierungen, Schläuche, Dichtungsprofile, Autoreifen (Abb. B 1.35) SBR zählt zu den synthetischen R-Kautschuken, die dem Naturkautschuk sehr ähnlich sind. Sie haben einen beschränkten Gebrauchstemperaturbereich und eine relativ schlechte Witterungs- und Ozonbeständigkeit, sind jedoch preiswert und werden daher bei Anwendungen ohne direkte UV-Einstrahlung häufig eingesetzt. Im Gegensatz zum NR kann SBR auch mit heller Einfärbung hergestellt werden und weist eine bessere Abriebsfestigkeit auf. Ethylen-Propylen-Kautschuk (EPDM) ˉ Dichtungsbahnen, Auskleidungen, Dehnfugenprofile, Bodenbeläge (Abb. B 1.34) EPDM hat wie allgemein die Gruppe der M-Kautschuke, eher geringere mechanische Eigenschaften als die R-Kautschuke, jedoch eine hervorragende Ozon- und Witterungsbeständigkeit sowie eine relativ hohe Gasdurchlässigkeit. Die Temperaturbeständigkeit der M-Kautschuke liegt ebenfalls über der von R-Kautschuken. Für das Bauwesen spielt das Material vor allem dort eine Rolle, wo mit einer direkten Witterungs- und UV-Belastung zu rechnen ist. Auch die Kombination aus Dampf oder Wasser und erhöhten Temperaturen stellt für Bauteile aus EPDM kein Problem dar. Silikonkautschuk (Q) ˉ Baufugendichtungen, Fenster- und Türprofildichtungen (Abb. B 1.36) Silikonkautschuk hat eine sehr hohe Tempe- raturbeständigkeit, er kann für wenige Minuten sogar auf bis zu 400 °C erhitzt werden. Doch auch für tiefe Temperaturen eignet er sich gut. Dieser Q-Kautschuk ist schwer benetzbar, d. h. also auch wasserabweisend und antiadhäsiv. Im Gegensatz zu Naturkautschuk ist der Werkstoff wesentlich gasdurchlässiger. Silikonkautschuk hat einen anderen chemischen Aufbau als die meisten Kunststoffe. Seine Molekülketten werden hauptsächlich aus Siliziumatomen gebildet, Kohlenstoff tritt darin – wenn überhaupt – nur in Nebengliedern auf. Aus diesem Grund ist das Material nicht brennbar und für den Einsatz in einem außergewöhnlich großen Temperaturbereich geeignet. Die Witterungs- und Alterungsbeständigkeit sind hervorragend, die Molekülketten sind gegen UV-Belastung wesentlich stabiler als die der üblichen Kunststoffe. Polysulfidkautschuk (TM) Polysulfidkautschuk kann fest oder – im Gegensatz zu den meisten anderen Kautschuken – auch flüssig verarbeitet werden. Für das Bauwesen ist der flüssige TM als Dichtmasse für Baufugen interessant. Die Härtung erfolgt dann bei der Endverarbeitung durch die Zugabe von Oxidationsmittel oder durch die umgebende Luftfeuchtigkeit. Polyurethankautschuk (AU bzw. EU) Polyurethankautschuk wird im zähen Zustand verarbeitet. Wie alle Polyurethane hat er eine gute Verschleiß- und Witterungsbeständigkeit, sehr hohe Festigkeiten und eine gute Elastizität. Polyurethan-Gießelastomere (PUR) Polyurethan-Gießelastomere weisen im vernetzten Zustand typische Eigenschaften von Elastomeren auf, werden jedoch vor der Vernetzung als flüssiges Harz verarbeitet. Die PUR-Gießelastomere haben eine hohe Verschleiß- und Abriebbeständigkeit, zeigen ausgezeichnete Festigkeitswerte und sind witterungsresistent. Ihre stark dämpfendes Verhalten macht sie besonders für Bodenbeläge von Sportstätten interessant. 45
Kunststoffe ε [%] f [N/mm²] T Z = Zersetzungstemperatur Tmax = Gebrauchstemperatur Festigkeit f Verformung ε Einsatzbereich B 1.39 Duroplaste Duroplaste sind die ältesten vollständig synthetischen Kunststoffe, sie wurden bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts industriell hergestellt und verarbeitet. Während Duroplaste für die Kunststoffindustrie insgesamt mit einem Marktanteil von ca. 20 % eine eher geringe Rolle spielen, sind sie im Bauwesen wegen ihrer guten mechanischen Eigenschaften und ihrer hohen chemischen Beständigkeit weitverbreitet. Im Gegensatz zu den anderen Kunststoffgruppen werden sie in Form eines flüssigen Vorprodukts (Reaktionsharz) verarbeitet. Beim Einbau von Fasern ergibt sich durch die gute Oberflächenbenetzung ein hochwertiger Verbund, weshalb sie für faserverstärkte Kunststoffe prädestiniert sind. Die chemische Vernetzungsreaktion im Kunststoff findet erst im Rahmen der Verarbeitung statt. Die Molekülketten eines Duroplasts bilden ein dichtes, engmaschiges und dreidimensionales Netz, sodass ein hartes und sprödes Gefüge entsteht. Das enge Netz von Molekülen verhindert das Eindiffundieren von Lösungsmitteln, weshalb Duroplaste chemisch sehr beständig sind. Eine Wärmezufuhr reicht nicht aus, um diesen Molekülverbund zu lösen, Duroplaste sind daher nicht schmelzbar (Abb. B 1.41). Die Temperaturstabilität von Duroplasten ist grundsätzlich höher als bei Thermoplasten, dennoch nehmen Festigkeit und E-Modul bereits unter 100 °C merklich ab (Abb. B 1.16, S. 36). Duroplaste variieren in Aufbau und Eigenschaften wesentlich breiter als Thermoplaste und Elastomere, weswegen man sie nach der Herstellung mit Kennzahlen näher bezeichnet, um den exakten chemischen Aufbau und dessen Eigenschaften nachvollziehen zu können, z. B. die Eignung für Außenanwendungen. Vorprodukte Die Vorprodukte von Duroplasten sind Formmasse oder Gießharz, die ähnlich den Elastomeren erst bei der Endverarbeitung vernetzt werden. Formmassen sind rieselfähige oder zähflüssige Gemische aus Harz mit Härtern und Füllstoffen. Diese müssen lediglich erhitzt werden und härten daraufhin aus (Ein-Komponenten-System). Da alle für die chemische Ver- 46 Tmax TZ B 1.40 netzung erforderlichen Komponenten in der Formmasse vorhanden sind, erhärten sie bei entsprechend langer Verweildauer auch unter Raumtemperatur. Sie sind daher nur begrenzt lagerfähig. Bei Gießharzen handelt es sich hingegen um reine Harze im flüssigen Zustand, der Härter (Katalysator) wird erst bei der Endverarbeitung hinzugefügt, woraus sich eine längere Lagerungsfähigkeit für das Vorprodukt ergibt (Zwei-Komponenten-System). Als Synonyme für Gießharz sind auch die Bezeichnung »Harz« bzw. »Kunstharz« oder »Reaktionsharz« gebräuchlich. Die unterschiedlichen Vorprodukte haben jedoch keinen nennenswerten Einfluss auf die chemische Zusammensetzung des fertigen Duroplasten. Phenoplaste, Phenolharze (PF) ˉ Steckdosen, faserverstärkte Kunststoffe mit Brandschutzanforderung, Fassaden- und Türverkleidungen (Abb. B 1.39) Der unter dem Namen Bakelit bekannt gewordene, erste industriell gefertigte Phenoplast wurde bereits 1905 entwickelt (siehe Von der Alchemie zur Chemie, S. 10). Auch heute spielen Phenoplaste noch eine bedeutende Rolle in der Kunststoffindustrie, nicht zuletzt wegen der geringen Produktionskosten. Sie kommen vor allem dann zum Einsatz, wenn hohe Gebrauchstemperaturen oder ein besseres Brandverhalten gefordert sind. Phenoplaste zeigen im Brandfall im Vergleich zu anderen Duroplasten eine geringere Rauchentwicklung und eine reduzierte toxische Emission. Phenolharze sind opak mit einer gelbbrauen Eigenfarbe, daher sind für das Endprodukt auch ausschließlich dunkle Einfärbungen möglich. Der Werkstoff neigt außerdem dazu, unter Lichteinwirkung nachzudunkeln. Im Vergleich zu anderen Duroplasten sind die mechanischen Kennwerte eher gering. Phenoplaste entstehen aus der Polykondensation von Phenol und Formaldehyd. Durch den Kondensationsprozess fällt während der Härtung Wasser als Nebenprodukt an, das abgeführt werden muss. Die Verarbeitungsmöglichkeiten von Phenoplasten sind sehr vielfältig, sie lassen sich z. B. als Formmasse in geschlossene Formen injizieren, als zähflüssiges Harz (Phenolharz) in eine Form gießen oder zum Faserverbundwerkstoff formen. Schaumstoff aus T [°C] B 1.41 Phenolharz liefert sehr gute Dämmwerte. Außerdem werden Phenoplaste häufig bei Hartfaserplatten verwendet. Aminoplaste (UF, MF) ˉ Steckdosen, Leim und Klebstoff, Schaumstoff (Abb. B 1.40) Aminoplaste wie das Harnstoff- (UF) oder Melaminharz (MF) sind sowohl hinsichtlich des chemischen Aufbaus als auch ihrer Eigenschaften den Phenoplasten ähnlich. Im Gegensatz zu diesen sind sie lichtecht, dunkeln also unter Sonnenlicht nicht nach und eignen sich daher speziell für Bauteile mit heller Einfärbung. UF ist ein Aminoplast mit einem besonderen Oberflächenglanz und einem hohen Härtegrad. Die mechanischen Eigenschaften sind mit den Phenolharzen vergleichbar. Das Schwinden ist geringer und die Maßbeständigkeit gut. Damit bietet sich UF grundsätzlich für die Fertigung maßhaltiger Bauteile an. MF hat darüber hinaus eine verbesserte Witterungsbeständigkeit. Ungesättigtes Polyesterharz (UP) ˉ Versiegelungen, glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) (Abb. B 1.42) UP ist transparent bis schwach gelblich. Die mechanischen Eigenschaften liegen im Mittelbereich der Duroplasten. Vorteilhaft ist die hohe Zähigkeit auch bei niedrigen Temperaturen. Als nachteilig erweist sich hingegen die vergleichsweise hohe Schrumpfung beim Aushärten, welche durch Füllstoffe nur teilweise kompensiert werden kann. Das Maß der Schrumpfung ist von zahlreichen Faktoren abhängig, weshalb sie nicht durch eine entsprechende Formgebung ausgeglichen werden kann. Wegen der geringen Feuchteaufnahme eignet sich UP-Harz gut für Außenanwendungen. Seine Gebrauchstemperatur liegt erheblich unter der von Phenolharz. Da es nicht selbstverlöschend ist, werden bei Brandschutzanforderungen zusätzliche Flammschutzmittel benötigt. UP-Harz wird meist für die Fertigung von GFK eingesetzt, da es sich gut mit den Glasfasern verbindet, sich einfach verarbeiten lässt und zudem relativ preiswert ist. Bei zunehmender Faserverstärkung nimmt allerdings die Transparenz ab, daher ist GFK meist transluzent bis opak. Ausgangswerkstoff für die Fer-
Kunststoffe B 1.42 B 1.43 tigung von UP-Bauteilen ist eine Lösung von ungesättigtem Polyester in reaktionsfähigen Lösemitteln, vorwiegend Styrol. Polyesterharze härten nach Zugabe eines Katalysators unter Abgabe von Reaktionswärme aus. Dabei ist eine gewisse Variation des Mischungsverhältnisses von Harz und Härter zulässig, ohne die späteren Materialeigenschaften zu beeinflussen. Dies ist vor allem für die handwerkliche Verarbeitung ein wesentlicher Vorteil. Wie alle Duroplaste kann UP kalt oder warm verarbeitet werden, für die Aushärtung bei Raumtemperatur ist die Zugabe eines Beschleunigers erforderlich. Nach der eigentlichen Härtungsreaktion sollte UP wie andere Duroplaste mehrere Stunden unter erhöhten Temperaturen von ca. 70 °C nachhärten, um die volle Festigkeit und Chemikalienbeständigkeit zu erreichen. Dieser Vorgang ist unter dem Begriff »Tempern« bekannt. Das Lösungsmittel Styrol verursacht den typischen Geruch von UP-Bauteilen und kann zu Reizungen von Schleimhaut und Atemwegen führen. Eine abschließende Dampfbehandlung reduziert die Geruchsemission, wodurch eine physiologische Unbedenklichkeit erzielt wird. besondere Brandschutzanforderungen in der Regel nicht erfüllt. Zur Herstellung wird dem unvernetzten EP ein Härter beigemischt. Der exotherme Reaktionsmechanismus erfordert im Gegensatz zum UP das genaue Einhalten des Mischverhältnisses. Eine Kalthärtung dauert etwa 24 Stunden. Anschließend muss das Bauteil mehrere Stunden nachhärten, wobei es sukzessive auf ca. 100 °C erwärmt wird. Im Allgemeinen ist die Härtezeit damit länger als bei UP. Sind aber bereits bei der Aushärtung erhöhte Temperaturen gegeben, reduziert sich die Härtezeit auf wenige Minuten und die mechanischen Eigenschaften, insbesondere die Temperaturbeständigkeit, verbessern sich. Anders als bei den Polyesterharzen gibt es keine Geruchsbelästigung während des Aushärtens, allerdings kann von den Härtern und Verdünnern eine gesundheitliche Gefährdung ausgehen. Bei der Verarbeitung muss Hautkontakt mit dem Gießharz vermieden und eine Schutzbrille getragen werden – der fertige Werkstoff ist jedoch physiologisch unbedenklich. Epoxidharze werden auch häufig als Kleboder Beschichtungsstoff eingesetzt. Dabei kann durch einen Silikatzuschlag die Formstabilität bei der Verarbeitung verbessert und im erhärteten Zustand die Kriechneigung herabgesetzt werden. Je nach Mischverhältnis bezeichnet man das Produkt dann als Epoxidharzmörtel oder Polymerbeton. Epoxidharz (EP) ˉ Oberflächenschutz und Beschichtungen, Verklebung, Polymerbeton, kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK) (Abb. B 1.43) Epoxidharz zeichnet sich durch eine besonders hohe (Haft-)Festigkeit und chemische Beständigkeit aus. Es schrumpft bei der Härtung kaum, und auch die Feuchtigkeitsaufnahme ist geringer als z. B. bei UP. Damit ist EP hervorragend für hochbelastete Bauteile oder widrige Umgebungsbedingungen geeignet. Zwar ist EP-Harz klar mit geringer Eigenfarbe, da es aber nicht lichtecht ist, sind helle Einfärbungen nicht zu empfehlen. Hochtransparente PU-Gelcoats als Schutzschichten sowie optische Aufheller ermöglichen jedoch auch die Herstellung transparenter, farbloser Bauteile. EP wird vor allem für hochleistungsfähige faserverstärkte Bauteile verwendet, hauptsächlich in Kombination mit Kohlenstofffasern. Für die Einbettung von Glasfasern ist meist das kostengünstigere UP ausreichend. EP ist zwar schwer entflammbar, doch nicht selbstverlöschend, weshalb es B 1.44 Polyurethan (PUR) ˉ Montageschaum, Hartschaum, Lacke und Beschichtungen (Abb. B 1.44) Polyurethane können aus verschiedenen Komponenten generiert werden und unterscheiden sich dementsprechend in ihren Eigenschaften. Die Molekühlketten variieren zwischen linear bzw. unvernetzt bis hin zu engmaschig vernetzt. Daher werden die Polyurethane auch unterschiedlichen Kunststoffgruppen zugeordnet. Beispielsweise ist PUR-Weichschaum ein Elastomer, während PUR-Hartschaumstoffe oder PUR-Lacke Duroplaste sind. Thermoplastische Polyurethanelastomere (TPU), die für Dämpfungselemente oder Sportgeräte Verwendung finden, sind von ihren Eigenschaften den Thermoplasten zuzuordnen. Als Konstruktionswerkstoff im Bauwesen spielen jedoch fast ausschließlich duroplastische Polyurethane eine Rolle. Polyurethan kann als Gießharz mit einer harten oder einer hochelastischen Ausprägung verarbeitet werden. Die Temperaturbeständigkeit liegt in den Bereichen anderer Duroplaste. Wesentlich häufiger ist die Verarbeitung zu Hartschaumstoff als Dämm- und Sandwichmaterial. Das Polyurethan wird dafür mit unterschiedlichen Treibmitteln aufgeschäumt (siehe Schaumstoffe, S. 72). Durch die Länge der Molekülketten sind die Eigenschaften des Materials einstellbar: Lange Ketten bedingen elastische Schäume, während aus kurzkettigen Polyurethanen harte Schäume entstehen. Vinylesterharz (VE) ˉ faserverstärkte Kunststoffe Vinylesterharz (auch Phenacrylatharz – PHA) ähnelt dem ungesättigtem Polyesterharz, ist aber zäher und hat eine bessere Faserbenetzung bei faserverstärkten Kunststoffen. VE wird vor allem dann verwendet, wenn eine besondere Beständigkeit gegen Chemikalien oder eine hohe Schlagzähigkeit bzw. Ermüdungsfestigkeit gefordert ist. Die mechanischen Eigenschaften sind meist besser als von UP, liegen jedoch unter denen von Epoxidharz. Da Vinylester relativ teuer ist, kommt es für Spezialanwendungen vor allem in der chemischen Industrie zum Einsatz. Vinylesterharz wird durch chemische Reaktionen aus EP gewonnen. Die Verarbeitung ist mit der von UP vergleichbar. Anmerkungen: [1] Ludwig, Carsten: Glasfaserverstärkte Kunststoffe unter hoher thermischer und mechanischer Belastung. Dissertation. Stuttgart 2009, S. 156f. B 1.39 B 1.40 B 1.41 B 1.42 B 1.43 B 1.44 Phenoplaste, Phenolharz (PF) Aminoplaste Eigenschaften von Duroplasten in Abhängigkeit der Temperatur, der Einsatzbereich liegt im glasartigen Bereich, Bruchverhalten spröde ungesättigtes Polyesterharz (UP) kohlenstofffaserverstärktes Epoxidharz (CFK) Polyurethanschaumstoff (PUR) 47
Fasern B 2.1 Fasern haben im Verhältnis zu ihrer Länge einen sehr geringen Querschnitt und damit eine ausgeprägte Richtungsorientierung. Während ihre natürlichen Vorbilder wie Wolle bereits als Faser vorkommen, müssen synthetische Werkstoffe erst in diese Form gebracht werden. Fasern sind biegsam, vielfältig verarbeitbar und haben eine hohe Festigkeit. Daher werden sie schon seit Langem für die Fertigung von Textilien eingesetzt. Generell unterscheidet man zwischen anorganischen Fasern (aus Glas oder Kohlenstoff), Polymerfasern (Kunststofffasern), Metall- sowie Naturfasern (Abb. B 2.5). Alle künstlich erzeugten Fasern werden als Chemie- oder synthetische Fasern bezeichnet. In der Architektur kommen hauptsächlich synthetische Fasern zum Einsatz, da nur diese eine ausreichende Festigkeit und Widerstandsfähigkeit für dauerhafte Konstruktionen aufweisen. Bis auf die Kohlenstofffasern werden alle synthetischen Fasern aus kompakten Werkstoffen durch Schmelz- und Streckvorgänge gewonnen. Eigenschaften und Anwendung B 2.1 B 2.2 B 2.3 B 2.4 B 2.5 B 2.6 B 2.7 48 Flechtschlauch aus Kohlenstofffasern Festigkeit einer Glasfaser im Verhältnis zum Faserdurchmesser Spannungs-Dehnungs-Beziehungen unterschiedlicher Fasern im Vergleich mögliche Verarbeitungsformen einer einzelnen Faser (Filament) Einteilung der Faserarten Reißlängen verschiedener Fasern im Vergleich zur natürlichen Seide von Spinnen mikroskopische Aufnahme einer Glas-, Kohlenstoff- und Aramidfaser Außer Glas- und Metallfasern bestehen die meisten Fasern, vor allem die Polymerfasern, mikroskopisch betrachtet aus einem Verbund kleinster Faserbündel (Abb. B 2.7). Die Durchmesser der synthetischen Fasern variieren dabei zwischen 5 und 24 μm, bei Naturfasern betragen sie bis zu 500 μm. Menschliches Haupthaar ist mit 120 μm vergleichsweise dick. Die längenbezogene Masse der Fasern wird in dtex gemessen, wobei 1 dtex dem Wert von 1 g / 10 km entspricht. Da die einzelnen Fasern (Filamente) für die weitere Verarbeitung zu fein wären, werden sie unmittelbar nach der Produktion zu größeren Einheiten gebündelt (Abb. B 2.4). Bündel paralleler Fasern bezeichnet man dabei als Rovings, Garne hingegen bestehen aus verdrillten Faserbündeln. Die Anzahl der Fasern je Roving oder Garn wird in Kilo (= 1000 Stück = 1 K) angegeben. Rovings sind der typische Ausgangswerkstoff für die Verarbeitung zu faserverstärkten Kunststoffen (siehe Fasern, S. 77), vor allem bei maschinellen Verfahren. Garne hingegen werden für Textilien wie Gewebe oder Gelege (siehe Textilien, S. 69ff.) verwendet. Ihre Verdrillung erleichtert die Verarbeitung und erhöht die effektive Festigkeit des Faserbündels, da die einzelnen Filamente im Garn gleichmäßiger belastet werden. Die eigentliche Produktion und Weiterverarbeitung der verschiedenen Fasern ist sehr unterschiedlich, daher werden die einzelnen Prozessschritte bei der jeweiligen Beschreibung der Faserarten näher erläutert. Gemeinsam ist den unterschiedlichen Prozessen, dass unmittelbar nach der Produktion die einzelnen Fasern für die weitere Bearbeitung mit einer Schutzschicht (Schlichte bzw. Avivage) benetzt werden. Diese Substanzen erhöhen die Knickunempfindlichkeit und ermöglichen eine bessere Haftung der Fasern untereinander bzw. bei Faserverbundwerkstoffen zwischen Faser und Kunststoff. Dabei unterscheidet man zwischen Textilschlichte für Fasern, die als Textil weiterverarbeitet werden, und Haftschlichte für Fasern, die in Kunststoff eingebettet werden. Welches Material sich für die Schutzschicht eignet, hängt von der jeweiligen Faserart ab. Mechanische Eigenschaften Fasern weisen eine deutlich höhere Festigkeit auf als das jeweilige Ausgangsmaterial. Durch die Schmelz- und Streckvorgänge während der Produktion wird das innere Gefüge der Faser in Längsrichtung orientiert und so die Festigkeit des Werkstoffs verbessert. Dabei können gleichzeitig Lufteinschlüsse komprimiert werden, was die negativen Auswirkungen solcher Fehlstellen auf die Festigkeit in Faserlängsrichtung reduziert. Bei synthetischen Fasern erhöht sich die Festigkeit mit abnehmendem Durchmesser (Abb. B 2.2). Je größer die Längsorientierung der Gefügestruktur in der Faser, desto mehr nehmen die mechanischen Eigenschaften in Querrichtung ab. Fasern sind häufig querdruckempfindlich, was bei Kohlenstofffasern besonders stark ausgeprägt ist. Abhängig vom Verwendungszweck der Faser ergeben sich unterschiedliche Anforderungen wie beispielsweise Festigkeit, Knickunempfindlichkeit oder geringes Eigengewicht. Wird ausschließlich die Zugfestigkeit betrachtet, haben
Fasern Kohlenstofffasern von allen praktisch verfügbaren Werkstoffen die höchsten Werte (Abb. B 2.3 und B 2.10, S. 50). Sie sind jedoch relativ knickempfindlich. Für die Umsetzung leichter, aber tragfähiger Konstruktionen ist die Festigkeit relativ zum Eigengewicht von Interesse. Die Reißlänge einer Faser ist hierfür ein guter Indikator für die Werkstoffauswahl (Abb. B 2.6). Dieser Wert entspricht der theoretischen Länge, die eine vertikal aufgehängte Faser haben könnte, bis sie unter ihrem Eigengewicht reißt. Während übliches Bauholz eine Reißlänge von kaum mehr als 40 km hat, kommt eine Polyethylen-Faser (PE-Faser) auch aufgrund des geringen Eigengewichts auf bis zu 400 km. Die höchste Reißlänge erreichen Fasern aus Kohlenstoffnanoröhrchen, welche jedoch bislang noch nicht in den für die Konstruktion notwendigen Längen verfügbar sind. Einsatzbereiche in der Architektur Die Fasereigenschaften sind stark abhängig von ihrem Grundwerkstoff und dem jeweiligen Produktionsverfahren. Dabei lassen sich einige Fasern gezielt bezüglich Festigkeit und E-Modul variieren. Auf welche Eigenschaften hin Fasern optimiert werden, leitet sich von der Verarbeitungsform und dem Einsatzzweck ab. σ [N/mm 2 ] Festigkeit [N/mm 2 ] Faserverstärkte Kunststoffe Fasern werden vielfältig zu Faserverbundstoffen weiterverarbeitet und dort als Verstärkungs- fasern in den Kunststoff, die sogenannte Matrix, eingebettet (siehe Fasern, S. 77). Dafür bevorzugt man Fasern mit einer möglichst geringen Dehnung, also einem hohen E-Modul, die Zugfestigkeit der Faser spielt dabei meist eine geringere Rolle. In der Praxis werden vor allem Glas- und Kohlenstofffasern verwendet, in einigen Bereichen auch Aramid- oder PEFasern. Andere Polymerfasern sind aufgrund ihres geringen E-Moduls uninteressant, da die Verformungen des gesamten Bauteils zu groß wären. Außerdem können die üblicherweise verwendeten duroplastischen Kunststoffe (siehe Duroplaste, S. 46ff.) nur eine begrenzte Dehnung aufnehmen. Bei weichen Fasern kann die Zugfestigkeit der Faser gar nicht ausgenutzt werden, da vorher Risse im Kunststoff entstehen, was zum Bruch des Gesamtbauteils führt. Metallfasern kommen wegen der glatten Oberfläche nicht in Betracht, weil kein ausreichender Verbund mit dem Kunststoff erzielt werden kann. Vergleicht man Glas- und Kohlenstofffasern, so sind die Zugfestigkeiten der reinen Fasern ungefähr gleich. Der E-Modul von Kohlenstofffasern ist jedoch deutlich höher als derjenige von Glasfasern. Wegen der beschränkten Dehnbarkeit des umgebenden Kunststoffs ist die Festigkeit von kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) damit höher als die von glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). Naturfasern haben in den letzten Jahren eine Renaissance erlebt. Da die Fasern hohl sind, 4000 3000 PE-Faser Roving Garn "Faden" Filament E-Glasfaser Zwirn Filament Garn Aramidfasern 3000 2000 Textile Membranen Im Gegensatz zu Faserverbundwerkstoffen ist im Membranbau eine gewisse Dehnbarkeit, also ein nicht allzu hoher E-Modul, vorteilhaft. Die Dehnbarkeit einer Membran erhöht die zulässigen Toleranzen im Zuschnitt, geometrische Abweichungen können durch Überspannen zu einem gewissen Grad ausgeglichen werden. Außerdem lässt sich die erforderliche Vorspannung der Membran zuverlässiger einstellen. Es werden neben Glas- vor allem Polymerfasern aus PET oder PTFE verwendet. Fasern mit sehr hohem E-Modul wie Kohlenstoff- oder Metallfasern sind für den Membranbau hingegen ungeeignet. Wegen der Bevorzugung von weichen Fasern werden textile Membranen ausschließlich mit dehnbaren Kunststoffen beschichtet (siehe Beschichtungen, S. 100ff.). Filament Faser Kohlenstofffasern 5000 4000 besitzen sie ein geringes Eigengewicht und ermöglichen leichte Konstruktionen. Die mechanischen Eigenschaften von Naturfasern streuen sehr stark, außerdem neigen sie zur Aufnahme von Feuchtigkeit. Daher spielen Naturfasern für tragende Bauteile momentan noch keine Rolle. Aus ökologischen Gesichtspunkten ist zukünftig jedoch mit einer weiteren Verbreitung zu rechnen. Die guten akustischen und haptischen Eigenschaften machen Naturfasern vor allem für Verkleidungen oder Inneneinrichtungen interessant (siehe Naturfasern, S. 61). 2000 Flachs 1000 1000 PET-Faser 0 0 0 0,02 0,04 0,06 0,08 0 0,1 0,12 1 2 3 Naturfasern organische, synthetische Fasern (Polymerfasern) • • • • • • • • • • • • • • Flachs Sisal Hanf Jute Ramie Bananenfaser Asbestfaser1 Polyethylen (PE) Polyethylenterephthalat (PET) Polyamid (PA) Polyimid (PI) Polyacrylnitril (PAN) Polytetrafluorethylen (PTFE) Aramid Metallfasern anorganische, synthetische Fasern • Stahlfaser • Aluminiumfaser • Kupferfaser • • • • 1 Glasfaser Kohlenstofffaser Basaltfaser Keramikfaser 4 5 6 ε [%] Faserdurchmesser [mm] B 2.2 B 2.3 B 2.4 300 400 Reißlänge [km] B 2.6 B 2.7 Spinnenseide Stahl Holz Hanf PET-Faser Flachs Aramidfaser Glasfaser Kohlenstofffaser PE-Faser gesundheitsschädlich, in EU und Schweiz verboten B 2.5 0 100 200 49
Fasern Anorganische Fasern Vorherd 1371°C Homogenisierung 1435°C Schmelzofen 1540°C Beschickung mit Glasausgangsstoffen, z. B. Quarzsand 1340°C 1370°C Schmelze 1260°C Schlichte Fadenwicklung B 2.8 2. Stufe Karbonisieren 1. Stufe Oxidation Strecken 200 –220°C 10 –30 min 220 –300°C 30–100 min 1300°C 10–60 min Unter anorganischen Fasern werden alle synthetischen Fasern zusammengefasst, die nicht auf Kohlenstoffverbindungen basieren. Dazu gehören auch Kohlenstofffasern, da sie aus reinem Kohlenstoff und nicht aus Kohlenstoffverbindungen bestehen. Die ebenfalls anorganischen metallischen Fasern werden üblicherweise als gesonderte Untergruppe behandelt. Die Eigenschaften anorganischer Fasern unterscheiden sich grundsätzlich von denen der organischen Polymerfasern. Anorganische Fasern kriechen nicht, d. h. ihre Dehnung bleibt unter langzeitiger Belastung konstant. Außerdem weisen sie wesentlich höhere Gebrauchstemperaturen auf und sind grundsätzlich steifer als organische Fasern. Glasfasern PAN-Faden Katalysator Luft Abgas Intergas (N 2 ) flüchtige Nebenprodukte HT, IM (hochfeste Kohlenstofffasern) Fadenwicklung 3. Stufe Grafitieren Oberflächenbehandlung HM (steife Kohlenstofffasern) 2000–3000°C 5–30 min Avivage Vorbehandlung flüchtige Nebenprodukte Inertgas (Argon) B 2.9 Kennwerte (in Faserrichtung) Spezifikation [g/cm3] Wärmeausdehnungskoeffizient [10-6/K] Wärmeleitfähigkeit [W/mK] Faserdurchmesser [µm] Zugfestigkeit E-Modul Bruchdehnung Dichte [103/mm2] [103/mm2] [%] Anorganische Fasern Glasfaser Kohlenstofffaser E 3,4 – 3,5 72 –77 3,3 – 4,8 2,52 – 2,60 5,00 1 9 – 24 R/S 4,4 – 4,6 75 – 88 4,1– 5,4 2,50 – 2,53 4,00 1 9 – 24 AR 2,7 21–74 2,0 – 4,3 2,68 – 2,70 1 9 – 24 HT 3–5 200 – 250 1,2 –1,4 1,75 –1,80 -1,00 17 7– 9 IM 4–5 250 – 350 1,1 –1,9 1,73 –1,80 -1,20 HM 2–4 350 – 450 0,4 – 0,8 1,79 –1,91 -1,30 115 7– 9 7– 9 Polymerfasern Aramidfaser Polyesterfaser (PET) IM 2,7 58 3,3 1,44 -2,00 0,04 – 0,05 12 HM 2,4 – 2,7 120 –146 1,5 – 2,4 1,44 -4,00 0,04 – 0,05 12 1,1 10 22 1,38 PA-Faser 0,9 5 20 1,16 PE-Faser 2,7– 3,6 89 –116 10 – 45 0,97 Flachs 0,8 –1,5 60 – 80 1,2 –1,6 1,40 0,04 5 – 38 Hanf 0,6 – 0,9 70 1,6 1,48 0,045 16 – 50 -12,10 Naturfasern E: Elektroglas, R/S: hochfestes Glas, AR: alkaliresistentes Glas, HT: hochfest, IM: mittelsteif, HM: hochsteif B 2.10 50 ˉ Glasfasermembranen, glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) (Abb. B 2.11) Zur Herstellung von Glasfasern wird Glas geschmolzen und zu dünnen Fäden gezogen. Als Standardfaser wird dabei hauptsächlich E-Glas (E = electric) produziert. Es ist alkalifrei und wird in basischem Milieu angegriffen. Für textilbewehrten Beton wird die weitgehend alkaliresistente AR-Faser (alkaline resistant – AR) eingesetzt. Für spezielle Anwendungen kommen auch C-Glas (corrosion – C) mit guter chemischer Beständigkeit oder das hochfeste R- und S-Glas (resistance – R, strength – S) mit hoher Temperatur- und Ermüdungsbeständigkeit als Grundstoff zum Einsatz. E-Glas besteht aus Quarzsand (SiO2), Kalkstein (CaCO3) und im Gegensatz zu Floatglas aus Borsäure sowie größeren Anteilen Aluminiumoxid. Diese Ausgangsstoffe werden im sogenannten Schmelzspinnverfahren mehrere Tage in einem Ofen geschmolzen, geläutert und schließlich durch Spinndüsen gepresst. Die noch ca. 2 mm dicken, zähflüssigen Fäden werden mit einer schnell rotierenden Aufwickelvorrichtung auf die 40 000-fache Länge gestreckt und dabei auf den gewünschten Durchmesser zwischen 9 und 24 μm gebracht (Abb. B 2.8). Da Glasfasern sehr kerbempfindlich sind, werden sie wie alle Fasern bei der Herstellung bzw. vor dem Verweben mit einer Schlichte versehen. Glasfasern sind aufgrund ihrer amorphen Struktur isotrop, haben also identische Eigenschaften in Längs- und Querrichtung. Zugund Druckfestigkeit sind damit nahezu gleich. Von anderen gebräuchlichen Fasern unterscheiden sich Glasfasern im Wesentlichen durch ihren gleichmäßigen und annähernd runden Querschnitt sowie ihr Tragverhalten, das bis zum spröden Bruch linear-elastisch verläuft. Wegen des geringen Durchmessers von wenigen Mikrometern sind auch sie biegsam, im Vergleich zu anderen Fasern jedoch eher knickempfindlich. Wie alle anorganischen Fasern haben Glasfasern eine sehr geringe Neigung zum Kriechen.
Fasern Sie nehmen nur wenig Feuchte auf, tendieren aber trotzdem zur Korrosion bei direkter Bewitterung und müssen deshalb beschichtet oder in Kunststoff eingebettet werden. Von Vorteil ist, dass Glasfasern nicht brennen. Dauerbeanspruchungen bis 250 °C haben keine Auswirkungen auf ihre mechanischen Eigenschaften. Glasfasern sind transparent mit einer grünlichen Eigenfarbe, die erst bei zunehmender Bauteildicke wahrnehmbar ist. Lose Glasfasern erscheinen opak weiß, da das einfallende Licht wegen ihres großen Oberflächenanteils reflektiert wird. Durch den Einbau in einen transparenten Kunststoff kann diese Oberflächenreflexion unterbunden werden und der Verbundwerkstoff wird transluzent. Dazu müssen Glasfaser und Kunststoff jedoch ähnliche Brechungszahlen aufweisen. Kohlenstofffasern ˉ kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) (Abb. B 2.12) Kohlenstofffasern haben einen wesentlich höheren E-Modul als alle anderen Fasern. Die mechanischen Kennwerte können deutlich besser variiert werden als z. B. bei Glasfasern. Die Fasern lassen sich in unterschiedlichen Ausprägungen produzieren: • Standard-Modul-Fasern (high tensile – HT) mit hoher Zugfestigkeit • Hoch-Modul-Fasern (high modulous – HM) mit hoher Materialsteifigkeit • Intermediate-Modul-Fasern (intermediate modulous – IM) mit mittlerer Zugfestig- und Materialsteifigkeit Kohlenstofffasern haben richtungsabhängige Eigenschaften, quer zur Faser sind Steifigkeit und insbesondere Festigkeit deutlich niedriger als in Faserrichtung. Der Wärmeausdehnungskoeffizient ist in Faserrichtung negativ, quer zur Faserrichtung hingegen positiv. Kohlenstofffasern verkürzen sich also bei Erwärmung. Sie sind spröde und knickempfindlich, weshalb ihre Oberfläche durch ein Epoxidharzgemisch geschützt werden muss. Vorteilhaft sind die guten dynamischen Eigenschaften, das geringe Eigengewicht und die sehr hohe Korrosionsbeständigkeit. Sie zeigen kein nennenswertes Kriechverhalten. Kohlenstoffe sind schwarz und durch den kristallinen Aufbau stets opak. Trotz ihrer guten mechanischen Eigenschaften konnten sich Kohlenstofffasern bis heute nur in Nischenbereichen und der Luft- und Raumfahrt durchsetzen, da sie in der Herstellung sehr teuer sind. Im Bauwesen werden sie beispielsweise für hochbelastete Brückenkabel verwendet (siehe Spezielle Halbzeuge im Ingenieurbau, S. 92f.). In der Natur kommen Kohlenstoffe zwar als Grafit und Diamant in kristalliner Form vor, diese lassen sich jedoch nicht zu Fasern verarbeiten. Daher wird zunächst eine Polymerfaser, meist Polyacrylnitril (PAN), produziert, aus der anschließend durch spezielle Verfahren alle enthaltenen Elemente bis auf den Hauptanteil Kohlenstoff gelöst und entfernt werden (Abb. B 2.9). Dieser Prozess erfolgt durch eine mehrstufige Temperaturbehandlung bei bis zu 3000 °C unter gleichzeitiger Faserstreckung. Durch die Wahl der Prozesstemperatur lassen sich die gewünschten mechanischen Eigenschaften einstellen. Die für das Erhitzen erforderliche Energie ist ein Grund für den hohen Preis der Kohlenstofffasern. Es existieren auch Produktionsverfahren mit Steinkohleteer- oder Erdölpech. Aus einer Schmelze dieser Rohstoffe werden im Spinnverfahren Fasern mit einer hohen axialen Orientierung hergestellt. Die weiteren Arbeitsschritte ähneln dem Verfahren mit PAN-Fasern. Fasern aus Kohlenstoffnanoröhrchen (Carbon nanotubes – CNT) weisen nochmals ein Vielfaches an Zugfestigkeit gegenüber Kohlenstofffasern auf. Die serienmäßige Produktion längerer Fasern steht jedoch noch aus, bislang konnten nur sehr kurze Filamente erfolgreich hergestellt werden. B 2.8 Herstellungsverfahren von Glasfasern B 2.9 Herstellungsverfahren von Kohlenstofffasern B 2.10 verschiedene Kennwerte in Faserrichtung B 2.11 Glasfasern B 2.12 Kohlenstofffasern B 2.13 Aramidfasern Polymerfasern Polymerfasern werden aus Kunststoffen gewonnen und zeigen auch deren typische Eigenschaften: Sie sind dehnbar, neigen jedoch zum Kriechen und können brennen. Durch den Faserherstellungsprozess sind wesentlich höhere mechanische Kennwerte zu erzielen als der jeweilige Kunststoff an sich aufweist. Polymerfasern sind leichter als anorganische Fasern, generell zäher und haben meist einen geringeren E-Modul. Die Festigkeiten liegen in der Regel ebenfalls unter denen der anorganischen Fasern. Polymerfasern sind allgemein stark anisotrop, sie weisen deshalb in Längsrichtung eine wesentlich größere Festigkeit und einen höheren E-Modul auf als in Querrichtung. In der Regel sind Polymerfasern weder witterungsbeständig noch lichtstabil, sie benötigen daher stets einen zusätzlichen Oberflächenschutz. Polymerfasern werden üblicherweise im Schmelzspinnverfahren produziert. Dabei wird der Kunststoff unter Luftausschluss geschmolzen, durch Spinndüsen gepresst und in der Regel durch Abkühlung in der Luft verfestigt. Beim Nassspinnverfahren erfolgt die Verfestigung in einer Flüssigkeit, dem sogenannten Fällbad. Für Faserverbundwerkstoffe werden bis auf Aramid- und Polyethylen-Fasern keine Polymerfasern eingesetzt. Sie dienen hauptsächlich als Grundwerkstoff für den Membranbau, da dort die Biegsam- und Dehnbarkeit der Werkstoffe entscheidend ist. Fasern können nahezu aus jedem thermoplastischen Kunststoff gewonnen werden, neben den im Folgenden beschriebenen unter anderem auch aus Polypropylen (PP; Abb. B 2.19, S. 53), Polyimid (PI) oder Polyacrylnitril (PAN). B 2.11 B 2.12 B 2.13 51
Fasern H2SO4 80 Gew.-% H2SO4 Polymer 20 Gew.-% Mischer Extrusion H2O Verspinnen Fadenwicklung Waschen/Neutralisieren/ Trocknen H2SO4/H2O B 2.14 Aramidfasern ˉ Zugseile, aramidfaserverstärkte Kunststoffe (AFK), Schutzhelme (Abb. B 2.13) Aramidfasern sind sehr leichte Fasern, die aus aromatischen Polyamiden bestehen. Wie bei allen Polymerfasern verhalten sich die Festigkeitseigenschaften stark anisotrop, außerdem ist die Druckfestigkeit der Fasern wesentlich geringer als die Zugfestigkeit. Aramidfasern eignen sich daher sehr gut für Seile oder zugbeanspruchte Faserverbundwerkstoffe, weniger für biege- oder druckbeanspruchte Anwendungen. Nachteilig ist, dass sie zur Feuchteaufnahme neigen und eine relativ geringe UVund Temperaturbeständigkeit besitzen. Anders als bei Glas- und Kohlenstofffasern sind Verbundwerkstoffe aus Aramidfasern schwierig spanend zu bearbeiten, da die zähen Fasern zu einer hohen Werkzeugabnutzung führen. Daher kommen Aramidfasern im Bauwesen selten zum Einsatz. Sie werden aufgrund des geringen Gewichts und der hohen Schlagzähigkeit beispielsweise für Schutzhelme oder -westen verwendet. Wegen ihres speziellen Bruchverhaltens können sie Aufprallenergie absorbieren und so einen Stoß abfedern. Teilweise werden sie auch mit CFK kombiniert, um die Zähigkeit zu erhöhen oder eine Rissausbreitung zu verhindern (siehe Kunststoffaufbereitung, S. 68f.). Im Gegensatz zu anderen Polymerfasern lassen sich Aramidfasern nicht im Schmelzspinnverfahren herstellen, da sie kein deutliches Schmelzverhalten aufweisen. Aromatisches Polyamid wird mittels Säure gelöst und zur Faser versponnen. Anschließend werden die Fasern gewaschen und unter Zugbelastung getrocknet, wobei sich Durchmesser von ca. 12 μm ergeben (Abb. B 2.15). Polyethylenfasern (PE-Fasern) ˉ Seile, polyethylenfaserverstärkte Kunststoffe (Abb. B 2.17) Fasern aus Polyethylen (PE) haben ein sehr geringes Eigengewicht und schwimmen sogar im Wasser. Der Faseraufbau ist wie bei allen Polymerfasern anisotrop, sodass die mechanischen Eigenschaften in Faserrichtung wesentlich höher sind als senkrecht dazu. Die Wärmeausdehnung in Längsrichtung ist negativ, die 52 B 2.15 Druckfestigkeit von PE-Fasern beträgt praktisch null. Daher lässt sich die Faser ausschließlich für zugbeanspruchte Konstruktionen wie z. B. Seile einsetzen. Ähnlich der Aramidfaser ist die Schlagzähigkeit besonders stark ausgeprägt. Wie beim Grundwerkstoff Polyethylen ist auch bei der entsprechenden Faser die Oberflächenhaftung sehr gering. Nur durch eine spezielle Beschichtung können PE-Fasern auch für Verbundwerkstoffe eingesetzt werden. Die Herstellung von hochleistungsfähigen PEFasern erfolgt im Gelspinnverfahren, das der Produktion von Aramidfasern ähnelt. Auch hier wird der Kunststoff zunächst in einem Lösungsmittel gespalten, danach wird die Lösung durch eine Düse gepresst und im Wasserbad gekühlt, dann gestreckt, getrocknet und anschließend versponnen. Polyamidfasern (PA-Fasern) ˉ Bekleidung, Sportartikel Polyamidfasern, bekannt als Nylon, zeichnen sich unter den Polymerfasern durch hohe Festigkeit, Steifigkeit und Zähigkeit aus. Diese Werte sind abhängig vom kristallinen Gefüge und dem Wassergehalt der Polyamide. Besonders zu Beginn des Membranbaus wurden Gewebe mit Polyamidfasern eingesetzt. Nachteilig ist hier jedoch die große Dehnung des Materials bei Aufnahme von Feuchtigkeit und der damit einhergehende Abfall der Vorspannung. Bei starker Erwärmung schrumpfen Polyamidfasern. Sie weisen eine hohe Chemikalienbeständigkeit auf, die UV-Beständigkeit ist jedoch vergleichsweise gering. Aufgrund der Flexibilität und Leichtigkeit der Faser werden Polyamidgewebe heute vor allem in der Bekleidungsindustrie, für Campingzelte, Spinnaker im Segelbau sowie Fall- und Gleitschirme eingesetzt. Die Fasern werden im Schmelzspinnverfahren hergestellt und können bereits in der Spinndüse gefärbt oder als rohweißes, färbbares Material weiterverarbeitet werden. Polyethylenterephthalatfasern (PET-Fasern), »Polyesterfasern« ˉ Polyestermembran, Gurte, Seile, Nähfäden (Abb. B 2.18) Fasern aus Polyethylenterephthalat (PET) sind B 2.16 neben den Glasfasern die wichtigsten Ausgangsstoffe für textile Membranen. Die mechanischen Eigenschaften dieser organischen Synthesefasern werden maßgeblich durch den teilkristallinen Strukturaufbau bestimmt. Die Fasern weisen eine hohe Flexibilität sowie Druck- und Zugfestigkeit auf, die UV-Stabilität hingegen ist sehr gering. Daher kommen Polyestermembranen nur mit Beschichtungen (z. B. aus PVC) zum Einsatz. Aufgrund ihrer Flexibilität und Knickbeständigkeit werden sie oft für Seile, Gurte oder Nähfäden verwendet. Als Gewebe dienen sie Im Membranbau wegen dieser Eigenschaften häufig auch für temporäre und wandelbare Konstruktionen. Die Fasern werden aus Polyethylenterephtalat im Schmelzspinnverfahren gewonnen. Das rohweiße Material lässt sich mit Dispersionsfarben einfärben (siehe Farben, S. 58f.). Unter Polyester fallen verschiedene thermoplastische Kunststoffe, von denen PET das gebräuchlichste Grundmaterial für die Produktion von Fasern ist, weshalb PET-Fasern von den Herstellern vereinfachend als Polyesterfasern bezeichnet werden. Von vielen Herstellern im Membranbau wird auch die Abkürzung PES verwendet, die jedoch werkstoffwissenschaftlich nicht korrekt ist, da sie bereits für den thermoplastischen Kunststoff Polyethersulfon steht. Fasern aus aromatischen Polyestern Ähnlich dem Aramid (Sonderform des Polyamid) können auch Polyester mit aromatischen Ringen versehen werden (Vectran). Die daraus resultierenden Fasern haben eine hohe Schlagzähigkeit und ein geringes Eigengewicht. Sie werden beispielsweise in Kombination mit Kohlenstofffasern für faserverstärkte Kunststoffe in der Luft- und Raumfahrt eingesetzt. Polytetrafluorethylenfasern (PTFE-Fasern) ˉ PTFE-Membran, Nähfäden (Abb. B 2.16) Im Vergleich zu den anderen Polymerfasern sind die Festigkeiten von PolytetrafluorethylenFasern etwas geringer. Die Weiterreißfestigkeit von PTFE-Geweben ist vergleichsweise hoch, d. h. reißt eine PTFE-Membran ein, wird das vollständige Durchreißen besser gestoppt als
Fasern B 2.17 B 2.18 bei anderen Faserarten. Unter konstant hoher Belastung neigen PTFE-Fasern stark zum Kriechen. Vorteilhaft sind dagegen ihre hohe Flexibilität und Knickbeständigkeit. Im Membranbau werden PTFE-Gewebe daher gerne für wandelbare Überdachungen eingesetzt. Sie sind dauerhaft chemisch beständig und werden als schwer entflammbar eingestuft. Aufgrund der guten UV-Stabilität und der selbstreinigenden (antiadhäsiven) Oberfläche kommen PTFE-Gewebe im Membranbau auch unbeschichtet zur Anwendung. Für den Bereich der Architektur ist auch ihre hohe Lichtdurchlässigkeit von bis zu 40 % von Bedeutung. Aufgrund ihrer hohen Schmelzviskosität lassen sich PTFE-Fasern nicht im Schmelzspinnverfahren herstellen, wegen der Beständigkeit gegenüber Lösungsmitteln ist dazu auch das Nassspinnverfahren ungeeignet. Daher wurden spezielle Matrix- und Extrusionsspinnmethoden entwickelt, bei denen die extrudierten Fasern höhere Festigkeiten und geringere Schwindmaße erreichen. Insbesondere Hanf- und Flachsfasern zeichnen sich durch gute mechanische Eigenschaften aus, die allerdings unter denen von Glasfasern liegen. Sie sind jedoch biegeelastischer und zäher; Verbundwerkstoffe mit Naturfaserverstärkung brechen daher ohne Splitter und scharfe Kanten (siehe Naturfaserverstärkte Kunststoffe, S. 60f.). Bedingt durch ihr geringes Eigengewicht, lassen sich mit Naturfasern leichte Bauteile realisieren. Ihre Hohlfaserstruktur (Abb. B 2.14) ermöglicht zudem eine zusätzliche Schalldämmung, ist auch für die verstärkte Wasseraufnahme verantwortlich. Werden die Fasern vor der Verarbeitung nicht getrocknet, kann es nach Verdunstung des Wassers zu Fehlstellen im Faserverbund kommen. Außerdem sind Naturfasern nicht dauerhaft witterungsbeständig und können durch Mikroben zersetzt werden. Ihre Herstellung und Verarbeitung erfordert weniger Energie als die von vergleichbaren Produkten aus Glasfasern. Pflanzliche Fasern sind als Endprodukt zudem kostengünstiger. Bauteile mit Naturfaserverstärkung können, den Naturfaseranteil betreffend, CO2-neutral entsorgt werden. Der Querschnitt von Naturfasern ist, über die Faserlänge betrachtet, veränderlich und beträgt je nach Faser zwischen 20 und 500 μm. Die Oberfläche der Fasern ist rau und uneben, was bei einer Weiterverarbeitung einen guten Verbund mit dem umgebenden Kunststoff ermöglicht. Naturfasern haben im Vergleich zu synthetischen Fasern eine endliche Länge. Sie werden entweder zu Vliesen und Matten verarbeitet oder zu Garnen gedreht, die als Grundlage für die Herstellung von Geweben dienen. Die Werkzeugabnutzung bei der spanenden Verarbeitung ist nicht so hoch wie bei Glasoder Polymerfasern. Die thermische Stabilität der Naturfaser ist im Vergleich zur Glasfaser gering. Ein Festigkeitsverlust ist bereits ab einer thermischen Dauerbeanspruchung von 180 °C gegeben, ab einer Temperatur von 200 bis 250 °C zerfallen Naturfasern. Da unter Brandeinwirkung von Naturfasern eine Dochtwirkung ausgeht, müssen entsprechende Flammschutzmittel zugefügt werden. B 2.19 B 2.21 B 2.20 Naturfasern ˉ naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK), Schüttmaterial für Dämmungen (Abb. B 2.20) Wegen ihrer großen Streuung der mechanischen Eigenschaften und der Feuchteempfindlichkeit spielen Naturfasern im Bauwesen bisher eine untergeordnete Rolle. Da der Wachstumsprozess nur bedingt steuerbar ist, variieren Faserdurchmesser und Zugfestigkeit der Naturfasern. Künftig ist jedoch aus ökologischer Hinsicht mit einem verstärkten Einsatz zu rechnen. Das ehemals für Faserzement gebräuchliche Asbest ist wegen der krebserregenden Wirkung in der EU verboten und spielt demnach keine Rolle mehr. Grundsätzlich unterteilt man Naturfasern in • mineralische Fasern (z. B. Asbest), • Fasern tierischen Ursprungs (z. B. Seide) • pflanzliche Naturfasern (z. B. Flachs) Für das Bauwesen relevant sind jedoch nur die pflanzlichen Fasern, auf die im Folgenden eingegangen wird. Metallfasern ˉ Faserbeton, Drahtgewebe, Seile (Abb. B 2.21) Metallfasern sind in Kombination mit Kunststoffen oder als Membran nur dann interessant, wenn eine elektrische Abschirmung gefordert ist oder eine hohe Duktilität gewünscht wird. Im Flugzeugbau beispielsweise dienen Aluminiumfasern der Verstärkung von Kunststoffen. Durch ihren relativ großen Durchmesser und die glatte Oberfläche eignen sich Metallfasern in der Regel nicht für eine Kombination mit Kunststoffen, da kein ausreichender Verbund der Komponenten entsteht. Außerdem sind die meisten Metalle korrosionsempfindlich. Im Bauwesen werden Metallfasern vor allem für Faserbeton verwendet, wo sie zur Minimierung der Rissbreiten beitragen. Die Fasern erhalten dabei einen veränderlichen Querschnitt oder Einkerbungen. Diese Profilierung verbessert die Verbundeigenschaften der eigentlich glatten Oberfläche. Metalldrähte und Seile Eine wesentlich größere Rolle im Bauwesen spielen Metalldrähte bzw. Seile. Zur Produktion von Seilen werden einzelne Drähte zu größeren Querschnitten gebündelt (verseilt). Stahl hat einen hohen E-Modul, daher sind Stahlseile vergleichsweise steif. Durch die Hohlräume, die bei der Verseilung entstehen, sind sie jedoch besonders korrosionsgefährdet. Daher sollten Drähte und Seile entweder aus Edelstahl gefertigt oder dauerhaft geschützt werden. Drahtgitter oder Drahtgeflechte finden Verwendung als Absturzsicherung, Insektenschutz oder für Absperrungen. Wegen der hohen Duktilität sind Metalldrähte zum Abfangen von Aufpralllasten gut geeignet. B 2.14 B 2.15 B 2.16 B 2.17 B 2.18 B 2.19 B 2.20 B 2.21 Hohlfaserstruktur einer Naturfaser (Bastfaser) Herstellungsverfahren von Aramidfasern Nähfäden aus Fluorpolymerfasern (PTFE-Faser) Seil aus Polyethylenfasern (PE-Faser) Seil aus Polyesterfasern (PET-Faser) Seil aus Polypropylenfasern-Fasern (PP-Faser) Seil aus Hanffasern Stahlseil 53
Klebstoffe und Beschichtungen B 3.1 Ein Großteil der heute gebräuchlichen Klebund Beschichtungsstoffe basiert auf Polymeren, sie spielen also nicht nur bei Kunststoffbauteilen eine wesentliche Rolle. So besteht z. B. der Korrosionsschutz von Stahlträgern genauso aus Kunststoff wie die Klebefugen tragender Glaskonstruktionen. Klebstoffe und Beschichtungen basieren auf unterschiedlichen Kunststoffen, deren chemischer Aufbau meist so angepasst wird, dass eine einfache Verarbeitung und eine gute Oberflächenhaftung sichergestellt werden. Die Materialien sind meist in dünnen Schichten aufzubringen, die chemische Vernetzungsreaktion (Härtung) findet erst im Rahmen der Applikation statt. Aus diesem Grund werden zahlreiche Klebstoffe und Beschichtungen als zweikomponentige Systeme verarbeitet, die bei der Vermischung miteinander reagieren. Klebstoffe Mit Verklebungen lassen sich sehr tragfähige und langlebige Verbindungen realisieren. Besonders zur Fügung von Kunststoffhalbzeugen ist das Kleben eine häufig eingesetzte Verbindungstechnik. Die im Holz- oder Stahlbau üblichen stiftförmigen Verbindungsmittel führen zu unbefriedigenden Ergebnissen, da viele Kunststoffe, vor allem faserverstärkte, spröde sind (siehe Verbindungsmittel, S. 161ff.). Ein Verschweißen von Kunststoffen ist nur bei Thermo- plasten möglich, diese Verbindungstechnik spielt jedoch lediglich im Membranbau eine Rolle (siehe Schweißen, S. 106f.). Grundlagen der Klebetechnik Der Untergrund bzw. die Bauteiloberfläche, auf die geklebt wird, wird als Substrat bezeichnet. Für ein gutes Resultat der Verklebung sollten die Oberflächen im Vorfeld entfettet, aufgeraut und gereinigt werden. Vor dem Auftrag des Klebstoffs ist bei einigen Systemen eine Vorbehandlung mit einem Haftvermittler (Primer) notwendig, der die Verbindung des Klebstoffs mit dem Substrat verbessert. Der Primer kann aus dem identischen Material wie der Klebstoff bestehen, besitzt zur besseren Reaktivität jedoch einen geringeren Füllstoffgehalt. Klebstoffe haben meist eine begrenzte Verarbeitungszeit zwischen Anmischung und Verfestigung (Härtung), die sogenannte Topfzeit, was Arbeiten an größeren Klebefugen aufwendig macht. Bei einigen Systemen wird die Härtung jedoch extern, z. B. über UV-Strahlung gesteuert. Tragwirkung Hinsichtlich der Anwendung unterscheidet man zwischen tragenden und nicht tragenden Klebeverbindungen. Letztere dienen ausschließlich der Lagesicherung, die Tragfähigkeit muss nicht rechnerisch nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich z. B. um die Fixierung von Dichtungsbahnen oder Fußbodenbelägen. Tragenden Verbindungen hingegen werden Reaktionsklebstoffe (chemisch abbindend) B 3.1 B 3.2 B 3.3 B 3.4 Lackierung auf glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) Auswahl für das Bauwesen relevanter Klebstoffe Verträglichkeit von Klebstoff und Substrat Witterungsbeständigkeit von Klebstoffen bei Verklebung von Glas und GFK (Fugendicke 2 mm) anhand eines Versuchs mit künstlicher Bewitterung physikalisch abbindende Klebstoffe Acrylatklebstoffe Polyurethanklebstoffe Epoxidharzklebstoffe Silikonklebstoffe • Cyanacrylatklebstoffe • strahlungshärtende Klebstoffe • Methacrylatklebstoffe • thermoplastische PUR-Klebstoffe • duroplastische PUR-Klebstoffe • Epoxidharzklebstoffe • zähe Epoxidharzklebstoffe • Epoxidharzmörtel • Polymerbeton • 1-KomponentenSilikonklebstoffe • 2-KomponentenSilikonklebstoffe • Schmelzklebstoffe • Dispersions- / Lösungsmittelklebstoffe • Lösungsmittel B 3.2 54
Klebstoffe und Beschichtungen Kleben von Kunststoffen PVC-U PVC-P PVC-U 2, 3, 4, 6, 7, 8 PP PVC-P 6, 7 6 PP 3, 7 7 3, 7 PS 2, 3, 4, 6, 7, 8 6 3, 7 PS Polystyrolschaum (EPS, XPS) PC PET PMMA 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 Polystyrolschaum (EPS, XPS) 1, 6, 7, 8 7 7 1, 6, 7, 8 1, 6, 7, 8 PC 2, 3, 4, 6, 7, 8 6 3, 7 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 1, 6, 7, 8 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 PET 2, 3, 4, 6, 7, 8 6 3, 7 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 1, 6, 7, 8 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 PMMA 2, 3, 4, 6, 7, 8 6 3, 7 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 1, 6, 7, 8 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 6 3, 7 2, 3, 4, 6, 7, 8 1, 6, 7, 8 2, 3, 4, 6, 7, 8 2, 3, 4, 6, 7, 8 2, 3, 4, 6, 7, 8 PUR 2, 3, 4, 6, 7, 8 1 Lösungsmittelklebstoffe (Alleskleber): Verträglichkeit mit Lösungsmittel ist zu klären 2 Zwei-Komponenten-Klebstoffe PUR 3 Cyanacrylatklebstoff (Sekundenkleber) 4 Silikon 5 Lösungsmittel 6 Kunststoffklebstoffe 7 doppelseitige Klebebänder 8 Montageklebstoffe 2, 3, 4, 6, 7, 8 fett: zu bevorzugen B 3.3 planmäßige Lasten zugeordnet. Diese konstruktiven Verklebungen müssen Kräfte aus der primären Lastabtragung übernehmen, die Tragfähigkeit ist bei ihrer Dimensionierung rechnerisch nachzuweisen. Damit wird die Zuverlässigkeit der Verklebung zum sicherheitsrelevanten Parameter. Es ist daher besonderer Wert auf eine klebegerechte Konstruktion und zuverlässige Ausführung zu legen, da sich die Qualität der Verklebung im Nachhinein nicht kontrollieren lässt. Auswahl des Klebstoffs Bei der Wahl des Klebstoffs sind folgende Parameter zu berücksichtigen: • Verträglichkeit des Klebstoffs mit dem Untergrundmaterial (Substrat) (Abb. B 3.3) • Verbund des Klebstoffs mit den Oberflächen des Substrats • aufnehmbare Spannungen des Klebstoffs • Witterungsbeständigkeit und Langzeitverhalten • Elastizität des Klebstoffs charakteristische Zugfestigkeit [N/mm² ] Man unterscheidet Reaktionsklebstoffe, die bei der Verarbeitung durch eine chemische Reaktion (Vernetzung) erhärten und physikalisch abbindende Klebstoffe, die lediglich ihren Aggregatzustand ändern. Höhere Festigkeiten werden in der Regel mit den Reaktionsklebstoffen erreicht, wozu unter anderem Acrylat-, Polyurethan- und Epoxidharzklebstoffe zählen (Abb. B 3.2). Bei den physikalisch abbinden- den Klebstoffen hingegen findet keine chemische Reaktion mit der Substratoberfläche statt, es wirken lediglich physikalische Anziehungskräfte. Wegen der häufig verwendeten Lösungsmittel sollte vor einer Verklebung die Verträglichkeit des Kunststoffs mit dem Klebstoff geprüft werden, um eine Schädigung des Materials auszuschließen. Entsprechende Hinweise sind auf den Klebstoffgebinden angegeben. Andere Substrate wie Stahl oder Beton werden durch den Klebstoff nicht angegriffen, dort ist jedoch die vorhandene Oberflächenrauigkeit für die Auswahl des Klebstoffs entscheidend. Neben der Steifigkeit des Klebstoffs im erhärteten Zustand spielt auch die Konsistenz während der Verarbeitung eine entscheidende Rolle. Ebene Oberflächen (Metalle, unverstärkte Kunststoffe) können mit dünnflüssigen Klebstoffen verarbeitet werden, wohingegen Substrate mit unregelmäßiger Oberfläche (Beton, faserverstärkte Kunststoffe) einen zähfüssigen Klebstoff erfordern. Diese vorhandenen Toleranzen müssen durch eine dickere Klebefuge ausgeglichen werden. Witterungsbeständigkeit Versuchsmessungen an Verklebungen zwischen Glas und GFK (Abb. B 3.5, S. 56) zeigen eine hervorragende Witterungsbeständigkeit von Silikonklebstoffen, die Ergebnisse für Epoxidharzklebstoffe werden als gut, Verklebungen mit Acrylatklebstoffen jedoch als nicht zufriedenstellend (Abb. B 3.4) eingestuft. Polyur- 6,0 Silikonklebstoff (2-K) Epoxidharzklebstoff (2-K) 17 000 h natürliche Bewitterung 5,0 Acrylatklebstoff (2-K) 4,0 3,0 10 000 h natürliche Bewitterung 2,0 17000 h natürliche Bewitterung 1,0 0,0 0 500 1000 1500 2000 2500 Dauer der künstlichen Bewitterung [h] B 3.4 ethanklebstoffe sind in der Regel nicht UV-resistent und damit für Außenanwendungen ungeeignet. [1] Die Ermittlung der Witterungsbeständigkeit von Klebstoffen findet meist in Klimaschränken statt, wo durch starke UV-Strahlung, Feuchtigkeits- und Temperaturwechsel eine beschleunigte Alterung simuliert wird, gegebenenfalls auch über Sprühnebeltests. Vergleicht man die Ergebnisse aus künstlicher, beschleunigter Bewitterung mit dem natürlichen Alterungsverhalten, zeigen die einzelnen Klebstoffe jedoch sehr unterschiedliche Verhaltensweisen. Versuche mit künstlicher Bewitterung können daher nur eine Tendenz zur Langlebigkeit der Verklebung liefern, da die tatsächlich auftretende UVBelastung sowie Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen und deren Interaktionen nur schwer im Laborversuch abzubilden sind. Auf der anderen Seite sind aus zeitlichen Gründen in der Planungsphase keine mehrjährigen Bewitterungsversuche durchführbar, weshalb man in der Praxis auf die Ergebnisse der Laborversuche zurückgreifen muss (siehe Künstliche Bewitterung, S. 156). Acrylatklebstoffe (Polymerisationsklebstoffe) Bei den Acrylatklebstoffen findet während der Verarbeitung eine chemische Vernetzung (Polymerbildung, S. 31) ähnlich der Herstellung thermoplastischer Kunststoffe statt. Der Reaktionsprozess wird durch Katalysatoren wie Feuchtigkeit, Sauerstoff oder durch Strahlung (z. B. UV-Licht) initiiert. Nach Erhärtung entsprechen die Eigenschaften des Klebstoffs denen eines thermoplastischen Kunststoffs. Acrylatklebstoffe sind transparent (Abb. B 3.8, S. 57), können jedoch unter UV-Einwirkung vergilben. Ihre Alterungsbeständigkeit ist abhängig von Produkt und Dicke der Klebefuge. Acrylatklebstoffe werden meist einkomponentig verarbeitet, es existieren jedoch auch Verarbeitungsformen mit zwei Komponenten. Cyanacrylatklebstoffe (1-K) Auch als Sekundenkleber bekannt, eignen sich Cyanacrylatklebstoffe vor allem für steife und sehr dünne Klebefugen (z. B. bei der Verbindung von zwei Stahlbauteilen oder der Fügung zweier identischer Kunststoffe). Die steife Ver- 55
Klebstoffe und Beschichtungen B 3.5 B 3.6 B 3.7 B 3.8 B 3.9 Probekörper mit verschiedenen Klebstoffen bei einer Verklebung von Glas auf GFK Zweikammer-Klebstoffkartusche mit Mischrohr und Pistole Epoxidharzklebstoff Acrylatklebstoff Silikonklebstoff B 3.5 klebung kommt jedoch weniger für die Verbindung unterschiedlicher Materialien infrage, da hohe Zwängungen aus unterschiedlicher Temperaturdehnung entstehen würden. Die Vernetzung (Härtung) erfolgt während der Verarbeitung unter Einwirkung bestimmter Einflussfaktoren, vor allem der Luftfeuchtigkeit. Ideal ist eine relative Feuchtigkeit zwischen 30 und 70 %. Ein zu hoher Wert oder der Kontakt mit Wasser führen zu einer schlagartigen Härtungsreaktion mit geringer Festigkeit. Da die benötigte Luftfeuchtigkeit über die Oberfläche eindringt, sollten die Klebschichtdicken 0,2 mm nicht überschreiten. Cyanacrylatklebstoffe müssen wegen der katalytischen Wirkung von Feuchtigkeit in vollständiger Trockenheit aufbewahrt werden. Aufgrund der verwendeten Stabilisatoren sind keine Verklebungen auf saurem Milieu möglich bzw. nur mit großer Verzögerung durchführbar, da der Klebstoff nur sehr langsam aushärtet. Die maximalen Gebrauchstemperaturen sind mit 70 – 80 °C für lange und 100 –110 °C für kurze Einwirkungszeiten relativ gering. Durch die niedrige Viskosität ist eine vollflächige Benetzung der Klebefläche problemlos möglich. Verglichen mit anderen Klebstoffen härten Cyanacrylatklebstoffe sehr schnell aus. Sie sind ausgesprochen gut zum Verkleben von vielen Thermoplasten und Elastomeren wie PS, SBR, NBR, PMMA, PC und MF geeignet, mit Einschränkung auch für andere Werkstoffe wie EP, PF, PSU, PET und PVC-HD. Für unpolare Thermoplaste (PE, PP) ist eine vorherige Oberflächenbehandlung mit einem Primer erforderlich, da die Molekülstruktur des Substrats keine ausreichende Verknüpfungsmöglichkeit für den Klebstoff bietet. Strahlungshärtende Klebstoffe (1-K) Bei strahlungs- bzw. fotoinitiiert härtenden Klebstoffen lässt sich der Zeitpunkt der Reaktion besser beeinflussen als bei anderen Polymerisationsklebstoffen. Dies kann dann wichtig sein, wenn mit dem flüssigen Klebstoff erst längere Formgebungsarbeiten erforderlich sind. Bei großflächiger Verklebung, z. B. von Glasscheiben, ist eine ausreichende Bearbeitungszeit für Klebstoffauftrag und das Justieren der Bauteile vorteilhaft. Strahlungshärtende Kleb- 56 stoffe härten rasch unter Einwirkung hochenergetischer Strahlung, meist künstlichem UVLicht (seltener Elektronenstrahler oder sichtbares Licht). Klebstoff und Substrat müssen jedoch für die notwendige Strahlung zugänglich bzw. für UV-Licht transparent sein. Methacrylatklebstoffe (2-K) Methacrylatklebstoffe härten durch die Reaktion zweier Komponenten. Dabei ist das Mischungsverhältnis relativ variabel, ohne dass sich die späteren Eigenschaften des Klebstoffs wesentlich verändern. Die Härtung dauert mindestens eine Stunde und damit deutlich länger als bei den einkomponentigen Acrylatklebstoffen. Die Klebstoffe sind meist in Kartuschen mit zwei Kammern erhältlich (Abb. B 3.6). Beide Komponenten werden dabei mit einer Klebepistole ausgedrückt, in einem Mischrohr vermengt und so direkt auf die Klebefläche aufgebracht. Durch die getrennte Lagerung der Komponenten sind Methacrylatklebstoffe länger haltbar als einkomponentige Acrylatklebstoffe. Sie können im Gegensatz zu anderen Acrylatklebstoffen bei der Verarbeitung vergleichsweise zäh eingestellt werden, sodass Schichtstärken bis 3 mm möglich sind. Polyurethanklebstoffe (1-K, 2-K) Polyurethanklebstoffe sind sehr vielseitige Klebstoffe mit hohen Festigkeiten. Sie haften auf den meisten Oberflächen und werden häufig zur Verklebung flexibler Materialien wie z. B. Bodenbelägen eingesetzt. Polyurethanklebstoffe sind widerstandsfähig gegen Witterung und chemische Einflüsse, jedoch nicht dauerhaft UV-beständig. Im Gegensatz zu Acrylatklebstoffen basieren sie auf der Polyaddition von Molekülen (siehe Polymerbildung, S. 31). Je nach Aufbau im erhärteten Zustand werden sie in thermoplastische oder duroplastische Kunststoffe mit entsprechend variierbaren Eigenschaften unterschieden. Einkomponentige Systeme erhärten bei einer Umgebungsfeuchte ab 40 %. Dazu müssen die Substrate auch entsprechend feuchtigkeitsdurchlässig sein. Der Klebstoff sollte daher absolut trocken gelagert werden, um eine Härtung vor der eigentlichen Anwendung zu vermeiden. Es gibt auch einkomponentige Systeme, die B 3.6 unter Einfluss hoher Temperaturen reagieren. Bei den zweikomponentigen Systemen ist im Gegensatz zu den Methacrylatklebstoffen die exakte Einhaltung des Mischungsverhältnisses entscheidend. Bei abweichender Zusammensetzung können Anteile einer Komponente nicht reagieren und beeinflussen die Festigkeit der Verklebung negativ. Neben diesen Systemen existieren auch lösungsmittelhaltige Polyurethanklebstoffe, bei der Applikation muss dieses Lösungsmittel aber entweichen können. Epoxidharzklebstoffe (2-K) Epoxidharzklebstoffe sind steife und hochfeste Klebstoffe, die insbesondere bei konstruktiven Verklebungen, z. B. zwischen Stahl und Beton oder für faserverstärkte Kunststoffe verwendet werden (Abb. B 3.7). Sie sind für raue Oberflächen geeignet und damit relativ vielseitig einsetzbar. Wie Polyurethanklebstoffe härten auch diese Klebstoffe durch eine Polyadditionsreaktion. Der erhärtete Klebstoff ist ein Duroplast und besitzt entsprechende Eigenschaften wie hohe Festigkeit, hohen E-Modul und ein sprödes Bruchverhalten. Durch Zugabe grobkörniger Füllstoffe können Klebefugen auch mit Dicken von mehreren Zentimetern realisiert werden. Epoxidharzklebstoff wird fast ausschließlich als zweikomponentiges System verarbeitet, wobei auch hier das Mischungsverhältnis der Bestandteile exakt einzuhalten ist. Meist werden kalt härtende Systeme eingesetzt, eine Wärmenachbehandlung (Tempern) kann die mechanischen Eigenschaften jedoch wesentlich verbessern. Ausgehärteter Epoxidharzklebstoff ist sehr steif, die Neigung zum Kriechen ist vergleichsweise gering. Durch Zugabe von thermoplastischen oder elastomeren Komponenten können zähharte Epoxidharzklebstoffe mit weniger sprödem Bruchverhalten hergestellt werden. Epoxidharzmörtel und Polymerbeton Epoxidharzklebstoffe werden häufig mit nicht reaktiven Füllstoffen vermengt. Im Bauwesen sind Mörtel- oder Betonmischungen mit einem hohen Anteil an Quarzsand üblich, um die Materialkosten zu senken und durch die zähere Konsistenz die Verarbeitung zu vereinfachen. Bei Polymerbeton beträgt der Massenanteil des
Klebstoffe und Beschichtungen B 3.7 Epoxidharzklebstoffs dabei typischerweise 10 %, bei Epoxidharzmörtel 50 %, dies entspricht Volumenanteilen zwischen 20 und 80 %. Wie der Epoxidharzklebstoff selbst sind auch diese Formmassen sehr steif und versagen spröde, die Festigkeiten variieren dabei in Abhängigkeit des Harzanteils. Wegen des Füllstoffgehalts ist die Oberflächenhaftung geringer als bei reinem Epoxidharzklebstoff. Epoxidharzmörtel wird zum Beispiel zur Verklebung von Kohlefaserlamellen (CFK-Lamellen) auf Betonbauteile verwendet (siehe Instandsetzung mit CFK-Lamellen, S. 92f.). Silikonklebstoffe (1-K) Silikonklebstoff (Abb. B 3.9) ist ein robuster und dauerhafter Klebstoff. Trotz der eher geringen Festigkeit und eines niedrigen E-Moduls eignen sich Silikonklebstoffe aufgrund ihrer Zuverlässigkeit für tragende Verbindungen, wie das Structural Glazing. Sie verfügen über eine sehr gute Witterungs- und Temperaturbeständigkeit und sind quasi nicht brennbar. Silikonverklebungen sind verformbar und duktil, damit können Zwängungen ausgeglichen werden, ein plötzlicher Sprödbruch ist ausgeschlossen. Dies ist besonders vorteilhaft, wenn Werkstoffe mit unterschiedlichem Wärmeausdehnungsverhalten wie z. B. Aluminium und Glas verklebt werden sollen. Andererseits sind aus diesem Grund hochtragfähige schubsteife Verbindungen nicht realisierbar. In ihrem chemischen Aufbau entsprechen Silikonklebstoffe dem elastomeren Silikonkautschuk (siehe Silikonkautschuk, S. 45). Sie werden in der Regel als Einkomponenten-Systeme verarbeitet. Dabei erfolgt der Abbindevorgang (Vulkanisation) bei Raumtemperatur unter der Einwirkung von Luftfeuchtigkeit. Der Härtungsprozess ist im Vergleich zu anderen Klebstoffen sehr langsam, unter Normklima kann die Härtungsreaktion mehrere Tage dauern. Aufgrund der häufig verwendeten sauren Vernetzer entsteht bei der Verarbeitung Essigsäure, was zu einem auffälligen Geruch führt. Ist nicht ausreichend Luftfeuchtigkeit verfügbar oder sind die Klebschichten zu dick, werden Zweikomponenten-Systeme verwendet. Silikon ist bei der Verarbeitung zähflüssig und eignet sich neben Verklebungen auch sehr gut für die dau- B 3.8 erhafte Abdichtung von Fugen. Es sind außerdem spezielle Silikonklebstoffe mit erhöhter Wärmeleitfähigkeit verfügbar, dies wird z. B. durch beigemischte Metallpartikel erreicht. Physikalisch abbindende Klebstoffe Im Gegensatz zu den chemisch abbindenden Klebstoffen (Reaktionsklebstoffen) findet bei der Verarbeitung dieser Klebstoffgruppe keine Vernetzungsreaktion statt, sondern nur eine physikalische Verbindung. Die erzielbaren Festigkeiten liegen daher meist unter denen der Reaktionsklebstoffe. Wegen der einfacheren Handhabung werden sie jedoch häufig für nicht tragende Klebefugen eingesetzt. Die Wirkungsmechanismen können dabei sehr unterschiedlich sein: • Schmelzklebstoffe werden erhitzt verarbeitet und erhärten nach Abkühlung. • Dispersions- oder Lösungsmittelklebstoffe bestehen aus Polymeren, die in Wasser bzw. Lösungsmitteln gelöst sind und nach der Verflüchtigung des Wassers bzw. Lösungsmittels aushärten. Die als »Alleskleber« bekannten Klebstoffe erreichen jedoch nur geringe Festigkeiten. Außerdem ist auf eine Verträglichkeit des Lösungsmittels mit dem zu verklebenden Kunststoff (vor allem bei Schaumstoffen) zu achten. • Beim »Kaltschweißen« werden die Oberflächen der zu verklebenden Bauteile durch Lösungsmittel erweicht und aneinandergepresst. Nach der Verflüchtigung des Lösungsmittels entsteht eine dauerhafte Verbindung. Beschichtungsstoffe Die Mehrzahl der industriell eingesetzten Beschichtungsstoffe basiert auf Kunststoffen, da sie sich gut verarbeiten lassen und eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Umwelteinwirkungen haben. Beschichtungsstoffe bestehen häufig aus drei Komponenten: • Farbpigmente bzw. Farbstoffe • Bindemittel zum Oberflächenschutz und Fixierung • Lösungsmittel (verflüchtigt sich nach der Bearbeitung) B 3.9 Kunststoffe selbst benötigen in der Regel keinen Oberflächenschutz. Der Werkstoff kann in Verbindung mit den eingebrachten Füllstoffen die technischen und optischen Anforderungen meist ohne weitere Beschichtungen erfüllen. Bei der Herstellung von verstärkten Kunststoffen wird an der Oberfläche meist eine Schicht aus reinem Kunststoff aufgebracht (Gelcoat bzw. Reinharzschicht), sodass die Fasern geschützt werden (siehe Oberfläche, S. 78). Aus gestalterischen Gründen werden in einigen Fällen auch bei Kunststoffen zusätzlich Farben oder Lackierungen eingesetzt. Um eine größeren Oberflächenrauheit zu erzielen, z. B. bei Bodenbelägen, werden Kunststoffe oft nachträglich mit grobkörnigem Material beschichtet. Einteilung der Beschichtungsstoffe Beschichtungsstoffe werden in der Regel nach dem enthaltenen Bindemittel eingeteilt und beispielsweise als Acryllacke oder Silikonharzfarben bezeichnet. Da aber meist nicht nur ein einziger Werkstoff, sondern komplexe Beschichtungssysteme aus mehreren Komponenten zur Anwendung kommen, werden im Folgenden die Beschichtungen in Abhängigkeit der Anwendung bzw. ihrer Funktion beschrieben. Die jeweiligen Grundstoffe für die einzelnen Beschichtungssysteme sind dabei teilweise identisch. Farben und Lacke unterscheiden sich beispielsweise nur durch ihren Bindemittelgehalt, bestehen aber grundsätzlich aus den gleichen Komponenten. Farben haben einen höheren Anteil an Pigmenten und sind nach dem Auftrag in der Regel diffusionsoffen. Lacke hingegen verfügen über einen höheren Bindemittelgehalt, die Oberflächen sind vergleichsweise wasserdampf- und gasundurchlässig. Beschichtungen mit Schutzfunktion Neben Gestaltungsaspekten dienen Beschichtungen dem Schutz von Oberflächen korrosionsempfindlicher Materialien wie Metallen, Stahlbeton oder Fasern vor dem Angriff durch Wasser, UV-Strahlung, Kohlendioxid, gelösten Tausalzen oder Benzin. Korrosionsschutzsysteme im Stahlbau Stahl wird entweder durch einen Zinküberzug (z. B. Feuerverzinkung), eine Kunststoffbe- 57
Ausgleichsschicht Spachtelmasse, z. B. ungesättigtes Polyesterharz (UP), Anwendung nur punktuell Haftvermittler (Primer) zweikomponentige Polyurethansysteme Füller oder Vorlack ungesättigtes Polyesterharz (UP), Acrylate, Epoxidharz (EP) Deckschicht Basislack Überzugslack Celluloseacetobutyrate (CAB) mit Polyestern und Acrylaten, Polyurethan (PUR) mit Farbpigmenten Acryllack, Alkydlack, Epoxidlack (EP), Polyurethanlack (PUR) B 3.10 B 3.11 schichtung oder eine Kombination beider Verfahren (Duplexbeschichtung) vor Feuchtigkeit geschützt. Bei den meisten Kunststoffbeschichtungen für den Stahlbau erfolgt zunächst eine Grundierung mit einem Korrosionsschutzgrund aus Zinkstaub, für den Schlussanstrich werden Acryl-, Alkyd-, Polyurethan- oder Epoxidlacke verwendet. Bei Dickschichtlacken aus Epoxidharz kann eine Grundierung entfallen, da der Lack meist in mehreren Lagen aufgebracht wird. Er kann daher nicht als wasserdichte Deckschicht eingesetzt werden, lässt sich jedoch in Schichtstärken von mehreren Zentimetern aufbringen. Ein Reaktionsharzdünnbelag (RHD) hat hingegen einen höheren Harzanteil, kann als Oberflächenversiegelung dienen und wird in Schichtstärken von wenigen Millimetern verarbeitet. RHD ist z. B. als Fahrbahnbelag auf Stahlbrücken zugelassen. Da sowohl Polymerbeton als auch RHD-Belag eine schlechte Oberflächenhaftung haben, ist zwischen dem Substrat und dem Belag eine Primerschicht aus ungefülltem Epoxidharz notwendig. Bei der Verwendung von polymeren Bodenbelägen in öffentlichen Gebäuden wie Schulen oder Sportstätten sind emissionsarme Produkte einzusetzen. Beschichtungen aus Kunststoffen können auch Jahre nach dem Einbau gesundheitsschädliche Gase emittieren, daher wird die Menge flüchtiger Bestandteile durch das sogenannte AgBB-Schema für Aufenthaltsräume begrenzt. Oberflächenschutzsysteme im Betonbau Zur Beschichtung von Betonbauteilen werden mehrkomponentige Beschichtungssysteme auf Epoxidharz- oder Polyurethanbasis verwendet. Sie sind undurchlässig für Kohlendioxid sowie Wasser und können auch kleinere Risse überbrücken. Die Beschichtung verzögert die Neutralisierung des schützenden Milieus des Betons (Carbonatisierung) und damit eine Bewehrungskorrosion. So können auch horizontale Betonoberflächen dauerhaft gegen Witterung geschützt werden. Gleichzeitig bewahren die Beschichtungen den Beton auch vor Ölen und Benzin oder verbessern die Oberflächenrauheit, z. B. für Bodenbeläge. Boden- und Fahrbahnbeläge Besondere Anforderungen werden an Beläge von Industrieböden, Parkdecks oder Brücken gestellt. Neben dem Schutz des Untergrundmaterials aus Beton, Stahl oder faserverstärktem Kunststoff muss der Belag eine dauerhaft raue Oberfläche bieten und hohe Belastungen z. B. aus Fahrzeugen aufnehmen können. Im Gegensatz zu Gussasphalt oder einem Betonbelag haben polymere Beschichtungen den Vorteil, dass sie kalt verarbeitet werden, meist eine höhere Tragfähigkeit besitzen und vergleichsweise schnell aushärten. Dies verkürzt Bearbeitungs- und eventuell daraus resultierende Sperrzeiten wesentlich. Die Belagsoberfläche kann je nach Anforderung von sehr glatt bis rau eingestellt werden. Belagsysteme auf Epoxidharz- oder Polyurethanbasis werden mit Quarzsand versetzt, um die Steifigkeit zu erhöhen und gleichzeitig die Kriechneigung zu reduzieren. Polymerbeton hat dabei einen Harzanteil von nur 10 Gew.-%. 58 Verbundwerkstoffe Da Fasern im Allgemeinen nicht korrosionsbeständig sind, werden sie entweder in Kunststoff eingebettet (Faserverbundwerkstoffe) oder mit Kunststoffen beschichtet (textile Membrane). Für textile Membranen verwendete PTFE-Fasern können in Einzelfällen auch unbeschichtet eingesetzt werden, meist sind produktspezifische Beschichtungsverfahren mit PVC oder PTFE gebräuchlich (siehe Streichverfahren, S. 101 und Tauchverfahren, S. 103). Spezielle Beschichtungen können die Oberflächenemissivität von Membranen herabsetzen, dies wird als Low-EWirkung bezeichnet (siehe Selektivität und Low-E-Oberflächen, S. 116). Brandschutzbeschichtungen Brandschutzbeschichtungen basieren auf Dispersionsfarben oder Acrylatharzen, denen Treibmittel beigemischt sind. Bei einer Erwärmung über 200 °C quillt die Beschichtung durch das Treibmittel auf und erreicht eine bis zu 120-fache Dicke. Die aufgeschäumte Beschichtung fungiert dabei als Dämmung zwischen Brandquelle und dem zu schützenden Bauteil. Brandschutzbeschichtungen werden Säurenbeständigkeit Benzinbeständigkeit Spiritusbeständigkeit Kunststoff, Metall, u. a. Alkalibeständigkeit Werkstoff Untergrund (Substrat) Reinigungsfähigkeit Lösungsmittelbeständigkeit Schicht Nassabrieb Klebstoffe und Beschichtungen Farbe, niedriger Bindemittelgehalt (Dispersionsfarbe) - -- -- -- -- -- -- Farbe, hoher Bindemittelgehalt (Latexfarbe) + o -- -- -- -- -- Acryllack, wässrig ++ o -- -- -- -- -- Alkydlack ++ + + -- o + ++ Epoxidlack ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ Polyurethanlack ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ B 3.12 vor allem für Stahlträger eingesetzt, um deren Feuerwiderstandsdauer zu erhöhen. Versuche mit Profilen aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) haben gezeigt, dass bei diesen mit einer Brandschutzbeschichtung keine wesentliche Verbesserung der Feuerwiderstandsdauer möglich ist. Der Kunststoff verliert bereits vor Erreichen der Reaktionstemperatur der Beschichtung erheblich an Festigkeit und Steifigkeit, die Schutzfunktion setzt damit im Brandfall zu spät ein (Abb. B 3.10). Beschichtungen zur Oberflächengestaltung Häufig steht bei einer Beschichtung der dekorative Effekt im Mittelpunkt, auch wenn z. B. Lacke eine zusätzliche Schutzfunktion übernehmen. Fast alle heute gebräuchlichen Farben oder Lacke basieren auf Kunststoffen. Kunststoffbauteile selbst werden jedoch nur in Ausnahmefällen beschichtet, da der Grundwerkstoff bereits eingefärbt und mit glatter Oberfläche produziert werden kann. Da Kunststoffe und Verbundkunststoffe einen geringen E-Modul haben, sollte zunächst die Dehnbarkeit der Beschichtung geprüft werden (Abb. B 3.13) Farben Bei den meisten Farbanstrichen handelt es sich um Dispersionen. Dazu gehören neben den ebenfalls sogenannten Dispersionsfarben auch Latex-, Silikat- oder Silikonharzfarben. Diese Mischungen aus zwei oder mehreren Stoffen, die nicht ineinander gelöst sind, bestehen in der Regel aus Farbpigmenten, Binde- und Lösungsmitteln (meist Wasser oder ein anderes organisches Lösungsmittel). Als Bindemittel werden dabei Kunststoffe wie Silikonharz oder Acrylate verwendet, aber auch Kalkhydrat oder Kaliwasserglas. Nach dem Auftrag der Farbe auf den Untergrund (Substrat) verflüchtigt sich das Lösungsmittel und Pigmente sowie Bindemittel lagern sich an der Oberfläche ab. Dispersionsfarben sind im Gegensatz zu Lack wasserdampfdurchlässig. Latexfarben haben einen relativ hohen Bindemittelgehalt und damit eine geringere Durchlässigkeit gegenüber Wasserdampf. Dispersionen können mit einfachen Werkzeugen aufgetragen werden und sind vergleichsweise kostengünstig.
Klebstoffe und Beschichtungen 40 N/mm2 80 N/mm2 120 N/mm2 160 N/mm2 200 N/mm2 B 3.10 B 3.11 B 3.12 GFK-Träger mit Brandschutzbeschichtung typischer Schichtaufbau eines Lacksystems Oberflächeneigenschaften von Lacken und Farben, bei mehrschichtigen Systemen ist der Überzugslack maßgebend +, ++ gute Eigenschaften o durchschnittliche Eigenschaften -, -- schlechte Eigenschaften B 3.13 Risswachstum einer Lackierung auf glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) unter zunehmender statischer Last, Abbildung 1:1 B 3.14 Effektlackierungen a Multicoloreffekt b winkelabhängiger Interferenzfarbe c Aluminium-Optik B 3.13 Kunstharzputze Kunstharzputze basieren auf Dispersionsfarben, denen zur besseren Modellierbarkeit ein Silikatzuschlag (Quarzsand) beigefügt ist. Dadurch hat die Farbe bei der Verarbeitung eine plastische Konsistenz und ist formbar. Insbesondere bei Wärmedämmverbundsystemen werden Kunstharzputze trotz ungewohnter haptischer Anmutung bevorzugt eingesetzt, da sie im Vergleich zu mineralischen Putzen elastischer und wasserfester sind. ethan- oder Alkydlacken. Für die technischen Oberflächeneigenschaften ist der Überzugslack entscheidend. Acryllacke sind elastischer, diffusionsoffener sowie UV-beständiger, Alkydlacke hingegen besser zu reinigen und kratzfester, Epoxid- und Polyurethanlacke wiederum haben eine ausgezeichnete Chemikalienbeständigkeit. Lacksysteme Lacksysteme bestehen meistens aus mehreren Komponenten bzw. Schichten, die aufeinander abgestimmt sein müssen (Abb. B 3.11). Für die Oberflächeneigenschaften ist vor allem der Überzugslack maßgebend, jedoch spielt auch die Kombination der einzelnen Bestandteile für die optische Wirkung und die Eigenschaften der Beschichtung eine Rolle. Um eine ebene Oberfläche zu erzielen, kann vor der eigentlichen Lackierung eine Ausgleichsschicht aus Spachtelmasse, z. B. aus ungesättigtem Polyesterharz (UP), notwendig sein. Insbesondere bei faserverstärkten Kunststoffen werden damit in einem ersten Arbeitsschritt größere Unebenheiten ausgeglichen. Danach wird der Haftvermittler (Primer) aufgetragen, der für einen guten Verbund zwischen dem Substrat und den folgenden Lackschichten sorgt. Bei Kunststoffen entstehen nur physikalische Bindungskräfte zwischen Haftgrund und dem üblicherweise aus zweikomponentigen Polyurethansystem (PUR-System) bestehenden Primer. Im nächsten Arbeitsschritt werden mit einem sogenannten Füller feine Unebenheiten ausgeglichen bzw. Poren gefüllt. Dafür werden Systeme aus ungesättigtem Polyesterharz (UP), Alkydharz, Acrylate oder Epoxidharz (EP) verwendet und bis zu einer Verarbeitungsdicke von 0,1 mm auf die Oberfläche gespritzt. Alternativ können auch Vorlacke zur Anwendung kommen, die mit Pinsel oder Rolle aufgetragen werden. Nach der Härtung wird die Füllschicht geschliffen, eingebrannt oder sofort weiterverarbeitet. Die folgende Deckschicht bestimmt letztlich die optischen Eigenschaften sowie die Schutzfunktion. Bei Metalliclacken wird stets eine zweischichtige Ausführung aus Basislack und Überzugslack vorgenommen. Dabei liefert der Basislack den gewünschten Effekt, z. B durch metalllische Pigmente (Abb. B 3.14). Aus technologischen Gründen muss dieser Basislack mit einem Lösungsmittelanteil von bis zu 80 % verarbeitet werden und ist daher ökologisch kritisch zu bewerten. In den letzten Jahren wurden jedoch Fortschritte gemacht, wasserbasierte Lacke zu entwickeln. Basislacke bestehen aus Celluloseacetobutyrate (CAB) in Kombination mit Polyestern und Acrylaten, wasserlösliche Systeme enthalten PUR. Der klare Überzugslack dient dem mechanischen und chemischen Schutz des Lacksystems und besteht aus Acryl-, Epoxid, Polyur- a b c Beschichtungsverfahren Farben werden häufig gestrichen oder gerollt, Lacke bevorzugt gesprüht. Bei einer Tauchlackierung wird das Substrat in ein Lackbad eingetaucht. Die Bandbeschichtung (Coil-Coating) eignet sich für hohe Stückzahlen bzw. große Flächen, da sie materialsparender ist als eine Sprühbeschichtung. Durch den gleichmäßigen Auftrag mittels Walzen ergeben sich ein einheitliches Farbbild und eine dauerhafte Beschichtung. Bei elektrisch leitfähigen Substraten wie Metallen ist eine Pulverbeschichtung mit sehr gleichmäßigen Schichtdicken möglich. Die Lackpartikel werden auf die Oberfläche gesprüht und haften infolge elektrischer Ladung. Anschließend werden sie im Trockner erhitzt, wo die Vernetzung (Härtungsreaktion) stattfindet. Beschichtungsverfahren im Membranbau werden unter »Textile Membranen« (S. 101ff.) erläutert. Anmerkungen: [1] Peters, Stefan: Kleben von GFK und Glas für baukonstruktive Anwendungen. Stuttgart 2006, S. 123 B 3.14 59
Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe Carmen Köhler B 4.1 Auf dem Gebiet der Architektur stehen naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung. Die ersten Kunststoffe werden zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus natürlicher Cellulose hergestellt, und erst allmählich treten synthetische Stoffe aus Erdöl an ihre Stelle. Ein Jahrhundert später setzt das inzwischen vorhandene Bewusstsein für die Endlichkeit unserer Ressourcen den umgekehrten Prozess in Gang. Bei naturfaserverstärkten Kunststoffen (NFK) dienen pflanzliche Naturfasern innerhalb einer erdölbasierten Kunststoffmatrix als Verstärkung. Sie erhöhen den Anteil nachwachsender Rohstoffe (NaWaRo) im Verbund und senken das Bauteilgewicht. Biobasierte Kunststoffe werden auf vorwiegend pflanzlicher Basis hergestellt und schonen somit endliche Ressourcen. In Kombination könnten naturfaserverstärkte Biokunststoffe eine weitere Werkstoffklasse für nachhaltig orientiertes Bauen darstellen. Naturfaserverstärkte Kunststoffe B 4.1 B 4.2 B 4.3 B 4.4 B 4.5 60 Wabenplatte aus kunstharzgetränkter Cellulose Einteilung pflanzlicher Naturfasern Fassade aus Lignin- und Cellulosefaserverstärktem Kunstharz, Hotel EME Fusion, Sevilla (E) 2008, Juan Pedro Donaire WPC-Fassade, Finnland-Pavillion auf der Weltausstellung in Shanghai (CN) 2010, Teemu Kurkela/ JKMM Architects mit Naturfasern gefertigte Innenbauteile eines Mittelklassewagens Mit dem Slogan »das Auto, das auf dem Acker wächst« [1] wurde 1941 der Öffentlichkeit ein neues Fahrzeug vorgestellt. Bei der Präsentation schlug Henry Ford werbewirksam mehrmals mit einem Hammer auf die Karosserie ein, um die ausgezeichnete Stabilität des Materials zu demonstrieren. Der neue Werkstoff konnte zehnfach mehr Schläge als die bisher verwendeten Metalle abfangen, ohne dass Schäden an der Oberfläche erkennbar waren. Der eingesetzte Hanffaserwerkstoff aus Phenolharz war zudem um ein Drittel leichter als herkömmliche Karosserien. Da der Hanfanbau in den USA 1937 faktisch verboten war, konnte der Prototyp jedoch nicht weiterentwickelt werden. Trotzdem ist das sogenannte Hemp Car eines der ersten Beispiele für die Verwendung von naturfaserverstärkten Kunststoffen (NFK), die durch Einbettung pflanzlicher Naturfasern in einen erdölbasierten Kunststoff wie den Thermoplasten Polypropylen (PP) und Polyethylen (PE) oder den Duroplast Epoxidharz entstehen. Elastomere werden für NFKs nicht verwendet. Eigenschaften am Beispiel Automobilbau Bis heute liegt das Hauptanwendungsgebiet naturfaserverstärkter Kunststoffe im Fahrzeugbau. Dort werden sie unter anderem wegen ihres Leichtbaupotenzials vor allem für Innenbauteile wie Instrumententafeln, Konstruktionen für Türverkleidungen, Hutablagen, Säulenverkleidungen oder Reserveradmulden eingesetzt. Pflanzliche Fasern weisen aufgrund ihrer Hohlfaserstruktur ein geringeres Eigengewicht auf als beispielsweise Glasfasern. Das günstige Bruchverhalten ohne scharfe Kanten und wenig Splitter sowie ein gutes akustisches Dämmvermögen stellen weitere technische Vorzüge dar. Entscheidend sind auch die geringere Abnutzung von Verarbeitungsmaschinen und der erschwingliche Preis der Fasern. Aus ökologischer Sicht bieten pflanzliche Fasern den Vorteil, dass sie den Anteil nachwachsender Rohstoffe im Bauteil auf bis zu 90 Gew. % erhöhen können. [2] Zudem ist der Energieverbrauch vom Anbau bis zur Halbzeugherstellung von beispielsweise Naturfaservliesen um 60 % geringer als bei der Produktion vergleichbarer Vliese aus Glasfasern. [3] Ein besseres Recyclingverhalten zeigen naturfaserverstärkte Kunststoffe allerdings nur, wenn die Naturfasern in eine thermoplastische Matrix eingebettet werden. Duroplaste können nicht geschmolzen und neu ausgeformt werden. Seit der Rücknahmeverpflichtung der EU-Altautoverordnung aus dem Jahr 2000 stieg daher der Anteil thermoplastischer Bindemittel zur Herstellung von Innenausbauteilen auf 65 % (Stand 2009). [4] Die Verarbeitung thermoplastischer Verbundkomponenten ist für Autohersteller auch aus ökonomischer Sicht vorteilhaft, da Formgebung, Integration von Verbindungselementen und das Aufbringen von Dekorschichten (Kaschierung) in einem Fertigungsschritt erfolgen können. Dieser Aspekt lässt sich auch auf die Bauindustrie übertragen. In vergleichbarer Weise könnten hier modulare, nicht tragende Innenwände hergestellt werden. Ohne Kaschierung ergeben sich zudem vielfältige architektonische Gestaltungsmöglichkeiten, die Optik und Haptik natürlicher Werkstoffe mit den Vorzügen von Kunststoffen zu kombinieren.
Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe Naturfaserverstärkte Kunststoffe im Bauwesen Naturfaserverstärkte Kunststoffe stellen eine für das Bauwesen neue Werkstoffklasse dar und sind daher noch nicht weit verbreitet. Eines der wenigen Beispiele für die Verwendung von naturfaserverstärkten thermoplastischen Kunststoffen im Bauwesen sind Wood Plastics Composites (WPC). Mit einem Holzmehlanteil von bis zu 90 Gew.-%, einer Matrix aus Polypropylen (PP) sowie Additiven (Farbpigmente, UVStabilisatoren etc.) werden Profile und Hohlkammerplatten für Fassadenverkleidungen hergestellt. Bauteile aus Holzfaserkunststoffen weisen eine bessere Witterungsbeständigkeit und Dauerhaftigkeit auf als Holz. [5] In Spanien werden Mandelschalen, die vor allem aus Lignin (lat. lignum = Holz) und Cellulose bestehen, als Reststoffe der Lebensmittelindustrie gemahlen und mit einem duroplastischen Harz zu Gussstrukturen verarbeitet (siehe Ligningebundener Naturfaserverbund, S. 64). Während der Aushärtung entstehen Mikroporen, die eine gute Isolierung gegen Wärme und Kälte ermöglichen. [6] Naturfaserverstärkte Kunststoffe kommen außerdem in Bereichen zum Einsatz, in denen es bei nicht tragenden Bauteilen um Aspekte wie Gewichtersparnis, Akustik oder Sicherheit geht, beispielsweise im Messebau, bei Lautsprechergehäusen, Arbeitsschutzhelmen, Koffern, Schleifscheibenträgern oder Möbeln. Ein zukunftsweisendes Beispiel für die Verwendung naturfaserverstärkter Kunststoffe in der Architektur ist das modulare Universal World House, das 2009 von der Bauhaus-Universität Weimar für den Einsatz in Entwicklungsländern entworfen wurde. Alle Konstruktionselemente und der Innenausbau bestehen aus Sandwichplatten auf Basis kunstharzgetränkter Cellulose (Abb. B 4.1). Diese Cellulose-Leichtbauplatten sind witterungsbeständig und können sogar zu Waschbecken verbaut werden. [7] Naturfaserverstärkte Kunststoffe können mit den Kunststoffen ABS, PP-Glasfaser-Werkstoff und teilweise auch GFK konkurrieren. Nachteilig ist ihre geringe Schlagzähigkeit, die sich aber durch den Zusatz von Naturfasern mit hoher Dehnfähigkeit wie z. B. Baumwollfasern entscheidend verbessern lässt. Naturfasern Zu den Naturfasern zählen pflanzliche, tierische und mineralische Fasern (siehe Naturfasern, S. 53). Für Naturfaserverstärkungen werden vorwiegend pflanzliche Fasern eingesetzt, die im Folgenden näher betrachtet werden (Abb. B 4.2). Pflanzenfasern Pflanzenfasern bestehen zum Großteil aus Cellulose, die in einer chemischen Verbindung mit Pektin, Lignin und Wasser steht. Die prozentuale Zusammensetzung der einzelnen Bestandteile variiert je nach Faserart. Cellulose ist maßgeblich für die Zugfestigkeit verantwortlich, Lignin fungiert als druckfeste Matrix. Ein hoher Ligningehalt bewirkt einen hohen Verholzungsgrad und somit eine höhere Steifigkeit, jedoch auch Sprödigkeit der Faser. Aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften werden vor allem Bastfasern (Stängelfasern) wie Hanf oder Flachs verwendet. Sie befinden sich im äußeren Teil des Pflanzenstängels und stabilisieren diesen. Daher zeichnen sich diese Fasern durch eine hohe Faserfestigkeit und geringe Reißdehnung aus. Im Vergleich zu synthetisch hergestellten Endlosfasern mit kontrollierbaren Verfahrensprozessen unterscheiden sich die einzelnen Naturfasern stark in ihren Eigenschaften. Sie haben wachstumsbedingt eine bestimmte Länge und sind hitzeempfindlich. Bei einer thermischen Dauerbelastung ab 180 °C sinken die mechanischen Eigenschaften pflanzlicher Fasern, bei Temperaturen über 200 – 250 °C zerfallen sie. Von Naturfasern, die nicht vollständig in die Matrix eingebettet sind, geht eine Dochtwirkung aus, weshalb entsprechende Flammschutzmittel eingesetzt werden sollten. Naturfasern sind hygroskopisch, d. h. sie nehmen Wasserdampf der Umgebung auf. Um Fehlstellen im Werkstoffverbund zu vermeiden, sollten diese daher vor der Verarbeitung getrocknet werden. Im Automobilbau wird vorwiegend Flachs für Naturfaserverstärkungen verwendet. Flachskurzfasern werden fast ausschließlich in Europa produziert und fallen meist als Nebenprodukt der Langfaserproduktion für die Textilindustrie an. Mit der Aufhebung des deutschen Anbauverbots für rauschmittelarme Hanfsorten im Jahr 1996 erlebt die Kultivierung von Hanf in Deutschland einen neuen Aufschwung. Hanffasern werden vor allem als Spezialzellstoff für Verbund- und Dämmstoffe verwendet. [8] Die wichtigsten exotischen Naturfasern sind Jutefasern, die vorwiegend aus Indien und Bangladesch stammen, Kenaffasern aus den Stängeln eines bis zu 4 m hohen Malvengewächses in Afrika und Asien, sowie Sisalfasern, die aus den Blättern von Agavengewächsen in Afrika und Südamerika gewonnen werden. Des Weiteren finden Kokosfasern, meist aus Südasien primär in Autositzen Verwendung. 2005 werden in der Autobilindustrie erstmals philippinische Abakafasern als Unterbodenverkleidung eingesetzt. Diese Hartfasern aus den Blättern einer Bananenart erfüllen die besonderen Qualitätsanforderungen an ein Bauteil im PKW-Außenbereich wie Steinschlag-, Verwitterungs- und Feuchteresistenz. [9] Pflanzliche Naturfasern Samenfasern Baumwolle Kapok Bastfasern Lein (Flachs) Hanf Jute Kenaf Hartfasern Agavengewächse Sisal Abaka Fruchtfasern Kokos Holzfasern Fichte Kiefer B 4.2 B 4.3 B 4.4 Anbau und Fasergewinnung Von der Aussaat bis zur Ernte vergehen bei Bastfasern etwa drei bis vier Monate. Flachs wird maximal 1,20 m, Hanf bis zu 3,50 m hoch. Nach dem Abschneiden werden die Bastfaserstängel zwischen zwei und vier Wochen zur sogenannten Röste auf dem Feld liegen gelassen, damit Mikroorganismen die Kittsubstanzen zwischen den Fasersträngen abbauen können. Danach wird das Stroh zu Ballen gepresst und zur Faseraufschlussanlage transportiert. Dort werden die gebrochenen Teilchen der holzigen B 4.5 61
Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe Kernröhre des Pflanzenstängels (Schäben), die bei der Erzeugung von Bastfasern anfallen, sowie andere Nichtfaseranteile mechanisch von den Fasern getrennt. Über zusätzliche Stufenreinigungen, Walzen, Kardiereinrichtungen und Auflöseeinheiten werden die Faserbündel weiter zu Einzelfasern zerteilt und verfeinert. Basis biologisch abbaubar nicht biologisch abbaubar erdölbasiert Copolyester Polycaprolacton (PCL) Polypropylen (PP) Polyamid (PA 6) Epoxidharz (EP) Mischungen (Blend) thermoplastische Stärke (TPS) Celluloseblends Epoxidharz aus NaWaRos Polyamid (PA 6.10) biobasiert Polylactid (PLA) Polyhydroxybutyrat (PHB) Lignin Celluloseacetat (CA) Polyamid (PA10) B 4.6 B 4.6 B 4.7 B 4.8 B 4.9 biologische Abbaubarkeit erdöl- und biobasierter Kunststoffe Autositzbezug aus hitzeresistenten Polylactid-Fasern (PLA-Fasern) Einbringen eines Naturfasergewebes in ein Formwerkzeug Biokunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen (vereinfachtes Schema) Integration der Naturfasern im Bauteil Bauteile aus naturfaserverstärkten Kunststoffen werden überwiegend aus Vliesen als Halbzeuge (nonwovens) hergestellt (siehe Vorprodukte, S. 70). Die 6 –10 cm lange Natur- und Polymerfasern aus Polypropylen werden vermischt, verkrempelt und mechanisch zu Hybridfilzen verfestigt. Anschließend lässt sich das Halbzeug im Formwerkzeug zu einem Formteil pressen. Bei Verwendung eines duroplastischen Bindemittels werden Vliese oder Filze aus hundertprozentigen Naturfasern mit einem Harzsystem besprüht und danach im Formpressverfahren umgeformt. Da Harze flüssig sind, können diese nicht in das Faserhalbzeug eingearbeitet werden. Bauteile aus NFKs werden überwiegend im Pressverfahren hergestellt. Weitere Verarbeitungsverfahren wie das Naturfaserspritzgießen oder Fließpressen ermöglichen auch komplexere Geometrien. In der Praxis haben sich Naturfasermischungen bewährt. Die besten mechanischen Werte für Verbundwerkstoffe ergeben sich bei einer Mischung von eher feinen Fasern wie Flachs oder Jute mit gröberen Fasern wie Hanf oder Sisal. Pflanzenfasern können auch zu Garnen versponnen und anschließend zu technischen Geweben verwoben werden, die für hochwertige NFK-Bauteile mit duromerer Matrix Verwendung finden. Dieser Prozessweg ist jedoch kostenintensiver. Zukunft der Pflanzenfaser B 4.7 Vielversprechend sind Forschungen zu Funktionsfasern aus Cellulose. Das natürliche Polymer Cellulose lässt sich ohne chemische Modifizierung auflösen und zu Endlosfasern spinnen. Auf diesem Weg ist es möglich, maßgeschneiderte Fasern mit reproduzierbaren Eigenschaften zu entwickeln. Je nach Zusatzstoff (z. B. Rußpartikel oder Parafine) wird die Faser magnetisch, thermoregulierend oder elektrisch leitfähig. Bisher werden die Fasern bei Funktionskleidung und Motorradjacken eingesetzt [10]. Es ließen sich aber auch textile Heizsysteme oder klimaregulierende Membrane realisieren, die in einer textilen Fassade Verwendung finden. Biokunststoffe Als Biokunststoffe gelten Kunststoffe, die vorwiegend aus nachwachsenden Rohstoffen (NaWaRo) wie Stärke oder Cellulose hergestellt werden. Hierfür existiert auch der Begriff »biobasierte Kunststoffe«. [11] Der Begriff »Biokunststoff« wird jedoch nicht einheitlich verwendet. Als Biokunststoffe werden auch biologisch abbaubare Kunststoffe bezeichnet, die den Nachweis der Kompostierbarkeit nach EN 13 432 erfüllen. B 4.8 62 Diese Kunststoffe können aus Erdöl oder aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Die biologische Abbaubarkeit ist nicht von der Rohstoffherkunft, sondern von der chemischen Struktur des Kunststoffs abhängig. Es gibt erdölbasierte Kunststoffe, die kompostierbar sind, biobasierte Kunststoffe hingegen sind nicht generell biologisch abbaubar (Abb. B 4.6). Kompostierbare Biokunststoffe aus Erdöl oder NaWaRos werden vornehmlich für kurzlebige Anwendungen wie Verpackungen, Catering-Artikel oder im Agrar- oder Gartenbereich eingesetzt. Sie werden auch Biokunststoffe der zweiten Generation genannt. Seit 1996 ersetzen Automobihersteller in Japan erstmalig den erdölbasierten Kunststoff für die Konstruktion von Armaturenträger durch einen biobasierten Kunststoff. Gründe hierfür sind Ressourcenschonung, umwelteffiziente Herstellung und leichtere Entsorgung der Biokunststoffe. Bei zunehmender Verwendung faserverstärkter Kunststoffe im Bauwesen besteht auch hier der Anspruch, nicht nur die Fasern, sondern ebenso die Matrix durch nachhaltige Komponenten zu ersetzen. Mithilfe der Photosynthese werden durch Pflanzen aus Sonnenlicht und CO2 jedes Jahr ca. 170 Milliarden Tonnen Biomasse in Form von Getreide, Gräsern etc. produziert, die teilweise als Grundlage für biobasierte Kunststoffe dienen können. [12] Die derzeitige Produktion von Biokunststoffen beträgt 0,4 Mio. Jahrestonnen und nimmt lediglich 0,01 % der weltweit landwirtschaftlich genutzten Fläche in Anspruch. [13] Außerdem stehen Reststoffe der Agrar-, Lebensmittel-, oder Kosmetikindustrie nahezu unbegrenzt zur Verfügung. Biokunststoffe mit langer Funktionsdauer Biokunststoffe der zweiten Generation wurden als kurzlebige Kunststoffe entwickelt, die sich kompostieren lassen. Bei Biokunststoffen der dritten Generation hingegen liegt der Fokus auf einem möglichst hohen Anteil nachwachsender Rohstoffe in Verbindung mit einer langen Funktionsdauer. Ziel ist es dabei, Biokunststoffe zu entwickeln, die in ihren Eigenschaften mit konventionellen Kunststoffen vergleichbar sind und dabei einen möglichst geschlossenen Materialkreislauf aufweisen. Biobasierte Kunststoffe können einerseits direkt mittels Modifikationen aus natürlich vorkommenden Biopolymeren wie Cellulose oder Stärke hergestellt werden, andererseits lassen sich aus nachwachsenden Rohstoffen auch Monomere produzieren, die dann zu einem Biokunststoff polymerisiert werden (Abb. B 4.9). Entsorgung langlebiger Biokunststoffe Das Recyceln konventioneller thermoplastischer Kunststoffe (PET, PP etc.) ist mit einer Eigenschaftsminderung (Downcyclingeffekt) verbunden. Dieser Nachteil ist bei Biokunststoffen aufgrund ihrer allgemein geringeren thermomechanischen und chemischen Beständigkeit noch stärker ausgeprägt. Die bevorzugte Entsorgung langlebiger Biokunststoffe ist die
Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe nachwachsende Rohstoffe (NaWaRo) sind pflanzliche und tierische Rohstoffe, die aus der Land- und Forstwirtschaft stammen, sich jährlich oder in kurzen Zeiträumen erneuern, stofflich oder energetisch genutzt und nicht für Ernährungs- oder Fütterungszwecke eingesetzt werden. z. B.: Gräser, Stroh, Holzabfälle, Mais, Raps, Rizinusöl, Reststoffe der Agrar- oder Lebensmittelindustrie etc. Extraktion, Aufschluss, Aufbereitung Kohlenhydrate (Mehrfachzucker) Lignin Fette Einteilung in Hemicellulose = Pektin direkte Nutzung Cellulose alkoholische Gärung (biotechnologisches Verfahren) chemische Modifikation Fettspaltung Stärke chemische Modifikation biotechnologisches Verfahren mit Milchsäurebakterien Glycerin biotechnologisches Verfahren mit Bakterien Lactid (Monomer) Furfurylalkohol Cellulose (tri)acetat (Thermoplast) TPS (Thermoplast) PLA (Thermoplast) chemische Modifikation + Isocyanat Polymerisation Furanharz (Duroplast) chemische Modifikation Polyol Polymerisation Lignin (Thermoplast) Fettsäuren PHB (Thermoplast) pflanzenölbasiertes Polyurethan (Duroplast) pflanzenölbasiertes Epoxidharz (Duroplast) Pflanzenölacrylate (Duroplast) B 4.9 thermische Verwertung, die eine nahezu CO2neutrale Energie liefert. Das bedeutet, dass bei der Verbrennung nur so viel Kohlenstoffdioxid freigesetzt wird, wie die Pflanze der Atmosphäre beim Wachstum entzogen hat. Die gleiche Menge CO2 würde entstehen, wenn die Biomasse auf natürlichem Weg in der Natur verrottet und durch Mikroorganismen zersetzt wird. Da einem Biokunststoff oft auch Weichmacher und Additive beigegeben werden, die nicht erdölbasiert sind und bei deren Herstellung, Verarbeitung sowie Entsorgung CO2 emittiert wird, ist die Bilanz dementsprechend nicht vollständig CO2-neutral. Manche Biokunststoffe, insbesondere Polylactide (PLA), können in ihre Monomere zerlegt, neu polymerisiert und damit ohne Verlust ihrer Eigenschaften recycelt werden. Dieses sogenannte chemische Recycling ist Gegenstand aktueller Forschungen. Da die meisten Biokunststoffe eine geringere chemische Beständigkeit als konventionelle Kunststoffe aufweisen, wird weniger Energie benötigt sie wieder in ihre monomeren Ausgangsverbindungen aufzuspalten. Biokunststoffe – Überblick und Beispiele Biokunststoffe werden wie konventionelle Kunststoffe in Thermoplaste, Duroplaste sowie Elastomere eingeteilt und können mit herkömmlichen Maschinen der Kunststoffindustrie verarbeitet werden. Im Folgenden werden die gängigsten Biokunststoffe vorgestellt: Thermoplastische Stärke (TPS) ˉ Verpackungen, Catering-Artikel Mit einem Marktanteil von 80 % ist die thermo- plastische Stärke (TPS) der bisher gebräuchlichste Biokunststoff. Die wasserlösliche Stärke wird mit einem wasserabweisenden erdölbasierten Polymer und dem Weichmacher Glycerin vermischt. TPS kann die typischen Verpackungskunststoffe ersetzen. Die Anwendung im Bauwesen ist aufgrund einer Feuchtigkeitsaufnahme von ca. 4 % nur bedingt [14], etwa für Dämmungen, vorstellbar. Cellulose(tri)acetat (CA, CTA) ˉ Brillengestelle und -gläser, Werkzeuggriffe, Folien für TFT-Bildschirme, transparente Wärmedämmungen (TWD) Cellulose ist in allen Pflanzen enthalten und stellt daher das häufigste natürlich vorkommende Biopolymer dar. Sie ist wasserunlöslich, nicht schmelzbar und muss daher modifiziert werden. Durch die chemische Reaktion mit Essigsäure entsteht Cellulosetri- oder diacetat (siehe Celluloseacetat, S. 43). Die maximale Dauergebrauchstemperatur liegt bei 80 °C. [15] Celluloseacetat ist aufgrund hoher Oberflächenelastizität kratzunempfindlich und zeichnet sich durch Oberflächenglanz, Griffigkeit und einer mit Fensterglas vergleichbaren Lichtdurchlässigkeit aus. Die geringe elektrostatische Aufladbarkeit ermöglicht staubfreie Oberflächen. Celluloseacetat ist je nach Additiven schwer entflammbar und witterungsbeständig. [16] [17] Polylactid (PLA) ˉ Verpackungen, Fasern für (Funktions-)textilien, Getränkeflaschen, Elektrogerätegehäuse Der Milchsäurekunststoff Polylactid (PLA) wird in einem biotechnologischen Verfahren mithilfe von Bakterien aus Stärke oder Zucker herge- stellt. Dieser Verfahrensweg bietet im Vergleich zur Modifikation natürlich vorkommender Biopolymere (z. B. Cellulose) die Möglichkeit, die chemische Struktur des PLA und somit auch seine Eigenschaften gezielt einzustellen. So sind die Eigenschaften von PLA durchaus mit denen von PP und PET vergleichbar. Polylactide sind kratzfest, wasserbeständig, transparent und verfügen über gute mechanische Eigenschaften (Abb. B 4.11, S. 64), die durch eine Erhöhung des Kristallisationsgrads noch gesteigert werden können. Da PLA-Werkstoffe gasdurchlässig sind und sich gut bedrucken lassen, werden sie neben Verpackungen auch für Funktionstextilien verwendet. Die Gebrauchstemperatur von Standard-PLA liegt bei ca. 55 °C. Durch gezielte Auswahl der Fermentationsbakterien ist es möglich, Milchsäurekunststoffe mit unterschiedlichen Kristallisationsgraden kontrolliert zu vermengen (Stereokomplex). Dadurch erhält man einen Werkstoff mit deutlich verbesserten Materialeigenschaften, der bereits für mikrowellengeeignete Behältnisse, Spritzgusserzeugnisse für die Automobil- und Elektronikindustrie, bügelbeständige Textilfasern und Flaschen für die Heißabfüllung verwendet wird. [18] Polyhydroxybutyrat (PHB) ˉ Verpackungen, Gerätegehäuse 1924 entdecken Wissenschaftler am Pariser Pasteur-Institut, dass Bakterien aus Nahrungsüberschüssen Polyhydroxybutyrat (PHB) produzieren können, das sie analog zur Fettspeicherung bei Menschen und Tieren in ihren Zellen als Reservestoff anlagern. Mögliche Ausgangssubstrate sind Stärke, Zucker, Glycerin oder auch Palmöl. Der Biokunststoff weist im 63
PLA Blends 50 40 Stärke Blends PC 30 PP Biokunststoffe vs. konventionelle Kunststoffe Der E-Modul, also die Steifigkeit thermoplastischer Biokunststoffe, ist mit der erdölbasierter Kunststoffe vergleichbar. Polylactid weist sogar eine höhere Steifigkeit als konventionelle thermoplastische Kunststoffe auf. Abb. B 4.11 zeigt die Kerbschlagzähigkeit in Abhängigkeit vom E-Modul. Die Kerbschlagzähigkeit gibt die Widerstandsfähigkeit eines Werkstoffs gegen eine schlagende Beanspruchung an. Mit zunehmender Zähigkeit nimmt der E-Modul der Biokunststoffe wie bei konventionellen Kunststoffen ebenso ab (siehe Bruchverhalten, S. 35). Vorteilhaft ist das geringere Schwinden von thermoplastischen Biokunststoffen im Vergleich zu konventionellen Thermoplasten, was bei der Produktion von Bauteilen mit hohen Präzisionsanforderungen von Bedeutung ist. Die höchsten Wärmeformbeständigkeiten zeigen Cellulosederivate, PHB und PLA-Stereokomplexe. Die Wärmeformbeständigkeit ist ein Maß für die Temperaturbelastbarkeit eines Kunststoffes unter einer definierten Last. Sie sind mit Polystyrol oder dem technischen Kunststoff Acrylnitrilbutadienstyrol (ABS) vergleichbar. Die Feuchteaufnahme thermoplastischer Biokunststoffe liegt meist höher als bei erdölbasierten Kunststoffen. Sie bleibt jedoch mit Ausnahme der thermoplastischen Stärke unter 1 %. [19] Da die Entwicklung langlebiger Biokunststoffe erst am Anfang steht, liegen erst wenige Erkenntnisse zu Langzeiteigenschaften wie z. B. 64 PS PLA 0,5 Stärke blends 1 ABS PHB Cellulose derivate PC Cellulose derivate ABS 20 PET PA 6 2 PP PA6 PS 10 2,5 PHB PLA PE-HD PET 0 B 4.10 0 1,5 0 Temperaturbereich von - 30 bis +120 °C stabile Eigenschaften auf. PHB ist ein hochkristalliner Kunststoff mit glatter, glänzender Oberfläche. Er ist UV-beständig und wasserbeständiger als PLA. Weitere Vorteile sind die Bedruckbarkeit und die geringe Kriechneigung. Das Eigenschaftsprofil lässt sich sehr variabel einstellen. Nachteilig sind die hohen Herstellungskosten, bedingt durch die hohen Investitionskosten biotechnologischer Produktionsanlagen und die Herstellung nur kleiner Mengen entsprechend der geringen Nachfrage. Optimierte Herstellungsmethoden werden den hohen Materialpreis auf Dauer jedoch reduzieren. Mit einer Mischung unterschiedlicher Kunststofftypen, sogenannter Blends, lassen sich die Sprödigkeit und der Preis zusätzlich senken. Schwindung [%] Charpy-Kerbschlagzähigkeit +23°C [kJ/m³] Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe 1 2 3 4 5 Zug-E-Modul [N/mm²] B 4.11 Kriech- und UV-Beständigkeit oder Ermüdungsverhalten vor. Naturfaserverstärkte Biokunststoffe In der Kombination mit Naturfasern verbessern sich die mechanischen und thermischen Eigenschaften von Biopolymeren deutlich. Naturfaserverstärktes PLA (Thermoplast) ˉ Elektronikartikelgehäuse, Autointerieur Ein japanischer Elektronikkonzern konnte durch Zugabe von hitzeabsorbierenden Metallhydroxiden und einer Verstärkung durch Kenaf-Kurzfasern einen schwer entflammbaren Bioverbund für ein Handygehäuse auf den Markt bringen (Abb. B 4.13). Durch Verwendung mineralischer Flammschutzmittel, insbesondere Aluminium- und Magnesiumhydroxid, bleibt der Nachhaltigkeitsaspekt der Bioverbundwerkstoffe erhalten. Die Verarbeitungszeit beim Spritzgießen dieser Handyschalen verkürzt sich von fünf auf eine Minute. PLA lässt sich im Gegensatz zu anderen Kunststoffen bereits ab 160 °C verarbeiten. Dadurch wird auch die Entformungstemperatur schneller erreicht und die Herstellungszeit aufgrund der Hitzeempfindlichkeit der Naturfasern optimiert. Beim S-House, einem Demonstrationsprojekt der TU Wien, einem Prototyp einer nicht tragenden Zwischenwand aus naturfaserverstärkten Biokunststoffen, wurden mehrere Vlieslagen aus Stroh-, Flachs- und Polylactidfasern übereinandergelegt und miteinander verpresst. [20] Die Sandwichplatte ist aus stabilen Deckschichten und relativ weichen, aber dennoch druckstabilen Mittellagen aufgebaut. Daraus resultiert eine bereits im Bauteil integrierte Schalldämmung. Auf diese Weise entstehen modulare Zwischenwände aus 100 % nachwachsenden Rohstoffen, die ein geringes Bauteilgewicht aufweisen und sich mit wenigen Handgriffen ein- und umbauen lassen. Ligningebundener Naturfaserverbund (Thermoplast) ˉ Lautsprechergehäuse, Schuhabsätze, technische Bauteile (Maschinenbau), Musikinstrumente, Trägerplatte für Edelholzfurniere PE-HD 3 40 60 80 100 120 140 160 180 Wärmeformbeständigkeit VST B 50 [°C] B 4.12 Lignin ist das zweithäufigste natürlich vorkommende Biopolymer und dient in allen Pflanzenfasern sowie in Holz als stabilisierende Matrix zwischen den Cellulosefasern. Es imprägniert die Wasserleitungsbahnen in Pflanzen und ist somit wasserbeständiger als Holz. Das Biopolymer ist dunkelbraun, absorbiert UV-Licht fast vollständig und ist biologisch sowie chemisch schwer abbaubar. In Verbindung mit Naturfasern kombiniert der Werkstoff die positiven Eigenschaften von natürlich gewachsenem Holz mit der freien Formbarkeit von thermoplastisch zu verarbeitenden Kunststoffen und wird daher auch als flüssiges Holz bezeichnet. [21] Durch Verwendung der Holzkomponente Lignin hat der Verbundwerkstoff ähnliche mechanische und thermische Eigenschaften wie Holz, z. B. hinsichtlich der thermischen Längenausdehnung. Er eignet sich daher als Verbindungselement für den Holzbau. Lignin verrottet langsamer als Holz, wenn es mit Feuchtigkeit in Berührung kommt. Naturfaserverstärkte Bioharze (Duroplaste) Fettsäuren von Pflanzenölen können mithilfe chemischer Reaktionen zu duroplastischen Bioharzen umgewandelt werden. Zur Aushärtung werden meist Substanzen verwendet, die nicht biobasiert sind. Komponenten aus nachwachsenden Rohstoffen sind in ihrer Entwicklung noch nicht marktreif. Duroplastische Bioharze besitzen im Vergleich zu konventionellen Duroplasten wie z. B. Phenol- oder ungesättigten Polyesterharzen (UP) eine etwas geringere Steifigkeit sowie eine geringe Feuchtigkeitsaufnahme. Bei biobasierten Reaktionsharzen auf Pflanzenölbasis (z. B. Leinöl) liegt diese Eigenschaft hauptsächlich am hydrophoben, also wasserabweisenden, Charakter des verwendeten Öls. Zudem konnte bei diesen Harzen eine signifikant höhere UV-Beständigkeit nachgewiesen werden. Dies lässt sich durch die unterschiedlichen chemischen Strukturen erklären, die beide Harze während der Aushärtung ausbilden. Trotzdem gehören beide Systeme im gehärteten Zustand aus chemischer Sicht zu den Polyestern. Die Temperaturbeständigkeit der Harze liegt bei 180 °C.
Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe Durch Zugabe halogenfreier Brandschutzmittel wird die Entflammbarkeit verbessert, ohne die ökologischen Eigenschaften zu beeinträchtigen. Die Preise von Bioharz-Systemen sind mit denen konventioneller Harze vergleichbar. In Kombination mit Hanf- und Flachsgewebe konnten bisher verschiedene Karosserieprototypen hergestellt werden, die glasfaserverstärkte Kunststoffe für Außenanwendungen ersetzen könnten. So konnte an einem Stadtbus der Braunschweiger Verkehrs-AG ein Stoßfängerbügel in einem einjährigen Praxistest erfolgreich erprobt werden. Wellpappe, Hanf- und Flachsgewebe bilden die konstruktiven Elemente eines als Prototyp konzipierten Designersessels (Abb. B 4.14). Das auf Leinöl basierende Bioharz wird mittels Vakuuminfusion injiziert (siehe Harzinfusions- und Vakuumverfahren, S. 79f.). Dekorschichten entfallen, da die unbehandelte Oberfläche integraler Bestandteil des Gestaltungskonzepts ist. Im Bauwesen wäre mit vergleichbarem Verfahren die Herstellung einer modularen Zwischenwand denkbar. Die Injektion des Bindemittels ließe sich unter Vakuum so steuern, dass die Harzmenge nach innen abnimmt. Dadurch erhielte man einen Werkstoff mit steifen Deckschichten und einer thermisch sowie akustisch isolierenden Innendämmung. Durch den geringen Harzanteil im Inneren käme die akustische Wirksamkeit von Naturfasern zum Tragen. Die Decklagen könnten hinsichtlich haptischer und optischer Qualitäten unterschiedlich gestaltet werden. Zukunftsvision Bau Für die Außenkarosserie verschiedener Prototypen verwenden japanische Autobauer mit Kenaf- oder Abakafaser verstärktes Polylactid (PLA). Fahrzeuge sind Witterung, Temperaturwechsel und mechanischen Belastungen ausgesetzt. An Gebäudefassaden werden ähnliche Anforderungen gestellt. Bisherige Untersuchungen bescheinigen Polylactid eine hohe UV-Beständigkeit. Textile Sonnenschutzsysteme aus PLA stehen kurz vor der Markteinführung. [22] Fassadenverkleidungen und Trennwände aus Biokunststoffen werden bald folgen. Die Durchlässigkeit für Sauerstoff, Kohlendioxid und Wasserdampf könnte die Entwicklung feuchtigkeitsregulierender und gasdurchlässiger Fassaden ermöglichen. Die Vorteile gegenüber Bauteilen aus dem natürlichen Bioverbund Holz liegen dabei vor allem in der Formbarkeit und der Möglichkeit zur Funktionsintegration. In anderen Technikbereichen wird die mögliche Integration verschiedener Komponenten und damit das Potenzial zu multifunktionalen Bauteilen bereits genutzt. Ein Elektronikkonzern produziert Handyprototypen aus Biokunststoffen mit Formgedächtniseffekt. Das Handy lässt sich verbiegen und am Handgelenk tragen. Unter Wärmeeinwirkung ist die vorgepräg- te Geräteform wiederherstellbar. Auf Fassaden oder Verschattungselemente angewendet, könnten adaptive Systeme entstehen, die ihre Geometrie unter definierten Temperaturen selbsttätig und ohne Energieverbrauch verändern. Biokunststoffe ermöglichen nicht nur technologische Innovationen, sondern auch ganz neue konzeptionelle Ansätze. So lassen sich Gebäudestrukturen entwickeln, die sich nach einer definierten Nutzungsdauer biologisch abbauen. Von unmittelbarer Bedeutung mag dies beispielsweise für Notunterkünfte in Krisenregionen oder Bauten in Naturschutzgebieten sein. Nach der Nutzung werden die Baukonstruktionen aus Bioverbundwerkstoffen zum Nährstoff für Bakterien und so direkt an Ort und Stelle zu Humus verarbeitet. Biobasierte Materialsysteme bieten das Potenzial zu multifunktionalen Hochleistungswerkstoffen, ohne dabei endliche Ressourcen zu verbrauchen. Auch wenn sie momentan noch teuer sind und weitere Verbesserungen hinsichtlich Dauerhaftigkeit erfordern, eröffnen biobasierte Materialsysteme faszinierende Möglichkeiten. B 4.13 B 4.10 B 4.11 B 4.12 B 4.13 B 4.14 Anmerkungen: [1] http://www.hanfplantage.de/hemp-car-das-autodas-auf-dem-acker-waechst-06-07-2009, 20.08.2010 [2] http://www.hero-hessen.de/stoffliche-nutzung/holzkunststoff-verbundwerkstoffe/index.html, 11.06.2010 [3] http://www.daimler.com/dcmdeia/0-921-646299-49813756-1-0-0-0-0-0-11694-614316-0-1-0-0-0-0-0. html, 21.10.2009 [4] http://www.biowerkstoffe.info/verbundwerkstoffe/ verarbeitung/formpressen/, 25.08.2010 [5] http://www.kosche.de/homekovalex/index. php?option=com_content&task=view&id=37&Itemid =68, 29.10.2009 [6] http://www.duralmond.com/htm/celosias/a_medida_ ENGLISH.html, 29.10.2009 [7] http://www.kunststofforum.de/information/news_ swisscell-paneele-erobern-afrika_5886, 29.10.2009 [8] http://www.fnr-server.de/ftp/pdf/literatur/pdf_227brosch_nfk_2008.pdf; S. 14, 11.06.2010 [9] wie Anm. 3 [10] http://www.smartfiber.de/index.php?option=com_ content&view=article&id=7&Itemid=29&lang=de, 24.08.2010 [11] http://www.european-bioplastics.org/index. php?id=5, 19.10.2009 [12] http://wip-kunststoffe.de/uploads/File/naturfasercompounds08/07_Seliger.pdf, 10.06.2010 [13] Endres, Hans-Josef; Siebert-Raths, Andrea: Technische Biopolymere: Rahmenbedingungen, Marktsituation, Herstellung, Aufbau und Eigenschaften. München 2009, S. 32 [14] ebd., S. 217, Bild 5.48 [15] Domininghaus, Hans u. a.: Kunststoffe. Eigenschaften und Anwendungen. Berlin 2008, S. 1322 [16] wie Anm. 13, S. 199f. [17] wie Anm. 15, S. 1319f. [18] http://www.teijin.co.jp/english/news/2007/ ebd070912.html, 18.09.2009 [19] wie Anm. 12, S. 217, Bild 5.48 [20] Wimmer, Robert u. a.: Grundlagenforschung für die Entwicklung von Produktprototypen aus Naturstoffgebundenen Vliesen. Hrsg. vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Wien 2007, S. 27ff. [21] http://www.tecnaro.de/deutsch/grundsaetze. htm?section=arboform, 29.10.2009 [22] Witthuhn, Barbara: Ein T-Shirt aus Zucker. In: Berliner Zeitung vom 25.10.2005. B 4.15 Schuhabsatz aus ligningebundenem Naturfaserverbund Schlagzähigkeit in Abhängigkeit des Zug-EModuls verschiedener Biopolymere im Vergleich zu konventionellen Kunststoffen Schwindung in Abhängigkeit von der Wärmeformbeständigkeit verschiedener Biopolymere im Vergleich zu konventionellen Kunststoffen Handygehäuse aus kerafverstärktem Polylactid Lounge Chair »AufjedenFalz« aus Hanf, Flachs, Feigenbaumrinde und Bioharz, mehrwerk designlabor, Enrico Wilde Designstudie einer Karosserie aus naturfaserverstärktem Polylactid (PLA) B 4.14 B 4.15 65

Vorprodukte Teil C Halbzeuge 1 Vorprodukte Kunststoffaufbereitung Textilien Kernmaterialien 68 68 69 72 2 Faserverstärkte Kunststoffe Komponenten Eigenschaften von faserverstärkten Kunststoffen Fertigung 76 76 3 Kunststoffhalbzeuge Profile Platten Formteile Spezielle Halbzeuge im Ingenieurbau 82 82 85 91 92 4 Folien Herstellung von Folien Halbzeuge und Lieferformen Keder 94 94 96 99 5 Textile Membranen Anforderungen an Membranwerkstoffe Beschichtungen Halbzeuge und Lieferformen Mechanische Eigenschaften Konfektionierung Textile Gurte 6 Erweiterte bauphysikalische und energetische Aspekte Dämmtechnische Eigenschaften Licht- und wärmestrahlungstechnische Eigenschaften Feuchtetechnische Eigenschaften Schallschutz und Raumakustik Brandschutz und Brandverhalten Weitere Eigenschaften Kunststoffe bei der Aktivnutzung regenerativer Energien 77 78 100 100 100 103 105 106 107 108 108 113 117 117 119 121 122 7 Umweltwirkungen von Kunststoffen 124 Ökobilanzierung 124 Beeinflussung der Ökobilanz im Lebenszyklus von Kunststoffen 128 Abb. C temporäres Terminalgebäude, Wien (AT) 2005, Itten + Brechbühl, Baumschlager Eberle P.ARC 67
Vorprodukte C 1.1 Bei der Fertigung von Kunststoff- oder Membranhalbzeugen wird meist auf standardisierte Vorprodukte zurückgegriffen, die von den Endverarbeitern in der Regel fertig bezogen werden. Dem Planer steht mit den vorgefertigten Kunststoffmischungen, den gängigen Textilien oder den Kernmaterialien eine Auswahl an Ausgangsprodukten zur Verfügung, welche zu ganz unterschiedlichen Endprodukten verarbeitet werden können (Abb. C 1.3). Textilien sind beispielsweise sowohl für Membranen als auch für faserverstärkte Kunststoffe einsetzbar. Kunststoffaufbereitung Zwischen der Synthese der Polymere im Reaktionskessel und der Endverarbeitung werden Kunststoffe in verschiedenen Arbeitsschritten aufbereitet und mit Additiven veredelt. Die zusammengestellte Mischung wird auch als Compound (engl. Gemisch) bezeichnet. Diese Verarbeitungsschritte laufen bei den drei Kunststofftypen Thermoplaste, Elastomere und Duroplaste grundsätzlich unterschiedlich ab. Die technologischen Besonderheiten ergeben sich aus den jeweiligen Eigenschaften hinsichtlich Molekülstruktur und Wärmeverhalten (siehe Einteilung der Kunststoffe, S. 31f.). Thermoplaste können beliebig oft geschmolzen oder erweicht werden. Die Polymerreaktion findet bereits beim Kunststofferzeuger statt. Im Gegensatz dazu kann die Vernetzung von Elasto- meren und Duroplasten erst nach der Verarbeitung erfolgen, diese Kunststoffe lassen sich im Nachhinein nicht mehr formen. Die Aufbereitung des Grundwerkstoffs zum verarbeitungsfähigen Kunststoff erfolgt meist beim Produzenten, in einigen Fällen auch erst durch den Endverarbeiter. Der Kunststoff bzw. die Ausgangsprodukte werden hierzu zerkleinert oder durchmischt und mit Additiven sowie Füllstoffen versetzt. Dabei spricht man bei einer Vermengung im trockenen Zustand von Mischtechnik, im plastischen Zustand von Homogenisieren. Die Zusatzstoffe sind häufig für eine Verarbeitungsfähigkeit der Kunststoffe unersetzlich, daneben lassen sich Eigenschaften wie Farbe, Brandverhalten, Festigkeit oder der Materialpreis maßgeblich von diesen beeinflussen (siehe Füllstoffe und Additive, S. 32ff.). Thermoplaste Bei der Synthese im Chemiewerk fallen Thermoplaste meist in Pulverform an. Sie werden vor der Verarbeitung mit Additiven sowie Füllstoffen angereichert und meist als Granulate vertrieben. Lediglich PVC wird von größeren Endverarbeitern (> 350 t pro Jahr) in Pulverform bezogen und dort aufbereitet. Dieses Vorgehen ist bei PVC meist wirtschaftlicher, da die Eigenschaften durch entsprechende Beigabe von Additiven und Füllstoffen vielfältig gesteuert werden können und damit eine produktspezifische Mischung möglich ist. Pulver Mehrlochdüse Messer Extruder C 1.1 C 1.2 C 1.3 Mischtextil aus Kohlenstoff- und Aramidfasern Granulation von thermoplastischen Kunststoffen Verarbeitungsmethoden und Halbzeuge von Kunststoffen Wasserzulauf Granulat im Wasserstrom C 1.2 68
Vorprodukte Werkstoff Thermoplaste Verarbeitung Schäumen Spritzgießen Hohlformen, Extrusionsblasen Kalandrieren Halbzeuge Schaumstoff Formteile Hohlkörper Folien Duroplaste Extrudieren (Strangpressen) Profile Wellplatten, Stegplatten Gießen Handlaminieren (+ Vakuumverfahren) massive Platten Sandwichplatte Vorprodukte Pressen Verbundplatten Elastomere Pultrudieren Profile (faserverstärkt) Wickeln und Flechten Rohre (faserverstärkt) Extrudieren Gummiprofil Verstärkungsfasern C 1.3 Vermengung Für die späteren Eigenschaften des Kunststoffs spielt die gute Durchmischung der Komponenten eine entscheidende Rolle. Aus diesem Grund erreichen recycelte Thermoplaste unter Umständen bessere Eigenschaftskennwerte, da die Kunststoffe im Wiederverwertungsprozess nochmals durchmischt werden. Neben der kontinuierlichen Vermengung (z. B. im Schneckenkneter) existieren zahlreiche diskontinuierliche Verfahren (z. B. in Mischtrommeln), die vor allem bei der Verarbeitung kleinerer Mengen interessant sind. Anschließend wird das Gemisch eingeschmolzen und homogenisiert. Das erweichte Material kann nun direkt verarbeitet oder zunächst granuliert werden. Granulation Findet die Aufbereitung von Thermoplasten nicht beim Endverarbeiter bzw. zu einem späteren Zeitpunkt statt, wird zunächst ein Granulat erzeugt, das gelagert und transportiert werden kann. Die Granulation erfolgt unmittelbar nach dem Plastifizieren des Kunststoffgemischs in einem Extruder. Dabei wird die Schmelze durch Düsen ausgepresst, von einem rotierenden Messer in mehrere Millimeter große Pellets geschnitten und mit Wasser abgekühlt (Abb. C 1.2). Es entstehen kugel- oder linsenförmige Körner, bei einer Kaltgranulierung auch zylinderförmige. Das Granulat (Abb. B 1.1, S. 30) wird vor der Lagerung getrocknet; bei einigen Kunststoffen wie PC, PA und PMMA ist direkt vor der Endverarbeitung ein weiteres Trocknen notwendig. Endverarbeitung Die Verarbeitungsmöglichkeiten von Thermoplasten sind je nach Geometrie des herzustellenden Halbzeugs sehr unterschiedlich. Bei allen Verfahren wird das Kunststoffgranulat zunächst eingeschmolzen, in einer Schnecke homogenisiert und anschließend dem Formwerkzeug zugeführt. Bei der Produktion von Folien wird die Schmelze kalandriert oder extrudiert bzw. extrusionsgeblasen (siehe Herstellung von Folien, S. 94ff.). Bei der Beschichtung von Membranen werden Thermoplaste in dünnen Schichten auf das Textil appliziert (siehe Beschichtungen, S. 101). Kompakte Platten, Profile und freie Geometrien lassen sich durch Gießen, Spritzguss, Pressen oder Extrusion formen (siehe Extrusion, S. 82f. und Formteile, S. 91f.). Kernmaterialien oder Dämmschichten aus Kunststoffen werden geschäumt (siehe Herstellung, S. 74). Elastomere Rohkautschuke werden als Ausgangsmaterial für Elastomere vom Produzenten in Form von Ballen oder Platten geliefert, die Aufbereitung erfolgt durch den Endverarbeiter. Da Rohkautschuk sehr zäh ist, müssen robuste Zerkleinerungsmaschinen eingesetzt werden. In Stempelknetern oder Walzwerken wird zunächst die Viskosität des Werkstoffs herabgesetzt (Mastifikation) und somit die homogene Vermengung mit Füllstoffen und Additiven erleichtert. Vor allem Ruß oder Kieselsäure (Silica) sind wichtige Additive eines Elastomers. Kautschuke werden unmittelbar nach der Vermengung verarbeitet. Die gängigen Verfahren (Extrusion, Kalandrieren, Pressen oder Spritzgießen) ähneln denen der Thermoplastverarbeitung. Da Elastomere nach der Polymerreaktion nicht mehr schmelzbar sind, erfolgt die Vernetzung (Vulkanisation) erst nach der Formgebung (siehe Elastomere, S. 44f.). Dabei sind stets hohe Temperaturen und in einigen Fällen ein Überdruck von bis zu 200 bar erforderlich. Für spezielle Anwendungen kommen kaltvernetzende Systeme zum Einsatz; diese haben jedoch wesentlich längere Härtungszeiten. Duroplaste Duroplaste werden in Form von flüssigen Reaktionsharzen, seltener als vorkonfektionierte Formmassen von den Endverarbeitern bezogen. Wie bei den Elastomeren findet die Vernetzungsreaktion erst während des Formgebungsprozesses statt, da auch Duroplaste nach einmaliger Härtung nicht mehr schmelzoder umformbar sind. Die noch nicht vernetzten Harze werden in reaktionsfähigen Lösungsmitteln (z. B. Styrol) geliefert, die Haltbarkeitsdauer der Gebinde beträgt oft weniger als ein Jahr. Füllstoffe und Additive, z. B. Flammschutzmittel, werden in der Regel bereits beim Kunststoffproduzenten beigemischt. Vor der Verarbeitung wird dem Harz zunächst ein Härter, anschließend ein Beschleuniger zugegeben. Die Härtung erfolgt dann unter Raumtemperatur oder erhöhter Temperatur. Dabei begrenzt die Gelierzeit, also der Zeitraum zwischen Härterzugabe bis zum Einsetzen der Härtungsreaktion, die maximal mögliche Verarbeitungsdauer des Harzes. Neben den Reaktionsharzen existieren auch Vorprodukte, denen der Härter bereits zugemischt ist. Dies können vorgetränkte Gewebe (Prepregs) oder rieselfähige Formmassen sein. Die Haltbarkeit dieser Halbzeuge ist deutlich kürzer als bei Reaktionsharzen. Die Härtungsreaktion wird bei der Verarbeitung durch erhöhte Temperaturen ausgelöst. Duroplaste kommen hauptsächlich für faserverstärkte Kunststoffe zum Einsatz. Entsprechende Halbzeuge werden gepresst, handlaminiert, pultrudiert, gewickelt oder geflochten (siehe Fertigung, S. 78ff.). Weniger gebräuchlich ist dagegen die Verwendung von Duroplasten als Gießharze oder Formmassen. Textilien Textilien sind Halbzeuge aus verwobenen Fasern. Sie sind wichtige Vorprodukte für den Membranbau und für faserverstärkte Kunststoffe, da lose Fasern in der Regel nicht unmittelbar verarbeitet werden können. Nur in Ausnahmefällen werden sogenannte Filamente oder Faserbündel direkt für die Verstärkung von Kunststoffen verwendet. Neben den klassischen Geweben gibt es heute eine Vielzahl unterschiedlicher Textilien für spezifische Verwendungszwecke. Einen Überblick der gebräuchlichen Textilien und entsprechender Bindungsarten der Stoffe geben Abb. C 1.5 – C 1.9 (S. 70f.). Grundbegriffe Die üblichen Fasern und ihre entsprechenden Verarbeitungsformen sind im Kapitel »Fasern« (S. 48ff.) dargestellt. Eine einzelne Faser wird 69
Vorprodukte als Filament bezeichnet. Rovings sind Bündel paralleler Filamente, ein Garn bzw. Faden besteht hingegen aus verdrillten Filamenten. Mehrere verdrillte Garne werden als Zwirn bezeichnet. Gewebe Gewebe werden aus sich rechtwinklig kreuzenden Fadensystemen hergestellt. Dabei liegen die sogenannten Kettfäden parallel zur Gewebelängsrichtung – sie sind auf den Webstuhl aufgespannt –, die Schussfäden werden senkrecht dazu mit Schiffchen oder per Düsenwebung eingetragen. Die Schussfäden wellen sich (ondulieren) in der Regel um die Kettfäden. Dies führt, abhängig von der Bindungsart, unter Last zu einer unterschiedlichen Dehnung des Textils in Kett- und Schussrichtung. Durch unterschiedliches Anheben der Kettfäden beim Schusseintrag (Flottierung) ergeben sich verschiedene Bindungsarten, die einen wesentlichen Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften haben. Die drei Grundbindungsarten sind die Leinwand-, Köper- und Atlasbindung. Die kleinste, sich wiederholende Einheit eines Webmusters wird als Rapport bezeichnet. der Schuss je einmal über und dann mindestens zweimal unter dem Kettfaden läuft (Abb. C 1.5 b und C 1.7). Durch Verschieben des Wechsels um einen Schritt je Reihe ergibt sich ein diagonal laufender Grat. Die Köperbindung hat eine höhere Festig- und Steifigkeit als die Leinwandbindung, da die Strukturdehnung in Kettrichtung kleiner ist. Außerdem ist die Schmiegsamkeit, die sogenannte Drapierbarkeit besser (Abb. C 1.4 b). Bei der Atlasbindung wird der Schussfaden zunächst unter einen Kettfaden und anschließend über mehr als zwei Kettfäden geführt (Abb. C 1.5 c und C 1.8). Nach jeder Reihe wird der Wechsel entsprechend um mindestens zwei Schritte verschoben. Diese Bindung zeichnet sich durch eine sehr gute Drapierbarkeit aus (Abb. C 1.4 c). Bei faserverstärkten Kunststoffen wird sie daher für stark gekrümmte Bauteile verwendet, um glatte Oberflächen zu erreichen. Gelege Komplexe Matten Vor allem für maschinell hergestellte Faserverbundkunststoffe werden zunehmend komplexe Matten eingesetzt. Auf den mehrschichtigen Gelegen sind zusätzlich sogenannte Wirrfasern aufgebracht, die ebenfalls durch einen Nähfaden fixiert sind. Diese kurzen Faserstücke haben eine sehr feine Struktur; außen im Bauteil angebracht, entsteht so eine gleichmäßig glatte Oberfläche. Auch Kernmaterialien können bereits bei der Fertigung in Gelege integriert werden. Geflechte Bei Faserverbundwerkstoffen spielt oft die Schlagzähigkeit eine besondere Rolle, wozu geflochtene Textile, sogenannte Geflechte verwendet werden (Abb. C 1.5 e und B 2.1, S. 48). Durch die sich kreuzenden Fasern ergibt sich beim Bruch eine höhere Reibung und damit die gewünschte Schlagzähigkeit. Auch für die Faserverstärkungen von Rohren werden häufig Geflechte verwendet. Der Winkel zwischen den Fasern lässt sich einstellen und an die Beanspruchungen anpassen. Bindungsarten Die Leinwandbindung ist die einfachste und engste Bindungsart, hier liegt jeder Kettfaden abwechselnd über und unter einem Schussfaden (Abb. C 1.5 a und C 1.6). Die Leinwandbindung besitzt eine gute Dimensionsstabilität und lässt sich problemlos zuschneiden, ohne auszufransen. Eine Sonderform der Leinwandbindung ist die Panamabindung, bei der jeweils zwei oder drei parallele Kett- und Schussfäden verwoben werden. Die Köperbindung, auch Twill genannt, ergibt sich aus einem ungleichen Rhythmus, bei dem Im Gegensatz zu Geweben sind die Faserlagen bei Gelegen übereinandergelegt und nicht miteinander verwoben (Abb. C 1.5 d und C 1.9). Sie werden nur durch einen zusätzlichen dünnen Nähfaden in ihrer Lage fixiert. Verwendet man bei Faserverbundkunststoffen Gelege statt Gewebe, lassen sich die mechanischen Festigkeiten der fertigen Bauteile verbessern, da die Fasern nicht gewellt eingebaut werden. Von Vorteil ist außerdem, dass die Orientierung der Fasern relativ einfach an die Beanspruchungsrichtungen angepasst werden kann, da sie nicht zwingend orthogonal zueinander, sondern auch in frei wählbaren Winkel verlaufen können. Außerdem ist es möglich, nicht nur zwei, sondern mehrere Lagen übereinander anzuordnen. Gelege werden unter anderem auch bei textilbewehrtem Beton eingesetzt. a b c a b c 70 Wirrfasermatten und Vliese Wirrfasermatten bestehen aus regellos liegenden Faserstücken, die miteinander verklebt sind (Abb. C 1.11, S. 72). Tritt die Wirrfasermatte bei der Verarbeitung in Kontakt mit dem Harz, löst sich die Verklebung und die Fasern passen sich der Bauteilform optimal an. Die Verbundwerkstoffe erreichen in der Fläche gleichbleibende Eigenschaften ohne Vorzugsrichtung. Sie werden beispielsweise für Behälter, Formteile oder Abdeckungen mit geringeren mechanischen Anforderungen verwendet. Wirrfasermatten lassen sich bei der Weiterverarbeitung gut über gewölbte Formen drapieren. Um glatte Oberflächen zu erzielen, werden bei C 1.4
Vorprodukte Faserverbundwerkstoffen als äußere Lage feine Wirrfasermatten, sogenannte Vliese, eingelegt. Es sind ebenfalls Sandwichbauteile mit einer Kernlage aus Vlies erhältlich (siehe Kernlagenvliese und Abstandsgewebe, S. 75). Gewirke und Gestricke Gewirke und Gestricke entstehen durch Schlaufen- oder Maschenbildung. Der Fertigungsprozess läuft grundsätzlich ähnlich dem manuellen Stricken ab. Da diese Textilien keine Vorzugsrichtung haben, eignen sie sich nur bedingt zur Verstärkung von Kunststoffen. Sie dienen vor allem als Trägermatte für andere Verstärkungsfasern oder zu deren Lagesicherung. Wegen ihrer besonders hohen Drapierbarkeit werden Gestricke bei sehr kleinen Radien eingesetzt. Abreißgewebe Abreißgewebe dienen nicht der Verstärkung von Kunststoffen, sondern der Herstellung einer rauen Oberfläche. Diese ist dann erwünscht, wenn auf einen faserverstärkten Kunststoff in einem späteren Arbeitsschritt weitere Lagen aufgebracht werden sollen oder eine Verbindung durch Überlaminieren erfolgt. Abreißgewebe werden als letzte Schicht auf den faserverstärkten Kunststoff aufgelegt, jedoch vor der vollständigen Härtung des Kunststoffs wieder abgezogen (»abgerissen«), wodurch eine zahnartige, raue Oberfläche entsteht (siehe Abb. E 2.23, S. 180.). Auswahl Bei der Auswahl des geeigneten Textils spielt neben fertigungstechnischen Aspekten vor allem das Tragverhalten eine wichtige Rolle. Dieses wird von der Orientierung der Fasern, deren Welligkeit und dem Flächengewicht (g/m2) bestimmt. Textile für Membranen Für textile Membranen werden reine Gewebe oder Verbundwerkstoffe aus Gewebe und mehreren Beschichtungslagen eingesetzt. Andere textile Verarbeitungsformen wie Gelege spielen hier keine Rolle. Für leichte Membrantypen und unbeschichtete Gewebe wird in der Regel die Leinwandbindung verwendet. Für stärkere, beschichtete Gewebe wird die Panamabindung eingesetzt, da hier aufgrund der geringeren Welligkeit (Ondulation) der Fäden das Gewebe unter hoher Belastung weniger kriecht und die Steifigkeitsunterschiede in Kett- und Schussrichtung geringer sind. Weil eine gleichmäßige Steifigkeitsverteilung im Gewebe vorteilhaft ist, werden auch beschichtete Membranwerkstoffe angeboten, bei denen im Webprozess die Schussfäden vorgespannt werden. Dadurch verteilt sich die Ondulation gleichmäßig auf Kett- und Schussfäden, was zu gleicher Steifigkeit führt. Textilien für faserverstärkte Kunststoffe Textilien werden zur Verstärkung flächiger, dünnwandiger Bauteile aus faserverstärktem Kunststoff eingesetzt. Insbesondere bei manueller Produktion verringert sich dadurch der Arbeitsaufwand im Vergleich zur direkten Verarbeitung der Fasern erheblich. Durch die Verwendung standardisierter Textilien lässt sich die Orientierung der Fasern im Bauteil besser kontrollieren. Dabei können auch unterschiedliche Fasertypen miteinander kombiniert werden, beispielsweise Kohlenstoff- mit Aramidfasern (Abb. C 1.1, S. 68). Die gebräuchlichsten Textilien für Faserverbundwerkstoffe sind Gewebe, Gelege und komplexe Matten, Geflechte sowie Wirrfasermatten und Vliese. Das textile Gefüge ist allerdings nur für die Verarbeitung notwendig, da C 1.4 Drappierbarkeit von Geweben: a Leinwandbindung b Köperbindung c Atlasbindung C 1.5 verschiedene Textilien (vereinfachte Darstellung ohne unterschiedliche Welligkeit der Gewebe in Kett- und Schussrichtung): a Leinwandbindung C 1.6 C 1.7 C 1.8 C 1.9 d e b Köperbindung c Atlasbindung d Gelege, mit Nähfaden e Geflecht Leinwandbindung Köperbindung Atlasbindung Gelege C 1.6 C 1.7 C 1.8 C 1.5 C 1.9 71
Vorprodukte C 1.10 C 1.11 C 1.12 C 1.13 C 1.14 Gelege aus Kohlenstofffasern Wirrfasermatte systematische Einteilung von Kernmaterialien Aufbau eines Sandwichbauteils Rasterelektronenmikroskop-Aufnahmen von Schaumstoffen a offenzellig b geschlossenzellig C 1.15 Lieferformen und Einsatzgebiete von Kunststoffschäumen C 1.10 C 1.11 die Fasern danach ausreichend durch den Kunststoff fixiert sind. Wirrfasermatten verlieren beim Kontakt mit dem Kunststoff ihre Bindungskräfte, damit können die einzelnen Faserstücke besser an die endgültige Form angepasst werden (Abb. C 1.11). Bei Geweben wirkt sich die Ondulation der Fasern negativ auf die Festigkeitseigenschaften des fertigen Bauteils aus. Aus diesem Grund werden für faserverstärkte Kunststoffe zunehmend Gelege aus geschichteten, ungewellten Faserlagen zur Verstärkung eingesetzt (Abb. C 1.10). Bei der Pultrusion, einer häufig eingesetzten Fertigungsmethode, besteht die Faserverstärkung nicht aus Textilien, sondern hauptsächlich aus parallelen Faserbündeln (Rovings). Allerdings werden auch dabei an der Oberfläche zusätzlich flächige Textilien eingesetzt. zeitig als Wärmedämmung fungieren. Das geringere Eigengewicht von Sandwichelementen erlaubt ökonomische Bauweisen und größere Spannweiten im Vergleich zu massiven Bauteilen. Im Folgenden werden vor allem Kernschichten für Sandwichelemente aus faserverstärktem Kunststoff betrachtet. Dabei werden als Deckschicht Textilien, die mit flüssigem Kunststoff (Harz) getränkt sind, schichtweise auf den Kern gelegt (laminiert). In diesem Fall ist keine zusätzliche Zwischenschicht (z. B. aus Klebstoff) notwendig. Deckschichten aus faserverstärktem Kunststoff haben herstellungsbedingt maximale Laminatstärken, welche die erzielbaren Spannweiten massiver Platten beschränken. Hier erlauben Sandwichbauteile signifikante Verbesserungen der Tragfähigkeit (siehe Sandwichbauteile, S. 177 und Detailausbildung bei Sandwichbauteilen, S. 183ff.). Sandwichelemente aus Kunststoffschäumen haben in der Regel die besten bauphysikalischen und mechanischen Eigenschaften. Sie werden in der Architektur bevorzugt dann eingesetzt, wenn keine Anforderungen an die Transluzenz des Sandwichbauteils bestehen. Kunststoffschaum kann dreidimensional modelliert werden, ist aber teuer. Hohlstrukturen mit Wabenkernen sind meist wirtschaftlicher, haben allerdings schlechtere Wärmedämmeigenschaften und sind aufwendiger zu verarbeiten. Nachteilig ist die schlechte Drapierbar- Kernmaterialien Kernmaterialien sind leichte Werkstoffe, die neben anderen Verbundbauteilen (z. B. transluzente Wärmedämmung) vor allem für Sandwichelemente verwendet werden. Diese bestehen aus einem vergleichsweise dicken, aber leichten Kern, tragfähigen Deckschichten sowie kraftübertragenden Zwischenschichten, meistens aus Klebstoff (Abb. C 1.13). Die Kernschicht dient der Schubübertragung zwischen den Deckschichten und kann gleich- keit, Wabenkerne lassen sich nur begrenzt dreidimensional formen. In Kombination mit transparenten Deckschichten sind jedoch lichtdurchlässige Bauteile realisierbar. Neben Schaumstoffen und Wabenstrukturen wird auch Balsaholz als Kern eingesetzt, für dünne Sandwichschichten werden Vliese und Abstandsgewebe verwendet. Einen Überblick der unterschiedlichen Kernmaterialien gibt Abb. C 1.12. Bei Sandwichelementen sind zur Einleitung von Stütz- oder Anschlusskräften örtliche Verstärkungen mit Profilen aus Stahl, Aluminium oder Kunststoff erforderlich, da die Kernmaterialien nur relativ geringe Festigkeiten aufweisen. Die werkstoffgerechte Konstruktion von Sandwichstrukturen wird in Kapitel »Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen« (S. 174ff.) erläutert. Sandwichbauteile sind wie andere Verbundbauteile nicht ohne Weiteres recycelbar, da sich ihre Komponenten wie Kern- und Deckschichten nachträglich oft nur schwierig oder gar nicht trennen lassen. Schaumstoffe Schaumstoffe bestehen mikroskopisch betrachtet je nach Ausgangswerkstoff und Produktionsverfahren entweder aus Zellen mit durchgehender, geschlossener Wandung (Abb. C 1.14 b) oder aus miteinander verbundenen, offenen Zellen (Abb. C 1.14 a). Daneben existieren auch Mischformen aus offenzelligen Konglomeraten geschlossenzelliger Kernmaterialien Vliese Abstandsgewebe Schaumstoffe Wabenkerne Balsaholz Deckschicht Zwischenschicht Kern Glas- und Keramikschaumstoffe Kunststoffschaumstoffe weich zähhart Metallschaumstoffe Deckschicht sprödhart C 1.12 72 C 1.13
Vorprodukte a Schaumpartikel, sogenannter Partikelschaum. Bei Integralschäumen wiederum ist der Porengehalt des Schaums im Bauteil unterschiedlich, meist nimmt er zu den Außenkanten hin ab. Dort bildet sich eine geschlossene Oberfläche, die als Deckschicht des »integrierten« Sandwichbauteils dient, außerdem wird die Hohlstruktur dadurch vor eindringenden Flüssigkeiten geschützt. Schaumstoffe können aus unterschiedlichen Materialien bestehen. Aus Kostengründen und wegen der besseren Verarbeitbarkeit kommen in der Architektur hauptsächlich Schäume aus Kunststoff zum Einsatz. Bei besonderen Anforderungen hinsichtlich Gebrauchstemperatur werden jedoch auch Metall-, Keramik- oder Glasschäume verwendet. Kunststoffschäume Generell unterscheidet man weichelastische, zähharte und sprödharte Kunststoffschäume. Für reine Dämmschichten können alle Typen eingesetzt werden; als Kernschicht eines tragenden Sandwichelements kommen jedoch nur zähharte Schäume in Frage. Weichelastische Schäume sind für Sandwichbauteile zu wenig formstabil, sprödharte Kunststoffe sind zu bruchempfindlich für tragende Strukturen. Die Auswahl eines geeigneten Schaumstoffs beruht häufig auf einem Kompromiss zwischen Festigkeit, Wärmedämmeigenschaft und Wirtschaftlichkeit. Je nach Verwendungszweck können offenoder geschlossenzellige Schaumstoffe von Vorteil sein. Als Kern von faserverstärkten Kunststoffen sind beispielsweise geschlossenzellige Systeme zu bevorzugen, da sie während der Verarbeitung nicht das flüssige Harz aufsaugen. Hierzu eignet sich besonders Schaumstoff aus zähem PVC-U. Für Vakuumdämmungen hingegen sind offenzellige Systeme notwendig, da die Luft in den Hohlkammern evakuiert werden muss (siehe VakuumDämmsysteme, S. 111). Bei direkter Bewitterung oder Kontakt mit anstehendem Wasser sind Integralschäume oder geschlossenzellige Systeme von Vorteil. Einen Überblick der Eigenschaften, Lieferformen und Anwendungen der Schaumstoffe geben Abb. C 1.15 und C 1.16, S. 74. C 1.14 b Kunststoff Klasse Dichte [kg/m3] Lieferform Zellen Einsatzgebiete PE weich 25 – 40 Platten, Blöcke, Formstücke geschlossen Polster, Verpackung, (Partikelschaum) Platten geschlossen Wärme- und Trittschalldämmung Strukturschaumbrettprofile geschlossen Trittschalldämmung PE-LD PP weich 10 – 35 weich 200 weich 10 – 35 Platten Wärme- und Trittschalldämmung weich 20 – 90 Formstücke, Platten Energieabsorber im PKW (Stoßfänger, Sitze, Autohimmel – textilbeschichtet), Hinterschäumen von Deckschichten, In-Mould-Skinning weich 100 – 500 Folien, tiefziehbar weich 500 – 700 Strukturschaumfolien und Bänder EVAC-X weich 40 – 260 Bahnen, aufgerollt PS zäh 10 – 30 Blöcke, Formteile zäh >20 zäh 60 – 200 zäh 60 – 200 Warmformfolien zäh ca. 60 Platten, gewalkt zäh zäh 400 – 500 zäh 20 – 25 PS/PP-E weich / zäh PVC-U zäh 40 – 130 zäh 500 – 700 PVC-P extrudierte Platten und Bahnen mit und ohne Schäumhaut geschlossen Fleischverpackung, Menüschalen, Geschirr, Flaschendichtungen Verpackungsbänder, Isolierfolien geschlossen Kälteschutzkleidung, gummiartig Wärmedämmung, Verpackung, (Partikelschaum) geschlossen Frostschutz für Rohrleitung, Straße und Eisenbahn geschlossen Kartonagen, Papierbeschichtung Eierbehälter, Menüschalen, Einweggeschirr Trittschalldämmung Platten geschlossen Straßenuntergründung (zur Erhöhung der Tragfähigkeit) Platten, Profile geschlossen Innenausbau mit Oberflächenstruktur, Deckendekorplatten Formteile (lost foam), auch PS/PMMACopolymer Modelle zum Vollformgießen von z. B. Leichtmetallzylindern Gießschaumstofftechnik Platten, Formteile wie PS, höhere Temperaturbeständigkeit, PKW-Innenseite, leichte Fahrradhelme Tafeln und Blöcke geschlossen Extrusionsplatten, warmformbar, d = 2 – 20 mm Sandwich-Kernmaterial, Flüssiggasisolierung, Rettungsflöße usw. Konstruktionsmaterial, BauInnen- und Außenverkleidung weich 50 – 150 Tafeln und Blöcke geschlossen Turnmatten, Dämpfung von Maschinenschwingungen weich 70 – 130 Tafeln und Blöcke offen Schallschutz, gasdurchlässiger Schaumkern weich 250 Bahnen MF weich ca. 10 Platten offen Schallabsorber, Hitzeschilde, Deckendekorplatten, Isolierschalen für Rohre und Behälter Bodenbelagrücken PMI zäh 30 – 300 Tafeln, d = 1,65 mm geschlossen Strukturbauteile im Flugzeugbau, Sandwichkerne UP spröd Leichtbauelemente gemischt Reaktionsharz-Schaumbeton PUR weich / zäh 30 – 300 Blöcke, Platten, Formteile gemischt Möbel, Matratzen, Fahrzeugausstattung, Dämmschalen PF spröd 40 – 100 Platten Dämmstoff C 1.15 73
Wärmeleitfähigkeit [W/mK] Vorprodukte C 1.16 C 1.17 C 1.18 C 1.19 C 1.20 C 1.21 Wertebereiche von Bruchspannung und Wärmeleitfähigkeit wichtiger Kunststoffschäume im Vergleich Aramidwabenkern strukturiertes Kernlagenvlies unstrukturiertes Kernlagenvlies Abstandsgewebe vor dem Tränken mit Kunststoff Balsaholz Herstellung Schäume lassen sich aus fast allen Kunststoffen erzeugen. Die Schaumstruktur entsteht durch ein Treibmittel, das dem Kunststoff beigemischt ist und beim Erhitzen bei einer definierten Temperatur Gase bildet bzw. diese abspaltet. Nur in Sonderfällen wird mechanisch Luft eingeschlagen. Physikalische Treibmittel blähen sich bei Erreichen des Siedepunkts von Gasen (z. B. Kohlendioxid) auf, durch diese Volumenvergrößerung bilden sich die Zellen. Für physikalische Treibmittel sind relativ geringe Temperaturen bei der Verarbeitung ausreichend, der Schaumstoff wird leicht und sehr gleichmäßig. Chemische Treibmittel hingegen benötigen höhere Temperaturen. Sie spalten durch Reaktionsprozesse Gase ab und liefern dichtere Schäume, die unter anderem für Integralschäume Verwendung finden. Schaumstoffplatten werden kontinuierlich in Blockschaumanlagen produziert. Bei Sandwichbauteilen ist auch das direkte Einschäumen des Kerns zwischen die starren Deckschichten gebräuchlich. Bei diskontinuierlichen Verfahren wird das Treibmittel vorab auf das Formwerkzeug gespritzt. Integralschäume werden im Druckverfahren durch eine gezielt gesteuerte Temperierung des Formwerkzeugs produziert. Dadurch kollabieren die Hohlzellen im Randbereich und verdichten sich. Integralschaumbauteile müssen bereits bei der Herstellung ihre endgültige Form erhalten, eine Nachbearbeitung ist nicht C 1.17 74 0,015 UF (spröd) 0,02 PUR (zäh) PF (spröd) 0,025 XPS (zäh) 0,03 0,035 0,04 EPS (zäh) PUR (weich) 0,045 PVC (zäh) PVC (weich) MF (weich) PE (weich) PES (zäh) 0,05 0,055 0 0,2 0,4 0,6 möglich. Für Integralschäume eignen sich am besten duroplastische Kunststoffe als Ausgangswerkstoff. Alternativ wird beim drucklosen Zweischichtverfahren in der Randzone zunächst ein Kunststoff ohne Treibmittel aufgebracht und anschließend der mit Treibmittel versetzte Kunststoff. Klimaschädliche Gase Das ehemals gebräuchliche physikalische Treibmittel Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) darf wegen der ozonschädigenden Wirkung nicht mehr verwendet werden. Chemische Treibmittel setzen Wasserdampf, Stickstoff, Kohlenmonoxid oder Ammoniak frei. Diese Gase haben allerdings ebenfalls eine klimaschädigende Wirkung, welche jedoch geringer ist als die von FCKW. Genau wie bei Bodenbelägen (siehe Boden- und Fahrbahnbeläge, S. 58) besteht bei der Verwendung in Wohnräumen grundsätzlich ein Gesundheitsrisiko durch Ausgasen der Kunstststoffschäume. Polystyrol-Schaumstoffe (EPS, XPS) Polystyrol-Schaumstoffe sind zäh und haben relativ gute Wärmedämmeigenschaften, besitzen aber eine eher geringe Tragfähigkeit. Der gängige Partikelschaumstoff aus expandiertem Polystyrol (EPS) hat eine weiße Einfärbung. Er ist vor allem für Dämmungen ohne direkten Wasserkontakt gebräuchlich. Extrusionsge- C 1.18 0,8 1 1,2 1,4 1,6 Bruchspannung [N/mm²] C 1.16 formte Polystyrol-Hartschaumstoffe (XPS) sind hingegen feinporiger und je nach Hersteller mit unterschiedlichen Farben versetzt (Grün, Rosa, Blau). XPS ist schwerer als EPS und aufgrund des geschlossenzelligen Aufbaus wasserfest. Die mechanischen Kennwerte von XPS sind höher als die von EPS, hingegen sind die Dämmwerte und das Wärmespeichervermögen von EPS geringfügig besser. Je nach mechanischer und geometrischer Anforderung ergeben sich die entsprechenden Vorzüge für beide Produkte. Beide Schaumstoffe können grundsätzlich auch als Kernmaterialien bei Sandwichbauteilen aus faserverstärktem Kunststoff eingesetzt werden. Sie liefern zwar relativ geringe mechanische Kennwerte, sind jedoch recht preisgünstig. Polyurethan-Schaumstoffe (PUR-Schäume) Polyurethan ist Ausgangsmaterial für Schäume unterschiedlichster Eigenschaften. Es lassen sich sowohl weiche Elastomerschäume als auch zähharte und sehr tragfähige Hartschäume herstellen. PUR-Schäume haben gute Klebeeigenschaften, sie haften meist ohne weitere Hilfsmittel an Deckschichten oder Oberflächen, wenn sie direkt in diese eingeschäumt werden. Außerdem besitzen sie sehr gute Wärmedämmeigenschaften. Beim Einbetten in faserverstärkten Kunststoff neigt PUR-Hartschaum zum Einsaugen von Harz. Da er aber einen guten Kompromiss hinsichtlich Festigkeit und C 1.19
Vorprodukte Wirtschaftlichkeit darstellt, ist er für den Formenbau und als Sandwichmaterial sehr gebräuchlich. Die Formgebung mittels CNC-Fräse ist problemlos möglich. Elastischer PUR-Schaum ist im Bauwesen für die nachträgliche wärmetechnische Fugenabdichtung z. B. bei Fenstern gebräuchlich, übernimmt aber keine tragende Funktion. Polyvinylchlorid-Schaumstoffe (PVC-Schäume) PVC-Schäume können ebenfalls weich oder zähhart eingestellt werden. Die mechanischen Eigenschaften von PVC-Hartschaum sind besser als die der anderen Kunststoffschäume. Da PVC-Schaum kein Harz aufsaugt, lässt er sich sehr gut als Kern für faserverstärkte Kunststoffe verarbeiten. Wegen der hohen Herstellungskosten wird der Schaum allerdings nur für Kernschichten mit hohen Anforderungen an die Tragfähigkeit eingesetzt. Seine Wärmedämmeigenschaften sind schlechter als die von PURSchäumen. Wabenkerne Sandwichbauteile mit Wabenkernen haben ein besonders niedriges Eigengewicht und sind häufig preiswerter als Schaumstoffe. Sie werden sowohl als Kernschicht für faserverstärkte Kunststoffe als auch für transluzente Wärmedämmungen verwendet. Je nach System sind sehr hohe Tragfähigkeiten erzielbar. Da die Luftkammern wesentlich größer sind als bei Schaumstoffen, werden sie nicht als Wärmedämmung eingesetzt. Die Wabenstrukturen (Honeycombs) werden unter anderem aus Aluminium, phenolharzgetränktem Aramidpapier, thermoplastischen Kunststoffen wie PP oder PET oder glasfaserverstärktem Kunststoff hergestellt. Im Sandwichbauteil werden die Deckschichten anschließend direkt auf den Wabenkern geklebt oder laminiert. Teilweise erhalten Waben schon bei der Herstellung ein Oberflächenvlies, um das Aufbringen der Deckschicht zu erleichtern. Wabenkerne sind nur begrenzt drapierfähig, weshalb sie vor allem für ebene oder schwach gekrümmte Sandwichpaneele eingesetzt werden. Sie haben üblicherweise Dicken zwischen 1,5 und 90 mm. Aramidwabenkern Im Bootsbau und für Sportflugzeuge sind Wabenkerne aus Aramidpapier (Abb. C 1.17) derzeit sehr weit verbreitet. Dieses Kernmaterial ist besonders weich und relativ preisgünstig. Die Aramidwaben werden als Platten von ca. 1,20 ≈ 2,40 m mit Dicken ab 1,5 mm geliefert. Die Standardausführung hat einen hexagonalen Querschnitt, daneben gibt es auch ovale Wabenstrukturen mit verbesserter Drapierbarkeit. Häufig bestehen die Decklagen aus glasoder kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff und werden direkt überlaminiert. Der Verbund zwischen Deckschicht und Aramidwabenkern entsteht durch das Harz des faserverstärkten Kunststoffs, weshalb ein ausreichend hoher Harzanteil eingeplant werden sollte. Thermoplastische Röhrchenwaben Waben aus thermoplastischen Kunststoffen wie PP oder PET haben in der Regel einen kreisrunden Wabenquerschnitt. Sie sind elastisch sowie schlagzäh und eignen sich damit sehr gut zur Stoßdämpfung oder Vibrationsminderung. Thermoplastische Deckschichten können direkt auf die Waben aufgebracht und durch Warmpressen verschweißt werden (z. B. bei transparenter Wärmedämmung). Bei Decklagen aus faserverstärkten Kunststoffen bzw. Aluminium oder Glas wird auf die Röhrchenstruktur zunächst eine Vliesschicht als Haftvermittler aufgetragen. Kernlagenvliese und Abstandsgewebe Bei dünneren Sandwichplatten mit Stärken von einigen Millimetern bis zu wenigen Zentimetern kommen vorkonfektionierte Kernlagen und Abstandsgewebe zur Anwendung. Sie sind kostengünstig und können mit geringem Arbeitsaufwand eingebaut werden. Festigkeiten und Transparenz variieren je nach System erheblich. Abstandsgewebe Abstandsgewebe (Abb. C 1.20) bestehen aus zwei Decklagen aus Glasfasergewebe, die durch senkrecht angeordnete Fäden verbunden sind. Beim Laminieren wird das Abstandsgewebe mit Harz getränkt und zusammengedrückt. Anschließend stellen sich diese Fäden C 1.20 selbsttätig auf, sodass ein 3 – 23 mm hohes sandwichartiges Laminat mit erhöhter Biegesteifigkeit entsteht. Die vollständig mit Harz getränkten Gewebelagen wirken im Endzustand als tragende Decklagen, während die nur partiell mit Harz getränkte Zwischenschicht den Sandwichkern darstellt. Um einer Styrolanreicherung in der Kernschicht vorzubeugen, welche die Aushärtung des Kunststoffs negativ beeinflussen würde, sind spezielle Harzrezepturen zu benutzen. Wegen der ausschließlichen Verwendung von Glasfasern und der dünnen Deckschichten können Laminate mit einer hohen Transparenz erzielt werden. Kernlagenvliese Für besonders dünne Sandwichstrukturen bis ca. 6 mm Dicke werden perforierte Vliesstoffe aus Polyesterfasern und Mikrohohlkugeln verwendet (Abb. C 1.18 und C 1.19). Die Perforation wird beim Laminieren vom Harz durchtränkt, damit entsteht eine gute Verbindung der Deckschichten. Laminate mit Kernlagenvliesen spalten weniger leicht auf als Sandwichbauteile mit Schaumkern. Durch die Hohlkugeln wiederum wird nicht das ganze Vlies getränkt, was das Eigengewicht des gesamten Bauteils reduziert. Leichtholz Leicht- bzw. Balsaholz hat eine Dichte zwischen 100 und 200 kg/m3 und liegt damit im mittleren Bereich von Hartschaumstoffen (Abb. C 1.21). Die Feuchteempfindlichkeit von Balsaholz ist bei einigen Anwendungen nicht unproblematisch, da es quellen und verrotten kann. Weil die mechanischen Eigenschaften unter denen von Hartschäumen liegen, werden bei höheren Anforderungen an die Tragfähigkeit meist Schaumstoffe als Kernmaterial bevorzugt. Balsaholz spielt jedoch nach wie vor im Modellbau eine nicht unerhebliche Rolle, da es sehr preiswert und einfach zu bearbeiten ist. C 1.21 75
Faserverstärkte Kunststoffe C 2.1 Faserverstärkte Kunststoffe spielen für Anwendungen in der Architektur eine bedeutende Rolle, da im Gegensatz zu unverstärkten Kunststoffen großformatige Bauteile und höhere Spannweiten möglich sind. Es lassen sich damit Halbzeuge (siehe Kunststoffhalbzeuge, S. 82ff.) und frei geformte Konstruktionen realisieren (siehe Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen, S. 174ff.) Die Verbundwerkstoffe bestehen aus verschiedenen Fasermaterialien und Kunststoffen. In einigen Fällen wird der Kunststoff auch um ein zusätzliches Kernmaterial zu einem Sandwichelement geschichtet. Übliche Abkürzungen oder Bezeichnungen in diesem Zusammenhang sind: • glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) • kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK) • Laminat – geschichteter Verbund aus Fasern und Kunststoff • Harz – duroplastischer Kunststoff vor Härtung (auch Reaktions- oder Gießharz) • Matrix – formgebender und bindender Stoff (Harz bzw. Kunststoff) im Endzustand Kunststoff hingegen übernimmt keine primär tragenden Aufgaben, sondern stabilisiert und schützt die Fasern. Kunststoffe Die Kunststoffmatrix definiert die Form des Verbundbauteils und schützt die Fasern vor UVStrahlung und aggressiven Medien wie Feuchtigkeit oder Chemikalien. Gleichzeitig bildet der Kunststoff die Oberfläche und bestimmt damit Transparenz, Farbe und Haptik des Faserverbundwerkstoffs. Die Halbzeuge werden in der Regel nach der Produktion nicht mehr beschichtet. Wie bei allen Kunststoffen werden auch bei Faserverbundkunststoffen verschiedene Additive und Füllstoffe zur Steuerung der Materialeigenschaften beigemischt. So kommen z. B. bei Brandschutzanforderungen Flammschutzmittel zum Einsatz, bei pultrudierten Halbzeugen vor allem mineralische Füllstoffe zur Reduktion von Schwindvorgängen (siehe Füllstoffe und Additive, S. 32f.). Die optischen und mechanischen Eigenschaften faserverstärkter Kunststoffe werden durch das Zusammenspiel ihrer Komponenten bestimmt. Die Fasern erhöhen Tragfähig- sowie Materialsteifigkeit des Kunststoffs und damit maßgeblich auch die des Verbundbauteils. Der Gebräuchliche Harzsysteme Für Faserverbundbauteile werden fast ausschließlich duroplastische Kunststoffe verwendet. Aufgrund der niedrigen Viskosität von Harz vor der Härtungsreaktion können die Faseroberflächen gut benetzt werden. Außerdem sind Duroplaste widerstandsfähiger gegenüber Umwelteinflüssen als Thermoplaste. Im Bauwesen sind ungesättigtes Polyesterharz (UP), Epoxidharz (EP), Vinylesterharz (VE bzw. PHA) a b Komponenten C 2.1 maschinelle Produktion von faserverstärktem Kunststoff (Pultrusionsverfahren) C 2.2 Faserlagen eines ausgewählten pultrudierten Profils a Probekörper (abgebrannte Kunststoffmatrix) b schematische Darstellung C 2.3 Eigenschaften verschiedener Faserverbundwerkstoffe (Richtwerte) 76 C 2.2
Faserverstärkte Kunststoffe Werkstoff Glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff 3 (CFK) Spezifikation pultrudiertes Laminat GFK-P E23 Dichte Zugfestigkeit, längs Zug-E-Modul, längs Zugfestigkeit, quer Zug-E-Modul, quer [kg/dm3] [N/mm2] [N/mm2] [N/mm2] [N/mm2] 1,8 240 23 000 50 7000 Wärmeausdehnungskoeffizient [10-6/K] GFK-M 1,5 80 7000 80 7000 30,0 Mischlaminat GFK-MW 1,6 120 12 000 120 12 000 25,0 Wickellaminat GFK-FM/FMU 1,6 160 15 000 50 8000 hochfest CFK-HT 1,6 2800 165 000 0 – mittelmodulig CFK-IM 1,6 2800 210 000 0 – hochmodulig CFK-HM 1,6 1350 300 000 0 – längs /quer zur Faserrichtung längs zur Faserrichtung 3 Fasern ausschließlich in Bauteillängsrichtung orientiert = unidirektional 2 [W/mK] 9,0/30,01 Wirrfaserlaminat 1 Wärmeleitfähigkeit 0,25 15,0/30,01 0,2 2 17,0 Wirrfaserlaminat: flächiges Laminat mit ausschließlich Wirrfaserverstärkung Mischlaminat: flächiges Laminat mit Wirrfaserverstärkung und Gelegen bzw. Geweben Wickellaminat: flächiges Laminat mit ausgeprägter Vorzugsrichtung C 2.3 und Phenolharz (PF) üblich (siehe Duroplaste, S. 46f.). UP eignet sich für alle Standardanwendungen und insbesondere für glasfaserverstärkten Kunststoff. EP wird für hochfeste Bauteile und bei kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen eingesetzt, VE bei hohen chemischen Schutzanforderungen, PF bei besonderen Brandschutzanforderungen. Darüber hinaus kann auch eine keramische Matrix zum Einsatz kommen, die jedoch vergleichsweise niedrige Festigkeiten liefert. Fasern Welche Verarbeitungsform der Fasern sich für die Herstellung von Halbzeugen eignet, hängt von dem Fertigungsverfahren und den gewünschten mechanischen Eigenschaften ab. Langfasern Langfasern (Rovings) sind nicht weiter bearbeitete Faserbündel, sie ermöglichen eine lineare Verstärkung mit hohem Fasergehalt und gute mechanische Eigenschaften für den Verbund. Rovings werden vor allem bei maschinellen Fertigungsmethoden wie dem Pultrudieren, Wickeln oder Flechten eingesetzt. Für manuelle Verfahren ist die Handhabung von Langfasern zu aufwendig, weshalb dort auf Textilien zurückgegriffen wird. Kurzfasern Kurzfasern liegen ungerichtet im Kunststoff. Zur besseren Handhabung werden Kurzfasern jedoch häufig als gepresste Wirrfasermatten verarbeitet (siehe Wirrfasermatten und Vliese, S. 70). Die temporäre Fixierung der Fasern (Schlichte) löst sich beim Kontakt mit dem flüssigen Harz, wodurch sich die Fasern an die Bauteilform anpassen können. Vliese sind sehr feine Fasermatten aus Kurzfasern, die an der Oberfläche von Laminaten angeordnet werden. Daneben ist es möglich, Kurzfasern direkt in das flüssige Harz zu mischen. Diese Mischung kann dann für Press- oder Injektionsverfahren eingesetzt werden. Wirrfasermatten und Vliese sind für alle flächigen Faserverbundbauteile gebräuchlich. Textilien Textilien werden im Verbundwerkstoff lagenweise übereinander angeordnet, dadurch ergibt sich eine flächige Verstärkung. Der erzielbare Fasermassenanteil und damit die mechanischen Eigenschaften liegen unter denen einer Langfaserverstärkung. Neben den klassischen Geweben können auch Gelege eingesetzt werden, bei denen die Fasern nicht verwoben, sondern nur übereinander geschichtet sind. Da die Fasern in Gelegen nicht gekrümmt (onduliert) sind, lassen sich höhere Festigkeiten des Verbundbauteils erzielen. Bei komplexen Matten werden auf der Oberfläche der Gelege zusätzlich Kurzfasern angeordnet. Eine Übersicht verfügbarer Textilien findet sich im Kapitel »Vorprodukte« (S. 69ff.). Textile Verstärkungen sind wegen der einfacheren Handhabung für manuelle Produktionsverfahren und dort gebräuchlich, wo Fasern in mehrere Richtungen orientiert werden sollen. Gebräuchliche Fasern im Bauwesen Im Bauwesen kommen hauptsächlich Glasfasern zum Einsatz, da sie eine hohe Festigkeit haben und relativ günstig sind. Seltener werden die teuren Kohlenstofffasern verwendet, die deutlich bessere mechanische Eigenschaften als GFK erzielen. Für architektonische Anwendungen ist aramidfaserverstärkter Kunststoff mit hoher Zähigkeit weniger gebräuchlich. Seine Bearbeitung ist deswegen schwierig und mit einem hohen Werkzeugverschleiß verbunden. Naturfasern verfügen für den Einsatz bei bewitterten Bauteilen bisher noch nicht über eine zufriedenstellende Feuchtigkeitsresistenz. Im Folgenden werden daher nur die Eigenschaften von GFK und CFK beschrieben und miteinander verglichen. Eigenschaften von faserverstärkten Kunststoffen Maschinell produzierte GFK-Bauteile können zwar die Festigkeit von Baustahl erreichen, der E-Modul liegt jedoch höchstens bei einem Zehntel von Stahl. Deswegen sind große Spannweiten nicht ohne Weiteres realisierbar. CFK hingegen hat einen mit Stahl vergleichbaren E-Modul und dabei eine wesentlich höhere Festigkeit (Abb. C 2.3). Interaktion zwischen Faser und Matrix Die Festigkeit des Verbundbauteils hängt vom Zusammenspiel von Faser und Kunststoffmatrix ab. Ein Bruch im Laminat wird in der Regel durch Risse in der Matrix hervorgerufen, die wiederum durch ein Überschreiten der maximalen Dehnung im Kunststoff entstehen. Die Verwendung eines Kunststoffs mit hoher Grenzdehnung erhöht damit auch die Festigkeit des gesamten Verbundbauteils. Daneben ist die Haftzugspannung zwischen Faser und Kunststoff für die Tragwirkung des Bauteils entscheidend. Die Haftfestigkeit zwischen Fasern und Matrix ist aufgrund von Fehlstellen stets geringer als die Festigkeit des unverstärkten Kunststoffs. Unter Schubspannung oder Querzug (z. B. bei Klebefugen) können sich daher die Einzelschichten voneinander abschälen (Delaminieren). Mittlerweile gibt es allerdings Bestrebungen, die Haftzugfestigkeit der Matrix durch Zugabe von Kohlenstoffnanoröhrchen zu verbessern (siehe Kohlenstoffnanoröhrchen, S. 34). Faseranordnung Werden Bauteile vorwiegend in Längsrichtung beansprucht, verwendet man hauptsächlich Langfasern (Rovings), sodass alle Fasern in eine einzige Richtung orientiert sind (unidirektionale Faserverstärkung / UD-Verstärkung). GFK-Profile jedoch können zusätzlich durch im Randbereich liegende Textilien verstärkt werden, die die Querkrafttragfähigkeit, den Lochlaibungswiderstand bei Schraubenverbindungen sowie die Scherfestigkeit bei Verklebungen erhöhen. Bei dünnen Streifen wie CFKLamellen hingegen reicht in der Regel eine ausschließlich unidirektionale Verstärkung aus, da sie nicht in Querrichtung beansprucht werden. Die Festigkeit senkrecht zur Lamelle ist gering, weil Kohlenstofffasern querdruckempfindlich sind. Faserschichtung Die Fasern werden im Verbundbauteil meist in mehreren Lagen mit unterschiedlicher Faserorientierung übereinandergeschichtet. In Abb. C 2.2 b ist die Fasergeometrie eines pultrudierten Profils exemplarisch darge- 77
Faserverstärkte Kunststoffe stellt. Abb. C 2.2 a (S. 76) zeigt einen veraschten Probekörper, d. h. der umgebende Kunststoff wurde abgebrannt, um die insgesamt 13 Einzelschichten sichtbar zu machen. Die zentrale, kompakte Lage aus unidirektionalen Rovings ist hier vergleichsweise dick und von mehreren Textilien mit unterschiedlicher Faserorientierung umgeben. Während die zentralen Rovings der hauptsächlichen Lastabtragung dienen, verbessern die außen liegenden Textilien die Querkrafttragfähigkeit und die Lochlaibungsfestigkeit bei Schraubenverbindungen. An der Außenseite ist die feine Vliesschicht erkennbar, die für eine glatte Oberfläche sorgt. Die Schichten werden bei der Produktion nicht einzeln, sondern vorkonfektioniert in Form von Gelegen oder komplexen Matten eingebaut (siehe Gelege, S. 70f.). a Verarbeitung Die Verarbeitung von GFK- und CFK-Halbzeugen kann mit Maschinen des Holzbaus erfolgen. Es sollten jedoch gehärtete Sägeblätter und Bohrer z. B. mit Diamantbesetzung bevorzugt werden, da die Werkzeuge sonst zu schnell verschleißen, beste Ergebnisse erzielen Wasserstrahlschneiden. Der Schleifstaub infolge spanender Bearbeitung ist zwar nicht gesundheitsschädlich, kann aber zu Hautreizungen führen, weshalb Absauganlagen oder Werkzeuge mit Wasserbenetzung zum Binden des Schleifstaubs empfohlen werden (siehe Gesundheits- und Sicherheitshinweise, S. 157). Die üblicherweise eingesetzten duroplastischen Kunststoffe lassen sich nicht verschweißen. Fügungen erfolgen meist durch Schrauben oder Kleben (siehe Verbindungen, S. 161ff.). Recycling Temperatur- und Brandverhalten Die Gebrauchstemperatur und das Brandverhalten von Faserverbundkunststoffen hängen vom verwendeten Harz und den Additiven ab. Grundsätzlich sind die im Bauwesen üblichen Faserverbundkunststoffe normal entflammbar (B 2 nach DIN 4102-1). Um ein schwer entflammbares Bauteil zu erhalten, wird Phenolharz (PF) verwendet oder ein ungesättigtes Polyesterharz (UP) mit Flammschutzmitteln gefüllt. Die Brandschutzklasse B 1 kann durch diese Maßnahmen gut eingehalten werden. Beim Einsatz einer keramischen Matrix lässt sich unter bestimmten Bedingungen sogar Brandschutzklasse A 2 einstellen. Dabei ist zu beachten, dass »gefülltes« Polyesterharz die Verarbeitung erschwert und nur geringere Faservolumengehalte zulässt. Epoxidharz (EP) ist bei Brandschutzanforderungen ungeeignet. b Oberfläche Die Gestaltung der Oberfläche von faserverstärkten Kunststoffen ist nicht nur aus optischen Gründen, sondern auch wegen der Dauerhaftigkeit der Halbzeuge von entscheidender Bedeutung. An der Oberfläche sollten sich keine Fasern befinden, da diese Wasser aufnehmen können und somit der Korrosion ausgesetzt sind. Daher ist zunächst eine Reinharzschicht zum Schutz des tragenden Laminats anzutragen. Bei Handlaminaten ist dies der sogenannte Gelcoat, der als erste faserfreie Schicht auf die Form aufgebracht oder nachträglich aufgesprüht wird. Bei pultrudierten oder gepressten Bauteilen wird ein feines Oberflächenvlies als äußerste Schicht angebracht, das die inneren Faserlagen vor Medien wie Wasser, Chemikalien oder UV-Strahlung schützt. Dringt aufgrund kleiner Risse Wasser in das Laminat ein, können sich direkt unter dem Gelcoat Blasen bilden. An den betroffenen Stellen ist die brüchige Oberflächenschicht zu entfernen und neu aufzutragen. Ursache solcher Risse kann ein Anprall oder eine zu hohe Belastung des Bauteils sein. c d 78 C 2.4 Verbundwerkstoffe sind im Allgemeinen kaum recycelbar, da für eine komplette Verwertung die Komponenten getrennt werden müssten. Für GFK und CFK werden in der Regel duroplastische Kunststoffe eingesetzt, die nicht aufgeschmolzen werden können und daher keine Trennung der Bestandteile möglich ist. Als Alternative bleibt lediglich ein Downcycling mit Eigenschaftsminimierung zum Schüttgut oder eine thermische Verwertung (siehe Verwertung von Kunststoffen, S. 130f.). Fertigung Je nach Querschnittsgeometrie und Seriengröße eignen sich unterschiedliche Verfahren für die Produktion von Halbzeugen aus GFK und CFK. Handlaminate bieten sich für kleine Serien oder Einzelteile sowie für große Bauteile und komplexe Geometrien an. Zur Optimierung der Laminatqualität und der Reproduzierbarkeit wurde das ebenfalls manuelle Harzinfusionsbzw. Vakuumverfahren entwickelt. Automatisierte und damit kostengünstigere Verfahren wie das Pressen, Pultrudieren, Wickeln und Flechten eignen sich für große Stückzahlen und kleinere Bauteile. Handlaminieren Frei geformte Bauteile mit geringen Stückzahlen, aber auch Elemente, die sich wegen ihrer großen Abmessungen nicht automatisiert herstellen lassen, werden manuell im Handlaminierverfahren gefertigt (Abb. C 2.5). Für die Formgebung ist eine Schalung erforderlich. Mit Metallblech oder Holz lassen sich lediglich einfache Geometrien realisieren. Für komplexere Einzelstücke werden meist Formen aus Polyurethan-Hartschäumen verwendet, mit denen sich allerdings nur relativ wenige Bauteile herstellen lassen, da der Schaumstoff beim Entformen oft bereits nach dem ersten Gebrauch beschädigt wird. Für größere Stückzahlen bieten sich Formen aus faserverstärktem Kunststoff an, die eine sehr lange Lebensdauer haben (siehe Formenbau, S. 184ff.).
Faserverstärkte Kunststoffe Die Oberflächen der Schalung werden geschliffen und mit einem Trennmittel überzogen, um das spätere Entformen zu erleichtern. Bei einer Form aus Hartschaum verhindert die Trennschicht zudem das Eindringen des Harzes in den Schaum. Wenn der Schaumstoff als Kernschicht im Bauteil verbleiben soll, entfällt die Trennschicht, um einen guten Verbund zu gewährleisten. Beim Laminieren wird zunächst eine weniger als 1 mm dicke faserfreie Reinharzschicht, der Gelcoat, auf die Form aufgetragen (Abb. C 2.4 a). Hierzu verwendet man Spezialharze, die eine gute Härte sowie Schlagzähigkeit besitzen und denen Thixotropiemittel beigegeben sind, welche das Harz dickflüssiger machen. Diese Deckschicht bildet einen Oberflächenschutz für das Laminat. Danach werden Textilien oder Fasermatten in die Form eingebracht, mit flüssigem Harz getränkt und durch Rollen angepresst bzw. entlüftet (Abb. C 2.4 b und c). Dabei ist die erste Lage meist ein feines Vlies, um eine glatte Oberfläche zu erzielen. Für Bauteile mit geringen Tragfähigkeitsanforderungen werden hierzu ausschließlich Wirrfasermatten verwendet, für tragende Bauteile hingegen Gewebe und bevorzugt Gelege. Dieser Prozess wird mehrfach bis zum Erreichen der gewünschten Laminatstärke wiederholt. Die Formseite erhält eine glatte Oberfläche, die Gegenseite ist rau. Fertigungsqualität Beim Handlaminieren frei geformter Bauteile ist es schwierig, eine vorgegebene Faserorientierung exakt einzuhalten. Der erzielbare Faseranteil beträgt maximal 45 Vol.-%, da die unterschiedlichen Textilien nicht dichter gepackt werden können. Dieser Anteil ist geringer, wenn das Harz durch ein beigefügtes Flammschutzmittel dickflüssiger ist. Die Qualität der erzeugten Bauteile hängt stark vom handwerklichen Können des Verarbeiters ab. Um die Anzahl von Fehlstellen sowie Lufteinschlüssen zu reduzieren und die Dichte der Laminate zu erhöhen, setzt man verschiedene Techniken ein, bei denen das Laminat unter Druck aushärtet. Der Druck kann dabei auf unterschiedliche Arten erzeugt werden. Hohle Bauteile beispielsweise werden mit einem innen liegenden Pressschlauch verdichtet. Diese Methode liefert ein sehr dichtes Laminat mit hohem Fasergehalt und weist nur geringe Werkzeugkosten auf. Häufig werden überflüssige Harzmengen sowie Lufteinschlüsse auch durch ein Vakuum abgesaugt und das Laminat somit besser verdichtet. Dazu wird das noch nasse Laminat zunächst mit einer porösen Trennfolie sowie einem Sauggewebe abgedeckt, anschließend mit einer Vakuumfolie überdeckt und an den Rändern abgedichtet. Harzinfusions- und Vakuumverfahren Auf der Grundlage des Handlaminierens wurden das Harzinfusions- und Vakuumverfahren 8 7 1 2 3 4 5 Harz 6 Verstärkungsfasern (Textilien) 7 Pinsel 8 Entlüftungsroller Form Trennschicht Gelcoat Oberflächenvlies 5 6 5 4 3 1 2 C 2.5 2 1 2 3 4 5 3 4 5 6 7 8 9 10 1 6 7 11 Dichtung Schraubzwinge Spannrahmen gelochtes Blech Rinne für überschüssiges Harz Folie Faserverstärkung mit Harz Trennschicht Form Vakuumbehälter für überschüssiges Harz Ventil zur Vakuumpumpe 8 9 11 10 C 2.6 1 2 3 4 Harz Unterform Oberform Distanzstücke 5 Faserverstärkung 6 fertiges Laminat 7 Heizung Druck 3 4 1 6 7 2 5 C 2.4 Fertigungsschritte des Handlaminierens a Aufbringen des Trennmittels auf die Form b Auftrag der Reinharzschicht (Gelcoat), Wartezeit bis zum Anhärten c Einlegen der Faserverstärkung, Andrücken und Entlüften mit Roller C 2.7 C 2.5 C 2.6 C 2.7 d lagenweises Aufbringen des flüssigen Harzes und weiterer Faserverstärkungen Handlaminierverfahren Harzinfusions- bzw. Vakuumverfahren Press- und Injektionsverfahren 79
Faserverstärkte Kunststoffe 1 2 3 4 5 6 7 8 4 beheizte Form Vorform textile Verstärkung Rovingspulen Tränkwanne Profil Raupenzug Säge 3 1 2 8 5 6 7 C 2.8 2 1 4 5 3 a 1 2 3 4 Antrieb Getriebe Wickeldorn verfahrbare Auflagerung der Tränkwanne 5 Tränkwanne mit Harz 6 Glasfaserstränge 6 5 3 Press- und Injektionsverfahren 4 b C 2.9 1 verfahrbare Flechtmaschine 2 rotierender Flechtkopf 3 stationärer Kern 1 3 2 C 2.10 C 2.8 C 2.9 80 entwickelt, um eine gleichmäßigere Laminatstruktur, weniger Lufteinschlüsse und beidseitig glatte Oberflächen zu erzielen (Abb. C 2.6, S. 79). Im Gegensatz zum Handlaminieren wird das Harz bei diesen Verfahren nicht vorab eingebracht, sondern erst nach dem trockenen Verlegen aller Faserschichten. Vor dem Harzeintrag wird das Laminat mit Trennfolie und Sauggewebe luftdicht eingepackt. Beim Harzinfusionsverfahren wird an einer Stelle Luft entnommen und gleichzeitig an der gegenüberliegenden Stelle Harz unter Druck eingepresst. Dieses Verfahren ist auch als Resin Transfer Moulding (RTM) bekannt. Beim Vakuumverfahren wird das Harz mittels Unterdruck in das Gewebe eingesaugt. Diese Produktionsmethode nennt man auch Vacuum Assisted Resin Transfer Moulding (VARTM). Sie dauert länger als das Harzinfusionsverfahren, liefert jedoch auch bessere Ergebnisse. Eine sehr hohe Qualität wird durch Aushärtung im Autoklav erreicht, einem beheizbaren Druckkessel, in dem sich Temperatur- und Druckzyklen exakt und reproduzierbar steuern lassen. Das Bauteil wird unter Drücken von 2 bis 25 bar sowie Temperaturen von ca. 180 °C ausgehärtet. Durch den allseitig wirkenden hydrostatischen Druck lassen sich auch für komplexe und groß dimensionierte Strukturen leichte Formen einsetzten. Hochleistungsbauteile der Luft- und Raumfahrt werden im Autoklav hergestellt. Pultrusion Faserwickeln a Faseranordnung b Tränken der Fasern mit Kunststoff C 2.10 C 2.11 C 2.12 Flechtverfahren Flechten eines Schlauchs mit Kern Faserspritzen Für die automatisierte Herstellung von Formteilen aus faserverstärktem Kunststoff gibt es verschiedene kalte und heiße Pressverfahren, die eine vergleichsweise hohe Grundinvestition in Werkzeuge und Formen erfordern (Abb. C 2.7, S. 79). Sie kommen daher vor allem in der industriellen Fertigung von Großserien zur Anwendung. Die Formgebung erfolgt dabei meist durch zweiteilige metallische Werkzeuge in einer Presse. Beim Kaltpressen können Werkzeuge aus Kunstharz eingesetzt werden. Der erreichbare Fasergehalt der Bauteile liegt bei nur ca. 50 Vol.-%. Fertigteile mit erhöhten Anforderungen werden im Heißpressverfahren mit Werkzeugen aus Stahl oder Aluminium hergestellt. Das Heißpressen ermöglicht Fasergehalte bis zu 65 Vol.-%. Vorimprägnierte Textilien Bei beiden Pressverfahren können sowohl flüssige als auch vorgefertigte Halbzeuge, sogenannte Prepregs, verwendet werden. Prepregs (preimpregnated fibres) sind mit Harz vorimprägnierte Verstärkungsfasern, dieses Harz härtet unter Druck und hoher Temperatur aus. Der Tränkungsvorgang der Fasern ist damit vom eigentlichen Formgebungsvorgang getrennt. Die maschinell produzierten Prepregs haben eine gleichbleibende Harzbenetzung der Fasern, weshalb eine hohe Qualität der Faserverbundwerkstoffe erreicht werden kann. Kurzfaserverstärkte Prepregs, sogenannte
Faserverstärkte Kunststoffe Sheet Moulding Compounds (SMC) sind in der industriellen Serienfertigung verwendete Halbzeuge, die mit Glasfasern von 25 bis 50 mm Länge verstärkt werden. Als Harze werden meist UP verwendet, seltener auch VE für höher beanspruchte Bauteile. Harzmasse und Fasern werden maschinell zwischen Trägerfolien gepackt und zu Endlosrollenware weiterverarbeitet. Das lederartige Material wird zugeschnitten und mit zweiteiligen, beheizten Stahlwerkzeugen unter hohem Druck (30 –140 bar) zu Formteilen verarbeitet. Wichtigste Anwendungsgebiete sind Großserien von Installationsschränken, Abdeckhauben, Fahrzeugteilen (z. B. Heckklappen oder Ölwannen) und anderen Formteilen. Da diese automatisierten Verfahren nur in solchen Großserien wirtschaftlich sind, spielen sie für Anwendungen in der Architektur bisher noch keine Rolle. Pultrusion Das Pultrusionsverfahren (Strangziehverfahren) hat derzeit für Halbzeuge im Bauwesen eine besondere Bedeutung, weil sich auf vergleichsweise einfache Art Profile und Platten mit einem hohen Fasergehalt und geringer Streuung der mechanischen Eigenschaften herstellen lassen (Abb. C 2.8). Bei der Pultrusion werden mit Harz getränkte Langfasern (Rovings) durch ein beheiztes Formwerkzeug geführt, wo der Kunststoff unter erhöhten Temperaturen in wenigen Minuten aushärtet. Alternativ können auch trockene Fasern durch die Form gezogen und das Harz direkt eingepresst werden. Neben den Rovings besteht ebenfalls die Möglichkeit Textilien als Oberflächenverstärkung mit in die Profile einzulegen, die Positionierung erfolgt über Rollen. Für die Biegetragfähigkeit ist die unidirektionale Rovingverstärkung in Längsrichtung maßgebend. Senkrecht zur Pultrusionsrichtung sind die mechanischen Beanspruchbarkeiten verfahrensbedingt deutlich geringer und werden vor allem durch die Textilien beeinflusst. Häufig werden an der Oberfläche komplexe Matten angeordnet, die aus einem Gelege aus gestapelten Langfasern mit darauf aufgebrachten Kurzfasern bestehen. Während die Langfaserlagen zur Erhöhung der Tragfähigkeit in Längs- und Querrichtung dienen, wird durch die Kurzfasern eine gleichmäßigere Oberfläche erzielt. Beim Pultrusionsverfahren kann ein Fasergehalt von 70 Vol.-% erreicht werden. Als Matrix werden meist UP, gelegentlich auch VE oder PF verwendet, für kohlenstofffaserverstärkte Profile ist EP üblich. Die Fertigungstoleranzen des industriellen Prozesses sind zwar gering, aufgrund der Schrumpfung der duromeren Matrix beim Aushärten und Lageungenauigkeiten der Fasern jedoch höher als bei metallischen Profilen. Prinzipiell ist im Pultrusionsverfahren nahezu jede Querschnittsform denkbar, die Profilabmessungen sind jedoch verfahrenstechnisch begrenzt, in der Regel auf Wandstärken zwischen 0,5 und 100 mm sowie maximale Außenabmessungen zwischen 650 und 1250 mm. Rippen oder Profilierungen quer zur Pultru- C 2.11 C 2.12 sionsrichtung lassen sich nicht herstellen. Pultrusionsprofile sind in der Regel gerade, mittlerweile können jedoch auch gekrümmte Profile hergestellt werden. [1] Die ab Lager erhältlichen Standardprofile der meisten Hersteller orientieren sich weitgehend an den Querschnitten des Stahlbaus (Abb. C 3.7, S. 84). Es werden aber zunehmend auch komplexere Geometrien für spezielle Anwendungen pultrudiert, z. B. Fensterprofile oder Brückenfahrbahnen. Die Pultrusion erfordert ein vergleichsweise aufwendiges Formwerkzeug und auch die Einrichtung der Maschinen ist sehr zeitaufwendig, sodass sich Sonderprofile erst ab größeren Mengen (meist mindestens 1000 Produktionsmetern) lohnen. aufwendige maschinelle Ausrüstung und wird vor allem für hochbeanspruchte Bauteile der Luft- und Raumfahrtindustrie eingesetzt. Bei dieser Fertigungsmethode wird eine große Anzahl Fäden von einer Flechtmaschine auf einen Kern übereinander abgelegt und so verflochten (Abb. C 2.10 und C 2.11). Dabei sind entweder der Kern oder die rotierenden Flechtköpfe fixiert, die jeweils andere Komponente ist verfahrbar und kann die Fasern kontinuierlich über die Bauteillänge ablegen. Mit den sich überschneidenden Fasern lassen sich auch sehr komplexe Bauteile mit veränderlichem Querschnitt erstellen. Zusätzlich können verschiedene Faserarten (z. B. Glas- und Kohlenstofffasern) kombiniert und die Faseranordnungen an die Belastungen angepasst werden. Im Gegensatz zum Wickelverfahren sind Fasern in Bauteillängsrichtung (0°-Richtung) möglich. Das Harz wird nach dem Flechtvorgang im Infusions- oder Injektionsverfahren eingebracht. Rohre mit Flechtverstärkung können auch pultrudiert werden. Durch die sich kreuzenden Fäden und die damit verbundene Reibung zwischen den Fasern haben geflochtene Bauteile im Endzustand eine hohe Schlagzähigkeit. Faserwickeln Mit der Wickeltechnik werden Rohre, Behälter, Tanks und andere rotationssymmetrische Hohlkörper hergestellt (Abb. C 2.9). Die hohe Mechanisierung des Verfahrens erlaubt es, die Fasern exakt, reproduzierbar und in hoher Dichte anzuordnen. Beim Faserwickeln wird ein rotierender Kern mit vorgespannten Rovings umwickelt. Es lassen sich auch Matten oder Gewebe verarbeiten. Die Fasern können sowohl mit Harz getränkt, also nass, als auch trocken verarbeitet werden. Im zweiten Fall werden sie anschließend im Harzinfusionsverfahren benetzt. Über die Drehzahl des Kerns sowie die Geschwindigkeit der Fadenablage lässt sich die Faserverstärkung des Laminats beeinflussen. Je nach Stückzahl und Geometrie des Bauteils werden einmalig eingesetzte Kerne aus löslichen Stoffen oder bei größeren Serien wiederverwendbare Kerne aus Stahl oder Aluminium eingesetzt. Zur einfacheren Entformung werden diese oft leicht konisch oder aus zusammenklappbaren Segmenten ausgeführt. Bei Rohren mit dünnen Wandungen werden die Fasern in einem Winkel von ca. 15 bis 75° zur Längsrichtung eingebaut, damit ist das Rohr bei der späteren Anwendung besser gegen Ausbeulen stabilisiert. Eine 0°-Anordung ist nicht durchführbar. Flechten Das Flechtverfahren, das mit dem Faserwickeln vergleichbar ist, erfordert eine sehr Faserspritzen Das Faserspritzen ist eine kostengünstige Methode zur manuellen Fertigung großflächiger Laminate mit komplexer Geometrie aber geringen Anforderungen an die Tragfähigkeit (Abb. C 2.12). Dazu wird ein Rovingstrang in eine Spritzpistole eingelegt und dabei in kurze Faserstücke geschnitten. Diese Kurzfasern und ein Harz mit geringer Reaktionszeit werden gleichzeitig auf die Form gespritzt. Das Laminat wird anschließend wie beim Handlaminieren mit einem Rillenroller entlüftet. Die Laminatdicke schwankt bei diesem Verfahren relativ stark, die Faserorientierung kann zudem nicht gesteuert werden. Vorteilhaft sind jedoch der geringe Arbeitsaufwand sowie die Möglichkeit, auf vertikalen Flächen oder auf Membranen laminieren zu können. Anmerkungen: [1] www.thomas-technik.de/pdf/Radius_Pultrusion.pdf, 19.08.2010 81
Kunststoffhalbzeuge C 3.1 Kunststoffhalbzeuge können hinsichtlich ihrer Geometrien in lineare Profile, flächige Platten und dreidimensionale Formteile eingeteilt werden (Abb. C 3.6). Daneben unterscheiden sie sich auch nach ihrer Funktion: Platten werden durch Aneinanderreihung großflächig gefügt, während Profile bzw. Formteile als Einzelbauteile Verwendung finden. Bis auf wenige Ausnahmen werden Halbzeuge entweder aus thermoplastischen Kunststoffen (ohne Faserverstärkung) oder aus duroplastischen (faserverstärkten) Kunststoffen geformt. Profile Profile sind prismatische, längs ausgerichtete Bauteile mit einem konstanten Querschnitt. Die möglichen Profilgeometrien reichen von Rohrquerschnitten über H-Profile bis hin zu komplexen Querschnitten (Abb. C 3.4). In seltenen Fällen, z. B. bei konischen Rohren, ist auch eine Verjüngung des Querschnitts über die Länge oder eine gekrümmte Formgebung möglich. Hinsichtlich realisierbarer Spannweiten und Querschnittsformen oder der Wiederverwertbarkeit unterscheiden sich thermoplastische und faserverstärkte Kunststoffe teilweise erheblich. Profile aus Thermoplasten Profile aus unverstärkten, thermoplastischen Kunststoffen werden für Abdeckungen, zu Ge- staltungszwecken und für den Innenausbau eingesetzt. Die für tragende Bauteile nötigen Festigkeiten erreichen sie in der Regel nicht. Bei Außenanwendungen wie Sonnenschutz, Fensterprofilen oder Verblendungen kommt hauptsächlich weichmacherfreies Polyvinylchlorid (PVC-U) zur Anwendung. Er ist preiswert und hat eine gute Dauerhaftigkeit. Mit PVC-U lassen sich auch transparente Profile erstellen, welche jedoch nicht dauerhaft für Außenanwendungen geeignet sind, da sie vergilben. Zweckmässiger sind in diesem Fall Rohre und Profile aus Acrylglas (Polymethylmethacrylat – PMMA; Abb. C 3.5) oder Polycarbonat (PC), da diese langanhaltend lichtecht sind. Für Innenverkleidungen oder Möbel kommen zahlreiche Thermoplaste infrage. Die Auswahl des geeigneten Werkstoffs wird durch die gewünschte Haptik, Kratzfestigkeit, Bruchfestigkeit oder die mögliche Einfärbung bestimmt. Fensterrahmenprofile Im Fensterbau haben Rahmen aus PVC-U vor Holz und Aluminium den größten Marktanteil. Andere Kunststoffe wie Polypropylen (PP), Acrylesterstyrolacrylnitril (ASA), Polyurethan (PUR) oder glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) spielen bislang nur eine Nebenrolle. Wegen der hohen Produktionsmengen steht gerade dieses Kunststoffhalbzeug häufig im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion um die Umweltwirkung von Kunststoffen in der Architektur (siehe Umweltwirkungen von Kunststof- 4 5 6 3 7 C 3.1 C 3.2 C 3.3 C 3.4 C 3.5 C 3.6 82 Sandwichplatte aus Polycarbonat (PC) Extrusion von Profilen Fensterprofil aus PVC Profil aus glasfaserverstärktem Kunststoff Rohre aus Acrylglas (PMMA) Überblick Kunststoffhalbzeuge 2 1 8 1 2 3 4 5 6 7 8 Schnecke Zylinder Heizung Trichter Granulat bzw. Pulver Getriebe Motor extrudiertes Profil C 3.2
Kunststoffhalbzeuge C 3.3 fen, S. 124ff.). PVC-Fensterrahmen sind zwar ein typisches Produkt für den Wohnungsbau, wegen der großen Profilquerschnitte und geringer optischer und haptischer Qualitäten sind diese Produkte jedoch häufig architektonisch unbefriedigend. Die Querschnittsformen von Fensterrahmen wurden in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelt, um ihre Wärmedämmung und Tragfähigkeit zu verbessern. Moderne PVC-Fensterrahmen (Abb. C 3.3) haben eine Vielzahl von Kammern, die durch dünne Stege voneinander getrennt sind. Dabei werden für eine bessere Tragfähigkeit teilweise Metallstäbe in das Profil eingebaut. Für größere Spannweiten der Rahmen sind PVC-Profile jedoch ungeeignet, da der unverstärkte Kunststoff keine ausreichende Materialsteifigkeit bietet. Im Vergleich zu den Stückkosten ist die Entwicklung und Anfertigung neuer Querschnittsformen für ein Bauvorhaben sehr aufwendig. Damit bleibt dem Planer kein Gestaltungsspielraum für neue Fensterprofile, er muss auf die verfügbaren Halbzeuge zurückgreifen. Fensterprofile werden durch kontinuierliche Extrusion als Meterware produziert. Die Profile haben in der Regel eine weiße Einfärbung. Nach der Extrusion muss das Halbzeug bis auf eventuelle Kaschierungen mit Dekorfolien oder Aluminiumblech nicht mehr nachbearbeitet oder beschichtet werden, was sich positiv auf die Wirtschaftlich- und Recyclingfähigkeit von Fensterprofilen auswirkt. C 3.5 C 3.4 Die vorproduzierten Gummidichtungen aus EPDM haben je nach verwendetem Füllstoff eine schwarze oder graue Einfärbung. Sie werden unmittelbar nach der Extrusion des PVCs in die Profile eingebaut. Anschließend werden die Profile abgelängt und an die Fensterbauer geliefert, wo die weitere Verarbeitung erfolgt. Durch die Verwendung des thermoplastischen PVCs lassen sich die Profile einfach trennen und bearbeiten sowie an den Gehrungen verschweißen. Der Einbau der Beschläge erfolgt ebenfalls erst im Zuge der Endfertigung. Fertigung von Thermoplastprofilen Profile aus thermoplastischen Kunststoffen wie PVC oder PMMA werden meist extrudiert, die Bauteillänge ist damit frei einstellbar. Für kürzere Bauteile ist auch eine Spritzgussfertigung möglich (siehe Spritzguss, S. 92). Extrusion Die Extrusion von thermoplastischen Kunststoffen ist wegen des kontinuierlichen Fertigungsverfahrens bei großen Mengen eine sehr wirtschaftliche Produktionsmethode. Alle für thermoplastische Profile als auch Platten infrage kommenden Kunststoffe können gut extrudiert werden. Je nach Viskosität des Kunststoffs variieren die erzielbaren minimalen Wandstärken der Profile, bei Acrylglas beispielsweise sind die Stege dicker als bei Polycarbonat oder PVC. Die Querschnitte können durch geeignete Formwerkzeuge frei gestaltet werden, die Kombination unterschiedlicher Kunststoffe mittels der sogenannten Coextrusion oder Hohlkammern sind dabei problemlos realisierbar. Das Formstück (Extrudat) muss jedoch prismatisch sein, also einen konstanten Querschnitt über die Länge der Platte bzw. des Profils aufweisen. Bei der Produktion wird der Extruder (Abb. C 3.2) mit dem Kunststoffgranulat bzw. bei PVC mit dem Pulver befüllt (beschickt), das aus dem bereits polymerisierten Thermoplast mit allen notwendigen Füllstoffen und Additiven besteht. Das Granulat wird im Extruder durch die Schnecke gefördert, verdichtet und aufgeschmolzen. Im Schneckengang erfolgen die Durchmischung der Kunststoffschmelze und der Aufbau des notwendigen Drucks für die Extrusion. Die Schmelze wird schließlich durch das Formwerkzeug gepresst. Dabei wird durch Lehren (Ausrichteeinheiten) oder über Unterdruck die Querschnittsform kontrolliert und ausgerichtet. Der Temperaturverlauf im Extruder und die Ausrichtung des Querschnitts sind je nach verwendetem Kunststoff unterschiedlich einzustellen und liegen im Erfahrungsbereich des Herstellers. Insbesondere die Fertigung eines verwindungsfreien, gleichbleibenden Querschnitts bedarf gewisser Erfahrungswerte. Ein zu dünnflüssiger Kunststoff würde nach der Formgebung wieder zusammenfallen, während mit einer zu dickflüssigen Schmelze die gewünschten dünnen Wandungen nicht aus- Kunststoffhalbzeuge Profile Profile aus Thermoplasten • Acrylglasprofile (PMMA) • PVC-U Profile - Fensterprofile - transparente Profile Platten Profile aus faserverstärktem Kunststoff • einfache Konstruktionsprofile - GFK-Profile - CFK-Lamellen - CFK-GFK-Verbundträger • Integrierte Profile - Fensterprofile - komplexe Querschnitte - modulare Systeme Platten aus Thermoplasten • Acrylglasplatten (PMMA) • Polycarbonat (PC) - Platten - Stegplatten - Sandwichplatten - modifizierte Polyester (PET, PET-G) • weitere Thermoplasten (PVC, PS, SAN) Formteile Verbundplatten Formteile aus Thermoplasten und faserverstärkten Kunststoffen • faserverstärkter Kunststoff (GFK, CFK) • Möbel und Innenausbau - Platten • technischer Ausbau - Sandwichplatten - Schalter - Planken - Dübel - Roste • Schicht- und Holzwerkstoffplatten • Holz-Kunststoff-Verbund • Mineralwerkstoffe aus PMMA /PC und Aluminiumhydroxid (ATH) C 3.6 83
Kunststoffhalbzeuge führbar sind. Anschließend wird das Extrudat abgekühlt und auf die gewünschte Größe abgelängt. Durch Kombination mehrerer Extruder (Coextrusion) lassen sich Halbzeuge aus unterschiedlichen Kunststoffen oder eines Kunststoffs mit unterschiedlichen Additiven (z. B. Farbstoffen) herstellen. Dies kann eine transparente Stegplatte mit einer eingefärbten Deckschicht sein. Der Entwurf und die Herstellung des Formwerkzeugs ist allerdings mit einem erheblichen Aufwand verbunden, weshalb neue Querschnitte erst ab einigen Tausend Metern Produktionslänge wirtschaftlich sind. Profile aus faserverstärkten Kunststoffen Profile aus faserverstärkten Kunststoffen eignen sich vor allem für tragende Konstruktionen. Im Bauwesen kommen bis auf wenige Ausnahmen Glasfaserverstärkungen zur Anwendung, sie sind relativ günstig und haben eine gute Beständigkeit. Kohlenstofffasern sind hingegen nur bei hochbelasteten Bauteilen wie Kabeln oder Verstärkungslamellen wirtschaftlich sinnvoll. Natur- oder Aramidfasern spielen derzeit quasi keine Rolle. Anordnung der Faserverstärkung Die Faserverstärkung wird bei pultrudierten Profilen hauptsächlich in Form von Langfasern (Rovings) (siehe Eigenschaften und Anwendung, S. 48f.) in Bauteillängsrichtung einge- a baut. An den Oberflächen der Profile sind zusätzlich Textile und Vliese angeordnet (Abb. C 3.8). Während die Rovings die Tragfähigkeit in Längsrichtung bestimmen, dienen die Außenschichten der Verbesserung der Querkrafttragfähigkeit und der Gestaltung einer ebenen Oberfläche. Bei Spezialprofilen kann die Menge der textilen Verstärkung überwiegen, wenn eine hohe Tragfähigkeit in Querrichtung erforderlich ist. Profilgrößen Je nach Hersteller sind bei Profilen Wandstärken zwischen 1,5 und 100 mm möglich. Dicken über 15 mm können jedoch problematisch werden, da die entstehende Reaktionswärme bei der Herstellung nicht abfließen und dadurch Zwängungsrisse entstehen können. Die Innenecken von pultrudierten Profilen sollten einen minimalen Ausrundungsradius von 5,0 mm haben, der jedoch nicht kleiner als die Wandstärke sein sollte. Derzeit sind je nach Hersteller Außenabmessungen von bis zu 1250 ≈ 650 mm möglich. Die Bauteillänge ist prinzipiell nicht nach oben begrenzt, da die Profile kontinuierlich produziert werden. Lagerware wird aber in der Regel auf 6 m abgelängt. Pultrudierte Profile sind stets prismatisch, haben also über die Länge einen konstanten Querschnitt. In der Regel sind sie gerade, mittlerweile können jedoch auch gekrümmte Stäbe gefertigt werden. [1] Der Einbau von Kabel- m n o schächten, Kernmaterialien oder Längsrippen ist möglich, Querrippen können jedoch nicht hergestellt werden. Einfache Querschnittsgeometrien Die Querschnitte, die von den verschiedenen Hersteller angeboten werden, orientieren sich an der Formensprache des Stahlbaus (Abb. C 3.7 a – f, h, i). Normalkraft- und Biegetragfähigkeit dieser Träger sind mit Stahlprofilen vergleichbar. Wegen des deutlich geringeren E-Moduls sind die Verformungen jedoch wesentlich größer. Daher sind Konstruktionen aus diesen Profilen auch besonders stabilitätsgefährdet. Insbesondere I-Querschnitte müssen deshalb kontinuierlich gestützt werden, um ein Auskippen des Druckgurts zu verhindern. Darüber hinaus ist die geringe Tragfähigkeit der geschraubten Verbindungen nachteilig. Konstruktionen aus diesen Profilen werden in Kapitel »Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen« (S. 160ff.) behandelt. CFK-Profile Aufgrund des hohen Preises werden Profile aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) nur in kleinen Abmessungen produziert und für hochbelastete Bauteile eingesetzt. Dies sind z. B. Verstärkungslamellen für die Betonsanierung (siehe Instandsetzung mit CFK-Lamellen, S. 92) oder Rohre aus geflochtenem CFK. 2 p 1 3 C 3.8 b C 3.7 Auswahl an pultrudierten Profilen aus faserverstärktem Kunststoff a Flachprofil b Vierkantrohr c L-Profil d I-Profil e Rohrprofil f U-Profil g Handlauf h T-Profil i Winkelprofil j Plankenprofil k Fensterrahmenprofil l Paneel m 45-Verbinder n Dreifach-Verbinder o Hängeschiene p Kopplung q, r Fahrbahndeck s CFK-GFK-Verbundträger C 3.8 schematischer Aufbau pultrudierter Profile 1 pultrudiertes Profil aus faserverstärktem Kunststoff 2 textile Verstärkungen, z. B. komplexe Matten, überlappend angeordnet 3 Langfasern (Rovings) C 3.9 Prismenglas aus Acrylglas (PMMA) C 3.10 Stegplatte aus Acrylglas (PMMA) C 3.11 Wellplatte aus Acrylglas (PMMA) mit profilierter Oberfläche c q d r e g j l f h i k s C 3.7 84
Kunststoffhalbzeuge C 3.9 CFK-GFK-Verbundträger Um die Verformungen von GFK-Trägern zu reduzieren, wurden Träger in Mischbauweise entwickelt (Abb. C 3.7 s). Die für die Biegetragfähigkeit maßgebenden Flansche werden mit unidirektionalen Kohlenstofffasern verstärkt. Stege sowie die textile Verstärkung an der Oberfläche bestehen aus den kostengünstigeren Glasfaserprodukten. Dadurch ergibt sich ein optimierter Materialeinsatz und eine höhere Tragfähigkeit. Komplexe Querschnittsgeometrien Wird mit den vom Stahlbau inspirierten Profilen entworfen, entstehen meist sehr materialaufwendige und wenig werkstoffgerechte Konstruktionen. Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren die Querschnittsgeometrien kontinuierlich weiterentwickelt und anwendungsspezifische Halbzeuge ausgebildet (Abb. C 3.7 g, j, k). So werden die möglichen Gestaltungsspielräume besser ausgeschöpft, sowohl bei der Querschnittsform als auch hinsichtlich Materialkombinationen. Neben der Tragwirkung rücken weitere Funktionen in den Mittelpunkt. Bei Fensterprofilen ist z. B. nicht nur die Tragfähigkeit von Bedeutung, sondern auch die Anforderungen an die Wärmedämmung, denen durch Einfügen von Hohlkammern Rechnung getragen wird (Abb. C 3.7 k). Daneben ist bereits der Anschlag für die Glasscheibe integriert, um die Endmontage zu vereinfachen. Mehrzellige Profile erlauben eine bessere Materialausnutzung. Diese komplexen Querschnittsformen wären aus Stahl nicht realisierbar, die Vorteile von faserverstärktem Kunststoff werden hier gezielt umgesetzt. Modulare Systeme Aufgrund der produktionsbedingten Maximalgrößen von Pultrusionsquerschnitten wurden modulare Systeme entwickelt. Damit lassen sich auch großflächige Platten oder Verkleidungen aus kleineren Einheiten kombinieren (Abb. C 3.7 l – r). Die Module können gesteckt oder miteinander verklebt werden, wozu auch die für Brücken eingesetzten Fahrbahnplatten gehören (siehe Spezielle Halbzeuge im Ingenieurbau, S. 92f.). Daneben gibt es ebenfalls C 3.10 Elemente mit Schnappverschlüssen zur zeitsparenden Montage. Fertigung von faserverstärkten Profilen Für die Fertigung von faserverstärkten Profilen spielt die Pultrusion die wichtigste Rolle. Rohre oder Hohlkörper hingegen werden gewickelt bzw. geflochten (siehe Fertigung, S. 78ff.) Serienfertigung Grundsätzlich besteht die Problematik, dass neue Querschnitte erst ab einer gewissen Mindestmenge wirtschaftlich produzierbar sind. Bei großen Querschnittsabmessungen ist eine Produktionslänge ab ca. 1000 m, bei kleinen Dimensionen wie Fensterprofilen bis zu 10 000 m erforderlich. Es ist daher nicht möglich, für jedes Bauvorhaben neue Querschnitte zu entwerfen, vielmehr muss auf verfügbare Elemente zurückgegriffen werden. Bei größeren Projekten kann jedoch eine kundenspezifische Produktion lohnenswert sein. Platten Platten bzw. Scheiben sind für den Architekturbereich sicher die wichtigsten Kunststoffhalbzeuge. Dem Planer steht eine breite Produktpalette zur Verfügung, die Halbzeuge erfüllen dabei oft mehrere Funktionen und besitzen z. B. bereits integrierte Nut-Feder-Verbindungen oder Wärmedämmungen. Nicht alle im Folgenden beschriebenen Halbzeuge sind jedoch serienmäßig bei den Produzenten auf Lager und müssen in den gewünschten Eigenschaften teilweise erst angefordert werden. Vor allem faserverstärkte Kunststoffe wie GFK erlauben eine sehr breite Variabilität hinsichtlich Dicke, Farbe und Qualität, sodass eine Produktion auf Lager für die meisten Hersteller nicht sinnvoll ist. Plattenförmige Kunststoffhalbzeuge werden für Fassaden, Überdachungen, Möbel und im Innenausbau eingesetzt. Daneben kommen sie auch für Brüstungen, Innenverkleidungen, Sanitärräume oder Arbeitsplatten zur Anwendung. Plattenförmigen Halbzeuge aus Kunststoffen werden grundsätzlich in thermoplastische, C 3.11 meist transparente Platten und in Verbundplatten unterteilt (Abb. C 3.6, S. 83). Erstere werden aus unterschiedlichen thermoplastischen Kunststoffen (z. B. Acrylglas und Polycarbonat) und in verschiedenen Geometrien hergestellt. Die Werkstoffeigenschaften dieser Halbzeuge sind vergleichsweise einheitlich. Bei Verbundplatten aus Kunststoff und Fasern bzw. mineralischem Zuschlagsstoff streuen die Eigenschaften je nach eingesetzten Komponenten wesentlich stärker. Es gibt Halbzeuge aus faserverstärkten Kunststoffen wie GFK und CFK sowie Schichtstoffplatten, HolzKunststoff-Verbundplatten oder Mineralwerkstoffplatten. Hinsichtlich ihrer Geometrie können faserverstärkte Bauteile wiederum in massive Platten, Sandwichplatten sowie Roste und Planken unterschieden werden. Platten aus Thermoplasten Typische Anwendungen von Platten aus Thermoplasten sind Balkonüberdachungen, Bushaltestellen, Gewächshäuser oder Industriebauten. In den letzten Jahren werden auch zunehmend ganze Fassaden mit den meist transparenten Kunststoffen gestaltet, teilweise auch in Kombination mit integrierter Beleuchtung oder mit wärmespeichernden Materialien. Die auf dem Markt verfügbaren Kunststoffplatten sind sehr vielfältig hinsichtlich Material und Querschnitt. Mit Abstand am häufigsten werden Acrylglas (PMMA) und Polycarbonat (PC) eingesetzt. Daneben kommen für spezielle Anwendungen auch Platten aus glykolmodifiziertem Polyethylenterephthalat (PET-G), Polystyrol (PS), PVC und Styrolacrylnitril (SAN) zur Anwendung. Die Platten haben grundsätzlich eine hohe Transparenz, können aber auch farbig, milchig oder opak eingestellt werden. Es gibt massive, profilierte und hohlzellige Geometrien. In den letzten Jahren wurden große Fortschritte bezüglich UV-Stabilität und Erhöhung der Kerbschlagzähigkeit (Stoßfestigkeit) von Kunststoffen gemacht. Damit stehen heute widerstandsfähige Materialien auch für Außenanwendungen zur Verfügung. Insbesondere Acrylglas (PMMA) ist sehr lang anhaltend lichtecht, bei anderen Kunststoffen können stabilisierende Additive erforderlich sein. 85
Kunststoffhalbzeuge C 3.12 Einsatzgebiete Kunststoffplatten sind im Vergleich zu mineralischem Glas vor allem dann von Vorteil, wenn ein geringes Eigengewicht gefordert ist oder Platten einfach oder doppelt gekrümmt einzubauen sind. Diese werden dann entweder vor der Verwendung warm umgeformt oder bis zu einem gewissen Grad auch in ihre Form gezwängt. Darüber hinaus ist das Gestaltungspotenzial von Kunststoffplatten vielfältiger als das von Glas. Häufig werden Kunststoffplatten dann eingesetzt, wenn mineralisches Glas zu spröde ist und gegen Stoßbelastungen nicht ausreichend schützen kann. Vor allem Polycarbonatplatten sind aufgrund ihrer hohen Duktilität gut für Schutzeinrichtungen geeignet (z. B. Brüstungen oder Berührschutz von Bahnanlagen). Außerdem können bereits Schnappverbindungen oder Aufkantungen für die Montage in die Platte integriert werden (Abb. C 3.14 und C 3.15). Nachteilig ist hingegen die je nach Werkstoff unterschiedlich stark ausgeprägte Kratzempfindlichkeit der gebräuchlichen thermoplastischen Kunststoffe. Durch spezielle Polituren können verkratzte Oberflächen jedoch wieder erneuert werden, dabei sind für die einzelnen Materialien meist unterschiedliche Produkte zu verwenden. Thermisches Verhalten Bei der Konstruktion unbedingt zu berücksichtigen ist das hohe Wärmeausdehnungsverhalten transparenter Kunststoffplatten. Eine Fassadenplatte von 2 m Länge kann z. B. temperaturbedingte Differenzverformungen von 10 mm aufweisen. Bohrlöcher oder Klemmungen müssen daher einen ausreichenden Verformungsspielraum ermöglichen, um Schäden aus Temperaturlasten vorzubeugen. Mechanische Eigenschaften Kunststoffplatten sind kein Ersatzwerkstoff für mineralisches Glas, da sich beide Werkstoffe hinsichtlich Verarbeitung und Anwendung erheblich unterscheiden. Relativ vergleichbar sind die Zug- bzw. Biegezugfestigkeiten von Platten aus PMMA bzw. PC und die von Glas, wobei die Kunststoffe eher höhere Kennwerte haben. Das Eigengewicht von 86 C 3.13 C 3.14 mineralischem Glas ist jedoch mehr als doppelt so hoch als das der hier beschriebenen Kunststoffe, andererseits hat Glas einen um den Faktor 25 bis 30 höheren E-Modul (Abb. C 3.18). Vergleicht man exemplarisch massive, gleich dicke Platten aus Glas mit PMMA bzw. PC, lassen die Kunststoffplatten aufgrund ihrer Verformungsbegrenzung nur etwa ein Drittel der Spannweite von Glas zu. Alternativ müssten die Kunststoffplatten die dreifache Dicke der Glasplatte aufweisen, um die gleiche Spannweite zu erreichen. Daher werden Kunststoffplatten häufig als Stegplatten ausgeführt, um Gewicht zu sparen und gleichzeitig die Steifigkeit zu erhöhen. bonat, es treten beim Bruch jedoch keine scharfkantigen Splitter auf. Wegen der geringeren Härte ist Acrylglas kratzempfindlicher als Polycarbonat. Massive Platten werden gegossen oder extrudiert, wobei gegossenes Acrylglas bessere Umformeigenschaften und höhere Festigkeitswerte besitzt. Darüber hinaus liegen die Gebrauchstemperaturen höher und es verfügt über ein besseres Brandverhalten als extrudiertes Material. Die Platten werden standardmäßig mit Dicken von 1,5 bis 120 mm produziert, die Maximalabmessungen betragen dabei ca. 2 ≈ 3 m für massive Platten. Profilierte Platten oder Stegplatten können nur extrudiert werden. Die Bearbeitung der Halbzeuge ist mit Holzbauwerkzeugen möglich, das Material neigt jedoch zu Spannungsrissen. Daher sollten Ecken und Einkerbungen möglichst ausgerundet werden. Abb. C 3.17 zeigt die Fertigung eines Fassadenelements, das mit einer CNC-Fräse aus gegossenen Massivplatten geformt wird. Zum Bohren, Trennen oder Fräsen sollten speziell geschliffene Werkzeuge und Sägen mit hoher Drehzahl verwendet werden. Andernfalls kann Acrylglas einreißen oder lokal schmelzen. Die Halbzeuge können mit Acrylatklebstoffen sehr gut verklebt werden, bei guter Verarbeitung sind die Fugen nahezu unsichtbar. Massives Acrylglas lässt sich bei 150 °C (extrudiert) bzw. 160 °C (gegossen) tiefziehen (siehe Umformen, S. 172f.). Auch durch wiederholtes Umformen werden weder Festigkeitseigenschaften noch die Transparenz beeinträchtigt, Acrylglas ist daher auch sehr gut recyclebar. Wärmedämmung Die Wärmeleitfähigkeit der Kunststoffe PMMA und PC liegt bei etwa einem Fünftel von Glas, was die Konstruktion einer Fassade mit ausreichender Wärmedämmung wesentlich begünstigt. Da Kunststoffe im Gegensatz zu Glas nicht gasdicht sind, ist jedoch die Füllung der Hohlkammern mit Edelgasen zur Verbesserung der Wärmedämmung nicht möglich (siehe Transparente Wärmedämmung, S. 112f.). Acrylglasplatten (PMMA-Platten) Platten aus Acrylglas werden schon seit den 1960er-Jahren in der Architektur eingesetzt. Das Material wird vor allem für massive Plattenware verwendet (Abb. C 3.9, S. 85), aber auch für Stegplatten (Abb. C 3.10, S. 85), Rohre oder profilierte Querschnitte (Abb. C 3.11, S. 85). Dabei sind die Stegdicken größer als bei Polycarbonat. Der thermoplastische Kunststoff lässt sich unter Wärmeeinwirkung umformen. Er hat eine höhere Lichttransmission als mineralisches Glas, kann aber auch eingefärbt, satiniert oder opak ausgeführt werden. Acrylglas ist durchlässig für UV-Licht, weshalb es auch für Gewächshäuser eingesetzt wird (siehe Abb. C 6.32, S. 116), allerdings gibt es auch Platten mit UV-Schutz. Im Vergleich zu anderen Kunststoffen ist Acrylglas sehr dauerhaft und lichtecht, es trübt auch bei anhaltender UVStrahlung nicht ein. Für besondere Anforderungen sind schwer entflammbare Platten verfügbar. Acrylglas ist spröder als Polycar- Polycarbonatplatten (PC-Platten) Polycarbonat (siehe Polycarbonat, S. 42) ist in seinen optischen und mechanischen Eigenschaften mit Acrylglas vergleichbar. Platten aus PC werden dann eingesetzt, wenn eine erhöhte Temperaturbeständigkeit oder ein duktiles Bruchverhalten gefordert ist. Die hohe Kerbschlagzähigkeit des Werkstoffs – auch unter tiefen Temperaturen – ist ein entscheidendes Argument für den Einsatz bei Schutzeinrichtungen. Im Gegensatz zum Acrylglas wird Polycarbonat meist nicht massiv, sondern als Hohlkammerplatte verarbeitet (Abb. C 3.14).
Kunststoffhalbzeuge Vorteilhaft ist die niedrige Viskosität des Materials während der Verarbeitung, die sehr dünne Wandstärken zulässt. Typische Stegplatten haben zwischen zwei und sechs nebeneinander angeordnete Ebenen orthogonaler Hohlkammern. Im Gegensatz zu massiven Platten kann dabei die Tragfähigkeit und Steifigkeit wesentlich verbessert werden, außerdem wirken die Hohlkammern als Wärmedämmung. Daneben wurden in den letzten Jahren auch Platten mit x-förmig angeordneten Stegen entwickelt, um die Wärmedämmeigenschaften weiter zu optimieren (Abb. C 3.13). Die optische Qualität und Transparenz von PC ist etwas geringer als die von Acrylglas. Die zulässigen Umgebungstemperaturen liegen über denen von Acrylglas. Auch die Brandeigenschaften sind meist besser, schwer entflammbare Polycarbonatplatten sind standardmäßig lieferbar. Der Werkstoff hat eine gute Dauerhaftigkeit. Um eine anhaltende Lichtechtheit zu erzielen, sind jedoch zusätzliche Additive erforderlich. Für Außenanwendungen sollten Platten mit außenseitig aufgebrachtem UV-Schutz eingesetzt werden. Polycarbonat hat eine für Kunststoff gute Kratzfestigkeit. Stegplatten aus Polycarbonat werden durch Extrusion hergestellt (siehe Extrusion, S. 83). Dabei besteht durch Coextrusion die Möglichkeit, die Deckplatte einer Stegplatte aus einem eingefärbten Polycarbonat zu gestalten, mit UV-Schutz zu beschichten oder eine wasserabweisende Oberflächenstruktur zu applizieren. Die Verarbeitung von Polycarbonat ist mit handelsüblichem Werkzeug möglich und gestaltet sich unproblematischer als die von Acrylglas, da es weniger spröde und empfindlich gegen Spannungsrissbildung ist. Verklebungen sind mit Silikon- oder Lösungsmittelklebstoffen durchführbar. Das Umformen von Polycarbonat ist aufwendiger als bei Acrylglas, da das Material zunächst mehrere Stunden bei ca. 110 °C getrocknet werden muss und die Umformtemperatur mit 180 – 210 °C relativ hoch liegt. Weil das Material schnell auskühlt, sollte auch das Formwerkzeug selbst beheizt sein. Sandwichplatten aus Polycarbonat (PC) Die Polycarbonat-Zwischenschicht von sogenannten kerngezogenen Sandwichplatten (Abb. C 3.12 und C 3.16) wird nicht extrudiert, sondern als Platte zwischen zwei beheizte Werkzeuge gelegt und von diesen zu einer dreidimensionalen Struktur gezogen. Anschließend werden Deckplatten aus PC oder PMMA auflaminiert bzw. geschweißt. Platten aus Polyethylenterephthalat (PET) Für transparente Platten werden auch andere Polyester verwendet, die grundsätzlich ähnliche Werkstoffeigenschaften wie Polycarbonat haben, das ebenfalls zur Gruppe der Polyester zählt (siehe Polyester, S. 42). Amorphes PET und das glykolmodifizierte Copolyester PET-G haben deutlich niedrigere Umformtemperaturen als ihre Ausgangsprodukte sowie eine hohe dauerhafte Transparenz. Diese Werkstoffe ergänzen die Produktpalette der PolycarbonatHalbzeugen dort, wo massive Platten mit duktilem Verhalten und guter Warmumformbarkeit gewünscht werden. Die Transparenz von PET und PET-G ist auch nach mehrfachem Umformen sichergestellt. Beide Modifikationen haben wesentlich niedrigere Gebrauchstemperaturen (ca. 65 °C) als Polycarbonat und sind außerdem weniger duktil als dieses. Massive Platten aus amorphem PET und dem Copolyester PET-G werden extrudiert. Die Bearbeitung ist mit der von Polycarbonat vergleichbar. Das Warmumformen ist insbesondere bei PET-G schnell und zuverlässig durchführbar. Es ist kein Vortrocknen erforderlich, die Umformtemperaturen liegen bei 100 –160 °C. Amorphes PET kann auch umgeformt werden, muss aber rasch abgekühlt werden, um einen Verlust der Transparenz zu vermeiden. C 3.15 Weitere thermoplastische Werkstoffe Für untergeordnete Bauteile oder spezielle Anwendungen können auch andere Thermoplaste für Plattenhalbzeuge zum Einsatz kommen. Platten aus Polyvinylchlorid (PVC), Polystyrol (PS) oder Styrolacrylnitril (SAN) sind in der Regel weniger dauerhaft und lichtecht, jedoch meist preisgünstiger als die oben beschriebenen Kunststoffe. Für Außenanwendungen müssen diese Materialien zusätzlich gegen UVStrahlung stabilisiert werden, vor allem PS ist dafür nur sehr bedingt geeignet. Die Festigkeit und Materialsteifigkeit von PS und SAN sind jedoch mit den vorher genannten Werkstoffen vergleichbar. Für sekundäre Bauteile wie Überdachungen von Werkshallen oder Behelfsbauten stellen z. B. Wellplatten aus transparentem PVC eine kostengünstige Alternative dar. Infolge dauerhafter UV-Belastung nimmt allerdings die Transparenz des Werkstoffs ab, er wird matt. Massive Platten aus PS und SAN lassen sich gut umformen und sind daher für Innenausbauten z. B. im Sanitärbereich geeignet. Fertigung von unverstärkten Platten Platten aus unverstärkten Kunststoffen werden entweder gegossen oder extrudiert. C 3.16 C 3.17 C 3.12 C 3.13 C 3.14 [g/cm3] Zugfestigkeit [N/mm2] Zug-EModul [N/mm2] Wärmeausdehnungskoeffizient [10 -6/K] Wärmeleitfähigkeit [W/mK] Acrylglas (PMMA) 1,19 50 – 77 1600 – 3600 70 – 90 0,18 Polycarbonat (PC) 1,20 56 – 67 2100 – 2400 60 – 70 0,21 Floatglas 2,50 45 70 000 9 1,00 Werkstoff Dichte C 3.15 C 3.16 C 3.17 C 3.18 Sandwichplatte aus Polycarbonat (PC) Stegplatte aus Polycarbonat mit x-förmig angeordneten Stegen für einen optimierten Wärmeschutz Stegplatte aus Polycarbonat mit integrierter Schnappverbindung Stegplatte aus Polycarbonat (PC) mit integrierter Aufkantung kerngezogene Sandwichplatte aus Polycarbonat (PC) Bearbeitung einer gegossenen PMMA-Platte mit CNC-Fräse Eigenschaften von Acrylglas und Polycarbonat im Vergleich zu mineralischem Floatglas C 3.18 87
6 Kunststoffhalbzeuge 32 a 16 l 16 32 b 55 20 c d 25 m 32 50 e Extrusion Profilierte Halbzeuge und Stegplatten werden extrudiert, das Fertigungsverfahren entspricht der Herstellung von Profilen aus Thermoplasten (siehe Extrusion, S. 83). Stegplatten mit unterschiedlich eingefärbten Lagen werden coextrudiert. Verbundplatten 40 70 f g Gießen Thermoplastische Kunststoffe können im Allgemeinen nur im unvernetzten Zustand gegossen werden, da sie nur dann ausreichend dünnflüssig sind. Vor allem die Herstellung von Platten aus Acrylglas (PMMA) erfolgt häufig im Gussverfahren. [2] Bei der »In-situ-Polymerisation« werden die Monomere und Initiatoren des Kunststoffs in eine Form gefüllt, anschließend wird der Reaktionsmechanismus durch Wärmezufuhr angeregt. Wird das Acrylglas zwischen zwei parallelen Glasplatten eingefüllt, lässt sich eine sehr gute Oberflächenqualität erzielen. Gegossenes PMMA hat höhere Festigkeiten und eine bessere Temperaturbeständigkeit als extrudiertes Material. 40 n o 40 i 20 40 70 h Sind die mechanischen oder haptischen Eigenschaften von Kunststoffen für die beabsichtigte Anwendung nicht ausreichend, können sie mit anderen Materialien oder Fasern zu einem Verbundwerkstoff (Composite) kombiniert werden. Dadurch lassen sich folgende Verbesserungen erzielen: • Erhöhung der Tragfähigkeit und Reduktion der Verformungen • Verbesserung der Wärmedämmeigenschaften • Erhöhung der Oberflächenhärte (Kratzfestigkeit) • erweitertes Gestaltungspotenzial 40 85 j k p C 3.19 C 3.19 88 verschiedene Plattenhalbzeuge (entsprechende Kennwerte siehe Abb. C 3.20) a zweischalige Wellplatte (PC) b dickwandige Stegplatte (PMMA) c, d dünnwandige Stegplatten (PC) e dünnwandige Stegplatte (PMMA) f dünnwandige Stegplatten (PC) g Stegplatte mit integrierten Verbindungsmitteln (PC) h Stegplatte mit integrierten Verbindungsmitteln (PVC + PMMA) C 3.20 i Stegplatte aus GFK j Stegplatte mit GFK-Deckschichten, Acrylglasstegen und Folieneinlagen k – m spezielle Stegplatten für den Wärmeschutz (PC) n Stegplatte aus GFK, mit Aerogel gefüllt o, p Sandwichpaneele mit GFK-Deckplatten und Dämmeinlagen verschiedene Kennwerte zu Plattenhalbzeugen Durch die Kombination des Kunststoffs mit Fasern, Papier, Holz, Schaumstoff oder mineralischen Zuschlägen sind Verbundplatten meist opak. Lediglich der Verbund aus Glasfasern und Kunststoff kann bis zu einer gewissen Materialstärke transluzent sein (Abb. C 3.19 n – p), vollständig transparente Verbundplatten sind jedoch nicht möglich. Wird eine bedruckte Folie als Zwischenlage eingelegt, schimmert diese durch den Kunststoff und ist von außen sichtbar. Faserverstärkter Kunststoff (GFK und CFK) Die grundsätzlichen Werkstoffeigenschaften und die Produktion von glas- und kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff sind im Kapitel »Faserverstärkte Kunststoffe« (S. 76ff.) erläutert. Für plattenförmige Halbzeuge werden in der Regel duroplastische Kunststoffe (Harze) eingesetzt, da diese einen gleichmäßigen Verbund mit den Fasern erlauben. Meist verwendet man dabei die kostengünstigeren Glasfaserverstärkungen (GFK). Zur Erhöhung der Tragfähigkeit oder der Wärmedämmeigenschaften werden faserverstärkte
Lichttransmission 1 [%] Schalldämmmaß 1 R'w [db (A)] Brandschutzklasse 1,5 – 25 2050 3050 4,8 5,4 85 92 26 B2 Plexiglas GS, gegossen, UV-durchlässig 2 – 160 2050 3050 4,8 5,4 85 92 26 B2 PC Bayer Sheet Europe Makrolon GP, schlagzäh, farblos 0,75 – 15 2050 3050 4,9 87 B1 PETG Simona Simollux bruchfest, Tiefziehen ohne Vortrocknung 1 – 15 2050 3050 5,1 90 B1 PET Thyssen Schulte Nudec PET-UV grafittsicher, steifer als PETG, UV-Schutz 4 2050 3050 5,3 89 B1 PVC Simona Simona PVC-Glas-SX transparent erhöht schlagzäh, für Einsatz im Freien ungeeignet 0,8 – 15 1500 3000 5,3 5,1 84 B1 GFK Fiberline Pultrudiertes GFK ebene Platten, opak 1,5 – 25 500 6000 5,6 5,5 B2 GFK Lamilux Lamilux plan transluzent oder gefärbt 0,8 – 5 3200 12 000 5,6 5,5 B2 Mineralwerkstoff DuPont Corian 4 – 19 930 3658 6,8 Mineralwerkstoff LG Chem Europe Hi-Macs 4 – 12 910 3680 6,8 PMMA Evonik Röhm Plexiglas resist farblos C struktur 76/18 erhöht schlagzäh, Designstruktur 3 1045 4000 4,0 PC Bayer Sheet Europe Makrolon onda multi longlife 2/177-51 gewellte Stegplatte, biegesteif, UV-Schutz 5 1097 7000 2,0 PVC Solvay Ondex, Sollux, 76/18 leicht, kostengünstig, einfache Verarbeitung 1,2 988 6000 GFK Scobalit verschiedene Wellen und Trapezformen passend zu opaken Profilen anderer Hersteller 0,9 3000 PMMA Evonik Röhm Plexiglas Alltop farblos, UV-durchlässig, No-Drop b 16 PMMA Evonik Röhm Plexiglas Heatstop, opal oder blau, No-Drop-Schicht, reflektiert IR-Strahlung, UV-undurchlässig e PC Brett Martin Marlon CST, gewellte Stegplatte PC Bayer Sheet Europe Makrolon multi UV 3X/16-25 farblos, UV-undurchlässig PC Bayer Sheet Europe PC Gewicht [kg/m2] max. Länge [mm] Plexiglas XT, extrudiert, UV-durchlässig Evonik Röhm max. Breite [mm] Evonik Röhm verfügbare Dicken [mm] Produktname Material Querschnitte (Abb. C 3.19) Hersteller Energiedurchlassgrad 1 g [%] Wärmedurchgangskoeffizient 1 [W/m2K] Kunststoffhalbzeuge massive Platten PMMA B1 5,6 B1 Wellplatten 88 B2 77 B2 2,0 80 B1 2000 20 89 B2 1200 7000 5,0 2,5 91 82 22 B2 16 / 32 1230 7000 5,7 1,6 30 40 24 B2 a 6 1152 2,0 3,3 c 16 2100 15 000 2,5 2,0 62 66 18 B2 Makrolon multi UV 6/20-20 farblos, UV-undurchlässig d 20 2100 14 000 3,1 1,7 57 58 21 B2 Brett Martin Sevenwall (Seven) Marlon ST, 7-fach Stegplatte f 32 2100 3,6 1,3 PC Rodeca PC 2540-6, opal antiblend Nut und Feder-Verbindung, zweifarbig möglich g 40 500 11 000 4,2 1,2 45 45 22 B 2, B1 PC Bayer Sheet Europe Makrolon multi UV 5M/40 – 20, UV-undurchlässig k 40 1230 6000 4,2 1,0 47 47 19 B2 PC Brett Martin Marlon, XX wall, diagonal angeordnete Stege l 32 / 35 2100 3,8 1,4 64 m 32 / 55 1,1 54 3,7 78 Stegplatten PC Brett Martin Marlon, Tenwall, komplexer Stegaufbau PC Rodeca Multi-Funktions-Paneele PVC Rodeca PVC 2340-3 mit koextrudierter UV-Schutzschicht aus Acryl GFK Scobalit Lichtelemente biegesteif durch Diagonalstege GFK Butzbach Varioplan plus, Farbton Brillant klares Material, Kristallstruktur, 3 Farben GFK Butzbach Varioplan plus, Farbton Brillant mit 2 Zwischenfolien j GFK Scobalit Scobatherm Nanogel transluzent Aerogelgranulatfüllung, F 30 n GFK JET Grillodur zweischalig naturton GFK-Platte auf Aluprofil geklebt, begehbar GFK JET Grillodur mit Glasgespinsteinlage erhöhter Schall-, Wärmeschutz, Lichtstreuung GFK Scobalit Scobatherm Monifex Füllmaterial: gefaltete Folien aus pflanzlicher Zellulose GFK Fiberline Fassadenplanken, transluzent 1 3,6 79 64 10 630 2,9 h 40 300 11 000 5,5 1,7 67 21 B1 i 20 / 40 2400 8000 5,3 2,6 78 20 B 2, B1 40 486 15 000 11,0 2,6 42 78 25 B2 40 486 15 000 11,0 1,2 42 63 27 B2 50 / 70 1,25 0 12,0 0,4 26 23 27 B1 70 2000 5600 8,0 1,6 69 77 25 B2 o 70 1200 8000 10,0 0,6 46 51 34 B2 p 85 935 3000 5,7 0,6 48 39 28 B1 40 500 6000 8,2 B1 Diese Werte wurden bei den massiven Platten für eine Plattendicke von 4 mm berechnet, bei den Stegplatten für den jeweils kleineren Wert. C 3.20 89
Kunststoffhalbzeuge Platten auch als Sandwichbauteile mit leichter Kernschicht oder als Planken mit Verstärkungsrippen verarbeitet. Roste hingegen kommen dann zum Einsatz, wenn eine Platte mit nicht geschlossener Oberfläche erforderlich ist. C 3.21 C 3.22 C 3.23 Sandwichplatten Platten unter Biegebeanspruchung haben die höchsten Spannungen an den Oberflächen und eine geringere Ausnutzung im mittleren Bereich. Massiver GFK oder CFK mit bis zu 2,0 g/cm3 ist im Vergleich zu anderen Kunststoffen relativ schwer, außerdem ist die Herstellung dicker Laminate über 15 mm technologisch aufwendig. Aus diesen Randbedingungen ergeben sich enge Grenzen für realisierbare Spannweiten. Sandwichkonstruktionen ersetzen die wenig ausgenutzte Kernschicht durch ein leichteres Material mit geringerer Tragfähigkeit, so kann das gesamte Sandwichelement wesentlich dicker konstruiert werden als ein massives Bauteil. Typische Kernmaterialien sind Schäume, Wabenstrukturen oder Abstandsgewebe (siehe Kernmaterialien, S. 72ff.). Sandwichplatten werden eingesetzt, wenn eine hohe Steifigkeit der Platte erforderlich ist, z. B. für druckbeanspruchte Schalen, bei großen Spannweiten oder für Platten mit konzentrierten Einzellasten wie im Brückenbau. Leichte Kernschichten haben darüber hinaus eine geringe Wärmeleitfähigkeit. Es ist auch möglich, hohlzellige GFK-Elemente mit wärmedämmenden oder -speichernden Materialien zu füllen (Abb. C 3.21 und C 3.26). Planken Planken sind Platten, die einseitig mit Verstärkungsrippen versehen sind. Ihre Produktion ist gegenüber der von Sandwichplatten wesentlich vereinfacht, da kein Materialmix verarbeitet wird. Die Stege sind meist parallel orientiert, damit ist eine automatisierte Fertigung durch Pultrusion möglich. Eine Weiterentwicklung sind Stegplatten mit geschlossenen Zellen, wie sie auch für transparente Kunststoffe gebräuchlich sind. Wegen der Faserverstärkung haben die Stege jedoch eine Mindestdicke von ca. 2 mm. Planken und Stegplatten werden für Fassadenverkleidungen (Abb. C 3.23) oder Bodenbeläge von Fußwegen eingesetzt. Diese Bauart liefert jedoch keine nennenswerte Verbesserung der Wärmedämmeigenschaften. Roste Eine Sonderform der Plattenwerkstoffe sind Roste oder Gitterplatten, die keine geschlossene Oberfläche haben. Dabei werden Langfasern (Rovings) in eine Form gelegt und mit dem Kunstharz vergossen. Da die einzelnen Rippen hochkant orientiert sind, wird die Tragfähigkeit erhöht. Roste können jedoch nicht kontinuierlich gefertigt werden, sondern werden großformatig gegossen. Typische Anwendungen sind z. B. Gehflächen in Industrieanlagen oder Geländerfüllungen (Abb. C 3.24). C 3.24 90 Schicht- und Holzwerkstoffplatten Neben einer Faserverstärkung werden duroplastische Kunststoffe auch in Kombination mit anderen Werkstoffen wie Holz oder Papier verarbeitet. Dabei kommen vor allem Kunstharze wie Melaminharz (MF), Harnstoffharz (UF) oder Phenolharz (PF) zur Anwendung. Diese sind zwar eher spröde und haben geringere Festigkeiten als die für Faserverbundbauteile üblichen Kunststoffe, in Kombination mit Holzwerkstoffen und Papier liefern sie jedoch sehr gute Ergebnisse. Außerdem können Holz und Papier die bei diesen Harzen entstehende Feuchtigkeit während der Härtungsreaktion (Polykondensation) aufnehmen. Formmassen aus Holzspänen und Phenolharz werden schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts industriell verarbeitet. Höhere Festigkeiten liefert Kunstharzpressholz, das aus dünnen Furnierholzschichten und Kunstharz verpresst wird. Hier spielt der verbindende Kunststoff jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Holzwerkstoffplatten sind im Vergleich zu Holz vergleichsweise witterungsstabil und erreichen für Holzwerkstoffe sehr hohe Festigkeiten. Die Formmassen und das Kunstharzpressholz werden im Möbelbau, aber auch für industrielle Anwendungen eingesetzt. Alle Schicht- und Holzwerkstoffplatten werden während der Härtungsreaktion gepresst, um eine Blasenbildung und Hohlräume zu verhindern. Dabei sind neben ebenen Platten auch gekrümmte Bauteile mit entsprechenden Formwerkzeugen realisierbar. Häufig kommen für gestalterische Aufgaben bedruckte Dekorpapiere zum Einsatz. Diese werden mit Melaminharz getränkt und zu Laminaten verpresst. Wegen der Verwendung von Pheno- bzw. Aminoplasten sind Schichtstoffplatten meist spröde, was bei der Verarbeitung zu beachten ist. Holz-Kunststoff-Verbundplatten Im Gegensatz zu den bekannten PhenolharzFormmassen wird bei den sogenannten Wood Plastic Composites (WPC) das Holzfasermehl in eine thermoplastischem Matrix eingebaut. Gebräuchlich sind Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE). Der Holzmehlanteil beträgt häufig zwischen 50 und 80 Gew.-%. Im Gegensatz zu Holz sind diese Bauteile frei formbar und wasserfest. [3] Andererseits ist das gebundene Holz nicht mikroben- und nur bedingt temperaturbeständig. WPCs werden unter anderem als hohlzellige Platten für Fassadenverkleidungen eingesetzt (Abb. C 3.25). Die Fertigung erfolgt durch Extrusion, Pressen oder Spritzguss. Zu weiteren naturfaserverstärkten Kunststoffen siehe Kapitel »Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe« (S. 60ff.). Mineralwerkstoffe Mineralwerkstoffe sind Verbundmaterialien aus thermoplastischen Kunststoffen wie Acrylglas (PMMA) oder Polycarbonat (PC) und mineralischen Zuschlägen. Traditionell werden die Mineralwerkstoffplatten im Sanitärbereich oder als Arbeitsplatten in Küchen eingesetzt, finden
Kunststoffhalbzeuge C 3.21 C 3.22 C 3.23 C 3.24 C 3.25 C 3.26 C 3.27 transluzentes Fassadenpaneel aus glasfaserverstärktem Kunststoff mit Aerogelfüllung transparente Stegplatte aus glasfaserverstärktem Kunststoff Fassadenplanke aus transluzentem, glasfaserverstärktem Kunststoff Rost aus glasfaserverstärktem Kunststoff Holz-Kunststoff-Verbundplatte Verbundplatte mit Wabenkern aus Zellulose Spritzgussanlage C 3.25 aber auch zunehmend für die Innenraumgestaltung oder Fassadenverkleidung Verwendung. Das Erscheinungsbild wird durch die gewählten Farbmittel und Zuschlagstoffe bestimmt. Durch den mineralischen Zuschlag erhält das Material eine für Kunststoffe sehr hohe Oberflächenhärte und einen entsprechend hohen E-Modul. Eine zusätzliche Beschichtung ist nicht erforderlich, dies hat den Vorteil, dass Kratzer oder kleinere Abplatzungen kaum wahrnehmbar sind. Eine sichtbar verkratzte Oberfläche wird abgeschliffen und neu poliert. Wegen des enthaltenen thermoplastischen Kunststoffs sind die Platten grundsätzlich hitzeempfindlich. Die Zuschläge machen bis zu 90 Gew.-% (bzw. 80 Vol.-%) des Verbundwerkstoffs aus, weshalb sich der Name Mineralwerkstoff durchgesetzt hat. Typischer Zuschlagstoff ist Aluminiumhydroxid (ATH), zugleich ein geläufiges Flammschutzmittel, das daher für den Mineralwerkstoff auch feuerhemmend wirkt. Das zähflüssige Gemisch aus Kunststoff, Zuschlag und Additiven wird auf Platten gegossen, auf die gewünschte Stärke abgezogen und gewalzt. Mineralwerkstoffe sind zwar grundsätzlich recyclingfähig, werden aber derzeit nicht großflächig wiederverwertet. Dies liegt unter anderem an den unterschiedlichen Farbpigmenten und Füllstoffen, die von den Herstellern eingesetzt werden. Die Halbzeuge können gestoßen, verklebt oder verschweißt werden, womit auch große Flächen ohne sichtbare Fugen ausführbar sind. Da thermoplastische Kunststoffe zum Einsatz kommen, sind die Platten bei der Verarbeitung warmumformbar. Üblicherweise werden aus Kostengründen dünne Platten bis 10 mm Stärke produziert und auf Holzspanplatten verklebt. Dickere Platten können durch eingeklebte Gewindemuffen an einer Unterkonstruktion befestigt werden (siehe Platten, S. 168f.). [4] der späteren Verwendung angepasst. Idealerweise erfordert ein Formteil nach der Fertigung keine weiteren Bearbeitungsschritte und kann direkt eingesetzt werden. Die bedeutendste Gruppe der Formteile sind Spritzgussbauteile aus thermoplastischen Kunststoffen. Daneben lassen sich auch faserverstärkte Kunststoffe zu Formteilen laminieren. Ab einer gewissen Gebäudegröße kann es wirtschaftlich sein, Formteile für das Bauvorhaben neu zu entwerfen. Die werkstoffgerechte Gestaltung von Formteilen ist von vielen Faktoren abhängig. Im Kapitel »Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen« (S. 174ff.) wird ausführlich auf entsprechende Konstruktionsregeln eingegangen. Thermoplastische Formteile Für Alltagsgegenstände und viele technische Bauteile kommen Kunststoffe am häufigsten als frei geformte Halbzeugen zum Einsatz. Im Bauwesen finden Halbzeuge aus Spritzguss oder Blasformen vor allem für den Innenausbau und für die technische Ausrüstung Verwendung, da nur kleinere Elemente mit relativ geringer Tragfähigkeit mit diesen Verfahren herzustellen sind. So werden Lichtschalter, Dübel oder Möbel beispielsweise im Spritzgussverfahren gefertigt. Formteile erlauben eine besonders hohe Funktionsintegration, es sind beinahe alle komplexen Formen realisierbar. Die Gestaltungsmöglichkeiten, die Kunststoffe im Allgemeinen 1 Schließeinheit 2 Spritzeinheit (Extruder) 3 Maschinenbett 5 C 3.26 bieten, können hier vollständig umgesetzt werden. Bei Serienfertigung ist das Spritzgussverfahren wirtschaftlich und liefert hochwertige Ergebnisse. Fertigung thermoplastischer Formteile Im Allgemeinen ist der Spritzguss die häufigste Produktionsart in der Kunststoffindustrie. [5] Das Hohlblasen kommt für dünnwandige Hohlkörper infrage und entspricht im Wesentlichen dem Extrusionsblasen von Folien (siehe Extrudieren, S. 95). Daneben können Formteile durch Warmumformen aus ebenen Platten gewonnen werden (siehe Warmumformen, S. 172f.). Spritzguss Spritzgießen liefert sehr gute Oberflächenqualitäten und eine gute Maßhaltigkeit, in der Regel ist eine Nachbearbeitung nicht erforderlich. Die Spritzgussmaschine (Abb. C 3.27) setzt sich aus Spritz- und Schließeinheit mit Formwerkzeug zusammen, wobei erstere im Aufbau einem Extruder ähnelt (siehe C 3.2, S. 82). Bei der Fertigung wird das Kunststoffgranulat bzw. -pulver in den Schneckengang eingezogen, homogenisiert und durch Wärmezufuhr plastifiziert. Die Schnecke wird beim Einspritzvorgang horizontal nach vorne gedrückt und wirkt damit als Kolben. Dadurch wird der plastifizierte Kunststoff durch die Düse zum Formwerkzeug gepresst. Die Schließeinheit liefert 4 Formwerkzeug 5 Antrieb 6 Granulat bzw. Pulver 6 2 4 1 Formteile Formteile sind Halbzeuge bzw. Produkte mit einer dreidimensionalen Geometrie. Sie werden im Gegensatz zu Profilen und Platten individuell 3 C 3.27 91
Kunststoffhalbzeuge den Gegendruck und ermöglicht das Öffnen des Werkzeugs nach dem Spritzvorgang zum Entformen des Bauteils. Der Form selbst wird der plastifizierte Kunststoff durch Kanäle (Angussstangen) zugeführt. Die Känale sollten zentrisch zum Bauteil angeordnet sein, um einen gleichmäßigen Spritzguss zu ermöglichen. a Fehlerquellen beim Spritzgießen Bei Spritzgussbauteilen sollten Wanddicken möglichst gleich stark ausgebildet werden, um Temperaturspannungen zu vermeiden. Zu dicke Wandungen verursachen Masseanhäufungen, was zu eingeschlossenen Luftblasen (Vakuolen) führen kann. Ecken sollten abgerundet werden, damit sie gleichmäßig auskühlen können. Außerdem können beim Spritzgießen Bindenähte entstehen, wenn der plastifizierte Kunststoff aus zwei Richtungen zusammenfließt oder einen Durchbruch umströmt und nicht mehr homogen verschmilzt. Wenn möglich, sollte daher auf Durchbrüche verzichtet werden. b 1 2 c 1 Pultrusionsprofil 2 Klebefuge 1 d C 3.28 C 3.29 C 3.30 2 C 3.28 verschiedene Brückendeckkonstruktionen a Sandwich-Brückendeck mit Hartschaumkern b Sandwich-Brückendeck mit Wabenkern c, d Brückendeck aus zusammengeklebten Pultrusionsprofilen Bauteilverstärkung mit CFK-Lamellen Straßenbrücke mit GFK-Fahrbahnplatte in Friedberg (Hessen) 2008, Knippers Helbig a Montage b stirnseitige Ansicht C 3.29 92 Spezielle Spritzgussverfahren Bei besonderen Tragfähigkeitsanforderungen werden dem Kunststoff Kurzfasern beigemischt. Die Orientierung der Fasern ergibt sich dabei aus der Fließrichtung der Kunststoffschmelze während der Produktion. Das Reaktionsschaumgießen (z. B. von PURIntegralschaum) wiederum unterscheidet sich verfahrenstechnisch vom Spritzguss. Dort liefert das in der Schaumrezeptur enthaltene Treibmittel den notwendigen Druck zum Befüllen des Werkzeugs. Durch den Schaumdruck oder eine spezielle Oberflächenbehandlung zerfallen die Luftporen an der Oberfläche, es ergibt sich ein Integralschaum mit kompakter Hülle und hohlzelligem Kern. Beispiel Panton-Stuhl Der bekannte Panton-Stuhl wird vollautomatisch aus kurzfaserverstärktem Polypropylen (PP) im Spritzgussverfahren hergestellt. Nachdem die ersten Modellreihen in den 1960er-Jahren noch aufwendig aus gepresstem GFK produziert wurden, konnte durch den Übergang zur maschinellen Fertigung auch der Preis erheblich gesenkt werden. Die zwischenzeitlich eingesetzten Werkstoffe PUR-Hartschaum und der Styrol-Copolymer ASA haben sich wegen aufwendiger Nachbearbeitung bzw. mangelnder Alterungsbeständigkeit nicht bewährt. Die heutige Variante aus PP wird aufgrund der geringen Kratzfestigkeit des Werkstoffs mit matter Oberfläche produziert. Die fließende Stuhlform mit ihren abgerundeten Ecken erhöht den Sitzkomfort und reduziert zugleich die Spannungskonzentrationen im Kunststoff. Damit werden einerseits die Gestaltungsmöglichkeiten des Kunststoffs umgesetzt, andererseits führt die Form zu einer gleichmäßigen Materialauslastung. [6] Faserverstärkte Formteile Frei geformte Bauteile aus faserverstärktem Kunststoff sind meist Einzelanfertigungen für spezifische Projekte. Es werden jedoch auch serienmäßige Halbzeuge wie Abdeckungen von Kläranlagen, Lichtkuppeln oder Verkleidungen hergestellt. Aus Kostengründen kommen fast ausschließlich Glasfaserverstärkungen zum Einsatz (GFK). Freie Formen werden häufig schalenförmig ausgebildet, da wegen der günstigen Tragwirkung einer gekrümmten Form somit auch bei der Verwendung von GFK größere Spannweiten realisierbar sind. Die Verformungsproblematik, die bei Profilen oder Platten auftritt, kann durch eine geeignete Geometrie umgangen werden. Fertigung faserverstärkter Formteile Einzelbauteile oder kleinere Serien werden manuell durch Handlaminieren, Harzinfusion oder Faserspritzen hergestellt. Bei Serienfertigung bietet sich das Pressen oder Spritzgießen von Formteilen oder Spitzguss an. Die Fertigungsverfahren werden im Kapitel »Faserverstärkte Kunststoffe« (S. 78ff.) erläutert. Spezielle Halbzeuge im Ingenieurbau Die rauen Umgebungsbedingungen wie direkte Bewitterung, in Wasser gelöstes Streusalz sowie dynamische Belastungen und hohe Temperaturwechsel führen bei konventionellen Baustoffen zu Materialkorrosion und -ermüdung. Stahlbetonbrücken müssen häufig bereits nach 25 Jahren generalsaniert werden. Faserverbundwerkstoffe können sowohl zur Instandsetzung als auch zum Neubau von Brücken verwendet werden. Es hat sich jedoch gezeigt, dass vollständig aus faserverstärktem Kunststoff gebaute Tragwerke in der Regel nicht wirtschaftlich sind. Solche »All-Composite-Lösungen« werden damit auf absehbare Zeit Ausnahmen bleiben. Instandsetzung mit CFK-Lamellen Lamellen oder Bänder aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) werden seit Mitte der 1990er-Jahre für die Verstärkung schadhafter oder nicht ausreichend tragfähiger Betontragwerke eingesetzt (Abb. C 3.29). Sie werden oberflächlich aufgeklebt und ergänzen bzw. ersetzen die korrodierte Stahlbewehrung. Daneben besteht auch bei einer Nutzlasterweiterung oder in Regionen mit Erdbebenrisiko die Möglichkeit, tragende Bauteile nachträglich zu verstärken, um die Sicherheit zu erhöhen. CFKLamellen werden in diesen Fällen auch auf Mauerwerk oder Holzträger aufgebracht. Die relativ teuren Lamellen kommen in allen genannten Beispielen punktuell nur dort zum Einsatz, wo die hohe Zugtragfähigkeit voll ausgenutzt werden kann. Die CFK-Lamellen werden mit Breiten zwischen 50 und 120 mm sowie Dicken von 1,2 und 1,4 mm im Pultrusionsverfahren hergestellt.
Kunststoffhalbzeuge Dabei werden die Kohlenstofffasern ausschließlich in Längsrichtung angeordnet (unidirektional). Die Lamellen haben daher eine hohe Steifigkeit und Zugfestigkeit in Längsrichtung. Wegen ihres geringen Gewichts und ihrer Flexibilität lassen sie sich auf der Baustelle sehr gut handhaben. Daneben werden auch breitere CFK-Bänder mit unidirektionaler oder textiler Verstärkung produziert. Für Bauteile aus CFK wird im Gegensatz zu GFK ausschließlich das hochwertige Epoxidharz (EP) verwendet. CFK-Lamellen werden mit einem Epoxidharzmörtel (siehe Epoxidharzmörtel und Polymerbeton, S. 56) auf die Stahlbeton- oder Mauerwerkskonstruktion aufgeklebt, wobei die Verklebung bei Stahlbetonkonstruktionen häufig unter Vorspannung ausgeführt wird, um die hohe Festigkeit der Lamellen effektiver und wirtschaftlicher auszunutzen. Dies vermindert die Rissbildung im Beton und reduziert Verformungen des Tragwerks. Freistehende Spannglieder Neueste Entwicklungen konzentrieren sich auf den Einsatz von CFK-Lamellen als freistehende Spannglieder zur Verwendung für klassische oder flache Schrägseilbrücken (»Extradosed«-Brücken). [7] Die Verankerung der querdruckempfindlichen CFK-Lamellen und die Umlenkung an den Zwischenabstützungen stellen dabei eine besondere Herausforderung dar. Brückendecks aus GFK Glasfaserverstärkte Kunststoffe werden für Brückendecks eingesetzt, da diese im Vergleich mit herkömmlichen Materialien korrosionsbeständiger und weniger ermüdungsresistent sind. Die Platten werden dabei mit einem Haupttragwerk aus Stahl oder Stahlbeton kombiniert. Vor allem in den USA wird die Stahl-GFK-Mischbauweise bereits seit Mitte der 1990er-Jahre in größerem Umfang eingesetzt. Die US-Bundesbehörde für Fernstraßen (FHWA) listet ca. 70 ausgeführte Brücken mit Fahrbahnplatten aus glasfaserverstärktem Kunststoff (Stand 2009). [ 8] Dabei werden GFK-Fahrbahnen sehr häufig bei der Instandsetzung von vorhandenen Straßenbrücken a verwendet. Bei zahlreichen Projekten werden schadhafte Fahrbahnplatten von Verbundoder Stahlbrücken durch GFK-Fahrbahnplatten ersetzt, wobei die Widerlager und die Hauptträger der Brücken erhalten bleiben. Die Möglichkeit, die Leichtbauplatten in größeren Abmessungen vorzufertigen und zur Baustelle zu transportieren, erlaubt eine äußerst rasche Instandsetzung und Wiederinbetriebnahme der Brücke. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass die Halbzeuge und die notwendigen Klebstoffe und Beschichtungen keine langen Härtezeiten benötigen, wie sie für Stahlbeton notwendig sind. In Korea wurden in den letzten Jahren ebenfalls mehrere Straßenbrücken mit GFK-Decks realisiert, darunter die Noolcha Bridge in Busan mit einer Länge von 300 m und einer Breite von 35 m. Bei der Fertigstellung im Jahr 2007 stellte sie das größte Bauwerk aus faserverstärkten Kunststoffen dar. [9] Bauformen Für Brückendecks werden Sandwichplatten oder zusammengesetzte, pultrudierte Profile eingesetzt. Sandwichplatten leiten einwirkende Belastungen in beide Richtungen mit gleicher Steifigkeit ab, weshalb sie optimal zur Abtragung von Radlasten der Fahrzeuge geeignet sind (Abb. C 3.28 a und b). Allerdings treten durch den manuellen Herstellungsprozess größere Toleranzen auf als bei pultrudierten Profilen. Die konstruktive Ausbildung von Anschluss- und Verbindungsdetails ist zudem schwieriger. Pultrudierte Platten (Abb. C 3.28 c und d) bestehen aus einer Reihe prismatischer Stäbe, die miteinander verklebt werden. Die Faserverstärkung ist hauptsächlich in Bauteillängsrichtung orientiert. Die Fügung erfolgt entweder vor Ort oder schon vorab im Werk zu Einheiten in transportfähiger Größe. Die pultrudierten Fahrbahnprofile erreichen typischerweise Spannweiten von 2 bis 3 m zwischen den Hauptträgern. Die GFK-Fahrbahnplatte wird an den Hauptträger geklemmt, über Kopfbolzendübel verbunden oder verklebt. (Hessen) sind mit Epoxidharzmörtel auf die Stahlträger geklebt. Der Überbau wurde vollständig in einer Lagerhalle vormontiert, inklusive Kappen, Geländer und Fahrbahnbelag. Dadurch konnten die Restarbeiten auf der Baustelle auf ein Minimum reduziert werden. Durch die integrale Bauweise als Rahmentragwerk entfallen wartungsempfindliche Bauteile wie Verformungslager oder Fahrbahnübergänge. Die GFK-Hohlprofile wurden zwar zum Schutz vor Ungeziefer seitlich verschlossen (Abb. C 3.30 b), die Querschnitte der pultrudierten Stäbe bleiben jedoch auch nach der Fertigstellung des Bauwerks sichtbar. Der Fahrbahnbelag aus Polymerbeton (siehe Epoxidharzmörtel und Polymerbeton, S. 56) sorgt für eine raue Oberfläche und eine gleichmäßigen Verteilung von konzentrierten Einzellasten. Anmerkungen: [1] http://www.thomas-technik.de/pdf/ Radius_Pultrusion.pdf, 19.08.2010 [2] Domininghaus, Hans: Die Kunststoffe und ihre Eigenschaften. Berlin/Heidelberg 2005 [3] http://www.kosche.de/homekovalex/index, 19.08.2010 [4] http://www2.dupont.com/Corian/de_DE/assets/ downloads/documentation/corian_cladding_de.pdf, 11.02.2010 [5] Schwarz, Otto; Ebeling, Friedrich Wolfhard; Furth, Brigitte: Kunststoffverarbeitung. Würzburg 2002 [6] Remmele, Mathias: Aus einem Guss: Die Entwicklung des Panton-Stuhls. In: deutsche bauzeitung 4/2006, S. 27ff. [7] Knippers, Jan; Hwash, Mohamed: Umgelenkte Lamellen aus kohlenfaserverstärktem Kunststoff für freistehende Spannglieder im Konstruktiven Ingenieurbau. In: Beton- und Stahlbetonbau 10/2008, S. 68ff. [8] http://www.fhwa.dot.gov/Bridge/FRP/, 19.08.2010 [9] Lee, Sung Woo; Kee-Jeung, Hong: Experiencing More Composite-Deck Bridges and Developing Innovative Profile of Snap-Fit Connection. In: COBRAE Conference – Benefits of Composites in Civil Engineering. Stuttgart 2007 Beispiel Stahl-GFK-Verbundbrücke Die Fahrbahnplatten aus pultrudiertem GFK der Stahl-GFK-Verbundbrücke in Friedberg b C 3.30 93
Folien C 4.1 Der Begriff Folie leitet sich vom lateinischen Wort für Blatt – folium – ab und beschreibt im Allgemeinen einen im Vergleich zu seiner Flächenausdehnung sehr dünnen homogenen Metallwerk- oder Kunststoff. Reine Kunststoffund Kunststoffverbundfolien kommen im Baubereich nicht nur in der Transport- und Bauphase zum Einsatz, sondern erfüllen vor allem folgende Aufgaben: • Abdichtung gegen Niederschläge im Dachund Fassadenbereich • Abdichtung gegen Feuchte und drückendes Wasser im Bodenbereich • Verbesserung der Winddichtigkeit von Gebäudehüllen (zur Reduktion von Lüftungswärmeverlusten) • Dampfbremse oder Dampfsperre • Wärmedämmung • Verbesserung des Sonnen- und Wärmeschutzes von Verglasungen • Verbesserung der Wärmedämmwirkung von Isoliergläsern • Herstellung von Verbundsicherheitsglas • Verbesserung der Raumakustik mit sogenannten Akustikfolien (siehe Akustisch wirksame Folien, S. 118) • Beschichtung von Innenoberflächen (Möbel, Einbauten, Innenwände, Bodenbeläge usw.) Eine detaillierte Darstellung der möglichen Kunststoffe und ihrer Eigenschaften für alle genannten Anwendungen würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Daher konzentrieren sich die folgenden Ausführungen im Wesentlichen auf Folien für den konstruktiven Einsatz, während das Kapitel »Erweiterte bauphysikalische und energetische Aspekte« (S. 108ff.) Anwendungen, die z. B. Optik oder die Akustik betreffen, im Zusammenhang mit anderen Materialien behandelt. C 4.1 C 4.2 94 ETFE-Folien in verschiedenen Stärken (von oben nach unten: klar 250 μm, klar 200 μm, weiß 200 μm) Eigenschaften tragender Folien im Bauwesen Konstruktiv eingesetzte Folien müssen hohen Ansprüchen an Festigkeit, Witterungsbeständigkeit, UV-Stabilität, Oberflächenqualität und Schweißbarkeit genügen – Eigenschaften, die derzeit nur sehr wenige Produkte zufriedenstellend erfüllen. Für Außenanwendungen kommen daher nahezu ausschließlich Folien aus Ethylentetrafluorethylen (ETFE) zum Einsatz. Eine mögliche Alternative stellt Tetrafluorethylen- Hexafluorpropylen-Vinylidenfluorid (THV) dar, wobei bisher aufgrund der nachteiligen Werkstoffeigenschaften (vor allem ungünstiges Anschmutzverhalten) eine äußerst geringe Verbreitung festzustellen ist. PVC-Folien hingegen finden teilweise im Innenbereich und bei temporären Projekten (z. B. Messebau) Verwendung, PE-Folien sind als Deckmaterial von Gewächshäusern aus wirtschaftlichen Gründen weitverbreitet. Grundsätzlich differenziert man verschiedene Folientypen in Bezug auf den Materialaufbau in: • Solofolien aus einem einheitlichen Material • Doppelfolien aus zwei Schichten gleichen Materials • Verbundfolien aus mehreren Schichten unterschiedlichen Materials Herstellung von Folien Eine Folienbahn ist das bei der Herstellung erzeugte Band, das zu Folienrollen über einem Coil aufgewickelt wird (Abb. C 4.5, S. 96). Je nach Folientyp und -stärke sind verschiedene Längen bis zu mehr als 1000 m pro Rolle möglich. Die Folieneigenschaften können entsprechend dem Herstellungsprozess in Längs- und Querrichtung variieren. Auf einer ersten Betrachtungsebene unterscheidet man zwei verschiedene Verfahrensarten zur Herstellung von Kunststofffolien: das Gießverfahren und die thermoplastische Verarbeitung. Beim Gießverfahren wird das Basisgranulat mit Lösemitteln versetzt, bevor aus der Mischung Folien gegossen werden. Da die Lösemittel die Folieneigenschaften beeinträchtigen, wird dieses Verfahren heute kaum noch angewendet. Bei der thermoplastischen Verarbeitung wird der Kunststoff ohne zusätzliche Lösemittel in einer Schmelze verarbeitet. Diese Verfahrensart lässt sich weiter in Kalandrieren und Extrudieren mit der Sonderform des Blasens differenzieren. Kalandrieren Beim Vorgang des Kalandrierens wird der Rohstoff in Pulverform unter Wärme und Druck aufgeschmolzen, stark verdichtet und im soge-
Folien nannten Kalander (frz.: calandre = Walze) über mehrere hintereinander angeordnete beheizte sowie polierte Rollen zu Folien ausgewalzt und über Kühlwalzen abgekühlt. Das Verfahren eignet sich vor allem zur Herstellung von PVC-Folien; es können aber auch andere Polymere wie PE, PP, ABS und weitere Thermoplaste zu Folien kalandriert werden. Beim Kalandrieren besteht die Möglichkeit, die Oberfläche direkt im Herstellungsprozess, z. B. durch Prägen, zu gestalten. Extrudieren Bei diesem Verfahren wird das Granulat in einem beheizbaren Metallzylinder, in dem sich die sogenannte Plastifizierschnecke dreht, geschmolzen, gemischt, homogenisiert und befördert. Dabei entsteht direkt vor der Schneckenspitze ein sehr hoher Druck, der das Material durch ein Mundwerkzeug schiebt (siehe Extrusion, S. 83f.). Je nach Geometrie dieses Werkzeugs ergeben sich zwei weitere Unterarten der Herstellung. Extrudieren von Flachfolien mit Breitschlitzwerkzeug Bei Verwendung eines Breitschlitzwerkzeugs und entsprechend nachgeschalteten Kühlrollen erhält man direkt eine hochwertige Folie mit ausgezeichneter Oberflächenqualität, die auch hohen optischen Anforderungen gerecht wird (Abb. C 4.3 a und C 4.5, S. 96). Der Fertigungsprozess ist jedoch vergleichsweise langsam. Um bei der Herstellung von transparenten Folien (z. B. ETFE) zu verhindern, dass Dickeunterschiede oder optische Beeinträchtigungen wie Schlieren oder Wellen entstehen, ist es zudem wichtig, dass Temperatur und Fließgeschwindigkeit an der Austrittsstelle sehr gleichmäßig sind. Dies erhöht den Investitionsaufwand für die Herstellung der Extruder und Mundstücke erheblich und beschränkt vor allem auch die Breite der auf diese Weise hergestellten Folien. Bei ETFE-Folien liegt die maximal lieferbare Breite derzeit z. B. bei ca. 1,55 m. Extrudieren von Blasfolien mit Ringdüse Eine Ringdüse mit mittigem Dorn formt die austretende Schmelze zunächst zu einem Schlauch. Über den Dorn eingeblasene Luft weitet den Schlauch anschließend um das Drei- bis Vierfache auf. Dieser Schlauch wird im Folgenden kontrolliert abgekühlt und danach als Schlauchfolie oder aufgeschnitten als Flachfolie aufgerollt (Abb. C 4.3 b, S. 96). Solche Folien verfügen über eine weitgehend homogene Festigkeit in Längs- und Querrichtung. Diese Herstellungsmethode, die flaches Folienmaterial aus einer dreidimensionalen Form generiert, erlaubt einen hohen Durchsatz und vergleichsweise große Rollenbreiten von zum Teil über 3 m. Allerdings erfüllen die Folien keine hohen Anforderungen an die optische Qualität. Daher werden beispielsweise ETFE-Blasfolien im Baubereich in der Regel nicht verwendet, aber z. B. als Dacheindeckung für Gewächshäuser. Fertigungsqualität Bei der Herstellung von Folien können Fehler ETFE-Folie THV Folie PE-Folie PVC-P-Folie Polymer Copolymer aus Ethylentetrafluorethylen Terpolymer aus Tetrafluorethylen-Hexafluorpropylen-Vinylidenfluorid Polyetylen Polyvinylchlorid typische Anwendungen Architektur Architektur (als Laminatfolie) Gewächshausbau Innenraum Dichte [g/cm3] (DIN 53 479) 1,75 1,98 0,95 1,16 –1,35 übliche Dicken [µm] 12 – 300 150 – 500 180 – 200 70 – 220 Zugfestigkeit [N/mm2] (DIN EN ISO 527-1) 40 bzw. nach DIN 53 354 gemessen ca. 400 N/50 mm > 24 ca. 24 10 – 25 Bruchdehnung [% der Länge] (DIN EN ISO 527-1) > 300 > 500 > 400 170 – 400 Weiterreißwiderstand [N/mm] bei 23 °C längs /quer (DIN 53 363) > 300 /> 300 > 100 /> 100 bei 200 μm Dicke k. A. k. A. Zug-E-Modul [N/mm2] (DIN 53 457) 800 –1000 N > 50 k. A. k. A. Verformbarkeit hohe Verformbarkeit höhere Verformbarkeit als ETFE-Folie k. A. hohe Verformbarkeit Langzeitstabilität sehr gute UV-Beständigkeit sehr gute UV-Beständigkeit schlechte UV-Beständigkeit, durch Modifikationen ca. 4 – 5 Jahre (Mitteleuropa) schlechte UV-Beständigkeit Schmelzpunkt 260 – 270 °C 115 –125 °C k. A. k. A. Temperatureinsatzbereich [ °C] -200 bis +150 -50 bis +80 -25 bis +80 k. A. Brandverhalten schwer entflammbar schwer entflammbar normal bis leicht entflammbar schwer entflammbar Schmutzempfindlichkeit sehr gering gering hoch hoch Transparenz [%] > 90 80 – 93 80 – 90 bis 90 Bemerkungen milchig an Knickkanten k. A. durch Coextrusion mit EVA höhere UV-Beständigkeit (> 5 Jahre) k. A. verfügbare Varianten transparent, weiß durchgefärbt, verschiedene Farben, Bedruckung möglich transparent transparent, weiß eingefärbt Standard weiß und weitere Farben 1 1 1 1 1 1 abhängig von Art und Menge des Weichmachers C 4.2 95
Folien auftreten, die ihre Nutzbarkeit beeinträchtigen. Dabei kann es sich um einzelne Verunreinigungen oder Fehlstellen, z. B. Löcher, handeln oder um großflächige Mängel wie wellige Kanten, Wickelfalten, Schlieren oder Überschreitungen der Folienstärkentoleranzen. Durch optimale Einstellung der Extrusions-, Walz- oder Blasgeschwindigkeit lassen sich solche Fehler minimieren. C 4.3 C 4.4 C 4.5 C 4.6 C 4.7 C 4.8 Folienextrusion a Flachfolienextrusion b Blasfolienextrusion Flachfolienextrusionsanlage über einen Coil aufgerollte ETFE-Folie klare ETFE-Folie eingefärbte ETFE-Folie a – c unterschiedlich bedruckte ETFE-Folie 1 4 5 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Dosierung Granulat Schmelzvorgang Filter Glättevorgang Kühlung Formgebung Dickenmessung 10 11 12 13 14 15 aufgewickelte Folie Extruder Luft Breitschlitzdrüse Luftbürste Dickenrolle Aufschneiden 6 2 3 7 8 10 9 Additive Auch der Einsatz von diversen Zuschlagstoffen bei der Folienherstellung ist möglich. Sie werden entweder bereits während der Polymerherstellung oder erst während der Verarbeitung hinzugefügt. Dazu gehören z. B. Gleit- oder Antiblockmittel zur Optimierung der Weiterverarbeitung, Antistatika, Antioxidanten, UV-Absorber oder Lichtschutzmittel. Als Färbemittel werden nahezu ausschließlich Pigmente eingesetzt, da sich viele Farbstoffe aufgrund der chemischen Polymereigenschaften nicht eignen. Durch die Zugabe von Pigmenten wird das Folienmaterial durchgefärbt. Als wichtigstes Weißpigment gilt Titanoxid, das z. B. auch bei der Herstellung von ETFE-Folien verwendet wird (siehe Additive, S. 32ff.). Weiterverarbeitungsmöglichkeiten Je nach Material können Folien in weiteren Verarbeitungsschritten perforiert, umgeformt (z. B. geprägt, mikrostrukturiert), bedruckt, beschichtet oder auch laminiert werden. Zum Teil sind dazu spezielle Vorbehandlungsschritte erforderlich, die die Polarität (Oberflächenenergie) des eigentlich unpolaren ETFE erhöhen. Bestimmte Kunststofffolien können durch sogenanntes Recken in ihren mechanischen Eigenschaften deutlich verbessert werden. Hierzu wird die extrudierte Folie über Walzen geführt, die in Maschinenrichtung an Geschwindigkeit zunehmen, was zu einer Streckung des Kunststoffs in Längsrichtung führt. Der Vorgang kann gegebenenfalls in der anderen Richtung wiederholt werden, man spricht dann von biaxial gerecktem Material (üblich z. B. bei PP- und PET-Folien). a 14 15 13 4 2 10 3 12 11 9 b Halbzeuge und Lieferformen C 4.3 Beim Transport und der Lagerung von hochwertigen Kunststofffolien mit Anforderungen an die optische Qualität ist darauf zu achten, dass die Folienrollen nicht lange liegen. Ideal ist eine Verpackung, in der der Coil selbst seitlich hängt, damit die Folie nirgends aufliegt (Abb. C 4.5). Hierdurch werden auch bei dicken und damit schweren Rollen Druckstellen und Faltenbildung vermieden. Im Folgenden findet sich eine kurze Charakterisierung der im Baubereich gebräuchlichsten Kunststofffolien. ETFE-Folien Eine der im Bauwesen am häufigsten eingesetzten Folienwerkstoffe für tragende Raumabschlüsse ist das Copolymer ETFE. Seit seiner C 4.4 96 C 4.5
Folien Markteinführung 1970 ist ETFE bis heute eine der stabilsten bekannten chemischen Verbindungen und damit ideal für den Einsatz in Umgebungen, in denen das Material den unterschiedlichsten aggressiven Belastungen ausgesetzt ist (Säuren, Laugen, UV-Strahlung etc). Ähnlich wie das chemisch verwandte Polytetrafluorethylen (PTFE) verfügt ETFE über ein dauerhaft herausragendes Anschmutzverhalten, ist sehr widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse, hitze- und witterungsbeständig sowie langfristig UV-stabil. ETFE-Folien absorbieren die kurzwellige UV-Strahlung kaum, weshalb das Material weder vergilbt noch versprödet. Auch die mechanischen Eigenschaften sind vorteilhaft. Wegen all dieser Vorzüge ist ETFE für den Membranbau besonders geeignet und dort auch das mit Abstand am weitesten verbreitete Folienmaterial. Aufgrund der sehr hohen Lichtdurchlässigkeit und der hohen Transmission im UV-Bereich, die für das Pflanzenwachstum wichtig ist und gleichzeitig das Bakterienwachstum begrenzt, findet das Material häufig bei Gebäudehüllen von Tiergärten, Gewächshäusern oder anderen Biotopen und Schwimmbädern Verwendung. Die Materialeigenschaften von transparenten, reinen ETFE-Folien sind innerhalb des Herstellungsprozesses sehr konstant. Werden sehr große Folienmengen benötigt, lassen sich daher auch Materialchargen von verschiedenen Herstellern in einem Projekt verwenden. Einfärben, Bedrucken und Beschichten Durch Pigmentzugabe können ETFE-Folien weiß oder farbig durchgefärbt werden. Abhängig vom Hersteller steht hier jeweils eine beschränkte Farbauswahl zur Verfügung. Vor allem weiße Folien, die das Licht stark diffus streuen, werden auf diese Weise hergestellt (Abb. C 4.7). Bei großen Abnahmemengen lässt sich durch den beigefügten Titandioxidanteil der Transmissionsgrad einer weißen ETFE-Folie in bestimmten Grenzen einstellen. Die weiße Pigmentierung reduziert jedoch weitgehend die Strahlungsdurchlässigkeit im UV-Bereich. Auch ein Bedrucken von ETFEFolien ist möglich, erfordert aber aufgrund der antiadhäsiven Oberflächenqualität des Materials eine Vorbehandlung, damit die aufgebrach- C 4.6 te Farbe haftet. Sowohl die Art der Vorbehandlung als auch die Zusammensetzung der Druckfarben sind herstellerspezifisch. Bedruckt wird mit einem Rollenverfahren, weshalb viele verschiedene Muster möglich sind. Standard sind Punktraster mit unterschiedlichem Bedeckungsgrad (Abb. C 4.8 a, b). Bei größeren Mengen ist innerhalb des Rollenverfahrens das repetitive Muster selbst und damit der Bedruckungsgrad weitgehend frei definierbar (Abb. C 4.8 c). Außerdem lässt sich der Transmissionsgrad der Druckfarbe selbst innerhalb bestimmter Grenzen einstellen. Da neben der Lichtdurchlässigkeit der Folie bei den meisten architektonischen Anwendungen auch die Reflexion von Bedeutung ist (Licht- und Wärmestrahlung), werden als Druckfarben meist Weiß oder Silber verwendet. Beim Bedrucken ist zu beachten, dass entweder am Rand ein ausreichender Abstand (30 – 50 mm) für die Ausbildung der Schweißnaht verbleibt oder dieser Bereich nachträglich chemisch oder mechanisch von der Farbschicht befreit werden muss. In Folienbeschichtungsanlagen können z. B. durch Kathodenzerstäubung (Sputtern) metallische, keramische oder durch Nassbeschichtung organische Schichten aufgebracht werden. Diese Techniken befinden sich allerdings in Bezug auf ETFE-Folien noch in einer frühen Entwicklungsphase (Abb. C 6.28 und C 6.29, S. 115). Die Schwierigkeit beim Bedrucken besteht darin, durch abgestimmte Materialwahl und Vorbehandlungsschritte eine anhaltende Haftung der extrem dünnen Schichten auf dem ETFE zu erreichen. Außerdem müssen die oft korrosionsgefährdeten Funktionsschichten von beiden Seiten durch geeignete Verfahren dauerhaft geschützt werden. Der gesamte Schichtaufbau muss in der Lage sein, den Beanspruchungen während Verarbeitung und Montage Stand zu halten und die unvermeidlichen Dehnungen des Materials im Einsatz dauerhaft aufzunehmen. Durch das Aufeinanderlaminieren von Folien lassen sich Bedruckungen und Beschichtungen schützen. ETFE-Folienlaminate bestehen auf den Außenseiten aus reinem ETFE und können somit wie Solofolien verarbeitet werden. C 4.7 a Mechanische Eigenschaften von ETFE-Folien Die wichtigsten mechanischen Kenngrößen von Folienwerkstoffen sind Zugfestigkeit, Bruchdehnung, Weiterreißfestigkeit und Elastizitätsmodul (Abb. C 4.2, S. 95; siehe auch Mechanische Eigenschaften, S. 105). Von besonderer Bedeutung bei ETFE-Folien ist die Abhängigkeit dieser Werte von der Belastungsdauer und der Umgebungstemperatur. ETFE-Folien verhalten sich nahezu isotrop und bei kurzzeitiger Belastung bis zu einem gewissen Punkt näherungsweise linear elastisch. Abb. C 4.9 auf S. 98 zeigt die Spannungs-Dehnungs-Linie für den typischen Dickenbereich von 100 bis 300 μm, in dem die Reißfestigkeit bei über 40 N/mm2 liegt. Der näherungsweise linearelastische Bereich, in dem das Material die höchste Steifigkeit aufweist, reicht bis zu einer Dehnung von ca. 10 %. Die bei dieser Dehnung erreichte Zugfestigkeit kann statisch angesetzt werden. Danach flacht die Spannungs-Dehnungs-Kurve merklich ab und es kommt zu erhöhter Dehnung und plastischer Verformung. Die aufnehmbare Kraft steigt bis zum Bruch an. Abhängig vom Spannungszustand verschiebt sich diese Linie. Je nachdem ob monoaxial (in einer Richtung) oder biaxial (in zwei Richtungen) vorgespannt wird, ändert sich die Steifigkeit. In Abb. C 4.10 auf S. 98 ist die Spannungs-Dehnungs-Linie für eine einachsig und eine zweiachsig vorgespannte Materialprobe dargestellt, die monoaxiale Steifigkeit ist deutlich geringer als die biaxiale Steifigkeit. Neben der Belastungsdauer hat auch die Umgebungstemperatur einen großen Einfluss auf die Materialsteifigkeit und das Relaxations- und Kriechverhalten. Abb. C 4.12 a zeigt die unterschiedliche zyklische Beanspruchung einer Materialprobe in Längs- und Querrichtung. Bei ca. -25 °C gehen die Dehnungen auch nach mehreren Lastzyklen immer auf null zurück (Abb. C 4.12 b, S. 98). Bereits bei 35 °C kriecht das Material deutlich, was an der verschobenen Dehnungslinie zu erkennen ist, die nach jedem Lastzyklus eine bleibende Restdehnung zeigt (Abb. C 4.12 c, S. 98). Bei der konstruktiven Detailplanung ist dieses Phänomen vor b c C 4.8 97
Folien allem bei mittleren und höheren Temperaturen z. B. für den Abstand vom Folienkissen zur Unterkonstruktion oder im Hinblick von Nachspanneinrichtungen bei einlagigen Anwendungen zu beachten. Gleiches gilt für die Wahl des Vorspannungsgrads beim Einsatz von ETFE in Gebäudehüllen, die hohen Temperaturen oder starken Temperaturschwankungen ausgesetzt sind. Da ETFE ab 70 °C an Festigkeit verliert, eignet sich das Material für größere Spannweiten eher in kälteren oder gemäßigten Klimazonen. In sogenannten Dauerstandversuchen steht das Material über einen längeren Zeitraum unter konstant hoher Spannung; seine Dehnung wird währenddessen aufgezeichnet. Dabei zeigt sich, dass das Materialkriechen unabhängig von der Belastungshöhe nach ca. 1000 Stunden wieder abnimmt (Abb. C 4.10). ETFE weist außerdem eine hohe Weiterreißfestigkeit, eine gute Schlagfestigkeit und eine hohe Knickbeständigkeit auf. C 4.9 C 4.11 Dauerstandversuche an biaxial anisotrop vorgespannten ETFE-Folien unter verschiedenen Spannungen C 4.12 a biaxiale Zugprüfungen mit stufenweise steigenden Beanspruchungen bei unterschiedlichen Temperaturen [1] b Spannungsdehungsline aus der biaxialen Zugprüfung bei -25 °C 60 4 3 22 Spannung [N/mm²] Zugfestigkeit [MPa] typisches Spannungs-/Dehnungsdiagramm von ETFE-Folie 1 näherungsweise linearelastischer Bereich 2 Zugfestigkeit bei 10 % Dehnung 3 Streckfestigkeit 4 Reißfestigkeit C 4.10 Steifigkeiten von ETFE-Folie bei mono- und biaxialer Spannung Konfektionierung von ETFE-Folien Die typischen allgemeinen Konfektionierungsschritte wie das Zuschneiden und Verschweißen sind im Kapitel »Konfektionierung« beschrieben (S. 106f.). Daher geht es im Folgenden ausschließlich um folienspezifische Arbeitsschritte. ETFE-Folien werden durch thermische Verschmelzung miteinander verschweißt. 20 18 längs belastet Dies geschieht durch kontrolliertes Aufbringen von Temperatur und Druck auf sich ca. 10 –15 mm breit überlappende Folienbahnen bei ca. 280 °C für 15 – 30 Sekunden bei taktweisen und mit ca. 3 m pro Minute bei kontinuierlichen Verfahren (Abb. C 4.13 – C 4.15). Für die Schweißnähte selbst ist eine Breite von 6 bis 10 mm üblich. Im Gegensatz zu einigen anderen Kunststoffen werden hier keine zusätzlichen Materialien oder chemischen Wirkstoffe für die Schweißnaht benötigt. Gerade Nähte (siehe Schweißnaht, S. 198f.) oder zuschnittlose Großflächen können mit sehr hoher Geschwindigkeit durch Schweißbalken taktweise verschweißt werden. Gekrümmte C 4.13 C 4.14 C 4.15 C 4.16 c Spannungsdehungsline aus der biaxialen Zugprüfung bei +35 °C kontinuierliches Schweißverfahren einer ETFEFolie kontinuierliches Schweißverfahren einer bedruckten ETFE-Folie profilierte Schweißnaht in einen Folienrand eingeschweißter PP-Keder quer belastet 16 14 12 10 8 2 6 4 1 2 0 0 25 monoaxial belastet 800 Dehnung [%] C 4.9 biaxial belastet 20 15 0 20 18 längs belastet quer belastet mit 4 N/mm² 2,5 13 N/mm² 2,0 1,5 9,5 N/mm² 6 N/mm² 1,0 -2 20 18 0 2 4 6 8 Dehnung [%] quer belastet 6 8 Dehnung [%] C 4.12 bei +35°C 14 12 10 8 0,0 6 4 -0,5 längs belastet 16 0,5 2 0 -1,0 1 98 bei -25°C b Spannung [N/mm²] 3,0 6 Dehnung [%] C 4.10 quer belastet 10 2 0 5 längs belastet 12 0 4 4000 14 6 4 3 3000 16 5 2 2000 Zeit [s] 8 1 1000 a 10 0 Dehnung [%] 400 Spannung [N/mm²] Spannung [N/mm²] 0 10 10 100 1000 10000 Zeit [h] C 4.11 -2 c 0 2 4
Folien Ränder werden mit Rollengeräten verschweißt. Derzeit befinden sich Laserschweißverfahren in der Erprobung, mit denen sich die Schweißnahtbreite auf ca. 3 – 4 mm reduzieren und die Schweißgeschwindigkeit möglicherweise deutlich steigern ließe. Auch komplexe Freiformnähte wären dann möglich, die andere Anwendungsgebiete von ETFE-Folien erschließen könnten (z. B. komplexe Absorber- oder Wärmetauschergeometrien). Für pneumatische Folienkissen gehört zur Konfektionierung auch der Einbau und die Abdichtung von Luftventilen und gegebenenfalls einer Notentwässerung (Abb. E 3.16, S. 194). Kederschnüre werden nach Möglichkeit vorkonfektioniert angeschweißt und EPDM-Kunststoff-Klemmprofile (siehe Detailausführung, S. 190ff.) werkseitig vormontiert. PVC-Folien Polyvinylchlorid-Folien werden aus weichmacherhaltigem PVC-P hergestellt und verfügen über eine vergleichsweise geringe UV- und Temperaturbeständigkeit. Auch ihre geringe Festigkeit, die hohe Materialdehnung und ein ungünstiges Anschmutzverhalten begrenzen mögliche konstruktive Einsatzgebiete. Da das Material aber preisgünstig ist, wird es vor allem im Innenbereich, z. B. als Oberflächenmaterial im Ausbau sowie im Möbel- und Messebau, häufig eingesetzt. Es kann durch Kleben oder Schweißen gefügt werden. gewebe, S. 104). Für andere Anwendungen sind PTFE-Folien auch einseitig geätzt oder selbstklebend (mit Acryl- oder Silikonklebern) verfügbar. Typische Anwendungen außerhalb des Baubereichs sind unter anderem Dauerbackfolien, Förderbänder und Gewindedichtbänder. Auch beim thermischen Schweißen von Kunststoffen spielen sie als Trennfolie eine große Rolle. Hier verhindern sie beim Eckverschweißen von PVC-Fensterprofilen das Anhaften an den Schweißspiegeln, den heißen Metallflächen, mit denen die Verbindung ausgeführt wird. THV-Folien Die Eigenschaften des Fluorpolymers THV (Tetrafluorethylen-Hexafluorpropylen-Vinylidenfluorid) ähneln denen von ETFE. Folien aus diesem Material sind ebenso hoch transparent, sehr widerstandsfähig und schwer entflammbar. Im Vergleich zu ETFE sind sie elastischer, leichter zu verarbeiten und lassen sich hochfrequenzschweißen (siehe Konfektionierung S. 106f.). Im Hinblick auf optische Eigenschaften und insbesondere das Anschmutzverhalten sind sie diesen jedoch unterlegen. Da THV eine geringere Reißfestigkeit als ETFE besitzt, eignet es sich nur zur Überbrückung kleiner Spannweiten, z. B. zur Eindeckung von Seilnetzen. THV wird teilweise auch als Beschichtung für hochwertige Polyestermembranen eingesetzt (siehe Halbzeuge und Lieferformen, S. 103ff.). C 4.13 C 4.14 PE-Folien Polyetylen-Folien sind äußerst preiswert und werden als Baufolie in verschiedenen Stärken angeboten. Aufgrund des Preisvorteils und ihrer hohen Lichttransmission werden sie trotz geringer Standzeit in großen Mengen im Gewächshausbau eingesetzt. Da das Material nicht UV-stabil ist, muss es entsprechend ausgerüstet werden. Hierdurch steigt die mögliche Standzeit im Außenbereich je nach lokaler UV-Belastung auf wenige Jahre. Auch für temporäre Bauten wird das günstige Material häufig eingesetzt. Die »Blase« des Projekts »Mobiler Aktionsraum (S. 252) besteht beispielsweise aus einer transluzenten, faserverstärkten PE-Folie. PTFE-Folien Folien aus Polytetrafluorethylen (PTFE) sind selbstreinigend, UV-stabil und sehr beständig gegenüber chemischen Substanzen und Pilzbefall. Sie werden in einer Dicke von 0,025 bis 6 mm und bis 1,5 m breit in einem Schälverfahren hergestellt, das ähnlich wie die Holzfurniergewinnung abläuft: Ein starres, breites Messer schält die Folie in Bahnen von einem sich drehenden massiven Zylinder ab. PTFE-Folien sind von Natur aus milchig weiß, können aber auch in anderen Farben produziert werden. Aufgrund der gegenüber ETFE-Folien geringeren Festigkeiten und Verformbarkeit eignen sie sich konstruktiv nur als Laminatfolien auf Glasgittergeweben (siehe PTFE-laminiertes Glasgitter- Keder Kissenränder, biegesteife Membranränder sowie biegeweiche Klemmplattenstöße und -ränder werden mit sogenannten Kedern zu einer kraft- und formschlüssigen Verbindung zwischen flexibler Membran und steifer Kederschiene bzw. Klemmplatte gefügt (siehe Ränder, S. 190f. und Klemm- und Kederprofile, S. 197ff.). Die Kederschnüre bestehen z. B. aus Polypropylen (PP; Abb. C 4.16), PVC-Monofilen oder Poylurethan (PUR). Um zu gewährleisten, dass der Keder sich unter Belastung nicht so weit deformiert bis er aus der Schiene schlüpft, sollte er eine Shore-Härte (siehe Härte, S. 35) von mindestens SH 50 aufweisen. Im Membranbau können auch Keder aus Stahlseilen oder Aluminiumrundprofilen eingesetzt werden. Kunststoffseile sind aufgrund ihres relativ flexiblen Geflechts im Allgemeinen nicht geeignet. Ähnlich wie bei leichten Membrantypen können Keder auch bei Folien in einen Streifen eingeschweißt als vorkonfektionierte Kederfahne an den Rand geschweißt werden. C 4.15 Anmerkungen: [1] Saxe, Klaus; Homm, Thomas (Universität Duisburg/ Essen): Mechanische Eigenschaften von ETFE-Folien für vorgespannte Strukturen. Vortrag im Rahmen des Techtextil Symposiums 12.06.2007 C 4.16 99
Textile Membranen C 5.1 Der Begriff Membran stammt von dem lateinischen Wort membrana (= dünne Haut) ab. Er beschreibt einen im Vergleich zu seiner Oberfläche sehr dünnen und flexiblen Werkstoff. In der Biologie steht dieser Begriff für feine Häutchen mit trennender oder abgrenzender Funktion. Im Bauwesen gelten sowohl Textilien in Form von beschichteten und unbeschichteten Geweben als auch Kunststofffolien oder dünne Metallbleche als Membranen. Das vorliegende Kapitel beschäftigt sich mit den für Membrankonstruktionen relevanten technischen Textilien. Dadurch, dass Membranen sowohl eine Trag- als auch Hüllfunktion übernehmen, spielen neben der mechanischen Zugfestigkeit und der Elastizität des Werkstoffs auch die Oberflächeneigenschaften eine wesentliche Rolle. Die mechanischen Eigenschaften werden primär von Fadenmaterial und der Webart beeinflusst, während Beschichtungen eine schützende, abdichtende Funktion haben und die gewünschte Oberfläche erzeugen. Membranen, die im Bauwesen zum Einsatz kommen, sind typischerweise ein Verbundwerkstoff aus Gewebe und mehreren Beschichtungslagen. In Sonderfällen, z. B. bei wandelbaren Membranbauten mit hoher Anforderung an die Flexibilität, werden auch unbeschichtete, d. h. offene Gewebe mit beschichteten Fasern verwendet. Für reinen Sonnenschutz und raumakustische Zwecke lassen sich auch unbeschichtete Gewebe und Netze einsetzen. Anforderungen an Membranwerkstoffe C 5.1 C 5.2 C 5.3 C 5.4 C 5.5 100 vier Membranmaterialien mit ähnlicher Festigkeit, aber sehr unterschiedlicher Flexibilität, von oben nach unten: Glas-PTFE, Polyester-PVC, PTFE-Gewebe beschichtet, PTFE-Gewebe unbeschichtet Vergleich dreier typischer Membranwerkstoffe (bester Wert jeweils auf 100 % normiert) Anforderung an die Eigenschaften von Membranwerkstoffen Aufbau einer Polyester-PVC-Membran Anlagen zur Beschichtung von Membranen a Streichbeschichtungsanlage b Tauchbeschichtungsanlage Die Anforderungen an Membranwerkstoffe für mechanisch vorgespannte Konstruktionen sind sehr vielfältig (Abb. C 5.3). Derzeit gibt es kein Material auf dem Markt, das allen Anforderungen vollständig gerecht wird. Je nach Einsatzgebiet und Standort müssen die Kriterien also unterschiedlich gewichtet werden. Während beispielsweise bei einem großen Stadiondach eine sehr hohe Festigkeit und ein günstiges Langzeitverhalten ausschlaggebend sind, ist für wandelbare Membranbauten die Leichtigkeit, Faltbarkeit und Knickbeständigkeit von großer Bedeutung. In Abb. C 5.2 werden drei typische Membranwerkstoffe für verschiedene Anforderungskriterien qualitativ miteinander verglichen; der jeweils beste derzeit am Markt erhältliche Wert wurde auf 100 % normiert. Hier wird deutlich, dass keines der Produkte alle Felder ausgeglichen abdecken kann. Kriterien wie Knickbeständigkeit und Lichttransmission müssen für jedes Projekt gesondert bewertet werden. Auch die Kosten eines Materials lassen sich nicht isoliert betrachten, da seine Wahl immer auch die projektspezifischen Herstellungs- und Installationskosten beeinflusst und zugleich mit den Erwartungen an die Haltbarkeit des Materials abgestimmt werden muss. Beschichtungen Wichtigste Aufgabe einer Membranbeschichtung ist es, das Gewebe vor Feuchtigkeit, UV-Strahlung, Feuer und Befall durch Mikroben oder Pilze zu schützen; ihre Qualität ist dabei mitausschlaggebend für die Lebensdauer des Werkstoffs. Die Beschichtung von Membranen dient jedoch nicht nur dem Schutz des textilen Gewebes und damit der Dauerhaftigkeit, sondern nimmt auch Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften. Durch die Fixierung der Gewebegeometrie erhöht sie insbesondere die Schubsteifigkeit und verbessert teilweise auch die Weiterreißfestigkeit. Beschichtete Membranwerkstoffe ähneln folglich den Verbundoder Kompositwerkstoffen (siehe Faserverstärkte Kunststoffe, S. 76ff.). Thermoplastische Beschichtungen ermöglichen die Verbindung einzelner Membranstreifen durch thermisches Schweißen. Um Membranen zu färben, können entweder der Beschichtung Farbpigmente beigefügt oder die Beschichtung selbst bedruckt werden. Nach einer Vorbehandlung des Gewebes werden Beschichtungen typischerweise beidseitig aufgebracht. Für alle gängigen Gewebe aus synthetischen organischen und anorganischen Fasern (Polyester, PTFE, Glas; siehe Fasern, S. 48ff.) besteht die Beschichtung aus Thermoplasten (PVC, PTFE und andere Fluorpolymere). Eine Ausnahme bildet Silikonkautschuk,
Textile Membranen der zu den Elastomeren gehört, und Silikonharz, das den Duroplasten zuzuordnen ist. Im Allgemeinen beeinflussen Beschichtungen folgende Eigenschaften: Für die Aufbringung von Beschichtungen existieren verschiedene Verfahren, die im Folgenden beschrieben werden. den Messern (Rakel) abgestrichen. Meist beinhaltet der Vorgang mehrere Striche: Im ersten wird ein Haftvermittler aufgebracht, die eigentliche Beschichtung dann in einem zweiten und gegebenenfalls dritten Strich. Anschließend verbinden sich PVC und Weichmacher in einem Gelierkanal bei Temperaturen um 180 °C chemisch. Für die in der Regel gewünschte beidseitige Beschichtung wird dieser Vorgang auf der Rückseite wiederholt oder von Beginn an eine vertikale Beschichtungsanlage eingesetzt. Zum Abschluss werden Deckschichten (auch Sperrschichten) mit Walzen oder im Spritzverfahren aufgebracht. Sie verhindern, dass Weichmacher unter UVStrahlung austreten, und optimieren zudem die Streichverfahren • • • • • • • • • • • Dehn- und Schubsteifigkeit Schweißbarkeit UV-Schutz des Gewebes Wasserdichtigkeit Brandverhalten Lichttransmission Lichtreflexion Lichtstreuung Anschmutzverhalten Farbgebung Wärmeabstrahlung Das Streichverfahren wird in der Regel für PVC- und Silikon-Beschichtungen angewendet (Abb. C 5.5 a). Die vorgemischte, zähflüssige Beschichtungspaste (Plastisol) für PVC-beschichtete Polyestermembranen (PolyesterPVC) besteht aus PVC-Pulver, das in einem Weichmacher dispergiert wird. Als Zusatzstoffe werden dem Plastisol Hitze- und Lichtstabilisatoren, Fungizide, Bakterizide und Pigmente beigemischt. Diese pastöse Masse wird auf das Rohgewebe aufgebracht und mit feststehen- Polystergewebe PVC-beschichtet Glasfasergewebe PTFE-beschichtet PTFE-Gewebe Fluorpoymer-beschichtet 100 Materialkosten (günstig = 100%) mechanische Festigkeit • hohe Zugfestigkeit • hohe Weiterreißfestigkeit • ähnliche Steifigkeit in Kett- und Schussrichtung • hohe Bruchdehnung • geringes Kriechen unter hoher Langzeitbelastung • hohe Verformbarkeit Knickbeständigkeit • Faltbarkeit (mobile oder wandelbare Konstruktionen) • kein Faserbruch bei Druckspannungen Schutz vor Witterungseinflüssen • resistent gegen chemische und biologische Einflüsse • UV-stabil mechanische Festigkeit Knickbeständigkeit 50 Oberflächeneigenschaften • schweißbar • selbstreinigende, antiadhäsive Oberfläche 0 Langzeitstabilität Lichttransmission • beschichtbar • ästhetisch ansprechende Haptik und Farbe Brandschutz • mind. schwer entflammbar • kein brennendes Abtropfen • minimale Rauchentwicklung (Toxizität) Lichttransmission • gewünschte Transmission • gewünschte Reflexion Wirtschaftlichkeit • geringe Rohmaterialkosten • geringe Konfektionierungskosten • geringe materialbedingte Konstruktionskosten • hohe Lebenserwartung Schmutzbeständigkeit C 5.2 C 5.3 9 6 1 2 3 4 5 6 7 8 Rohgewebe Haftvermittler Beschichtung Deckschicht Rohgewebe Haftschicht abgestrichen mit Luftrakel Gelierkanal Kühlwalze 9 10 11 12 13 14 15 16 Deckstrich abgestrichen mit Walzrakel Gelierkanal beschichtetes Gewebe Tauchbecken abstreichen trocknen vorsintern sintern 11 5 7 8 10 a 16 15 1 2 3 4 14 13 11 5 C 5.4 b 12 C 5.5 101
Textile Membranen Polyestergewebe, PVC-beschichtet Polyestergewebe, THV-beschichtet Glasfasergewebe, PTFE-beschichtet Glasfasergewebe, silikonbeschichtet Glasgittergewebe, PTFE-laminiert PTFE-Gewebe, beschichtet PTFE-Gewebe, unbeschichtet Einsatzgebiet Besonderheiten vielseitig einsetzbar, sehr preisgünstiges Standardmaterial hochwertige Oberfläche, sehr hohe Lichttransmission für permanente Konstruktionen, hochwertiges Standardmaterial für permanente Konstruktionen, hohe Lichttransmission für permanente Konstruktionen, hohe Lichttransmission bei hoher Festigkeit für permanente und mobile Konstruktionen, hohe Lichttransmission für permanente und mobile Konstruktionen, hohe Lichttransmission, geringe Regendichtigkeit Fügbarkeit Hochfrequenzund Thermoimpulsschweißen Hochfrequenzund Thermoimpulsschweißen Thermoimpulsschweißen mit Zwischenfolie Vulkanisieren (Kleben) oder Nähen und Kleben (Kombinaht) Thermoimpulsschweißen mit Zwischenfolie Hochfrequenzschweißen Nähen Langzeitstabilität gute UV-Stabilität bei ausreichender Beschichtungsdicke, gute chemische Beständigkeit k. A. sehr gute UV-Stabilität, sehr gute chemische Beständigkeit gute UV Stabilität, gute chemische Beständigkeit gute UV Stabilität, sehr gute chemische Beständigkeit sehr gute UV Stabilität, sehr gute chemische Beständigkeit sehr gute UV Stabilität, sehr gute chemische Beständigkeit Knickempfindlichkeit sehr knickbeständig, für wandelbare Systeme geeignet knickbeständig, für wandelbare Systeme geeignet hohe Knickempfindlichkeit, für wandelbare Systeme nicht geeignet geringe Knickempfindlichkeit hohe Knickempfindlichkeit, für wandelbare Systeme nicht geeignet sehr knickbeständig, für wandelbare Systeme gut geeignet sehr knickbeständig, für wandelbare Systeme sehr gut geeignet Schmutzempfindlichkeit schmutzanfällig, besser mit Deckschicht, z. B. Fluorlack gutes Anschmutzverhalten sehr gutes Anschmutzverhalten, selbstreinigend schmutzanfällig selbstreinigend, jedoch Schmutzansammlung wegen rauer Oberfläche möglich gutes Anschmutzverhalten gutes Anschmutzverhalten Lichttransmission 5 –15 % Anstieg der solaren Absorption durch Vergrauen 15 – 23 % 8 – 20 % 25 – 30 % 43 – 46 % 20 – 40 % 35 % Umweltbelastung (getrennte Betrachtung von Beschichtung und Gewebe, Trennung im Allgemeinen noch schwierig, erste Recyclingkreisläufe sind im Aufbau) PVC zerfällt unter Bildung von Chlor und Salzsäure, es besteht ein RücknahmeNetzwerk; Polyester lässt sich einschmelzen oder als Kurzfasern weiterverwenden THV zersetzt sich bei hohen Temperaturen Glasfasern lassen sich umweltfreundlich entsorgen, PTFE zerfällt nicht, Zersetzung bei hohen Temperaturen unter Entstehung von Fluor Glasfasern lassen sich umweltfreundlich entsorgen, Silikon ist recycelbar Glasfaser lässt sich umweltfreundlich entsorgen, PTFE zerfällt nicht, Zersetzung bei hohen Temperaturen unter Entstehung von Fluor sortenrein, PTFE zerfällt nicht, Zersetzung bei hohen Temperaturen unter Entstehung von Fluor sortenrein, PTFE zerfällt nicht, Zersetzung bei hohen Temperaturen unter Entstehung von Fluor Brandverhalten (Brandklassen nach DIN 4102) B1 B1 A 2 (bis Typ II) B 1 (ab Typ III) B1 B1 B1 S 1– d 0 (EN 13 501) B1 S 1– d 0 (EN 13 501) Standardfarben Standard weiß, weitere Farben Standard weiß Standard weiß, begrenzte Farbauswahl Standard weiß, silber, weitere Farben farblos Standard weiß teilweise gefärbte Garne Flächengewicht 1 nach DIN 55 352 [g/m2] Typ I: 750 Typ II: 900 Typ III: 1100 Typ IV: 1300 Typ V: 1450 Typ I: 1150 Typ II: 1200 Typ I: 800 Typ II: 900 Typ III: 1200 Typ IV: 1500 Typ 0: 200 Typ I: 340 Typ III: 685 Typ IV: 1100 1050 1080 320 530 Zugfestigkeit 1 Kett/Schuss nach DIN 53 354 [N/50 mm] Typ I: 3000 / 3000 Typ II: 4200 / 4000 Typ III: 5800 / 5400 Typ IV: 7500 / 6500 Typ V: 10 000 / 9000 Typ I: 3500 / 3000 Typ II: 5000 / 4500 Typ I: 3500 / 3500 Typ II: 5000 / 4500 Typ III: 7000 / 6000 Typ IV: 8000 / 7000 Typ 0: 2500 / 1750 Typ I: 3000 / 3000 Typ III: 5000 / 5000 Typ IV: 8000 / 8000 4500 / 4000 4000 / 4000 2000 / 2050 4000 / 3700 Weiterreißfestigkeit1 Kett/Schuss nach DIN 53 363 [N] Typ I: 300 / 300 Typ II: 500 / 500 Typ III: 850 / 800 Typ IV: 1200 / 1200 Typ V: 1800 / 1800 Typ I: 700 / 700 Typ II: 600 / 600 Typ I: 300 / 300 Typ II: 350 / 350 Typ III: 500 / 500 Typ IV: 500 / 500 Typ 0: 350 / 400 Typ II: 300 / 300 Typ III: 400 / 400 Typ IV: 500 / 500 250 / 250 798 / 752 365 / 330 669 / 550 Lebensdauer 15 – 20 k. A. > 25 > 20 > 25 > 25 > 30 Rohmaterialkosten 2 15 – 45 % 60 – 140 % 50 – 150 % 110 – 180 % 100 –180 % 100 – 140 % 120 –170 % beispielhafte Abbildungen Abb. D 1.1, S. 134, Abb. D 1.14 – D 1.17, S. 141, Abb. E 4.50, S. 210 Beispiele 17–22, S. 262 – 281 Abb. D 1.21, S. 142 Abb. D 1.32 und D1.33, S. 147, Beispiel 23, S. 282ff. Abb. D 1.37, S. 149, Abb. E 4.1, S. 196, Abb. E 4.51, S. 210 1 2 Durchschnittswerte im Vergleich zum Durchschnittspreis von Glas-PTFE (100 %) C 5.6 102
Textile Membranen Oberfläche hinsichtlich Abrieb und Anschmutzverhalten (Abb. C 5.4, S. 101). Tauchverfahren Das Tauchverfahren wird hauptsächlich für PTFE-Beschichtungen verwendet, z. T. auch für PVC-Beschichtungen auf grobmaschigen Geweben (Abb. C 5.5 b, S. 101). Für PTFE-beschichtete Glasfasermembranen (Glas-PTFE) wird das Rohgewebe durch Eintauchen in eine Dispersion aus PTFE-Teilchen beidseitig beschichtet. Durch schrittweise ansteigende Temperaturen während des Trocknungs- und Sintervorgangs verdampft das Wasser, das Netzmittel zur Herabsetzung der Grenzflächenspannung zersetzt sich und schließlich sintern die PTFE-Partikel bei ca. 330 °C. Um die erforderlichen Schichtdicken zu erreichen, wird der Vorgang mehrfach wiederholt. Aufgrund der hohen Sintertemperaturen können PTFE-Beschichtungen nur auf Geweben mit sehr hohem Schmelzpunkt aufgebracht werden; eine PTFE-Beschichtung von Polyestergewebe ist daher nicht möglich. a b c d e f g h Low-E-Beschichtungen Sogenannte Low-E-Beschichtungen (niedrige Emissivität) verringern deutlich die Wärmeabstrahlung und werden derzeit auf verschiedenen Membranmaterialien, z. B. Glas-PTFE, angeboten (Abb. C 5.15, S. 107). Die Funktionsweise solcher Beschichtungen wird im Kapitel »Selektivität und Low-E-Oberflächen« (S. 116) näher erläutert. Halbzeuge und Lieferformen Da der textile Träger und die Beschichtung aus verschiedenen Materialien bestehen, werden beide in der Membranwerkstoffbezeichnung genannt. Übliche Kombinationen aus Gewebe und Beschichtung sind (Abb. C 5.6): • Polyestergewebe mit PVC- oder THV-Beschichtung • Glasfasergewebe mit PTFE- oder Silikonbeschichtung oder mit PTFE-Folienlaminierung • PTFE-Gewebe mit Fluorpolymer-Beschichtung (auch unbeschichtet erhältlich) C 5.6 C 5.7 Eigenschaften gängiger textiler Membranwerkstoffe beschichtete und unbeschichtete Gewebe jeweils im Auflicht und für einen qualitativen Vergleich der Lichttransmission im Gegenlicht a PVC-beschichtetes Polyestergewebe b THV-beschichtetes Polyestergewebe c PTFE-beschichtetes Glasfasergewebe d silikonbeschichtetes Glasfasergewebe e PTFE-laminiertes Glasgittergewebe f beschichtetes PTFE-Gewebe g unbeschichtetes PTFE-Gewebe h Beschichtung zur Reduzierung der Emmisivität (low-E) auf einer Glas-PTFE-Membran (im Auflicht) C 5.7 103
Textile Membranen a b C 5.8 Derzeit machen Glas-PTFE und Polyester-PVC als gängigste aller verwendeten Membranwerkstoffe den größten Marktanteil aus. PVC-beschichtete Polyestergewebe Polyester-PVC (Abb. C 5.7 a, S. 103) findet breite Anwendung im textilen Membranbau. Aufgrund seiner hohen mechanischen Festigkeit und Knickbeständigkeit wird es sowohl für temporäre und wandelbare Konstruktionen als auch für permanente Membrandächer eingesetzt. Aufgrund der geringen Rohmaterial- und Herstellungskosten ist Polyester-PVC einer der günstigsten am Markt erhältlichen Membranwerkstoffe. In ähnlicher Form wird er auch in großen Mengen für andere Anwendung (z. B. für LKWPlanen) genutzt. Für den Einsatz im Bauwesen wird die Polyester-PVC-Membran mit zusätzlichen Eigenschaften ausgerüstet, die das Langzeitverhalten verbessern. Es ist besonders wichtig, die Fasern mit einer sogenannten Low-wick-Beschichtung (Reduzierung der Dochtwirkung) zu versehen, um das Aufsaugen von Feuchte und Schmutzpartikeln an offenen Kanten zu verhindern (Abb. C 5.8). Das Polyestergewebe besteht hauptsächlich aus dem synthetischen Polymer Polyethylenterephthalat (PET); das von Herstellern oft verwendete Kürzel PES ist die international vereinbarte Bezeichnung für Polyesterfasern (siehe PET-Fasern, S. 53). In der Vergangenheit hat die schnelle Alterung des Materials durch Versprödung der Beschichtung das Image von Membranbauten stark beeinträchtigt. Heute kann man das Entweichen der UV- und Hitzestabilisatoren sowie der Weichmacher durch Versiegelungen aus Acrylat- und PVDF-Lacken (Polyvinylidenfluorid) oder PVF-Laminaten (Polyvinylfluorid) teilweise verlangsamen. Diese Deckschichten (Topcoats) aus Fluorlacken schaffen zudem eine glatte antiadhäsive Oberfläche, welche die Schmutzanfälligkeit reduziert. Da sie jedoch einen sehr viel höheren Schmelzpunkt als PVCBeschichtungen besitzen, kann es nötig sein, die Oberfläche vor dem Verschweißen anzuschleifen. Der typische Aufbau einer PolyesterPVC-Membran ist in Abb. C 5.4 auf S. 101 dargestellt. 104 a b C 5.9 THV-beschichtetes Polyestergewebe Ein relativ neu am Markt erhältliches Material ist ein mit Tetrafluoroethylen-HexafluoropropylenVinylidenfluorid-Polymer (THV) beschichtetes Polyestergewebe (Abb. C 5.7 b, S. 103). THV ist ein Fluorpolymer, das als Folie auch alternativ zu ETFE eingesetzt wird (siehe THV-Folien, S. 99). Bedeutender Vorteil der THV-Beschichtung gegenüber PVC ist die bessere Witterungsbeständigkeit und Selbstreinigung der Oberfläche sowie eine deutlich höhere Lichttransmission und UV-Beständigkeit. Die mechanischen Eigenschaften sind vergleichbar mit denen von Polyester-PVC Typ I und II. Von Nachteil kann das im Vergleich zur Festigkeit relativ hohe Flächengewicht sein. Erfahrungen über das Langzeitverhalten aus praktischen Anwendungen liegen noch nicht vor. PTFE-beschichtetes Glasfasergewebe Glasfasergewebe, das mit Polytetrafluorethylen (PTFE; bekannt als Teflon, siehe PTFE-Folien, S. 99) beschichtet ist (Abb. C 5.7 c, S. 103), gilt als einer der haltbarsten Membranwerkstoffe, da die Beschichtung selbstreinigend und sehr beständig gegenüber chemischen Substanzen und Pilzbefall ist. Leichte Typen (bis Typ II) mit relativ dünner Beschichtung sind nicht brennbar (Brandschutzklasse A 2, DIN 4102), schwerere Typen gelten aufgrund der dickeren Beschichtung als schwer entflammbar (DIN 4102, Brandschutzklasse B 1). Das frisch beschichtete Material ist bei der Auslieferung durch die Zersetzung des Netzmittels in der Beschichtung zunächst noch beige, bleicht aber nach der Montage durch UV-Bestrahlung (Sonnenlicht) aus (Abb. C 5.9). In Nordeuropa dauert dieser Prozess ca. 2 – 3 Monate, in Regionen mit stärkerer Sonneneinstrahlung entsprechend kürzer. Industrielles Vorbleichen ist zwar möglich, aber sehr kostspielig und reduziert zudem die Festigkeit des Materials. Die PTFEBeschichtung wird in der Regel mit einer Deckschicht versehen, um die Antiadhäsivität und die Schweißbarkeit zu verbessern. Für das Thermoimpulsschweißen (S. 106f.) wird an der Naht zusätzlich eine thermoplastische Fluorkunststofffolie (siehe Wärmekontakt- oder Thermoimpulsschweißen, S. 106f.) z. B. aus Perfluoralkoxylalkan – PFA, Perfluorethylenpropylen – C 5.10 C 5.11 FEP, Tetrafluoroethylen-Perfluoromethylvinylether – MFA) als Schweißhilfe verwendet. Silikonbeschichtetes Glasfasergewebe (Glas-Silikon) Aufgrund der hohen Lichttransmission, den guten mechanischen Eigenschaften und der Knickbeständigkeit stellt Glas-Silikon (Abb. C 5.7 d, S. 103; siehe auch Glasfasern, S. 50) gegenüber Glas-PTFE eine interessante Alternative zu den gängigen Membranwerkstoffen dar. Die Flexibilität der Silikonbeschichtung macht das Material einfacher in der Handhabung als Glas-PTFE. Es weist gegenüber Polyester-PVC eine dreimal höhere Lichttransmission auf, die auch bei eingefärbtem Material noch sehr hoch ist. Aufgrund der chemischen Beständigkeit von Silikon ist es zudem sehr resistent gegen Alterungsprozesse. Problematisch ist die klebrige Oberfläche von Silikonkautschuken und ihre Eigenschaft, sich elektrostatisch aufzuladen, was zu schneller Verschmutzung führen kann. Neuentwickelte Deckschichten verbessern aber das Reinigungsverhalten. Ein weiterer Nachteil ist, dass sich silikonbeschichteter Materialien nicht schweißen lassen, da sie keinen ausgeprägten Schmelzpunkt besitzen. Die Flächenstöße müssen durch Vulkanisieren bzw. Kleben aufwendig hergestellt werden (siehe Kleben, S. 107). Silikon in Reinform ist zwar nicht brennbar, der Membranwerkstoff wird jedoch aufgrund der Zusatzstoffe in der Beschichtung und der Deckschichten als schwer entflammbar (DIN 4102, Brandschutzklasse B 1) eingestuft. PTFE-laminiertes Glasgittergewebe Bei diesem Material wird eine PTFE-Folie direkt auf ein weitmaschiges Glasfaser-Trägernetz laminiert (Abb. C 5.7 e, S. 103). Durch die offenen Maschen erreicht das Material eine sehr hohe Lichttransmission von bis zu 65 %. Nachteilig ist die geringe Dehnfähigkeit und Verformbarkeit des Materials, Montage und Vorspannung sind daher sehr schwierig. Das PTFE-Laminat ist selbstreinigend, durch die unebene Oberfläche kann sich jedoch Schmutz ansammeln. Zum Konfektionieren der Flächennähte lässt sich das Material thermoimpulsschweißen. Aufgrund der geringen Flexibilität kann man es aber nur schwer umschlagen, um
C 5.8 Polyester-PVC-Streifen, in farbige Tinte getaucht a ohne Beschichtung b mit Faserbeschichtung zur Minimierung der Dochtwirkung (Low-wick-Beschichtung) C 5.9 Glas-PTFE-Membran a direkt nach der Produktion b UV-gebleicht C 5.10 Akustikgewebe mit Mikroperforation C 5.11 PVC-beschichtetes Polyesternetz als Sonnenschutzmembran C 5.12 qualitativer Vergleich der Bruchdehnung von gängigen Membranwerkstoffen in Stärken ähnlicher Festigkeit, einachsiger Zugversuch bei Raumtemperatur, die Absolutwerte können je nach Hersteller und Charge deutlich abweichen. Zugkraft [N/5 cm] Textile Membranen 7000 Dehnung bei F-max 6000 Glasgittergewebe, PTFE-laminiert 5,5 % 5000 Glasfasergewebe, PTFE-beschichtet Typ III 9% 4000 Glasfasergewebe, silikonbeschichtet Typ III 9,5 % 3000 PTFE-Gewebe, unbeschichtet 10,5 % Polyestergewebe, PVC-beschichtet Typ III 23 % PTFE-Gewebe, beschichtet 28 % ETFE-Folie 200 μm ca. 300 % 2000 1000 0 0 10 20 30 40 50 Dehnung [%] C 5.12 beispielsweise eine Randseiltasche auszubilden oder Kederschnüre in den Rand einzuschweißen. Abhilfe schaffen hier an den Rand geschweißte Membranstreifen aus herkömmlichem Glas-PTFE. Beschichtetes und unbeschichtetes PTFE-Gewebe Für hochwertige wandelbare Membrandächer mit geringer Anforderung an die Wasserdichtigkeit werden häufig unbeschichtete PTFEGewebe eingesetzt (Abb. C 5.7 g, S. 103; siehe Polytetrafluorethylanfaser, S. 52). Sie zeichnen sich durch höchste Knickbeständigkeit, Leichtigkeit, hohe Lichttransmission und eine antiadhäsive Oberfläche (sehr günstiges Anschmutzverhalten) aus. Durch Färben der PTFE-Fäden erhält man verschiedene Gewebefarben. Leichte PTFE-Gewebe mit sehr dichter Webart und beschichteten Fäden erreichen eine Wasserfestigkeit von bis zu 20 cm Wassersäule. Bei groberen Geweben lässt diese jedoch stark nach – aufschlagendes Wasser sprüht dann in einem Nebel aus feinsten Tropfen durch das Textil hindurch. Eine im Tauchverfahren aufgetragene dünne Fluorpolymerbeschichtung kann die Wassersäule auf bis zu 300 cm erhöhen, der Gewebecharakter bleibt dabei erhalten. Offenes PTFE-Gewebe lässt sich nicht schweißen, sondern nur nähen; spezielle Klebstoffe können die Wasserdichtigkeit dieser Nähte erhöhen. Aufgrund der Tendenz von PTFE unter Dauerlast stark zu kriechen, sollten nur geringe Vorspannwerte gewählt und bei hohen Schneelastannahmen die Spannweiten begrenzt werden. Um auch bei PTFE-Geweben Schweißbarkeit und eine vollständige Wasserdichtigkeit zu erreichen, wurden thermoplastische Fluorpolymerbeschichtungen entwickelt, die mit einem speziellen Extrusionsverfahren auf das Gewebe aufgebracht werden. Das Material hat dann eine ähnliche lichtstreuende Wirkung wie weiße ETFE-Folie. Derart beschichtet, vereinen PTFEGewebe nun ihre hochwertigen Eigenschaften mit den Standardanforderungen an gängige Membranmaterialien. PVC- oder PTFE-beschichtetes Aramidgewebe Alternativ zu Polyester- und Glasfasergeweben werden bei hoher Anforderung an die Zugfestigkeit auch Aramidgewebe verwendet, die mit PVC oder PTFE beschichtet werden können. Derartige Membranwerkstoffe wurden bisher nur sehr selten eingesetzt und lediglich auf Kundenanfrage gefertigt. PVC-beschichtete Aramidgewebe können beispielsweise Zugfestigkeiten von bis zu 24 000 N/5 cm bei einem Flächengewicht von ca. 2 kg/m2 erreichen (vgl. Polyester Typ V 10 000 N/5 cm). Nachteilig sind der hohe Preis und die sehr geringe UV-Beständigkeit. Da die Beschichtung, die zudem schlecht auf der Aramidfaser haftet, aus diesem Grund lichtundurchlässig sein muss, bietet der Membranwerkstoff keinerlei Lichttransmission. Unbeschichtete und beschichtete weitmaschige Gewebe und Netze Neben dem klassischen Einsatz von textilen Membranen als Tragwerk und Hülle werden offene Gewebe und Netze im Innenraum unter anderem als Akustikmembranen (Abb. C 5.10; siehe auch Akustisch wirksame Folien, S. 118), Sonnenschutz (Abb. C 5.11), Leuchtkörper (Abb. C 6.36, S. 117), Raumteiler oder Unterhangdecken verwendet. Aufgrund der Anwendung im Innenraum entfallen zahlreiche Anforderungen wie hohe Festigkeiten und Witterungsbeständigkeit. Es gibt außerdem verschiedene unbeschichtete unbrennbare Glasgewebe, schwer entflammbare Polyestergewebe und z. B. PVCbeschichtete weitmaschige Polyesternetze oder unbeschichtete PTFE-Netze. Eine Beschichtung macht es teilweise möglich, Netze und imprägnierte Monofilgewebe zu verschweißen. Der Markt bietet noch sehr viel mehr verschiedene Netz- und Gewebewaren an, auf die hier im Einzelnen nicht näher eingegangen wird. Mechanische Eigenschaften Zugfestigkeit, Weiterreißfestigkeit, Bruchdehnung und Dehnsteifigkeit beschreiben die mechanischen Eigenschaften einer Membran. Diese unterscheiden sich in Kett- und Schussrichtung in Abhängigkeit von der Bindungsart (siehe Gewebe, S. 70). Bei wandelbaren und temporären Membrankonstruktionen ist auch die Knickbeständigkeit der Fasern und die Flexibilität des Membranwerkstoffs von großer Bedeutung, um ein zerstörungsfreies Auf- und Abbauen bzw. Raffen garantieren zu können. Zugfestigkeit Die Zugfestigkeit wird typischerweise an 5 cm breiten Streifen in einachsigen Zugversuchen ermittelt. Die Werte in Schussrichtung sind oft etwas niedriger als in Kettrichtung. Da die Dicke der Membran im Vergleich zur Streifenbreite vernachlässigbar ist, wird die Zugfestigkeit in Kraft / Länge (z. B. N/5 cm) angegeben. Die Einteilung der Membranwerkstoffe in Typen nach steigender Zugfestigkeit wurde ursprünglich für Polyester-PVC-Membranen eingeführt, wird aber inzwischen auch für die meisten anderen Materialien angewendet. Die Typen werden nach folgenden Grenzen vergeben: Typ I: +/- 3000 N/5 cm Typ II: +/- 4000 N/5 cm Typ III: +/- 5000 N/5 cm Typ IV: +/- 7000 N/5 cm Typ V: +/- 9000 N/5 cm Weiterreißfestigkeit Die Weiterreißfestigkeit beschreibt die maximale Kraft, die eine bereits eingerissene Membran gerade noch tragen kann. In einem Normtest wird der Wert entweder einachsig an einer seitlich eingeschnittenen oder biaxial an einer mittig eingeschnittenen Probe ermittelt. Um bei einem lokalen Versagen der Membran das Kollabieren des gesamten Membrantragwerks zu vermeiden, sollte dieser Wert möglichst hoch sein. Bruchdehnung Die Bruchdehnung ist die prozentuale Dehnung einer einachsig gezogenen Probe zum Zeitpunkt des Versagens. Je niedriger die Bruchdehnung, desto plötzlicher tritt das Materialversagen ein (Sprödbruch). Eine höhere Bruchdehnung bedeutet ein duktileres Verhalten – das Materialversagen kündigt sich durch große Verformungen an (Abb. C 5.12). Dehnsteifigkeit Die Dehnsteifigkeit des Gewebes in Kett- und Schussrichtung wird mit einem zweiachsigen Zugversuch, dem sogenannten Biaxialtest, 105
Kette Dehnung [%] Spannung [kN/m] Textile Membranen Schuss 20,0 15,0 9,0 6,0 3,0 10,0 0,0 5,0 -3,0 -6,0 0,0 Zeit Zeit C 5.13 a b ermittelt. Eine Materialprobe wird an allen vier Seiten mehrmals eingeschnitten. Die einzelnen Streifen werden dann separat eingeklemmt und gewährleisten eine homogene Einleitung der Spannungen. Die Kraft-Dehnungs-Messung wird in Abhängigkeit der Zeit aufgezeichnet. Hierbei wird das Gewebe auf Vorspannniveau gedehnt und dann mit einem projekt- bzw. standortspezifischen Lastbild abwechselnd in Kett- und Schussrichtung in mehreren Zyklen belastet. Die Restdehnung, die am Ende des mehrstündigen Tests auf Vorspannniveau übrig bleibt, wird als Kompensationswert für den Zuschnitt der Membran herangezogen (siehe Kompensation, S. 148). Abb. C 5.13 zeigt die Auswertung eines typischen Biaxialtests für eine Glas-PTFE-Membran Typ IV. Die Probe wurde in diesem Fall zunächst isotrop, d. h. mit gleicher Vorspannung in Kett- und Schussrichtung auf 3 kN/m vorgespannt und anschließend abwechselnd in Kett- und Schussrichtung erhöht. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich die Dehnungen in beiden Richtungen unterscheiden. Dieser Effekt tritt bei anderen Materialien teilweise weniger auf. Spezielle Herstellungsverfahren für Polyester-PVC-Membranen ermöglichen inzwischen auch, die Steifigkeitsverhältnisse in Kett- und Schussrichtung anzugleichen. • Anbau in die Membran integrierter Bauteile bei Gurträndern • gegebenenfalls Anbau von Eckbeschlägen • Zusammenlegen bzw. Rollen und Verpacken, z. B. in Schutzfolie Konfektionierung Da sich die Konfektionierungsschritte bei der Herstellung von textilen Membran- und Folienkonstruktionen größtenteils ähneln, wird im folgenden Abschnitt auch die Konfektionierung von Folienmembranen behandelt. Spezifische Arbeitsschritte, die nur bei ETFE-Folien vorkommen, sind im Kapitel »Konfektionierung von ETFE-Folien« (S. 98f.) näher erläutert. Das Konfektionieren einer großen Membranfläche aus einzelnen Bahnen geschieht in mehreren Schritten: • Zuschnitt, z. B. mit dem Schneidplotter • Verschweißen der Zuschnittsbahnen • Verschweißen oder Umklappen der Ränder, Einschweißen der Kederschnur oder Aufnähen der Gurte 106 Zuschnitt Für die Erzeugung einer dreidimensional gekrümmten Oberfläche wird die Membran aus einzelnen Zuschnittbahnen zusammengefügt. Für mechanisch vorgespannte Flächen ist der Rand jeder Bahn nach außen konkav, für pneumatisch vorgespannte Flächen konvex (siehe Zuschnitt, S. 147f.). Die gekrümmten Zuschnittbahnen werden typischerweise mit einem computergesteuerten Schneidplotter auf einem Vakuumtisch aus der Materialrolle geschnitten. Dieser Schneidplotter ist in der Lage, sowohl gekrümmte als auch gerade Ränder zu schneiden. Lasercutter sind aufgrund der hohen Temperaturen nicht geeignet. Bei der Zuschnittsermittlung und der Positionierung der Zuschnittbahnen auf dem ausgerollten Material sollte ein Minimum an Verschnitt angestrebt werden. Bei einigen Materialien besteht zwischen Konfektionär und Hersteller ein direkter Rücklauf des Verschnitts, der dann recycelt und wiederverwendet werden kann. Während bei PolyesterPVC-Membranen zunächst die Beschichtung von den Fasern getrennt werden muss, kann der Verschnitt von ETFE-Folien direkt eingeschmolzen werden. Schweißen Durch Hitze in Kombination mit Druck lassen sich thermoplastische Beschichtungslagen miteinander verschmelzen. Dieser Vorgang wird als Schweißen bezeichnet. Die dafür benötigte Hitze wird durch hochfrequente Strahlung, Heizelemente oder durch Stromimpulse aufgebracht. Nachdem die Schweißnaht unter fortwährendem Druck abgekühlt ist, kann sie je nach Material und Verfahren rund 90 % der Materialfestigkeit erreichen. Die Festigkeit ist abhängig vom Anpressdruck, der Pressform (glatt, geriffelt), der Verarbeitungstemperatur und der Anpressdauer. Typische Nahtbreiten liegen zwischen 50 und 100 mm. In der Praxis werden vom Konfektionär quer zur Naht einachsige Kontrollprüfungen der Schweißnahtfestigkeit an Probestücken vorgenommen (siehe Prüfung und Zulassung, S. 155). Hochfrequenzschweißen Thermoplaste mit polarem Molekülaufbau (z. B. PVC) lassen sich hochfrequenzschweißen. Hierbei setzt eine hochfrequente Strahlung bestimmte molekulare Gruppen in der Beschichtung in Schwingung, was zu einer starken Wärmeentwicklung führt und die Moleküle miteinander verbindet. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in der Prozessgeschwindigkeit. Wärmekontakt- oder Thermoimpulsschweißen Materialien mit PTFE-Beschichtungen, die sich nicht durch Hochfrequenzschweißen aufschmelzen lassen, werden durch direktes Aufbringen der notwendigen Hitze verschweißt (Wärmekontaktschweißen, auch Heizelementschweißen). Ein Heizbalken verbindet bei ca. 340 °C die Beschichtung der Membran mit einer Zwischenfolie aus thermoplastischem Fluorkunststoff. Bei einem Anpressdruck von etwa 50 N/cm² über 40 Sekunden und langsamem Abkühlen unter Druck erreicht die Schweißnaht Festigkeiten von bis zu 90 % der Materialfestigkeit. Als Sonderform des Wärmekontaktschweißens steht das sogenannte Thermoimpulsschweißen zur Verfügung, bei dem Stromimpulse in dünnen Metallbändern durch Widerstandserwärmung die Temperatur aufbringen. Durch das rasche Abkühlen des dünnen Metallbands unter Aufrechterhalten des Anpressdruck können hohe Prozessgeschwindigkeit erreicht werden. Schweißen auf der Baustelle Bei den meisten größeren Membranbauten müssen auch auf der Baustelle noch Schweißarbeiten getätigt werden, vor allem um Klemmstöße abzudecken und offene Eckdetails zu schließen. Vereinzelt werden aber auch vorkonfektionierte Membranflächen ausgelegt und dort gefügt. Dabei muss jedoch garantiert sein, dass die vorgegebenen Schweißnahtfestigkeiten auch bauseits erzielt werden können. Für Polyester-PVC-Membranen reicht dafür in der Regel ein einfacher Heißluftfön und eine
Textile Membranen Anpressrolle. Glas-PTFE-Membranen werden aufgrund des hohen aufzubringenden Drucks und der hohen Temperaturen mit speziellen Handschweißgeräten gefügt (Abb. C 5.14). Kleben Aus der Industrie ist das Verkleben von Polyester-PVC-Membranen mit speziellen Klebern bekannt. Für hochbeanspruchte Membrantragwerke hat diese Fügemethode aufgrund der gegenüber Schweißen deutlich geringeren Nahtfestigkeiten jedoch keine Bedeutung. Einzig Glas-Silikon-Membranen werden z. T. noch verklebt, da Schweißen hier nicht möglich ist. Silikon kann mithilfe von Silikonklebestreifen, die auf die Nahtstelle aufgebracht werden, vulkanisiert werden. Nach dem Zusammenfügen beider Bahnen wird in einer Heizpresse bei Temperaturen um 200 °C und 15 N/cm² Anpressdruck über 30 – 60 Sekunden Anpressdauer eine Vernetzungsreaktion zwischen dem Klebstoff und den Silikonverbindungen hervorgerufen, die beide Bahnen fest miteinander verklebt. Alternativ werden Zwei-Komponentenkleber verwendet, bei denen zunächst ein Lösungsmittel auf den beiden Nahtseiten separat aufgebracht wird, um die Molekülvernetzung der Silikonbeschichtung aufzubrechen. Die so vorbehandelten Nahtflächen können dann mit einem vernetzenden Klebstoff verbunden werden. Zur Erhöhung der Nahtfestigkeit wird teilweise eine Kombinaht, bestehend aus Klebe- und Nähnaht mit PTFE-Faden und zusätzlichem Silikonklebeband, zur Abdichtung angewendet, wodurch die Naht 65 – 80 % der Materialfestigkeit erreichen kann. Nähen Aufgrund der hohen Produktionsgeschwindigkeiten und Festigkeiten, die beim Verschweißen erreicht werden, wird die Nähnaht nur noch für nicht schweißbare Membranwerkstoffe (z. B. PTFE-Gewebe oder Glas-Silikon) eingesetzt. Da meist sehr große Flächen vernäht werden müssen, geschieht dies an großen Tischen (Abb. C 5.15) oder mit in den Boden versenkten Nähmaschinen. Nachteilig ist die Wasserdurchlässigkeit der Naht und der hohe Produktionsaufwand. Durch spezielle Klebstoffe lassen sich die Nähte von offenen PTFE-Geweben versiegeln. Typische Flächenstöße und Randverbünde mit Nähnähten sowie das Aufnähen von Gurten werden im Kapitel »Konstruieren mit textilen Membranen« (S. 196ff.) vorgestellt. hen, die ein Materialversagen zur Folge haben können (siehe Herstellungsqualität und Montage, S. 157). Hierfür können beispielsweise Schaumstoffschläuche in die Faltungen eingelegt werden. Für einen reibungslosen Ablauf bei der Montage ist es wichtig, dass die Eckpunkte vor dem Verpacken codiert beschriftet und Informationen zum Entfalten beigelegt werden, um die Membran auf der Baustelle möglichst wenig bewegen zu müssen. Textile Gurte Textile Gurte kommen in Membrankonstruktionen aus unterschiedlichen Gründen zum Einsatz, bei wandelbaren Konstruktionen beispielsweise wegen ihrer Faltbarkeit. Insbesondere bei kleinen und mittelgroßen Membrantragwerken können sie zur Verstärkung der biegeweichen Ränder fest mit dem Membranrand verbunden werden. Auf der Fläche aufgenähte Gurte dienen auch dem Ausformen von Graten und Kehlen (siehe Mechanisch vorgespannte Flächen, S. 140). Bei größeren Membrantragwerken mit Stahlseilrändern, insbesondere in Kombination mit Polyester-PVC-Membranen, nehmen Gurte an den Eckbeschlägen Tangentialkräfte auf (siehe Eckdetails mit Seilanschlüssen, S. 207). Ein großes Einsatzgebiet von Gurten stellt auch die Installation von Membrantragwerken dar, hier werden sie zur Abspannung und temporären Stabilisierung von Masten und Auslegern verwendet. Als Spanngurte mit Ratschen dienen sie häufig zum Spannen der Membranränder. Textile Gurte bestehen meist aus Polyesterfasern (Abb. C 5.17), seltener auch aus Polyamidfasern und bei besonders hoher Anforderung an die Zugfestigkeit aus Aramidfasern. Sie werden in Gurtwebereien auf sogenannten Nadelwebmaschinen gewebt, die durch beidseitigen Eintrag der Schussgarne sehr hohe Vorschussgeschwindigkeiten erreichen können. Typische Webarten für Gurte sind die Leinwand- oder Körperbindung (siehe Bindungsarten, S. 79). Je nach Anforderung werden die Garne vor dem Verweben wasserabstoßend, flammhemmend und mit Fungiziden imprägniert. Die gängigen Gurtquerschnitte liegen typischerweise zwischen 20 ≈ 2 mm und 200 ≈ 15 mm und erreichen Bruchlasten von ca. 200 kN. Da Polyestergurte nicht UV-beständig sind, müssen sie vor direkter Sonneneinstrahlung z. B. durch Einschlagen in den verwendeten Membranwerkstoff geschützt werden. C 5.14 C 5.15 C 5.16 Zusammenlegen und Verpacken Die fertig konfektionierte Membran wird werkseitig aufgerollt oder zusammengelegt (Abb. C 5.16). Zwischen den Membranschichten liegende Folien oder Textilien schützen das Material während des Transports und der Montage vor Beschädigungen. Bei knickempfindlichen Membranwerkstoffen wie Glas-PTFE sollte zudem darauf geachtet werden, dass beim Zusammenlegen keine scharfen Knicke entste- C 5.13 C 5.14 C 5.15 C 5.16 C 5.17 Biaxialtests einer Glas-PTFE-Membran Typ IV a verschiedene Spannungsniveaus b dazugehörige Dehnungen Handschweißgerät Industrienähmaschine Zusammenlegen einer fertig konfektionierten Membran Gurt aus Polyesterfasern C 5.17 107
Erweiterte bauphysikalische und energetische Aspekte C 6.1 Ob sich Kunststoffe für die Anwendung im Baubereich und insbesondere in der Gebäudehülle eignen, erfordert eine Betrachtung, die über die Kenntnis ihrer rein material-, herstellungsund konstruktionsspezifischen Eigenschaften hinausgeht. Wichtig sind dabei auch bauphysikalische Prinzipien, Zusammenhänge und Grundlagen, die alle besprochenen Werkstoffe gleichermaßen betreffen. Abb. C 6.4 gibt einen Überblick zu Eigenschaften und Aspekten, die in diesem Zusammenhang relevant sind. Während der Blickwinkel im Folgenden auf den einzelnen Werkstoff bzw. das einzelne Produkt gerichtet ist, bildet im Kapitel »Komplexe Gebäudehüllen« (S. 212ff.) die Kombination der Werkstoffe und deren Wechselwirkungen in der Gebäudehülle den Betrachtungsschwerpunkt. Dabei ist die Grenze an einigen Stellen nicht exakt zu ziehen, das gilt vor allem für die Aspekte Brandschutz, Schallschutz- und Raumakustik, aber z. B. auch für das Thema der Integration von solarer Aktivtechnik. Wärmetransport Wärmetransport ist eine Form von Energiefluss, der stets von der wärmeren und damit energiereicheren zur kälteren Seite stattfindet. Für eine betrachtete Schicht ist die übertragene Energiemenge pro Zeit abhängig von der Temperaturdifferenz zwischen beiden Schichtseiten, der Weglänge (Schichtdicke) und der Wärmeleitfähigkeit der die Schicht bildenden Materialien. Der Transport von Wärme erfolgt grundsätzlich über drei Wege: • Wärmeleitung (Gasleitung λg und Festkörperleitung λs) • Wärmeströmung λv (Konvektion) • Wärmestrahlung λr Dämmtechnische Eigenschaften Der Anteil dieser drei Mechanismen (Abb. C 6.2) am Gesamtenergietransport ist unter anderem von der Materialtemperatur und dem Material selbst abhängig. Die Wärmemenge Q wird als Energieform in der Einheit Joule angegeben. Der Wärmestrom Φ ist definiert als die pro Zeiteinheit übertragene Wärmemenge. Kerneigenschaft eines Wärmedämmstoffs ist es, den Wärmetransports möglichst umfassend zu unterbinden. Da Kunststoffe bei dämmenden Systemen eine große Rolle spielen (z. B. Dämmschäume oder als Material für die thermische Trennung von Metallkonstruktionen und -profilen), ist es für das Verständnis der Funktionsweise wichtig, die übergeordneten Zusammenhänge zu kennen. Die hier erläuterten Begriffe zum Thema Wärmeschutz sind in DIN 4108, Teil 1– 3 sowie in DIN EN ISO 7345 geregelt und ausführlich beschrieben. Wärmeleitung Für den Wärmetransport in festen Körpern und stehenden Flüssigkeiten ist die Wärmeleitung maßgeblich. Sie erfolgt zum einen durch thermische Gitterschwingungen, zum anderen durch frei bewegliche Elektronen, wobei sich in der Abgrenzung zur Wärmeströmung das Material als Energieträger selbst nicht bewegt. In porösen Dämmstoffen kommt es zu Wärmeleitung über die in den Poren befindlichen Gase und zu Festkörperleitung über das Porengerüst. - + - + - + Strahlung Reflexion C 6.1 C 6.2 C 6.3 C 6.4 Firmenzentrale Unilever, Hamburg (D) 2009, Behnisch Architekten Grundprinzipien der Wärmeübertragung Transport von Strahlungsenergie (z. B. Wärmestrahlung) erweiterte bauphysikalische Aspekte Leitung Konvektion Absorption C 6.2 108 Transmission C 6.3
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte Wärmeströmung (Konvektion) Bei der Wärmeströmung findet der Wärmetransport über Strömungsvorgänge größerer Mengen sich bewegender Teilchen statt. Man unterscheidet zwischen freier Konvektion, die durch natürlichen Auftrieb, also Dichteunterschiede als Folge von Temperaturunterschieden, entsteht, und erzwungener Konvektion, hervorgerufen durch äußere Einwirkung wie z. B. Wind oder Ventilatoren. Freie Konvektion ist auch innerhalb luftdurchlässiger Dämmstoffe wirksam, da hier die im Material befindliche Luft ein zusammenhängendes System bildet und das anliegende Temperaturgefälle zu thermisch bedingten Strömungsvorgängen führt. Gase, die selbst auch über ihre Masse Energie transportieren, diffundieren durch Stoffe aufgrund eines anliegenden Druckgefälles, wobei die Diffusion immer vom höheren in Richtung des niedrigeren Druckbereichs stattfindet. Im Zusammenhang mit Wärmedämmstoffen ist hier insbesondere der Transport von Wasserdampf von Bedeutung, da dieser aufgrund der besonders hohen Wärmespeicherfähigkeit von Wasser viel Energie aufnehmen kann. Angelagertes Wasser führt zudem in der Regel zu einer Reduzierung der Wärmedämmwirkung, da es über eine vergleichsweise hohe Wärmeleitfähigkeit verfügt. Wärmedämmvermögen solare Transmission solare Absorption solare Reflexion Wärmespeichervermögen • Integrierbarkeit von Phasenwechselmaterial (PCM) thermische Aspekte Wärmestrahlungsverhalten • Oberflächenemessivität /Absorption im langwelligen Infrarotbereich • Reflexion im langwelligen Infrarotbereich Selektivität der Transmission Anschmutzverhalten der Oberflächen (wegen Absorption) Wärmeausdehnung Transmission im sichtbaren Spektralbereich Absorption im sichtbaren Spektralbereich Reflexion im sichtbaren Spektralbereich lichttechnische Aspekte Farbtreue in der Reflexion Farbtreue in der Transmission Brechungsverhalten Lichtstreuung Dichtigkeit gegen Niederschläge Dichtigkeit gegenüber Gasen (v. a. Wasserdampf) feuchtetechnische Aspekte Feuchteaufnahmevermögen • Integrierbarkeit von Gettermaterialien Beständigkeit gegenüber Wasser und Chemikalien Schallabsorptionsvermögen Schallreflexionsvermögen akustische Aspekte Schalltransmissionsvermögen Vermögen zur Schalldämpfung Wärmestrahlung Jeder Körper mit einer Eigentemperatur über dem absoluten Nullpunkt (0 Kelvin) emittiert Wärmestrahlung in einem für diesen Temperaturbereich spezifischen Frequenzbereich. Je wärmer der Körper ist, desto kurzwelliger ist die emittierte Strahlung. Die auf eine Oberfläche auftreffende Strahlungsenergie kann reflektiert, absorbiert (aufgenommen) oder transmittiert (übertragen) werden, wobei alle Anteile dieser Einzelvorgänge in der Summe 100 % ergeben, da keine Energie verloren gehen kann (Abb. C 6.3). Die Wärme- oder Temperaturstrahlung bedingt einen Wärmetransport, der durch einen Austausch elektromagnetischer Strahlungsenergie zwischen zwei Körperoberflächen erfolgt, die unterschiedliche Temperaturen aufweisen und durch ein für den entsprechenden Frequenzbereich strahlungsdurchlässiges Medium (z. B. Gas bzw. Luft) getrennt sind (Abb. C 6.5). Nach dem sogenannten Strahlungssatz von Stefan und Boltzmann wird dabei folgende Gesamtstrahlungsleistung ΔPS abgegeben: Vermögen zur Schalllängsleitung Ressourcenbedarf bei der Herstellung Rohdichte mögliche Nutzungsdauer Energiebedarf bei der Herstellung ökologische Aspekte Recycelbarkeit Toxizität (Herstellung, Nutzung, Recycling) • z. B. Ausgasverhalten elektromagnetische Abschirmung Toxizität im Brandfall Klassifizierung nach DIN 4102-1 bzw. DIN EN 13 501-1 Brandschutzaspekte detailliertes Brandverhalten • brennendes Abtropfen • Öffnungsbildung zum Wärme- und Rauchabzug Toxizität der Rauchgase im Brandfall mechanische Beanspruchbarkeit • Herstellung/Montage • Vandalismus • Witterung (z. B. Hagel) • besondere örtliche Gegebenheiten (z. B. Sandstürme) Beanspruchbarkeit und Beständigkeit ΔPS = A · ε1 · ε2 · σ · (T14 - T24) Chemikalienresistenz • gegenüber im Niederschlag gelösten Stoffen • gegenüber salzhaltiger Luft (z. B. Meernähe) • Verträglichkeit gegenüber anderen Stoffen Temperatureinsatzbereich (Dauer-/Spitzenlast) Beständigkeit gegenüber UV-Strahlung σ A T1, T2 ε1, ε2 Stefan-Boltzmann-Konstante 5,67 · 10-8 [W/(m2 K4)] Fläche der gegenüberliegenden Oberflächen [m2] Oberflächentemperaturen (T1 > T2) Oberflächenemissivitäten, die die Strahlungsfähigkeit der jeweiligen Oberflächen berücksichtigen Ein idealer (theoretischer) sogenannter schwarzer Strahler hat einen Emissionsgrad Applizierbarkeit von aktiver Solartechnik Applizierbarkeit von solarthermischen Systemen • wassergeführte Systeme • luftgeführte Systeme Applizierbarkeit von photovoltaischen Systemen Oberflächenspannung elektrische Leitfähigkeit besondere sonstige Themen Selbstleuchten (Elektroluminiszenz) Thermochromie Memory-Effekt Mikro- bzw. Nanostrukturierbarkeit C 6.4 109
Wärmeleitfähigkeit λ [W/(mK)] Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte T1 ε1 Δ PS ε2 0,10 Phenolharzschaum 49,3 kg/m³ 0,08 PolystyrolHartschaum 19,1 kg/m³ 0,06 0,04 PolyurethanHartschaum 35,4 kg/m³ 0,02 0 T2 0 10 C 6.5 von ε = 1 = 100 %. Reale Oberflächen sind graue, d. h. weniger intensive Strahler mit 0 < ε < 1. Der Absorptionsgrad einer Fläche entspricht dem Emissionsgrad im gleichen Wellenlängenbereich, daher absorbieren z. B. gute Strahler im Infrarotbereich auch gut in diesem Frequenzbereich des Spektrums. Für die Übertragung von Wärmeenergie durch Strahlung spielt der Temperaturunterschied der beiden gegenüberliegenden Grenzflächen eine besondere Rolle, da er quantitativ in der vierten Potenz in das Ergebnis eingeht. Dies führt z. B. in Räumen mit stark strahlungsdurchlässigem oberen Raumabschluss (z. B. Dachverglasung) bei klarem Nachthimmel (eine äußerst kalte Grenzfläche) besonders auch im Sommer zu erheblichen Strahlungswärmeverlusten. Über die materialspezifische Eigenschaft der Oberflächenemissivität lassen sich also Wärmeverluste reduzieren, was schon seit vielen Jahren dank sogenannter low-E-Schichten (= lowEmissivity) bei Wärmeschutzverglasungen Anwendung findet. Durch entsprechende Beschichtungen bzw. Modifikationen der Polymerstruktur ist dies auch bei Kunststoffen und Membranen möglich. Wärmeleitfähigkeit Nur bei homogenen und isotropen Materialien erfolgt der Wärmetransport ausschließlich über Wärmeleitung. Bei allen anderen Werkstoffen kommen weitere Mechanismen des Wärmetransports hinzu. Dennoch spricht man dabei W/mK bei 20 °C Material Flüssigkeit Kupfer Aluminium 221 Eisen 80 Edelstahl 15 Normalbeton 2,1 Mauerwerk 0,2 –1,3 C 6.7 von Wärmeleitfähigkeit und meint damit die aufsummierten Effekte der einzelnen wirksamen Mechanismen. Die Größe der Wärmeleitfähigkeit ist im Baubereich nicht nur für feste Stoffe relevant, sondern auch für gasförmige (z. B. für Argon im Bereich von Isolierverglasungen) und für flüssige, wie z. B. Wasser (Abb. C 6.8). Im Bauwesen wird als Grundlage für Berechnungen des Wärmedurchgangs von Bauteilen meist der Rechenwert λR nach Norm oder Zulassung angesetzt, der zusätzlich eine gewisse Restfeuchte und das Alterungsverhalten des Dämmstoffs berücksichtigt. Das Verhältnis der Wärmeübertragungswege am Gesamtenergietransport ist stoffspezifisch. Bei porösem Material ergibt sich eine äquivalente Wärmeleitfähigkeit • aus der Wärmeleitung über das Feststoffgerüst • aus der Wärmeleitung über das ruhende Gas • durch Konvektion des Gases und/oder GasFeststoff-Wechselwirkungen • durch Strahlung zwischen den Begrenzungswänden und den Feststoffteilchen selbst • Luftdruck • Temperatur des Stoffs In welchem Umfang Wärmeübertragung im Material stattfindet, hängt unter anderem von folgenden Faktoren ab: • spezifische Dichte ρ • Materialstruktur • Feuchtigkeitsgehalt (Abb. C 6.6) • Art, Größe und Verteilung der Poren Wärmespeicherung Material C 6.5 C 6.6 305 Verbrauch im Baubereich im Jahr 2001 Die Wärmeleitfähigkeit von ruhender, trockener Luft liegt dabei mit ca. 0,026 W/mK deutlich unter der der meisten festen Materialien. Daher beruht die Funktionsweise von konventionellen Dämmstoffen grundsätzlich auf dem Prinzip eines möglichst hohen Anteils ruhender Luft. Zusätzlich steigt die Dämmwirkung, wenn das die ruhende Luft umgebende Gerüstmaterial selbst über eine geringe Wärmeleitfähigkeit verfügt und dessen volumenbezogener Anteil soweit wie möglich minimiert ist. Des Weiteren muss dieses Gerüst Konvektion innerhalb der Hohlräume unterdrücken und den Strahlungsdurchlass reduzieren, denn diese beiden Mechanismen kann ruhende Luft nicht unterbinden. In der Praxis erreichen derart optimierte Werkstoffe wie leichte Kunststoffschäume oder Fasermatten Wärmeleitfähigkeiten, die nahe an die Werte für ruhende Luft heranreichen. Der volumenbezogene Gasanteil liegt bei solchen Materialien im Allgemeinen deutlich über 90 %. Grundsätzlich verhält sich die Wärmespeicherkapazität näherungsweise proportional zur Rohdichte des Materials, mit Ausnahme von Wasser, das über eine außergewöhnlich große Wärmespeicherkapazität verfügt. Somit können die meisten Kunststoffe nur sehr begrenzt in Deutschland [m3] in Europa [m3] C 6.7 16 254 000 64 804 000 C 6.8 expandierter PS-Hartschaum (EPS) 9 550 000 28 396 000 C 6.9 Mineralfaser Fensterglas 0,8 Holz 0,13 – 0,2 PUR/Polyisocyanurate 1 600 000 5 864 800 Kunststoffe (solid) 0,16 – 0,4 1 100 000 3 900 900 C 6.11 C 6.12 C 6.10 Kunststoffschäume > 0,021 extrudierter PS-Hartschaum (XPS) Vakuum-Dämmsysteme > 0,002 Perlite 260 000 655 370 C 6.13 Eis (bei 0 °C) 2,2 Wasser 0,60 Schaumglas 130 000 296 160 C 6.14 Alkohol 0,17 44 000 71 820 Vermiculite C 6.8 110 20 30 40 50 volumenbezogener Feuchtegehalt [%] C 6.6 C 6.9 Transport von Strahlungsenergie Zusammenhang zwischen Wärmeleitfähigkeit und Feuchtegehalt Polystyrolschaum mit eingebetteten InfrarotTrübungsmitteln Wärmeleitfähigkeit verschiedener Materialien und Systeme (Auswahl) in W/mK Verbrauch an verschiedenen Dämmstoffen (Auswahl) für den Baubereich im Jahr 2001 Wärmeleitfähigkeit verschiedener Dämmstoffe und Dämmsysteme Wärmeleitfähigkeit ausgewählter Gase Prinzipieller Aufbau eines Vakuum-Dämmpaneels typischer Aufbau einer metallisierten Hochbarrierefolie Wärmeleitfähigkeit (Messwerte, keine Rechenwerte) verschiedener Kernmaterialien in Abhängigkeit vom Zellgasdruck
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte λ = λs + λg + λr + λv + λc • Minimierung der Festkörperwärmeleitung λs durch ein Material mit einer geringen spezifischen Wärmeleitfähigkeit, also durch eine möglichst trockene, nicht kristalline Struktur mit punktförmigen Materialübergängen und von möglichst geringer Dichte • Reduzierung der Gaswärmeleitung λg durch die Wahl eines Gases mit geringer Wärmeleitung (z. B. die Schwergase in Polyurethanschäumen) sowie durch ein Gerüstmaterial maximaler Porosität mit minimalen Porengrößen. Mikroporöse Materialien wie Aerogele oder pyrogene Kieselsäurepulver erreichen hierdurch Wärmeleitfähigkeiten, die mit ca. 0,018 W/mK bereits deutlich unter der Wärmeleitfähigkeit ruhender Luft liegen. • Minimierung der Strahlungswärmeübertragung λr durch die gleichmäßige Verteilung eines für Infrarotstrahlung undurchlässigen Materials hoher Dichte (sogenanntes Trübungsmittel) im Dämmstoffgerüst wie beispielsweise bei durch Trübungsmittel optimierten Polystyrolschäumen (Abb. C 6.7) Die einzelnen Werte sind abhängig von den folgende Faktoren: λ Struktur, Dichte, Druck auf Material λg Gasart, Porosität, Struktur und Porengröße λr Dichte, Partikelgröße, Temperatur λv Gasart, Porosität, Struktur und vor allem Porengröße λc λs und λg Da die Gaswärmeleitung einen relativ hohen Anteil an der Gesamtwärmeübertragung hat, ist eine wirksame Strategie die Wahl eines Gases mit geringer Leitfähigkeit, das möglichst dauerhaft in den Poren verbleibt (Abb. C 6.11). Wesentlich effektiver ist eine Gasmengenreduzierung, d. h. eine Evakuierung des Porenvolumens. Durch Feuchtigkeitsaufnahme wird Wasser in der Materialstruktur des Dämmstoffs eingelagert. Damit steigt seine Wärmeleitfähigkeit durch die relativ hohe Wärmeleitfähigkeit von Wasser von 0,60 (W/mK) an. Auch die Struktur der Feststoffe auf molekularer Ebene hat Einfluss auf die Wärmeleitfähigkeit. Gitterbaufehler, Einlagerungen von Fremdstoffen, niedrige Symmetrien des Kristallgitters oder Störungen darin, aber auch Mikrorisse und Poren führen zu einer geringeren Wärmeleitfähigkeit. Vakuum-Dämmsysteme Wärmetransport in porösem Dämmstoff Der Gesamtwärmetransport (λ) in porösem Dämmstoff setzt sich zusammen aus Festkörperwärmeleitung (λs), Gaswärmeleitung (λg), thermischer Strahlung (λr), Konvektion (λv) und sogenannten Kopplungseffekten (λc), wobei gilt: Strategien zur Optimierung von porösem Dämmstoff Aus den Ausführungen in den vorangegangen Abschnitten lassen sich folgende Optimierungsstrategien für poröse Dämmstoffe bezogen auf die einzelnen Wärmetransportwege ableiten: Wärmeleitfähigkeit [mW/mK] 0 5 10 Gas λg [W/mK] Wasserstoff (H2) 0,175 Helium (He) 0,143 Luft, Stickstoff (N2), Sauerstoff (O2) 0,026 Argon (Ar) 0,016 Pentan 0,013 Krypton 0,0095 Trichlorfluormethan (R11) 0,0085 (Vakuum) (0) C 6.11 Getter Vakuum im Inneren Kernmaterial Abstandshalter Evakuier-Anschluss Prüfeinrichtung Gasdichte Hülle C 6.12 PA- oder PET-Schicht 15 μm Metallisierung 30 nm Klebstoffschicht 2 μm Metallisierung 30 nm Die Wirkungsweise gängiger Vakuum-Dämmsysteme basiert auf den zuvor erläuterten Prinzipien der Optimierung (Abb. C 6.12). In der Umsetzung kommen Kunststoffe sowohl für das gasdichte Hüllmaterial als auch im Bereich des Kernmaterials zum Einsatz. Obwohl bislang kein bekannter Kunststoff die Gasdichtigkeit von Glas oder Metallen erreicht, können durch Kombinationen und Modifikationen der Kunststoffe geeignete sogenannte Hochbarrierefolien hergestellt werden. Um die verschiedenen Anforderungen optimal zu erfüllen, werden meist Mehrschichtsysteme verwendet, bei denen jede Lage eine spezielle Funktion übernimmt, z. B. Träger- oder Schutzfunktion (PA, PET), Barrierelage oder Schweißschichtbildung 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 Schaumglas PP-Zwischenschicht 15 μm Klebstoffschicht 2 μm PET-Zwischenschicht 12 μm Metallisierung 30 nm Klebstoffschicht 2 μm PE-LD-Siegelschicht 60 μm C 6.13 Wärmeleitfähigkeit [mW/mK] Wärme speichern. Das gilt vor allem für Membrankonstruktionen, da hier besonders geringe Massen pro Fläche zum Einsatz kommen. Daher untersucht man derzeit, wie sich Latentwärmespeichermaterialien (Phasenwechselmaterialien, engl. Phase Change Materials – PCM) z. B. auf Basis von Paraffinen oder Salzhydraten in Membranen integrieren lassen. Bei Funktionskleidung ist so eine Technologie bereits auf dem Markt verfügbar. Für den Baubereich stellen die integrierbare Menge, die Dauerhaftigkeit und Brandschutzaspekte jedoch noch große Herausforderungen dar. 40 35 Kieselsäure (Wacker WDS) offenzelliges XPS (INSTILL) offenzelliges PUR Glasfasern 30 25 20 15 Stein-/Glaswolle 10 Polystyrol-Hartschaum geblähter Polyuretanschaum 5 mikroporöse Kieselsäuren /Aerogele 0 evakuierte Dämmung 0,001 C 6.10 0,01 0,1 1 100 1000 10 Gasdruck pGas [mbar] C 6.14 111
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte (PE, PP). Für den Randverbund des VakuumDämmsystems werden häufig Kunststofffolien oder Kunststoffverbundfolien eingesetzt, da hier gasdichte Fügungen (Schweißnähte) im Vergleich zu Metallen, aber besonders zu Glas, erheblich leichter auszubilden sind. Hauptanforderungen an das Kernmaterial sind eine geringe Wärmeleitfähigkeit bei möglichst minimalem Vakuum und gleichzeitig ausreichender Druckstabilität gegenüber dem Atmosphärendruck sowie vollständiger Offenzelligkeit, da es sonst unmöglich ist, die Anzahl der in den Poren eingeschlossenen Gasmoleküle zu reduzieren. Die Druckstabilität ist nicht nur wegen der mechanischen Stabilität des Systems notwendig (Atmosphärendruck ca. 10,3 t/m2), sondern hängt auch direkt mit der Wärmeleitfähigkeit des Kernmaterials zusammen, die mit zunehmender Dichte in der Regel näherungsweise linear ansteigt. Aus Abb. C 6.14 (S. 111) geht hervor, dass spezielle offenzellige Kunststoffschäume zwar eine Option für Vakuum-Dämmsysteme darstellen, jedoch für den Baubereich aufgrund der sehr hohen Anforderung an das Vakuum und der daraus resultierenden geringeren Lebensdauer des Systems bisher nicht geeignet sind. Bei gleichem Startinnendruck, also dem direkt nach der Herstellung im Vakuum-Dämmsystem vorhandenen Innendruck, steigt die Wärmeleitfähigkeit bei unvermeidbarer Belüftung des Paneels über seine Lebenszeit relativ schnell an. Da Systeme mit solchen Kunststoffschäumen aber vergleichsweise kostengünstig sind, werden sie für Anwendungen eingesetzt, in denen es nicht auf eine Lebenszeit von mehreren Jahren ankommt, z. B. für extrem leichte und hoch effiziente Behälter zum Transport von Blutkonserven. Bei Vakuum-Dämmsystemen für den Baubereich werden als Kernmaterial vornehmlich mikroporöse Kieselsäuren (faserverstärkt und mit Infrarot-Trübungsmitteln versetzt) und in Zukunft vermutlich auch Perlite verwendet. Sandwichelemente, Foliendämmung Ein wesentlicher Anwendungsbereich für verschiedene organische Schaumdämmstoffe (Abb. C 6.10, S. 111) sind Sandwichelemente. Hierbei nutzt man den Vorgang des Ausschäumens einer Form, z. B. durch Polyurethanschaum, zur Ausbildung einer knochenartigen Bauteilstruktur, in der zwei Schalen durch das Schaumgerüst schubfest verbunden werden (Abb. C 6.15). Das Bauteil wird dadurch im Verhältnis zu seinem Gewicht äußerst biegesteif. Allerdings entsteht auf diese Weise auch ein Verbund, der im Hinblick auf eine spätere Recyklierbarkeit nur noch mit erheblichem Aufwand rohstofflich getrennt werden kann. Neben Schäumen und Vakuum-Dämmsystemen gibt es weitere Möglichkeiten, den Wärmetransport in Bauteilen mit Kunststoffen einzuschränken. Ein Beispiel hierfür sind Foliendämmungen (Abb. C 6.16), die meist C 6.15 C 6.16 C 6.17 C 6.18 aus mehreren Lagen Luftpolsterfolie bestehen, welche durch metallisierte Zwischenfolien getrennt werden. Deren nach Standardbedingungen ermittelte Wärmeleitfähigkeit ist eher hoch, durch die stark die Wärmestrahlung reflektierenden Zwischenlagen können sie jedoch für Anwendungen geeignet sein, in denen der Strahlungswärmeverlust eine überproportionale Rolle spielt. Transparente Wärmedämmung Als transparente bzw. transluzente Wärmedämmung (TWD) wird ein Material oder Bauteil bezeichnet, das als Wärmedämmung wirksam ist und gleichzeitig Sonnenlicht und solare Wärmestrahlung zur natürlichen Belichtung und Heizungsunterstützung nach innen leitet. Am häufigsten besteht TWD aus absorbersenkrechten Waben- oder Kapillarstrukturen aus PMMA oder Polycarbonat, die nach außen mit einer transparenten Schutzschicht aus Glas oder Kunststoff abgedeckt sind. Brennbarkeit und maximale Gebrauchstemperaturen der transparenten Dämmstoffe müssen konstruktiv bzw. baurechtlich berücksichtigt werden. Übliche Einsatzmöglichkeiten für TWD sind »solare Wandheizungen«, solar erwärmte Wärmedämmung oder Tageslichtsysteme. TWD-Materialien können in organische und anorganische unterschieden werden. Zu letzteren zählen vor allem Silica-Aerogele, das sind Siliziumverbindungen mit Porengrößen von 10 bis 100 nm und einem Porenvolumenanteil C 6.15 C 6.16 C 6.17 C 6.18 C 6.19 C 6.19 C 6.20 C 6.20 C 6.21 C 6.22 C 6.23 C 6.21 112 C 6.22 Sandwichelement (Metallblech, PUR-Schaum) Foliendämmung transluzentes Aerogel-Granulat Wabenstruktur aus Kunststoff, transparente Wärmedämmung (TWD) PC-Stegplatte, gefüllt mit transluzentem AerogelGranulat Wärmedämmung aus mehrlagigem Cellulosediacetat (CA) transparente Wärmedämmung, Kapillarrohrstruktur Glasfasergespinst, bestehend aus Glasfasern und Kunstharz, das nach DIN 4102 als B1 klassifiziert ist und z. B. im Membranbereich eingesetzt wird Übersicht zu transparenten und transluzenten Wärmedämmstoffen (TWD)
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte von mehr als 80 % (Abb. C 6.17). Aktuelle Aerogel-Materialien sind opak bis transluzent, nicht brennbar, umweltfreundlich im Recycling (direkt wiederverwendbar), temperaturbeständig bis 600 °C, UV-beständig, hydrophob und langzeitstabil. Sie eignen sich also besonders für die Anwendung im Baubereich. Ihre Rohdichte beträgt 90 –100 kg/m3, die innere Oberfläche 600 – 800 m2/g, die Wärmeleitfähigkeit liegt bei 0,018 W/mK und damit unter der ruhender Luft (ca. 0,024 W/mK). Aerogele sind als Pulver, Granulat und als monolithische Blöcke verfügbar, wobei Pulver nur für opake, Granulat auch für transluzente Anwendungen eingesetzt werden kann. Mit monolithischem Aerogel kann eine nahezu vollständig transparente Wärmedämmanwendung realisiert werden, derzeit ist es aber noch sehr schwer verfügbar, aufwendig herzustellen und daher sehr teuer. Ursprünglich galt dies für die Herstellungsprozesse jeglicher Form von Aerogel, da die sogenannte überkritische Trocknung einen wichtigen Fertigungsschritt darstellte. Erst in den 1990er-Jahren konnte das Verfahren für die Granulatherstellung so stark vereinfacht werden, dass einer weiteren Verbreitung dieser Materialgruppe fortan weniger im Wege zu stehen scheint. Aerogel-Granulat ist nun in einem kontinuierlichen Fertigungsprozess herstellbar und – im Gegensatz zu den Varianten der ersten Generation – hydrophob und deutlich preisgünstiger. Auf dem Markt gibt Materialtyp/Aufbau PC-Stegvierfachplatten Stegplatte-Luftspalt-Stegplatte Aerogel Aerogel-Granulat Aerogel gefüllte Polyesterstegplatten Aerogel gefüllte PC-Stegdreifachplatten Aerogel gefüllte beschichtete PC-Stegdreifachplatten Aerogel gefülltes Isolierglas (Füllung 30 mm) Zellulosewabe Glas-Luftschicht-Zellulosewabe 30 mm-Unterdeckplatte ESG + Wabe + ESG + Edelgas + ESG Kapillareinlegeplatte (PMMA) ESG-Kapillarplatte 40 mm (Edelgas)-ESG Profilbauglas mit Kapillareinlegeplatte 40 mm Prismenplatte, PCM Glas + Prismenplatte + Glas + Edelgas + Glas + PCM + Glas Cellulosediazetat mehrlagiges Cellulosediacetat als Wärmedämmmaterial Kunststoffwaben Glas + Wabe (150 mm) + Glas Glasfasergespinst Glas + Gespinst (60 mm) + Glas es inzwischen zahlreiche Produkte, in die Aerogel-Granulat als transluzenter Wärmedämmstoff integriert ist, z. B. PolycarbonatStegdoppelplatten (Abb. C 6.19), GFK-Platten, Lichtbauelemente (z. B. für Oberlichter) etc. Auch in Kombination mit Membranmaterialien (Folien und Gewebe) wird der Dämmstoff inzwischen eingesetzt (siehe Aerogele im Membranbau, S. 220). Neben der Gruppe der anorganischen TWDMaterialien gibt es eine Reihe von organischen und lichtdurchlässigen Produkten. Dazu zählen wabenartige Strukturen mit im Detail verschiedenen Geometrien (z. B. Kapillar-, Waben- oder Schlitzstrukturen) aus verschiedenen Materialien wie Kunststoffe auf Acrylglasbasis, Polymethylmetacrylat (PMMA), Polycarbonat (PC), Cellulose-Acetat (CA) und Cellulosetriacetat (CTA) sowie amorphe, transparente Copolymere auf Basis von Cyklo-Olefinen und Ethylen. Dabei haben das Material, der volumenbezogene Materialanteil und die räumliche Geometrie der Struktur einen Einfluss auf Lichtdurchlässigkeit und energetische Kennwerte wie Wärmewiderstand und g-Wert. Licht- und wärmestrahlungstechnische Eigenschaften Bei sichtbarem Licht handelt es sich physikalisch gesehen um elektromagnetische Strahlung im für das menschliche Auge wahrnehmProduktname U-Wert [W/m2K] baren Frequenzbereich mit Wellenlängen zwischen ca. 380 und 780 Nanometern. Materie emittiert grundsätzlich mit einem für ihre Eigentemperatur spezifischen Spektrum (siehe Wärmestrahlung, S. 109f.). Somit erzeugt auch die Sonne mit einer Oberflächentemperatur von ca. 5778 Kelvin elektromagnetische Strahlung mit einer für diese sehr hohe Temperatur spezifischen spektralen Intensitätsverteilung. [1] Abhängig von örtlichen Gegebenheiten und in saisonalen und tagesrhythmischen Schwankungen dämpft bzw. filtert beispielsweise die Atmosphäre einzelne Anteile auf dem Weg zur Erde. Uns erreichen auf der Erdoberfläche Strahlen, die über das sogenannte solare Spektrum beschrieben werden können (Abb. C 6.27, S. 114). Hierbei handelt es sich um Wellenlängen zwischen ca. 300 und 2500 Nanometern, d. h. es gibt einen Anteil jenseits des sichtbaren Lichts im kurz- und langwelligen Bereich, der als Ultraviolett (UV) und nahes Infrarot (IR) bezeichnet wird. Das solare nahe Infrarot darf nicht mit der Wärmestrahlung verwechselt werden, die von Materie mit üblichen Außen- oder Innentemperaturen von Bauteilen emittiert wird. Entsprechend der oben beschriebenen Zusammenhänge findet sich diese oft auch als thermische Strahlung bezeichnete Wärmestrahlung in einem wesentlich längerwelligen Frequenzbereich, der deutlich weiter entfernt vom sichtbaren Licht liegt und daher auch als fernes Infrarot bezeichnet wird (Abb. C 6.27, S. 114). g-Wert senkrecht [%] ca. g-Wert diffus [%] 48 49 40 53 52 25 Lichttransmission direkt [%] Lichttransmission diffus [%] Bemerkung Dicke [mm] Hersteller (u. a.) 64 Bayer Sheet Europe 25 50 Cabot Scobalit Nanogel Scobatherm 0,7 0,41 25 Roda 0,91 47 25 Roda 0,91 34 38 Okalux Lexan Thermoclear Lexan Thermoclear IR Okagel 0,6 52 52 98 gap-solar 0,74 0 14 9 opakes System 50 gap-solar gap – fassadenpaneel gap – effektpaneel 0,92 44 28 11 Wabeneinlage verschattet bei hohem Sonnenstand 49 Okalux KAPILUX-TWD 0,7 72 62 49 70 Glasfabrik Lamberts Linit-TWD 1,2 35 36 78 GlassX GLASSXcrystal 0,48 10 – 60 Isoflex Moniflex 158 Wacotech TIMax CA 0,4 83 45 48 68 Wacotech TIMax GL 1,05 23 16 24 Wärmeleitfähigkeit [W/mK] 0,8 0,022 hydrophob solare Transmission 20 % <2 1–4 48 0,057 29 TWD, Überhitzungsschutz, thermischer Speicher in einer Einheit B 1-Material nach DIN 4102 Wabe 20 –150 mm C 6.23 113
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte C 6.25 C 6.26 C 6.27 C 6.28 C 6.29 C 6.30 C 6.31 Gesamttransmission am Beispiel einer zweilagigen Membrankonstruktion Die Transmission durch beide Lagen beträgt ingesamt: T1= 15 %, T2= 10 %, R1= 60 %, R2= 70 % Tm = (T1 ∙ T2) / ( 1 - R1 ∙ R2) = 2,6 % Durch die doppelte Krümmung von Membranen spielt das winkelabhängige Transmissions- und Reflexionsverhalten eine wichtige Rolle. Oft sind von einem Standpunkt aus verschiedene Effekte sichtbar, z. B. unterschiedlich starke Reflexionen, aber z. T. auch Farbverschiebungen in der Transmission. Emissivität ε für ausgewählte Materialien Zusammenhang des Treibhauseffekts selektives low-E ETFE, Labormuster low-E ETFE (opak), Labormuster selektiv beschichtetes PMMA strahlungstechnische Werte verschiedener Materialien Die Intensität und damit die durch die solare Strahlung transportierte Energie (entsprechend der Fläche unter der gelben Kurve) verteilt sich dabei in etwa wie folgt: • ca. 5 % UV-Strahlung • ca. 45 % im sichtbaren Spektralbereich • ca. 50 % im IR-Wärmestrahlungsbereich Die auf Bauteile auftreffende Strahlung kann je nach deren Materialeigenschaften in den verschiedenen Frequenzbereichen in unterschiedlichem Maße reflektiert, transmittiert oder absorbiert werden, wobei nach dem Energieerhaltungssatz die Summe dieser Effekte pro Frequenz 100 % ergeben muss (Abb. C 6.3, S. 108): R+T+A=1 Durch das heterogene frequenzabhängige Reflektieren erscheinen Materialien für unser Auge in verschiedenen Farben, analog auch in der Durchsicht bei lichtdurchlässigen Materialien. Unser Auge ist durch die Evolution so kon- R1 R2 T1 T2 C 6.24 C 6.25 ditioniert, dass wir die Intensitätsverteilung der solaren Strahlung im sichtbaren Bereich in der Summe als neutrales, weißes Licht wahrnehmen. Das Reflexions-, Transmissions- und Absorptionsverhalten als material- und oberflächenspezifische Eigenschaften werden meist in Bezug auf den sichtbaren Teil oder das ganze Solarspektrum angegeben (für die Transmission z. B. als Tvis oder Tsol). Zudem sind diese Eigenschaften winkelabhängig und je nach Material in der Intensität stark schwankend. Dies ist bei gekrümmten Flächen, wie sie im Membranbau üblich sind, besonders bedeutsam, da das Auge hier unabhängig vom Sonnenverlauf immer verschiedene Einfallswinkel wahrnimmt, mit z. B. möglichen Farbverschiebungen in der Transmission. Bei Reflexion und Transmission müssen außerdem direkte und streuende Anteile sowie unterschiedliches Brechungsverhalten in Abhängigkeit von der Material- und Oberflächenbeschaffenheit berücksichtigt werden. Insbesondere Gebäude mit ETFE-Fassade werden dadurch in ihrem Erscheinungsbild maß- geblich geprägt. Außerdem beeinflusst dies vor allem bei mehrlagigen Anwendungen die Werte für die Gesamttransmission, da es zwischen den einzelnen Schichten zu Mehrfachreflexionseffekten kommt. Prinzipiell gilt das für alle lichtdurchlässigen Materialien, spielt aber im Membranbau eine besondere Rolle. solare Strahlung (kurzwellig) Wärmestrahlung (langwellig) Spektraler Transmissionsgrad [%] solare Strahlung [W/m²µm] Strahlung 1800 1600 1400 1200 1000 100 UV sichtbar Treibhauseffekt Bei der Absorption wird die elektromagnetische Strahlung durch das Material aufgenommen und in Wärmeenergie umgewandelt. Hierdurch steigt die Eigentemperatur des betreffenden Materials an und sein Wärmestrahlungs-Emissionsspektrum verschiebt sich entsprechend. Durch diesen Zusammenhang lässt sich der sogenannte Treibhauseffekt erklären: Solare Strahlung durchdringt einen für das solare Spektrum weitgehend transparenten Baustoff wie Glas oder Folien (Abb. C 6.27, grüne Kurve) und trifft auf Materie, welche die Strahlungsenergie in hohem Maße absorbiert (z. B. eine Bodenoberfläche in einem Innenraum). Das führt dazu, dass sich diese Materie erTransmissionsgrad Floatglass ETFE-Folie infrarot (IR) 35 90 30 80 25 70 60 20 50 800 Material Ziegelwand 0,93 Betonwand 0,96 Glas 0,95 Fliese (weiß, glasiert) 0,87 Holz 0,89 Kunststoffe 0,90 Aluminium (poliert) 600 30 400 10 20 5 200 10 0 0,10 0,02 – 0,04 1 0,38 C 6.26 114 15 40 Emissivität ε (IR) Wärmestrahlung (Planckspektrum) bei 300K [W/m²µm] C 6.24 0,78 10 100 Wellenlänge [µm] C 6.27
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte C 6.28 C 6.29 C 6.30 wärmt und damit selbst entsprechend Wärmestrahlung abgibt. Da sich die Temperatur jedoch auf einem im Vergleich zur Sonne wesentlich geringeren Niveau befindet (z. B. 40 °C statt über 5000 °C), liegt das Strahlungsmaximum weit jenseits des sichtbaren Bereichs im sogennanten fernen Infrarot bei Wellenlängen zwischen 10 und 20 μm. Das Emissionsspektrum ist in Abb. C 6.27 durch die rote Kurve dargestellt. Die Wärmestrahlung der erwärmten Oberflächen kann den Raum durch die genannten transparenten Baustoffe in der Regel nicht mehr verlassen, da diese für den langwelligen fernen Infrarotbereich keine Transparenz aufweisen (Abb. C 6.27, grüne und blaue Kurve). Das gilt für Glas und die meisten Kunststoffe, aber z. B. nicht für PE-Folien. Dadurch kommt es in Räumen mit derart begrenzenden transparenten Flächen zu einer konstanten Erwärmung durch solare Einstrahlung. Den verantwortlichen und bewussten Umgang mit diesem Phänomen fasst man unter dem Begriff »passive Solarenergienutzung« zusammen. Diese ist auch für die Funktionsweise thermi- scher Solarkollektoren und von Gewächshäusern maßgeblich. Verschiedene lichtdurchlässige Kunststoffe unterscheiden sich deutlich in ihren licht- und wärmestrahlungstechnischen Eigenschaften, d. h. hinsichtlich ihres frequenzbezogenen Transmissions- und Absorptionsvermögens. Darüber hinaus lassen sich diese durch Modifikationen in der Polymerstruktur, durch Oberflächenbehandlungen (z. B. Nanostrukturierung) und durch diverse Beschichtungstechnologien weiter beeinflussen, ebenso in der winkelabhängigen Reflexion. In Abb. C 6.32 (S. 116) finden sich vergleichende Kurven für gängige Materialien, auch im Vergleich zu Glas. Ein weiterer wesentlicher Aspekt für den Baubereich ist die Beständigkeit der lichttechnischen Eigenschaften eines Materials unter Beanspruchung. Hier kann es beispielsweise ein entscheidendes Auswahlkriterium sein, dass Polytetrafluorethylen (PTFE) die sehr hohe solare Reflexion durch seine selbstreinigende Oberfläche auch über Jahrzehnte der Nutzung behält (siehe Passagier-Terminal-Komplex Suvarnabhumi International Airport in Bangkok, S. 277ff.). In anderen Fällen besteht möglicherweise ein Interesse daran, mit einem stark absorbierenden (schwarzen) offenen Gittergewebe gezielt eine Lufterwärmung und damit eine Luftströmung herbeizuführen, z. B. zur Unterstützung der natürlichen Lüftung von Gebäuden in heißen Klimazonen. Für die Materialwahl zur Eindeckung von Gewächshäusern spielen neben dem sichtbaren und dem IR-Bereich auch das UV- und das sogenannte PAR-Spektrum (Photosynthetically Active Radiation) eine Rolle, das den für die Photosynthese relevante Anteil des Lichts (ca. 400 –700 nm) bezeichnet. Insgesamt können Kunststoffe als Folien im Vergleich zu Glas in erheblich geringerer Materialstärke mit entsprechend höheren solaren Transmissionen (Tsol bis 97 %) eingesetzt werden. Besonders im kurzwelligen UV-Bereich sind mit Kunststoffmaterialien wie ETFE-Folien erheblich höhere Transmissionen erreichbar (Abb. C 6.31 und C 6.32 a, S. 116). Bezeichnung solarer Transmissionsgrad solarer Reflexionsgrad visueller Transmissionsgrad visueller Reflexionsgrad UVTransmissionsgrad UVReflexionsgrad normaler thermischer Emissionsgrad ε(T) bei T = 300 K Floatglas Standard 3 mm 0,87 0,08 0,90 0,08 0,66 0,08 0,90 PC-Platte 8 mm 0,76 0,09 0,86 0,10 0,00 0,06 0,94 PC-Stegsechsfachplatte 16 mm 0,53 0,35 0,58 0,39 0,00 0,17 0,94 PMMA-Platte massiv 8 mm 0,80 0,07 0,92 0,08 0,01 0,04 0,96 PMMA-Stegdoppelplatte Fachwerk 16 mm 0,51 0,10 0,56 0,11 0,00 0,04 0,96 GFK-Platte massiv natur 0,36 0,14 0,37 0,18 0,00 0,06 0,95 Polyester-PVC 0,09 0,78 0,07 0,88 0,00 0,10 0,95 Polyester-THV 0,25 0,58 0,25 0,66 0,03 0,17 0,97 Glas-Silikon 0,20 0,66 0,22 0,72 0,01 0,15 0,95 PVDF-Gewebe 0,80 0,14 0,80 0,15 0,78 0,17 0,81 PTFE/Glas-PF Typ II (gebleicht) 0,15 0,78 0,15 0,82 0,03 0,63 0,95 PTFE – laminiertes Glasfasergewebe (gebleicht) 0,47 0,40 0,47 0,45 0,30 0,42 0,89 PTFE-Gewebe 0,41 0,51 0,38 0,59 0,12 0,09 0,95 Kunststoffplatten Gewebe Folien ETFE 200 μm mit Silberbedruckung ca. 65 % 0,57 0,30 0,57 0,30 0,52 0,34 0,61 ETFE klar 200 μm 0,93 0,06 0,92 0,07 0,86 0,12 0,83 ETFE weiß 250 μm 0,44 0,48 0,37 0,62 0,01 0,07 0,90 PE-Folie Standard UV-stabilisiert 200 μm 0,88 0,09 0,88 0,10 0,82 0,11 0,60 alle Messwerte ± 0,02 C 6.31 115
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte Platten PC-Sechsfachstegplatte 16 mm Gewebe Polyester-PVC PMMA-Doppelstegplatte Fachwerk 16 mm GFK-Platte, massiv natur Glas-PTFE, Typ II (gebleicht) PTFE-Gewebe Folien ETFE-Folie, klar 200 μm Glas zum Vergleich Floatglas, standard 3 mm ETFE-Folie, weiß 250 μm PE-Folie standard, UV-stabilisiert 200 μm C 6.32 C 6.33 C 6.34 C 6.35 C 6.36 optische Messungen verschiedener Kunststoffund Membranwerkstoffe im solaren Strahlungsbereich (0,25 – 2,5 μm Wellenlänge) a spektraler Transmissionsgrad (solarer Bereich) b spektraler Reflexionsgrad (solarer Bereich) c spektraler diffuser Anteil des Reflexionsgrads (solarer Bereich) spezifische Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl für ausgewählte Materialien Lichtlenkraster aus hochreflektiv beschichtetem Kunststoff Lichtlenklamellen im Scheibenzwischenraum PUR-beschichtetes Glasfasergewebe zur Tageslichtstreuung, Universitätsbibliothek in Berlin (D) 2005, Foster and Partners Material Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl µ Ziegelwand 5 – 25 Betonwand 70 –150 Holz 40 PU-Wärmedämmung 30 –100 Bitumen 2 – 20 000 PVC-Folie 20 – 50 000 PE-Folie 100 000 spektraler Transmissionsgrad (solarer Bereich) C 6.33 1,0 UV sichtbar infrarot (IR) Selektivität und Low-E-Oberflächen 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0,25 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 Wellenlänge [µm] 1,5 2,0 2,5 Wellenlänge [µm] spektraler Reflexionsgrad (solarer Bereich) a 1,0 UV sichtbar infrarot (IR) 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0,25 0,5 1,0 spektraler diffuser Anteil des Reflexionsgrades (solarer Bereich) b 1,0 UV sichtbar infrarot (IR) 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 Transparenz und Licht 0,4 0,3 0,2 0,1 c 116 Unter Selektivität versteht man das Verhältnis zwischen der Transmission im sichtbaren und im solaren Spektralbereich. Vereinfacht ausgedrückt ist das Ziel beim Einsatz von selektiven Materialien zwar viel sichtbares Licht durch ein Bauteil hindurch zu lassen, aber gleichzeitig die unsichtbare, aber energiereiche Strahlung im nahen IR-Bereich auszufiltern bzw. idealerweise zu reflektieren. Dies kann bei vielen Materialien durch entsprechend wirkende zusätzliche Filterschichten oder Modifikation der Polymerstruktur erreicht werden (Abb. C 6.28 und C 6.30, S. 115). Bei Glas spricht man dann von sogenannten Sonnenschutzverglasungen. Eine weitere wirksame Maßnahme zur Optimierung der wärmestrahlungstechnischen Eigenschaften besteht darin, das Reflexionsverhalten im fernen IR-Bereich zu modifizieren. Gelingt eine hohe Reflexion (mit entsprechend geringer Absorption) in diesem für Innenraumtemperaturen maßgeblichen Frequenzbereich des Spektrums, führt dies physikalisch zu einer ebenso niedrigen Oberflächenemissivität ε. Bei solchen Oberflächen spricht man dann von low-Emissivity-Schichten (low-E). Diese Technologie wird im Glasbereich bereits seit längerem für Wärmeschutzglas eingesetzt. Hier werden die Wärmeverluste des Innenraums durch eine geringere Wärmeabstrahlung der inneren Scheibe nach außen reduziert. Bei Kunststoffen und Membranen wird diese Entwicklung derzeit nachvollzogen (Abb. C 6.28 und C 6.29, S. 115; siehe auch PassagierTerminal-Komplex Suvarnabhumi International Airport in Bangkok, S. 277ff. und Einkaufszentrum in Amadora, S. 256f.), dadurch werden sich die Anwendungsmöglichkeiten dieser Materialklassen künftig deutlich erweitern (siehe Komplexe Gebäudehüllen, S. 212ff.). 0 0,25 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 Wellenlänge [µm] C 6.32 Die dauerhafte Präzision in Transparenz und Durchsicht von optimiertem Glas ist durch Kunststoffe kaum zu erreichen. Im Hinblick auf Modifikation, Formgebung und Herstellungstechnik bieten Kunststoffe jedoch sehr weitreichende Möglichkeiten. Dies ist auch an Beispielanwendungen in anderen sehr anspruchsvollen Bereichen ersichtlich (z. B.
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte Militär, Luft- und Raumfahrt) und gilt ebenfalls für den Baubereich. Insbesondere Lichtlenksysteme (diffus /direkt, 2D- und 3D-Strukturen) und Verschattungssysteme sind meist nur in Kunststoff herstellbar (Abb. C 6.34, C 6.35 und Abb. E 5.26 c, S. 223). Feuchtetechnische Eigenschaften Für den Baubereich sind bezüglich der feuchtetechnischen Eigenschaften zwei Aspekte von Interesse: zum einen die Gasdichtigkeit eines Materials, insbesondere für Wasserdampf, zum anderen das Feuchtespeichervermögen. Im Vergleich zu Glas und Metallen hinreichender Materialstärke, die als gasdicht gelten können, weisen alle Kunststoffe mehr oder weniger große Wasserdampf-Permeationsraten auf. Der Wasserdampf-Diffusionsdurchlasswiderstand Z einer Schicht wird für eine Bezugstemperatur von 10 °C gemäß DIN 4108-3 nach folgender Gleichung ermittelt: Z = 1,5 · 106 · μ · d [(m2 h Pa)/kg] materialspezifische Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl (Abb. C 6.33) d Schichtdicke [m] gleichsweise gering, d. h. diese Gebäudeteile können keinen wirksamen Beitrag zur Feuchtepufferung beitragen. Diese Tatsache ist bei der Gebäudeplanung und klimatechnischen Auslegung zu berücksichtigen und gegebenenfalls an anderer Stelle auszugleichen. Prinzipiell ist es jedoch möglich, feuchtespeichernde Materialien, sogenannte Getterstoffe (z. B. Silika-Gele, Zeolithe oder andere Adsorbentien), in begrenztem Umfang in die Polymermatrix zu integrieren. Dies ist insbesondere für Anwendungen von Interesse, in denen Restgase wie z. B. Wasserdampf in geschlossenen Volumina absorbiert werden sollen, wie es beispielsweise bei Abstandhaltern von Mehrscheibenverglasungen der Fall ist. Auf diese Weise puffert das Gettermaterial bis zu seinem Sättigungspunkt zum einen Reste an Wasserdampf, die sich nach der Herstellung noch im Scheibenzwischenraum befinden, zum anderen von außen durch minimale Undichtigkeiten im Randverbund eindringende Luftfeuchte. Dieser Wasserdampf kann sich dadurch nicht bei Taupunktunterschreitung an den Scheiben niederschlagen – die Standzeit des Produkts wird somit erhöht. μ Das Produkt sd = μ · d wird dort als »wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke« bezeichnet, dabei bedeutet: sd ≤ 0,5 diffusionsoffen 0,5 < sd < 1500 diffusionshemmend diffusionsdicht sd ≥ 1500 Bestehen sehr hohe Anforderungen an die Gasdichtigkeit wie z. B. bei Verglasungen oder Vakuum-Dämmsystemen, sind Kunststoffe alleine in der Regel nicht geeignet. Durch Kombinationen verschiedener Polymere und Beschichtungen insbesondere mit Metallen und Oxiden lässt sich jedoch eine hohe Gasdichtigkeit erzielen (z. B. für Hochbarrierefolien; Abb. C 6.13, S. 111). Bei Gebäudehüllen aus Kunststoffen und Membranen ist der Gewichtsanteil und das Feuchteabsorptionsvermögen dieser Materialien ver- C 6.34 Schallschutz und Raumakustik Kunststoffe spielen beim Schallschutz und bei der Raumakustik eine große Rolle und werden in diesen Bereichen für diverse Maßnahmen eingesetzt (Abb. C 6.39, S. 119). Die Anwendungen nutzen Kunststoffe und vor allem Kunststoffschäume dabei zur Entkopplung, Entdröhnung, Bedämpfung und Absorption sowie zur Gestaltung der Reflexionseigenschaften. Schall ist im Bereich von Gebäuden sowohl als externe Bedingung wie als Anforderung von innen (Schallschutz, Raumakustik) von Bedeutung, da sich die Schallquelle auf beiden Seiten der Gebäudehülle befinden kann. Es geht also um Lärmimission (Lärm von außen), Lärmemission (Lärm von innen) und Raumakustik (Lärmpegel im Raum, Sprachverständlichkeit, weitergehende Eignung, z. B. für Musik). In Bezug auf Gebäudehüllen ist neben den Ausführungen der DIN 4109 »Schallschutz im C 6.35 Hochbau« vor allem die VDI-Richtlinie 2719 maßgeblich, die in Abhängigkeit des von außen einwirkenden Schallpegels sechs Schallschutzklassen vorsieht, wobei das einzuhaltende bewertete Schalldämmmaß in Abhängigkeit von der Nutzung zwischen 30 und 50 dB liegen muss. Bei einem Außenlärmpegel über 70 dB gelten weitergehende Anforderungen. Schallwellen breiten sich von ihrer Quelle annähernd kugelförmig durch das Medium Luft in den Raum aus (Luftschall). Wird ein festes Material angeregt, z. B. durch mechanische Einflüsse (Schritte auf dem Boden), so breiten sich über die Masse von Bauteilen Schallwellen aus (Körperschall), die bei direktem Kontakt die Luftschicht auf der anderen Seite anregen. Auf diese Weise werden die Schwingungen dort wieder in Form von Luftschall weitertransportiert. Schallwellen können durch Körperschallübertragung sehr lange Wege zurücklegen. Sind feste Bauteile eines Gebäudes direkt konstruktiv gekoppelt, also starr miteinander verbunden (z. B. ein Abwasserrohr direkt mit einer Massivwand durch Verguss), kann sich Schall auf diesem Weg durch das ganze Gebäude ausbreiten. Man spricht dann von Flankenübertragung und Schalllängsleitung. Körperschallschutz stellt besonders hohe Anforderungen an die Planung und bedarf einer sorgfältigen Ausführung, da Schallübertragung schon über minimale Schallbrücken nahezu uneingeschränkt stattfinden kann. Die Lösung liegt hier in der schalltechnischen Entkopplung, d. h. alle relevanten Bauteile (z. B. der Fußbodenbelag und die Rohdecke oder die Sanitärinstallation und die Wand) werden so »weich« verbunden, dass Schwingungen nicht direkt übertragen werden können. Eine mögliche Strategie gegen Luftschallübertragung besteht in der Erhöhung der Masse. Das Bauteil wird möglichst schwer und damit träge ausgebildet. Das bedeutet, es besteht aus einem Material mit möglichst hoher Dichte und lässt sich daher durch Luftschallwellen nur in geringem Maße zum Schwingen anregen. Eine weitere wesentliche Maßnahme gegen Luftschallübertragung liegt in einer möglichst effektiven Abdichtung aller Fugen, Spalten und Ritzen. C 6.36 117
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte b C 6.37 Zusätzlich kann eine zweischalige Konstruktion ohne starre Verbindungsmittel mit gedämmtem Zwischenraum die Luftschallübertragung dämpfen (Prinzip: Masse – Feder – Masse). Besonders effektiv ist eine solche Maßnahme, wenn beide Schalen unterschiedlich dick und schwer sind und damit verschiedene Eigenresonanzfrequenzen aufweisen. Kunststoff- und Membrankonstruktionen Kunststoff- und vor allem Membrankonstruktionen haben eine äußerst geringe Masse, die beispielsweise bei Membranen nur zwischen ca. 0,1 und 1,5 kg pro Quadratmeter liegt. Dadurch ist es schwer, einen ausreichenden Transmissionsschallschutz zu erreichen. Eine Möglichkeit besteht darin, schwere Mittellagen in den Schichtaufbau zu integrieren. Im Fall der Gebäudehülle des Flughafen von Bangkok (siehe S. 277ff.) konnte durch eine solche zusätzliche Mittellage aus Polycarbonatplatten (7,2 kg/m2) ein Schalldämmmaß R'w von 35 dB erreicht werden. Einen besonderen Fall stellen pneumatisch gestützte Kissenkonstruktionen dar, bei denen Regentropfen die Oberlage wie bei einer Trommel zum Schwingen bringen können. Besonders wirkungsvoll geschieht dies bei Oberlagen aus Folien; beschichtete Gewebematerialien hingegen dämpfen aufgrund ihrer Oberfläche und ihrer größeren Inhomogenität die Geräusche etwas. Dieser Trommeleffekt führt zwar in der Praxis nur bei zumeist äußerst kurzem Starkregen zu Beeinträchtigungen, schließt diese Konstruktionsart aber dennoch meist für akustisch sensible Nutzungen aus. Regenbrechende äußere Lagen wie z. B. feine Netze können den Geräuschpegel zwar verringern, wirken sich aber im Hinblick auf die Durchsicht und das Reinigungsverhalten ungünstig aus. Wenn mit Vereisung und in der Folge erhöhter Schneelast zu rechnen ist, sind solche zusätzlichen Netze technisch kaum sinnvoll umsetzbar. Raumakustik Schallwellen werden von allen raumbegrenzenden Flächen und Objekten mehr oder weniger reflektiert. In Abhängigkeit der Materialien und 118 a c Bauteilaufbauten wird der nicht reflektierte Anteil absorbiert bzw. transmittiert. Der Schallabsorptionsgrad α gibt an, wie viel Schall geschluckt wird. Ist α = 0 bedeutet dies, dass der auftreffende Schall vollständig reflektiert wird. Keine Reflexionen gibt es, wenn der auftreffende Schall komplett absorbiert wird, also α = 1 ist. Bei hohem Schallabsorptionsgrad nimmt ein absorbierendes, meist weiches Material den Schall zu einem großen Teil auf und wandelt ihn im Inneren in Wärme um. Dadurch sinken insbesondere auch die reflektierten Anteile. In einem stark hallenden Raum senkt beispielsweise eine absorbierend verkleidete Decke die Nachhallzeit deutlich und erhöht damit die Sprachverständlichkeit. Diese Vorgänge erfolgen nicht einheitlich über das gesamte Frequenzspektrum, sondern zeigen eine uneinheitliche Intensitätsverteilung. Der Schallabsorptionsgrad wird daher bei verschiedenen Frequenzen gemessen. Als Faustregel kann gelten: Je dicker das Absorptionsmaterial, desto besser werden auch tiefere Frequenzen geschluckt. Die beschriebenen Zusammenhänge gelten auch für Mehrfachreflexionen und deren Nachhallzeit. Für die raumakustischen Verhältnisse (z. B. Eignung für Musikaufführungen oder Sprachverständlichkeit) ist eine differenzierte Beurteilung der frequenzabhängigen Reflexions- und Absorptionsvorgänge von entscheidender Bedeutung. Je glatter und härter die Oberfläche ist, desto ungestörter und vollständiger erfolgt die Reflexion. Für die raumakustische Qualität ist vor allem die frequenzbezogene Gleichmäßigkeit der Reflexion und eine auf die angestrebte Nutzung hin angepasste Nachhallzeit wichtig. Um dieses Ziel zu erreichen, können diverse Maßnahmen ergriffen werden, die sich zum Teil auf die Optimierung / Aktivierung der Raumoberflächen beziehen und in einigen Fällen auch zusätzliche Elemente vorsehen: • Oberflächenperforationen mit geeigneten Unterschichten • Dämmschichten in Deckenauflagen (offen und geschlossenzellig) • Formteile wie Baffeln, Schallabsorber (z. B. mikroperforiert), Schallschirme und Ähnliches Akustisch wirksame Folien Zur Verbesserung der Raumakustik gibt es speziell entwickelte Akustikfolien, die in transparenter, transluzenter sowie bedruckter Ausführung erhältlich sind. Die Wirkung dieser Folien beruht auf der Mikroperforation mit Löchern zwischen 0,2 und 0,8 mm Durchmesser. An den Lochrändern wird durch die dort entstehende Reibung die Schallenergie in Wärme umgewandelt, was Nachhallzeiten und Schallpegel reduziert (Abb. C 6.38 a). Zwei Lagen des Materials erhöhen die schallabsorbierende Wirkung zusätzlich (Abb. C 6.38 c). Aufgrund ihres sehr geringen Gewichts und ihrer immateriellen Erscheinung in der transparenten Ausführung sind sie auch zur Nachrüstung im Bestand geeignet. Die mikroperforierten Schallschutzfolien lassen sich zudem mit thermoaktiven Decken kombinieren und beeinträchtigen deren Funktion nicht. Beim Einsatz einer bedruckten Folie mit reflektierendem Silberdesign, z. B. unter einem horizontalen Glasdach, haben die mikroperforierten Folien darüber hinaus einen klimabegünstigenden Effekt durch die Reflexion langwelliger Wärmestrahlung und die damit verbundene Reduktion der Wärmeverluste. Marktgängige Produkte sind: • UV-stabilisiert oder UV-stabil • schwer entflammbar (Baustoffklasse B 1 oder B 2 nach DIN 4102) • chlorbeständig • elektrostatisch neutral C 6.38 Raumakustik und Membrankonstruktionen Bei der Betrachtung und Optimierung raumakustischer Qualitäten von Folien- und Membrankonstruktionen ist zu beachten, dass durch die sehr geringe Masse und die Weichheit ihrer Struktur und Oberfläche Luftschall in hohem Maß direkt transmittiert und kaum reflektiert wird, vor allem im tiefen Frequenzbereich. Da bei pneumatischen Strukturen die eingesetzten Materialien auf der Innenseite luftdicht sind, ist es in der Regel nicht möglich, an dieser Stelle zusätzlich absorbierendes Material zu integrieren. Weil die Gebäudehülle oft nicht zur Verfügung steht, müssen Maßnahmen zur Verbesserung der Raumakustik daher häufig im Bereich der Rauminnenseiten umgesetzt werden. Bei
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte Maßnahme Schallschutz Verbesserung der Raumakustik Schalldämmung / Schalldämpfung profilierte Schaumstoffe (z. B. Noppenschaumstoffe) PUR-Weichschaumstoff PE-Schaumstoff (geschlossenzellig) Körperschallbedämpfung / Entdröhnung Schwerfolie z. B. elastomermodifizierte Bitumenschwerfolie Kanten- / Tieftonabsorber Schaumstoff flexibler, offenzelliger Melaminharzschaumstoff (Weichschaumstoff) Breitbandabsorber hohes Schallabsorptionsvermögen über einen breiten Frequenzbereich (poröser Absorber) flexibler, offenzelliger Melaminharzschaumstoff (Weichschaumstoff), PUR-Weichschaumstoff Baffel (selbsttragende Schallschluckelemente) hohes Schallabsorptionsvermögen über einen breiten Frequenzbereich (poröser Absorber) flexibler, offenzelliger Melaminharzschaumstoff (Weichschaumstoff), PUR-Weichschaumstoff Tiefenabsorber Schallabsorptionsschürze mikroperforierte Folie /offenes Gewebe Stellwand /Arbeitsplatzabtrennung mikroperforierte Folie /offenes Gewebe Rollos mikroperforierte Folie /offenes Gewebe C 6.39 gespannten mehrlagigen Konstruktionen hingegen lässt sich die Qualität der Innenlage auch nach akustischen Anforderungen definieren und ausführen. Zur Verbesserung des Schallschutzes können auch witterungsbeständig beschichtete Abstandgewebe eingesetzt werden, die auf einer Membranunterlage aufgelegt werden und durch Abstandsfäden eine zweite Lage auf Distanz halten (derzeit bis zu 500 mm). Der so entstehende Zwischenraum kann beispielsweise mit Sand gefüllt werden und dadurch schon bei geringer Stärke und Gewicht eine Schalldämmwirkung erzielen, z. B. ca. 35 dB bei 20 mm. Brandverhalten und Brandschutz Im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit von Baumaßnahmen spielen Regelwerke die entscheidende Rolle, lassen aber in der Praxis nahezu immer Interpretationsspielräume zu. Neben der bautechnischen Umsetzbarkeit der Entwurfsgedanken ist meist die Eignung der Bauprodukte nachzuweisen, vor allem in Bezug auf ihre Alterungsfähigkeit und ihre Sicherheit. Für Letzteres ist das Brandverhalten ein maßgeblicher Teilaspekt. Grundsätzlich ist bei allen bauaufsichtliche Anforderungen Bauaufgaben die Betrachtung des Brandfalls relevant, wobei zumeist weniger der Brand selbst gefährlich ist, sondern vielmehr seine Folgen (z. B. äußerst irrational ablaufende sozialpsychologische Verhaltensweisen der betroffenen Personen, wie sie durch einen Brand während einer Massenveranstaltung ausgelöst werden können). Beim Brandschutz geht es darum, die Brandausbreitung zu verhindern oder zu verzögern, die Tragfähigkeit der Konstruktion über einen bestimmten Zeitraum zu erhalten und vor allem Leben und Gesundheit der Nutzer einer baulichen Struktur zu schützen. Daher finden sich hierzu zahlreiche gesetzliche und technische Vorgaben und Richtlinien auf diversen Ebenen, z. B. in den Landesbauordnungen, in Richtlinien von TÜV, DIN, VDE etc., die sich auf die Baustoffwahl, deren Eigenschaften und entsprechende Konstruktionsarten sowie Schutzmaßnahmen beziehen. Brandschutzaspekte stellen ein maßgebliches Hindernis für eine weitere Verbreitung von Kunststoffen im Bereich des Bauens allgemein und insbesondere in Gebäudehüllen dar. Einige Kunststoffe haben durch große und in ihrer Wirkung verheerende Folgen traurige Berühmt- Zusatzanforderungen kein Rauch kein brennendes Abfallen/Abtropfen Europäische Klasse nach DIN EN 13 501-1 nicht brennbar • • A1 mindestens • • A2 schwer entflambar • • B, C s 1, d 0 • A2 A 2, B, C s 2, d 0 s 3, d 0 A 2, B, C A 2, B, C s 1, d 1 s 1, d 2 • s 1, d 0 mindestens A 2, B, C s 3, d 2 normal entflammbar D s 1, d 0 s 2, d 0 s 3, d 0 • s 1, d 2 s 2, d 2 s 3, d 2 mindestens E d2 leicht entflammbar F Eine erste brandschutztechnische und materialbezogene Betrachtungsebene ist die Klassifizierung der jeweiligen Materialien bzw. Produkte in Baustoffklassen gemäß der aktuellen Normung. In Deutschland ist dies die DIN 4102-1: A nicht brennbare Baustoffe A 1 ohne organische Bestandteile, kein Nachweis erforderlich A 2 mit organischen Bestandteilen, Nachweis erforderlich B brennbare Baustoffe B 1 schwer entflammbar B 2 normal entflammbar B 3 leicht entflammbar Im Hinblick auf den Brandverlauf ist zu beachten, dass die Baustoffklassen B 2 und B 3 als nicht selbstverlöschend einzustufen sind, sich ein Brand mit diesen Materialien also selbst unterhält. Leicht entflammbare Materialien (B 3) dürfen gemäß § 17, Abs. 2 der Musterbauordnung (MBO) grundsätzlich nicht eingesetzt werden, wenn sie im eingebauten Klasse nach DIN 4102-1 A1 A2 B1 C 6.37 Schallabsorber aus gewebekaschiertem Schaumstoff C 6.38 mikroperforierte Folie zur Verbesserung der Raumakustik a Schiebeelemente b einlagig c zweilagig C 6.39 Kunststoffe im Bereich Schallschutz und Raumakustik C 6.40 Gegenüberstellung DIN 4102-1 und DIN EN 13 501-1 E D heit im Hinblick auf ihr Brandverhalten erlangt, z. B. das weitverbreitete Polyvinylchlorid (PVC) und Polystyrolschäume durch den Brand am Flughafen Düsseldorf 1996. B2 B3 C 6.40 119
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte Zustand immer noch leicht entflammbar sind. Die DIN 4102 wird ab 2010 durch die europäische DIN EN 13 501 Teil 1 und 2 und die E DIN EN 1634-1 ersetzt. Damit gibt es nun sieben Klassen (A 1, A 2, B, C, D, E und F) sowie einheitliche Prüfverfahren. Kennzeichnend ist jetzt die Zeitdauer, bis wann ein Baustoff vollständig brennt (der sogenannte Flashover). Bei A 1, A 2 und B darf dieser Punkt nie eintreten, während er bei brennbaren Bauprodukten der Klassen C, D oder E zwischen 10 und 2 Minuten erreicht wird. Außerdem wurden Unterklassen für Rauch (s 1, s 2 und s 3) und für brennendes Abtropfen (d 0, d 1 und d 2) eingeführt. Diese müssen nun auf den Produktverpackungen angegeben werden (Abb. C 6.40, S. 119). Der Nachweis der Zuordnung eines Baustoffs bzw. Bauprodukts in eine Baustoffklasse erfolgt in Brandversuchen. Bei Kunststoffen ist nicht nur der eigentliche Basiswerkstoff ausschlaggebend für das Brandverhalten, sondern vielmehr das spätere Halbzeug bzw. Bauprodukt. Dessen jeweilige Ausrüstung, also zusätzliche Schichten und Behandlungen, aber auch Polymermodifikationen und gegebenenfalls kombinierte Verbundwerkstoffe etc. beeinflussen die brandschutztechnischen Eigenschaften wesentlich. Daher sollte man sich in der Planung nicht auf generelle Aussagen zur Brandschutzklassifizierung einer bestimmten Kunststoffart verlassen, sondern sich über die Zulassung des jeweils geplanten Produkts im Einzelfall informieren und versichern. Trotz diverser Optionen zur Modifikation sind die wenigsten Kunststoffarten nicht entflammbar. Diese Eigenschaft ist zwar für viele Anwendungen wünschenswert, letztendlich aber nicht zwingende und alleinige Voraussetzung. Vielmehr sind die Fragestellungen vielschichtiger und bedürfen einer differenzierteren Betrachtung im Einzelfall. Oft sind Kompensationsmaßnahmen für ein Abweichen von der baurechtlichen Forderung nach einem nicht entflammbaren Baustoff möglich. Ob ein Material oder Produkt an einer bestimmten Stelle im Gebäude eingesetzt werden kann, hängt neben der brandschutztechnischen Klassifizierung auch von weiteren, teilweise entscheidenden Faktoren und Eigenschaften ab. Dabei ist es z. B. nötig zu ermitteln: • bei welchen Temperaturen der Schmelzpunkt und der Punkt der Entflammbarkeit liegen • ob das Material bzw. Produkt brennend abtropft, wobei ein heißes Abtropfen bereits auch hoch problematisch sein kann • ob sich das Material im Brandfall »zurückzieht« und dadurch z. B. Öffnungen entstehen, die Hitze und Rauchgase nach außen entweichen lassen (in der Funktion einer automatischen Öffnung, vergleichbar einem Rauch-Wärme-Abzug) • welche Verbrennungsprodukte entstehen und in welchem Maße diese toxisch sind 120 • ob der Kunststoff offen oder verdeckt und damit ohne Sichtkontrolle eingesetzt wird • welche Teile der Gebäudekomponente bei welchen Temperaturen ihre statische Funktion verlieren und was dadurch zu erwarten ist Bei letzterem Punkt kann die zum Teil äußerst geringe Masse von Kunststoffen von ausschlaggebend positiver Bedeutung sein. Beispielsweise verlieren ETFE-Folienkissendächer im Brandfall zwar schon bei relativ niedrigen Temperaturen ihre statische Funktion und die Folie reißt auf, aber hierdurch können dann Rauchgase und Hitze schnell aus dem Innenraum entweichen. Die ETFE-Folien eines solchen Dachs stellen aufgrund ihres sehr geringen Gewichts selbst keine relevante Brandlast dar und tropfen auch nicht brennend ab. Durch die Feuerwehr wird ein solches Brandszenario vergleichsweise positiv bewertet. Auch bauliche Randbedingungen, z. B. wohin im Brandfall entstehende giftige Rauchgase gelangen können, welche Temperaturen im genutzten Innenbereich erforderlich sind, damit es zu einem Brand der betreffenden Stelle kommen kann (Abstand zu Brandlasten) und wie die Situation dann für eine mögliche Personenrettung einzuschätzen ist (Brandszenario), müssen bei der Material- bzw. Produktauswahl berücksichtig werden. Weitere Aspekte auf Gebäudeebene, die sich im Vorfeld gegebenenfalls kompensatorisch nutzen lassen, sind z. B. eine Mengenbeschränkung möglicher Nutzer (z. B. durch eine Regulierung von Besucherströmen), eine Erhöhung und Verbesserung der Fluchtoptionen oder eine Anpassung der Gebäudetechnik (z. B. kontrollierte Zu- und Abluft, Brandmeldeund Sprinkleranlagen) Diese Aspekte, die zum Teil erhebliche Mehrkosten zur Folge haben können, sind über allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen nicht geregelt. Daher sollten Entscheidungsfindungen in der Materialwahl und der Konstruktionsart möglichst frühzeitig und in einem interdisziplinären Team unter Einbindung der Genehmigungsbehörden und von Brandschutzspezialisten erfolgen. Optimierung des Brandverhaltens Es gibt einige gängige Verfahren, die das Brandverhalten von Kunststoffen durch Modifikationen bei der Herstellung bzw. Weiterverarbeitung verbessern. Integration von Flammschutzmitteln Flammschutzmittel können entweder in die Polymerstruktur aufgenommen oder auf die Oberfläche des Werkstoffs appliziert werden. Sie reduzieren die Brennbarkeit oder mildern die Folgen des Verbrennens ab. Ihre Wirkung beruht auf der Ausbildung einer abschließenden Ascheschicht, einer chemisch erzeugten versiegelten Oberfläche, auf physikalischem Kühlen oder auf der Oxidation brennbarer Gase. Optimierung der Masseanteile bei Verbundmaterialien Bei einem Verbundwerkstoff verschiedener Basismaterialien ist das Verhältnis zwischen brennbarem und nicht brennbarem Masseanteil für die Brandschutzklassifizierung ausschlaggebend. Dies ist z. B. bei PTFE-beschichtetem Glasfasergewebe der Fall; daher schwanken die Brandschutzeigenschaften dieser Materialgruppe je nach Anteil der Fasern zur Beschichtung stark. Brandschutz für Kunststoffe in der Gebäudetechnikinstallation Neben dem baulichen Brandschutz müssen bei der Leitungsinstallation die Bereiche des Schall- und des Wärme- bzw. Kälteschutzes beachtet werden. Insbesondere an Kältedämmungen bestehen hohe Anforderungen, da diese im Unterschied zu Wärmedämmungen zusätzlich vor Durchfeuchten durch Tauwasserbildung geschützt werden müssen. Neben der Erfüllung von Brandschutzbestimmungen und üblichen Verarbeitungskriterien sind also Geschlossenzelligkeit und sehr hohe Wasserdampfdiffusionswiderstände erforderlich. Aufgrund dieser speziellen Anforderungen ist bei Kältedämmungen die Verwendungsmöglichkeit nicht brennbarer Dämmstoffe begrenzt und es müssen brennbare Dämmstoffe aus Kunststoffen eingesetzt werden. Diese dürfen nicht abtropfen, vor allem nicht brennend, müssen selbstverlöschend sein und dürfen den Brand im Bereich von Wand- und Deckendurchbrüchen nicht weiterleiten, d. h. Durchführungen von gedämmten Rohrleitungen dürfen den Feuerwiderstand der Bauteile nicht beeinträchtigen. Verbrennung als Nachnutzung Das für die Anwendung im Baubereich oft nachteilige Brandverhalten von Kunststoffen führt im Hinblick auf die Nachnutzung dieser Materialklasse neben den drei Möglichkeiten Wiederverwendung, werk- und rohstoffliche Verwertung zu einer vierten Option. Diese besteht in der energetischen Nutzbarmachung durch Verbrennung, wobei die Kunststoffe durch ihren meist sehr hohen Anteil an Kohlenstoffverbindungen einen vergleichsweise hohen Heizwert haben. Daher kann bei geringer Eignung von bestimmten Kunststoffen für die ersten drei oben genannten Verwertungsoptionen der Weg über die Verbrennung eine unter ökonomischen und ökologischen Kriterien vernünftige Möglichkeit darstellen. C 6.41 Zusammenhang zwischen Benetzungswinkel und Oberflächenspannung C 6.42 Wassertropfen auf einer ETFE-Folie a ohne No-Drop-Beschichtung b mit No-Drop-Beschichtung C 6.43 Elektroluminiszenzfolien (EL) a nicht aktiv/spannungslos b in lichtemittierendem Zustand bei angelegter hochfrequenter Wechselspannung
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte ϕ > 90° ϕ < 90° hydrophob hydrophil Silikon PVC Wasser 72,8 PUR metallische Stoffe Oberflächenspannung 0 20 40 60 80 Benetzungswinkel [10 -³ N/m] Film 180 120 Depression hydrophob 90 60 Aszension hydrophil 30 0 [Grad] C 6.41 Weitere Eigenschaften Neben den bisher genannten bauphysikalischen und energetischen Eigenschaften gibt es einige weitere Aspekte, die für die Auswahl von Kunststoffen und ihre Anwendung in der Gebäudehülle von Belang sind. Modifikation der Oberflächenspannung Eigenschaften wie Abriebfestigkeit, Elastizität (z. B. Resistenz gegen Hagel), mechanische Belastbarkeit und Knickbeständigkeit (z. B. bei beweglichen Strukturen), mechanische Oberflächenbelastbarkeit (z. B. durch regelmäßige Sandstürme) sowie UV-und Witterungsbeständigkeit einschließlich Hydrolyse- und Alkalibeständigkeit entscheiden, ob sich ein Kunststoff- oder Membranmaterial für einen Einsatz im Außenbereich hinsichtlich der zu erwartenden Lebensdauer eignet. Eine hinlänglich konkrete Aussage zur Beständigkeit kann besonders bei Anwendungen in der Gebäudehülle nur in Kenntnis der jeweiligen standortspezifischen Außenbedingungen erfolgen, die sich erheblich unterscheiden können. Unter dem Begriff »No Drop« werden eine Reihe von Kunststoff- und Folienmaterialien (z. B. PMMA und ETFE) mit modifizierter Oberflächenspannung angeboten, die dafür sorgen soll, dass Tauwasser nicht an einzelnen Punkten von Oberflächen abtropft, sondern durch eine flächige Benetzung abfließt (Abb. C 6.42). Dies ist vor allem im Gewächshausbau von Bedeutung, da sich hier durch herabfallende Tropfen z. B. auf Salatpflanzen Flecken bilden, die zur Unverkäuflichkeit der Produkte führen. Wie lange die Wirkung der Oberflächenbehandlung anhält, ist produktabhängig. Bisher gelten die verfügbaren Lösungen aber nicht als dauerhaft und erfordern gegebenenfalls eine regelmäßige Auffrischung der Wirkung durch eine lokale Nachbehandlung (z. B. mittels spezieller Sprays), für die die entsprechenden Folienbereiche zugänglich sein müssen. Anschmutzverhalten Elektrolumineszenz Für den Erhalt eines ansprechenden Erscheinungsbilds und die zu erwartenden Reinigungskosten ist das Anschmutzverhalten der Materialoberflächen ein wesentliches Kriterium, das aufgrund der oft sehr großen einheitlichen Flächen insbesondere im Membranbau eine große Rolle spielt. Die hier häufig eingesetzten Fluorpolymer-basierten Werkstoffe (z. B. ETFE, PTFE und bedingt auch PVDF) besitzen Eigenschaften, die auch Verglasungen in diesem Bereich weit überlegen sind. Schmutzpartikel bleiben auf diesen Oberflächen zwar liegen, es kommt aber zu keiner nennenswerten Haftung. Somit werden die Partikel durch regelmäßige Niederschläge weitgehend restfrei abgewaschen und das ursprüngliche Erscheinungsbild bleibt über sehr lange Zeit erhalten, da sich die Oberflächen auch chemisch nahezu nicht verändern, z. B. durch Niederschläge oder UV-Strahlung. Grundsätzlich ist der Reinigungsaufwand der Materialoberfläche analog zum Anschmutzverhalten einzuschätzen. Aber auch die konstrukti- Elektrolumineszenzfolien (EL-Folien) sind aktive Lichtquellen, sogenannte Lambertstrahler, d. h. die Leuchtdichte der von der Oberfläche ausgehenden Strahlung ist von jeder Seite betrachtet gleich. Ihr Licht ist sehr schmalbandig, beinahe monochromatisch, absolut gleichmäßig und weit sichtbar (Abb. C 6.43). Aufgrund des Fehlens infraroter Emission gibt es keine Eigenerwärmung durch Strahlung. EL-Folien, deren lichtemittierende Schicht auf einem metallischen Halbleiterphänomen beruht, können selbst durch Laminieren mit platten- oder folienartigen Kunststoffen verbunden werden. Der typische Aufbau einer EL-Folie besteht aus einer Schutzfolie, einer transparenten Elektrode, Pigment und Isolation, der unteren Elektrode und einer abschließenden weiteren Schutzfolie. Durch Variation der Dotierung des Leuchtpigments Zinksulfid entstehen Farbtöne von Blau bis Gelb (ca. 480 – 580 nm). Ein Mischen der Dotierungsstoffe erzeugt daraus resultierende Mischfarben (z. B. Weiß). Ein Nachteil von Zinksulfid als Pigmentgrundstoff Beanspruchbarkeit und Beständigkeit a ve Detailausbildung ist von hoher Bedeutung. Diese kann unabhängig von der Materialwahl Schmutzansammlungen und Schmutzfahnen als Folge haben. b C 6.42 a b C 6.43 121
Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte C 6.44 C 6.45 ist sein hohes Feuchtebindungsvermögen (Hygroskopie). Die Schutzfolien müssen daher aus intensiv wasserabstoßendem Material wie z. B. Polychlortrifluorethylen (PCTFE) bestehen. Es gibt aber bereits einen Pigmentgrundstoff, bei dem die Zinksulfidmoleküle mikrogekapselt und dadurch geschützt sind. Durch den größeren Molekülabstand bedingt, ist die Leuchtdichte jedoch etwas geringer und nicht ganz so homogen. Derartige EL-Folien sind schneidbar, extrem dünn, hochflexibel und kostengünstig. Ein Einlaminieren ist nicht mehr unbedingt nötig, erhöht jedoch die Lebensdauer. Als Schutzfolie sind in diesem Fall Polylaminate ausreichend. EL-Folien finden heute nicht nur im militärischen Bereich, in der Flugzeugtechnik oder als Hinterleuchtung für Flüssigkristall (LC)-Displays Verwendung. Auch im Baubereich sind die Einsatzmöglichkeiten vielfältig und zum Teil bereits weitverbreitet, sei es als selbstleuchtende Beschilderung, als Sicherheits- und Notbeleuchtung für Treppen in Kinos oder in der Innenraumgestaltung. und die Dauerhaftigkeit hoch. Bei einfachen offenen Absorbern ohne Abdeckung, sogenannten Schwimmbadkollektoren (Abb. C 6.44), kommen Polymere bereits heute in großem Umfang zum Einsatz. Hier hat die Optimierung der Geometrie im Hinblick auf die Kompensation der niedrigen Wärmeleitfähigkeit der Kunststoffe eine große Bedeutung. Im Mittelpunkt der aktuellen Entwicklungen stehen: • die optimale Absorption der solaren Wärmestrahlung • die Reduktion von Wärmestrahlungsverlusten • neue Materialien, die die Wärmeleitfähigkeit und das -speichervermögen optimieren Kunststoffe bei der Aktivnutzung regenerativer Energien Die aktive Energiegewinnung durch Systeme, die direkt mit dem Gebäude verbunden sind, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Aufgrund der enormen Flächen, die in Form von Fassaden und Dächern zur Verfügung stehen, ist das Potenzial theoretisch sehr groß. Solche aktiven Systeme nutzen Sonnenenergie (Solarthermie, Photovoltaik), Windenergie, Umgebungswärme (diverse Arten an Wärmetauschern) oder auch die Abstrahlung an den kalten Nachthimmel zur regenerativen Bereitstellung von Kälteenergie. Solarthermische Systeme Kunststoffe dienen bei solarthermischen Systemen als Ersatz für Glas in der Abdeckung oder auch als Material für den Absorber und das Gehäuse. Aus der Substitution von Glas und Metall durch Polymermaterialien können sich deutliche Kosteneinsparpotenziale ergeben. Allerdings sind die Anforderungen im Hinblick auf mechanische und optische Eigenschaften 122 Außerdem sind thermo-mechanische Spannungen und dadurch bedingte Verformungen durch Temperaturausdehnungen zu beachten. Auch die Optimierung von Strömungseigenschaften und permeable Absorberstrukturen für gebäudeintegrierte Anwendungen stellen Forschungsschwerpunkte dar (Abb. C 6.45). Im Rahmen von Entwicklungsprojekten wird derzeit versucht, z. B. die Polymerstruktur durch die Zugabe von sogenannten Nanofillern wie Kohlenstoff-Nanoröhrchen für UV-Strahlung zu stabilisieren und damit gleichzeitig ihre Wärmeleitfähigkeit zu steigern. Im Bereich der Abdeckmaterialien untersucht man seit Längerem verschiedene Folien als Ersatz für Solarglas (reflexionsoptimiertes, eisenoxidarmes Glas) vor dem Hintergrund möglicher Gewichts- und Kosteneinsparungen. Mit Folien lassen sich sogenannte Lunakollektoren optimieren, die der Bereitstellung regenerativer Kälteenergie dienen: Die konvektiv bedingte Erwärmung des Absorbers, die für die Wärmeabführung an den kalten Nachthimmel genutzt werden, lässt sich reduzieren, indem man sie mit speziellen Folien mit einer hohe Transmission im fernen Infrarotbereich (z. B. PE-Folien) abdeckt. Durch Folien lassen sich künftig außerdem möglicherweise schaltbare thermische Kollektoren ausbilden. Durch temporäres Anlegen der Folien auf den Absorber kann die Wärmedämmung deaktiviert werden, und aufgrund der hohen Oberflächenemissivität der Folie kommt es zu der oben beschriebenen Lunakollektorwirkung. Das Anlegen und damit verbun- C 6.46 dene Abschalten der Wärmedämmwirkung kann auch zur Reduktion der Stagnationstemperatur (Stillstandstemperatur) des Kollektors genutzt werden. Photovoltaik Kunststoffe spielen im Bereich der Photovoltaik an diversen Stellen eine Rolle. Bereits seit den 1990er-Jahren experimentierte man mit der Applikation von kristallinen Solarzellen auf polymeren Kunststoffen, vor allem PMMA und PC (Abb. C 6.46). Neben der Nutzung als Verbindungsschichten (Glas-Solarzelle und Solarzelle-Backsheet) – meist EVA (Ethylene Vinyl Acetate) – werden Polymere auch heute als Oberflächenmaterial und als Trägerschicht (Substrat) der Solarzellen eingesetzt. Durch die Kombination von Polymeren mit PV-Dünnschichtzellen entstehen flexible Module, die ganz neue Anwendungen ermöglichen (Abb. C 6.48 – C 6.51). So lässt sich Photovoltaik in frei tragende Folien- und Membrankonstruktionen integrieren – entweder mechanisch auf der Membranlage befestigt, in spezielle Folientaschen geschoben oder durch Laminieren flächig mit dem Membranmaterial verbunden. Bisher stellt die Photovoltaik selbst einen hohen Kostenfaktor dar, der die Applikation auf entsprechend langlebigen Substratmaterialien erfordert, um die Amortisation der investierten Mittel nicht zu gefährden. Daher sind hierfür vorrangig strapazierfähige, widerstandsfähige Fluorpolymer-basierte Werkstoffe wie ETFEFolien und Glas-PTFE interessant. In Dächern oder Fassaden können membranintegrierte PV-Module ohne zusätzliche Unterkonstruktion zum Einsatz kommen. Sie liefern in diesem Fall nicht nur Elektrizität, sondern sorgen auch für die ohnehin oft unerlässliche Verschattung (Abb. C 6.48). Die dadurch begrenzte solare Erwärmung des Gebäudeinneren im Sommer reduziert zudem Kühllasten und Energieverbrauch. Abb. C 6.47 zeigt Herstellungsvarianten für PVModule, die in ETFE-Folien durch Einlaminieren integriert werden können und daher bei der Konfektionierung und dem Zuschnitt berücksichtigt werden müssen (links) bzw. die als Module gefertigt und dann linear auf textilen Materialien aufgebracht werden (rechts). Eine Er-
C 6.44 C 6.45 C 6.46 C 6.47 C 6.48 C 6.49 C 6.50 C 6.51 nicht abgedeckter Absorber (»Schwimmbadkollektor«) Fotomontage eines lichtdurchlässigen thermischen Kunststoffabsorbers, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE Solarmodule mit Kunststoffplatten als Trägermaterial (PC oder PMMA) Herstellungsverfahren für PV-Module für den Einsatz in ETFE-Folien und Geweben Flexible PV-Module (a-Si), integriert in die Oberlage eines ETFE-Folienkissens »GROW«, Prototyp einer Dünnschicht-PV in Verbindung mit piezoelektrischen Generatoren, eingebettet in ETFE-Folie Labormuster eines flexiblen PV-Modules (a-Si), appliziert auf Glas-PTFE Prototyp eines Dünnschicht-PV-Streifens in einem textilen Gewebematerial tragsprognose für eine membranintegrierten PV ist im Vergleich zu konventionellen Anwendungen weitaus komplexer: Die Geometrie der unterschiedlichen Dach- oder Fassadenstrukturen ändert sich von Projekt zu Projekt und erfordert immer wieder neue Dimensionierungen und Anordnungen der Module. Innerhalb eines Projekts und sogar innerhalb der Module selbst kann die Ausrichtung der einzelnen Photovoltaikelemente zur Sonne variieren. Die Form der Membranen – bestimmt durch Gebäudegeometrie, Unterkonstruktion und Lasten – ist auch für die Geometrie der Photovoltaik ausschlaggeben. Komplexe, dreidimensionale Formen erschweren zudem die Abschätzung möglicher Verschattungseffekte. Derzeit befinden sich weitere PV-Technologien in der Entwicklung, die beispielsweise auf organischen Materialien basieren und in Zukunft möglicherweise eine deutlich umfassendere Integration in textile Materialien erlauben werden (Abb. C 6.51). ✁ Erweiterte bauphysikalische und engergetische Aspekte Solarzellenfolie Laminierung von angepassten Modulen mit tragender ETFE-Folie Fertigung von Standardmodulen verschiedener Länge Konfektionierung der ETFE-Module gemäß Zuschnittsplan Applikation der Module auf konfektionierter Gewebelage C 6.47 Windkraft Die Rotorblätter großer Windkraftanlagen sind neben dem Flugzeug- und Schiffsbau eine Hauptanwendung für Kunststoff-Faserverbundmaterialien. In Bezug auf den Bausektor könnte sich den Kunststoffen in Zukunft ein weiterer Anwendungsbereich auf dem Gebiet von gebäudeintegrierten Mikrowindkraftanlagen erschließen. Hier gibt es erste Ansätze und Untersuchungen. C 6.48 C 6.50 C 6.49 C 6.51 Anmerkungen: [1] Williams, David R.: Sun Fact Sheet, Greenbelt 2004 (http://nssdc.gsfc.nasa.gov/planetary/factsheet/ sunfact.html, 16.08.2010) 123
Umweltwirkungen von Kunststoffen Joost Hartwig, Martin Zeumer C 7.1 Im Gebäudebetrieb steigen die Ansprüche an Effizienz stetig an. Damit treten auch Energieaufwendungen und Umweltwirkungen aus Produktion und Entsorgung der verwendeten Materialien immer stärker in den Vordergrund. Planungsentscheidungen wirken hierbei weit in eine Zukunft mit knapper werdenden Ressourcen hinein. Während andere produzierende Industriezweige in der Vergangenheit schon deutliche Effizienzsteigerungen erlebt haben, steht diese Entwicklung in der Bauwirtschaft noch weitgehend aus: Materialeffizienz und Rationalisierungsgrad sind gering, die Recyclingrate niedrig. Die Kunststoffindustrie nimmt hier eine Vorreiterrolle ein. So konnten in der energieintensiven Produktion von Kunststoffen bereits teilweise Effizienzsteigerungen verzeichnet werden. Trotzdem oder besonders deshalb sind Kunststoffe eine heterogen diskutierte Materialgruppe: Einerseits haben Kunststoffe einen massebezogen, hohen Primärenergieinhalt. Emissionen aus dem Material können außerdem Gefahren für Umwelt und Nutzer darstellen. Anderseits bieten sich Einsparungspotenziale durch materialeffiziente Konstruktionen. Die Nutzung von Kunststoffprodukten vermag die Betriebsenergie deutlich zu senken, wobei Zuschläge die individuelle Anpassung an projektspezifische Gegebenheiten ermöglichen. Die Ökobilanzierung kann hierbei als Bewertungskriterium maßgeblich zur Versachlichung der Kunststoff-Diskussion beitragen. Ökobilanzierung C 7.1 C 7.2 C 7.3 C 7.4 124 Umweltwahrnehmung im mobilen Aktionsraum, Berlin (D) 2009, raumlabor berlin Ablauf und Phasen einer Ökobilanzierung verfügbare Product Category Rules (PCR), Stand 8 /2010 Beispiele für Labels einer Umweltkennzeichnung bzw. Umweltdeklaration Mit der Methodik der Ökobilanz wurde Ende des letzten Jahrhunderts der Grundstein für eine transparente Bewertung der komplexen Umweltwirkungen von Produkten und Prozessen gelegt. Dies macht sie unter einem umfassenden Betrachtungswinkel bewertbar und planungsrelevant. Eine Ökobilanz analysiert den Lebensweg eines Produkts, das eine oder mehrere Funktionen haben kann. Dazu betrachtet man die Lebensstadien Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung und Transport, gegebenenfalls auch Gebrauch, Nachnutzung und Entsorgung. Unterschieden wird unter anderem zwischen »Cradle-to-Grave«-Betrachtungen, die den gesamten Lebenszyklus »von der Wiege bis zur Bahre« eines Produkts untersuchen und »Cradle-to-Gate«-Betrachtungen, bei denen nur die Herstellung des Produkts »von der Wiege bis zum Werkstor des Herstellers« bewertet wird. DIN EN ISO 14 040 beschreibt das Ökobilanzverfahren. Eine Ökobilanz umfasst dabei vier Teile: Festlegung von Ziel und Untersuchungsrahmen, Sachbilanz, Wirkungsabschätzung und Auswertung (Abb. C 7.2). Ziel und Untersuchungsrahmen Zunächst wird das zu untersuchende Produkt und seine Funktion (funktionelle Einheit) beschrieben. Die Festlegung der Systemgrenze definiert, welche Prozesse zur Ökobilanz des Produkts gehören bzw. welche nicht. Im Idealfall sind In- und Outputs in das Produktsystem Elementarflüsse – nicht weiter trennbare Stoffe –, d. h. chemische Elemente und Verbindungen, die aus der Natur entnommen werden (Inputs) und Elemente, die in die Natur abgegeben werden (Outputs). Die Grenzen der Bilanzierung des Produktsystems, sogenannte Abschneidekriterien, werden üblicherweise bei 1 % Stoffmasse, Primärenergieverbrauch und Umweltrelevanz angesetzt. [1] Dabei darf die Summe der vernachlässigten Stoffmassen insgesamt maximal 5 % betragen. [2] Ökologisch bedenkliche Stoffe (z. B. Weichmacher in Kunststoffen) sind auf jeden Fall zu berücksichtigen. Sachbilanz Die Sachbilanz erfasst und quantifiziert die für das Produktsystem relevanten Stoff- und Energieumwandlungsprozesse unter Berücksichtigung der Systemgrenze und der Abschneidekriterien. Einbezogen werden Energie-, Rohstoff- und Betriebsstoffinputs, Produkte, Koppelprodukte (Produktesysteme mit mehr als einem Endprodukt) und Abfälle sowie Emissionen in Luft, Wasser und Boden. Wirkungsabschätzung Die Wirkungsabschätzung ermittelt, welchen Einfluss die Sachbilanzergebnisse auf definierte potenzielle Umweltwirkungen haben. Zu diesem Zweck werden die Ergebnisse der Sach-
Umweltwirkungen von Kunststoffen Rahmen einer Ökobilanz verfügbare Product Category Rules (PCR) Baumetalle Kalksandstein Festlegung der Ziele und des Untersuchungsrahmens Sachbilanz Baustähle Dachsteine Dachziegel Dispersionsklebstoffe und -vorstriche Dübel aus Kunststoff und Metall Faserzement Floor coverings Gipsplatten Glasarmierungsgitter Glaswand- und Glasdeckenbelag Holzwerkstoffe Holzzement Auswertung Wirkungsabschätzung Leichtbeton Leichtzuschlag Metall-Installationsrohre mineralische Dämmstoffe mineralische Werkmörtel Mineralplatten Porenbeton Schaumkunststoffe Schichtpressstoffe Vollholzprodukte Wärmedämmverbundsysteme Ziegel C 7.2 C 7.3 bilanz mit Wirkungskategorien verknüpft. Diese beschreiben jeweils eine potenzielle Umweltwirkung (z. B. Treibhauspotenzial) und werden mittels sogenannter Stoffäquivalenten (z. B. CO2-Beitrag zum Treibhauseffekt) dargestellt. Alle Stoffströme der Sachbilanz mit Beitrag zu einer Wirkungskategorie werden mithilfe festgelegter Faktoren in das jeweilige Stoffäquivalent umgerechnet und zusammengefasst. Auf diese Weise lässt sich eine hohe Zahl von Emissionen mit wenigen potenziellen Umweltwirkungen beschreiben. Welche potenziellen Umweltwirkungen darzustellen sind, wird jedoch nicht durch allgemeingültige Vorgaben geregelt. Daher müssen die für die Umweltauswirkungen des Produkts maßgeblichen Wirkungskategorien im Einzelfall ausgewählt werden. Im Gebäudebereich werden üblicherweise folgende Wirkungskategorien betrachtet: • Treibhauspotenzial (global warming potential – GWP 100) [kg CO2-Äq.] Das Treibhauspotenzial beschreibt den Beitrag eines Stoffs zum anthropogenen Treibhauseffekt. • Ozonabbaupotenzial in der Stratosphäre (ozone depletion potential – ODP) [kg R 11-Äq.] Als Ozonabbau bezeichnet man die Verringerung der Ozonschicht vor allem über der Antarktis (antarktisches Ozonloch), aber auch anderen Teilen der Erde. Verursacht wird die Zerstörung der Ozonschicht vor allem durch halogenierte Kohlenwasserstoffe, wie z. B. Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW). • Versauerungspotenzial (acidification potential – AP) [kg SO2-Äq.] Zur Versauerung tragen hauptsächlich die Emissionen aus der Verbrennung schwefelhaltiger fossiler Brennstoffe wie Kohle und Öl bei, die zusammen mit Wasser Säuren bilden, sowie Stickoxide, die ebenfalls bei Verbrennungsprozessen freigesetzt werden. • photochemisches Oxidantienbildungspotenzial (photochemical ozone creation potential – POCP) [kg C2H4-Äq.] Die zur photochemsichen Oxidantienbildung beitragenden Emissionen werden vor allem vom Autoverkehr (Stickoxide, Kohlenwasserstoffe) und Industrieanlagen (Kohlenwasserstoffe) freigesetzt. • Eutrophierungspotenzial (eutrophication – EP) [kg PO-Äq.] Zur Überdüngung bzw. Eutrophierung tragen hauptsächlich Phosphor und Stickstoff beispielsweise aus Düngemitteln oder Haushalts- und Industrieabwässern bei. • Primärenergieinhalt (primary energy intensity – PEI) [MJ] Der Primärenergieinhalt eines Baustoffs beschreibt den zur Herstellung, Nutzung und Entsorgung des Materials notwendigen Aufwand an Energieträgern (Ressourcen). Dabei wird zwischen nicht erneuerbarer (z. B. Erdöl, Erdgas, Kohle, Uran) und erneuerbarer Primärenergie (z. B. Strom aus Windkraft) unterschieden. Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen, aus den Emissionen der Materialnutzung resultierenden Umweltwirkungen (Output bezogen) handelt es sich beim Primärenergieverbrauch um eine Input bezogene Wirkungskategorie, also eine Umweltwirkung, die durch den Verbrauch von begrenzt vorhandenen Ressourcen (in diesem Fall energetischen) verursacht wird. Auswertung Die Auswertung erfolgt auf Basis der Ergebnisse von Sachbilanz und Wirkungsabschätzung. Aus diesen werden Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die Produktnutzung abgeleitet und in einem Bericht zusammengefasst. Der Bericht und die zugrunde liegende Bilanz kann einer unabhängigen Gruppe von Experten zur kritischen Prüfung vorgelegt werden. Dies ist zwingend erforderlich, wenn vergleichende Aussagen etwa zu Konkurrenzprodukten gemacht werden oder die Studie zur Veröffentlichung vorgesehen ist. C 7.4 Umweltdeklarationen kommuniziert. Nicht nur für das Bauwesen wurden hierzu verschiedene Gütesiegel und Kennzeichnungssysteme eingeführt (Abb. C 7.4). Die Normenreihe ISO 14 020 behandelt drei grundlegend unterschiedliche Typen von Kennzeichnungssystemen. Die Teilnahme an einem solchen Kennzeichnungssystem ist für die Hersteller freiwillig, unterliegt jedoch teilweise starken Reglementierungen. Umweltkennzeichnungen Typ I Umweltkennzeichnungen Typ I weisen Produkte mit einer besonders guten Umweltleistung innerhalb derselben Produktgruppe aus. Dabei muss ein Produkt spezifische Grenzwerte einhalten, um im Produktgruppendurchschnitt als deutlich umweltfreundlicher zu gelten. Die Grenzwerte werden regelmäßig angepasst, sodass immer nur ein bestimmter Prozentsatz der Produkte einer Produktgruppe als »Best in class« das Gütesiegel trägt. Das Einhalten der Grenzwerte wird durch Messungen nachgewiesen, die von unabhängigen Dritten bestätigt werden. Eine bekannte Umweltkennzeichnung Typ I ist der Blaue Engel. Außerdem gibt es beispielsweise das FSC (Forest Stewardship Council)-Siegel für Holzprodukte oder das »Europäische Umweltzeichen – Euroblume«. Umweltkennzeichnungen Typ II Umweltkennzeichnungen Typ II sind Beschreibungen der Umwelteigenschaften eines Produkts, die vom Hersteller eigenverantwortlich herausgegeben werden. Die Deklarationen müssen die Einschränkungen nach DIN 14 021 berücksichtigen, aber nicht von unabhängigen Dritten geprüft werden. Quellen für Ökobilanzdaten von Bauprodukten Das Erstellen von Produktökobilanzen ist ein aufwendiger Prozess, der in der Regel von spezialisierten Anbietern für die Produkthersteller durchgeführt wird. Die Datensätze werden in der Regel für verschiedene, öffentlich zugängliche Datenquellen aufbereitet und gesammelt. Hier stehen sie dem Planer in normierter Form zur Verfügung. Die Umwelteigenschaften eines Produkts werden dabei als Umweltkennzeichnungen bzw. Typ III Umweltdeklarationen In Typ III Umweltdeklarationen, auch Environmental Product Declarations (EPD) genannt, werden die Umweltwirkungen von Produkten systematisch und ausführlich beschrieben. Die Informationen umfassen alle potenziellen Umweltwirkungen eines Produkts, ohne tatsächlich eine Bewertung vorzunehmen. Vielmehr bieten Typ III Deklarationen dem Nutzer eine Entscheidungsgrundlage für eine Bewertung nach 125
250 eigenen Maßstäben. Grundlage ist eine Ökobilanzierung des Produkts. Zusätzlich werden weitere produktspezifische Indikatoren (z. B. Innenraumluftbelastung) erfasst. Bei dieser Deklarationsart wird nicht das einzelne Messergebnis durch unabhängige Dritte geprüft, sondern ob die Regeln (Product Category Rules – PCR) für die gleichwertige Beschreibung innerhalb der Produktgruppe eingehalten werden (Abb. C 7.3, S. 125). In Deutschland wird die Erstellung von Umweltdeklarationen Typ III vom Institut Bauen und Umwelt (IBU) und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) koordiniert. Das IBU betreut dabei die Erarbeitung von PCRs für einzelne Produktgruppen und weist diese aus. [3] 200 150 100 50 Glas Metalle Beton und Betonsteine Natursteine Holz und Holzwerkstoffe 0 Kunststoffe C 7.5 primärenergetische Spannbreiten einzelner Materialgruppen pro Materialmasse [kg] C 7.6 primärenergetischer Vergleich von Bauteilen (nach Werten der Datenbank ökobaudat, Cradle to grave, Herstellung und Entsorgung, Deutschland 2009) a Gegenüberstellung von Biegeträgern aus Stahl und GFK bei gleicher Verformung und Momententragfähigkeit b Gegenüberstellung von liegenden, transparenten Bedachungen aus Isolierglas und PCStegplatten bei gleicher Tragfähigkeit und gleichem U-Wert C 7.7 Ökobilanzkennwerte von Kunststoffprodukten nach funktioneller Einheit Primärenergieinhalt (PEI) [MJ] Umweltwirkungen von Kunststoffen C 7.5 Datenbanken Stahlträger IPE 200 PEI nicht ern. GWP ODP AP EP POCP gleiche Verformung PEI nicht ern. GWP ODP AP EP POCP gleiche Momententragfähigkeit a [MJ] [kg CO2-Äq.] [kg R11-Äq.] [kg SO2-Äq.] [kg PO4-Äq.] [kg Ethen-Äq.] [MJ] [kg CO2-Äq.] [kg R11-Äq.] [kg SO2-Äq.] [kg PO4-Äq.] [kg Ethen-Äq.] gleiche Tragfähigkeit 2,2 m 2,2 m PEI nicht ern. GWP ODP AP EP POCP [MJ] [kg CO2-Äq.] [kg R11-Äq.] [kg SO2-Äq.] [kg PO4-Äq.] [kg Ethen-Äq.] gleicher U-Wert (1,3 W/m2K) b PEI nicht ern. GWP ODP AP EP POCP [MJ] [kg CO2-Äq.] [kg R11-Äq.] [kg SO2-Äq.] [kg PO4-Äq.] [kg Ethen-Äq.] g = 0,224 kN /m2 Kunststoffträger GFK, pultrudiert IPE 360 g = 0,227 kN /m2 421,30 47,98 1,32 · 10-6 0,14 0,0135 0,0214 1038,62 161,17 2,36 · 10-6 3,18 0,0427 0,0906 Stahlträger IPE 360 g = 0,571 kN /m Kunststoffträger GFK, pultrudiert IPE 360 g = 0,227 kN /m 1073,94 122,31 3,35 · 10-6 0,356 0,0343 0,0545 1038,62 161,17 2,36 · 10-6 3,18 0,0427 0,0906 Isolierglasscheibe g = 0,20 kN/m2 PC-Stegplatte g = 0,028 kN/m2 432,00 37,50 0,838 · 10-6 0,16 0,0200 0,01 431,20 21,98 1,40 · 10-6 0,04 0,0048 0,01 Isolierglasscheibe g = 0,20 kN /m2 PC-Stegplatte g = 0,034 kN /m2 432,00 37,50 0,838 · 10-6 0,1620 0,0244 0,0108 523,60 26,69 1,70 · 10-6 0,0047 0,0058 0,0068 PEI nicht ern.: Primärenergiegehalt aus nicht erneuerbaren Energien, GWP: Treibhauspotenzial, ODP: Ozonzerstörungspotenzial, AP: Versauerungspotenzial, EP: Überdüngungspotenzial, POCP: photochemisches Oxidantenpotenzial C 7.6 126 Im Internet sind verschiedene Datenbanken verfügbar, in denen eine sehr große Zahl von Ökobilanzdatensätzen zur Verfügung steht. Die Datenbank Ökobau.dat wurde vom BMVBS im Rahmen der Entwicklung des Deutschen Gütesiegels für Nachhaltiges Bauen (DGNB) veröffentlicht und ist speziell auf die Bilanzierung im Gebäudesektor ausgelegt. Die Datenbank basiert, soweit vorhanden, auf konkreten Produktökobilanzdaten einzelner Hersteller oder auf Durchschnittsdatensätzen für einzelne Produktgruppen. Mit zunehmender Verbreitung konkreter Umweltproduktdeklarationen werden diese die Durchschnittsdatensätze ersetzen. Bisher ist die Datenbank auf etwa 800 Datensätze angelegt und damit die umfassendste frei zugängliche Datenbank in Deutschland. Ökobau.dat ist auf der Internetseite des BMVBS verfügbar. Die Anbindung an das IBU garantiert eine ständige Aktualisierung der Datensätze. Die Europäische Union veröffentlicht über die European Platform on Life Cycle Assessment (ELCD) auf eigenen Internetseiten Datensätze auf Sachbilanzebene und Hintergrundinformationen zu Produktökobilanzen. Auch wenn die Datenbank laufend ergänzt wird, ist bei der Verwendung zu beachten, dass bestimmte Datensätze teilweise über zehn Jahre alt sein können und unterschiedliche regionale Bezugsgrößen (Deutschland, Europa) haben, was deutliche Unterschiede der Ergebnisse nach sich ziehen kann. Neben öffentlich zugänglichen Datenbanken sind einige Datensätze nur von kommerziellen Anbietern verfügbar. Solche teilweise ebenso baubegleitend beratende Unternehmen können auch Ökobilanzen erstellen, wenn kein Datensatz in einer öffentlichen Datenbank existiert. Nicht zuletzt aus Kostengründen wird dies jedoch im Planungsprozess die Ausnahme bleiben. Datenlage bei Kunststoffen Die Kunststoffindustrie hat bereits Mitte der 1990er-Jahre über ihren Branchenverband Plastics Europe sogenannte Ökoprofile für eine ganze Reihe von Vorprodukten und Produkten aus verschiedenen Kunststoffen veröffentlicht.
Umweltwirkungen von Kunststoffen Massivplatten (1 m2) PVC Dicke Gewicht Primärenergie (nicht ern.) Primärenergie (ern.) Treibhauspotenzial (GWP) Ozonabbaupotenzial (ODP) VersaueEutrophiebodennahe LebensrungsrungsOzonbildung dauer potenzial (AP) potenzial (EP) (POCP) [mm] [kg] [MJ] [MJ] [kg CO2-Äq.] [kg R11-Äq.] [kg SO2-Äq.] [kg PO4-Äq.] [kg EthenÄq.] [a] 10 12,2 961,36 15,62 42,21 3,25 · 10-6 0,0760 0,00754 0,02050 30 – 50 -6 UP 10 20 ,0 1820,00 17,00 89,80 3,42 · 10 0,1620 0,02600 0,02340 32 – 50 PC 10 12,0 1848,00 28,92 94,20 6,01 · 10-6 0,1656 0,02040 0,02388 33 – 50 PMMA (extrudiert) 10 11,9 1654,10 18,09 79,73 3,83 · 10-6 0,2106 0,01880 0,03987 34 – 50 Glas 10 25,0 350,00 2,00 22,00 7,08 · 10-7 0,1602 0,02250 0,01325 35 – 50 2 Stegplatten (1 m ) Wärmedurchgangskoeffizient [W/m2K] PVC (d =16 mm) 2,7 2,8 220,64 3,58 9,69 7,45 · 10-7 0,0174 0,00173 0,00470 30 – 50 PC (d =16 mm) 2,4 2,8 431,20 6,75 21,98 1,40 · 10-6 0,0386 0,00476 0,00557 30 – 50 -6 PMMA (extrudiert, d =16 mm) 2,5 5,0 695,00 7,60 33,50 1,61 · 10 0,0885 0,00790 0,01675 30 – 50 U-Glas (doppelschalig, d =16 mm) 2,8 36,4 509,60 2,91 32,03 1,03 · 10-6 0,2333 0,03276 0,01929 40 – 70 Dämmplatten (1 m2) Wärmedurchgangskoeffizient [W/m2K] XPS (d = 14 cm) 0,25 3,5 404,74 3,51 13,12 7,55 · 10-7 0,0293 0,00298 0,01287 25 – 45 EPS (d = 14 cm) 0,25 2,1 191,66 0,90 6,41 1,97 · 10-7 0,0136 0,00147 0,00220 25 – 45 PUR (d = 10 cm) 0,25 3,0 304,00 4,93 14,73 2,41 · 10-7 0,0467 0,00479 0,00780 25 – 45 Holzfaserplatte (d = 16 cm) 0,24 22,4 717,47 582,56 2,24 7,24 · 10-7 0,0970 0,01319 0,01044 25 – 45 Abdichtungsfolien (1 m2) Fläche [m2] PE-Unterspannbahn (gewebeverstärkt) 1 0,14 12,99 0,21 0,65 2,18 · 10-8 0,0017 0,00020 0,00034 n.e. PP-Unterspannbahn 1 0,13 11,23 0,16 0,44 1,30 · 10-8 0,0011 0,00015 0,00015 n.e. -7 PVC-Dachbahn mit Glasflies (d = 1,8 mm) 1 2,30 226,55 5,08 13,55 4,00 · 10 0,0455 0,00453 0,00644 20 – 40 EVA-Dachbahn (d = 1,5 mm) 1 1,87 184,38 1,71 6,55 3,50 · 10-7 0,0114 0,00106 0,00337 30 EPDM-Dachfolie (d = 1,1 mm) 1 1,40 162,40 1,00 6,16 1,75 · 10-7 0,0104 0,00112 0,00342 50 Bitumen-Dichtungsbahn (d = 4 mm) 1 4,70 165,91 0,69 2,27 1,13 · 10-7 0,0097 0,00084 0,00146 20 – 40 Rohre (pro m) Durchmesser (DN) PVC-Abwasserrohr 100 mm 1,620 109,19 1,63 5,83 n.e. 0,0251 0,00212 0,00211 35 PE-Abwasserohr 100 mm 1,430 136,71 1,52 4,34 3,12 · 10-7 0,0085 0,00077 0,00159 35 PP-Abwasserrohr 100 mm 0,938 85,55 0,82 2,68 1,68 · 10-7 0,0052 0,00047 0,00088 35 Edelstahl-Abwasserrohr 100 mm 2,850 193,52 24,11 14,43 1,22 · 10-6 0,0804 0,03734 0,00476 40 PVC-Trinkwasserleitung 1" 0,220 14,83 0,22 0,79 n.e. 0,0034 0,00029 0,00029 25 – 40 PE-Trinkwasserleitung 1" 0,167 15,97 0,18 0,51 3,64 · 10-8 0,0010 0,00009 0,00019 25 – 40 PP-Trinkwasserleitung 1" 0,246 22,44 0,22 0,70 4,40 · 10-8 0,0014 0,00012 0,00023 26 – 40 Kupferrohr 1" 0,756 21,47 1,23 1,48 1,85 · 10-7 0,0078 0,00076 0,00059 27 – 40 Bodenbeläge (1 m2) Fläche [m2] PVC 1 111,00 1,83 5,48 4,17 · 10-7 0,0201 0,00155 0,00393 15 – 25 Linoleum 1 89,90 57,90 0,74 6,43 · 10-7 0,0532 0,01050 0,00280 15 – 25 -27,00 0,40 0,81 -6,50 · 10-8 0,0010 0,00010 0,00010 – Entsorgung Verbrennung Kunststoff in Müllverbrennungsanlage – 1 Ökobilanzen für funktionelle Einheiten nach Werten der Datenbank ökobaudat 2009 (Cradle to gate. Deutschland 2009). Zusätzlich Entsorgungsdatensatz zur eigenen Berechnung. C 7.7 127
Umweltwirkungen von Kunststoffen kompakt, 8 Einheiten nicht kompakt, 8 Einheiten 30% Zunahme Leichtbau 20 kWh / m2EBFa 19% Zunahme 15 % Zunahme Massivbau 26kWh/m2EBFa 23 kWh / m2EBFa Die Methode der Ökoprofile basiert ebenso wie die Ökobilanzen auf DIN EN ISO 14 040. Dabei handelt es sich um Durchschnittsdatensätze auf Sachbilanzebene, die unter Einbeziehung der jeweiligen Produzenten erstellt wurden. Die Datensätze stehen über die ELCD-Datenbank der Europäischen Union zur Verfügung. Aktuell werden die Daten überarbeitet und die Darstellung an das EPD-Format angepasst. Vergleich mit Ökobilanzdaten 31 kWh / m2EBFa 35% Zunahme C 7.8 C 7.8 Vergleich der grauen Energie von Leichtbauten (Holzsystembau) und Massivbauten (Mauerwerks- und Betonbau) bei kompakter und nicht kompakter Bauweise C 7.9 konstruktive Optimierung des Tragsystems einer Gebäudehülle, Oval am Baseler Platz, Frankfurt am Main (D) 2004, Albert Speer & Partner C 7.10 Fassadenhaut der Unilever Hauptzentrale, Hamburg (D) 2009, Behnisch Architekten C 7.11 Verwaltungs- und Betriebsgebäudes der Remscheider Entsorgungsbetriebe, Remscheid (D) 2006, Architektur Contor Müller Schlüter a Ökobilanzen der Fassade b konstruktive Optimierung der Gebäudehülle durch Stegplatten C 7.9 Aufgrund unterschiedlicher physikalischer Eigenschaften von Produkten ist ein Vergleich über die Masse oder das Volumen in der Regel nicht aussagekräftig. Im Rahmen einer ganzheitlichen Planung ist für Architekten und Ingenieure vor allem der Vergleich von bauphysikalisch gleichwertigen Konstruktionen von Interesse, die deutliche ökologische Unterschiede ausweisen können. Dieser Vergleich muss analog zu der in DIN EN ISO 14 040 beschriebenen Ökobilanzmethodik auf der Grundlage einer funktionellen Einheit erfolgen, beispielsweise 1 m2 Außenwand mit gleichem U-Wert oder ein Rohr von 1 m Länge. Abb. C 7.7 (S. 127) zeigt Ökobilanzen unterschiedlicher Kunststoffe nach Anwendungsgebiet und funktionellen Einheiten. Dabei sind Textilien für den Membranbau bewusst nicht aufgenommen, da hier aktuell noch keine belastbaren Ökobilanzen öffentlich verfügbar sind (Stand Mai 2010). Ökobilanzen und Nachhaltigkeitszertifizierung Letztlich ist in der Architektur das Gebäude die übergeordnete funktionelle Einheit. Um diese Gesamtleistung zu fassen, werden seit Anfang der 1990er-Jahre weltweit Bewertungssysteme mit länderspezifischen Schwerpunkten zur Kennzeichnung der Nachhaltigkeit von Gebäuden entwickelt. Zu den meistverbreiteten Systemen gehören LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) aus den USA und BREEAM (BRE Environmental Assessment Method) aus Großbritannien. Die Umweltwirkungen von Baustoffen gehen dabei in jedem System in die Bewertung ein, jedoch mitunter auf unterschiedliche Art und Weise. Das Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (DGNB), in den Jahren 2007 und 2008 entstanden, schreibt als eines der ersten Zertifizierungssysteme vor, den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes unter anderem in Form einer Gebäudeökobilanz zu betrachten. Grundlage für die Gebäudeökobilanz im deutschen Gütesiegel bilden die EPDs der einzelnen Bauprodukte. Die Umweltwirkung der Gebäudekonstruktion und damit auch die Ökobilanzierung von Bauprodukten rücken dadurch in den Fokus von Planern, Nutzern und Investoren. Beeinflussung der Ökobilanz im Lebenszyklus von Kunststoffen Kunststoffe verfügen im Verhältnis zu vielen anderen bauüblichen Materialien bezogen auf ihr Gewicht über hohe Umweltwirkungen C 7.10 128 (Abb. C 7.5, S. 126). Diese Werte relativieren sich jedoch häufig, wenn sie auf eine funktionelle Einheit bezogen werden (Abb. C 7.7, S. 127). Ein Vergleich von Glas und Kunststoff in einer Fassade (Bezugsgröße 1 m2) zeigt, dass eine Stegplattenfassade im Vergleich zur Glasfassade sogar geringere Umweltwirkungen aufweisen kann (Abb. C 7.6, S. 126). Dies liegt insbesondere an den unterschiedlichen Materialmassen. Allerdings sind bei solchen Gegenüberstellungen die entsprechenden Materialleistungen, z. B. in Ausblick und Durchsicht, nicht immer absolut vergleichbar. Gleichzeitig bieten sie ggf. auch Hinweise auf eine materialgerechte Planung und Gestaltung. Kunststoffe können im Verhältnis zu vielen anderen Materialien ähnliche Leistungen bei geringerem Gewicht erzielen. Dies schlägt sich grundsätzlich positiv auf die jeweilige Ökobilanz nieder. Als übergeordnetes Ziel in der Gebäudeplanung lässt sich laut Untersuchungen zum Thema Umweltwirkungen die Materialminimierung feststellen (Abb. C 7.8). [4] Diese kann jedoch auf unterschiedliche Art und Weise durch Parameter wie konstruktive Intelligenz, Funktionsintegration oder Leistungsanpassung des Kunststoffs erreicht werden. Dabei ist es bei jedem Projekt erneut notwendig, den Betrachtungsrahmen in Abhängigkeit zu Tragstruktur und der funktionalen Leistung bewusst zu wählen. Konstruktive Intelligenz Konstruktive Intelligenz basiert auf einer technischen und statischen Betrachtung der Bauaufgabe. Dabei rücken z. B. folgende Aspekte in den Blickpunkt: • Tragsystem • Material des Tragsystems • Fügetechnik • Eigenlast Über diese Aspekte lässt sich auf unterschiedlichen Ebenen die architektonische Materialminimierung erschließen. Konstruktiv optimierte Produktsysteme Zunächst kann für eine Bauaufgabe ein selbst konstruktiv optimiertes Produkt eingesetzt werden. Am Beispiel einer Fassade aus Stegplatten (Stegplatte mit geklemmter, linienhafter Lagerung auf metallischer Unterkonstruktion) lassen sich dabei die Zusammenhänge erläutern: Die Platte erzeugt grob geschätzt 40 % der Umweltwirkungen der funktionellen Einheit (D) und bestimmt damit als Produkt in der Regel die Ökobilanz. Kann die Kunststoffplatte selbst statische Leistungen übernehmen und bedarf es keiner weiteren tragenden Unterkonstruktion, reduzieren sich die Umweltwirkungen der funktionellen Einheit. In der Regel gilt dies auch dann, wenn die Plattenstärke für die statische Leistungserbringung vergrößert werden muss. Dieser Vorteil wirkt besonders bei Flächen über mehrere Geschosse und wird technisch begrenzt durch die maximal frei tragende
Treibhauspotenzial (kg CO2-Äq./Gesamtmaßnahme) Umweltwirkungen von Kunststoffen 50 000 40 000 44 773 kg 149 % 40 385 kg 134 % 35 752 kg 119 % 30 082 kg 100 % 30 000 20 000 10 000 0 Masse: Profilglas Polycarbonat PMMA GFK (Epoxidharz) 19 468 kg 3634 kg 3677 kg 6421 kg a Spannweite der Platte. Eine umweltwirkungsbezogene Optimierungsebene entsteht durch den konstruktiven Aufwand für Anschluss- und Haltepunkte. Eine möglichst detailfreie, flächige Verwendung reduziert hierbei die Graue, im Material gebundene Energie. So können z. B. Stegplatten, die nur einachsig gelagert sind, Materialaufwendungen in der Konstruktion verringern und damit die Umweltwirkungen reduzieren. Auf der Bauteilebene lässt sich die komplexe Thematik z. B. anhand von Fensterrahmen aufzeigen. Holz- und Kunststofffenster haben einen deutlich geringeren Wärmedurchgang als Metallfenster. Im Vergleich zu Holz liegen die Vorzüge von Kunststofffenstern in der einfachen Bearbeitbarkeit des Materials und dem geringen Materialanteil, was zu einer hohen Kosteneffizienz führt. Im Gegenzug kann Holz durch seine bessere aussteifende Wirkung teilweise mit geringeren Rahmenbreiten verarbeitet werden, was die effizientere Nutzung solarer Energie für die passive Gebäudebeheizung zur Folge hat. Letztlich ist hierbei also der Verglasungsflächenanteil am Gesamtfenster bei gleichwertigem Uf-Wert einer der aussagekräftigsten Parameter für den Planer. Als Bestandteil des Baukörpers treten in diesem Zusammenhang auch chemische Funktionswerkstoffe in den Vordergrund. Sie ermöglichen beispielsweise die partielle Erhöhung der Speicherkapazität des Gebäudes (z. B. über Latentwärmespeicher) oder die Veränderung des Dampfdiffusionsverhaltens (feuchtevariable Folien). Entsteht dadurch z. B. eine Fassadenkonstruktion, bei der einzelne Schichten überhaupt nicht mehr notwendig sind, so führt dies in der Regel zu umweltwirkungsbezogenen Einsparungen. Materialsparende Tragsysteme Ein Standardprodukt wird vom Hersteller in der Regel überdimensioniert, da es durch vielfältige Einsatzmöglichkeiten einen breiten Markt erschließen soll. Dem gegenüber stehen dem Bauwerk angepasste, materialsparende Tragsysteme, die eine Optimierung bereits in der Planungsphase ermöglichen. Im Kunststoffbereich gehen Folienkonstruktionen hinsichtlich Materialeffizienz bis an die Grenze der Opti- b mierung. Bei Foliengewichten von 170 g/m2 lassen sich mit unter 0,5 kg / m2 thermische Trennschichten zum Außenraum errichten. Dabei bestimmt die notwendige Unterkonstruktion in der Regel die Ökobilanz weit mehr als die Membran selbst. Die Frage bei einer solchen Optimierung ist, ob so die ökologischen Wirkungen tatsächlich reduziert oder nur verschoben werden. Als Beispiel lässt sich das Münchener Olympiastadion heranziehen: Die leicht wirkende Architektur wird erst durch hohe Massen in den Fundamenten möglich, die maßgeblich die Ökobilanz des Bauwerks bestimmen. Nur durch geschickt gewählte Konstruktionen, in denen sich Kräfte kurzschließen, kann eine solche Wirkung auch konstruktiv »leicht« und folglich mit geringen Umweltwirkungen umgesetzt werden (Abb. C 7.9). Der Effekt wirkt auf unterschiedlichen Maßstäben, z. B. auch auf der Bauteilebene: Untersucht man beispielsweise die Umweltwirkung einzelner Dachkonstruktionen, kann es dazu kommen, dass nicht mehr die funktionale Schicht selbst, sondern vielmehr die Detailund Anschlusslösungen (Anschlüsse, Eckdetails, Regenwasserführung etc.) ökobilanztechnisch maßgeblich sind. [5] Dies gilt auch auf Materialebene, da Kunststoffe selbst durch unterschiedliche Zusammensetzungen eine projektbezogene Veränderung der Eigenschaften und damit die Anpassung an technische Bedarfe zulassen. So ermöglichen beispielsweise Faserzusätze zwar eine höhere Steifigkeit des Kunststoffs, erzeugen jedoch ein Verbundmaterial, dessen Trennung in die ursprünglichen Bestandteile zur sortenreinen Wiederverwendbarkeit eingeschränkt ist. Ähnlich verhält es sich bei spezifischen Beschichtungen, die z. B. zur Erhöhung der UV-Stabilität eingesetzt werden. Funktionsintegration Kunststoffe eignen sich gut zu einer Funktionsüberlagerung, d. h. der Erfüllung verschiedener funktionaler Leistungen durch nur ein Bauteil. Die beiden Hauptanwendungsgebiete für eine solche Gestaltung sind Nutzoberflächen und Fassaden. In der Fassade beeinflussen Kunststoffe z. B. Luftfeuchte, Wärmehaushalt, Beleuchtung oder Energieerzeugung. Laut For- C 7.11 schungen führt ein gebäudebezogen geringer Technisierungsgrad, also ein im Verhältnis zum Gesamtgebäude geringer Anteil von Gebäudetechnik, insgesamt zu reduzierten Umweltwirkungen und Betriebskosten. [6] Die Verwendung von Technik (z. B. nachstellbare Sonnenschutzlamellen) ist also energetisch und bezüglich der Umweltwirkung in der Regel weniger effektiv als eine Lösung durch den Baukörper (z. B. Eigenverschattung durch Überstände). Am Beispiel des Verwaltungs- und Betriebsgebäudes der Remscheider Entsorgungsbetriebe konnte nachgewiesen werden, dass bei Verwendung eines konstruktiv optimierten Produktsystems bei gleichzeitiger Funktionsüberlagerung der ressourcentechnische Vorteil bis zu einem Faktor zehn gesteigert werden konnte und damit eine Kostensenkung von bis zu 50 % möglich ist (Abb. C 7.11). Die genaue Höhe der Einsparungen basiert auf den Fassadenabmessungen, Auflager- und Anschlusspunkten sowie dem Unterkonstruktionsbedarf. [7] Besonders materialeffizient wird eine solche Konstruktion dann, wenn durch die Fassade eine zusätzliche Dämmung nicht mehr notwendig ist, d. h. wenn konstruktive Intelligenz und Funktionsintegration einhergehen. Hierbei überlagern sich ökonomische und ökologische Vorteile. Optimierte Funktionserfüllung Da die Betriebsphase eines Gebäudes (bei einem Betrachtungszeitraum von 50 Jahren) einen Anteil von etwa 75 % [8] der Gesamtökobilanz ausmacht, führt eine verbesserte Funktionserfüllung unmittelbar zu einer deutlichen Verbesserung der Umweltwirkungen eines Gebäudes. Ein reduzierter Energiebedarf im Gebäudebetrieb kann daher gegebenenfalls wirkungsvoller sein als die Einsparungen durch alle anderen Maßnahmen. Als dämmende und energiegewinnende Gebäudehülle wirken sich besonders transparente und transluzente Kunststoffe positiv auf die Gesamtökobilanz aus. Die Fassade hat dabei einerseits die Aufgabe, zusätzliche Energiequellen für das Gebäude zu erschließen (z. B. als mikroklimatische Hülle, Luftkollektor oder technische Unterstützung von Gebäudetechnik mit 129
Umweltwirkungen von Kunststoffen PEI nicht erneuerbar [GJ] Prozesswärme), andererseits diesen Energiefluss möglichst bedarfsgerecht zu erzeugen (z. B. über selektive Reflexion, Sonnenschutzoder Blendschutztechnologien) (Abb. C 7.10, S. 128). Daher ist bei Kunststoffen (wie bei Verglasungen) im Fassadeneinsatz besonders der g- und U-Wert anzupassen. Die Mindest-UWerte der EnEV 2009 sind dabei für transparente und transluzente Kunststoffprodukte und besonders Membranen als hoch einzuschätzen. Dafür bieten Kunststoffe in der Regel entsprechend hohe g-Werte, sodass diese durch erhöhte passive Solarenergienutzung den Energiebedarf reduzieren können. Weil gleichzeitig die Überhitzungsgefahr im Gebäude steigt, sind letztlich solche Kunststoffkonstruktionen von Vorteil, die bedarfsgerecht geregelt werden können oder deren Energie im Bedarfsfall auch wieder an die Umgebung abgegeben werden kann. Besonders zu untersuchen sind Membranen und Folien in pneumatischen Konstruktionen, da hier ein entsprechender U-Wert gegebenenfalls nur durch einen dauerhaften Energieaufwand (z. B. zur mechanischen Lufttrocknung und -druckhaltung) erzielt werden kann. Dies bedeutet, dass technische Leistungen des Materials (z. B. Formhaltigkeit) erst durch einen dauerhaften, technischen Aufwand im Gebäudebetrieb ermöglicht werden (siehe Luftversorgung, S. 192). Im Verhältnis zum jährlichen Transmissionswärmeverlust des Bauteils kann dieser Energiebedarf leicht 10 % ausmachen. 60 50 40 Gesundheitliche Unbedenklichkeit Stegplatte, unbelüftet Konstruktionen mit mechanischer Lufthaltung 30 Gebläseleistung 3W/m² 20 10 0 15 Bei der Verwendung von Kunststoffen können besonders von Nutzoberflächen Gesundheitsrisiken ausgehen. Dabei kann die Übertragung von Schadstoffen aus Kunststoffen auf zwei GebläseWegen erfolgen: leistung 0,4W/m² Zum einen besteht die Möglichkeit, dass Kunststoffe Schadstoffe in die Umgebungsluft emittieren, die dann über die Atemluft vom Menschen aufgenommen werden. Hierbei sind insbesondere Volatile Organic Compounds (VOC) zu nennen. Diese chemische Stoffgruppe be30 45 schreibt flüchtige organische Verbindungen, Zeit [a] die über einen langen Zeitraum aus dem MateC 7.12 rial ausgasen können. Sicherheiten für den Planer ergeben sich hier nur aus spezifischen Tests, die je nach Produktgruppe in Umweltkennzeichnungen Typ I wie dem Blauen Engel, EMI Code oder Euroblume hinterlegt sind. Produktbezogene Typ III Umweltdeklarationen müssen solche Hinweise ebenso enthalten. Andererseits wird in jüngster Zeit die direkte Aufnahme von Schadstoffen aus Kunststoffen diskutiert. Beispielsweise wurde die Verwendung von Bisphenol A (BPA), eine östrogen wirkende Chemikalie, in den USA und Kanada bei der Produktion von Schnullern freiwillig von Herstellern eingestellt, während die EU die Grenzwerte für Bisphenol A gelockert hat. Die Bewertung gesundheitlicher Unbedenklichkeit von Produkten verändert sich mit dem Stand C 7.13 130 Die solaren Wärmegewinne durch das Bauteil müssen hingegen positiv angerechnet werden. Nicht immer wiegen jedoch die materialbezogenen reduzierten Umweltwirkungen diese zusätzlichen Umweltwirkungen im Betrieb auf. Energetisch deutet sich hier also eine Optimierungsgrenze an, an der eine weitere Materialminimierung nicht mehr sinnvoll ist, da die Umweltwirkungen nicht mehr verringert, sondern nur noch verschoben werden (Abb. C 7.12). Mechanisch belüftete Konstruktionen eignen sich daher energetisch besonders für Bauten mit kurzen Lebenszyklen (Abb. C 7.1, S. 124). Bei längeren Lebenszyklen können solaraktive Membranen als integrales, energieerzeugendes Bauteil wirken und so den Energiebedarf deutlich reduzieren (Abb. C 7.13). Es gibt keine allgemeingültige Definition, wie sich solche integralen Materialleistungen z. B. in der Ökobilanzierung ausweisen lassen. Letztlich muss das Planungsteam im Gebäudekontext über statische oder dynamische Simulationen prüfen, ob und wann sich ein gebäudelebenszyklusbezogenes Optimum einstellt. Ein entscheidender Vorteil von Kunststoffen liegt in ihrem weitgehend geschlossenen Herstellungskreislauf in der produzierenden Industrie. Individualisierte Massenfertigung ermöglicht eine angepasste Gestaltung ohne nennenswerten zusätzlichen Materialverbrauch (z. B. durch Verschnitt). Die heutige digitalisierte Projektbearbeitung fungiert hierbei als neuartige Kommunikationsschnittstelle zwischen Planer und Hersteller, die einen kreativen planerischen Umgang besonders herausfordert. der Forschung. Auch solche noch unbelegten Gefährdungspotenziale sind in einer Typ III Umweltdeklaration darzustellen. Dauerhafter Materialeinsatz Kunststoffe verfügen in der Regel über eine mittlere Dauerhaftigkeit. Diese ist abhängig von der Art der Anwendung, den auftretenden Umwelteinflüssen und dem verwendeten Kunststoff. Die Prognose für die Lebensdauer von Membranen liegt aktuell bei 25 – 30 Jahren [9]. Bei Fluorpolymeren erscheinen auch höhere Werte möglich. Fassaden aus Stegplatten können 30 – 50 Jahre genutzt werden, Kunststofffenster haben eine Dauerhaftigkeit von 40 bis 60 Jahren. Je kürzer die Dauerhaftigkeit ist, desto wichtiger wird im Lebenszyklus die Wiedergewinnung der materialgebundenen Energie. Der verstärkte Einsatz sortenreiner Kunststoffe führt hier zu einer besseren Recycelbarkeit. Der Planer kann dabei besonders durch reversible Konstruktionen positiv auf die Ökobilanz einwirken. Verwertung von Kunststoffen Obwohl nur etwa 4 % des geförderten Erdöls zu Kunststoffen verarbeitet werden, wird ihre Herstellung durch zunehmende Ressourcenknappheit auch in Zukunft von der Wiederverwendung vorhandener Primärprodukte abhängen. Grundsätzlich sind unterschiedliche Verwertungsmöglichkeiten für Kunststoffe möglich (Abb. C 7.14): • Wiederverwendung • werkstoffliches Recycling (Rezyklat) • rohstoffliches Recycling (Monomere, Gas, Öle) • thermische Verwertung Wiederverwendung Die Wiederverwendung einmal hergestellter Produkte bietet generell die umweltbezogen beste Lösung. Die thermische Verwertung hingegen sollte möglichst vermieden werden, da hier die Ressource unwiederbringlich verloren geht. Die theoretische Wiederverwertbarkeit und ihre praktische Umsetzung spielen daher bei Kunststoffen eine besonders wichtige Rolle. Architekten bestimmen somit durch vorausschauende Planung und Materialwahl die Möglichkeit der Nachnutzung sowie des Recyclings von Kunststoffen. Werkstoffliches Recycling Als werkstoffliches Recycling bezeichnet man die Aufbereitung von Altkunststoffen zu neuen Kunststoffrohprodukten, sogenannten Rezyklaten. Die Polymerketten bleiben dabei erhalten und werden zur Herstellung des neuen Produkts verwendet, der Kunststoff wird umgeformt. Daher lassen sich nur thermoplastische Kunststoffe werkstofflich recyceln. Sie werden zunächst zerkleinert, sortiert und gewaschen. Anschließend wird das Mahlgut getrocknet, eingeschmolzen und zu Regranulat weiterverarbeitet. Bei Duroplasten und Elastomeren sind
Umweltwirkungen von Kunststoffen die Polymere irreversibel vernetzt. Diese Kunststoffe können im Sinn eines werkstofflichen Recyclings gemahlen und als Füllstoff verwendet werden (Partikelrecycling). Kunststoffabfälle sind nicht vollkommen sortenrein trennbar und stets mit Füllstoffen und Additiven versetzt. Das aus werkstofflichem Recycling gewonnene Rezyklat besitzt daher in der Regel eine schlechtere Qualität als der Originalkunststoff. Zudem werden die Polymere während des Recyclingprozesses in ihrer Struktur verändert, die Polymerketten verkürzen sich. Bei der Herstellung von Kunststoffprodukten aus hundertprozentigem Rezyklat ergeben sich daher bereits nach drei Verarbeitungszyklen Veränderungen in den Bauteileigenschaften, nach fünf Zyklen treten erhebliche Schädigungen auf, die alle Komponenten (Polymerketten, Stabilisatoren, Farben, Flammschutzmittel etc.) des Verbundstoffs (Compound) betreffen. Rezyklate werden daher oft nicht rein verwendet, sondern mit neuen Kunststoffen gemischt. Aber auch deren Beimischung beeinflusst die Qualität des neuen Produkts, weshalb der Rezyklatanteil nicht unbegrenzt gesteigert werden kann. Beim Spritzgießen können z. B. 5 % Rezyklat eingesetzt werden, ohne dass sich die Qualität des Kunststoffprodukts verändert. [10] Aufgrund der abgewandelten Eigenschaften des Rezyklats handelt es sich beim werkstofflichen Recycling genau genommen um ein sogenanntes Downcycling. Nur wenige Kunststoffe wie z. B. Polyethylenterephthalat (PET) können ohne einen Qualitätsverlust werkstofflich wiederverwertet werden. Die Produktentwicklung beeinflusst maßgeblich die Voraussetzungen für ein werkstoffliches Recycling. Folgende Faktoren, die dies ermöglichen bzw. vereinfachen, sollten bei der Planung von Gebäuden berücksichtigt werden: • Reduktion der Kunststoffvielfalt im Gebäude. Die große Anzahl verschiedener Kunststoffe führt bei der Trennung der Kunststoffabfälle zu erhöhtem Aufwand und Kosten. • Verwendung möglichst reversibler Verbindungen, die einen leichten Austausch der Kunststoffbauteile ermöglichen (recyclinggerechte Konstruktion). • Bei nicht trennbaren Konstruktionen müssen weitgehend verträgliche Kunststoffe eingesetzt werden, z. B. Polycarbonat (PC) und Acrylnitrilbutadienstyrol (ABS). • Genaue Dokumentation und/oder Kennzeichnung der Kunststoffe. Sie kann beispielsweise nach den Vorgaben von DIN 11 469 direkt auf dem Bauteil angebracht sein (RecyclingCode). Des Weiteren erleichtern auch spezielle Marker im Kunststoff (z. B. Fluoreszenzfarben) eine spätere sortenreine Trennung. • Vermeidung von Lackierungen Rohstoffliches Recycling Rohstoffliches Recycling bezeichnet die chemische Zerlegung der Makromoleküle und die Verwendung der Bruchstücke in neuen Synthesen. Monomerrecycling Beim Monomerrecycling werden die Polymere in ihre chemischen Grundbausteine zerlegt (depolymerisiert). Grundsätzlich lassen sich diese Monomere anschließend mithilfe von Katalysatoren erneut polymerisieren. Acrylharze (z. B. PMMA) können thermisch depolymerisiert werden. Der Prozess wird durch Additive (z. B. Pigmente) und Verschmutzungen nicht beeinflusst. Bei PMMA können die so gewonnenen MMA-Monomere wieder für andere Compounds wie Vergießharze verwendet werden. Bei einigen Polymeren (z. B. Polyurethan – PUR) werden die Monomere bei der Depolymerisation modifiziert, sodass daraus neu polymerisierte Produkte mit anderen Eigenschaften entstehen. Bei PUR ist es beispielsweise nicht möglich, aus Weichschaumabfällen durch Monomerrecycling erneut Weichschäume herzustellen. Für ein Monomerrecycling müssen die Kunststoffe sortenrein vorliegen. Problematisch ist bei hochwertigen Kunststoffen die Sicherstellung eines ausreichenden Rücklaufanteils, damit überhaupt ein wirtschaftlich rentables Recyclingsystem entstehen kann. Petrochemische Verwertung Aufgrund ihrer chemischen Verwandtschaftzu Mineralöl können Kunststoffabfälle in petrochemischen Prozessen als Rohmaterial eingesetzt werden und somit zur Einsparung von Mineralöl beitragen. Die Kunststoffe werden gereinigt, zerkleinert und anschließend direkt im Mineralölstrom den Anlagen zugeführt. Um Schäden (z. B. Korrosion) an den Anlagen zu vermeiden, sollten die Abfälle keine Schwermetalle und höchstens Spuren von Chlor enthalten. Dies ist vor allem bei einem hohen PVC-Anteil (z. B. bei Verpackungsmüll) nicht immer gegeben. Die petrochemische Verwertung eignet sich besonders für kleinteilige, verschmutzte Produkte unterschiedlichen Aufbaus oder Zusammensetzung, bei denen die Sortierung für eine werkstoffliche Verwertung nicht möglich oder zu aufwendig ist. Thermische Verwertung Bei der thermischen Verwertung werden Kunststoffabfälle in Müllverbrennungsanlagen verbrannt. Die im Kunststoff gespeicherte Energie wird freigesetzt und für die Wärmeund Stromproduktion genutzt. Die Kunststoffabfälle ersetzen in diesem Fall andere Energieträger und mindern somit den Verbrauch fossiler, nicht regenerativer Energiequellen. Polymere haben aufgrund ihrer Herstellung einen ähnlich hohen Brennwert wie Erdöl oder Erdgas. Durch die thermische Verwertung wird die enthaltene Energie im Gegensatz zur Deponierung zwar genutzt, für eine weitere Verwendung stehen die Kunststoffabfälle aber nicht mehr zur Verfügung. Diese Verwertung sollte daher immer die letzte Alternative darstellen. Monomer aus Primärproduktion Kunststoffgranulat Kunststoffbauteil Gebäude Wiederverwertung werkstoffliches Recycling rohstoffliches Recycling thermische Verwertung Energie C 7.14 Anmerkungen: [1] Köpfler, Walter; Grahl, Birgit: Ökobilanzierung. Ein Leitfaden für Ausbildung und Beruf. Weinheim 2009, S. 30 [2] Institut Bauen und Umwelt (IBU): Leitfaden für die Formulierung der Anforderungen an die Produktkategorien der AUB Deklarationen (Typ III), 2006 [3] http://www.bau-umwelt.de, 20.08.2010 [4] Preisig, Hansruedi: Massiv- oder Leichtbauweise? In: TEC21, Heft 42/2002, S. 17 [5] Hegger, Manfred; u.a.: Baustoff Atlas. München 2005, S. 101 [6] Sigg, René; Kälin, Werner; Plattner, Hugo: LUKRETIA – Lebenszyklus – Ressourcen – Technisierung. In: 14. Schweizerisches Status-Seminar Energieund Umweltforschung im Bauwesen, Zürich 2006, S. 390 [7] Müller, Michael; u. a.: Forschungsbericht: Ökologische /Ökonomische Bewertung zweier Fassadenkonzepte – Glasfassade versus Kunststofffassade. Remscheid 2007, S. 68ff. [8] http://www.dgnb.de, 20.08.2010 [9] LeCuyer, Annette: ETFE – Technologie und Entwurf. Basel / Boston / Berlin 2008, S. 35 [10] Hellerich, Walter; Harsch, Günther; Haenle, Siegfried: Werkstoffführer Kunststoffe. München 2004, S. 54 C 7.12 Primärenergieverbrauchsentwicklung von Pneumatischen Konstruktionen mit mechanscher Lufthaltung im Vergleich zu einer nicht mechanisch belüfteten Konstruktion C 7.13 Sonnenschutzsystem in Form einer dreilagigen Folie (technische Herstellerangabe: Lichtdurchlässigkeit von 5 bis 50 %) C 7.14 Möglichkeiten des Recyclings von Kunststoffen nach Recyclingart 131

Teil D Abb. D Planung und Formfindung 1 Tragwerk und Form Tragsysteme Geometrie leichter Flächentragwerke Zugbeanspruchte Flächentragwerke 134 134 136 138 2 Dimensionierung und Ausführung Berechnung Prüfung und Zulassung Qualitätskontrolle und Arbeitsschutz 150 150 154 156 Nahaufnahme von Seifenblasen 133
Tragwerk und Form D 1.1 Kunststoffe haben aufgrund ihrer geringen Dichte bei gleichzeitig hoher Festigkeit ein besonderes Leichtbaupotenzial. Neben dem reinen Materialleichtbau eignen sie sich durch ihre meist hohe Witterungsbeständigkeit und niedrige Wärmeleitfähigkeit für den Systemleichtbau, bei dem die Konstruktionselemente gleichzeitig Tragwerk und Hülle sein können. Um dieses Potenzial voll ausschöpfen zu können, ist die Planung einer effizienten Tragwerksgeometrie (Strukturleichtbau) von großer Bedeutung. Effizient sind Tragwerke dann, wenn sie mit möglichst wenig Materialaufwand eine hohe Tragfähigkeit und Steifigkeit entwickeln, um äußere Lasten sicher in die Auflager abzuleiten. Die Effizienz eines Tragwerks ist von folgenden Faktoren abhängig: • globale Form = Geometrie • Anordnung der Tragelemente = Topologie • Ausprägung der Tragelemente = Querschnittsform und Materialität D 1.1 D 1.2 D 1.3 D 1.4 134 Membransegel als formaktives Tragwerk, Saudi Arabien 1990, Rasch + Bradatsch Gitterschale aus GFK Rohren, erzeugt durch Biegung ebener Stäbe, Forschungsarbeit, École des Ponts ParisTech GFK-Bögen in einem biegaktiven Tragwerk, Forschungspavillon, Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) Universität Stuttgart Tragwerkstypen 1 Balken 2 Rost 3 Platte 4 Sandwichplatte 5 Koppelbogen, erzeugt durch Biegung ebener Stäbe 6 Gitterschale, erzeugt durch Biegung ebener Stäbe 7 Schale mit gekrümmten Falten, erzeugt durch Biegung ebener Platten 8 Fachwerkträger 9 Raumfachwerk 10 Faltwerk 11 Schale 12 Stützbogen 13 Stabwerkschale nach Umkehrform (Stützlinie) 14 Schale nach Umkehrform (Stützlinie) 15 Seil 16 Seilnetz 17 Membrantragwerk - Faltwerke • formaktive Tragwerke - Seiltragwerke - Membrantragwerke - Bögen und Schalen nach der Umkehrform • hybride Tragwerke - Überlagerung und/oder Kopplung von schnitt- und formaktiven Tragwerken (z. B. unterspannten Träger) - Überlagerung von vektor- und flächenaktiven Tragwerken (z. B. Stabwerksschale) Schnittaktive Tragwerke Tragsysteme Tragwerke, die äußere Lasten hauptsächlich über Biegemomente abtragen, werden als schnittaktiv bezeichnet, da das Biegemoment am aufgeschnittenen Tragwerk als innere Beanspruchungsgröße definiert wird. Solche Tragwerke machen den überwiegenden Anteil der üblichen Tragkonstruktionen aus. Aufgrund des linearen Dehnungsverlaufs zwischen den gegenüberliegenden äußeren Querschnittskanten ist ein Großteil der mittleren Querschnittsbereiche von biegebeanspruchten Balken, Rosten oder Platten nur geringfügig an der Lastabtragung beteiligt. Dem begegnen Sandwichkonstruktionen durch steife Decklagen, die eine Biegebeanspruchung aufnehmen sowie durch einen leichten Kern, der die Decklagen schubsteif verbindet und zur Abtragung der Querkräfte herangezogen wird. Bei biegebeanspruchten ebenen Flächentragwerken (Platten) ist die Flächengeometrie daher beliebig definierbar. Auf Grundlage der verschiedenen Prinzipien der Lastabtragung können Tragsysteme in folgende Kategorien unterteilt werden [1]: • schnittaktive Tragwerke - Balken - Rahmen - Balkenrost - Platten • vektoraktive Tragwerke - Fachwerkbinder - ebene und gekrümmte Fachwerke - Raumfachwerke • flächenaktive Tragwerke - Schalen - Scheiben Biegeaktive Tragwerke Eine Sonderform der schnittaktiven Tragwerke sind gekrümmte Tragwerke, deren Geometrie und Systemsteifigkeit durch elastisches Verformen des Tragelements erzeugt werden. Das Grundprinzip solcher biegeaktiver Tragwerke basiert auf der Formgebung durch Biegung. So entstehen z. B. Gitterschalen, die aus einem ebenen Stabgitter in eine doppelt gekrümmte Schalenform gebogen werden (Abb. D 1.2) oder Schalenformen, die sich durch gekrümmte, in der Fläche liegende Falten ergeben. Der Vorteil dieses Prinzips liegt in der Möglichkeit, komplex gekrümmte Formen aus einfachen geradlinigen oder ebenen Bauteilen zu erzeugen. Abb. D 1.4 zeigt unterschiedliche Tragwerkstypen, die nach der Art der Lastabtragung und ihrer Effizienz unterschieden werden. Die Effizienz der Tragstrukturen steigert sich hierbei ausgehend vom einfachen Biegebalken bis hin zu zugbelasteten Flächentragwerken, die im Mittelpunkt der folgenden Betrachtungen stehen.
Tragwerk und Form D 1.2 Ausreichend dünne Bauteildicken ermöglichen auch sehr kleine Biegeradien und gleichzeitig lassen sich die eingeprägten Biegespannungen auf einem niedrigen Niveau mit ausreichend Resttragfähigkeit halten. Die notwendige Steifigkeit wird durch das Koppeln mehrerer Biegeelemente und deren Biegevorspannung hergestellt (Abb. D 1.3). Vektoraktive Tragwerke Das Fügen von Balken zu einem Fachwerk oder von Platten und Rosten zu einem Raumfachwerk kann die Effizienz des Tragsystems steigern, da die Biegebeanspruchung in Zugund Druckkräfte aufgeteilt wird. Diese Kräfte werden von geradlinigen Stäben abgetragen, die, den Kraftvektoren folgend, ausschließlich axial belastet sind. Durch das Zusammenfügen der Stäbe in einem Dreiecksverband mit gelenkigen Knoten entsteht ein stabiles Tragsystem, in dem jede Komponente entweder zug- oder druckbelastet ist und somit in ihrem Querschnitt an die jeweilige Kraftgröße angepasst werden kann. Durch die volle Ausnutzung des Bauteilquerschnitts ergibt sich im Vergleich zu biegebeanspruchten Konstruktionen ein günstiges Verhältnis von aufnehmbarer Last zum Eigengewicht der Konstruktion. D 1.3 linienförmig flächig zweiachsig einachsig b b Lastabtragung h h l 1 schnittaktiv l l > h, b 2 l≈b>h 3 Biegung + 4 biegeaktiv 5 6 vektoraktiv 8 9 7 Druck Zug Flächenaktive Tragwerke Flächentragwerke, die äußere Lasten kombiniert über axiale Druck-, Zug- sowie Schubspannungen ohne wesentliche Biegeanteile abtragen, werden als flächenaktiv bezeichnet. Die Aktivierung der rein axialen Spannungszustände in der Fläche wird durch deren Ausrichtung entlang des Kraftflusses möglich. Dies gilt für axial belastete Scheiben und für Faltwerke, die äußere Lasten durch schräggestellte Scheiben in axiale Kraftkomponenten aufspalten. Besonders effizient sind gekrümmte Schalentragwerke, die bei entsprechender Lagerung auch lotrecht zur Fläche wirkende Lasten nur über Druck und Zug ohne Biegung abtragen können. Bei überwiegend druckbeanspruchten Schalentragwerken ist jedoch aufgrund eines möglichen Stabilitätsversagens (Knicken oder Beulen) eine volle Ausnutzung der Bauteildicken nicht möglich. 10 flächenaktiv 11 Zug Schub Druck formaktiv 12 13 14 15 16 17 Druck Zug D 1.4 135
Tragwerk und Form Schnittebene r1 K=0 r1=∞ r1 Tangentialebene r1 K<0 r2 K>0 r1 r2 D 1.5 r2 D 1.6 Hauptkrümmungen r1 und r2 und gaußsche Krümmung K gekrümmter Flächen Bildungsprinzipien gekrümmter Flächen D 1.5 Formaktive Tragwerke Kennzeichnend für formaktive Tragwerke ist, dass sie äußere Lasten entweder durch reinen Zug (Seile, Membranen) oder durch reinen Druck (Stützbögen) ohne Schubkräfte und Biegemomente abtragen. Um dies zu leisten, ist es erforderlich, dass die Tragwerksgeometrie an den Kräfteverlauf angepasst wird. Bei veränderlichen äußeren Einwirkungen (z. B. Wind oder Schnee) muss sich auch die Geometrie durch Verformung ändern, daher die Bezeichnung als formaktives Tragwerk. Zugbeanspruchte formaktive Tragwerke gehören zu den effizientesten Tragsystemen, da ein Beulversagen nicht möglich ist. Daher spricht man in diesem Zusammenhang auch von leichten Flächentragwerken. Die Grundprinzipien für die Ausbildung solcher zugbeanspruchter leichter Flächentragwerke werden im Folgenden näher erläutert. Kunststoffe in Tragsystemen Die meisten schnitt- und vektoraktiven Kunststofftragwerke setzen sich aus aneinandergereihten Halbzeugen zusammen und unterscheiden sich dabei nur unwesentlich von konventionellen Stahl- oder Holztragwerken. Stabelemente aus pultrudierten faserverstärkten Kunststoffen können beispielsweise eine vergleichbare Querschnittsform haben wie gängige Stahlprofile (siehe Profile aus faserverstärkten Kunststoffen, S. 84f.) und werden konstruktiv ähnlich eingesetzt. Hierbei ist jedoch auf eine materialgerechte Fügetechnik der Halbzeuge in den Knotenpunkten der Konstruktion zu achten (siehe Verbindungen mit faserverstärkten Kunststoffen, S. 152 und Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen, S. 174ff.). Zu bedenken ist auch, dass Kunststoffe und faserverstärkte Kunststoffe gegenüber Stahl einen geringeren E-Modul aufweisen. Daher müssen größere Querschnitte zur Begrenzung der Verformung gewählt werden, wodurch der ursprüngliche Gewichtsvorteil teilweise verloren geht. Die geringe Steifigkeit bei gleichzeitig hoher Festigkeit kann man sich jedoch beim Einsatz von faserverstärkten Kunststoffen für biegeaktive Tragwerke zunutze machen. Abb. D 1.2 und D 1.3 (S. 135) zeigen Prototypen solcher Trag- 136 werke. Die verwendeten Stäbe werden gerade hergestellt und anschließend in die gekrümmte Form gezwängt. Aus den paarweise zusammengekoppelten Bögen mit verschiedenen Biegeradien ergibt sich ein Gleichgewichtssystem. Wegen des vergleichsweise niedrigen EModuls des GFK entstehen dabei jedoch nur geringe Zwängungspannungen. Die Restelastizität wird für die Vorspannung der Membran genutzt. Frei geformte, großflächige Kunststoffelemente für flächenaktive Tragwerke werden meist als integral geformte Bauteile konstruiert, in die sich weitere Funktionen integrieren lassen. Durch eine doppelte Krümmung der dünnwandigen Formteile kann die Form optimal an die Tragwirkung angepasst werden. Besonders effizient ist auch der Einsatz von Kunststoffen in Sandwichkonstruktionen. Mit faserverstärkten Kunststofflaminaten in den Decklagen und einem leichten Kernmaterial lassen sich sowohl die tragwerkstechnischen als auch bauphysikalischen Anforderungen an eine Gebäudehülle erfüllen (Abb. E 2.36, S. 184). Bisher finden tragende Kunststoffe im Bauwesen hauptsächlich in formaktiven zugbeanspruchten Flächentragwerken Verwendung. Dabei kann die für solche weitspannende Membrantragwerke notwendige Festigkeit und Dauerhaftigkeit überhaupt erst durch den Einsatz von Kunststoff- oder Glasfasergeweben mit Kunststoffbeschichtungen erreicht werden. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang neben der geringen Dichte und hohen Witterungsbeständigkeit auch die Elastizität des Materials (siehe Textile Membranen, S. 49). Je geringer die Steifigkeit, desto größer muss die Dehnung beim Einbringen der Flächenvorspannung sein. Nur ein ausreichendes Maß an Dehnung gewährleistet, dass kleine Geometrieänderungen und eine Relaxation des Materials nicht zu einem signifikanten Abbau der Vorspannung führen. Diese Anforderung lässt sich mit vielen Kunststoffen aufgrund ihrer hohen Bruchdehnung bei gleichzeitig hoher Festigkeit besonders gut erfüllen. Geometrie leichter Flächentragwerke Unter leichten Flächentragwerken versteht man form- oder flächenaktive Tragwerke, die beliebige äußere Lasten überwiegend durch Zugund Druckspannungen in tangentialer Richtung (axial) abtragen. Ein wichtiger Faktor für das Tragverhalten von leichten Flächentragwerken ist die Krümmung der Fläche. Krümmung Die Krümmung einer Fläche lässt sich durch zwei verschiedene Parameter beschreiben: die Hauptkrümmungen und die gaußsche Krümmung. Hauptkrümmung Die Hauptkrümmungen einer Fläche beschreiben die Stärke und Richtung der minimalen und maximalen Krümmung an einem Punkt auf einer Fläche. Sie ergeben sich aus dem Schnitt von Ebenen mit der gekrümmten Fläche. Diese Schnittebenen stehen senkrecht zur Tangentialebene am betrachteten Punkt und sind so ausgerichtet, dass die Schnittlinien die minimalen bzw. maximalen Krümmungsradien (r1, r2) besitzen (Abb. D 1.5). Die Hauptkrümmungen (k1 und k2) entsprechen den Kehrwerten der Krümmungsradien (ki=1/ri). Über das Vorzeichen der Radien lässt sich die Richtung der Krümmung bestimmen. Positive Krümmungen, die sich zum Betrachter wölben, bezeichnet man als konvex, negative, die sich vom Betrachter weg wölben als konkav. Gaußsche Krümmung Die gaußsche Krümmung K ist ein Maß der Flächenkrümmung; aus dem Vorzeichen lässt sich die Art der Krümmung ablesen. Sie ist das Produkt der beiden Hauptkrümmungen k1 und k2. K = k1 ∙ k2 = 1 1 ∙ r1 r2 Für einfach gekrümmte Flächen strebt einer der Krümmungsradien gegen unendlich. Damit ist die gaußsche Krümmung null. Solche Flächen sind in der Ebene abwickelbar. Dies gilt unter anderem für Zylinder- oder Kegelflächen. Bei doppelt gekrümmten Flächen wird zwi-
Tragwerk und Form schen positiver und negativer gaußscher Krümmung unterschieden. Sie ist positiv (K > 0), wenn sich die Mittelpunkte der beiden Hauptkrümmungsradien auf der selben Seite der Fläche befinden. Hier spricht man auch von synklastischer (gleichsinniger) Krümmung. Dies gilt unter anderem für Kuppelschalen und pneumatisch vorgespannte Membranen. Die gaußsche Krümmung ist negativ (K < 0), wenn die Mittelpunkte der Hauptkrümmungsradien auf verschiedenen Seiten der Fläche liegen und somit einer der Radien negativ wird. In diesem Fall wird die Krümmung als antiklastisch (gegensinnig) bezeichnet. Dies gilt z. B. für Sattelflächen mechanisch vorgespannter Membranen. Formgebung Die für eine axiale Lastabtragung notwendige Flächenkrümmung lässt sich durch verschiedene geometrische und physikalische Ansätze erzeugen. Prinzipiell kann zwischen freien, geometrischen und Strukturoptimierungsansätzen unterschieden werden (Abb. D 1.6). Frei geformte Flächen Unter Freiformen versteht man Flächen, die weder physikalischen noch geometrischen Gesetzmäßigkeiten folgen. Mit sogenannte Non Uniform Rational B-Splines (NURBS) lassen sich Freiformen mathematisch beschreiben. NURBS-Flächen und Kurven werden über ihren Grad, gewichtete Kontrollpunkte und KnotenBildung vektoren bestimmt. Durch eine Änderung einzelner dieser Parameter kann die erzeugte Form nahezu beliebig eingestellt werden. Diese Art der grafischen Datenverarbeitung durch Splines, deren Kontrollpunkte nicht auf der Kurve selbst liegen, geht auf den französischen Ingenieur Pierre Étienne Bézier zurück. Mithilfe der Bézier Splines lässt sich jede beliebige Freiform darstellen. Der ursprünglich für das Autokarosseriedesign und den Schiffsbau entwickelte Ansatz wird heute auch für die Ausbildung von Freiformen in der Architektur verwendet. Geometrische Flächen Flächen mit einer einfachen geometrischen Definition bieten Vorteile in der Fertigung und Montage, da geometrische Gesetzmäßigkeiten wie definierte Krümmungen, Abwickelbarkeit oder die Möglichkeit einer Eindeckung mit ebenen Vierecken garantiert sind. Geometrische Flächen entstehen durch sogenannte Erzeugende und Leitkurven. Sind diese durch ein Polynom definiert, spricht man auch von algebraischen Flächen. Rotationsflächen, Translationsflächen und Regelflächen sind als Beispiele für geometrische Flächen im Folgenden beschrieben. Rotationsfläche Eine Rotationsfläche entsteht durch Drehung einer erzeugenden Geraden oder einer ebenen Kurve (Meridian) um eine Drehachse. einfache Krümmung Liegt der Meridian konkav zur Drehachse, so ergibt sich eine synklastische Form bzw. Kuppel, steht er konvex zur Drehachse, erhält man eine antiklastische Form bzw. Sattelfläche. Translationsfläche Eine Translationsfläche entsteht durch Parallelverschiebung einer erzeugenden Kurve entlang einer Leitkurve. Auch die Ebenen der Schar von erzeugenden Kurven müssen dabei parallel zueinander stehen. Ist die gaußsche Krümmung der beiden Kurven positiv, so ergibt sich eine synklastische Schalenform bzw. Kuppel. Ist die gaußsche Krümmung der beiden Kurven negativ, so entsteht eine antiklastische Schalenform bzw. Sattelfläche. Das Aufspannen der Fläche zwischen gleichen, parallel versetzten Kurven hat den Vorteil, dass sich Translationsflächen mit ebenen Vierecken (z. B. Glasscheiben) eindecken lassen. Regelfläche Eine Regelfläche erhält man durch die Bewegung einer erzeugenden Geraden im Raum entlang beliebig geformter Kurven. Einfach gekrümmte Regelflächen entstehen aus einer Geradenschar, doppelt gekrümmte aus zwei Scharen gerader Erzeugender. Durch jeden Punkt der Fläche gibt es eine erzeugende Gerade, die in der Regelfläche liegt. Einige Rotations- und Translationsflächen lassen sich auch doppelte Krümmung synklastisch antiklastisch Freiformen geometrische Formen Rotation Translation Regelfläche strukturoptimierte Flächen D 1.6 137
Tragwerk und Form als Regelflächen beschreiben. Hierzu gehören das Hyperboloid und das hyperbolische Paraboloid. Doppelt gekrümmte Geometrien, die als Regelfläche beschreibbar sind, können auch mit geraden Bauteilen realisiert werden. Strukturoptimierte Flächen Äußere Lasten verursachen bei gekrümmten Flächen nicht zwingend reine Druck- oder Zugspannungszustände. Aus diesem Grund ist das Ziel der Strukturoptimierung von Flächentragwerken meist, Geometrien zu entwickeln, die unter definierten Lasten und Lagerbedingungen zu möglichst reinen Membranspannungszuständen und damit zu effizienten Tragsystemen führen. Unter dem Begriff Formfindung versteht man dabei die Suche nach einer Strukturgeometrie, die einen vorgegebenen Spannungszustand unter Berücksichtigung von festgelegten Randbedingungen und gegebenenfalls äußeren Lasten ins Gleichgewicht bringt. Das Planen und Konstruieren mit formoptimierten Flächentragwerken unterscheidet sich somit erheblich von den üblichen Konstruktionsarten, da die Entwicklung der Form eng mit der Tragwerksanalyse in Verbindung steht. lich druckbeanspruchten Form. Die Hängeform kann entweder als Eigengewichtsform ausgelegt werden oder durch das zusätzliche Anhängen von Gewichten für bestimmte äußere Lasten optimiert werden. Dieser Ansatz lässt sich sowohl für linienförmige Tragwerke, Kettenlinie (Bogen), als auch für Flächentragwerke, hängendes Netz (Schale), anwenden. Es ist jedoch zu beachten, dass ein Bogentragwerk nur für einen Lastzustand – meist das Eigengewicht – optimiert werden kann, anders verteilte Lasten führen zu einer Biegebeanspruchung. Eine doppelt gekrümmte Schale ist auch in der Lage, bei Abweichungen von der reinen Hängeform bei entsprechender Lagerung flächig verteilte Lasten über Membranspannungen abzutragen. Die Schwierigkeit solcher Ansätze besteht in der konstruktiven Umsetzung, da die gefundene komplexe Form zunächst als Urform oder Schalung mit einer tragfähigen Stützkonstruktion vorgefertigt werden muss, um dann die eigentliche Schale abzuformen. Formfindung Die Geometrie zugbeanspruchter Flächentragwerke wird durch Formoptimierungsverfahren ermittelt. Ziel dieser Formfindung ist es, innerhalb der geometrischen Randbedingungen eine Gleichgewichtsform mit den vorgegebenen Spannungsverteilungen, also der Flächenvorspannung, zu finden. Bei luftgestützten, pneumatisch vorgespannten Flächen geht zusätzlich die Druckdifferenz zwischen Innenund Umgebungsdruck in Form einer Flächenlast senkrecht (normal) zur Oberfläche in die Formfindungsberechnung ein. Ein verbreiteter Ansatz für die Optimierung der Geometrie einer druckbeanspruchten Schale ist die Umkehrform. Hierbei wird eine rein zugbeanspruchte Hängeform (auch Seil- oder Kettenlinie) durch Umkehrung zu einer ausschließ- Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften stellen die zugbeanspruchten Flächentragwerke den zentralen Teil dieses Kapitels dar. Neben den speziellen Formfindungsmethoden werden typische Tragwerksformen und Aspekte der konstruktiven Umsetzung aufgezeigt. Experimentelle Formfindung In den 1950er-Jahren wurden unter Frei Otto die ingenieurtechnischen Grundlagen des Bauens mit Membranen entwickelt (siehe Entwicklung des Membranbaus, S. 16ff.). Die Formfindungsmethoden waren zu dieser Zeit ausschließlich experimentell. Mithilfe physikalischer Modelle aus aufgespannten Gummihäuten, Stoffen, Netzen und Seifenhäuten (Abb. D 1.7 und D 1.8) wurden Gleichgewichtsformen erzeugt. Durch Fotogrammetrie oder andere analoge Messverfahren konnten die gefundenen Flächengeometrien in die Planung übernommen werden. Der Ansatz mit Seifenhäuten nimmt eine Sonderstellung ein, da diese keine Steifigkeit haben und sich somit immer ein homogener und isotroper Spannungszustand einstellt, was bedeutet, dass die Spannungen an jeder Stelle und in jeder Richtung gleich sind. a a a b 138 D 1.7 Zugbeanspruchte Flächentragwerke b D 1.8 b D 1.9
Tragwerk und Form Dies hat zur Folge, dass die damit gefundenen Formen Minimalflächen sind. Eine Minimalfläche beschreibt die Fläche kleinsten Oberflächeninhalts innerhalb eines geschlossenen Rands; der Betrag der beiden Hauptkrümmungen ist in jedem Punkt der Fläche gleich. Streng genommen lässt sich eine Minimalfläche in der Praxis nicht umsetzen, da bei der Formfindung das Eigengewicht der Membran nicht berücksichtigt wird. Aufgrund des geringen Gewichts von Membrantragwerken bietet sich der Minimalflächenansatz jedoch als sinnvoller Ausgangspunkt für eine Formfindung an. Messmodelle aus Stoff oder Federnetzen sind den heute üblichen numerischen Formfindungsmethoden gewichen, jedoch ist das Stoffmodell bis heute vor allem für Entwurf und Präsentation von Bedeutung. Es lässt sich aus einfachen Materialien herstellen und dient im Allgemeinen der Formentwicklung in der frühen Entwurfsphase. Gerade hochelastische Gewebe, z. B. Nylon bzw. Perlon eignen sich für hochwertige Präsentationsmodelle (Abb. D 1.8). Mit leichter gleichmäßiger Spannung wird der Stoff über Unterstützungspunkte (Hohlprofile, Stecknadeln oder Ähnliches) gezogen. Die Randseile werden dann mit einem dünnen Klebestreifen leicht nach innen versetzt direkt auf den Stoff aufgetragen. Dadurch erhält der Rand seine Steifigkeit und kann nicht ausfransen. Nach Entfernen des überschüssigen Stoffs werden die Ecken in ihre endgültige Position an die Randpunkte gezogen. Vorgabe Numerische Formfindung Für die endgültige Formfindung zugbeanspruchter Flächentragwerke werden inzwischen fast ausschließlich numerische Methoden genutzt. Diese zeichnen sich durch hohe Präzision, Flexibilität sowie Schnelligkeit aus, und die erzeugten digitalen Modelle lassen sich problemlos für die statische Berechnung und den computergestützten Planungs- und Fertigungsprozess weiterverwenden. Diese Art der Formfindung ist unabhängig von der Materialsteifigkeit und der absoluten Höhe der Vorspannung. Folglich werden hierbei nur geometrische Parameter und die Verteilung der Vorpannung vorgegeben. Typische numerische Arten der Formfindung sind die FiniteElemente-Methode, die Kraft-Dichte-Methode und Ansätze mit dynamischer Relaxation. Finite-Elemente-Methode (FEM) Der Ansatz eines Finite-Elemente-Modells besteht in der Unterteilung der Gesamtstruktur in einzelne, durch Knoten miteinander verbundene Elemente. Die spezifischen Eigenschaften typischer Stab- oder Flächenelemente werden durch sogenannte Federmodelle dargestellt. Durch Betrachtung der Spannungs-, Verzerrungs- und Verschiebungsgrößen in den Elementen und die Erfüllung der Bedingung, dass an den gemeinsamen Knoten benachbarter Elemente die Verschiebungen gleich sein müssen, werden die Kräfte und Verformungen der Struktur näherungsweise berechnet. Für die MemProzess branformfindung wird ein Spannungsgleichgewicht an speziellen Membranelementen ohne Berücksichtigung der elastischen Steifigkeit berechnet. Bei Vorgabe einer isotropen Vorspannung spricht man daher in diesem Zusammenhang auch von der Seifenhautanalogie. Kraft-Dichte-Methode Die Kraft-Dichte-Methode (engl. Force Density Method) wurde speziell für die Berechnung vorgespannter Seilnetzkonstruktionen entwickelt. Ihr Formfindungsansatz basiert auf einem Kräftegleichgewicht in den Netzknoten. Durch die Zusammenfassung der Quotienten Kraft / Länge zur sogenannten Kraftdichte werden die Bestimmungsgleichungen linear und das Gleichgewichtssystem damit direkt bestimmbar. Eine Weiterentwicklung der Kraft-DichteMethode erlaubt das Verknüpfen der Netzmaschen mit Dreieckselementen und damit die statische Berechnung von Membranflächen (Abb. D 1.9 b). Dynamische Relaxation Der Ansatz der dynamischen Relaxation besteht darin, ein beliebiges Ausgangsnetz durch Aufbringen von Vorspannung in Schwingung zu versetzen. Durch einen künstlichen Ausschwingvorgang lässt sich für das Netz mittels viskoelastischer oder kinetischer Dämpfung eine Gleichgewichtsform finden. Dadurch wird das eigentlich statische Problem in ein dynamisches überführt. Bewertung Iteration Planung Entwurf geometrische Randbedingungen Vorspannung Formfindung Lastannahmen (z. B. Wind) Primärtragwerk statische Berechnung Gesamtform? Krümmung? resultierende Kräfte? ok Iteration Materialauswahl Bemessung Detailausführung Konstruktion Zuschnittslayout finale Formfindung Abwicklung Spannungen zulässig? Verformungen zulässig? konstruktive Umsetzung ok Zuschnitt Kompensation Konfektionierung D 1.7 D 1.8 a, b experimentelle Formfindung mit Seifenhaut a, b experimentelle Formfindung mit gespannten Textilien D 1.9 numerische Formfindung a Finite-Elemente-Methode mit vorgegebenen Flächenelementen b Kraft-Dichte-Methode mit vorgegebenem Netz D 1.10 iterativer Formfindungsprozess von Membrantragwerken konstruktive Durchbildung fertiges Bauwerk Montage D 1.10 139
Tragwerk und Form V2 V2' V2 V2 F R2 R2 F V1 F V1 V1 V1' V2 V2' V2 V2 R1 R1 V1 V1 V1 V1' F α V1 V1 α |V1| = |V2| F D 1.11 Formfindungsprozess Trotz der zum Teil benutzerfreundlichen Softwareprogramme erfordert ein gelungener Entwurf wegen der engen Zusammenhänge zwischen Material, Form und Tragverhalten sowie der Auswirkungen auf die Konfektion und Montage viel Erfahrung und ein übergreifendes Verständnis in allen angesprochenen Teilbereichen. Das durch Veränderung der Randbedingungen und Vorspannungsgrößen beeinflussbare Ergebnis muss den geometrischen, statischen, materialspezifischen und konstruktiven Anforderungen genügen. Dadurch wird die Formfindung zu einem komplexen iterativen Prozess, der bis zum Ende der Planung andauert (Abb. D 1.10, S. 139). Nach dem ersten Formfindungsschritt, in dem die Randbedingungen definiert werden, müssen im darauf folgenden Planungsprozess in der Regel noch weitere Formfindungsschritte durchgeführt werden. Die Geometrie des zur Formfindung herangezogenen Netzes, die sich zu Beginn der Planungsphase in der Regel noch auf die Systemlinien des Tragwerks bezieht, muss mit zunehmendem Detaillierungsgrad der konstruktiven Ausführung der Rand- und Auflagerpunkte nachgeführt werden. Die finale Formfindung für den Zuschnitt der Fläche wird demnach meist auch erst dann vorgenommen, wenn alle Tragwerksdimensionen festgelegt sind und die Detailplanung abgeschlossen ist. Tragverhalten Die Steifigkeit eines zugbeanspruchten Flächen- bzw. Membrantragwerks wird durch die Geometrie, d. h. insbesondere die Flächenkrümmung, die Vorspannung und die Mateialsteifigkeiten beeinflusst. Man spricht von geometrischer Steifigkeit in Abhängigkeit der Flächenkrümmung und Flächenvorspannung sowie von elastischer Steifigkeit in Abhängigkeit von Werkstoffeigenschaften. Das wichtigste geometrische Maß zugbeanspruchter Flächentragwerke ist die Flächenkrümmung. Nur mit ausreichender doppelter Krümmung ist die Membran in der Lage, äußere Lasten sicher abzutragen. Bei geringer Flächenkrümmung müssen hohe Vorspannwerte angesetzt werden, um die Verformungen der Membranfläche unter äußeren Lasten zu kon- 140 a β α=β V2 V2 β α β R1 R2 |R1| = |R2| α V1 R1 V1 |V1| < |V2| β α>β b trollieren. Insbesondere hochfrequentes Flattern bei Wind kann zu Schäden am Material und an der Unterkonstruktion führen und muss daher durch entsprechende Vorspannung verhindert werden. Besonders gefährlich sind zudem horizontale, ebene Bereiche, in denen sich Wasser sammeln kann. Dehnt sich eine Pfütze durch nachfließendes Wasser immer stärker aus, so besteht die Gefahr, dass dieser schwere Wassersack zu schlagartigem Versagen des Materials führt. Bei der Planung von Membrantragwerken ist daher darauf zu achten, dass Wasser auch bei gleichzeitiger Windbeanspruchung abfließen kann. Um die Steifigkeit der Membranfläche zu erhöhen, wird durch Vorspannen ein konstanter Zugspannungszustand erzeugt. Bei Membranflächen unterscheidet man im Allgemeinen zwischen mechanischer und pneumatischer Vorspannung. Mechanische Vorspannung wird durch eingeprägte Lasten, z. B. durch Verschiebung der Auflager erzeugt (Abb. D 1.12). Pneumatische Vorspannung entsteht durch eine Druckdifferenz zwischen Membranoberund -unterseite, die als Flächenlast Tangentialkräfte in der Membran bewirkt (Abb. D 1.23, S. 143). Mechanisch vorgespannte Flächen Ein Membrantragwerk wird aus biegeweichen vorgespannten Flächenelementen und weichen vorgespannten oder steifen Randelementen gebildet. Durch die dreidimensionale Anordnung der Randelemente im Raum und gegebenenfalls weiteren Stützelementen in der Fläche entsteht eine doppelt gekrümmte Membranform. Eine derart mechanisch vorgespannte Membran ist durch einen Gleichgewichtszustand zwischen den gegenseitig verspannten hängenden und stehenden Krümmungen stabilisiert (Abb. D 1.11). Abb. D 1.12 zeigt dieses Grundprinzip vereinfacht an zwei sich kreuzenden Seilen. Die resultierenden vertikalen Kräfte R1 und R2 am Kreuzungspunkt der Seile müssen entgegengesetzt gleich groß sein, um im Gleichgewicht zu stehen. In den dazugehörigen Kräftediagrammen ist zu erkennen, dass sich der Kreuzungspunkt anhebt und sich damit der Kraftwinkel öffnet, wenn die Vorspannung in einem der Seile erhöht wird V2 V2 |R1| = |R2| F R2 |V1'| < |V1| |V2'| > |V2| R2 R1 |R1'| < |R2'| c R1' + R2' + F = 0 D 1.12 (Abb. D 1.12 b). Dadurch bleiben die resultierende vertikale Kraft R2 und die dagegenwirkende Kraft R1 gleich groß. Die Gleichgewichtsbedingung ist demnach auch für anisotrope (in zwei Richtungen verschiedene) Vorspannungen erfüllt. Durch Aufbringen einer äußeren Last F verformt sich das System durch Winkeländerung und es verändern sich die Membrankräfte V1 und V2 zu V1' und V2' , sodass sich eine Resultierende R einstellt, die der äußeren Last entgegenwirkt (Abb. D 1.12 c). Die Geometrie passt sich den senkrecht zur Fläche wirkenden Lasten an, bis ein neuer Gleichgewichtszustand erreicht ist. Das Abtragen äußerer Lasten ist folglich nur mit Verformungen in der Membranfläche möglich; damit verbunden ist eine starke Wechselwirkung zwischen Form und Tragverhalten. Die Aufgabe des Planers ist es, die geometrischen Randbedingungen so zu definieren, dass die Formfindung hinsichtlich konstruktiver und ästhetischer Aspekte zu einer sinnvollen Gleichgewichtsform führt. Funktional sind die Verformungen unter äußeren Lasten soweit zu reduzieren, dass die Grenzen der Gebrauchstauglichkeit nicht überschritten werden und z. B. ein Flattern der Membran unter Windbelastung vermieden wird. Die komplexe geometrische Vielfalt der Membrantragwerke lässt sich auf vier Grundtypen reduzieren: • Sattel- und Segelflächen • Flächen mit grat- und kehlbildenden Elementen • punktgestützte Flächen • bogengestützte Flächen Sattel- und Segelflächen Um eine doppelte Flächenkrümmung zu erzeugen, wird eine Segelfläche zwischen mindestens vier nicht planaren (in einer Ebene liegenden) Festpunkten im Raum aufgespannt (Abb. D 1.11). Gekrümmte biegeweiche Seile bzw. Gurte oder gerade steife Randelemente übernehmen das Spannen der Ränder der Segelfläche (Abb. D 1.13 a und c). Sattelflächen mit mindestens einem biegesteifen Rand können dann auf einen dreieckigen Grundriss aufgespannt werden, wenn der steife Rand
Tragwerk und Form Grundprinzip der mechanischen Flächenvorspannung D 1.12 a – c Gleichgewichtszustände einer mechanisch vorgespannten Membran am Beispiel von zwei sich kreuzenden Seilen D 1.13 mechanisch vorgespannte Flächen a Vierpunktsegel mit biegeweichen Rändern b Vierpunktsegel mit biegesteifen Rändern c Fünfpunktsegel mit biegeweichen Rändern und Segellatte d Dreiecksfläche mit biegesteifen Bogenrand e Segelfläche mit abwechselnden Grat- und Kehlseilen f Segelfläche mit Gratseil und ebenen biegeweichen Rändern g Sternwelle mit abwechselnden Grat- und Kehlseilen h Hochpunktfläche mit Seilauge und Gratseilen i Tiefpunktfläche mit steifem Ring j Hochpunktfläche mit Seillinse k l m n D 1.11 D 1.14 D 1.15 D 1.16 D 1.17 Hochpunktfläche mit Seilauge Hochpunkt mit Buckel bogengestütze Fläche mit zwei Randbögen bogengestütze Fläche mit innen liegendem, durch die Membran stabilisierten Bogen o Addition von bogengestützten Flächen p stabilisierter Randbogen durch außen liegenden beigeweichen Rand Sternwelle, Tanzbrunnen Köln (D) Sanierung 2001, Rasch + Bradatsch Fläche mit parallel angeordneten grat- und kehlbildenden Elementen, fahrbares Membrandach, Rathaus, Wien (A) 2000, Silja Tillner, Schlaich, Bergermann und Partner (Tragwerksplanung) punktgestützte Tiefpunktfläche, wandelbare Trichterschirme, Schloss Wasseralfingen (D) 1994, Rasch + Bradatsch bogengestützte Fläche, Poruklu Marina (TR) 2008, Lightweight Structures Group (LWSG), studio LD D 1.14 i a b j D 1.15 k c d l m e D 1.16 f n g o h p D 1.13 D 1.17 141
Tragwerk und Form rechtwinklig zur Fläche gekrümmt ist (Abb. D 1.13 d, S. 141). Solche Flächen entstehen auch wenn Grat- oder Kehlseile die Fläche in dreieckige Zonen einteilen (Abb. D 1.13 g, S. 141). Flächen mit grat- und kehlbildenden Elementen Bei Grat- und kehlbildenden Elementen handelt es sich meist um Seile oder Gurte, die in die Fläche eingebracht werden. Ein Gratseil zieht die Fläche nach oben, sodass diese rechtwinklig zur Spannrichtung des Seils abfällt; rechtwinklig zur Spannrichtung eines Kehlseils steigt die Fläche an. Durch den Einsatz solcher linearer Elemente lassen sich ebene Flächen in antiklastische überführen oder die Krümmung antiklastischer Flächen verändern (Abb. D 1.13 e –h, S. 141). Grat- und Kehlseile können einzeln, im Wechsel parallel (Abb. D 1.13 e und f, S. 141) und radial (Abb. D 1.13 g und h, S. 141) angeordnet werden. Für das Membrankontinuum wirkt ein Grat- oder Kehlseil wie ein biegeweicher Rand, an dem zwei Flächen gestoßen werden. Es entsteht also eine Zonierung der Fläche in kleinere Teile. Grat- und Kehlseile werden auch häufig in Kombination mit segel- und punktgestützten Flächen eingesetzt. Hier dienen sie dem Anheben oder Absenken der Flächengeometrie und können ein Einschnüren von Trichter- oder Zylinderflächen verhindern (Abb. D 1.29, S. 145). Bei großen Flächen kann durch Grat- und Kehlseile die Steifigkeit und Tragfähigkeit erhöht werden. a b D 1.18 c d e D 1.19 Punktgestützte Flächen Wird die Fläche lokal über einen Hochpunkt angehoben oder an einem Tiefpunkt heruntergezogen, spricht man von einer punktgestützten Fläche. Singularitäten, d. h. das Anheben der Fläche an einem einzigen Punkt, sind nicht möglich, denn in der Spitze würden die Spannungen im Material unendlich hoch werden. Der Hoch- oder Tiefpunkt muss also vor der eigentlichen Spitze abgeschnitten und durch einen steifen Ring (Abb. D 1.13 i, S. 141) oder Buckel (Abb. D 1.13 l, S. 141) gehalten oder an einem Seil aufgehängt werden (Abb. D 1.13 j und k, S. 141). Ein steifer Ring oder eine Seilschlaufe wirken wie ein geschlossener innerer Rand. Seilschlaufen können als Auge, Linse oder Rosette ausgeführt werden. Ein Auge ist ein geschlossenes inneres Randseil, das an einem Punkt verankert wird. Werden mehrere Augseilschlaufen um den Hoch- oder Tiefpunkt herum angeordnet, spricht man von einer Rosette, bei zwei inneren Randseilen, die an zwei Punkten verankert sind, von einer Linse. f g h D 1.20 Bogengestützte Flächen Wird die Fläche mit einem linearen, gekrümmten Element gestützt, so kann dieser Bogen Druckund Soglasten aus der Fläche abtragen. Einseitig beanspruchte Randbögen (Abb. D 1.13 m, S. 141) werden senkrecht zur Bogenebene zusätzlich stark biegebeansprucht. Diese Biegebeanspruchung reduziert sich, wenn die Membran über den Bogen hinweggeführt wird i j D 1.21 142 k D 1.22
Tragwerk und Form (Abb. D 1.13 o, p, S. 141). Bei einer symmetrischen Belastung ist anzustreben, dass die Bogenebene in der Winkelhalbierenden der über den Bogen geführten Membranfläche liegt. Wenn dies gegeben ist, kann der Bogen durch die Membran gegen Ausknicken gehalten und somit sehr filigran ausgeführt werden (Abb. D 1.13 n, S. 141). Voraussetzung hierfür ist eine ausreichende geometrische und elastische Steifigkeit der Fläche. Für den Fall, dass die den Bogen aussteifende Membran ausfällt, muss dieser gegen Umkippen gesichert werden. Freie Eckpunkte Durch das Einziehen von elastischen Stäben (Segellatten) in die Membranfläche lassen sich freie Eckpunkte generieren, die ohne Abspannung oder Stützung einzig von dem durch die Fläche gehaltenen Stab stabilisiert sind. Dieser passt sich aufgrund seiner Elastizität der Flächenkrümmung weitestgehend an, kann aber, da er durch die Membran gegen Ausknicken stabilisiert ist, Druckkräfte übertragen (Abb. D 1.13 c, S. 141). Pneumatisch vorgespannte Flächen Bei pneumatischen Konstruktionen wird die Fläche an den Rändern meist biegesteif gehalten. Durch unterschiedlichen Druck auf der Innen- und Außenseite entsteht eine Flächenlast, die einen Membranspannungszustand hervorruft. Pneumatisch vorgespannte Flächen erzeugen – abgesehen von solchen mit spitzen Ecken (Abb. D 1.22 c) – synklastische Formen. Ist der Innendruck größer als der atmosphärische Druck, so stellt sich eine nach außen gewölbte kissenartige Form ein, im umgekehrten Fall entsteht eine nach innen gewölbte (Abb. D 1.22 a, g). Bei den meisten pneumatisch vorgespannten Konstruktionen werden die Membranspannungen durch einen biegesteifen Rand aufgenommen, sodass im Gegensatz zu vielen mechanisch vorgespannten Konstruktionen keine großen Spannkräfte in den Baugrund abgeleitet werden müssen. Pneumatische Kissen können im Vergleich zu mechanisch vorgespannten Flächen wegen ihrer geringen Steifigkeit kein Zugelement im Tragwerk ersetzen und somit keinen Beitrag zur Systemsteifigkeit leisten. Sie werden also nur als Eindeckung oder Raumabschluss, aber nicht als Bestandteil des Gesamttragwerks verwendet. Aufgrund des geringen Gewichts, der Spannweite und der vergleichsweise großen Toleranz für Verformungen lassen sich mit Kissen leichte Gebäudehüllen ausbilden. Die Belastung der Membran ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Außen- und Innendruck sowie durch Winddruck /-sog und gegebenenfalls Schneebelastung. Unter der Annahme inkompressibler Luft (konstantes Volumen) gilt, dass nach unten gerichtete Lasten wie Schnee oder Winddruck die obere Membran des Kissens entlasten, während die Zugkraft in der unteren Membran ansteigt (Abb. D 1.24). Der innere Überdruck sollte daher größer als die zu erwartende äußere Last gewählt werden, damit die obere Lage nicht erschlafft. Bei Soglasten, z. B. aus Wind, verhält es sich umgekehrt. Da das druckregulierende Gebläse nicht so schnell auf wechselnde Bedingungen reagieren kann, führt die Verformung der Kissen durch eine Windböe zu starken Druckänderungen im Kissen. Denn nach dem Gesetz von Boyle-Mariotte ist das Produkt aus Druck und Volumen immer konstant. Bei der Dimensionierung der Kissenmembran sind diese Druckänderungen zu beachten. Ein weiterer Unterschied zu den mechanisch vorgespannten Flächen besteht in der Abhängigkeit der Flächenvorspannung von der Geometrie, genauer der Wölbung der Fläche. Die tangentiale Flächenspannung verhält sich proportional zur Druckdifferenz zwischen innen und außen und dem Radius der Flächenwölbung (siehe Pneumatisch vorgespannte Flächen, S. 147). D 1.18 ETFE-Kissen, Allianz Arena, München (D) 2005, Herzog & de Meuron D 1.19 Pneuhalle, Expo Biel (CH) 2002, formTL D 1.20 Unterdruckkissen, Dynaform BMW Pavillon, IAA Frankfurt am Main (D) 2001, Franken Architekten D 1.21 Tensairity-Träger, Parkhaus, Montreux (CH) 2004, Luscher Architectes D 1.22 pneumatisch vorgespannte Flächen a quadratisches Kissen b rechteckiges Kissen c dreieckiges Kissen d sechseckiges Kissen e Traglufthalle Grundsätzlich wird zwischen kissen- und schlauchförmigen Konstruktionen (Pneus), bei denen ein abgeschlossenes Volumen unter Über- oder Unterdruck gesetzt wird, und Traglufthallen, bei denen im gesamten Innenraum ein Überdruck erzeugt wird, unterschieden. Kissen Die Hauptspannweite der Kissen ist bei den üblichen Materialien (z. B. ETFE-Folie) auf wenige Meter beschränkt. Häufig werden daher viele Kissen in einem Primärtragwerk addiert, um die Gebäudehülle zu formen (Abb. D 1.18 und D 1.22 a – d). Die Geometrie des einzelnen Kissens resultiert aus den durch das Primärtragwerk vorgegebenen Rändern. Da pneumatische Formen näherungsweise eine Kugelkalotte anstreben, entstehen bei eckigen Rahmengeometrien in den spitzen Ecken Gegenkrümmungen (Abb. D 1.25). In diesen lokal f g h i j seilverstärkte luftgestützte Fläche Unterdruckkissen Schlauch Addition von Schläuchen Tensairity-Balken mit steifem Ober- und Untergurt k Tensairity-Balken mit steifem Obergurt und Seiluntergurt D 1.23 Grundprinzip der pneumatischen Flächenvorspannung D 1.24 Lastabtragung in einem pneumatischen Kissen D 1.25 pneumatisch vorgespannte Flächen auf verschiedenen Grundrissen im Vergleich zu einer Kugelkalotte Flächenspannung V - Flächenspannung V äußere Last + P VO < V VU > V D 1.23 D 1.24 D 1.25 143
senkrechte Verformung in Membranmitte [%] Tragwerk und Form 100 antiklastisch gekrümmten Bereichen treten rhöhte Spannungen und Faltenbildung auf, die bei der Ausbildung des steifen Kissenrands berücksichtigt werden müssen. Daher empfiehlt es sich, spitze Eckbereiche zu vermeiden, um die Dauerhaftigkeit der Konstruktion gewährleisten zu können. Je nach Ausrichtung sollte auch die Wölbung des Kissens (Stich) angepasst werden, um gegebenenfalls höheren Schneeoder Windlasten standhalten zu können. fm l l 80 D 1.26 Tensairity Ein Tensairity-System ist vom Funktionsprinzip her ein Fachwerk aus dünnen Stäben und Seilen, bei dem ein schlauchförmiger Pneu als stabilisierendes Element dient. Er trennt Druck- und Zugglieder räumlich voneinander und schafft somit statische Höhe. Gleichzeitig stabilisiert er den Druckgurt gegen Ausknicken. Die Zugglieder können entweder als Seile auf Spannung um den Schlauch gewunden sein (Abb. D 1.22 k, S. 142) oder als Stahlprofil einen vollwertigen Untergurt ausbilden (Abb. D 1.21, D 1.22 j, S. 142 und Abb. E 3.19, S. 195). 60 40 20 Vorspannung 1 kN/m 2 kN/m 3 kN/m 4 kN/m 0 0 5 10 15 20 25 30 Stich f m /l [%] D 1.27 144 Schlauch Schlauchförmige Pneus werden entweder als einzelne Tragglieder eingesetzt oder in Addition zu einer Kombination aus Primärtragwerk und Hülle zusammengefügt (Abb. D 1.22 h und i, S. 142). Vereinzelt finden sie auch als adaptive Tragelemente Verwendung, deren Steifigkeit je nach Belastung über den Innendruck angepasst wird. Durch entsprechenden Zuschnitt mit verkürztem inneren Radius lassen sich auch gekrümmte Schläuche herstellen. Traglufthalle Bei einer Traglufthalle befindet sich der genutzte Innenraum im Gegensatz zu Kissen- und Schlauchsystemen innerhalb des Pneus (Abb. D 1.19 und D 1.22 e, S. 142). Traglufthallen können daher nur über Druckschleusen betreten werden. Aufgrund der großen Krümmungsradien reicht ein gegenüber der Umgebung um etwa 0,2 mbar (25 mm Wassersäule) nur leicht erhöhter Luftdruck, um eine luftdichte Membran zu tragen und zu stabilisieren. Das Wohlbefinden innerhalb des Überdrucksystems ist somit nicht beeinträchtigt. Verglichen mit allen anderen Konstruktionsprinzipien gehören pneumatisch gestützte Konstruktionen in Form von Traglufthallen zu den leichtesten. Mit einer Verstärkung durch ein Seilnetz können Spannweiten über 200 m erreicht werden. Für derartige Größen konnte sich dieses System aufgrund des hohen Energieaufwands zur Aufrechterhaltung des Innendrucks und wegen einiger spektakulärer Versagensfälle unter Schneelast und Stürmen jedoch nicht in der Breite durchsetzen. Für leinere Spannweiten wie bei temporären Überdachungen von Tennis- oder Veranstaltungshallen werden Traglufthallen angesichts ihrer Leichtigkeit, Flexibilität und dem sehr geringen Packmaß allerdings oft genutzt.
Tragwerk und Form l Festlegung der Randbedingungen Alle Methoden zur Formfindung zugbeanspruchter Flächentragwerke setzen das erständnis der Zusammenhänge zwischen Geometrie, Tragverhalten und konstruktiver Umsetzung voraus. V r2 S S S10 S1 Mechanisch vorgespannte Flächen Für mechanisch vorgespannte Membrantragwerke sind die Randseilkrümmung sowie Richtung und Lage der Abspannungen und Lagerpunkte von wesentlicher Bedeutung. Die geometrische, tragwerkstechnische sowie konstruktive Bedeutung dieser Parameter wird im Folgenden näher erläutert. Richtung Resultierende S [kN] S2 S1 r a Fixpunkte Unter einem Fixpunkt versteht man im Allgemeinen einen Auflagerpunkt von mechanisch vorgespannten Membranen, an dem die Zugspannungen indirekt über Stützen, Abspanungen, Ausleger oder direkt in den Baugrund geleitet werden. Die geometrische Lage der Fixpunkte ergibt sich in der Regel aus den architektonischen Randbedingungen. Sollen keine zusätzlichen Elemente wie Hochpunkte, Bögen oder Grat- und Kehlseile eingesetzt werden, sind die Höhendifferenzen zwischen den Fixpunkten so zu setzen, dass ein ausreichender Flächenstich entsteht. Als Stich bezeichnet man den Durchhang eines Seils fS oder einer Fläche fm zwischen den Auflagerpunkten. Bei Membranflächen mit isotroper Vorspannung stellt sich der maximale Stich an dem Punkt ein, an dem sich hängende und stehende Hauptkrümmung treffen, d. h. auf halber Höhe zwischen Hoch- und Tiefpunkt (Abb. D 1.26). In Abb. D 1.27 werden die krümmungsabhängigen Verformungen verschiedener Vierpunktsegel bei gleichen Materialeigenschaften, Vorspannungen, Spannweiten und Windbeastungen (konstante Flächenlast senkrecht zur Fläche) verglichen. Die Verformung unter Windbelastung ist bei einem ebenen Segel am stärksten und wird zur Vergleichbarkeit auf 100 % normiert. Bei einem Stich fm/l von etwa 10 % beträgt die Verformung nur noch 30 % gegenüber dem flachen Segel. Ab einem Stich von 25 % nimmt die geometrische Steifigkeit kaum mehr zu. Die Verformungen lassen sich bis zu einem gewissen Grad auch durch eine Erhöhung der Vorspannung reduzieren. Folglich muss bei einer geringen Krümmung eine höhere Vorspannung gewählt werden, was jedoch zu hohen Auflagerkräften und Beanspruchungen der Membran und Randseile führt. r1 f V S2 R S10 c 450 400 350 S=r∙V 300 S V r fs l 250 200 V [kN/m] 1 kN/m 2 kN/m 3 kN/m 150 100 Randseilkraft [kN] Flächenvorspannung [kN/m] Krümmungsradius des Randes [m] Stich [m] Sekantenlänge bzw. Spannweite zwischen den Randpunkten f s/l und r l2 f stehen im Verhältnis: r = + s 8 ∙ fs 2 50 0 0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4 0,45 0,5 fs/l [-] b D 1.28 D 1.26 D 1.27 Zusammenhang zwischen Flächendurchhang (Stich), Spannweite und Höhenversatz der Eckpunkte Vergleich der krümmungsabhängigen Verformungen verschiedener Vierpunktsegel bei gleichen Materialeigenschaften, Vorspannungen, Spannweiten und Windbelastungen. Die Verformung der ebenen Membran unter Windbelastung ist auf 100% normiert. d/h 0,25 S:K = 1:1 d/h 0,5 S:K = 1:1 D 1.28 Zusammenhang zwischen Flächenvorspannung P, Randseilkraft S und Randseilkrümmung r beimechanisch vorgespannten Membranen mit biegeweichen Rändern (Näherung) a Randseilgeometrie, Definition der Kennwerte b Abhängigkeit der Seilkraft von Geometrie und Vorspannung c Kräfte an einem Mastkopf im Grundriss D 1.29 Beeinflussung der Flächenkrümmung durch anisotrope Vorspannung und Gratseile d/h 0,75 S:K = 1:1 d/h 1,0 S:K = 1:1 d/h 1,25 S:K = 1:1 d K h S Randseilkrümmung Da die lokalen Membranspannungen hauptsächlich rechtwinklig zum Membranrand wirken, beschreiben biegeweiche Membranränder annähernd einen Kreisbogen. Dadurch lässt sich auch der Zusammenhang zwischen Flächenspannung V [kN/m], Randseilkraft S [kN] und Randseilkrümmungsradius r [m] näherungsweise mit der zweidimensionalen Kesselformel S = r ∙ V beschreiben. Aus dieser Formel Vorspannungsverhältnis S:K d/h = 1 d/h = 1; S:K = 1:1 Gratseilvorspannung F [kN] S:K = 1:1,5 S:K = 1:2 F=1 kN F=2 kN S:K = 1:3 F=3 kN D 1.29 145
Tragwerk und Form wird deutlich, dass die Randseilkraft nur von der Flächenspannung und dem Krümmungsradius, jedoch nicht von der Spannweite abhängt. Dennoch kommt die Spannweite insofern indirekt zum Tragen, als dass aus geometrischen und konstruktiven Gründen mit der Spannweite in der Regel auch der Krümmungsradius zu erhöhen ist. Soll eine Membran eine möglichst große Fläche überspannen, so müssen die Randseile so weit wie wirtschaftlich sinnvoll angezogen werden. Bei sehr großen Spannweiten kann es sich als sinnvoll erweisen, solche Ränder als sogenannte Girlandenränder auszuführen, bei denen die Membran mit kleineren Randbögen an ein polygonal gespanntes Randseil anschließt. Geometrisch ergibt sich für ein Randseil ein Mindestradius von der halben Spannweite. Abb. D 1.28 b (S. 145) zeigt für drei verschiedene Vorspannungen das Verhältnis zwischen Randseilstich und Kraft. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass die Randseilkräfte ab einem Stich fS /l < 10 % stark ansteigen. Gleichzeitig lässt sich mit einem Stich fS /l > 20 % nur noch wenig Kraft einsparen. Daraus lässt sich ableiten, dass der Stich eines Randseils sinnvollerweise ca. 10 % betragen sollte. Sind Flächenvorspannung und Randseilradius festgelegt, kann man nicht nur die Größe, sondern auch die Richtung der Randseilkraft am Auflager bestimmen. Die Richtung ist durch die Tangente des Randseilbogens am Auflagerpunkt gegeben. Schließen mehrere Seile an einem Punkt an, so ergibt sich über Addition der Kraftvektoren die resultierende Auflagerkraft. In Abb. D 1.28 c (S. 145) sind die Vektoren S1 und S2 der Randseile und S10 des Gratseils einer Trichtermembran aufaddiert. Durch solch einfache Vorüberlegungen lässt sich die Richtung der Auflagerlasten abschätzen und somit die Anordnung von Traggliedern wie z. B. Maste und Abspannseile optimieren. Dabei ist allerdings zu beachten, dass sich die Größe der Kräfte und damit auch die Größe und Richtungen der Resultierenden mit wechselnden Lasten (z. B. Wind) verändern, sodass zwei Mastabspannungen erforderlich sind. 1400 P= 100 [pa] P= 500 [pa] P= 1000 [pa] 1200 V 0,5 [kN/m] V 0,8 [kN/m] V 1,0 [kN/m] 1000 800 2,5 Grat- und Kehlseile werden besonders häufig bei isotrop vorgespannten Membranen eingesetzt. Sie erhöhen die Steifigkeit der Membranfläche und reduzieren damit Verformungen und Spannungen in der Membran. Gleichzeitig zonieren sie die Fläche, was bei größeren Dachkonstruktionen die Kriechverformungen begrenzt und auch oft aus montagetechnischer Sicht er- wünscht ist. Bei punktgestützten Hochpunktformen dienen Gratseile häufig auch als Sicherungsseile, die den Masten im Fall eines Membranausfalls halten. Die konstruktive Ausführung von Grat- oder Kehlseilen ist oft aufwendig, wenn sie nicht an einem Flächenstoß oder als aufgenähter Gurt eingesetzt werden. Frei gespannte Seile können auf der Membran rutschen, sodass in diesem Fall meist zusätzlich Seiltaschen aufgeschweißt werden müssen. Isotrope Spannungszustände wirken sich vorteilhaft auf das Langzeitverhalten einer Membrankonstruktion aus. Bei stark anisotrop vorgespannten Membranen kann das Kriechverhalten vieler Membranmaterialien dazu führen, dass das Material in Bereichen höherer Spannungen stärker kriecht und sich somit die ursprünglich anisotrop vorgespannte Membran durch eine Spannungsumlagerung einer spannungsgleichen Fläche annähert. Für diese spannungsgleiche Form steht nun theoretisch zu viel Material zur Verfügung, was zu Faltenbildung führen kann. Letztlich liegt es im Ermessen des Planers, mit dem Anpassen der Vorspannungen und dem Einsatz von Grat- oder Kehlseilen unter Berücksichtigung der genannten Kriterien sinnvoll umzugehen. Eine projektspezifisch optimale Lösung ist demnach immer nur unter Berücksichtigung von Form, Materialeigenschaften, Lastenannahmen und der gewünschten Erscheinung zu finden. Vorspannwerte Der Mindestwert der Vorspannung hängt von der geometrischen und elastischen Steifigkeit der Membran ab. Flache Formen müssen stärker vorgespannt werden als deutlich gekrümmte. Ferner muss gewährleistet sein, dass jede Faser im Gewebe stark genug gedehnt ist, um eine gleichmäßig vorgespannte, faltenfreie Oberfläche zu erzeugen, deren Vorspannung unter äußeren Lasten nicht vollständig abgebaut wird. Gleichzeitig sollte eine bestimmte Vorspannhöhe nicht überschritten werden, damit genügend Tragreserven für äußere Lasten zur Verfügung stehen und sich keine zu hohen Auflagerkräfte ergeben. In der Praxis wird die Vorspannung gewöhnlich so gewählt, dass sie unter äußerer Belastung möglichst V [kN/m] P [Pa] Flächenkrümmung Durch das gezielte Setzen der Randpunkte im Raum ist die Flächenkrümmung nur innerhalb gewisser Grenzen beeinflussbar. Aus funktionalen oder statischen Gründen muss die durch Randpunkte und isotrope, d. h. in beide Richtungen gleiche Vorspannung vorgegebene Flächenkrümmung häufig noch angepasst werden. So kann es beispielsweise nötig sein, den Durchhang der Fläche anzuheben, um ein vorgegebenes Lichtraumprofil zu erreichen oder Wassersackbildung zu vermeiden. Für das Anpassen der Flächenkrümmung können Grat- und Kehlseile verwendet und anisotrope Vorspannungen (in Kett- und Schussrichtung unterschiedlich) angesetzt werden. Diese Möglichkeiten lassen sich anschaulich am Beispiel einer Zylinderfläche erläutern: Bei Hochpunkt- und Zylinderflächen muss die Krümmung begrenzt werden, da diese in ein Spannungsminimum kollabieren können. Abb. D 1.29 (S. 145) zeigt, dass sich die Zylindermantelfläche bildende, isoptrop vorgespannte Membran ab einer gewissen Höhe h so stark einschnürt, dass sie in zwei Teilflächen zerfällt. In solchen Fällen müssen weitere Maßnahmen wie das Einführen von Grat- oder Kehlseilen oder das Verändern der Vorspannungsverhältnisse in Betracht gezogen werden. Für den Zylinder mit einem Durchmesser (d) und einem Höhenverhältnis (h) von 1:1 werden in Abb. D 1.29 (S. 145) die Möglichkeiten gezeigt, durch solche Maßnahmen das Einschnüren der Fläche zu beeinflussen. Nicht nur aus geometrischer, sondern auch aus statischer Sicht kann es sich anbieten, die Krümmung der Fläche für maßgebende Lastfälle zu optimieren. Um großen Verformungen bei Schneelast und Wassersackbildung vorzubeugen wird oft versucht, mehr Steifigkeit in die hängende Krümmung zu legen. Bei dominanten Windsoglastfällen lassen sich die Membranspannungen durch kleinere Krümmungsradien in der stehenden Krümmung reduzieren. 2 1,5 600 1 Z X Y 400 0,5 200 0 0 146 5 10 15 20 25 r [m] D 1.30 D 1.31
Tragwerk und Form großflächig erhalten bleibt und die Verformungen unter Winddruck oder Schneebelastung nicht zu ausgeprägten Mulden in der Fläche führen, in denen sich Wassersäcke bilden könnten. Typische Werte für die Vorspannung liegen dabei zwischen 1– 5 kN/m. unter 5 m stark ansteigt, um eine typische Flächenspannung aufrechtzuerhalten. Ist hingegen durch äußere Belastung ein mindestens einzuhaltender Innendruck vorgegeben, so wächst die Flächenspannung proportional zur Krümmung. Pneumatisch vorgespannte Flächen Grundsätzlich besteht bei pneumatisch vorgespannten Flächen ein Zusammenhang zwischen der Oberflächenkrümmung und dem für die Stützwirkung erforderlichen Druckniveau. Dieser lässt sich wieder mit der Kesselformel veranschaulichen. Für eine dreidimensionale Kugelkalotte gilt näherungsweise V = 0,5 ∙ P ∙ r. Aus der Gleichung ist zu erkennen, dass bei größeren Krümmungsradien r [m] ein geringerer Innendruck benötigt wird, um die gleiche Flächenvorspannung V [kN/m] zu erzeugen wie bei vergleichsweise stärker gekrümmten, kleineren Konstruktionen. Dies ist aus dem Alltag bekannt, z. B. wenn man das Druckniveau P [Pa] eines Rennradreifens (7–10 bar) mit dem eines Autoreifens (ca. 2 bar) vergleicht. Im Gegensatz zu mechanisch vorgespannten Flächen ist der pneumatische Vorspannungsgrad durch Steuerung des Innendrucks regulierbar. Der erforderliche Überdruck in Folienund Membrankissen ist dementsprechend auch vom Volumen und den statischen Erfordernissen abhängig. Er sollte größer als die zu erwartende Auflast aus Schnee oder Wind gewählt werden und bewegt sich üblicherweise im Bereich zwischen 100 und 1000 Pa (10 000 Pa = 1 bar = 10 kN/m2) und ist damit vergleichsweise gering, muss allerdings konstant aufrechterhalten werden. Manchmal werden statische Konzepte umgesetzt, bei denen sich der Druck unterschiedlichen Lastfällen anpasst. So lässt sich bei starkem Schneefall der Innendruck verdoppeln und muss so nicht ganzjährig auf dem hierfür nötigen erhöhten Niveau gehalten werden. Abb. D 1.30 zeigt die Verhältnisse zwischen Flächenvorspannung V, Innendruck P und Krümmungsradius r einerseits für drei gegebene Vorspannungen (durchgezogene Linien) und andererseits für drei gegebene Innendrucke P (gestrichelte Linie). Bei gegebener Vorspannung wird deutlich, wie der Überdruck bei Krümmungsradien Konstruktive Umsetzung Das Resultat eines jeden Formfindungsprozesses ist die dreidimensionale, geometrische Form des Membrantragwerks unter Vorspannung. Für die benötigte Membranfläche werden ebene, ungedehnte Bahnen zugeschnitten und aneinandergefügt, sodass die Form im eingebauten Zustand die geplante gekrümmte Geometrie und den vorgesehenen Vorspannungszustand erreicht. Durch ein ungleichmäßig überlappendes Anordnen der Membranstreifen oder bei Verwendung offener Gewebe, die sich stark verrauten lassen, kann die Membranfläche auch ohne gekrümmte Zuschnittsränder ausgeführt werden. In der Regel wird die Flächenkrümmung jedoch durch Krümmung der Bahnränder erzeugt. Eine antiklastische Doppelkrümmung lässt sich durch Entfernen von Membranmaterial in der Bahnmitte und umgekehrt eine synklastische Doppelkrümmung durch Materialzugabe in der Bahnmitte erreichen. Einen Sonderfall nehmen ETFE-Kissen ein; deren Form ergibt sich neben dem Zuschnitt zusätzlich durch elastische und plastische Verformung des Folienmaterials. Die endgültige Kissenform stellt sich daher erst nach einigen Belastungszyklen ein. Um große Krümmungen erzeugen zu können und Faltenbildung in den Ecken zu vermeiden, sollte auf einen Zuschnitt jedoch nicht verzichtet werden. Zuschnitt Für die Festlegung der Zuschnittsbahnen werden radial oder parallel ausgerichtete Scharen von geodätischen Linien auf der Membranoberfläche angetragen. Eine geodätische Linie beschreibt die lokal kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten auf der dazwischen aufgespannten Fläche. Die dreidimensionale Form wird entlang dieser Linien in Streifen zerlegt, die z. B. durch eine sogenannte Triangulierung in ebene Zuschnittsbahnen abgewickelt bzw. verebnet werden. Hier ist zu beachten, dass D 1.30 der größte Abstand zwischen zwei Schnittlinien nicht die erhältliche Bahnbreite inklusive Nahtzugabe des gewählten Membranmaterials überschreiten sollte. Je nach Maß der Krümmung und der Bahnenbreite werden die Streifen bei der Verebnung verzerrt; in Bereichen großer Krümmung sollten die Streifen folglich relativ schmal gewählt werden. Der Zuschnitt verläuft idealerweise entlang der Hauptkrümmungen und Hauptlastabtragrichtung. Durch die erhöhte Steifigkeit parallel zu den Nähten erreicht man eine maximale Steifigkeit der Fläche und somit geringe Verformungen unter äußerer Belastung. Die Schnittlinien auf der Zuschnittsbahn sollten daher auch möglichst mit der steifen Kettrichtung verlaufen. Dabei empfiehlt es sich, das genaue Layout der Zuschnittsbahnen mit allen Planungsbeteiligten abzusprechen, da die Nahtlinien insbesondere im Gegenlicht deutlich sichtbar werden und somit einen wesentlichen Bestandteil des Erscheinungsbilds ausmachen (Abb. D 1.32 und D 1.33). Durch das diffuse Licht auf der Membranunterseite tritt auch die Flächenkrümmung hauptsächlich durch das Nahtbild in Erscheinung. Werden die Zuschnittsbahnen z. B. parallel zu einer der Hauptkrümmungen gelegt, so lässt sich die doppelte Flächenkrümmung optisch hervorheben werden. Gleichzeitig muss die Zuschnittsrichtung eng mit der Vorspannrichtung während der Montage abgestimmt werden, um zu gewährleisten, dass das Gewebe sich dehnt und nicht verrautet. Abb. D 1.34 a–h (S. 148) zeigt verschiedene typische Zuschnittsmuster für die vier Grundformen mit der Richtung der Kettfäden (K). In Abb. D 1.34 a (S. 148) ist ein typischer Zuschnitt entlang der Hauptkrümmungen dargestellt. Hier liegt die durch Kettfäden und Schweißnähte steifere Richtung in der hängenden Krümmung, wodurch Schneelasten bei geringerer Gefahr von Wassersackbildung abgetragen werden können. Bei Segelflächen ist darüber hinaus zu vermeiden, dass Kettfäden genau zwischen zwei Eckpunkten spannen und sich dadurch konstruktiv ein ungewollter Grat ausbildet, der das Material überbeansprucht. Werden aus diesem Grund die Zuschnittslinien um 45° zu den Hauptkrümmungen gedreht, so wird die Fläche aufgrund Verhältnis von Innendruck, Krümmungsradius und Flächenvorspannung bei pneumatisch vorgespannten Membranen (Näherung): V = 0,5 ∙ P ∙ r D 1.31 D 1.32 D 1.33 D 1.32 V Flächenvorspannung [kN/m] P Innendruck [Pa; 1 Pa = 1 N/m2] r idealisierter Krümmungsradius einer einer Kugelkalotte [m] Zuschneiden und Verebnen von pneumatisch und mechanisch vorgespannten Flächen sichtbare Schweißnähte bei Nacht, Norwegischer Pavillon Expo Shanghai (CN) 2010, Helen & Hard/Melvær & Lien/Sweco Goener; Knippers Helbig/studioLD (Membrantragwerk) Norwegischer Pavillon, Hochpunkt mit sichtbaren Schweißnähten im Gegenlicht D 1.33 147
Tragwerk und Form der geringen Schubsteifigkeit der Membranmaterialien sehr weich. Ein Zwischenweg ist die in Abb. D 1.34 b dargestellte, um 22,5 ° gedrehte Ausrichtung. Hoch- oder Tiefpunktflächen werden typischerweise radial zugeschnitten (Abb. D 1.34 e). Durch die spitz zulaufenden Zuschnittsbahnen fällt jedoch viel Verschnitt an. Alternativen mit weniger Verschnitt sind in Abb. D 1.34 f gezeigt. Bogenmembranen werden meist rechtwinklig zu den steifen Randbögen geschnitten (Abb.D 1.34 g und h). Bei sehr flachen Formen kann der Zuschnitt auch bogenparallel erfolgen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Ausrichtung der Zuschnittslinien von folgenden Kriterien abhängig ist: • Richtung der Hauptkrümmungen (Minimierung der Verzerrung) • Montageablauf, Einleitung der Vorspannung • Lage der Eckpunkte • Schubsteifigkeit des Membranmaterials • Gestaltung • ökonomische Gesichtspunkte, Minimierung von Verschnitt K a K b K c K d K e K f K g K h D 1.34 D 1.34 D 1.35 D 1.36 D 1.37 D 1.38 148 typische Zuschnittslayouts für die Grundformen mechanisch vorgespannter Membranen Grundprinzipien des mechanischen Vorspannens a Verschiebung der Eckpunkte durch Kippen der Abspannmaste an biegeweichen Rändern b Kippen eines biegsteifen Randes c paralleles Verschieben eines biegsteifen Randes d Verschiebung der Eck- und/oder Hochpunkte von biegeweichen Rändern Grundprinzipien wandelbarer Membrankonstruktionen a Rollen b parallel raffen c zentral raffen d zirkular raffen Trichterschirme 10 ≈ 10 m, Stuttgart (D) 1990, Rasch + Bradatsch wandelbares, zentral gerafftes Membrandach, Centercourt am Rotherbaum, Hamburg (D) 1997, Schweger + Partner / Werner Sobek Ingenieure Kompensation Sind die Membranstreifen in die Ebene abgewickelt, werden sie um das Maß der vorspannungsabhängigen Dehnung verkleinert. Dieser Vorgang wird als Kompensation bezeichnet. Sie ist demnach eine Vorwegnahme elastischer Dehnungen im Zuschnitt, um eine Sollgeometrie im Vorspannungszustand zu erreichen. Der Kompensationswert eines Membranmaterials wird an einer biaxial (zweiachsig) vorgespannten Materialprobe ermittelt. Auf dem sogenannten biaxialen Spannungstisch wird die Probe mehreren typischen Belastungszyklen ausgesetzt (siehe Dehnsteifigkeit, S. 105). Anhand der gemessenen Materialdehnung wird der Kompensationswert festgelegt. Dieser kann sich je nach Material zwischen Kett- und Schussrichtung um mehrere Prozent unterscheiden. Bei Material wie Glas-PTFE kann es auch vorkommen, dass sich die Kettfäden unter biaxialer Vorspannung verkürzen (Abb. C 5.13 b, S. 106). Dies hat eine negative Kompensation zur Folge, welche aber in der Regel vernachlässigt wird, da der Wert sehr gering ist. Für jede Materialcharge sind neue Versuche durchzuführen. Der Kompensationswert muss also nicht nur für jedes Projekt aufgrund seiner spezifischen Vorspannungs- und Belastungswerte neu ermittelt werden, sondern auch für jede Materialcharge innerhalb eines Projekts. Erhöhte Steifigkeiten, beispielsweise in den Eckbereichen, können durch eine sogenannte Dekompensation, d. h. durch eine Verringerung des Kompensationswerts berücksichtigt werden. Durch die Planungs- und Fertigungsschritte wie Verebnung, Zuschnitt und Kompensation wird die ideale doppelt gekrümmte Geometrie des Membrantragwerks vereinfacht. Es ist möglich, dass der ursprünglich geplante Vorspannungszustand dann nicht mehr genau erreicht wird. Bei ungenauen Berechnungen und Fehlern in der Ausführung können sich Falten bilden und Montageprobleme, Überbeanspruchungen sowie in der Folge Schäden an der Membran entstehen. Eine besondere Herausforderung ist das Anpassen von Kompensationswerten bei GurtMembran-Verbünden, denn hier müssen die beiden unterschiedlichen Steifigkeiten berücksichtigt werden. Auch die Tatsache, dass sich der Gurt durch das Aufnähen mit jeder Naht verkürzt, spielt eine Rolle – in Summe kann dieser Wert bei 1–2 % liegen. Damit der Randgurt im endgültigen Zustand tatsächlich die aus der Formfindung vorgegebene Vorspannung aufweist, müssen sowohl die unterschiedlichen Kompensationswerte von Gurt und Membran als auch die Nahtverkürzung Berücksichtigung finden. Montage Für die erfolgreiche Realisierung eines Membrantragwerks ist eine detaillierte Montageplanung mit einem sorgfältig durchdachten Spannkonzept unabdingbar. Dieses ist sehr projektspezifisch und im Allgemeinen abhängig von: • Konstruktion (Geometrie, Vorfertigung) • örtlichen Randbedingungen (Zugänglichkeit) • Material (Vorspanngeschwindigkeit, Spannstufen, Spannweg) • Zuschnitt (Spannrichtung) • Wetter (Sicherheit) Die Einleitung der Vorspannung lässt sich prinzipiell durch Verschieben oder Klappen von biegesteifen Rändern, oder durch punktuelles Ziehen oder Abspannen von biegeweichen Rändern realisieren. Diese Grundprinzipien sind beispielhaft an den vier Grundformen Rollen (a) sowie parallel (b), zentral (c) und zirkular Raffen (d) in Abb. D 1.35 dargestellt. Bei abgespannten Stützen ist zu beachten, dass sich die Stütze möglichst in der Winkelhalbierenden zwischen Membran und Abspannseil befindet und der Winkel zwischen Seil und Stütze nicht zu klein gewählt wird. Andernfalls treten sehr hohe Kräfte in der Abspannung auf. Um die Vorspannung einleiten zu können, müssen die Rand- und Eckdetails über entsprechende Anschlussmöglichkeiten für temporäre Spannglieder verfügen (siehe Konstruieren mit textilen Membranen, S. 196ff.). Je nach Membranmaterial wird die Vorspannung sukzessive über einen längeren Zeitraum eingeleitet. Durch die zeitabhängige Spannungsrelaxation aufgrund von Materialkriechen muss dies schrittweise erfolgen, bis die gewünschte Vorspannungshöhe langfristig eingeprägt ist. Dieser Vorgang kann bei Materialien wie Glas-PTFE-Membranen mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Die Höhe der Vorspannung wird entweder geometrisch über die Sollgeometrie durch Lage der Fixpunkte oder Längen der Abspannseile kontrolliert oder durch Kraftmessung im Spannwerkzeug. Nachträglich kann die Flächenvorspannung mit speziellen Geräten getestet werden. Diese messen das Schwingungsverhalten
Tragwerk und Form oder den Zugwiderstand der Fläche und müssen für das ausgewählte Material in einem Labortest geeicht werden. Wandelbare Flächentragwerke Wandelbare Konstruktionen dienen als Tragwerk der Lastabtragung und erlauben als Mechanismen zugleich eine reversible Veränderung ihrer Form. Wandelbarkeit ist erwünscht, wenn eine Überdachung zwischen zwei Zuständen, z. B. offen und geschlossen, wechseln soll. Diese Anforderung kann durch die Notwendigkeit entstehen, die Konstruktion dem Wetter anzupassen, um z. B. einen temporären Sonnen- oder Regenschutz zu bieten. Aufgrund der Leichtigkeit und Flexibilität der meisten Membranwerkstoffe eignen sich zugbeanspruchte Flächentragwerke hervorragend für temporäre und wandelbare Konstruktionen. Bezogen auf Membrankonstruktionen wird prinzipiell zwischen Raff- und Rollmechanismen unterschieden. Rollmechanismen eignen sich nur bedingt für mechanisch vorgespannte Membranflächen, da sich die doppelt ge- krümmte Form in der Regel nicht faltenfrei aufrollen lässt. Daher werden häufiger Raffmechanismen verwendet. Viele Stadien werden heute mit zentralgerafften Membranen überdacht (Abb. D 1.36 d und D 1.38). Die Membran wird hier meist mit Rollen auf steifen Schienen oder Seilkonstruktionen bewegt. Diese sind möglichst so auszulegen, dass der Fahrweg und die Vorspannrichtung gleich ausgerichtet sind, sich die Randpunkte also während des Verfahrens voneinander entfernen und so die Vorspannung in die Fläche einleiten. Solche Systeme lassen sich daher nur von der Peripherie in die Mitte raffen. In umgekehrter Richtung funktioniert eine Raffung nur, wenn die inneren Randpunkte mit einem großen Höhenversatz gespreizt werden. Beim Öffnen und Schließen eines Dachs sind große Wege mit hohen Geschwindigkeiten und geringen Kräften zurückzulegen, während beim Vorspannen vergleichsweise große Kräfte mit kleinen Spannwegen eingebracht werden. In der Antriebstechnik werden die beiden Schritte Öffnen des Dachs und Vorspannen der Mem- bran daher meist getrennt. Bei parallel gerafften Systemen (Abb. D 1.36 a) bleibt die Vorspannung rechtwinklig zur Fahrrichtung in der Regel erhalten. Diese Systeme sind aus traditionellen spanischen Sonnensegeln (Toldo) abgeleitet, die zunächst nur durch ihr Eigengewicht gespannt sind. Um eine mechanische Vorspannung zu aktivieren, können Toldos mit wechselnden Grat- und Kehlseilen stabilisiert werden (Abb. D 1.15, S. 141). Außer mit Seilkonstruktionen lassen sich Membranen auch mit steifen Falt- und Klappmechanismen raffen (Abb. D 1.37). Für die beweglichen Komponenten solcher Konstruktionen eignen sich aufgrund ihres geringen Eigengewichtes vor allem faserverstärkte Kunststoffe. Solche Mechanismen werden heutzutage aufgrund der Vielzahl an kinematischen Freiheiten mit aufwendigen Computersimulationen ermittelt. Anmerkungen: [1] Engel, Heino: Tragsysteme – Structure Systems. Ostfildern-Ruit 1999, S. 41 a b a b c c d D 1.35 D 1.37 d D 1.36 D 1.38 149
Dimensionierung und Ausführung D 2.1 Steht die Form eines Tragwerks fest, ist nach der Auswahl von geeigneten Werkstoffen oder Halbzeugen die Dimensionierung der Tragelemente ein wesentlicher Schritt zur werkstoffgerechten Konstruktion und zur Vorbereitung der Detailplanung. Dabei werden nicht nur die Abmessungen der verwendeten Tragglieder bestimmt, sondern auch die Machbarkeit hinsichtlich der projektbezogenen Randbedingungen untersucht. Eine besondere Rolle spielen in diesem Zusammenhang ebenfalls die in den meisten Fällen notwendigen Versuchsreihen, mit denen in der Regel vor Baubeginn die Werkstoffeigenschaften der eingesetzten Kunststoffe oder Membranen überprüft werden müssen. Durch die Einschränkungen hinsichtlich Verarbeitung und Qualitätsanforderung können dann bereits Vorentscheidungen für die Detailausbildung und den geplanten Bauablauf getroffen werden. Berechnung D 2.1 D 2.2 D 2.3 D 2.4 D 2.5 D 2.6 150 Berechnungsmodell einer Dachlamelle aus faserverstärktem Kunststoff Tragverhalten faserverstärkter Kunststoffe a Bruch infolge Zug in Faserrichtung b Bruch infolge Druck in Faserrichtung c Zwischenfaserbruch infolge Schub und Querzug d Zwischenfaserbruch infolge Querzug e Zwischenfaserbruch infolge Querdruck anisotropes Spannungs-Dehnungsverhalten von textilen Membranen a Belastung in Kettrichtung b Belastung in Schussrichtung c Belastung unter 45° d Ausschnitt der Probekörper aus der textilen Membran Einfluss der Belastungsdauer auf die mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen 1 Wind, Schnee (H ≤ 1000 m, Nutzlast in Versammlungsräumen, Verkehr auf Wirtschaftswegen 2 Schnee (H ≥ 1000 m), Nutzlast in Wohn- und Büroräumen, Verkehr auf öffentlichen Straßen 3 Nutzlast in Fabriken, Verkehr auf überörtlichen Straßen 4 Eigengewicht Einfluss der Medienklassen auf die mechanischen Eigenschaften von Duroplasten 1 Innenklima 2 natürliche Bewitterung 3 starke UV-Einwirkung Einfluss der Umgebungstemperatur auf die mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen Zunächst gilt es, die erforderlichen Querschnitte der tragenden Bauteile aus Kunststoffen und Membranen zu ermitteln und Verbindungspunkte zu dimensionieren. Dabei sind einige werkstoffbedingte Besonderheiten zu beachten. Einerseits wirken sich Belastungsdauer, Temperatur sowie umgebende Medien direkt auf Festigkeit und E-Modul von Kunststoffen und Polymerfasern aus. Andererseits muss bei textilen Membranen und faserverstärkten Kunststoffen auch das Zusammenspiel zwischen Fasern und Kunststoff betrachtet werden, denn im Gegensatz zu anderen Werkstoffen zeigen Bauteile mit integrierten Fasern ein ausgeprägt richtungsabhängiges Verhalten. Je nach Orientierung und Menge der Fasern ändern sich die Materialeigenschaften und die Spannungsverteilung im Bauteil. Im Folgenden sollen nur die werkstoffbedingten Besonderheiten bei der Berechnung von Tragwerken aus Kunststoffen oder Membranen betrachtet und ein kurzer Überblick der wichtigsten Parameter gegeben werden. Für die Durchführung einer vollständigen statischen Berechnung wird auf die entsprechenden Normen und Empfehlungen verwiesen. Faseranordnung Die Tragfähigkeit und die Spannungsverteilung von faserverstärkten Kunststoffen und textilen Membranen wird durch die Art und Menge der verwendeten Fasern, deren Verarbeitungsform und Orientierung festgelegt. Die Faserorientierung bestimmt die Steifigkeit bzw. den E-Modul eines Bauteils und damit die Ausrichtung des Kraftflusses. Längs der Faserorientierung ist die Steifigkeit beispielsweise höher. Textile Halbzeuge werden stets im Verbund eingesetzt, also mit einer thermoplastischen Beschichtung versehen oder in duroplastisches Harz eingebettet. Die beiden Komponenten wirken zusammen und übernehmen unterschiedliche Aufgaben der Tragwirkung. Unter Belastung muss eine Überdehnung des schützenden Kunststoffs vermieden werden, da dieser einreißen kann und die Fasern dann ungeschützt der Bewitterung ausgesetzt wären. Faserverstärkte Kunststoffe Laminate aus Fasern und duroplastischem Kunststoff bestehen aus mehreren Lagen, innerhalb derer die Fasern parallel in eine Richtung orientiert sind. Die Zug- und Druckspannungen in Faserrichtung werden von ebendiesen aufgenommen, während der umgebende Kunststoff lediglich der Stabilisierung dient (Abb. D 2.2 a und b). Die Querbelastungen und Schubspannungen überträgt der Kunststoff jedoch direkt (Abb. D 2.2 c – e). Diese Belastungen sind meist kritisch, da die Haftzugfestigkeit zwischen Kunststoff und Faser sowie die Tragfähigkeit des Kunststoffes selbst vergleichsweise gering sind. Unter Schubbelastung kann das Bauteil delaminieren, also der Verbund zwischen den einzelnen Schichten verloren gehen. Textile Membranen Die Steifigkeiten von textilen Membranwerkstoffen sind ebenfalls richtungsabhängig. Maximale Steifigkeiten werden in der Regel in Kettrichtung erreicht. Die Steifigkeitswerte in Schussrichtung sind etwas geringer, da der Schussfaden herstellungsbedingt um die Kettfäden onduliert. Die Schubsteifigkeit von Membranwerkstoffen ist von ihrer Beschichtung abhängig. Generell ist sie sehr gering und kann
Dimensionierung und Ausführung z σ11 z F τ σ11 y y σ11 a z a F c σ11 σ11 σ11 y F x b d der E-Modul sowie die Festigkeit von Kunststoffen und Polymerfasern ab. Außerdem werden die mechanischen Kennwerte durch schädigende Medien wie Wasser, Salzlösungen oder UV-Strahlung beeinflusst. Für die Berechnung müssen daher, anders als bei Werkstoffen wie z. B. Stahl, auch die Nutzungsdauer und die Umgebungsbedingungen abgeschätzt werden. Diese fließen über Abminderungsfaktoren direkt in die Bemessung der Bauteile ein. Bemessungskonzept für Kunststoffe Der Einfluss der Belastungsbedingungen wie Lastdauer, Temperatur oder umgebende Medien auf die mechanischen Kennwerte von Kunststoffen und faserverstärkten Kunststoffen wird über den sogenannten Material-Sicherheitsbeiwert sowie über drei unterschiedliche Einflussfaktoren quantitativ abgeschätzt: Kunststoffe und Polymerfasern (Kunststofffasern) weisen ein zeitabhängiges Verhalten auf, d. h. bei andauernder Belastung nehmen Verformungen zu (Kriechen) bzw. ein vorgespanntes Bauteil entspannt sich (Relaxation) (siehe Kriechen, Zeitstandfestigkeit und Relaxion, S. 36). Außerdem ist die Festigkeit von Kunststoffen und Polymerfasern bei anhaltender Last geringer als unter kurzzeitiger Belastung (Zeitstandsfestigkeit). Eine weitere Eigenschaft ist das temperaturabhängige Verhalten: Bei zunehmender Umgebungstemperatur fällt fd = Einflussfaktor A1 Einflussfaktor A2 Einflüsse auf mechanische Kennwerte 2,2 2,0 1,8 PMMA faserverstärkter Kunststoff ⊥, maschinell produziert faserverstärkter Kunststoff, manuell produziert faserverstärkter Kunststoff II, maschinell prodziert 4 3 2 D 2.2 fd fk γM A1 A2 fk [1] γM · A1 · A2 · A3 Bemessungswert der Festigkeit charakteristische Festigkeit, aus Berechnung oder Versuch unter Kurzzeitbelastung und Raumtemperatur Sicherheitsbeiwert für Kunststoff oder faserverstärkten Kunststoff Einflussfaktor »Belastungsdauer« (Abb. D 2.4) Einflussfaktor »Medienklasse« (Abb. D 2.5) 1,5 1,4 d Die Sicherheitsbeiwerte betragen für unverstärkte und manuell produzierte faserverstärkte Kunststoffe γM = 1,5 und für maschinell produzierte γM = 1,2. Zusätzlich müssen bei einwirkende Lasten Sicherheitsbeiwerte berücksichtigt werden. Belastungsdauer Entscheidend ist nicht nur die Belastung selbst, sondern vor allem auch die Dauer der Einwirkung. So treten Windlasten zwar relativ häufig auf, eine Windböe dauert jedoch nur wenige Sekunden. Werden alle Windböen über die Lebensdauer eines Bauwerks summiert, ergibt sich eine vergleichsweise kurze Dauer und damit ein geringer Einfluss auf die Zeitstandsfestigkeit. Faktoren wie Eigengewicht, Ausbaulasten oder Vorspannung treten jedoch konstant über die Nutzungsdauer eines Bauteils auf und sind daher von weitaus entscheidenderer Bedeutung für die Verminderung der mechanischen Kenngrößen. Je höher der Fasergehalt von faserverstärktem Kunststoff ist, desto weniger stark ausgeprägt ist sein zeitabhängiges Verhalten, denn die üblicherweise verwendeten Glas- und Kohlenstofffasern kriechen nicht. Für Belastungen längs und quer zur Faserrichtung ergeben sich bei Faserverbundwerkstoffen unterschiedliche Werte (Abb. D 2.4). 4,2 3,8 PF (Festigkeit) 3,4 2,2 1,8 1,1 getempert 1,2 1,4 1 1 Wo. 6 Mon. 10 J. 50 J. Belastungsdauer D 2.4 UP (Festigkeit) 2,6 ungetempert 1,2 1,4 1,0 1 Min. D 2.3 A3 Einflussfaktor »Gebrauchstemperatur« (Abb. D 2.6) 3,0 1,3 1 1,6 Kettrichtung c Einflussfaktor A3 bei unbeschichteten Geweben vernachlässigt werden (Abb. D 2.3). Allgemein ist die Bewertung der Membransteifigkeit für die statische Berechnung durch einen konstanten E-Modul schwierig, da sich die Steifigkeitswerte zwischen einem monoaxialen und biaxialen Spannungszustand stark unterscheiden und er ferner von der Belastungsgeschichte, der Höhe und Dauer äußerer Lasten, die auf das Tragwerk einwirken, abhängig ist. Es hat sich jedoch gezeigt, dass bei der Berechnung von Membrantragwerken mit ausreichend geometrischer Steifigkeit die Membranspannungen nur in geringem Maß durch den E-Modul beeinflusst werden. Für die Berechnung der Verformung hingegen, z. B. zur Überprüfung der Möglichkeit einer Wassersackbildung bei Winddrucklastfällen, ist der E-Modul jedoch durchaus von Bedeutung. 2,4 F ε x 2,6 b F σ y σ11 e z ε ε y x x σ σ11 τ σ11 F σ Schussrichtung z 1 2 3 Medienklasse D 2.5 PMMA (Festigkeit) 1,0 -20 20 UP (E-Modul) VE/PHA (E-Modul) PF (E-Modul) 60 100 140 180 220 Umgebungstemperatur [ ˚C] D 2.6 151
Dimensionierung und Ausführung a b c d e D 2.7 Bei Zug in Faserrichtung werden die Lasten fast ausschließlich von den Fasern aufgenommen, sodass der Kriecheinfluss in diesem Fall gering ist. Bei Beanspruchungen senkrecht zur Faser oder bei Schubbeanspruchungen nimmt hauptsächlich der Kunststoff die Lasten auf und erhöht damit die Kriechneigung des Bauteils. Auch bei Druckkräften in Faserrichtung entstehen erhöhte Spannungen im Kunststoff, da er die Fasern gegen lokales Knicken stabilisiert. Medieneinfluss Zunächst muss grundsätzlich geklärt werden, inwieweit sich ein Kunststoff für den Einsatz in einer bestimmten Umgebung eignet. Die für faserverstärkte Kunststoffe gebräuchlichen Duroplasten sind vergleichsweise beständig, wobei sich durch anhaltende Bewitterung die mechanischen Kennwerte verschlechtern können. Da Kunststoff unterschiedlich auf Feuchtigkeit, Wasser oder Chemikalien reagiert, werden die Umgebungsbedingungen je nach Schädigungspotenzial durch die Zuordnung in »Medienklassen« beschrieben (Abb. D 2.5, S. 151). Die thermische Nachbehandlung von faserverstärkten Kunststoffen (Tempern) wirkt sich positiv auf die Medienbeständigkeit aus. Glasfaserverstärkter Kunststoff sollte z. B. maximal acht Tage nach der Fertigung für eine Stunde je Millimeter Laminatdicke bei 50 bis 100 °C (je nach verwendetem Harz) getempert werden. Die eingebetteten Fasern selbst weisen sehr unterschiedliche Eigenschaften auf: Während Kohlenstofffasern allgemein eine hohe chemische Beständigkeit besitzen, sind Glasfasern resistent gegen saures Milieu, werden aber von alkalischen Medien angegriffen, insbesondere bei gleichzeitig erhöhter Umgebungstemperatur. Temperatur Werden bei Kunststoffen die maximalen Gebrauchstemperaturen überschritten, verlieren sie ihre Tragwirkung. Bereits deutlich unterhalb dieser Grenzen nehmen jedoch schon die Festigkeit und der E-Modul der Kunststoffe ab. Dieser Vorgang ist reversibel, sofern die Gebrauchstemperatur noch nicht überschritten wurde. Der Grad der Eigenschaftsverluste kann im Rahmen der Dimensionierung zahlenmäßig abgeschätzt werden (Abb. D 2.6, S. 151). Besonders hoch ist der Einfluss der Temperatur auf die Druckfestigkeit, da der Kunststoff zunehmend erweicht und ausknicken kann. Ganze Bauteile oder auch nur Bereiche mit Langfaserverstärkung (Rovings) können Zugkräfte auch noch deutlich oberhalb der Anwendungsgrenzen aufnehmen, da der Kunststoff in langfaserverstärkten Bereichen keine primär tragende Funktion hat. Verbindungen von faserverstärkten Kunststoffen Beim Bauen mit Kunststoffhalbzeugen sind die Verbindungen meist die kritischen Punkte der Konstruktion. Insbesondere bei den für tragende Verbindungen üblichen faserverstärkten Kunststoffen können Schrauben- oder Klebeverbindungen nur geringe Kräfte aufnehmen. Es entstehen lokale Spannungskonzentrationen im Bauteil, außerdem kann faserverstärkter Kunststoff nur vergleichsweise niedrige Schubspannungen aufnehmen. Die Schrauben können ausreißen bzw. die Verklebung flächig delaminieren. Im Folgenden werden die bevorzugten Verbindungen für tragende Bauteile aus faserverstärkten Kunststoffen beschrieben. Grundsätzlich gelten die Zusammenhänge aber auch für unverstärkte Kunststoffe. Schraubenverbindungen Lösbare Verbindungen werden in der Regel als scherbeanspruchte Schraubenverbindungen ausgeführt. Durch die vornehmlich in eine Richtung orientierte Faserverstärkung von Faserverbundwerkstoffen und das Fehlen einer plastischen Spannungsumlagerung fallen die durch Schrauben übertragbaren Kräfte wesentlich geringer aus als die Tragfähigkeit des Bruttoquerschnitts. Die maximale Belastbarkeit wird durch die möglichen Versagensmechanismen bestimmt (Abb. D 2.7). Neben einem Bruch des Nettoquerschnitts (a) oder der Spaltung des Profils (b) (Abb. D 2.8) kann der Querschnitt auch infolge lokaler Spannungsüberschreitungen versagen. Dabei kann Spaltzug (c), lokale Überschreitung der aufnehmbaren Pressung (d) oder ein Versagen der DruckdiaD 2.7 Versagensmechanismen bei Schraubenverbindungen a Zugversagen des verbleibenden Querschnitts b Lochlaibungsversagen c Aufspalten infolge Querzugspannungen d lokale Überbeanspruchung e Versagen der Druckdiagonalen D 2.8 Schraubenverbindung bei längsfaserverstärktem Kunststoff, Versagen auf Lochlaibung D 2.9 Einfluss der Klebefugenlänge auf die Verteilung der Schubspannungen a – c Spannungsverteilung bei zunehmender Klebelänge d Bruchmechanismus, Verklebung schält sich vom Rand beginnend ab e Randspannung nimmt bei zunehmender Länge kaum ab, die übertragbare Kraft damit kaum noch zu D 2.10 Klebeverbindung bei längsfaserverstärktem Kunststoff, Bruch tritt im Bauteil auf D 2.8 152
Dimensionierung und Ausführung τ F τ F F F F La a b Lc c a c τ F F F Lb F La Lb Lc L b d e gonalen (e) auftreten. Bei faserverstärkten Kunststoffen ist meist Versagensmechanismus (b) maßgebend. Grob vereinfacht kann bei pultrudiertem faserverstärktem Kunststoff die Tragfähigkeit von geschraubten Verbindungen in Abhängigkeit der Scherfestigkeit des Laminats errechnet werden: [2] Klebeverbindungen Kleben ist eine werkstoffgerechte Verbindungstechnik für Kunststoffe und faserverstärkte Kunststoffe bei der eine flächige Lasteinleitung gewährleistet wird. Prinzipiell kann eine Klebeverbindung aufgrund folgender Mechanismen versagen: • kohäsiver Bruch des Klebstoffs (Materialversagen im Klebstoff) • adhäsiver Bruch zwischen Klebstoff und Bauteil (Verlust der Haftung zwischen beiden Materialien) • Scherbruch im Bauteil (Materialversagen bzw. Delamination im Faserverbundwerkstoff; Abb. D 2.10) zudem von der Oberflächenbeschaffenheit der Kontaktflächen bestimmt. Der rechnerische Nachweis für die Tragfähigkeit einer Klebeverbindung ist daher von vielen Einflussfaktoren abhängig und kann nur am Gesamtbauteil geführt werden. Klebeverbindungen im Bauwesen werden mit verschiedenen Klebstoffen hergestellt (siehe Klebstoffe, S. 54ff.). Die Verbindungen zwischen zwei Bauteilen aus faserverstärktem Kunststoff versagen in der Regel nicht in der Klebefuge, sondern aufgrund der geringen interlaminaren Scherfestigkeit im Bauteil selbst, also aufgrund der Haftfestigkeit zwischen den einzelnen Lagen des Verbundbauteils. Die nachstehend angegebene Interaktionsbeziehung konnte in mehreren Versuchsreihen bestätigt werden. Sie beschreibt den Zusammenhang zwischen der Ausnutzung der Schubund der Normalspannungstragfähigkeit an einem Punkt der Klebefläche. [3] D 2.9 FR = 2 ∙ e1 - d0 ∙ t ∙ fτ 2 ( ) wobei gelten muss: e1 ≥ 3,5 d0 und b ≥ 4,0 d0 FR t d0 e1 b fτ aufnehmbare Scherkraft Laminatstärke Lochdurchmesser Randabstand in Kraftrichtung Breite des Laminats aufnehmbare Schubspannung in Kraftrichtung (ermittelt in Versuchen oder aus Herstellerangaben) Die aufnehmbare Schubspannung von pultrudierten Querschnitten liegt bei ca. fτ = 25 N/mm2. Daraus ergibt sich für e1 = 3,5 ∙ do und b = 4,0 ∙ d0 eine aufnehmbare Scherkraft von FR = 150 N/mm2 · t · d0. Bei einer Schraube von 10 mm Durchmesser und einem pultrudierten GFK mit 10 mm Wandungsstärke entspricht dies einer Kraft von 15 kN. Dieser Wert ist zusätzlich mit Sicherheits- und Einflussfaktoren abzumindern. Bei allen Versagensarten sind neben den mechanischen Eigenschaften des Klebstoffs auch die Abmessungen der gefügten Bauteile bzw. der innere Aufbau des Faserverbundkunststoffs für die Spannungsverteilung in der Klebefuge maßgebend. Existieren lokale Spannungskonzentrationen, versagt dort die Klebefuge zuerst, der Riss breitet sich dann über die gesamte Klebefuge aus. Bei zunehmender Länge der Klebefuge in Kraftrichtung bringt die Vergrößerung der Klebefläche kaum einen Tragfähigkeitsgewinn, da die Spannungsspitzen am Anfang und Ende der Verbindung die Tragfähigkeit bestimmen, während im mittleren Bereich nur relativ geringe Spannungen herrschen (Abb. D 2.9). Die Beanspruchbarkeit der Verbindung wird σE 2 τ 2 + E ≤1 σR τR ( ) ( ) σE σR τE τR einwirkende Zugspannung senkrecht zur Klebefläche aufnehmbare Zugspannung senkrecht zur Klebefläche einwirkende Schubspannung längs zur Klebefläche aufnehmbare Schubspannung längs zur Klebefläche Bei üblichen pultrudierten Profilen können z. B. Spannungen von ca. σR = 1,0 N/mm2 und τR = 8,0 N/mm2 aufgenommen werden, was bei einer Klebefläche von 4 ≈ 5 cm einer Scherkraft von 16 kN entspricht. Die aufnehmbaren Spannungen sind wie bei Schraubenverbindungen zusätzlich mit Sicherheits- und Einflussfaktoren abzumindern. Bemessungskonzept für textile Membranen Da die meisten textilen Membranen aus Kunststofffasern (z. T. mit Kunststoffbeschichtung) bestehen, sind die Nachweisverfahren ähnlich aufgebaut wie das bereits für Kunststoffkonstruktionen beschriebene. Zusätzlich zu Einwirkungsdauer, Temperatur und weiteren Umgebungsbedingungen werden noch herstellungsD 2.10 153
Dimensionierung und Ausführung und konstruktionsbedingte Einflüsse erfasst wie z. B. Ausbildung von Nähten oder Rändern. Im Einzelnen haben folgende Faktoren Einfluss auf die Festigkeit von Membranen und Folien: • Größe und Dauer der Einwirkungen • Umgebungstemperatur und deren Schwankungen • Alter • Ausbildung der Nähte • Kriechverhalten der Fasern und Beschichtungen • Herstellungsverfahren und die resultierenden Toleranzen • Umwelteinflüsse Der Einfluss dieser Faktoren auf die Festigkeit ist abhängig vom verwendeten Material, von der Ausprägung der Flächenstöße, der Größe der Konstruktion und der beabsichtigten Nutzungsdauer. Somit ist es schwierig, ein einheitliches Bemessungsverfahren zu definieren, das allen Membranmaterialien und Konstruktionsformen gerecht wird. Aus Europa, Nordamerika und Japan sind verschiedene Bemessungsverfahren bekannt. Diese definieren jedoch unterschiedliche Werte für die verschiedenen Einflussfaktoren, die für unterschiedliche Belastungen jeweils zu einem Sicherheitsfaktor zusammengefasst werden. In der Regel liegen diese Werte bei 3 – 4 für Kurzzeitbelastungen (z. B. Wind) und bei 5 –7 für Langzeitbelastungen (z. B. Vorspannung). Trotz der verschiedenen Bemessungsverfahren zeigt sich bei den ermittelten Sicherheitsfaktoren eine sinnvolle Übereinstimmung. In Deutschland gibt es in der Praxis kein geregeltes Bemessungskonzept für Folien und Membranen. Das einzige bestehende Regelwerk ist die DIN 4134 zur Berechnung, Ausführung und zum Betrieb von Traglufthallen. Diese Norm ist zwar nicht direkt auf Folienkissen oder mechanisch vorgespannten Membranen anzuwenden, bildet aber die Grundlage für ein heute gängiges Bemessungsverfahren unter Einbeziehung von Abminderungsfaktoren. Dieses Verfahren wurde am Institut für Kunststoffverarbeitung der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen entwickelt und basiert auf empirisch gewonnen D 2.11 154 Daten aus Materialversuchen an den gängigen Membranwerkstoffen Glas-PTFE und PolyesterPVC. Für die Vorgehensweise und zahlenmäßige Bestimmung der Abminderungsfaktoren bildet die Dissertation von Jörg Minte nach wie vor eine wichtige Grundlage. Dabei werden die zulässigen Spannungen mit Faktoren abgemindert, die einwirkende Lasten dagegen erhöht. Die Spannungen fd berechnen sich folgendermaßen: fd = fd fk γm Ai fk [N/5 cm] γm ∙ Ai Bemessungswert der Spannung [N /50 mm] monoaxiale Zugfestigkeit nach DIN EN ISO 1421[N /5 cm] Sicherheitsfaktor (1,4 für Flächen, 1,5 für Verbindungen) Kombination der Abminderungsfaktoren, abhängig von Anwendung und Lastfall Die monoaxiale Zugfestigkeit wird an einem 5 cm breiten Streifen ermittelt, die einzelnen Abminderungsfaktoren basieren auf Versuchen. Dabei gibt es folgende Klassifizierung: A0 = 1,0 –1,2 Abminderungsfaktor zur Erfassung des festigkeitsmindernden Einflusses mehrachsiger (biaxialer) Spannungszustände gegenüber einachsiger Beanspruchung A1 = 1,6 –1,7 Abminderungsfaktor zur Erfassung des festigkeitsmindernden Einflusses bei langzeitiger Lasteinwirkung A2 = 1,1–1,2 Abminderungsfaktor für festigkeitsmindernde Umgebungseinflüsse (Medien, Strahlung etc.) A3 = 1,1–1,25 Abminderungsfaktor für erhöhte Temperaturen Für typische Lastfallkombinationen werden folgende Sicherheitsbeiwerte auf der Seite der einwirkenden Last vorgeschlagen: D 2.12 Dauerlast: Wintersturm: Sommergewitter: maximaler Schnee: P G W S 1,0 ∙ G + 1,3 ∙ P 1,0 ∙ G + 1,1 ∙ P + 1,6 ∙ W 1,0 ∙ G + 1,1 ∙ P + 0,7 ∙ W 1,0 ∙ G + 1,1 ∙ P + 1,5 ∙ S Vorspannung Eigengewicht Windlast Schneelast Um unvorhergesehene Spannungsspitzen während der Montage entsprechend zu berücksichtigen, ist es ratsam, einen Lastfall mit erhöhter Vorspannung zu prüfen, z. B. Montage: 1,0 G + 2 ∙ P Prüfung und Zulassung Einige Produkte wie textile Membranen, Folien oder Acryl- und Polycarbonatplatten wurden speziell für die Anwendung im Bauwesen entwickelt und geprüft. Häufig sind jedoch bei der Fertigung von Kunststoffbauteilen Hersteller involviert, die nicht speziell für den Baubereich produzieren. Daher ist einerseits die Eignung des Produkts durch Prüfungen zu bestätigen, andererseits müssen die Hersteller in die speziellen Abläufe im Bauwesen eingebunden werden. Weder Membranen noch Kunststoffe sind bislang allgemein zugelassene und genormte Baustoffe. Aus diesem Grund ist es in vielen Fällen nötig, vorab Materialversuche durchzuführen und so zu prüfen, ob der Werkstoff für die gestellten Anforderungen geeignet ist und die vom Hersteller gelieferten Produkte der technischen Spezifikation entsprechen. Der formale Ablauf des Genehmigungsprozesses ist international sehr unterschiedlich geregelt. Teilweise steht es im Ermessen des Bauherrn, welche Anforderungen an die Bauteile gestellt und wie diese überprüft werden; in anderen Fällen ist eine offizielle Genehmigung von der zuständigen Behörde einzuholen oder der prüfende Ingenieur fordert einen entsprechenden Nachweis. Für nicht tragende Bauteile ist in der Regel keine Genehmigung erforderlich, wenn von einem möglichen Versagen keine Gefahr für die Nutzer ausgeht. D 2.13
Dimensionierung und Ausführung Testreihe Probengröße1 [mm] Menge Test Norm Norm international national DIN 53 354 Zugfestigkeit Biegefestigkeit Druckfestigkeit interlaminare Scherfestigkeit Schubfestigkeit 250 ≈ 25 ≈ t 300 ≈ 30 ≈ t 125 ≈ 25 ≈ t 200 ≈ 25 ≈ t 250 ≈ 25 ≈ t 5 5 5 10 5 DIN EN ISO 527 DIN EN ISO 14 125 DIN EN ISO 14 126 DIN EN ISO 14 130 DIN EN ISO 14 129 Zugfestigkeit EN ISO 1421 Bruchdehnung EN ISO 1421 Weiterreißfestigkeit EN ISO 4674-2 Festigkeit der Verbindungen variabel 3 keine Wasserlagerung Frost-Tau-Zyklen Temperatur, dynamisch künstliche Bewitterung 300 ≈ 100 ≈ t 300 ≈ 100 ≈ t 1000 ≈ 100 ≈ t 130 ≈ 45 ≈ t 5 5 5 5 keine DIN EN 1367-1 DIN EN ISO 899 DIN EN ISO 4892 Krichen Relaxation EN ISO 899-1 BeschichtungsHaftung EN ISO 2411 dynamische Last 300 ≈ 100 ≈ t 5 DIN 53 442 Brandversuch 250 ≈ 90 ≈ t 2 ≈ 32 1 2 DIN 53 363 DIN 53 357 DIN EN 13 501-1, EN ISO 11 925-2, EN 13 823, EN ISO 1716, EN ISO 1182 Richtwerte, in Abhängigkeit der Laminatdicke (t) nur für EN ISO 11 925-2a D 2.14 In Deutschland ist für alle tragenden Bauteile aus Kunststoff eine Genehmigung notwendig. Diese kann generell für ein Produkt als bauaufsichtliche Zulassung (BAZ) erworben werden oder im Rahmen eines einzelnen Bauprojekts durch eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE), die die Obersten Bauaufsichtsbehörden der Bundesländer vergeben. Der Antrag wird durch den Bauherrn oder in seinem Auftrag formlos an diese Behörde gerichtet, die dann einen vom Bauherrn vorgeschlagenen Gutachter bestätigt oder selbst einen benennt. Nach dessen erfolgreicher Prüfung wird die Zustimmung im Einzelfall erteilt. Eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) für serienmäßig hergestellte Produkte vergibt das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) in Berlin in einem Verfahren, das in den Randbedingungen nicht projektspezifisch, sondern allgemeiner ist. Antragsweg, erforderliche Versuche und Berechnungen sind wesentlich umfangreicher als für die ZiE. Es gibt in Deutschland einige Zulassungen für CFK-Lamellen zur Bauteilverstärkung und eine für pultrudierte GFK-Profile (zur Drucklegung in Vorbereitung). Bauaufsichliche Zulassungen geben Randbedingungen vor, die für eine Anwendung einzuhalten sind, z. B. eine Beschränkung auf nicht dynamische Lasten, erforderliche Zusatzprodukte wie Klebstoffe, Bearbeitung usw. Wird diesen Bedingungen entsprochen, kann das Produkt ohne weitere Genehmigung oder Versuche eingesetzt werden. Membranen Für die Genehmigung eines Membran- oder Folientragwerks bedarft es einer Zustimmung im Einzelfall. Dazu werden im Rahmen eines Prüfverfahrens Versuche am speziell für das Bauvorhaben gefertigten Material durchgeführt. Geprüft werden monoaxiale Zugfestigkeiten von Flächen und Nähten in Kett- und Schussrichtung, teilweise ergänzt durch Biaxialversuche (siehe Dehnsteifigeit, S. 105f.). Der zweiachsige (biaxiale) Spannungszustand einer Membran hat einen starken Einfluss auf die Steifigkeit und die Festigkeitswerte. Daher wurden spezielle Prüfmaschinen, sogenannte Biaxmaschinen, entwickelt, an denen die Materialproben, Schweißnähte und Verbindungsdetails biaxial getestet werden (Abb. D 2.11 und D 2.12). Um eine homogene Einleitung der Spannungen zu gewährleisten, wird die Materialprobe an den Seiten eingeschnitten und die separaten Streifen werden dann an die Spannbacken der Zugvorrichtung geklemmt. Für den maximalen Spannungszustand unter äußeren Lasten, bei dem die Spannung in einer Geweberichtung oft deutlich größer ist als in der anderen, werden die Zugfestigkeiten in Kett- und Schussrichtung separat in einachsigen Zugversuchen getestet. Auch Nahtfestigkeiten werden einachsig quer zur Naht untersucht (Abb. D 2.13). Für die Zustimmung im Einzelfall muss jede Charge des im Projekt verwendeten Membranmaterials geprüft werden. Eine vom DIBt zuge- D 2.15 lassene Prüfstelle bestimmt die monoaxiale Zugfestigkeit in Kett- und Schussrichtung bei Raumtemperatur (23 °C) und erhöhter Temperatur (70 °C) nach DIN 53 354 bzw. EN ISO 1421 (Abb. D 2.15). Normalerweise werden 50 mm breite Streifen getestet; damit Herstellungstoleranzen und Fadenzahl im Gewebe einen möglichst geringen Einfluss auf das Ergebnis haben, werden diese jedoch teilweise auch 100 mm breit gewählt. Neben Rohmaterial und Verbindungen wie Näh- oder Schweißnähten wird teilweise auch die Weiterreißfestigkeit in Mono- und Biaxialtests geprüft. Oft gibt der Hersteller diesen Wert jedoch an und er muss nicht zwingend getestet werden. Kriech- und Relaxationsverhalten Je nach Trägergewebe, Beschichtung und Höhe der ständigen Lasten (Vorspannung) unterscheidet sich das Kriech- und Relaxationsverhalten von textilen Membranen und Folien zum Teil stark. Besonders hervorzuheben sind die hohen Kriechzahlen von PTFE-Beschichtungen und PTFE-Fäden. Die genauen Kriechund Relaxationszahlen werden an einachsig gespannten Proben in Dauerstandsversuchen ermittelt. Brandverhalten Die Brennbarkeit von textilen Membranen, aber auch von Folien ist im Wesentlichen abhängig von der Beschichtung bzw. dem D 2.11 D 2.12 D 2.13 D 2.14 biaxialer Zugversuch mit einem Spanntisch biaxialer Zugversuch an einem Schnürstoß monoaxialer Zugversuch an einer Schweißnaht relevante Prüfnormen zur Beurteilung von Kunststoffen und faserverstärktem Kunststoff D 2.15 relevante Prüfnormen zur Beurteilung von Folien und Membranen D 2.16 Zugversuch an handlaminiertem GFK D 2.17 Drei-Punkt-Biegeversuch zur Ermittlung der Kurzzeitfestigkeit von Kunststoffen oder faserverstärktem Kunststoff D 2.16 D 2.17 155
Dimensionierung und Ausführung Folienwerkstoff. Die meisten Membranwerkstoffe erreichen die Brandschutzklasse B1 nach DIN 4102 bzw. DIN EN 13 501. Geprüft wird die Entflammbarkeit, die Rauchentwicklung und das Abtropfverhalten des Materials. Kunststoffe Bei Kunststoffen oder faserverstärkten Kunststoffen fehlen bislang allgemeine Materialstandards und Qualitätsrichtlinien, wie es sie z. B. beim Stahl- oder Massivbau gibt. Die Eignung des Werkstoffs für die gestellten Anforderungen einschließlich des Langzeitverhaltens sind auch hier im Einzelfall zu untersuchen. Abb. D 2.14 auf S. 155 zeigt exemplarisch empfohlene Testreihen für die Untersuchung von faserverstärkten Kunststoffen. Mechanische Eigenschaften (Kurzzeitfestigkeit) Die erforderlichen Grundgrößen für statische Berechnungen (Zug-, Druck, Scher- und Biegeeigenschaften) werden zunächst bei Raumtemperatur und ohne Einwirkung äußerer Einflüsse in Kurzzeitversuchen getestet (Abb. D 2.16 und D 2.17, S. 155). Bei maschinell hergestellten Bauteilen sind oft schon fünf Probekörper (kleine Ausschnitte aus dem Laminat) je benötigter Kenngröße ausreichend. Da für handlaminierte Bauteile je nach Lage im Laminat oder Charge mit einer großen Streuung der Kenngrößen zu rechnen ist, sollten in diesem Fall mehrere Serien mit je fünf Versuchen geprüft werden. Wichtig ist dabei, Proben aus unterschiedlichen Bereichen zu untersuchen, z. B. am Überlappungsstoß von Verstärkungsmatten oder an kleinen Rundungen. Beständigkeit gegen Umgebungseinflüsse Umgebungsbedingungen wie Temperatur oder Bewitterung wirken sich nicht nur auf die mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen aus, sondern auch auf die Oberflächenqualität. Dies ist für architektonische Anwendungen häufig genauso wichtig wie die Sicherstellung der Tragfähigkeit. Da die Nutzungsdauer von Bauwerken wesentlich größer ist als bei Gebrauchsartikeln oder im Automobilbau, liegen die erforderlichen Kennzahlen häufig nicht vor und müssen daher experimentell abgeschätzt werden. D 2.18 D 2.19 D 2.20 D 2.21 D 2.22 Diese Tests dienen oft der Auswahl eines für den Einsatz am besten geeigneten Kunststoffs oder einer Oberflächenbeschichtung. Wasserlagerung Die Probekörper werden mehrere Tage in Wasser gelagert. Dabei sollte bei lackierten Bauteilen die Beschichtung angekratzt werden, um mögliche Schädigungen zu simulieren. Anschließend werden die mechanischen und ptischen Auswirkungen der Wasserlagerung untersucht. Der Probekörper kann an Festigkeit verlieren oder durch Blasenbildung bzw. Verfärbung optisch beeinträchtigt werden. Frost-Tau-Wechsel und Temperaturlast Die Leistungsfähigkeit von Oberflächenbeschichtungen, z. B. einer Lackierung, kann durch Frost-Tau-Wechsel-Tests untersucht werden. Dabei taucht man die Probekörper abwechselnd in Eiswasser und erhitztes Wasser. Durch die plötzlichen Temperaturwechsel können Risse in der Beschichtung entstehen oder diese kann sich vom Grundmaterial ablösen. Daneben sollte das Material hohen und niedrigen Temperaturen ausgesetzt werden, um deren Beeinflussung auf Festigkeit und E-Modul zu ermitteln. Dabei lässt sich auch die maximale Gebrauchstemperatur bestimmen. Künstliche Bewitterung In Versuchen mit künstlicher Bewitterung wird die Auswirkung von Feuchtigkeit, Temperatur und UV-Strahlung auf den Kunststoff abgeschätzt. Die Probekörper werden in einem Klimaschrank (Abb. D 2.20), bei dem sich diese drei Umgebungsbedingungen zyklisch variieren lassen, z. B. über 1000 Stunden bewittert und anschließend hinsichtlich der optischen oder mechanischen Auswirkungen untersucht. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich künstliche und natürliche Bewitterung nicht direkt miteinander korrelieren lassen. Vielmehr dienen die Versuche dazu, Tendenzen abzuschätzen und aus unterschiedlichen Produkten das geeignetste für den jeweiligen späteren Standort auszuwählen. Zur Beurteilung der Beständigkeit gegen Tausalze sind Salz-Sprühnebel-Versuche üblich (siehe Witterungsbeständigkeit, S. 55). Brandversuche Die Brennbarkeit von Kunststoffen spielt für Anwendungen im Bauwesen häufig eine entscheidende Rolle. Nur mit ausgewählten Materialien oder Komponenten ist die Brandschutzklasse B nach DIN EN 13 501 erreichbar, die häufig im Hochbau gefordert wird. Daher sollten die geforderten Brandschutzeigenschaften bereits zu Planungsbeginn geklärt werden. Der Versuchsumfang für den Nachweis der Brandschutzklasse B ist sehr umfangreich: Neben der Brennbarkeit muss auch die entstehende Energie, die Freisetzung von Rauch und das Abtropfverhalten untersucht werden. An Ingenieurbauwerke werden häufig keine Anforderungen hinsichtlich der Brandschutzklasse gestellt. Tragfähigkeit von Verbindungen Versuche an Verbindungen sollten am tatsächlichen Aufbau im Maßstab 1:1 durchgeführt werden, wobei je Detail meist drei Versuche ausreichend sind. Die Tragfähigkeit des Anschlusses hängt nicht nur von den mechanischen Eigenschaften der Schrauben bzw. des Klebstoffs ab, sondern auch von denen des Laminats, der Geometrie und der Kombination der auftretenden Belastungen. Qualitätskontrolle und Arbeitsschutz Im Hinblick auf die Bauüberwachung und die Koordination des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes, sollte der Planer mit grundlegenden Sachverhalten zur Qualitätskontrolle und zum Arbeitsschutz vertraut sein. Ein Qualitätssicherungsplan muss für das Einzelprojekt in Abstimmung mit dem Hersteller erarbeitet werden. dauerhafte Beschädigung der Glasfasern durch Doppelfalte an einer Glas-PTFE-Membran produktionsbedingte Unregelmäßigkeiten bei glasfaserverstärktem Kunststoff, die eingebauten Textilien liegen nicht in der Solllage, sondern wellen sich Klimaschrank für künstliche Bewitterung großflächige Verklebung mit Lehre für definierte Dicke Bohren von glasfaserverstärktem Kunststoff D 2.18 156 Dynamische Lasten Dynamische Lasten wie Vibrationen oder Stöße können zu einem Ermüdungsbruch führen. Bei schwingungsanfälligen Bauwerken oder Brücken ist eine ausreichende Ermüdungsfestigkeit sicherzustellen, die durch dynamische Versuche ermittelt wird. Insbesondere bei lackierten Bauteilen sollte auch untersucht werden, ob die Beschichtung die auftretenden Dehnungen aufnehmen kann oder ob sichtbare Risse entstehen. D 2.19
Dimensionierung und Ausführung Herstellungsqualität und Montage Während Membran- und Folienwerkstoffe Herstellungsqualitäten aufweisen, die sehr einheitlich sind, können bei der Konfektionierung, beim Transport und der Montage erhebliche Materialschädigungen entstehen. Durch Faltungen kann es zu Faserbrüchen im Gewebe (vor allem bei Glasfasergewebe) kommen, die teilweise erst nach langzeitiger Bewitterung zum Vorschein kommen. Es ist also sehr wichtig, dass knickempfindliche Membranwerkstoffe wie Glas-PTFE und ETFEFolien faltenfrei verarbeitet und montiert werden. Besonders gefährlich sind Doppelfaltungen, die zu sehr engen Knickradien führen (Abb. D 2.18). Bei der Montage ist darauf zu achten, dass die Membran nur mit weichem, sauberem Schuhwerk betreten wird und die Arbeitskräfte gesichert sind. Thermoplastische Kunststoffhalbzeuge werden industriell hergestellt und unterliegen geringen Qualitätsschwankungen. Bei Faserverbundwerkstoffen hingegen variieren die Eigenschaften zum Teil erheblich. Die Produktion sollte im Hinblick auf folgende Kriterien kontinuierlich überwacht werden: • Maßabweichungen • Anordnung der Faserverstärkung, Fasergehalt und Sättigung der Fasern durch die Matrix (Kunststoff) • Oberflächenbeschaffenheit des Laminats Maschinelle Herstellungsmethoden wie die Pultrusion haben stets geringere Fertigungstoleranzen als manuelle Verfahren wie das Handlaminieren. Aber auch dort können Unregelmäßigkeiten in der Faseranordnung auftreten, z. B. Stellen mit unzureichender Sättigung der Fasern oder Einschlüsse von Fremdkörpern (Abb. D 2.19). Durch das Abbrennen der Matrix in einer Brandkammer kann die Faserverstärkung freigelegt und untersucht werden. Fehlstellen wie z. B. Luftlöcher in der Matrix selbst müssen am unzerstörten Probekörper ermittelt werden, beispielsweise mittels Ultraschallprüfung oder Wärmedurchgangsmessung. Bei letzterer Methode erwärmt ein Lichtblitz das Material einseitig, der Wärmedurch- D 2.20 gang wird durch Thermografie ermittelt und dadurch Fehlstellen oder Ungleichmäßigkeiten lokalisiert. Die Oberflächenbeschaffenheit ist wichtig für einen ausreichenden Schutz der Fasern vor Umwelteinflüssen. Durch starkes Schwinden der Matrix können beim Aushärten Risse an der Oberfläche entstehen. Schließlich kann eine fehlerhafte oder undichte Oberfläche zu Blasenbildung führen. In beiden Fällen sind die fehlerhaften Stellen entweder zu entfernen oder nachzubessern. Wartung und Instandhaltung Tragwerke aus Kunststoffen sollten regelmäßig gewartet werden, um folgende Veränderungen rechtzeitig zu erkennen: • mechanische Beschädigungen • sichtbare Risse am Laminat • Aufquellungen, Blasenbildung • starke Deformationen, Ausbeulungen Dabei empfiehlt es sich, Bereiche mit mechanischen Beschädigungen auszutauschen, mindestens aber wieder mit einer fehlerfreien Oberfläche zu versehen. Risse weisen entweder auf Herstellungsfehler (Schwindrisse) oder auf zu hohe Beanspruchungen hin. Bereiche mit verstärkter Wasseraufnahme sind in jedem Fall auszuwechseln. Da offene Schnittkanten anstehendes Wasser aufsaugen können, muss man diese versiegeln. Dies gilt insbesondere auch für nachträglich hergestellte Durchbrüche und Bohrlöcher. Bei Membranen sind Fehlstellen in der Beschichtung auszubessern. brennt und der entstehende giftige Rauch eingeatmet wird. Fasern mit einer Länge von mehr als 5 μm und einem Durchmesser < 3 μm können nach dem Einatmen das Lungengewebe durchdringen. Kohlenstofffasern werden daher standardmäßig mit einem Durchmesser von mehr als 7 μm produziert; Glasfasern haben ohnehin einen wesentlich größeren Durchmesser (Abb. B 2.10, S. 50). Bei der spanenden Bearbeitung brechen beide Fasertypen quer, behalten also ihren Durchmesser bei und sind daher nicht lungengängig. Die Kunststoffmatrix kann bei der Bearbeitung jedoch in kleinere Partikel zerfallen, die Juckreiz hervorrufen und die Schleimhäute reizen können. Aus diesem Grund sollte entstehender Schleifstaub stets mit Wasser gebunden oder unmittelbar nach der Entstehung abgesaugt werden. Bei der Arbeit mit Kunststoffen kommen unterschiedliche Schutzmaßnahmen infrage: • Spezialkleidung zum Schutz von Haut und Schleimhäuten • Absaugungsanlagen • bewässerte Werkzeuge zur Staubbindung oder Wasserstrahlschneiden Der wassergebundene Schleifstaub sollte unmittelbar nach der Bearbeitung in luftdichten Containern entsorgt werden. Eine Sammlung in Staubbehältern ist nur bedingt zweckmäßig, da die Flüssigkeit verdunstet und der verbleibende Schleifstaub erneut in die Atemluft gelangen kann. Gesundheits- und Sicherheitshinweise Die Arbeitssicherheit bei der Konfektionierung von Membranwerkstoffen ist im Allgemeinen als unkritisch zu betrachten. Einzig bei der Verarbeitung von PTFE-beschichteten Membranen ist auf eine gute Durchlüftung der Arbeitsplätze zu achten, da beim Schweißen giftige Dämpfe freigesetzt werden können. Aus diesem Grund besteht bei der Verarbeitung von fluorpolymerhaltigen Membranwerkstoffen wie ETFE und PTFE auch striktes Rauchverbot, um zu verhindern, dass v. a. PTFE-Staub in der Zigarette ver- D 2.21 Anmerkungen: [1] Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik e. V.: BÜV-Empfehlung, Tragende Kunststoffbauteile im Bauwesen (TKB). Berlin 2010, S. 28 (www.bvpi.de/bvpi-content/ingenieur-box/richtlinien/ richtlinien.htm, 26.08.2010) [2] Oppe, Matthias: Zur Bemessung geschraubter Verbindungen von pultrudierten faserverstärkten Polymerprofilen. Diss. RWTH Aachen 2008. In: Schriftenreihe Stahlbau, Heft 66, S. 77 [3] Vallée, Till: Adhesively bonded Lap Joints of pultruded GFRP shapes. Diss. Composite Construction Laboratory (CCLAB), ETH Lausanne 2003, S. 78 D 2.22 157

Teil E Konstruieren mit Kunststoffen und Membranen 1 2 3 Abb. E Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen Verbindungsmittel Profile Platten Formteile 160 161 165 168 171 Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen Unverstärkte Kunststoffe Faserverstärkte Kunststoffe Formenbau 174 174 176 184 Konstruieren mit Folien Lagenaufbau und Kissenform Detailausführung Luftversorgung von pneumatischen Konstruktionen Sicherheit von Kissenkonstruktionen Mechanisch vorgespannte Folien Seilnetzunterspannung 188 188 190 4 Konstruieren mit textilen Membranen Konstruktionselemente Flächenstöße Linienförmige Unterstützungen Ränder Eckdetails Hoch- und Tiefpunkte 196 197 198 201 202 206 210 5 Komplexe Gebäudehüllen Anforderungen an Hüllkonstruktionen Besonderheiten bei Folien- und Membrankonstruktionen Kunststoff-Glas-Kombinationen Glas-ETFE-Folien-Kombinationen 212 212 192 194 194 195 214 222 223 Überdachung eines Einkaufszentrums mit ETFEFolienkissen, Amadora (P) 2009, Promontorio Architects 159
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen E 1.1 Das Konstruieren mit Halbzeugen aus Kunststoff oder faserverstärktem Kunststoff bedeutet vor allem die Auswahl geeigneter Bauteile sowie deren Verbindung. Die Verwendung von vorgefertigten Halbzeugen beschränkt allerdings die Gestaltungsfreiheit. Vorgefertigte Halbzeuge sind meist kostengünstiger als individuell geformte Bauteile und können mit geringem Planungsaufwand eingesetzt werden. Daher werden sie aus wirtschaftlichen Gründen bevorzugt bei der Konstruktion mit Kunststoffen verwendet. Im Gegensatz zur Gestaltung frei geformter Strukturen (siehe Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen, S. 174ff.) werden Halbzeuge durch Addition gefügt. Dazu werden sie im Rahmen der Montage bearbeitet, z. B. abgelängt, gebohrt oder in einigen Fällen umgeformt. Wesentlich ist also die Auswahl von Verbindungsmitteln und die Gestaltung von Knotenpunkten. Bei den meisten grundsätzlichen Details ist die Abgrenzung zwischen Kunststoffen und faserverstärkten Kunststoffen unerheblich, weshalb im Folgenden »Kunststoff« als Oberbegriff beider Werkstoffgruppen verstanden wird. Konstruktionsgrundsätze Kunststoffe lassen sich mit einfachen Werkzeugen schneiden, bohren, kleben und in einigen Fällen auch schweißen. Bei faserverstärkten Kunststoffen wird durch spanende Bearbeitung jedoch die äußere Schutzschicht unterbrochen. Die entstehenden Schnittkanten können Wasser aufsaugen, weshalb sie nachträglich versiegelt werden sollten. Die Ausbildung von Anschlüssen kann häufig direkt auf der Baustelle erfolgen. Einige Halbzeuge haben bereits integrierte Steck- oder Schnappverbindungen, die sich bei der Montage ohne weitere Maßnahmen einfach fügen lassen. Oft werden standardisierte Verbindungsmittel wie Schrauben, Nieten oder Klebstoffe eingesetzt. Insbesondere bei faserverstärkten Kunststoffen liefern stiftförmige Verbindungsmittel oft unbefriedigende Ergebnisse, da mit derartigen Verbindungen im Vergleich zu anderen Werkstoffen wie Stahl nur relativ geringe Lasten übertragen werden können. Klebefugen erlauben in der Regel Verbindungen mit höhe- 160 rer Tragfähigkeit und sollten daher grundsätzlich bevorzugt werden. Sie sind jedoch nicht für alle Anwendungen zulässig. Wärmeausdehnung Der Wärmeausdehnungskoeffizient von unverstärkten Kunststoffen liegt deutlich über dem von mineralischem Glas und den meisten Metallen. Soll eine Konstruktion zwängungsfrei gelagert werden, sind entsprechend große Dehnfugen vorzusehen. Bei faserverstärkten Kunststoffen ist der Wärmeausdehnungskoeffizient je nach Art, Orientierung und prozentualem Anteil der Fasern geringer. Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff kann so eingestellt werden, dass er keine Wärmeausdehnung aufweist. Die hohe Temperaturdehnung führt nicht unbedingt zu großen Zwängungsspannungen, da Kunststoffe vergleichsweise nachgiebig sind. Unter bestimmten Umständen kann daher auf eine zwängungsfreie Lagerung verzichtet werden. Vergleicht man die mechanischen Kennwerte unterschiedlicher Werkstoffe (Abb. E 1.6), haben Kunststoffe recht hohe Zugfestigkeiten und einen eher niedrigen EModul. Betrachtet man Stäbe oder Platten, die an beiden Enden unverschieblich gehalten sind, entstehen bei einem Temperaturunterschied Zwängungsspannungen im Material. Diese hängen neben dem Ausdehnungskoeffizienten vom E-Modul des Materials ab. Werden sie in Relation zu den aufnehmbaren Spannungen gesetzt, kann der Ausnutzungsgrad errechnet werden. Dieser Wert liefert einen Hinweis für das Verhalten des Werkstoffs bei behinderter Temperaturdehnung, bei einem Wert von 100 % kommt es theoretisch zum Bruch. So werden beispielsweise unverstärkte Kunststoffe bei einem Temperaturunterschied von 50 K maximal zu 17 % ausgelastet, glasfaserverstärkter Kunststoff zu maximal 21 %. Floatglas hingegen hat in diesem Fall eine Spannungsauslastung von 70 %, also mehr als viermal so hoch wie Acrylglas. Diese vereinfachte Herleitung kann jedoch nicht ohne Weiteres auf reale Konstruktionen übertragen werden. Zusätzlich sind Materialsicherheiten und der Einfluss aus Dauerlasten zu beachten. Außerdem können Bauteile
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen bereits bei wesentlich geringeren Lasten knicken, beulen oder die Befestigungsmittel können versagen. Ein Temperaturunterschied von 50 K entspricht bei einer Aufstelltemperatur von 20 °C einer maximalen Bauteiltemperatur von 70 °C, dieser Wert kann unter realen Randbedingungen jedoch auch überschritten werden. 1 2 3 4 5 Abdeckkappe Kalotte Spezialschraube Dichtscheibe Wellplatte 1 3 Verbindungsmittel 4 2 5 Die Wahl eines geeigneten Verbindungsmittels stellt einen Kompromiss zwischen Optimierung der Kraftübertragung und Robustheit sowie Zuverlässigkeit der Konstruktion dar. Außerdem spielt insbesondere bei mobilen Bauten die Lösbarkeit von Verbindungen eine wichtige Rolle. Integrierende Verbindungen wie Kleben, Verguss oder Schweißen erlauben häufig hochtragfähige und unauffällige Elementstöße, welche außerdem der Bauteilabdichtung dienen können. Sie erfordern jedoch auch eine größere Fertigungsgenauigkeit und sind in den meisten Fällen nicht mehr lösbar. Aus diesen Gründen sind nach wie vor stiftförmige Verbindungsmittel dominierend. Da jedoch viele Kunststoffe und insbesondere faserverstärkte Kunststoffe weniger duktil sind als beispielsweise Stahl, liefern Schrauben oder Nieten meist unbefriedigende Ergebnisse. Die Entwicklung werkstoffgerechter Verbindungstechnik ist noch nicht abgeschlossen, die gebräuchlichen Konstruktionsdetails bei der Fügung von Halbzeugen sind häufig dem Stahloder Holzbau entlehnt. E 1.2 1 Bauteil aus Kunststoff 2 Nietschaft 2 1 3 a 1 74 5 b 6 2 c 1 8 E 1.4 Stiftförmige Verbindungsmittel Verbindungen mit Schrauben oder Nieten sind einfach auszuführen, gut überprüfbar und zuverlässig. Sie können ohne Weiteres auf der Baustelle und auch unter widrigen Umweltbedingungen angebracht werden. Bis auf wenige Thermoplaste sind die in der Architektur gebräuchlichen Kunststoffe spröde. Die Spannungskonzentrationen, die bei stiftförmigen Verbindungsmitteln auftreten, können daher nur bedingt umgelagert werden. Deshalb ist häufig eine große Anzahl an Verbindungsmitteln für einen Anschluss erforderlich. Bei faserverstärkten Kunststoffen durchtrennt das Bohrloch die Fasern, anders als bei metallischen Werkstoffen ist eine gleichmäßige Lastumleitung daher nicht möglich. Zusätzlich kommt es zur Schwächung der Oberflächenschutzschicht, wodurch die Verbindungsstelle anfällig für eintretendes Wasser wird und einer nachträglichen Versiegelung bedarf. Um die gute Witterungsbeständigkeit von Kunststoffen zu erhalten, sollten auch entsprechend beständige Verbindungsmittel z. B. aus Edelstahl eingesetzt werden. E 1.5 E 1.1 E 1.2 E 1.3 E 1.4 ΔT=50K E 1.5 E 1.6 Polycarbonat-Fassade, Werkhalle Bobingen (D) 1999, Florian Nagler Architekten Verschraubung von Wellplatten Kunststofffassade mit geschraubten Wellplatten verschiedene Nietenverbindungen a Passniet b Blindniet c klassischer Vollniet Kunststofffassade mit genieteten Platten Ausnutzungsgrad η verschiedener Materialien infolge einer Temperaturdifferenz von 50 K bei behinderten Längenausdehnung a Schemaskizze b Richtwerte verschiedener Materialien zur Ermittlung der Gefahr von Temperaturzwängungen a Zug-E-Modul (typischer Wert) Wärmeausdehnungskoeffizient αT [10 -6/K] Ausnutzungsgrad1 η [%] Material Zugfestigkeit / Streckgrenze (typischer Wert) fk [N/mm2] Acrylglas 63 2600 80 17 Polycarbonat 66 2250 65 11 -längs 240 23000 9 4 -quer 50 7000 30 21 13 GFK, pultrudiert GFK, handlaminiert Stahl Schrauben Schraubenverbindungen tragen die Last über Scherspannung ab, die Durchmesser orientieren sich an den Dicken der zu fügenden Bau- E 1.3 6 Nietdorn 7 Sicherungsring 8 Schließkopf 3 Schließring 4 Sollbruchstelle 5 Niethülse Floatglas Aluminium 1 b Ausnutzungsgrad η = E [N/mm2] 80 7000 30 235 21 0000 12 54 45 70000 9 70 140 70000 23 58 αT ⋅ ΔT ⋅ E mit ΔT = 50 K fk E 1.6 161
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen 1 GFK-Profil 2 Stahlblech 3 Sechskantschraube 3 1 2 1 2 3 3 1 2 1 2 3 E 1.7 Zug Zug Kraft [kN] a b, c, d e f 90 80 70 f b 60 b 50 e 40 30 d a c 20 10 0 0 162 1 2 3 3,5 5,5 7,5 relativer Weg im Knoten [mm] E 1.8 teile. Bei einer einfachen Überlappung entsteht ein exzentrischer Anschluss und damit ein zusätzliches Anschlussmoment sowie ein optischer Versatz (Abb. E 1.9 a). Durch eine gezielte Ausformung der Verbindungsstelle kann zumindest optisch ein Versatz vermieden werden, auch wenn weiterhin ein lokales Biegemoment entsteht (Abb. E 1.9 b). Besser ist jedoch die Verwendung von Laschen, da sich ein symmetrischer Anschluss ergibt (Abb. E 1.9 c). Durch das Aufkanten der Bauteile oder die Verwendung eingebauter Stahlwinkel kann der Schraubenstoß unauffälliger gestaltet werden (Abb. E 1.9 d und e). Die übertragbaren Kräfte sind in diesem Fall jedoch geringer als bei einem axialen Stoß, da Biegung in den Laschen auftritt. Eine weitere Variante ist die integrale Einbettung der Schrauben in das Bauteil in Kombination mit einer Lasche (Abb. E 1.9 f). Nieten Die Tragwirkung von Nieten ist prinzipiell mit der von Schrauben vergleichbar. Nieten haben meist kleinere Durchmesser als Schrauben und werden daher auch selten einzeln, sondern in höherer Stückzahl für einen Anschluss verwendet. Gebräuchlich sind Edelstahlnieten mit Durchmessern zwischen 2,4 und 6,4 mm. Ein klassischer Vollniet besteht aus einem Schaft sowie dem Setz- und Schließkopf. Während ersterer bereits vorgeformt ist, wird der gegenüberliegende Kopf erst nach dem Durchstecken der Niet unter Gegendruck aus dem Schaft geformt (Abb. E 1.4 c, S. 161). Daneben gibt es auch Blindnieten für eine einseitige Applikation. Hier wird der Niet durch ein vorgebohrtes Loch gesteckt, und der gegenüberliegende Setzkopf wird anschließend durch den zentral liegenden Nietdorn zurückgezogen. Dabei verformt sich die Niethülse und drückt sich an das Bauteil an (Abb. E 1.4 b, S. 161). Bei Passnieten befindet sich am Schaft ein Gewinde, der Schließring wird nach dem Platzieren angeschraubt (Abb. E 1.4 a, S. 161). Im Gegensatz zu Schrauben sind Nieten meist nicht mehr lösbar. Durch den Querdruck der Nieten ergeben sich zusätzliche Laststeigerungseffekte bei faserverstärktem Kunststoff, da die interlaminare Scherfestigkeit erhöht wird, indem die einzelnen Lagen des Verbundwerkstoffs zusammengepresst werden. Sind Nieten in engem Abstand angeordnet, lässt sich eine recht homogene Kraftübertragung erreichen. Wegen des kleinen Nietkopfs ist der Ausknöpfwiderstand gering, d. h. Nieten reißen unter Zugbeanspruchung leicht aus. Auch aus diesem Grund werden an einem Knotenpunkt viele nebeneinanderliegende Nieten angeordnet. Anschlussbleche Großformatige Anschlussbleche aus Stahl oder Edelstahl vereinfachen den Stoß von Halbzeugen, insbesondere von Profilen. Die zu verbindenden Bauteile können axial gestoßen werden, ohne dass ein Versatz entsteht (Abb. E 1.7). Mit Stahlblechen lassen sich auch mehrere Bauteile gleichzeitig verbinden oder über einen Winkel stoßen (Abb. E 1.18, S. 165). Stahlbleche können im Gegensatz zu den meisten Kunststoffen problemlos gekantet oder geschweißt werden. Wie bei den Verbindungsmitteln selbst bietet sich für die Bleche besonders Edelstahl an, um die gute Korrosionsfestigkeit der Kunststoffe auch an den Knotenpunkten zu garantieren. Die Stahlbauteile können die konzentrierten Spannungen aus den Schrauben besser aufnehmen als die Kunststoffbauteile, daher sind meist vergleichsweise dünne Bleche für die Knotenkonstruktion ausreichend. Dennoch sind auch hier relativ viele Verbindungsmittel erforderlich. Neuartige Schraubenverbindungen Die geringe Lochlaibungsfestigkeit von Schraubenverbindungen führt meist zu unbefriedigenden Ergebnissen. In vielen Fällen müssen Querschnitte allein deswegen vergrößert werden, um die notwendige Anzahl an Verbindungsmitteln unterzubringen, was sehr massiv wirkende Konstruktionen zur Folge hat. Da man allerdings auf die einfache Handhabung von Schraubenverbindungen und ein mögliches Auf- und Abbauen der Konstruktion nicht verzichten möchte, bietet auch eine Verklebung häufig keine brauchbare Alternative. Aus diesem Grund werden verschiedene Ansätze verfolgt, die Tragfähigkeit geschraubter Verbindungen zu optimieren. Abb. E 1.8 zeigt exemplarisch die Tragfähigkeit einer Schraubenverbindung bei pultrudiertem GFK-Flachprofil mit Abmessungen von 5 ≈ 1 cm und unterschiedlichen Verstärkungsmethoden wie Manschetten, aufgeklebte Laschen oder über neu entwickelte Reibschlussverbindungen. [1] Verstärkungslaschen Durch Aufkleben von Stahllaschen lassen sich die Bohrlöcher verstärken (Abb. E 1.12). Diese Bleche nehmen die konzentrierten Spannungen aus der Schraube auf und leiten sie gleichmäßig über die Verklebung auf das zu verbindende Profil weiter. Durch diese Methode können nennenswerte Laststeigerungen erzielt werden. Außerdem schützen die Laschen den GFK vor mechanischer Beschädigung beim Auf- und Abbau. Diese Verbindungstechnik wurde für pultrudierten GFK entwickelt, ist jedoch auch auf andere Kunststoffe übertragbar. [2] Reibschlussverbindung Bei der neu entwickelten Reibschlussverbindung erfolgt die Lastübertragung über die sich verzahnende Rippenstruktur. Diese wird vorab auf die zu verbindenden Bauteile appliziert (Abb. E 1.8 f). Die Schrauben fixieren dabei lediglich die Bauteile, sie können auch durch Schlaufen ersetzt werden. Diese Verbindung ermöglicht sowohl eine schnell auf- und abbaubare Fügung als auch eine gleichmäßige Kraftübertragung. Aufgrund der geneigten Kontaktflächen entsteht unter Belastung eine Druck-
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen kraft senkrecht zum Bauteil. Bei faserverstärktem Kunststoff wirkt sich dieser Effekt positiv aus, da die Verbundfestigkeit zwischen den einzelnen Laminatschichten verbessert wird. Diese Verbindungen haben daher eine höhere Tragfähigkeit als Klebefugen. [3] 1 2 3 4 5 6 Bauteil aus Kunststoff Sechskantschraube Lasche aus Kunststoff Stahlblech, L-Form Lasche aus Stahl Einbauteil 1 2 3 4 5 Bauteil aus Kunststoff Klebefuge Lasche, beidseitig Lasche, einseitig Umfassungsprofil 2 Anpassung der Faserverstärkung Bei faserverstärkten Kunststoffen kann ein optimaler Schraubenanschluss durch die gezielte Anpassung der Faserverstärkung erreicht werden. Dazu sind jedoch schon vor der Produktion der Halbzeuge die exakte Lage des Fügungspunkts und der Kraftfluss zu definieren (siehe Anpassung der Faserverstärkung, S. 181f.). Zusätzlich integrierte Gewindemuffen oder Krafteinleitungselemente können dabei die einwirkenden Spannungen auf die Fasern gleichmäßig verteilen und damit die Tragfähigkeit erhöhen. Klebeverbindungen Tragende Verklebungen sind im Baubereich nach wie vor eher selten. Bis auf wenige Ausnahmen wie das Structural Glazing werden Klebstoffverbindungen nur zur Befestigung von Verkleidungen eingesetzt. Der Nachteil, dass die Qualität einer Verklebung im Nachhinein nicht überprüfbar ist, steht einem Einsatz oft entgegen. Schäden infolge mangelhafter Verarbeitung können lange nach Ausführung der Verklebung auftreten. Das Versagen ist dann meist spontan und spröde. Andererseits erlauben Verklebungen eine gleichmäßige Kraftübertragung und haben daher meist eine höhere Tragfähigkeit als stiftförmige Verbindungsmittel. Die hohe Tragfähigkeit von Klebeverbindungen ergibt sich hauptsächlich aus der großen Kontaktfläche der Fügung. So haben beispielsweise die im Bauwesen gebräuchlichen Silikonklebstoffe (siehe Silikonklebstoffe, S. 57) zwar eher geringe Schubfestigkeiten, derartige Verklebungen können jedoch durch große Flächen eine hohe Tragfähigkeit entwickeln. Funktionen von Verklebungen Neben der Kraftübertragung können Klebefugen weitere Aufgaben erfüllen. Ein witterungsbeständiger Klebstoff kann z. B. gleichzeitig auch der Abdichtung von Elementstößen dienen. Außerdem ist der Ausgleich von Wärmeausdehnungen, insbesondere bei der Kombination unterschiedlicher Werkstoffe, durch eine ausreichend dicke Fuge und den Einsatz eines weichen Klebstoffs möglich. Letztlich ist die Klebefuge in gewissen Grenzen auch in der Lage, Bauteiltoleranzen aufzunehmen. Konstruktive Gestaltung von Klebefugen Die Klebefuge sollte parallel zur Belastungsrichtung orientiert und möglichst großflächig dimensioniert sein. Dies lässt sich durch eine entsprechend große Überlappung der zu fügenden Bauteile erreichen (Abb. E 1.10 a). Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine Ver- 2 1 2 3 1 a a 2 1 1 b b 2 3 2 1 c 1 4 c 2 2 1 d 4 d 1 E 1.10 2 4 2 1 1 e a 5 1 1 6 f 2 E 1.9 5 b 1 Bauteil aus Kunststoff 2 Sechskantschraube 3 Stahlblech, aufgeklebt 2 2 1 E 1.11 3 1 1 1 3 3 a E 1.7 E 1.8 E 1.9 b Einsatz von Anschlussblechen bei axialem Stoss Tragverhalten unterschiedlicher Schraubenverbindungen a unverstärkt b Lasche, Stahl c Lasche, CFK längs d Lasche, CFK quer e Manschette, Stahl f Reibschlussverbindung konstruktive Ausbildung von Schraubenverbindungen a einfache Überlappung, mit Versatz b einfache Überlappung, ohne Versatz c mit Laschen E 1.12 d mit aufgekanteten Bauteilen e mit Stahlwinkeln f mit Einbauteilen E 1.10 verschiedene Klebeverbindungen a mit Überlappung b beidseitig aufgeklebte Laschen, symmetrischer Stoß c einseitige Lasche d Fügung auf Gehrung E 1.11 Verklebungen von Aufkantungen a mit Lasche b mit Umfassunsgprofil E 1.12 Verstärkung einer geschraubten Verbindung mit Stahllaschen 163
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen größerung der Überlappungslänge in Beanspruchungsrichtung ab einem gewissen Maß kein Zuwachs an Tragfähigkeit mit sich bringt, da in diesem Fall die Spannungsspitzen in den Randbereichen maßgebend werden (siehe Klebeverbindungen, S. 153). Eine Klebefuge sollte stets auf Schub, möglichst nicht auf Zug belastet werden. Wie auch bei Schraubenverbindungen ist ein symmetrischer Stoß zu bevorzugen, z. B. durch aufgeklebte Laschen (Abb. E 1.10 b, S. 163). Kann nur einseitig eine Lasche angebracht werden, ist diese wegen des auftretenden Versatzmoments dicker als das Grundmaterial auszuführen (Abb. E 1.10 c, S. 163). Ein Stumpfstoß sollte vermieden werden, da so nur eine kleine Kontaktfläche zur Verfügung steht und außerdem die Klebefuge auf Zug beansprucht wird. Lässt sich eine stirnseitige Verbindung nicht umgehen, sollte zumindest auf Gehrung gefügt werden (Abb. E 1.10 d, S. 163). Bei der Verklebung von Aufkantungen entstehen Zugspannungen in der Klebefuge, was die übertragbaren Kräfte herabsetzt. Diese Verbindungen können mit Laschen oder Umfassungsprofilen zusätzlich verstärkt werden (Abb. E 1.11, S. 163). 1 2 3 3 4 5 2 1 Silikondichtung 2 PE-Rundschnur 3 Klebung, Epoxidharz 4 GFK-Profil 5 Wärmedämmung a b E 1.13 a b 164 Ausführung von Verklebungen Die Klebeoberflächen müssen vor der Bearbeitung staub- und fettfrei sein. Daneben sollte die relative Luftfeuchte unter 80 % und die Umgebungstemperatur über 10 °C liegen. Wird die Bauteiloberfläche vor der Verklebung angeschliffen, ist diese bereits vorher zu entfetten. Bei faserverstärkten Kunststoffen ist es vorteilhaft, die außen liegende Wachsschicht bzw. den Gelcoat anzurauen. Das Abschleifen bis zur Faserverstärkung hat sich als nachteilig herausgestellt, da die Haftfestigkeit des Klebstoffs unmittelbar auf den Fasern schlechter ist als auf der umgebenden Matrix. Werden Primer (Haftvermittler) verwendet, ist vorab ihre Materialverträglichkeit zu klären, teilweise kann ein unsachgemäßer Einsatz oder die Kombination mit dem falschen Material die Festigkeit der Verklebung empfindlich herabsetzen. Materialkombinationen Kunststoffe können mit Werkstoffen wie Stahl, Beton, Glas oder Holz verklebt werden. Die Wärmeausdehnungskoeffizienten und die E-Module der Fügungspartner sollten dabei aufeinander abgestimmt sein. Ein weicher Klebstoff (z. B. Silikon) ermöglicht auch die Verbindung von Werkstoffen mit unterschiedlichem Wärmeausdehnungsverhalten. Dabei entsteht jedoch eine schubweiche Verbindung mit geringerer Tragfähigkeit des Verbunds und größeren Verformungen. Steife Klebstoffe (z. B. Epoxidklebstoff) ermöglichen Verbundkonstruktionen mit höherer Tragfähigkeit. Dazu eignen sich aber wiederum nur Werkstoffe mit ähnlichem Temperaturverhalten, da ansonsten zu hohe Zwängungsspannungen auftreten. E 1.14 GFK-Glas-Verbund Bei einem hohen Glasfaseranteil haben pultrudierte GFK-Profile in Längsrichtung einen ähnlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten wie Glas. Die beiden Werkstoffe lassen sich damit auch über einen steifen Klebstoff verbinden, die Klebefuge kann vergleichsweise dünn ausgeführt werden. Verbundkonstruktionen aus GFK und Glas (Abb. E 1.13 und E 1.14) erlauben schlanke Pfosten bzw. Rahmen, da die Eigensteifigkeit des Glases in Scheibenrichtung voll aktiviert werden kann. [4] Dabei werden der Glasscheibe Druck- und dem GFK-Profil Zugspannungen zugeordnet. Auf eine thermische Trennung zwischen Pfosten und Verglasung kann wegen der niedrigen Wärmeleitfähigkeit von GFK verzichtet werden. Weitere Verbindungstechniken Bei faserverstärkten Kunststoffen übernehmen hauptsächlich die Fasern die Lastabtragung. Um eine effektive Kraftübertragung zu gewährleisten, sollten die Belastungen unmittelbar in die Fasern eingeleitet werden. Aus diesem Grund wurden einige Verbindungstechniken speziell für faserverstärkte Kunststoffe entwickelt. Im Gegensatz zu stiftförmigen Verbindungsmitteln oder Verklebungen spielen bei diesen Anschlüssen die Eigenschaften der Kunststoffmatrix eine untergeordnete Rolle. Bei einer Klemmung oder einem Pressverband werden die Kräfte über Reibung in das Bauteil übertragen. Durch zusätzlichen Druck quer zum faserverstärkten Kunststoff lässt sich die Tragfähigkeit der Verbindung weiter steigern. Formschlüssige Verbindungen wie Schlaufen oder Verguss liefern nochmals bessere Ergebnisse. Letztere ähnelt dem Ankerkopf von Stahlseilen. Die freigelegten Fasern werden dabei in eine konisch geformte Vergussmasse eingebettet, welche die Lasten an die Verankerung weitergibt. Alle diese Verbindungen müssen jedoch schon bei der Fertigung der Halbzeuge implementiert werden und sind daher fast ausschließlich bei frei geformten Bauteilen realisierbar (siehe Faserverstärkte Kunststoffe, S. 176ff.). Kombinierte Verbindungsmittel Wie bei anderen Werkstoffen ist die Kombination unterschiedlicher Verbindungsmittel nicht unproblematisch. Das jeweils steifere Verbindungsmittel nimmt den Großteil der Belastung auf, während das weichere keinen nennenswerten Beitrag zur Tragfähigkeit leistet. Eine Ausnahme stellen Verbindungen dar, bei denen unterschiedliche Richtungen der Beanspruchung durch verschiedene Verbindungsmittel aufgenommen werden. So ist z. B. bei einer Klebefuge die zusätzliche Verstärkung mit Schrauben ineffektiv, da der Klebstoff wesentlich steifer ist und die Schrauben daher keine Last aufnehmen. Bei einer kombinierten Zug- und Schubbeanspruchung hingegen können die Schrauben die auftretenden Zugspan-
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen nungen übertragen, während die Schubkräfte von der Verklebung aufgenommen werden. Eine Kombination von Verbindungsmitteln wird unter anderem dann eingesetzt, wenn eine höhere Ausfallsicherheit (Redundanz) erreicht werden soll. In Deutschland müssen beispielsweise geklebte Fassadenelemente oberhalb von 8 m über Untergrund zusätzlich mit mechanischen Verbindungsmitteln gesichert sein. Profile Für Konstruktionen aus Kunststoffprofilen spielen im Bauwesen pultrudierte GFK-Bauteile eine herausragende Rolle. Andere stabförmige Kunststoffhalbzeuge aus Acrylglas (PMMA) oder kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) verfügen entweder über keine ausreichende Tragfähigkeit oder sind wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig. Pultrudierte Profile aus glasfaserverstärktem Kunststoff wurden zunächst für Konstruktionen des Industrie- und Anlagenbaus verwendet, die sehr korrosionsbeständig und gleichzeitig wirtschaftlich sein sollte (Abb. E 1.15). Seit den 1990er-Jahren werden sie zunehmend auch im Brückenbau, für Hochbaukonstruktionen und Fassaden eingesetzt (Abb. E 1.16). Dabei beschränken sich die Gestaltungsmöglichkeiten auf wenige Standardkonstruktionen wie Fachwerksysteme, Bögen oder zusammengesetzte Querschnitte. Die Formensprache orientiert sich bislang am traditionellen Stahlbau, dabei sind die Bauteilabmessungen von GFKProfilen wegen des geringeren E-Moduls größer als bei der Verwendung von Stahl. Die werkstoffgerechte Weiterentwicklung der Konstruktionsweisen und Querschnittsgeometrien befindet sich erst am Anfang. Die bekannten Fügetechniken des Stahlbaus sind nur sehr bedingt auf faserverstärkte Kunststoffe übertragbar; es sind generell mehr Schrauben zur Übertragung der Kräfte in den Knotenpunkten erforderlich (Abb. E 1.18). E 1.15 1 2 3 4 1 2 1 2 1 2 3 2 1 2 1 2 2 1 2 3 1 1 1 2 1 2 2 1 2 1 2 4 1 E 1.17 2 Zusammengesetzte Querschnitte Die standardmäßig verfügbaren GFK-Profile sind häufig nur in Größen bis ungefähr 30 ≈ 30 cm erhältlich. Als Biegeträger eingesetzt, sind nur recht kleine Spannweiten möglich. Die Tragfähigkeit lässt sich jedoch erhöhen, wenn mehrere Standardprofile zusammengesetzt werden (Abb. E 1.17). Die einzelnen Profile oder Platten werden zu größeren Einheiten verklebt, in Ausnahmefällen auch vernietet oder verschraubt. Dadurch lassen sich Zugglieder, Biegeträger oder symmetrische Stützen ausbilden. Werden an der Außenseite zusätzlich Lamellen aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff aufgebracht, ist eine weitere Verbesserung der Tragfähigkeit und eine Reduktion der Verformungen möglich. Materialverbrauch und Arbeitsaufwand sind bei zusammengesetzten Trägern jedoch relativ hoch, diese Konstruktionen sind deshalb häufig unwirtschaftlich. E 1.16 GFK-Profil Klebung Verstärkung, CFK-Lamelle GFK-Stegplatte 1 2 1 1 3 1 3 3 3 1 2 1 GFK-Profil 2 Stahlblech 3 Sechskantschraube GFK-Rahmenprofile mit Isolierglas verklebt, Elemente über Schraubenverbindung gestoßen a Detail b Ansicht E 1.14 Verstärkung von Glas mit aufgeklebten GFK-Profilen, Pavillion aus Glas und GFK a Gesamtansicht b Detailpunkt 1 3 2 E 1.18 E 1.13 E 1.15 E 1.16 E 1.17 E 1.18 geschraubte Konstruktion aus GFK-Profilen für die Verwendung in aggressiver Umgebung Bogenbrücke aus geschraubten GFK-Profilen, Lleida (E) 2001, Pedelta Structural Engineers zusammengesetzte GFK-Standardprofile Einsatz von Anschlussblechen für die Verbindung mehrerer Bauteile 165
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen 1 Brückengeländer 2 Gehwegplatte 3 Hauptträger aus fünf Elementen 1 2 3 a E 1.19 b 1 2 1 2 3 4 5 6 U-Profile Zugdiagonalen Druckdiagonale Latten Windverband Futterstück Wandartige Träger Bei Biegeträgern liefern vor allem die Randbereiche des Querschnitts einen effektiven Anteil zur Tragfähigkeit, während die Bauteilmitte weniger beansprucht wird. Daher bietet es sich bei zusammengesetzten Querschnitten an, für die Flansche GFK-Profile mit hoher Faserverstärkung, für den Steg hingegen Platten mit geringerem Faseranteil oder aus unverstärktem Kunststoff zu verwenden. In Kombination mit transluzenten oder transparenten Platten wirkt der Träger weniger gedrungen. Bei der Konstruktion von Fußgängerbrücken können diese Träger neben der tragenden Funktion gleichzeitig als Brüstung und Handlauf fungieren (Abb. E 1.21). Eine flächige Verklebung dient der Übertragung der Spannungen. Die Kombination aus Profilen und Stegplatten hat sich als tragfähig erwiesen, dabei ist jedoch die Beulstabilität der Platten nicht unproblematisch, weshalb zusätzliche Beulsteifen, also Stabilisierungen der Platte durch aufgeklebte Stäbe, erforderlich werden können. [5] Fachwerkträger 3 6 a 1 4 5 b E 1.20 1 2 2 1 1 2 2 1 1 GFK-Profil 2 transluzente Sandwichplatten mit geringer Faserverstärkung Aus GFK-Profilen lassen sich Fachwerkträger vergleichsweise einfach konstruieren (Abb. E 1.20). Erforderliche Bohrlöcher können im Rahmen der Montage gesetzt werden. Die Stäbe werden auf Normalkraft beansprucht, was dem längsorientierten Faseraufbau pultrudierter Profile entgegenkommt. Problematisch ist jedoch, dass an den Knotenpunkten meist nicht der erforderliche Konstruktionsraum für die Schrauben- oder Klebeverbindungen verfügbar ist. Deshalb müssen oft allein aus diesem Grund sehr massive Profile verwendet werden, der Materialverbrauch ist somit insgesamt recht hoch. Die Anschlüsse sollten symmetrisch ausgebildet werden, bei komplexen Knotengeometrien ist die Verwendung von Stahlblechen vorteilhaft (Abb. E 1.18, S. 165). Bei Fachwerkbrücken können die Gehwege mit Planken oder Rosten aus GFK gefertigt werden, diese dienen dann als lastverteilende Platten zwischen den Trägern. Stecksysteme a b E 1.21 a b E 1.22 166 Modulare Stecksysteme haben integrierte Verbindungen, die über Doppelfedern gefügt sind. Dadurch sind weniger Schrauben oder Verklebungen erforderlich. Mehrere Profile können zu einem Träger kombiniert werden, im Idealfall ist der mehrfache Auf- und Abbau einer Konstruktion möglich. Dazu ist in den zu verbindenden Hohlprofilen jeweils eine Nut eingelassen. Ein kleinerer Stab mit einem schwalbenschwanzförmigen Querschnitt wird in die Nuten eingeschoben und verbindet damit die Hohlprofile. In der Regel werden solche Stecksysteme für Verkleidungen und andere nicht primär tragende Bauteile verwendet. Durch den kleinen Querschnitt der Verbindungsstäbe sind die übertragbaren Kräfte beschränkt. In Einzelfällen werden diese Systeme auch für Fußgängerbrücken eingesetzt (Abb. E 1.19). Im Gegensatz zu reinen Profilen lassen sich mit
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen den Stecksystemen relativ einfach Gehwegplatten oder Brüstungen zusammenfügen. Die Bauweise eignet sich insbesondere für temporäre und experimentelle Konstruktionen. Schnappverbindungen Zur einfachen Aneinanderreihung von Profilen dienen auch integrierte Schnappverbindungen. Die Verbindungsmittel werden bereits im automatisierten Fertigungsverfahren mit dem gesamten Bauteil geformt. Die Profile können zu größeren Platten gestoßen werden, z. B. für den Bau von Brückendecks (Abb. E 1.22). Im Gegensatz zu geklebten Stößen (siehe Spezielle Halbzeuge im Ingenieurbau, S. 92f.) ist die Schnappverbindung auf der Baustelle einfach und schnell einsetzbar und kann ohne spezielle Umgebungsbedingungen durchgeführt werden. Auf der anderen Seite lassen sich durch diese Verbindung nur relativ geringe Kräfte übertragen. Außerdem werden bei faserverstärkten Kunststoffen meist spröde Duroplasten verwendet, sodass ein mehrfacher Auf- und Abbau in der Regel nicht möglich ist, da die Schnappverbindung dann bricht. Profile aus CFK Wegen der hohen Materialkosten werden im Bauwesen kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) nur punktuell dort eingesetzt, wo die hervorragenden mechanischen Eigenschaften auch voll ausgenutzt werden können. Biegeträger vollständig aus CFK zu entwerfen, wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll. CFK-Lamellen mit einer Dicke von wenigen Millimetern werden mittlerweile standardmäßig für die nachträgliche Verstärkung von Betonbauteilen verwendet. Die extern aufgeklebte Bewehrung kann den korrodierten Betonstahl ersetzen oder eine Nutzlast des Tragwerks steigern. In einigen Bauwerken wurden CFK-Stäbe auch als Spannglieder oder Hängeseile eingesetzt, die aufnehmbare Spannung überschreitet die von Stahl bei Weitem (siehe Spezielle Halbzeuge im Ingenieurbau, S. 92f.) CFK-Beton-Verbund Die Kombination von faserverstärkten Kunststoffen und Beton erlaubt vergleichsweise wirtschaftliche und tragfähige Konstruktionen. Dabei gibt es unterschiedliche Gründe für diese Materialkombination: Einerseits können die widerstandsfähigeren faserverstärkten Kunststoffe die korrosionsanfällige Stahlbewehrung des Betons ersetzen. Im Gegensatz zu Stahl muss hier die Bewehrung nicht vom Beton geschützt werden, sondern darf auch an der Oberfläche liegen. Andererseits kann eine äußere Kunststoffhaut zusätzlich als Form für den Beton dienen. In einigen Fällen ist auch die leichte Zerspanbarkeit von Faserverbundkunststoffen gegenüber Stahl von Vorteil, wenn z. B. Stützmauern nachträglich mit Fräsen durchstoßen werden müssen. CFK ist wegen des höheren E-Moduls im Vergleich zu GFK besser für den Verbund mit Beton geeignet. Für die Aktivierung der Zugfestigkeit von GFK sind hohe Dehnungen erforderlich, welche vom Beton häufig nicht aufgenommen werden können. Bisher wurde diese Materialkombination vor allem in Form von betongefüllten CFK-Rohren angewendet. Dazu muss die Innenseite des Rohrs eine hohe Oberflächenrauigkeit haben, damit ein ausreichender Verbund gegeben ist. Dies kann beispielsweise durch quer angeordnete Rippen erfolgen. Die Kohlenstofffasern werden zunächst zu einem Schlauch geflochten, entsprechend den Erfordernissen geformt und anschließend mit Kunststoff getränkt. Die gehärteten Rohre haben ein geringes Eigengewicht, sie können ohne schweres Gerät auf der Baustelle installiert und anschließend mit Ortbeton vergossen werden. Das in Abb. E 1.23 dargestellte Brückensystem basiert auf dieser Konstruktionsmethode. Die CFK-Beton-Bögen wurden in diesem Beispiel nachträglich mit Schüttmaterial aufgefüllt. [6] Weitere Entwicklungen konzentrieren sich auf den Einsatz von CFK-Paneelen als »verlorene Schalung«. Ähnlich wie bei Stahl-Verbunddecken werden zunächst dünne Platten gespannt, welche als Form für den Beton dienen und durch eine Oberflächenverzahnung einen Verbund eingehen. Im Endzustand dient der CFK damit als Zugbewehrung auf der Unterseite der Platte. E 1.19 E 1.20 E 1.21 E 1.22 E 1.23 Fußgängerbrücke, Aberfeldy (UK) 1991, Dundee University a Ansicht b Schnitt Fußgängerbrücke, Pontresina (CH) 1997, ETH Zürich, Institut für Hochbautechnik: Thomas Keller (Entwurf) a Ansicht b Schnitt GFK-Sandwich-Verbundträger, 1997, EPFL Lausanne, CCLAB, Thomas Keller a Produktion b Schnitt GFK-Profile zum Einsatz für Fahrbahnplatten von Brücken, Kookmin University (KR), Sung Woo Lee a Produktion b Schnitt Brückensystem mit CFK-Beton-Verbundrohren 2009, University of Maine, Habib J. Dagher a Axometrie b Montage 1 3 1 Trapezblecheindeckung 2 Auffüllung 3 Stahlbetonwiderlager mit eingegossenen CFK-Rohren 4 vorgefertigte CFK-Rohre mit Ortbetonergänzung a 4 3 2 b E 1.23 167
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen 1 2 3 4 4 5 1 2 3 4 5 6 7 7 6 E 1.24 a b Platten Massiv- und Wellplatten Platten aus transparenten, transluzenten oder opaken Kunststoffen kommen hauptsächlich für Fassaden und geneigte Dächer zur Anwendung. Daneben eignen sie sich auch als Raumtrennwände, elektrischer Berührschutz bei Bahnanlagen oder für Geländerfüllungen. Die üblichen Fassadenpaneele können sowohl aus unverstärkten Thermoplasten als auch aus faserverstärktem Kunststoff oder anderen Verbundmaterialien wie Mineralwerkstoffen bestehen. Dabei gibt es jeweils massive und hohlzellige Platten, was sich auf die Detailausbildung auswirkt. Grundsätzlich können mit beiden Plattenformen sowohl wasserdichte Hüllen als auch hinterlüftete Vorsatzschalen realisiert werden. In einigen Konstruktionen mit Platten werden mangels Alternativen die aus dem Glasbau bekannten Details wie Punkthalter oder Elastomerbänder übernommen. Im Gegensatz zum spröden Glas wären diese aufwendigen Maßnahmen hier jedoch eigentlich nicht nötig. Platten lassen sich vergleichsweise einfach bohren und ablängen. Besonders interessant ist dabei auch die Möglichkeit, die Fügungsdetails bereits in die Platte selbst zu integrieren. Ein wesentlicher Unterschied zu Glas oder Metall besteht darin, dass Kunststoffplatten grundsätzlich nicht diffusionsdicht sind. Der damit einhergehenden Gefahr von Kondenswasserbildung sollte durch konstruktive Maßnahmen wie einer Hinterlüftung begegnet werden. GFK-Platten in Aluminiumrahmen Mineralwolle Blendenkasten druckfeste Dämmung Flachlamellen Wärmeschutzverglasung Einfachverglasung Platten aus massivem oder faserverstärktem Kunststoff haben in der Regel Dicken zwischen 3 und 7 mm. Sie werden meist großformatig produziert und den Anforderungen entsprechend erst im Rahmen der Endmontage zugeschnitten. Bei faserverstärkten Kunststoffen sollten nach der Bearbeitung die Schnittkanten versiegelt werden. Befestigung Dient die äußere Hülle lediglich dem Witterungsschutz und der optischen Gestaltung, kann die Konstruktion vergleichsweise einfach ausgeführt werden. Die Platten lassen sich beispielsweise direkt auf die Unterkonstruktion schrauben oder nieten (Abb. E 1.26 und E 1.27). Wegen des geringen E-Moduls des Werkstoffs kann in vielen Fällen, insbesondere bei Wellplatten, die Anordnung von Dehnungsfugen und Langlöchern entfallen, da die thermischen Zwängungen vergleichsweise gering sind (Abb. E 1.6, S. 161). Die Stoßfugen ebener Platten können offen oder überlappend ausgebildet sein und wie im Glasbau linear auf Elastomerbändern lagern (Abb. E 1.25). Dabei ist eine gleichmäßige Lasteinleitung erzielbar. Außerdem können die Konstruktionen wasserdicht ausgeführt werden. Die notwendige Unterkonstruktion ist jedoch aufwendiger als bei anderen Befestigungsmethoden. Für hinterlüftete Fassaden bietet sich die Mon- tage über spezielle Befestigungssysteme an, die nicht nach außen in Erscheinung treten (Abb. E 1.31). Eine weitere Alternative ist, Platten mit umlaufenden Metallschienen zu fassen, die dann an der Unterkonstruktion befestigt sind (Abb. E 1.24). Diese Lösung schützt die Platten vor mechanischer Beschädigung an den Stirnseiten und verhindert bei faserverstärkten Kunststoffen, dass die offenen Kanten Wasser aufsaugen. Punkthalter sind grundsätzlich gut geeignet. Ihr Aufbau ist im Detail einfacher als bei Glas, da auf eine aufwendige Lochbearbeitung verzichtet werden kann (Abb. E 1.28). Daneben ist es möglich, in die Platte Gewindemuffen einzukleben, die der Fixierung auf der Unterkonstruktion dienen (Abb. E 1.29). Abdichtung Massive Kunststoffplatten werden in der Regel nicht wasserdicht ausgeführt, sondern offen gestoßen. Soll die Platte zwängungsfrei gelagert werden, sind relativ breite Fugen erforderlich, welche die großen Temperaturdehnungen des Kunststoffs aufnehmen können. Aus diesem Grund sind Silikondichtungen für Kunststoffplatten meist ungeeignet. Eine einfache Möglichkeit zur Ausbildung horizontaler Fugen ist die Überlappung der Platten oder die Verwendung von Fugenbändern (Abb. E 1.30 a und b). Vertikalfugen können ebenfalls über Fugenbänder oder Abdeckleisten gestoßen werden (Abb. E 1.30 c und d). Für 2 1 1 1 4 2 3 2 4 3 3 4 4 1 2 3 4 Klemmleiste Aluminium Rippendichtung Kunststoffplatte Dichtband 5 E 1.25 168 1 2 3 4 5 First Schraube mit Dichtungsring Kunststoffplatte Holzlattung Sparren E 1.26 1 2 3 4 Kantenprofil Polycarbonat Wellplatten Polycarbonat Stütze Stahlprofil Unterkonstruktion Stahlrohr E 1.27
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen 1 5 3 2 1 2 3 4 5 Acrylglasplatte, B 1, 10 mm Elastomer-Fugenband, geklemmt, 140 mm Elastomer-Punkthalter, deformierbar, Ø 78 mm tragendes Seilnetz, Stahl, 2≈ Ø 10 mm Sogsicherung, Stahlseil, 3 mm 4 a eine wasserdichte Hülle sind Schrauben mit Elastomer-Unterlegscheiben notwendig. E 1.28 b E 1.29 1 Planken Fassadenplanken sind im Gegensatz zu flachen Platten schon für die Anwendung im Fassadenbau vorkonfektioniert (siehe Planken, S. 90). Sie werden über die Stege in die Unterkonstruktion eingehängt, die Abdichtung der Vertikalfuge erfolgt über die integrierte Überlappung. 2 Stegplatten 4 Die Befestigung und Fügung von Stegplatten ist wegen ihrer komplexeren Geometrien und der dünnen Wandungen aufwendiger als bei massiven Platten, insbesondere dann, wenn die Wärmedämmeigenschaften der Platte nicht durch offene Fugen oder Durchdringungen herabgesetzt werden sollen. Stegplatten werden mit einer begrenzten Breite, aber frei einstellbarer Länge (je nach Transporteinschränkungen) gefertigt und über einen Stoß zur Fassade addiert. Der stumpfe Stoß von Stegplatten führt zu unbefriedigenden Ergebnissen, da die Wärmedämmung durchbrochen wird bzw. keine wasserdichte Fuge erstellt werden kann (Abb. E 1.39 a, S. 171). Als vorteilhaft erweisen sich integrierte Fügungen oder spezielle Fugenprofile. Für Ecken sowie die Ober- und Unterkante der Paneele müssen Details eigens entwickelt werden, teilweise sind jedoch auch vorgefertigte Abschlussprofile verfügbar (Abb. E 1.36, S. 170). b 3 1 Mineralwerkstoffplatte 2 Unterkonstruktion 3 Gewindemuffe, eingeklebt 4 Querlattung Aluminium a E 1.24 E 1.25 E 1.26 E 1.27 E 1.28 Fraunhofer Institut Ilmenau (D) 2008, Staab Architekten a Fassade aus GFK-Platten mit Metallschienen b Detailschnitt Übergang Fenster – Fassade Klemmverbindung für Massivplatten Schraubverbindung für Massivplatten Eckgestaltung und Randabschluss bei Wellplatten Punkthalterung und Fugenband, Dach Olympiastadion, München (D) 1972, Behnisch + Partner, Frei Otto u.a. a Detailschnitt b Aufsicht E 1.29 E 1.30 E 1.31 Fassadenplatten aus Mineralwerkstoff, Seeko'o Hotel, Bordeaux (F) 2007, Atelier Architecture King Kong a Vertikalschnitt b Anbringen der Fassadenplatten Fugenausbildung bei Massivplatten a Stufenfalzverbindung, Horizontalfuge b Verbindung mit Dichtprofilen, Horizontalfuge c Omegaprofil, Vertikalfuge d Nut-und-Feder-Verbindung, Vertikalfuge e offene Fuge, Vertikalfuge spezielles Befestigungssystem für Massivplatten c 1 1 Untergrund 2 Befestigungssystem 3 Platte, faserverstärkter Kunststoff 4 Nietenverbindung d 2 3 a b e 4 E 1.30 E 1.31 169
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen Befestigung Einfache Schraubenverbindungen sind für Stegplatten ungeeignet. Die dünnen Stege knicken unter Druckbelastung, außerdem führt die Durchdringung zu einer Wärmebrücke. Die Platten können ähnlich wie Glasscheiben am Rand geklemmt werden, vorteilhafter sind jedoch integrierte Befestigungsnuten (Abb. E 1.39 c und e). Dabei ist es möglich, speziell ausgeformte Aluminium- oder PVC-Profile mit Stegplatten zu kombinieren (Abb. E 1.38). Da das Verbindungsmittel die Stegplatte nicht durchdringt, lassen sich Wärmebrücken vermeiden, die Fassade wirkt von außen gleichmäßiger und ist wasserdicht. E 1.32 E 1.33 E 1.34 E 1.35 1 Acrylglasplatte gebogen, transparent 5 mm, verklebt mit Acrylglasplatte 3 mm 2 Acrylglasplatte gebogen, transparent 3 mm 3 Stahltragwerk 4 Auskreuzungen 5 5-fach-Stegplatten Polycarbonat 40/500 mm, transparent, rückseitig farbig coextrudiert 3 1 2 4 5 Integrierte Fügungen Stegplatten haben eine Konstruktionshöhe von mehreren Zentimetern, was es ermöglicht, Schnapp- oder Klemmverbindungen in die Struktur zu integrieren (Abb. E 1.32). Das dabei verwendete Polycarbonat ist ausreichend duktil, um eine mehrfache Fügung zu realisieren. Diese integrierten Verbindungen erleichtern die Montage und Detailausbildung wesentlich, da die einzelnen Platten auf der Baustelle nur ineinandergefügt werden müssen, es entsteht eine formschlüssige Verbindung. Die Wärmedämmung und Dichtigkeit ist besser als bei einem stumpfen Stoß. Zusätzliche Aufkantungen an der Fügung verbessern nochmals die Wärmedämmeigenschaften und erhöhen als Rippen die Biegesteifigkeit der Elemente. Diese Rippen können zusätzlich mit PVC- oder Aluminiumprofilen verstärkt werden (Abb. E 1.38). Beim Einsatz von integrierten Platten für die Dachhaut sorgt die Aufkantung zusätzlich für eine wasserdichte Hülle. Weitere Maßnahmen wie Silikonfugen oder andere Dichtstoffe können entfallen, da wegen der erhöhten Lage auch kein Stauwasser in die Fuge gelangen kann. Die Streifenform dieser Paneele mit klar definierten Breiten schränkt jedoch den Gestaltungsspielraum ein. Die vertikalen Fugen sowie die zahlreichen Stege innerhalb der Platten treten nach außen hin in Erscheinung. Dies kann die Qualität der Durchsicht erheblich mindern. Wegen des prismatischen Querschnitts der Paneele ist die integrierte Fügung nur in eine a E 1.32 E 1.33 E 1.34 E 1.35 E 1.36 E 1.37 b 170 c E 1.36 verschiedene Stegplatten aus Polycarbonat mit Schnappverbindung verschiedene Wellplatten für geneigte Dächer, Vertikalschnitt Stegplatte aus Polycarbonat mit Schnappverbindung Stegplatte aus Polycarbonat mit Schnappverbindung und integrierter Aufkantung Stegplatten mit integrierten Verbindern, Laban Centre London (GB) 2003, Herzog & de Meuron, Basel a Detail Eckausbildung b Fassadenansicht c Ansicht Eckausbildung bei Stegplatten Stegplatten über Aluminiumsprossen gestoßen, Isometrie a Aluminiumsprosse b Aluminiumsprosse mit Hutprofil aus Kunststoff
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen Richtung anwendbar, stirnseitig sind Sonderlösungen notwendig, ebenso an Ecken oder vertikalen Fugen. Die daraus für die Montage resultierenden Randbedingungen sollten bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden. Durch die sich ergebende starre Rasterung sind die Paneele für geometrisch komplexe oder kleinformatige Fassaden bzw. Dächer ungeeignet. Temporäre Bauten Stegplatten mit integrierten Verbindungsmitteln eignen sich insbesondere für temporäre Bauten wie mobile Pavillons oder Ersatzbauwerke. Die Befestigungspunkte und Fugen lassen sich einfach lösen, auf Nassdichtungen oder Bohrungen kann in der Regel verzichtet werden. Die integrierten Schnappverbindungen sind mehrfach füg- und lösbar, ohne Schaden zu nehmen. Die Fassadenoder Dachkonstruktionen können nach dem Abbau in gleicher Form an einem anderen Ort wieder aufgebaut oder innerhalb bestimmter Grenzen auch für andere Konstruktionen verwendet werden. a b a a b b c c d d E 1.37 Formteile Die Konstruktion mit Formteilen ist grundsätzlich mit der von ebenen Platten vergleichbar. Die dreidimensionalen Kassetten oder zweiachsig gekrümmten Bauteile bestehen meist aus massivem Kunststoff, die Befestigung kann daher sehr einfach über Schrauben, Nieten, Verklebung oder Klemmung erfolgen. Eine Besonderheit der verwendeten thermoplastischen Kunststoffe ist, dass Formteile erst im Rahmen der Endverarbeitung oder Montage durch einen Umformprozess aus standardisierten, ebenen Platten erzeugt werden können, meist durch Tiefziehen. Lichtelemente Kunststoffformteile werden häufig für die Konstruktion von Lichtkuppeln und -bändern eingesetzt. Dabei kommen vor allem transparente oder transluzente Thermoplaste wie Acrylglas, Polycarbonat oder glykolmodifiziertes Polyethylenterephthalat (PET-G) zur Anwendung, in ei- E 1.38 Stoßfuge und Verstärkung von Stegplatten bei geneigten Dächern, Horizontalschnitt a einfacher Stoß b außen liegende Verstärkung mit Aluminiumprofil c außen liegende Verstärkung mit Kunststoffprofil d innen liegende Verstärkung mit Aluminiumprofil e durchgehendes Verstärkungsprofil aus Kunststoff E 1.39 Stoßfuge und Befestigung von Stegplatten in der Fassade, Horizontalschnitt a Stumpfstoß mit Klemmung an Aluminiumprofil b Klemmung über Leiste an Aluminiumprofil c Befestigung über integrierte Nut an Aluminiumprofil d geschraubte Befestigung an Aluminiumprofil e Befestigung über Nut an PVC-Profil e e E 1.38 E 1.39 171
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen nigen Fällen auch glasfaserverstärkter Kunststoff (Abb. E 1.42). Die Elemente werden meist durch Warmumformen in die gewünschte Geometrie gebracht, durch die gewölbte Form kann Regenwasser und Schneeschmelze abfließen. Die Unterkante der Lichtelemente liegt erhöht über der umliegenden Dachfläche, um das Eindringen von Stauwasser zu vermeiden. Prinzipiell reicht eine einfache Überlappung und punktuelle Befestigung am Übergang zur Unterkonstruktion. Bei erhöhten Wärmeschutzanforderungen werden bei Lichtkuppeln bis zu vier Schalen übereinander angeordnet und durch einen speziellen Randverbund thermisch getrennt. Für Lichelemente kommen meist massive Platten zur Anwendung, da sich diese besser warmumformen lassen. Bei streifenförmigen Lichtbänder können zur Verbesserung der Wärmedämmung auch Stegplatten eingesetzt werden. zu reduzieren, wurden hier Module mit wenigen unterschiedlichen Geometrien kombiniert. Die Kassetten sind auf PMMA-Flachprofile geklebt, welche vorab an die Stahlunterkonstruktion geschraubt werden. Die Fugen sind mit transparenten Silikonprofilen geschlossen, damit bleiben die Verbindungsmittel nach außen verdeckt. Umformen Reihung und Serienfertigung Für das Umformen von ebenen Platten zu Formteilen kommen nur thermoplastische Werkstoffe infrage. Stegplatten sind dabei meist ungeeignet, da die dünnen Stege bei großen Dehnungen zerstört bzw. der Querschnitt deformiert werden kann. Das Warmumformen findet unter erhöhten Temperaturen statt, im Idealfall erfolgt der Prozess spannungslos. Daneben können Thermoplaste auch unter Raumtemperatur in ihre Form gezwängt werden, was man auch als »kaltes Umformen« bezeichnet. Dreidimensionale Halbzeuge werden meist modular zu einer größeren Einheit, z. B. einer Fassade, gefügt. In der Planung erfolgt dazu eine Rasterung der Gesamtfläche in möglichst geometrisch identische Module. So ist eine Serienfertigung der Elemente möglich, was eine wirtschaftliche Konstruktion erlaubt. Entscheidend ist dabei die Menge der erforderlichen Formwerkzeuge. In Abb. E 1.41 ist eine elementierte Innenverkleidung aus Acrylglaskassetten dargestellt. Um den Aufwand für den Formenbau Warmumformen Vor der Formgebung wird der thermoplastische Kunststoff zunächst auf wenige Grad oberhalb der thermoelastischen Temperatur erwärmt, also jener Grenze, bei der Werkstoff zäh wird. Diese liegt jedoch noch deutlich unterhalb der Schmelztemperatur. Die Platte mit einer Stärke von 0,3 bis 10 mm kann anschließend manuell oder maschinell verformt werden, nach der Auskühlung behält sie die Form bei. Für das 2 »Kaltes Umformen« Durch den geringen E-Modul und die Duktilität einiger Thermoplaste können ebene Platten in gewissen Grenzen in eine dreidimensionale Form gezwängt werden. Dieser Vorgang kann 1 3 5 7 4 6 a Warmformen sind PET-G und Acrylglas (PMMA) sehr gut geeignet, die Umformtemperaturen beider Werkstoffe liegen vergleichsweise niedrig. Etwas höhere Temperaturen sind für das Warmumformen von Polycarbonat (PC) notwendig. Daneben können auch andere Thermoplaste wie Polystyrol (PS) und dessen Copolymere (ASA, ABS) sowie Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und PVC umgeformt werden. Eine häufig angewendete Methode ist das Vakuum-Tiefziehverfahren, das auch im Architektur-Modellbau gebräuchlich ist. Dazu wird zunächst eine Form aus Pappe, Holz, ungesättigtem Polyesterharz (UP) oder Aluminium erstellt, diese in der Regel einteilig ohne Gegenform ist. Die Kunststoffplatte wird auf die Form gelegt und von oben durch Heißluft erwärmt, daraufhin wird die Luft im entstehenden Innenraum evakuiert. Die Platte schmiegt sich gleichmäßig an die Form an. Diese Fertigungsmethode ist vor allem für geometrisch einfache Formteile ohne Rippen vorteilhaft (Abb. E 1.40). Im Vergleich zu anderen Fertigungsverfahren wie z. B. dem Spritzgießen sind die Stückkosten für das Tiefziehen zwar höher, es entfallen jedoch die hohen Werkzeugkosten einer Spritzgussform. b 1 warmgeformte Acrylglasplatte 2 Punkthalter 3 Schaumglasdämmung, Abdichtung mit Kunststoffbahn 4 Stahlpaneele 5 Stahltragwerk 6 Drahtnetz, in Rahmen gespannt 7 Befestigung der Leuchtmittel 8 Rechteckhohlprofil, Stahl 9 Flachstahl 10 U-Profil, Stahl 11 Leuchtmittel 12 Acrylglas-Formteil, tiefgezogen 13 Acrylglas-Aufhängung, geklebt 14 Silikonprofil, transparent E 1.40 8 8 11 9 9 12 10 13 14 a 172 b E 1.41 E 1.42
Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen ohne Wärmezufuhr auch direkt auf der Baustelle erfolgen. Die Kriechneigung von Kunststoffen bewirkt hier, dass sich die Zwängungsspannungen im Laufe der Zeit abbauen (relaxieren). Das Bauteil behält die gezwängte Form bei. Fügungen Dreidimensionale Formteile haben in der Regel keine integrierten Verbindungsmittel, sondern werden wie Glasscheiben über Punkthalter befestigt oder an den Rändern geklemmt. Die meist massiven Platten bieten nicht genügend Konstruktionshöhe für Schnappverbindungen. Außerdem haben Formteile größere Toleranzen als ebene Platten, was integrierte Fügungen schwierig macht. Häufiger sind einfache Schrauben- oder Nietverbindungen. Letztlich lassen sich für die Konstruktionen von Formteilen kaum allgemeine Aussagen treffen, da sehr unterschiedliche Lösungen zur Anwendung kommen. Modulare GFK-Brücke Die modulare Fußgängerbrücke in Abb. E 1.44 a vereint lösbare und feste Verbindungen von Formteilen. Die ovalen Hauptträger haben Endkappen mit integrierter Nut-Feder-Verbindung, diese werden lediglich ineinander gestoßen und über integrierte Stahlseile miteinander verspannt (Abb. E 1.44 b). Die gekrümmten Planken aus transluzentem GFK hingegen sind über Nieten an die vertikalen GFK-Rippen be- festigt. Die Rippen wiederum liegen in der Stoßebene der Hauptträger und sind ebenfalls nur formschlüssig verbunden. CFK-Treppe Am Beispiel einer filigranen Treppenkonstruktion mit Stufen aus CFK und Wangen aus Glas sind die Unterschiede in der Fügetechnik zwischen Kunststoffen und Glas besonders gut nachvollziehbar (Abb. E 1.43). Während für die Verbindung des Punkthalters zum bruchempfindlichen Glas ein großformatiger Teller mit entsprechenden Einlagen notwendig ist, reichen für die nur 4 mm dicken und robusteren CFK-Stufen einfache Gewindeschrauben aus. E 1.40 Anmerkungen: [1] Park, Don-U., Knippers, Jan: Application of a new GFRPjointing method for an exhibition membrane spatial structure. 9th Asian Pacific Conference of Shell and Spatial Structures (APCS 2009), Nagoya 05/2009 [2] Oppe, Matthias: Zur Bemessung geschraubter Verbindungen von pultrudierten faserverstärkten Polymerprofilen. In: Stahlbau, Heft 66/2008 [3] wie Anm. 1 [4] Peters, Stefan: Kleben von GFK und Glas für baukonstruktive Anwendungen. Stuttgart 2006, S. 147ff. [5] Keller, Thomas u. a.: Adhesively Bonded and Translucent Glass Fiber Reinforced Polymer Sandwich Girders. In: Journal of Composites for Construction 5/2004, S. 461ff. [6] Dagher, Habib J.: Bridge in a Backpack. Project Presentation, Advanced Structures & Composite Center, The University of Maine (USA), 19.08.2010 1 2 E 1.41 E 1.42 E 1.43 E 1.44 gekrümmte Acrylglasplatten für die Fassadenhaut, Kunsthaus Graz (A), 2003, spacelab Peter Cook /Colin Fournier a Ansicht b schematischer Schnitt, vereinfacht Shoebaloo Amsterdam (NL) 2003, Meyer en Van Schooten a transluzente Acrylglas-Kasetten auf Stahlunterkonstruktion b schematischer Schnitt, vereinfacht Lichtkuppeln aus Kunststoff Treppe mit CFK-Stufen, London (GB) Geoffrey Packer/EeStairs a Treppenansicht b Befestigung der CFK-Treppenstufe c Anschlussdetail mit Edelstahl-Punkthalter Brückensystem Variocell 02 »Fussgängerbrücke zur Wolke, expo.02«, Yverdon (CH) 2002 a Ansicht b Isometrie GFK-Rohr c Querschnitt 3 5 4 7 6 6 1 Befestigung CFK, zweilagig 2 Befestigung CFK, einlagig 3 Auflagerblech a 4 Befestigung Auflagerblech 5 Edelstahl - Punkthalter 6 Gewindeschrauben b 7 Edelstahl - Teller mit elastischer Einlage E 1.43 c 1 2 3 4 5 6 7 1 3 GFK-Rohr durchgeführte Spannseile, Edelstahl eingeformte Verzahnung Querschott, GFK Rippen, GFK Planken, transluzentes GFK Bodenbelag 6 5 7 4 2 1 a b c 2 E 1.44 173
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen E 2.1 Kunststoffe bieten dem Planer Gestaltungsspielräume wie kein zweiter Werkstoff: Unterschiedliche Farben, Oberflächenqualitäten, Dimensionen sowie mechanische Eigenschaften lassen sich einstellen. Die freie Formbarkeit erlaubt es darüber hinaus, mehrere Funktionen in einem Bauteil zu vereinen und eine den Anforderungen entsprechend optimierte Geometrie zu wählen. Hochintegrierte Kunststoffbauteile sind Gegenstand unseres Alltags, schon bei einem einfachen Flaschenverschluss übernimmt ein einziges Bauteil mehrere Funktionen (Abb. E 2.1). Sowohl Scharnier als auch Schnappverschluss, Gewinde und Abdichtung werden bei einem solchen Industrieprodukt in einem Arbeitsschritt geformt. Die Herstellung erfolgt im Spritzguss, es sind keine Nacharbeiten erforderlich. Das Scharnier ist in diesem Fall kein klassisches Gelenk mit mehreren Komponenten, sondern besteht aus einem dünnen Kunststoffband, das zusammen mit den zu verbindenden Bauteilen aus einem Guss geformt wird. Für ein solches Filmgelenk bieten sich vor allem duktile thermoplastische Kunststoffe an. Vergleichbare funktionsintegrierte Konstruktionen sind mit den konventionellen Werkstoffen nicht realisierbar. E 2.1 E 2.2 E 2.3 E 2.4 174 Verschluss einer Kunststoffflasche Konstruktionsgrundlagen für Kunststoffe: abgerundete Ecken und gekrümmte Flächen Versteifungsprinzipien für Kunststoffplatten a massive, ebene Platte (hohe Verformungen) b Well- oder Trapezplatte c Stegplatte bzw. Sandwichbauteil d gekrümmte Fläche mit unterschiedlicher Lagerung Gewichtsreduktion durch die Bauteilgestaltung a massive Platte b Rippenkonstruktion Verglichen mit metallischen Baustoffen haben Kunststoffe ein geringes Eigengewicht bei gleichzeitig hohen Festigkeiten und sind damit prädestiniert für den Leichtbau. Der E-Modul ist jedoch mit Ausnahme von kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) vergleichsweise gering, daher werden bei Kunststoffen besondere Maßnahmen für die Bauteilaussteifung nötig. Diese erfolgt beispielsweise durch die Ausbildung als Sandwichstruktur, die Anformung von Rippen oder durch die geometrische Steifigkeit eines Bauteils. Kunststoffe lassen sich meist frei formen, die Verarbeitungstemperaturen sind im Vergleich zu metallischen Werkstoffen oder Glas sehr niedrig, was eine Formgebung und Nachbearbeitung mit relativ einfachen Werkzeugen ermöglicht. Die Kunststoffverarbeitung kann auch von kleinen Betrieben durchgeführt werden. Aus den materialbedingten Besonderheiten von Kunststoffen ergibt sich eine Reihe von Aspekten, die bei der werkstoffgerechten Kon- struktion beachtet werden sollten: • fließende und großflächige Strukturen statt punktueller Fügung kleinformatiger Elemente • flächige, dünnwandige Strukturen (Ausnahme: Schaumstoffe) • herstellungsbedingt abgerundete Formen anstelle von Ecken und Kanten (Abb. E 2.2) • Versteifungen durch Stege, Rippen oder Sandwich und keine massiven Bauteile • Aufkantungen an Rändern und Lasteinleitungspunkten statt Bauteilverdickung • biegsame (Film-)Gelenke als Ersatz für echte Scharniere mit hohen Spannungskonzentrationen • Orientierung der Faserverstärkung – wenn vorhanden – entsprechend dem Kraftfluss Wenn nicht auf vorgefertigte Halbzeuge zurückgegriffen wird, muss beim Konstruieren mit Kunststoffen frühzeitig im Planungsprozess das Fertigungsverfahren gewählt und die Geometrien der Bauteile entsprechend angepasst werden (siehe Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen, S. 160ff.). Beim Tiefziehen von Thermoplasten sowie für flächige faserverstärkte Kunststoffe wirken sich darüber hinaus die Anforderungen aus dem Formenbau auf die Bauteilgeometrie aus. Ähnlich der Fertigung der Schalung im Stahlbetonbau kann der Formenbau ein entscheidender Faktor für den Produktionsaufwand und damit für die Kosten von Kunststoffkonstruktionen sein. Aus diesem Grund ist es meist unerlässlich, Bauteile so zu gestalten, dass eine Form oder Formensegmente mehrfach eingesetzt werden können. Modulares Bauen oder Serienfertigung ist stets ein Optimierungsziel im Konstruieren mit Kunststoffen. Unverstärkte Kunststoffe Neben der geometrischen Form und dem Fertigungsverfahren ist beim Konstruieren mit unverstärkten Kunststoffen auch der geeignete Werkstoff auszuwählen. Alle drei Komponenten stehen in direktem Zusammenhang und beeinflussen sich gegenseitig. Acrylglas (PMMA) beispielsweise erfordert dicke Wandungen, kann gegossen sowie extrudiert werden und ist
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen hochtransparent. Da es jedoch vergleichsweise spröde ist, eignet es sich für die Aufnahme von Stoßbelastungen weniger gut. Polypropylen (PP) hingegen kann mit sehr dünnen Wandungen ausgeführt werden. Es wird vor allem im Spritzguss verarbeitet und ist milchig bis transparent. Wegen der hohen Duktilität ist PP ideal für die Absorption von Schlag- und Stoßlasten. Versteifung von Flächen Zunächst ist die Aussteifung der vergleichsweise weichen Kunststoffkonstruktionen zu klären, da diese zum Ausbeulen neigen. Massive, ebene Platten sind nur in wenigen Ausnahmefällen sinnvoll (Abb. E 2.3 a). Um Verformungen zu reduzieren und die Tragfähigkeit optimal auszunutzen, sollten Kunststoffbauteile als aufgelöste Strukturen entworfen werden. Dicke Wandungen können zu Lufteinschlüssen und damit schlechten mechanischen Kennwerten führen. Am Übergang zwischen unterschiedlich dicken Bereichen kann es zu Zwängungsspannungen kommen, da der Kunststoff nach der Fertigung nicht gleichmäßig auskühlt (siehe Fehlerquellen beim Spritzgießen, S. 92). Profilierung Unverstärkte Kunststoffe werden häufig als Well- oder Trapezplatten verarbeitet (Abb. E 2.3 b). Wegen des prismatischen Querschnitts eignen sich diese Platten sehr gut für eine Serienfertigung. Die Profilierung kann sowohl sinus- als auch dreiecks- oder trapez- förmig sein. Diese Formgebung eignet sich vor allem für Bauteile, die einachsig spannen. Die schwache Achse bleibt wegen der fehlenden Aussteifung biegeweich, sie kann einachsig um eine Unterkonstruktion gebogen werden. Sandwich- und Rippenkonstruktionen Im Gegensatz zu einer einfachen Profilierung erlaubt ein Sandwichbauteil eine zweiachsige Verstärkung (Abb. E 2.3 c). Während bei Konstruktionen aus faserverstärkten Kunststoffen hauptsächlich Sandwichelemente mit Schaumkernen eingesetzt werden, sind bei Konstruktionen aus unverstärkten Kunststoffen Sandwichelemente mit Wabenkern, Rippen bzw. Stegen gebräuchlicher. Diese Varianten lassen grundsätzlich auch transparente Konstruktionen zu. Im Gegensatz zu Wellplatten sind dabei jedoch ebene Oberflächen möglich. Rippenkonstruktionen erlauben eine erhebliche Gewichtsreduktion im Vergleich zu massiven Platten (Abb. E 2.4). Besonders in Bereichen mit hohem Auslastungsgrad wie Rändern, Anschlusspunkten oder Rahmenecken bietet es sich an, die Konstruktion mit Rippen zu verstärken (Abb. E 2.5, S. 176). Gekrümmte Flächen Gekrümmte Flächen sind mit vergleichsweise einfachen Mitteln zu realisieren (Abb. E 2.3 d). Durch die doppelte Krümmung stabilisiert sich die Geometrie des Bauteils bei entsprechender Lagerung selbst. Grundsätzlich gelten hierbei die Gestaltungsgrundsätze für leichte Flächentragwerke (siehe Flächenkrümmung, S. 146). Randausbildung und Kanten Kunststoffbauteile haben meist dünne Wandungen, weshalb freie Ränder und Durchbrüche zusätzlich verstärkt werden müssen. Durch eine Aufkantung lässt sich relativ einfach die benötigte Steifigkeit senkrecht zur Ebene erzielen. Für die Tragwirkung ist letztlich der entstehende statische Hebelarm der Aufkantung entscheidend (Abb. E 2.7, S. 176). Dabei sind ganz unterschiedliche Querschnitte möglich, häufig bietet sich eine halbrunde Form an. Herstellungsbedingt sind bei Kunststoffen Ausrundungen zu bevorzugen, da so die Materialstärke konstant gehalten werden kann und eine bessere Entformbarkeit bei der Fertigung gewährleistet ist. Abhängig von weiteren Funktionen, z. B. für die Fügung von Bauteilen, können sich auch andere Formen als geeigneter erweisen. Hinterschneidungen sollten jedoch wegen der Anforderungen des Formenbaus vermieden werden. Anschlüsse Nachträglich eingebrachte Schraubenverbindungen, Nieten oder Verklebungen können grundsätzlich analog zur Halbzeugkonstruktion (siehe Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen, S. 160ff.) verwendet werden. Zu bevorzugen sind jedoch bereits bei der Bauteilfertigung integrierte Verbindungsmittel. Diese verringern E 2.2 a b c d a E 2.3 b E 2.4 175
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen E 2.5 E 2.7 E 2.6 1 Federung 2 Schnappverbindung 1 2 1 Kunststoffrohr 2 radiale Federung 3 axiale Schnappverbindung 1 Filmgelenk 2 fließender Übergang 1 3 1 2 h 1 h/2 2 2 3 E 2.8 nicht nur den Montageaufwand, sondern erlauben in der Regel auch höhere übertragbare Kräfte, da notwendige Verstärkungen gleich mitgeformt werden können. Schnappverbindungen Schnappverbindungen spielen in der Kunststofftechnik eine wichtige Rolle bei der werkstoffgerechten Konstruktion. Auch für die im Bauwesen verwendeten integrierten Polycarbonat-Stegplatten bedient man sich dieser Verbindungstechnik (Abb. E 1.34, S. 170). Schnappverbindungen können zur mehrmaligen Fügung lösbar gestaltet werden. Für den einmaligen Gebrauch sind auch nicht lösbare Verbindungen möglich, die häufig dann eingesetzt werden, wenn ein Bauteil aus fertigungstechnischen Gründen aus zwei oder mehr Segmenten zusammengefügt werden muss, aber im Endzustand als ein Bauteil verwendet wird. Eine Schnappverbindung besteht aus einem Widerhaken und der ergänzenden Öse. Eines der beiden Elemente ist mit einer elastischen Feder gekoppelt, die meist aus einem dünnen Kunststoffstreifen gebildet ist. Die Verbindung sollte so gestaltet werden, dass sich beide Bauteile beim Verbinden nur elastisch verformen, also nicht deformiert oder geschädigt werden. Bei mehrfacher Verwendung ist grundsätzlich ein ausreichend duktiler Kunststoff wie Polypropylen (PP) zu bevorzugen. Meist ist die elastische Feder mit dem Widerhaken kombi- 176 E 2.9 E 2.10 niert (Abb. E 2.8). Die Feder wirkt dabei als Kragarm, der ausreichend dünn und lange ausgeführt werden sollte, um eine Fügung ohne Überschreitung der elastischen Grenzspannung zu ermöglichen. Eine Faustformel ist, dass die Dicke der Feder vom Einspannpunkt bis zum Widerhaken um die Hälfte abnimmt. Kunststoffrohre können über konzentrisch angeordnete Schnappverbindungen gefügt werden (Abb. E 2.9). Filmgelenke Bei beweglichen Metallkonstruktionen werden steife Träger mit punktuellen Gelenken bzw. Scharnieren gekoppelt. Dabei fallen die Verbindungspunkte meist sehr massiv aus, da alle Kräfte konzentriert übertragen und die Scharniere selbst an die Träger angeschlossen werden müssen. Bei Kunststoffen besteht jedoch die Möglichkeit, elastische Filmgelenke auszubilden. Das Gelenk wird durch die Variation der Bauteildicke in die Struktur integriert, Bauteil und Gelenk bestehen aus identischem Material. Dabei sollte auf einen fließenden Übergang der Materialstärke geachtet werden, um lokale Spannungskonzentrationen zu vermeiden (Abb. E 2.10). Für Filmgelenke kommen nur ausreichend duktile Kunststoffe in Frage, die auch bei wiederholter Benutzung nicht spröde brechen. Bei Fließgelenken sind die übertragbaren Kräfte wegen der geringen Wandungsstärke begrenzt. Kritisch ist vor allem eine Torsionsbelastung, die leicht zum Abriss des Gelenks führen kann. Schraubenverbindungen Bei der Verwendung von Schrauben oder Nieten sollte bereits bei der Bauteilgestaltung eine entsprechende Verstärkung vorgesehen werden, um die konzentrierte Belastung gleichmäßig in das Bauteil eintragen zu können. Dabei kann der spätere Fügungspunkt durch integrierte Manschetten oder Rippen verstärkt werden (Abb. E 2.6). Verdickungen mit großen Masseanhäufungen sind jedoch zu vermeiden. Kunststoffgewinde verfügen meist über keine ausreichende Festigkeit für tragende Verbindungen, außerdem sind die Fertigungstoleranzen vergleichsweise hoch. Bessere Ergebnisse liefern metallische Gewindemuffen, die in den Kunststoff eingeschraubt, geschweißt oder geklebt werden und den Einsatz von metrischen Gewinden mit besserer Dauerhaftigkeit ermöglichen. Die Muffe selbst dient jedoch nicht der Bauteilverstärkung, eine solche sollte zusätzlich durch die Anordnung von Aufkantungen oder Rippen erfolgen. Faserverstärkte Kunststoffe Faserverstärkte Kunststoffe werden wie unverstärkte ebenfalls flächig mit relativ geringen Wandungsstärken verbaut. Für eine werkstoffgerechte Konstruktion ist besonderes Augenmerk auf die eingebaute Faserverstärkung zu richten, die meist lagenweise im Laminat
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen geschichtet ist. Als Laminat wird hier allgemein der Verbund aus Fasern und Kunststoff bezeichnet. In der Praxis kommen dafür fast ausschließlich duroplaste Kunststoffe zum Einsatz, welche auch als (Kunst-)Harz bezeichnet werden. Die Fertigung von frei geformten Faserverbundkunststoffen erfolgt im Handlaminierverfahren sowie mit den daraus hervorgegangenen Verfahren wie der Harzinfusionsmethode (siehe Harzinfusions- und Vakuumverfahren, S. 79f.). Mit gewissen Einschränkungen können die hier beschriebenen Gestaltungsregeln ebenfalls auf automatisierte Verfahren übertragen werden. Dort liegen jedoch je nach Fertigungsverfahren geometrische Einschränkungen vor. a d b e Laminataufbau Wie Holz kann faserverstärkter Kunststoff nicht als homogenes Material betrachtet werden. In den schematischen Zeichnungen dieses Kapitels werden die geschichteten Faserlagen im Schnitt als Linien gezeichnet. Bei flächigen Laminaten entspricht eine Linie einer Textilschicht, bei stabförmigen Querschnitten mit Längsfaserverstärkung (Roving) symbolisieren die Strichlinien die Richtung der Fasern im Bauteil. Bei komplexeren Querschnitten, wie sie bei einer Sandwichplatte vorliegen (Abb. E 2.12), muss der Faserverlauf »entworfen« werden. So werden dort beispielsweise die Faserlagen der vertikalen Stege in die horizontalen Flansche weitergeführt. Dadurch ergibt sich eine hohe Tragfähigkeit des Knotens. Gleichzeitig ist erkennbar, dass Stege in der Regel schlanker auszuführen sind als Flansche, da sonst nicht ausreichend Faserlagen über den Stoßpunkt durchgeführt werden können. Im Knotenpunkt entsteht dennoch ein potenzieller Schwachpunkt für die Konstruktion. Hier ergibt sich eine Harzansammlung im zentralen Dreieck, in dem keine Fasern liegen. Versteifung von Flächen Wie bei den unverstärkten Kunststoffen müssen dünnwandige Laminate grundsätzlich ausgesteift werden, da ebene Platten für größere Spannweiten zu weich sind. Dies kann durch eine Profilierung des Querschnitts, durch eine Rippenverstärkung oder mittels Sandwichbauweise erfolgen (Abb. E 2.11). Daneben ist bei einer entsprechenden Lagerung eine geometrische Versteifung durch die Ausformung einer Schale möglich. Sandwichbauteile Konstruktionen mit faserverstärkten Kunststoffen werden häufig als Sandwichbauteil ausgeführt. Durch die Anordnung einer leichten Kernschicht im Inneren wird der statische Hebelarm der Laminate erhöht und damit bei nur geringfügig höherem Flächengewicht die Tragfähigkeit und Steifigkeit wesentlich verbessert (Abb. E 2.13). Da der zentrale Bereich eines Bauteils unter Biegebelastung ohnehin nur einen untergeordneten Beitrag zum Tragverhal- f g c E 2.11 E 2.5 E 2.6 E 2.7 E 2.8 E 2.9 E 2.10 E 2.11 Rippenverstärkung an Rahmenecken Verstärkung von Anschlusspunkten Aufkantung freier Ränder Konstruktion von Schnappverbindungen konzentrische Schnappverbindung Konstruktion von Filmgelenken Versteifung von flächigen, faserverstärkten Kunststoffbauteilen a ebene Massivplatte, verformungsempfindlich b, c profilierte Platte d Rippen e Sandwichbauweise f überlaminierte Rippen g überlaminierte U-Rippen E 2.12 Führung der Faserverstärkung bei aufgelöstem Querschnitt mit Flanschen und Stegen E 2.13 Erhöhung der Steifigkeit und Tragfähigkeit durch Sandwichbauweise, Prinzipdarstellung 1 Faserverstärkung der Stege, zu den Flanschen durchgeführt 2 Harzansammlung 3 Hartschaumkern 1 2 3 E 2.12 4t 2t t Konstruktionshöhe Steifigkeit 1 1 t 2t 4t 1,0 7,0 37,0 Tragfähigkeit 1 1,0 3,5 9,2 Gewicht 1,0 1,03 1,06 unter Biegebeanspruchung E 2.13 177
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen ten leistet, kann als Kernschicht ein weicheres, weniger tragfähiges und meist preisgünstigeres Material den faserverstärkten Kunststoff ersetzen. a 1 2 3 4 b E 2.14 Rohr aus faserverstärktem Kunststoff überlaminierter, faserverstärkter Kunststoff Schaumkern Querschott, eingeklebt 1 1 1 3 4 2 a b c E 2.15 1 2 1 a 3 1 b 1 2 3 4 faserverstärkter Kunststoff Abstandsgewebe Wabenkern Hartschaumstoff E 2.16 c 4 1 Herstellung von Sandwichbauteilen Als Kernmaterialien kommen für Sandwichbauteile unterschiedliche Werkstoffe in Frage (siehe Kernmaterialien, S. 72ff.). Mit Hartschaumstoffen (Abb. E 2.16 d) lassen sich diese mit hoher Tragfähigkeit erstellen. Das Laminat wird unmittelbar auf den Kern aufgebracht, der Verbund erfolgt direkt durch das Harz. Dabei ist zu beachten, dass einige Schaumstoffe wie Polyurethan (PUR) verhältnismäßig viel Harz aufsaugen. Bessere Ergebnisse hinsichtlich Verarbeitung und Tragfähigkeit liefert PVC-Schaum, der jedoch auch wesentlich teurer ist. Ein Vorteil von Hartschäumen liegt darin, dass diese vor dem Laminieren mit CNC-Fräsen vollautomatisch vorgeformt werden können. Sie dienen dabei gleichzeitig als Schalung für den faserverstärkten Kunststoff (siehe Hartschaum, S. 185). Da Schaumstoffe vergleichsweise teuer sind, können sich bei großen Bauteilabmessungen Hohlkörper mit Rippen oder Querschotten als wirtschaftlicher erweisen (Abb. E 2.15). Für dünnere Sandwichbauteile bis wenige Zentimeter Dicke kommen auch Wabenkerne, Kernlagenvliese oder Abstandsgewebe in Frage (Abb. E 2.16 b und c). Das Flächengewicht ist hier meist noch geringer als bei der Verwendung von Hartschaum. Bei besonderen Leichtbauanforderungen liefern Wabenstrukturen die besten Ergebnisse. In der Regel muss dabei jedoch die Bauteildicke über das ganze Bauteil konstant gewählt werden. Enge Biegeradien oder doppelt gekrümmte Bauteile sind mit diesen Kernmaterialien nur mit Schwierigkeiten durchführbar. Abstandsgewebe (Abb. E 2.17) werden zunächst beim Auftragen des Harzes mit Pinsel bzw. Roller zusammengedrückt und dabei gleichmäßig benetzt. Anschließend stellt sich das Textil selbstständig wieder auf und es entstehen Hohlräume. Dabei stabilisieren die mit Harz getränkten Decklagen und vertikalen Fäden die Struktur. Abschließend können weitere Lagen überlaminiert werden. Profilierung und Rippen Die geometrische Versteifung durch Profilierung und Rippen entspricht den Grundsätzen der Bauteilgestaltung von unverstärkten Kunststoffen. Wenn geometrisch möglich, ist eine direkte Verbindung von Steg bzw. Schott und Deckfläche zu bevorzugen, also die Durchführung der Faserverstärkung über den Knotenpunkt (Abb. E 2.18 a). Häufig werden Rippen jedoch aus fertigungstechnischen Gründen erst im Nachhinein auf das fertige Laminat aufgebracht. Dazu kann ein formgebender Kern aus Hartschaum, Metall oder Holz auf das d 178 E 2.17
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen Bauteil geklebt und durch Überlaminieren angeschlossen werden (Abb. E 2.18 b – d). Daneben ist es auch möglich, aussteifende Lamellen bzw. Profile aufzukleben (Abb. E 2.18 e – g) oder eine Rippe durch lokale Profilierung des Querschnitts zu erzeugen (Abb. E 2.18 h). Bei der Verwendung von Metallen, Holz oder der Kombination unterschiedlicher Verbundwerkstoffe treten unter Umständen Zwängungsspannungen infolge unterschiedlicher Wärmeausdehnung auf. Kanten Wegen der Umlenkung der Verstärkungsfasern und den Bedingungen des Formenbaus ist es ratsam Kanten stets mit ausreichendem Ausrundungsradius auszuführen (Abb. E 2.20). Bei pultrudierten Profilen sollte dieser mindestens 5 mm betragen und nicht kleiner als die Laminatdicke sein. Für Handlaminate sind Krümmungsradien von mindestens 20 mm zu empfehlen. Ist der Radius zu gering gewählt, können sich die textilen Verstärkungen bei der Herstellung falten oder überschlagen (Abb. E 2.19), die Lastabtragung wird dabei empfindlich gestört. Wie an freien Rändern, ist auch an Kanten häufig eine zusätzliche Verstärkung des flächigen Laminats notwendig. Aufdickungen sind jedoch zu vermeiden, da dabei keine kontinuierliche Faserverstärkung realisierbar ist. Stattdessen sollte die Laminatdicke konstant gehalten werden, um somit eine Aussteifung über eine Profilierung zu erzeugen. Randausbildung Freie Kanten sind konstruktiv schwierig, da sie verformungsempfindlich sind (Abb. E 2.21 a, S. 180). Außerdem treten die Fasern an den Stirnflächen an die Oberfläche, die ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen zu feuchtigkeitsempfindlich sind. Es empfiehlt sich aus optischen und mechanischen Gründen eine Aufkantung oder Randverstärkung einzuplanen. Wie bei den Rippenverstärkungen sollte jedoch eine Aufdopplung vermieden werden. Im Ausnahmefall kann bei präzise gefertigten Platten mit versiegelten Stirnflächen und einer kontinuierlichen Lagerung eine Aufkantung entfallen. Dies ist beispielsweise bei Fassadenverkleidungen der Fall. E 2.14 Verstärkungsring, GFK-Stelen, Mainzer Markthäuser, Mainz (D) 2008, Massimiliano Fuksas a Stelen vor dem Einbau b Aufsicht GFK-Stelen E 2.15 Aussteifung von Rohren a umlaufender Verstärkungsring b Aufbau des Verstärkungsring mit Sandwichkern c Aussteifung mit Querschotten E 2.16 Sandwichkonstruktionen aus faserverstärktem Kunststoff a faserverstärkter Kunststoff b Kunststoff mit Abstandsgewebe c Wabenkern d Hartschaumkern E 2.17 elastisches Abstandsgewebe 2 E 2.18 E 2.19 E 2.20 Verstärkungsrippen a – h verschiedene Möglichkeiten 1 faserverstärkter Kunststoff 2 überlaminierte Rippen 3 Holzstab 4 überlaminierter faserverstärkter Kunststoff 5 Hartschaumkern 6 Stahlprofil 7 Verklebung 8 Flachprofil aus faserverstärktem Kunststoff, z. B. CFK 9 Profil aus faserverstärktem Kunststoff Produktionsfehler bei GFK aufgrund zu geringem Eckradius an einer Kante Eckgestaltung von faserverstärkten Kunststoffen 7 6 7 8 1 1 a e 3 4 1 b 1 f 9 5 4 1 c 7 1 g 6 4 1 d h E 2.18 1 Randverstärkung Die einfachste Maßnahme zur Randverstärkung ist die Aufkantung des Laminats (Abb. E 2.21 b, S. 180). Eine höhere Tragfähigkeit lässt sich durch das Einlegen eines gestaltgebenden Kerns erzielen. Dies kann ein metallisches Hohlprofil, ein Schaumkern oder ein Rundstab aus Leichtholz sein (Abb. E 2.21 c – e, S. 180). Das Laminat wird bei der Fertigung um den Kern geschlagen, alternativ besteht die Möglichkeit, den Kern auch nachträglich überzulaminieren. Neben der Aussteifung kann das Randprofil auch weitere Funktionen wie die Befestigung des Bauteils auf einer Unterkonstruktion übernehmen. R E 2.19 E 2.20 179
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen 2 E 2.21 1 a E 2.22 1 1 E 2.23 a 3 1 b 1 GFK 2 Überlaminieren 3 Laminierstoß b E 2.22 1 2 2 1 c a Abreißen 2 3 1 4 3 Randverstärkung von faserverstärktem Kunststoff a freier Rand b Aufkantung c überlaminiertes Stahlrohr d überlaminierter Hartschaum e überlaminierter Holzstab Verbindung durch Überlaminieren a axialer Stoß durch seitliches Überlaminieren b Laminierstoß mit zunächst überstehenden Fasern, nachträgliches Überlappen und Laminieren Überlaminieren mit Abreißgewebe Schattenfugen Bei der Fügung von großformatigen Bauteilen aus faserverstärktem Kunststoff sind stumpfe Stöße wegen der unvermeidbaren Fertigungstoleranzen schwierig durchführbar. Die Ausformung von Schattenfugen hat den Vorteil, dass die Aufkantung der Bauteile sowohl als Randverstärkung im Bauzustand als auch als Verstärkungsrippe im Endzustand fungiert. Gleichzeitig können die notwendigen Verbindungsmittel nach außen verdeckt angeordnet werden (Abb. E 2.25 a und E 2.26). Diese Bauweise war bereits bei den ersten Gebäuden aus faserverstärktem Kunststoff in den 1960er-Jahren gebräuchlich, ist jedoch bauphysikalisch unbefriedigend, da eine offene Fuge und zugleich eine Wärmebrücke entstehen. Diese Problematik fällt bei der Fügung von Sandwichbauteilen noch stärker ins Gewicht, da die wärmedämmende Schicht durchbrochen wird. Beim Aufstellen eines Faserverbundbauteils auf den Boden erleichtert eine Schattenfuge ebenfalls die Detailausbildung, zum gleichmäßigen Lasteintrag ist es möglich, in der Fuge ein Elastomerprofil einzubauen (Abb. E 2.25 b). Sollen die Verbindungsmittel eines Elementstoßes von außen zugänglich sein, kann die Schattenfuge wie in Abb. E 2.25 c ausgeführt werden. Anschlüsse Montagefugen können durch nachträgliches Überlaminieren geschlossen werden. Im besten Fall hat die Fuge dann identische mechanische und bauphysikalische Eigenschaften wie die zu verbindenden Bauteile. Die Fügung einzelner Bauteile kann aber auch über stiftförmige Verbindungsmittel oder eine Verklebung erfolgen (siehe Verbindungsmittel, S. 161ff.). Dabei besteht die Möglichkeit, bereits bei der Fertigung Laschen, Einbauteile oder Muffen zu integrieren und den Faserverlauf den Verbindungsmitteln entsprechend anzupassen. Dadurch können die Tragfähigkeit der Verbindung und in einigen Fällen auch die bauphysikalischen Eigenschaften der Fuge verbessert werden. b d 5 c 4 e 1 2 3 4 1 2 3 4 5 faserverstärkter Kunststoff Metallrohr Hartschaumkern Holzstab E 2.21 180 faserverstärkter Kunststoff Abreißgewebe rauhe Oberfläche glatte Oberfläche nachträglich überlaminierte Faserlage Überlaminieren Bei Laminierstößen werden die zu fügenden Bauteile zunächst stumpf gestoßen und dann durch schichtweises Überlaminieren verbunden E 2.23
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen +/-45° Gewebe Faserschnecke Faserstern Faserumwicklung a Aufbringen des Abreißgewebes als letzte Schicht b Abreißen des Gewebes vor Erhärten des Harzes c Überlaminieren zu späterem Zeitpunkt E 2.24 Maßnahmen zur Erhöhung der Lochlaibungsfestigkeit von Schraubstößen E 2.25 Gestaltung von Schattenfugen a Schattenfuge, vertikal b Schattenfuge bei Auflagerung c zurückversetzte Stoßfuge E 2.26 D-Tower Doetinchem (NL) 2004, Lars Spuybroek /NOX (Abb. E 2.22 a). Die zusätzlichen Faserlagen sollten möglichst beidseitig angebracht werden, um eine gleichmäßige Lastübertragung zu ermöglichen. Für eine gute Haftung beim Überlaminieren muss die Oberfläche der Bauteile ausreichend rau sein. Dazu kann ein Abreißgewebe eingesetzt werden (siehe Abreißgewebe, S. 71). Dieses wird bei der Fertigung im Werk zunächst als letzte Schicht aufgebracht und vor dem endgültigen Erhärten des Harzes wieder abgezogen. Dabei entsteht eine raue Oberfläche mit kleinen Kunststoffzähnchen, auf die im Rahmen der Montage anschließend überlaminiert werden kann (Abb. E 2.23). Alternativ ist es möglich, die Fasern im Randbereich zunächst trocken überstehen zu lassen. Diese werden anschließend bei der Montage im Reißverschlussverfahren gestoßen und schichtweise mit Harz getränkt (Abb. E 2.22 b). Bei beiden Methoden ergibt sich jedoch an der Stoßstelle eine Verdickung des Laminats. Anpassung der Faserverstärkung Im Gegensatz zur Konstruktion mit Halbzeugen kann beim Konstruieren mit frei geformten Laminaten auf die spätere Belastung reagiert werden. Zur Erhöhung der Lochlaibungsfestigkeit von geschraubten Verbindungen lässt sich die Scherfestigkeit am Schraubenloch gezielt verbessern. Eine textile Faserverstärkung in 45°-Orientierung zur Bauteilachse erhöht die Lochleibungsfestigkeit unabhängig von der Belastungsrichtung und der genauen Lage des Verbindungspunkts. Effektiver sind vorgefertigte Faserschnecken oder Rosetten. Dazu muss aber vorab die Position der Schraubenverbindung exakt definiert sein. Optimale Ergebnisse liefert das Umschlaufen des Schraubenlochs mit den Fasern (Abb. E 2.24). Dabei kann durch die zusätzliche Verwendung einer Metallhülse die übertragbare Kraft nochmals gesteigert werden. Bei diesen Maßnahmen werden die Fasern gezielt so platziert, dass sie durch das Bohrloch nicht getrennt werden. Die Kräfte werden tangential von der Schraube auf die Fasern übertragen und direkt in das weitere Laminat übertragen. Für diese Konstruktion muss jedoch die Geometrie und Kraftrichtung der Verbindung bekannt sein. E 2.24 1 2 3 a 1 2 b 1 2 3 c 1 faserverstärkter Kunststoff 2 Distanzstück aus Elastomer, Stahl o. ä. 3 Schrauben bzw. Nieten E 2.25 E 2.26 181
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen E 2.27 E 2.28 E 2.29 E 2.30 aufgeklebte metallische Verbindungsteile a Lasche b Winkel Einbau von Laschen, Lochblech zur Optimierung des Verbunds, mit durchgeschlauften Rovings a Axometrie b Schnitt erhältliche, überlaminierbare Einbauteile für faserverstärkte Kunststoffe Einbauteil zur Integration von Schrauben E 2.31 E 2.32 E 2.33 E 2.34 fg 2000, Altenstadt (D) 1968, Wolfgang Feierbach a Ansicht Fassadenecke b Eckdetail abgetreppte Stoßfuge für Sandwichbauteile Sandwichstoß mit Überlaminieren kugelförmige Umhüllung von Antennen (Kugelradom) aus GFK-Sandwichbauteil a Fügung der einzelnen Bauteile b geschlossene Hülle 1 faserverstärkter Kunststoff 2 Stahllasche oder -winkel 3 Klebstoff 1 3 1 2 a 3 2 E 2.27 b 1 faserverstärkter Kunststoff 2 Lasche aus dünnem Stahlblech 3 Langfasern (Rovings), durch Löcher im Stahlblech geschlauft 4 reguläre flächige Faserverstärkung 1 3 2 3 a 4 1 2 b E 2.28 1 faserverstärkter Kunststoff 2 Einbauteil mit dünnem Stahlblech Aufgeklebte Verbindungen Alternativ zu Einbauteilen können Stahllaschen oder -winkel auch nachträglich aufgeklebt werden (Abb. E 2.27). Bei ausreichend großer Klebefuge sind damit hohe Kräfte übertragbar. F 2 Metallische Einbauteile Bei punktuellen Verbindungen mit konzentrierter Lasteinleitung bieten sich Einbauteile aus Stahl-, Edelstahl- oder Aluminium an. Um Zwängungsspannungen zu minimieren, sollten die Wärmeausdehnungskoeffizienten von Laminat und Einbauteil aufeinander abgestimmt werden. Je nach Faserart und Aufbau variiert der Wert für faserverstärkte Kunststoffe erheblich, weshalb keine pauschalen Materialempfehlungen gegeben werden können. Für flächige GFK-Mischlaminate eignet sich grundsätzlich eher Aluminium, während pultrudiertes GFK besser mit Stahl oder Edelstahl kombiniert werden sollte. CFK hingegen ist aufgrund des sehr geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten weniger für die Kombination mit Metallen geeignet. Metallische Laschen sollten möglichst dünn ausgeführt werden, um Störungen im Laminataufbau zu minimieren (Abb. E 2.28). Lochbleche erlauben eine bessere Durchdringung des Kunststoffs bei der Herstellung, zusätzlich können Langfasern (Rovings) durch die Löcher geschlauft werden, was die Tragfähigkeit nochmals erhöht. Schrauben und Gewindehülsen lassen sich über vorgefertigte Einbauteile im Laminat verankern. Wie bei den Laschen liefern ebenfalls dünne Lochbleche die besten Ergebnisse (Abb. E 2.29 und E 2.30). Bei Sandwichelementen sind darüber hinaus großformatige Einbauteile möglich, die im Inneren des Bauteils an der Stelle des Kernmaterials liegen. 1 Detailausbildung bei Sandwichbauteilen Beim Konstruieren mit faserverstärkten Kunststoffen übernehmen Sandwichelemente im Bauwesen vor allem zwei Aufgaben: die Erhöhung der Tragfähigkeit gegenüber dünnen Laminaten und die Wärmedämmung. E 2.29 182 E 2.30
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen 3 1 2 3 4 GFK-Deckschicht Hartschaumkern Schraube Dichtungsmasse 2 1 4 a Sie sollten daher fugenlos gestoßen werden, um eine Herabsetzung der mechanischen und bauphysikalischen Eigenschaften zu verhindern. Eine Möglichkeit ist, die Kernschicht über eine Doppelfeder und das anschließendes Überlaminieren zu stoßen (Abb. E 2.33). Im Bauzustand werden die Kräfte an den Fugen nur über den Kern weitergeleitet, was ein entsprechend tragfähiges Material voraussetzt, z. B. PVC oder PUR. Nach dem Überlaminieren laufen die Deckschichten aus faserverstärktem Kunststoff durch, der Querschnitt ist damit fugenlos. Dabei muss jedoch möglicherweise eine Decklage über die gesamte Struktur laminiert werden, um eine ausreichende Tragfähigkeit zu erzielen. Schraubstöße Bei mobilen Konstruktionen oder aus wirtschaftlichen Gründen werden Sandwichelemente auch über geschraubte Stöße verbunden. Wegen der Spannungskonzentration an der Fuge ist eine lokale Verstärkung erforderlich, dies geht jedoch meist mit einer Herabsetzung der Tragwirkung und der Wärmedämmeigenschaften einher. Durch eine abgetreppte Fuge (Abb. E 2.32) können die bauphysikalischen Nachteile zumindest teilweise kompensiert werden, die Verbindung kann als gelenkig angesehen werden. Der Schraubenanschluss lässt sich mit einer integrierten Stahlmanschette verstärken. Alternativ kann über eine zusätzliche Aufkantung (Abb. E 2.31) zwar eine biegesteife Verbindung erzielt werden, dabei entsteht jedoch eine Wärmebrücke. b E 2.31 4 3 1 2 3 4 5 1 2 GFK-Deckschicht Hartschaumkern Einbauteil aus Stahl Schraube Abdeckstöpsel 5 E 2.32 1 2 3 4 Deckschicht aus faserverstärktem Kunststoff Kernschicht aus Hartschaum Doppelfeder aus Hartschaum, verklebt Überlaminieren nach Fügung 1 2 a 3 4 b E 2.33 Großformatige Stahleinbauteile Bei einem Sandwichelement können großformatige Einbauteile in der Mittellage punktuell die Kernschicht ersetzen. Damit ist eine tragfähige Verstärkung möglich, die nicht nach außen in Erscheinung tritt. Die Dachschalen des Itzhak Rabin Centers z. B. sind als Sandwichbauteile mit integrierten Stahlkassetten ausgeführt, die dem Anschluss der Stützen dienen (Abb. E 2.36 a, S. 184). Bei der Fertia b E 2.34 183
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen gung werden zunächst alle Faserlagen, der Hartschaumkern sowie die Einbauteile verlegt. Anschließend wird der gesamte Querschnitt über die Harzinfusionsmethode mit dem Kunststoff getränkt (Abb. E 2.36 b). Die fertigen Schalen müssen schließlich lediglich eingehoben und montiert werden (Abb. E 2.36 c). Funktionsintegration Faserverstärkte Kunststoffe sind geschichtet aufgebaut und werden kalt oder bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen verarbeitet. Es bietet sich daher an, bereits im Fertigungsprozess weitere Bauteile und Funktionen zu integrieren. Dies kann eine eingebaute Beleuchtung, eine spezielle optische Gestaltung, Wärmespeicherung, Sensoren zur Messung von Dehnungen und Temperatur sowie ein Steuerungssystem z. B. für den Sonnenschutz sein (siehe Potenziale, Tendenzen und Herausforderungen, S. 24ff.). Bei Sandwichkonstruktionen ist es außerdem möglich, Medienleitungen für Strom oder Wasser bereits bei der Fertigung im Bauteil zu integrieren (Abb. E 2.35). Zu diesem Zweck können Medienkanäle geformt werden, in denen die Leitungen oder Rohre verlaufen. Je nachdem, wie häufig die Medien zugänglich sein müssen, sind offene oder geschlossene Varianten denkbar. 1 Deckschicht aus faserverstärktem Kunststoff 2 Kernschicht aus Hartschaum 3 Deckel Formenbau Während der Fertigung von Faserverbundbauteilen ist der Kunststoff zähflüssig, weshalb eine dichte Formhaut erforderlich ist. Beim Handlaminieren flächiger Bauteile und dem Harzinjektions- bzw. Vakuumverfahren sowie beim Faserspritzen ist eine einschalige Form ausreichend. Das automatisierte Pressverfahren erfordert hingegen eine zweischalige Form. Die der Form zugewandte Seite des Laminats ist glatt, während die der Form abgewandte Seite meist eine raue oder unregelmäßige Oberfläche erhält. Beim Harzinfusions- oder Vakuumverfahren kann durch die Verwendung einer Deckfolie auch die abgewandte Seite glatt ausgeführt werden, wobei jedoch eine faltenfreie Verlegung dieser Folie nicht ohne Weiteres möglich ist. Entwicklung von Formen Die Form kann aus der Bauteilgeometrie entwickelt werden, wobei fertigungstechnische Gründe eine Unterteilung der Form bzw. des Werkstücks in mehrere Segmente notwendig machen. Soll beispielsweise ein kreisförmiger Querschnitt laminiert werden, ist das Werkstück in mindestens zwei Segmente zu unterteilen (Abb. E 2.37). Bei diesen Überlegungen spielt vor allem die Entformbarkeit der Struktur eine Rolle, so z. B. bei hinterschnittenen Geometri- en. Alternativ zum Werkstück kann auch die Form in mehrere Segmente unterteilt werden. Während des Laminierens sind die einzelnen Teile fest verbunden. Dazu können die Ränder der Formsegmente aufgekantet und am Falz miteinander verschraubt werden. Prozessschritte Der Formungsprozess findet üblicherweise in drei Teilschritten statt. Zunächst wird die Urform bzw. der Prototyp erstellt. Die Urform kann additiv oder subtraktiv, also durch schrittweises Hinzufügen oder Entfernen von Urformmaterial erstellt werden. Sie besteht aus Materialien wie Hartschaum, Leichtholz, Lehm oder Gips, die zwar leicht bearbeiten werden können, aber für ein häufiges Abformen ungeeignet sind. Im zweiten Schritt wird die Negativform aus dieser Urform entwickelt. Dazu wird die Oberfläche der Urform mit einem Trennmittel wie Silikonöl oder Wachs benetzt und die Negativform überlaminiert bzw. gegossen. Je nach Seriengröße kommen für die Negativform unterschiedlich robuste Werkstoffe zum Einsatz, dies können faserverstärkter Kunststoff oder metallische Werkstoffe sein. Im dritten Schritt wird aus der Negativform das eigentliche Werkstück geformt, dieses hat dann die identische Oberflächengeometrie wie der Prototyp. Auch hier sind wieder Trennmittel zur besseren Entformbarkeit notwendig (Abb. E 2.41, S. 186). E 2.35 4 Medienleitungen, z. B.: Wasser, Strom 5 integrierter Medienkanal aus faserverstärktem Kunststoff E 2.36 1 2 1 2 E 2.37 E 2.38 E 2.39 1 3 1 4 a b a b 184 4 E 2.40 5 Integration von Medienleitungen in Sandwichkonstruktionen a von außen zugänglich b integriert Itzhak Rabin Center, Tel Aviv (IL) 2005, Moshe Safdie, Mick Eekhout a Einbauteil aus Stahl b Herstellung im Vakuuminfusionsverfahren c Einheben der vorgefertigten Segmente Aufteilung eines Bauteils in mehrere Segmente Eckausrundung in der Form zum besseren Laminieren Vermeidung großer Reibungskräfte beim Entformen, Flächen nicht parallel zur Entformungsrichtung Mehrfachnutzung einer überlangen Form für Bauteile mit gleichem Querschnitt, aber unterschiedlicher Länge E 2.35 c E 2.36
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen Neben dem dreistufigen Formenbauprozess ist es auch möglich, die Negativform direkt zu erstellen. Dazu kann beispielsweise Hartschaum mit einer CNC-Fräse bearbeitet werden. Für großformatige Laminate kommen aber auch Negativformen aus Holzbretterschalung infrage. Eine Sonderform sind sogenannte verlorene Schalungen, die nach dem Überlaminieren als Sandwichkern im Bauteil verbleiben. 1 1 2 2 Werkstoffe Die Material- und Herstellungskosten für Formen sind hoch, sie überschreiten teilweise die Aufwendungen für das eigentliche Werkstück erheblich. Daher wählt man in Abhängigkeit der Bauteilgröße, der angestrebten Oberflächenqualität und der Anzahl der zu formenden Abgüsse den jeweils günstigsten Werkstoff. Zudem sollte der Aufwand für den Formenbau durch entsprechende Gestaltung der Bauteilgeometrie minimiert werden, beispielsweise indem gleiche Formen für unterschiedlich große Bauteile verwendet werden (Abb. E 2.40). Gips und Ton Gips ist ein kostengünstiges Material, das einfach geformt werden kann. Es eignet sich sowohl für die Urform als auch für die Negativform. Wegen der geringen Festigkeit kommt Gips nur für kleine Bauteile und wenige Abformprozesse infrage. Trockener Gips saugt Wasser oder Trennmittel an, weshalb sich das Entformen oft schwierig gestaltet. Die leicht zerbrechliche Gipsform wird dabei häufig zerstört. Ton ist ebenfalls ein günstiges und gut zu bearbeitendes Formmaterial. Bei entsprechender Temperierung und Feuchtigkeitsregulierung lässt sich Ton plastisch formen, nach dem Trocknen bzw. Kühlen kann er gehobelt werden. Hartschaum Der Vorteil feinporiger Schaumstoffe (PVC, PUR, XPS) ist, dass diese computergesteuert mit einer CNC-Fräse geformt werden können. Der Materialpreis ist vergleichsweise hoch, weshalb die notwendigen Hartschaummengen auf ein Minimum reduziert werden sollten. Häufig verbleibt der Hartschaum als Kernschicht in einem Bauteil. Soll er nur der Formgebung dienen, muss er mit Spachtelmasse und Wachs versiegelt werden. Formen aus Hartschaum sind ebenfalls nur für wenige Abformvorgänge verwendbar. Grobporiger Schaumstoff (EPS, Styropor) ist zwar am preiswertesten, jedoch schwierig zu bearbeiten. Für den einfachen Modellbau eignet sich EPS-Schaum in Kombination mit einer Nachbearbeitung durch Gips oder Ton. Faserverstärkter Kunststoff Faserverstärkter Kunststoff, vor allem GFK, ist ein gebräuchliches Material für Negativformen. Je nach Häufigkeit der Verwendung, also den 1 Werkstück aus GFK 2 Negativform E 2.37 1 1 2 2 1 Werkstück aus GFK 2 Negativform E 2.38 schweres Entformen leichtes Entformen 1 1 2 2 E 2.39 1 Negativform aus GFK 2 a, b unterschiedliche Werkstücke verschiedener Länge 1 1 2a 2b E 2.40 185
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen Robustheitsanforderungen, kommen unterschiedliche Harzsysteme zum Einsatz. GFK hat sich als Negativform gut bewährt, es können damit 100 und mehr Werkstücke erstellt werden. Ein Vorteil von GFK ist, dass sich in die Form zusätzlich Griffe, Aufkantungen und Befestigungsmittel für eine einfachere Handhabung und Montage integrieren lassen. Stahl Metallische Formen aus Stahl oder Aluminium sind nur bei besonders hohen Stückzahlen oder hohen Toleranzanforderungen relevant. Die Herstellung ist aufwendig, dafür sind die Formen robust und formtreu. Holz Für besonders große Bauteile und Formen mit nicht zu hohen Anforderungen an die Maßgenauigkeit sind Formen aus Holz sinnvolle Alternativen. Die eigentliche Schalhaut kann aus dünnen Baufurnierholz oder gehobelten Brettern geformt und durch senkrecht angebrachte Querschotte oder Rippen in ihrer Lage definiert werden. Diese können in einem computergesteuerten Prozess exakt gefertigt werden. Kunststoff Polyurethan-Gießharz wird bei hohen Präzisionsanforderungen für den Formenbau verwendet. Seine Oberflächenqualität ist sehr gut und es ist relativ robust. Die Form wird aber insgesamt vergleichsweise schwer und teuer, außerdem ist das Harz im Nachhinein nicht umformbar. Neben Gießharzen kommen auch Elastomere, z. B. Silikonkautschuk, für den Formenbau infrage, jedoch nur für vergleichsweise kleine Bauteile. Ein Vorteil ist, dass mit dem dehnbaren Werkstoff auch Hinterschneidungen möglich sind. Außerdem kann bei Verwendung von Silikon ein Trennmittel entfallen. mehrere Segmente zu einer lösbaren Form verbunden werden. Daneben sollten auch keine Flächen parallel zur Entformungsrichtung angeordnet werden, da hohe Reibungskräfte beim Auslösen der Werkstücks aus der Negativform auftreten (Abb. E 2.39, S. 185). Bei kleinen Formen bis 20 cm Tiefe sollte ein Winkel von mindestens 2° zur Vertikalen vorgesehen werden, bei größeren Formen über 1 m Tiefe ein Winkel von mindestens 5°. An Kanten ist ein ausreichender Ausrundungswinkel einzuplanen, um ein gleichmäßiges Laminieren zu ermöglichen (Abb. E 2.38, S. 185). Hohlkörper Die Herstellung von Hohlkörpern aus faserverstärktem Kunststoff muss über Zwischenschritte erfolgen (Abb. E 2.45). Zunächst werden zwei Halbschalen laminiert, wobei die später unten liegende Form mit überstehendem Laminat zu fertigen ist. Bevor die Laminate aushärten, wird ein vorkonfektionierter Folienschlauch auf die untere Form gelegt und teilweise unter 4 1 a 2 1 b Grundsätze der Formgestaltung Bei den üblicherweise im Formenbau verwendeten Werkstoffen sind sowohl Negativform als auch Werkstück vergleichsweise steif. Die Geometrie ist deshalb so auszubilden, dass keine Hinterschneidungen auftreten (Abb. E 2.37, S. 185). Gegebenenfalls müssen 2 c 1 2 3 4 3 Urform aus Hartschaum Negativform aus GFK Werkstück aus GFK CNC-Fräse E 2.41 186 Druck gesetzt. Die Überstände werden über den Schlauch geschlagen und die zweite Laminathälfte auf die untere Form montiert. Die beiden Negativformen werden verbunden und der Folienschlauch auf Nenndruck gesetzt. Dadurch verbinden sich die beiden Laminate auf der Länge des Überlappungsstoßes, durch den Innendruck werden sie verdichtet und Luftblasen ausgedrückt. Mit diesem Verfahren lassen sich hohe Festigkeiten und exakte Geometrien erzeugen. Da die Stoßfuge nassin-nass verbunden wird, hat sie eine gute Tragfähigkeit. In Abb. E 2.41 sind die Arbeitsschritte am Beispiel der Fertigung hohler GFK-Lamellen dargestellt. Vor dem Laminierprozess wird zunächst die Urform mit einer CNC-Fräse vollautomatisch aus einem Hartschaumblock ausgeschnitten. Anschließend werden von dieser die Negativformen aus GFK abgeformt. Im dritten Schritt folgt das beschriebene Pressschlauchverfahren. Die Negativform kann dabei auch für Werkstücke unterschiedlicher Länge verwendet werden. E 2.42
Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen a b Sandwichkern als Schalung Form im Bauteil nur bei unregelmäßigen Geometrien ohne Wiederholungsfaktor. Ein weiterer Nachteil ist, dass nach außen laminiert wird, also die relativ raue und ungenaue letzte Laminatschicht die spätere Oberfläche bildet. Dieser Nachteil kann durch den Einsatz der Harzinfusions- oder Vakuummethode (siehe Harzinfusions- und Vakuumverfahren, S. 79f.) jedoch verbessert werden. Bei Sandwichbauteilen kann auf eine Form verzichtet werden, wenn direkt auf die Kernschicht aus Schaumstoff laminiert wird. Die Kernschicht dient damit gleichzeitig als Form, tragendes Bauteil und Wärmedämmung. Bei CNC-Bearbeitung ist eine nahezu unbeschränkte Formenvielfalt realisierbar. Dafür muss der Hartschaumblock vorab zugeschnitten werden, z. B. mit einer CNC-Fräse (Abb. E 2.42). Der faserverstärkte Kunststoff wird ohne Trennschicht direkt auf den Hartschaum aufgelegt und das Laminat über das Harz mit dem Schaumstoff verklebt. Dieser nimmt je nach Porosität flüssiges Harz auf. Daher ist ausreichend Harz bei der Produktion vorzusehen. Bei großformatigen Bauteilen können einzelne Hartschaumblöcke auch aneinandergeklebt werden. Die hohen Materialkosten von Schaumstoffen machen diese Bauweise relativ teuer. Wirtschaftlich sinnvoll ist die Integration der E 2.43 Die Bushaltestelle in Hoofddorp bei Amsterdam wurde aus großen, mit einer CNC-Steuerung zuvor gefrästen Schaumstoffblöcken gefügt (Abb. E 2.42). Die Blöcke wurden vor Ort zusammengeklebt und anschließend das GFK überlaminiert. Dazu diente ein temporär errichtetes Fertigungszelt, das trockene Umgebungsbedingungen gewährleistete. Im fertigen Zustand ist die Oberfläche relativ rau und daher schmutzempfindlich. Der in das Bauwerk integrierte Aufenthaltsraum wurde in einem Zug mit der Gesamtstruktur gefertigt (Abb. E 2.43). E 2.41 E 2.42 E 2.43 E 2.44 E 2.45 typischer Ablauf einer Serienfertigung von GFK-Bauteilen a Entwickeln der Urform mit CNC-Fräse b Abformen der Negativform c Abformen des Werkstücks aus der Negativform CNC-Bearbeitung von Hartschaum großformatige Sandwichkonstruktion, Bushaltestelle Hoofddorp (NL) 2003, NIO Architects a Ansicht b Schnitt Laminatverdichtung mit Pressschlauch Herstellung von Hohlkörpern aus zwei Halbschalen a unteres Werkstückteil wird mit überstehendem Laminat gefertigt b gleichzeitiges Laminieren der oberen Werkzeugteilhälfte c Einbringen eines Folienschlauchs d Zusammenfügen der Teile vor dem Erhärten e Folienschlauch wird auf Nenndruck gesetzt 1 1 2 2 b a 3 1 1 2 2 1 c 2 3 2 e E 2.44 1 d 1 Werkstück aus GFK 2 Negativform 3 Folienschlauch mit Nenndruck E 2.45 187
Konstruieren mit Folien E 3.1 Folien werden als tragende Konstruktion hauptsächlich in Form von pneumatisch vorgespannten Kissen eingesetzt. Dabei kommt vor allem der Randklemmung eine besondere Bedeutung zu, denn sie muss nicht nur statischen Anforderungen genügen, sondern zudem verschiedene konstruktive und bauphysikalische Bedingungen erfüllen. Neben der Randausbildung sind die technischen Komponenten und verschiedenen Prinzipien der Luftversorgung der pneumatischen Folienkissen ein wichtiger Bestandteil der Konstruktion, dies gilt in gleicher Weise auch für Kissen aus textilen Membranen und Mischkonstruktionen aus Geweben und Folien. Prinzipiell denkbar sind auch durch Unterdruck pneumatisch stabilisierte Konstruktionen mit Folien. Allerdings ist diese Art der Anwendung bei Folien eher kritisch zu sehen, da das Einsaugen von ungefilterter Luft und damit auch Schmutz hier optisch besonders störend sein kann. Aufgrund ihrer geringen Festigkeit, der hohen Dehnung und des Kriechverhaltens werden Folien bisher selten mechanisch vorgespannt eingesetzt. Als Werkstoff für das Konstruieren mit Folien wird heute größtenteils Ethylentetrafluorethylen (ETFE) verwendet, weshalb sich die folgenden Beschreibungen der konstruktiven Details hauptsächlich darauf beziehen, obwohl sie weitgehend auch auf andere Folienwerkstoffe anzuwenden sind. Lagenaufbau und Kissenform E 3.1 E 3.2 E 3.3 188 Montage der Dachkissen, Allianz Arena, München (D) 2005, Herzog & de Meuron Übersicht Foliendetails und technische Elemente Übersicht Kissenformen in verschiedenen Größen und Lagenaufbauten Die maximale Spannweite pneumatisch vorgespannter Folienkissen aus ETFE, das bisher in ausreichender optischer Qualität nur in Dicken bis 300 μm gefertigt werden kann, liegt entsprechend den in der mitteleuropäischen Klimazone typischen Wind- und Schneelasten bei etwa 4,50 m. Da pneumatische Kissen auch einachsig vorgespannt stabil sind, ist dieser Richtwert für die kürzere Spannweite entscheidend, d. h. es sind auch stark längliche Formate möglich. Um den Freiraum des Innenhofs einer Bank in Bratislava vor Regen und Schnee zu schützen wurden z. B. Folienpneus mit den Grundmaßen 4,50 x 46,00 m gespannt (siehe Bankgebäude, S. 253ff.). Sollen Kissenkonstruktionen mit größeren Formaten umgesetzt werden, bieten sich mehrere Optionen (Abb. E 3.3): • Durch eine Erhöhung des Stichs im Kissen werden die Lasten, die auf die Ober- und Unterlage einwirken, (geringfügig) reduziert. Diese Maßnahme hat allerdings aufgrund der daraus resultierenden starken Krümmung fertigungstechnische sowie konstruktive Grenzen. • Durch zusätzliche Seilnetze lässt sich die Spannweite von Folienlagen vergrößern. Zur Abtragung der in erster Linie auf die horizontalen Kissen wirkenden Schneelasten beispielsweise ist es möglich, die dadurch höher belastete Unterseite (siehe Pneumatisch vorgespannte Flächen, S. 143f.) durch ein darunter befindliches Seilnetz zu verstärken. Ein weiteres Seilnetz kann zusätzlich die Tragfähigkeit der Oberlage verbessern (Abb. E 3.20, S. 195). • In manchen Fällen kommt eine Dopplung der Folien in der Unter- und/oder Oberlage in Betracht, um die Tragfähigkeit der Kissenlagen zu steigern. Die mit ca. 10 ≈ 10 m sehr großen Kissen einer Shopping-Mall nahe Lissabon sind ein Beispiel hierfür (siehe Einkaufszentrum, S. 256f.). • Anstelle von Folie kann die Unter- und/oder Oberlage der Kissen in einem Material höherer Festigkeit, z. B. einem verstärkten Gewebe wie Polyester-PVC oder Glas-PTFE ausgeführt werden. Die signifikant höhere Festigkeit von Geweben erlaubt erheblich größere Spannweiten pneumatisch gestützter Membrankonstruktionen. Dies bedeutet allerdings in der Konsequenz, dass die Kissen ihre Transparenz verlieren. Auch Kombinationen dieser verschiedenen Maßnahmen sind möglich. Für die Überdachung der Stierkampfarena Vista Alegre in Madrid wurde ein Kissen mit einer Grundfläche von knapp 2000 m² und einem Durchmesser von 50 m gefertigt, für das eine Oberlage aus Polyester-PVC mit einer Seilnetz verstärkten Unterlage aus ETFE-Folie kombiniert wurde. Kissen werden nahezu ausschließlich witterungsgeschützt vorgefertigt und dann als Gan-
Konstruieren mit Folien zes auf der Baustelle eingebaut. Durch den formgebenden Zuschnitt (siehe Zuschnitt, S. 147f.) entstehen beim Schweißen der Kissenlagen dreidimensionale Gebilde, die sich je nach Lagenabmessung nur noch eingeschränkt für den Transport zusammenlegen lassen, ohne dass die Knicke später eine optische Beeinträchtigung darstellen. Vor allem bei Kissen mit verschweißten Lagen aus klaren ETFE-Folien können die Schwierigkeiten beim Falten ein Format beschränkender Faktor sein, der bereits in der Planung berücksichtigt werden sollte. Mehrlagige Kissen Mehrlagige Kissen bieten aufgrund der getrennten Luftschichten eine höhere Dämmwirkung. Innere Lagen können sehr viel dünner als die äußeren Folienlagen ausgeführt werden, da sie unter geringer Vorspannung stehen und nur geringfügig an der Lastabtragung beteiligt sind. Meist werden sie mit formgebendem Zuschnitt angefertigt, da sonst kaum Faltenfreiheit erreicht werden kann. Je nach Anforderungen an das optische Erscheinungsbild sind jedoch auch eben gespannte Mittellagen (ohne Zuschnitt) möglich. Werden die einzelnen Lagen eines Kissens aus dem gleichen Material gefertigt, lassen sie sich nach der Konfektionierung (Zuschnitt und Lagenfertigung durch Verschweißen) bereits werkseitig am Rand zu Kissen verschweißen und müssen nicht separat geklemmt werden. Hierbei können auch mehr als zwei Lagen gefügt werden. Diese Art der Fertigung stellt bei ETFE-Folien die kostengünstigste Variante dar, da sich der Aufwand auf der Baustelle deutlich reduziert. Zudem ist der Einbau weniger von der Witterung abhängig, weil in das Kisseninnere keine Niederschläge oder Verschmutzungen eindringen können, was einen erheblichen Reinigungsaufwand zur Folge hätte. Als Alternative – und bei verschiedenen Lagenmaterialien unvermeidlich – kommt ein separates Klemmen der einzelnen Kissenlagen in Betracht. Diese Variante hat den Vorteil, dass die Lagen bei Bedarf getrennt ausgetauscht werden können und sich so vor allem extreme Wärmebrücken im Bereich der Lagenschweißung vermeiden lassen. Bei viellagigen Kissenkonstruktionen ist es auch möglich, beide Varianten zu kombinieren. Schaltbare Mittellage Eine Bedruckung mit meist weißem oder silbernem Punktmuster oder beliebigen anderen Mustern und Farben (siehe Einfärben, Bedrucken und Beschichten, S. 97), kann die Strahlungstransmission durch ein Folienkissen reduzieren. Bei mehrlagigen Kissen bietet sich die Möglichkeit, ein zur Oberlage versetztes Muster auf die Mittellage zu drucken. Wird die Mittellage nun von innen an die obere Folie gedrückt, so verdeckt ihr Druckmuster die offenen Bereiche in der oberen Folie. Dies gelingt z. B. mit einem versetzten Schachbrettmuster, geringe Spannweite mittlere Spannweite aber auch mit sehr viel komplexeren Mustern (Abb. E 3.5, S. 190). Das Anpressen der Mittellage an die obere Folie geschieht durch getrennte Drucksteuerung beider Kissenkammern. Prinzipiell ist zwischen einem Umschlagen (Abb. E 3.4 a, S. 190) und dem elastischen Dehnen der Mittellage durch Druckerhöhung in der unteren Kammer zu unterscheiden (Abb. E 3.4 b, S. 190). Das Wirkungsprinzip der schaltbaren Mittellage wird im Kapitel »Schaltbarer Sonnenschutz für Folienkissen« auf S. 221 genauer beschrieben. Unterkonstruktion Aufgrund des geringen Flächengewichts von Folienkissen und den im Vergleich zu mechanisch vorgespannten Membranen sehr geringen Vorspannkräften, die diese an die Unterkonstruktion abgeben, kann das Tragwerk von Folienkissen sehr filigran und leicht gestaltet werden. Die Kissen werden in der Regel durch Aluminiumprofile über weite Dach- und Fassadenflächen auf eine Primärtragwerkskonstruktion aus Holz, Stahl oder Aluminium montiert. Dabei können die Klemmprofile je nach Ausbildung auch selbst über gewisse Distanzen spannen, was punktuelle Befestigungen an der Primärstruktur und eine gewisse optische Entkopplung (z. B. Kissenklemmung auf Holz-Primärtragwerk) ermöglicht. In seltenen Fällen werden die Kissen auch direkt in Seilnetzkonstruktionen eingehängt (siehe Bankgebäude in Bratislava, S. 253ff.). große Spannweite Folie 2-lagig Folie 3-lagig Folie 3-lagig, Mittellage schaltbar Folie 4-lagig Gewebe oben, Folie unten + Mittellage Folie + 2 Lagen Folie Folie oben, Gewebe unten + Mittellage Folie Gewebe oben und unten Folie Gewebe Folie mit Seilunterstützung bewegbare Mittellage E 3.2 Gewebe oben gespannt Folienkissen 3-lagig darunter E 3.3 189
Konstruieren mit Folien Da sich die Kissenform nicht nur durch den Zuschnitt, sondern auch durch Materialdehnung einstellt, sollte unbedingt darauf geachtet werden, unterhalb des Kissens einen ausreichenden Abstand zum Primärtragwerk oder anderen Bauteilen einzuhalten, da nämlich damit zu rechnen ist, dass sich der Stich des Kissens durch ständige und zeitweise hohe Belastung im Laufe der Standzeit durch Kriechen des Materials erhöht. offen geschlossen Detailausführung Der folgende Abschnitt beschäftigt sich hauptsächlich mit den konstruktiven Details von pneumatischen Kissenkonstruktionen. Da sich die Rand- und Eckdetails mechanisch vorgespannter Folien kaum von denen textiler Membranen unterscheiden, sei hier außerdem auf das Kapitel »Konstruieren mit textilen Membranen« (S. 196ff.) verwiesen. a offen Flächenstoß geschlossen b E 3.4 E 3.4 schaltbare Mittellage a durch Umschlagen b durch elastische Dehnung E 3.5 schalbare Mittellage im Einbauzustand a offen b geschlossen E 3.6 einfache Randklemmung a mit Flachprofil b mit Aluminium-Extrusionsprofil c mit Aluminium-Extrusionsprofil beidseitig auf Holzträger für bessere Isolation im Randbereich E 3.7 geschweißter Flächenstoß und abgedeckter Klemmrand E 3.8 Randklemmung mit Abtropfrinne und vormontiertem Kunststoffprofil E 3.9 a, b Randklemmung mit vormontiertem Kunst stoffprofil und Klemmleiste als Montagehalterung E 3.10 Kissenecke mit unterbrochenem Keder E 3.11 Edelstahlseile über einem Klemmrand zum Schutz vor Vögeln a b 190 E 3.5 Im Gegensatz zu beschichteten Membrangeweben entsteht beim Verschweißen von Folien eine homogene Verbindung. Daher würde theoretisch bereits eine Schweißnaht mit einer der Materialstärke entsprechenden Breite ausreichen, um die erforderliche Zugfestigkeit und Dichtigkeit der Naht herzustellen. Voraussetzung dafür wäre jedoch, dass die Bereiche neben der Naht perfekt ausgebildet sind. Da die Schweißnaht für die Sicherheit der Konstruktion aber von außerordentlicher Bedeutung ist, werden in der Regel Schweißnähte in Breiten zwischen 10 und 15 mm hergestellt (siehe Konfektionieren von ETFE-Folien, S. 98f.). Ränder Ähnlich wie bei textilen Membranen werden Folien an ihren Rändern durch Klemmprofile oder durch in Taschen verlaufende Randseile oder Gurte gehalten. Da Folien jedoch größtenteils für pneumatische Kissenkonstruktionen eingesetzt werden, kommen biegesteife Ränder mit Klemmprofilen am häufigsten vor. Dabei handelt es sich in der Regel um Extrusionsprofile aus eloxiertem Aluminium. Oberflächenrauigkeit oder scharfe Kanten sowie Kontaktkorrosion an den Klemmprofilen können die Folie mechanisch beschädigen und Strukturveränderungen im Material hervorrufen und sollten daher unbedingt vermieden werden. Da die Steifigkeit und Tragfähigkeit von ETFE bei hohen Temperaturen stark abfällt (siehe Mechanische Eigenschaften von ETFEFolien, S. 97f.), stellt die Wärmeleitung an den Kontaktflächen zwischen Folie und metallischen Bauteilen eine weitere Gefahr dar. Um die Folie vor allen mechanischen, chemischen und thermischen Belastungen im Bereich der Randklemmung zu schützen, können Elastomere wie Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM) als Schutz zwischen Folie und Klemmprofil gelegt werden. Bei Randklemmungen mit vormontiertem Kunststoffprofil wird dieses Elas- tomer direkt in die Klemmkonstruktion integriert (Abb. E 3.8). Die Randklemmung einer Kissenkonstruktion kann mehrere konstruktive, technische und bauphysikalische Anforderungen zu erfüllen haben: • Aufnahme der Zugspannungen • Übertragung der Lasten an die Unterkonstruktion • selbsttragende Ausführung • Klemmung mehrerer getrennter Kissenlagen, auch unterschiedlicher Materialien • Aufnahme thermischer Längenausdehnungen • thermische Dämmung/Trennung im Randbereich • Rinne für die Dachentwässerung • Auffangrinne bei Tauwasserbildung am Kissenrand • Befestigung der Luftversorgung und Beleuchtung • Begehbarkeit für Wartungsarbeiten • Vogelschutz (Abb. E 3.11) • Unterstützung bei der Montage Es gibt eine Vielzahl von Randklemmprofilen für ETFE-Kissen, die diverse Hersteller permanent weiterentwickeln, um alle Funktionen möglichst vollständig und in integrierter Weise erfüllen zu können. Prinzipiell lassen sich verschiedene Arten der Randklemmung unterscheiden: Die in den Folienrand eingeschweißte Kederschnur (siehe Keder, S. 99) wird entweder direkt (Abb. E 3.6) oder eingefasst in ein elastisches Kunststoffprofil geklemmt (Abb. E 3.8 und E 3.9). Die thermische Trennung kann durch Wärmedämmung des Klemmprofils und /oder durch separates Klemmen der äußeren und inneren Kissenlage an die Ober- und Unterseite eines Rechteckprofils (z. B. aus Holz) erzeugt werden (Abb. E 3.6 c). Im Fall des gedämmten Klemmprofils ist zu beachten, dass der Dämmwert des Kissens zum Rand hin stark abnimmt und hier vermehrt Tauwasser auf der Kissenunterseite anfällt. Daher sollte an solchen Rändern eine unter dem Klemmprofil des Kissens liegende Abtropfrinne vorgesehen werden (Abb. E 3.8). Bei einem getrennt geklemmten Rand reduziert sich dieses Problem. Einfache Randklemmung Prinzipiell ist zwischen der Klemmung mit einfachen Flachprofilen (Abb. E 3.6 a) und extrudierten Aluminiumprofilen (Abb. E 3.6 b und c) zu unterscheiden. Bei der Klemmung mit einfachen Flachprofilen wird der Keder hinter dem Profil geklemmt, daher müssen die Befestigungsschrauben durch Löcher im Folienrand geführt werden. Bei extrudierten Aluminiumprofilen kann der Keder vor der Schraube im Profil gehalten werden, wodurch sich eine Verletzung der Folie im Bereich vor dem Keder vermeiden lässt. Diese Art der Randklemmung wird auch für mechanisch vorgespannte Membranen verwendet (siehe Geklemmter Rand, S. 205).
Konstruieren mit Folien a b c E 3.8 Randklemmung mit vormontiertem Kunststoffprofil Bei einer Randklemmung mit vormontiertem Kunststoffprofil wird die konfektionierte Folie mit eingeschweißtem Keder bereits im Werk in ein Kunststoffprofil (meist aus EPDM) eingezogen, das später auf der Baustelle in ein zweiteiliges Aluminiumprofil geklemmt wird (Abb. E 3.8). Diese Art der Randklemmung hat gegenüber der einfachen folgende Vorteile: • verkürzte Montagezeit • Schutz der Folientasche im Bereich der Klemmung • verringerte Spannungsspitze am Klemmrand • Aufnahme von Temperaturausdehnung durch segmentierte Aluminiumklemmung auf dem EPDM-Profil möglich E 3.6 E 3.7 a b Randklemmung mit Montagehilfe Um die Installation der Kissen zu vereinfachen, können separate Klemmleisten in das Klemmprofil integriert werden, die sich ohne Verschraubung in die auf der Tragkonstruktion fixierten Profile einhängen lassen (Abb. E 3.9 a). Sie werden in Segmenten entweder direkt auf den Keder aufgezogen oder wiederum auf ein Kunststoffprofil geklemmt. Sind alle Profile einer Kissenseite und des benachbarten Kissens eingehängt, wird auf dem Profil ein Deckel aufgeschraubt, der die Kissen endgültig in ihrer Lage sichert und abdichtet (Abb. E 3.9 b und Abb. E 5.12, S. 217). Ecken E 3.10 E 3.9 Je spitzer die Ränder eines Folienkissens zulaufen, desto schwieriger ist es, die Flächenspannungen homogen bis in die Ecken zu führen und somit Faltenbildung zu vermeiden. Bei sehr spitzen Ecken sollte der Kederrand polygonal oder abgerundet um die Ecke geführt werden. Um Falten zu minimieren, werden die Kissen in der Praxis an spitzen Ecken teilweise unter Vorspannung mittels heißer Luft auf ca. 70 – 80°C erwärmt. Dadurch verformt sich die Folie plastisch, was zu einem Spannungsausgleich führt. Bei offenen Ecken wird die Kederschnur kurz vor der Ecke gekappt; die Schweißnaht läuft jedoch weiter bis in die Ecke und stellt so die E 3.11 191
Konstruieren mit Folien Dichtigkeit des Kissens sicher (Abb. E 3.10, S. 191). Vogelchutz Vögel können mit ihren Schnäbeln prinzipiell eine Gefahr für Kissenkonstruktionen darstellen. Da die Oberfläche von ETFE-Kissen in der Regel wenig Haftung bietet und die Tiere darauf nicht laufen können, landen sie ausschließlich auf den Klemmprofilen. Von hier aus können sie Schäden an Kissen anrichten, vor allem wenn sie nach Insekten picken, die sich auf der anderen Seite der Kissenkonstruktion befinden. Um Vögel vollständig von der Dachfläche fernzuhalten, werden daher in der Regel dünne, aus einem gewissen Abstand weitgehend unsichtbare Edelstahldrähte direkt über die Klemmprofile gespannt (Abb. E 3.11, S. 191). Luftversorgung von pneumatischen Konstruktionen Das Prinzip pneumatischer Konstruktionen basiert auf dem Druckunterschied zwischen zwei Bereichen. Grundsätzlich können solche Strukturen in zwei Klassen unterschieden werden, die sich auch kombinieren lassen: • Strukturen, bei denen der nutzbare Innenraum selbst einen Überdruck gegenüber dem Außenraum aufweist (z. B. Traglufthallen, Airdomes) • Strukturen, bei denen Teile durch Überdruck stabilisiert werden (Konstruktionen mit Kissen, sogenannte Pneus) Bei beiden Formen muss für die Nutzung des Gebäudes bzw. zur Aufrechterhaltung der Standsicherheit eine Luftversorgung bereitgestellt werden (siehe Pneumatisch vorgespannte Flächen, S. 143f.). Alle Zusammenhänge und Konzepte gelten für Kissen aus Folien und solche aus Gewebematerialien gleichermaßen. Druckniveau Das Druckniveau in einer pneumatischen Konstruktion muss für die Nutzung konstant aufrechterhalten werden. Pneumatische Konstruktionen können bei der Verwendung üblicher Folien- und Membranmaterialien jedoch niemals vollständig gasdicht ausgeführt werden, da Undichtigkeiten in folgenden Bereichen unvermeidbar sind: • über das Material selbst (gering) • über Fehlstellen im Material • über die Fügung des Materials (Schweißnähte, Klebung) • über die Anschlüsse der Luftversorgung • gegebenenfalls über die Klemmung bzw. die Randfassung Diese Undichtigkeiten werden in der Praxis erheblich von der Fertigungs- und Montagequalität sowie der Kissengeometrie beeinflusst, z. B. sorgen spitze Winkel in der Regel für hohe Luftverluste in den Ecken. Wegen dieser konstanten Verluste und aufgrund der atmosphärischen Druckschwankungen muss der Innendruck ständig reguliert werden. Je nach Größe der Konstruktion hängen die Kissen entweder an einer Gebläseeinheit oder in getrennten Gruppen an mehreren. Für den Ausgleich hoher Schneelasten kann das Gebläse so ausgelegt werden, dass es in der Lage ist, seine Leistung um ein Vielfaches zu steigern, da es je nach Lage des Kissens nötig sein kann den Innendruck zu erhöhen. Luftversorgung zur Druckhaltung Die Luftversorgung der Kissen erfolgt meist in der Nähe der Randklemmung, da die Luftzufuhrleitungen hier gut geführt und befestigt werden können (Abb. E 3.12). Der Anschluss selbst muss für den Vorgang des Aufpumpens und die unvermeidbaren späteren Bewegungen der Kissen flexibel sein; ETFE-Schläuche oder andere elastische Kunststoffschläuche eignen sich dafür am besten. Bei ETFE-Folienkissen sollten immer Schläuche aus UV-stabilem Material eingesetzt werden. In der Praxis wird hier meist ein transparenter PUR-Schlauch mit Stahlwendeln verwendet. Die Hauptleitungen und das sekundäre Kanalsystem werden typischerweise aus Wickelfalzrohren gefertigt. Wenn sie sichtbar sind und entsprechende ästhetische Anforderungen bestehen, können auch geeignete Kunststoffrohre oder andere Materialien (z. B. Edelstahl) eingesetzt werden. Für den Normalbetrieb wären sehr kleine E 3.12 a b c d 192 E 3.12 Optionen für Anschlüsse der Luftversorgung an Kissen a einfache Luftversorgung, Luft entweicht über Undichtigkeiten in der Fläche und den Rändern b Kissen mit mehreren Kammern und einer Luftversorgung; Überströmöffnung in der Mittellage c Luftversorgung mit Kontrollventil, Luft entweicht neben Undichtigkeiten in der Fläche und den Rändern über ein schallgedämmpftes Auslassventil (kontrollierter Luftdruck im Kissen) d Kissen mit mehreren Kammern und jeweils Schlauchdurchmesser von 10 bis 20 mm ausreichend, um den geforderten Luftdruck aufrechtzuhalten. Für den Fall, dass Schäden an einem Kissen auftreten, können Systeme mit kleinen Schlauchdurchmessern dem Druckverlust jedoch nur schwer entgegensteuern. In der Praxis haben sich daher Schlauchdurchmesser von 40 mm und mehr bewährt. Um das erforderliche Druckniveau zu erreichen und zu halten, erfolgt die Luftversorgung meist druckgeregelt, wodurch Verluste ausgeglichen werden. Für eine möglichst hohe Standzeit der Kissenkonstruktion sind geringe Druckschwankungen förderlich. In seltenen Fällen kommen zusätzliche Auslass-Überdruckventile zum Einsatz, die dann in der Regel mit Schalldämpfern versehen sind, damit keine störenden Pfeifgeräusche auftreten (Abb. E 3.12 c). Die Ausstattung mit solchen Ventilen kann notwendig sein, wenn ein bestimmtes Druckniveau sehr genau gehalten werden muss oder die vorhandenen Undichtigkeiten für die erforderliche Durchspülung des Kissens mit Frischluft nicht ausreichend sind. Besteht das Kissen aus zwei oder mehr Lagen, kann ein gemeinsames Druckniveau die einzelnen Kammern versorgen (Abb. E 3.12 b). Ein getrennter Anschluss der Kammern ermöglich eine Abstufung der Druckbereiche (Abb. E 3.12 d). Diese Variante kommt zur Anwendung, wenn die Mittellage durch den Druckwechsel bewegt werden soll (schaltbare Mittellage) oder verschiedene Materialien zum Einsatz kommen (z. B. Gewebe in der Außenlage, Folien in den Innenlagen) oder sich daraus ein Vorteil in der Lastabtragung ergibt. Werden mehrere Kammern auf einem Druckniveau gehalten, so schafft man in der Regel durch Löcher in den Mittellagen Überströmöffnungen, die aus strömungstechnischen Gründen nicht direkt bei den Kissenanschlussstutzen angeordnet sein sollten. Auf diese Weise verteilt sich der Druck im Kissen schneller undgleichmäßiger – auch bei Druckänderungen, die von außen wirken (z. B. Winddruck und -sog). Die Luftversorgung sollte an den Kissen mit sogenannten Rückschlagventilen versehen sein, die den Nenndruck auch ohne Luftzufuhr bis zu 8 Stunden halten. E 3.13 eigener Luftversorgung (verschiedene Druckniveaus möglich) Luftversorgungssysteme mit parallelem Anschluss (a), mit seriellem Anschluss (b), mit Umluft und parallelem Anschluss (c), mit Umluft und seriellem Anschluss (d) 1 Backup-Versorgung 2 primäre Luftversorgung Filter Druckerzeugung Lufttrocknung 3 Umluftsystem mit Sensoren P = Sensor für Luftdruck, F = Sensor für Luftfeuchtigkeit
Konstruieren mit Folien 1 2 + + a 1 2 + + b 1 3 + P + F c 1 3 + P P + F d Luftversorgungssysteme Die Luftversorgung dient nicht ausschließlich der Druckerzeugung im Kissen, sondern stellt auch sicher, dass die Luft im Kisseninneren ausreichend trocken ist. Tauwasserausfall und Algenbildung im Kisseninnenraum können so verhindert werden. Pneumatische Konstruktionen sollten daher mit vorkonditionierter Luft versorgt werden. Deshalb besteht die Anlagentechnik in der Regel aus Filter, Ventilator/Kompressor und einem Kondensationstrockner oder einer Lufttrocknungseinheit mit Heizregister (Absorptionstrockner; Abb. E 3.15, S. 194). Die Trocknung der Luft macht einen wesentlichen Anteil im Energieaufwand der Luftversorgung aus. Hier besteht noch Entwicklungsbedarf für alternative Konzepte mit möglichst geringem Primärenergiebedarf. Das Filtern der Luft ist wichtig, um einen Schmutz- und Staubeintrag in das unzugängliche Kisseninnere zu verhindern. Die Anlage sollte daher mit allen Komponenten für eine regelmäßige Wartung und Reparaturen zugänglich sein. Vor dem ersten Anschluss an die Kissen empfiehlt es sich, sie zunächst mit trockener Luft von Schadstoffen oder Fremdkörpern zu befreien. Für Traglufthallen ergeben sich die Anforderungen an die Luftqualität eher aus Behaglichkeitskriterien für die sich im Innenraum aufhaltenden Personen (vor allem im Hinblick auf Hygiene, Luftfeuchtigkeit und -temperatur). Mehrere Kissen werden meist zu einer Gruppe zusammengefasst und durch gemeinsame, E 3.13 parallel oder seriell angeschlossene Systeme versorgt. Durch eine parallele Versorgung (Abb. E 3.13 a) erreicht man mit nur einem Anschluss ein sehr gleichmäßiges Druckniveau in den einzelnen Kissen und eine leichte Austauschbarkeit einzelner Pneus, da diese mit geringem Aufwand abgeklemmt werden können, ohne die Versorgung der anderen Kissen zu beeinträchtigen. Hierfür ist eine zusätzliche Sammelleitung notwendig, die in der erforderlichen Nennweite (Ø ca. 100 –150 mm) in der Regel deutlich über den Anschlussleitungen liegt (Ø ca. 40 – 50 mm). Bei einer seriellen Verschaltung weisen alle Kissen (bis auf das letzte in der Reihe) zwei Anschlüsse auf (Abb. E 3.13 b). Das Druckniveau fällt hier in der Regel vom ersten zum letzten Kissen hin ab. Bei beiden Varianten erfolgt die Versorgung verlustbehaftet, wobei die Steuerung druckgeführt und manchmal mit einer Luftfeuchteführung kombiniert ist. Bei dieser Variante werden zumeist Absorptionstrockner eingesetzt. Um schnell größere Ausfälle und Leckagen erkennen zu können, kann zudem eine Laufzeitsteuerung zum Einsatz kommen. Hierbei löst eine ungewöhnlich lange Laufzeit der Anlage (z. B. kontinuierlich mehr als eine Minute) einen Alarm aus. Solche Erkennungsysteme gewinnen als Sicherheitsaspekt zunehmend an Bedeutung. Die Anschlussleistung von Gebläse und Lufttrocknung kann für Berechnungen zwischen ca. 0,4 und 3 W/m2 angenommen werden. Der tatsächliche jährliche Energiebedarf ist dabei grob auf ca. 3 – 20 kWh/m2a abzuschätzen. Die große Bandbreite dieser Werte resultiert daher, dass zum einen verschiedene technische Konzepte umgesetzt werden können und zum anderen, dass bisher nur für sehr wenige ausgeführte Strukturen Messergebnisse für den tatsächlichen Verbrauch vorliegen. Umluftsysteme Um Energie in der Luftversorgung einzusparen, werden zunehmend Umluftsysteme eingesetzt, deren charakteristisches Merkmal die Rückströmungsleitung ist (Abb. E 3.13 c und d). Insbesondere der Aufwand für die Entfeuchtung der Luft sinkt hierdurch, da diese nur dann zugeschaltet wird, wenn sie aufgrund von Sensormeldungen notwendig ist. Durch eine Messung der relativen Luftfeuchtigkeit im Kissen, die meist zentral im Kreislauf erfolgt, kann das System variabel auf verschiedene Witterungsverhältnisse reagieren. Auch in Umluftsystemen sind serielle (Abb. E 3.13 c) und parallele (Abb. E 3.13 d) Anschlüsse möglich, wobei prinzipiell die gleichen Vor- und Nachteile gelten wie bei verlustbehafteten Systemen. In der seriellen Verschaltung sind meist zwei Drucksensoren empfehlenswert, die die Werte am Anfang und am Ende der Kette erfassen und z. B. als Mittelwert an die Steuerung übergeben. Obwohl auch Umluftsysteme in der Regel für den kontinuierlichen Betrieb ausgelegt sind, 193
Konstruieren mit Folien 7 2 6 1 1 2 3 4 5 6 7 a a, b Anschluss der Luftversorgung an ein mehrlagiges Kissen mit eigener Luftversorgung pro Kammer E 3.15 Gebläseeinheit mit Absorbtionstrocknung E 3.16 a, b Notentwässerung eines Folienkissens E 3.17 Seilklemmen für Seilnetze E 3.18 Knoten eines vorkonfektionierten Seilnetzes E 3.19 Tensairity-Balken, Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) Zürich E 3.20 Seilnetz unterspanntes Folienkissen, Wasserstofftankstelle, München (D) 2007, frank und probst architekten E 3.21 Seilnetz verstärkter Trichterschirm mit bedruckter ETFE-Folie, IHK Würzburg (D) 2003, Franz Gröger/Georg Redelbach E 3.22 Nachspannmöglichkeit für die mechanisch vorgespannte ETFE Fassade am Zentrum für Gerontologie, Bad Tölz (D) 2003, D. J. Siegert b 194 E 3.16 Gebläse feuchte Zuluft Feuchtigkeitsaufnahme Silicagel-Rotor entfeuchtete Luft Heizregister feuchte Abluft E 3.14 E 3.15 dass jede Gebläseeinheit mit zwei Ventilatoren bestückt sein sollte, die sich zur Sicherstellung der ständigen Funktion über Zeitgeräte gesteuert im Zeitraum von einigen Tagen abwechseln (Abb. E 3.13, S. 193). Zusätzlich sind die Gebläseeinheiten oft mit Notstromaggregaten gesichert, um bei einem Stromausfall volle Funktion zu gewährleisten. Um mechanische Beschädigungen zu vermeiden oder rechtzeitig zu entdecken, ist eine regelmäßige Wartung und Sichtbegutachtung der Folie und des Vogelschutzes notwendig. Vorhandene Löcher können lokal durch kleine aufgeschweißte ETFE-Folienstücke repariert werden, die optisch nicht auffälliger sind als die anderen Schweißnähte. Auch ein mehrlagiger Kissenaufbau kann die Sicherheit von Kissenkonstruktionen erhöhen. Wird die äußere Haut verletzt, so legt sich die nächst innere, automatisch angesogen durch den Druckausgleich, gegen die äußere Kissenhaut und kann so das Loch schließen. Sicherheit von Kissenkonstruktionen Kissenkonstruktionen werden durch den Überdruck in ihrem Inneren stabilisiert. Kann dieser nicht aufrechterhalten werden, ist die Tragfähigkeit der Kissen nicht mehr gewährleistet. Dies kann zum Flattern der Lagen und damit bei starkem Wind zu deren Zerstörung führen. Bei gleichzeitigen Niederschlägen besteht die Möglichkeit, dass es zu Wasser- oder Schneesackbildung und somit unter Umständen zu einer Überbelastung kommen. Das Primärtragwerk muss in der Regel auf diesen Fall ausgelegt werden, sollte also keinesfalls versagen. Aus entsprechenden Untersuchungen können sich in der Praxis relativ große asymmetrische Lasten ergeben, die wiederum für die Entwicklung des statischen Konzepts bestimmend sein können. In der Praxis sind insbesondere zwei Szenarien von Bedeutung: Versagen der Luftversorgung und lokale Schäden (Löcher) in den Kissenaußenlagen. Beides führt nicht zu spontanem Versagen der Konstruktion, vielmehr halten die Kissen in der Regel auch ohne Luftversorgung bzw. mit kleinen Schäden noch über lange Zeit einen Überdruck und erschlaffen nur langsam. Meist werden Drucksensoren eingebaut, die solche Schäden erkennen, melden und so die Möglichkeit bieten, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Sogar im extremen Havariefall sind Kissenkonstruktionen vergleichsweise sicher, denn selbst vollständig zerstörte Kissen stellen aufgrund des geringen Eigengewichts auch im Überkopfbereich keine große Gefahr dar. Schlimmstenfalls reißen Kissen mit Wasseroder Schneesäcken auf und entleeren sich. Um bei Ausfall eines Gebläses oder beim Versagen einzelner Kissen das Aufrechterhalten des Überdrucks sicherstellen zu können, muss die Luftversorgung von Kissenkonstruktionen redundant ausgelegt werden. Das bedeutet, a 5 um ein gleichmäßiges Druckniveau zu gewährleisten, führen sie doch oft zu erheblichen Energieeinsparungen bis zu 60 % und rechtfertigen daher meist den erhöhten Installationsaufwand. b E 3.14 3 4 Notentwässerung Beim Bau der Allianz Arena in München wurde erstmals eine sogenannte Notentwässerung eingesetzt. Diese ist für den unwahrscheinlichen Fall konzipiert, dass sich in einem drucklosen Kissen ein großer Wassersack bildet. Bei plötzlichem Versagen der Kissenfolie könnten so größere Wassermengen herabstürzen. Durch die an der Kissenoberseite fest verschweißten Rohre kann das Wasser im Notfall kontinuierlich abtropfen, ohne großen Schaden anzurichten (Abb. E 3.16). Der konstruktive Mehraufwand an den Durchstoßpunkten rechtfertigt sich nur in Einzelfällen, in denen eine schnelle Reparatur nicht garantiert werden kann und herabstürzende Wassermassen aus großen Höhen ein deutliches Sicherheitsrisiko bedeuten. Mechanisch vorgespannte Folien ETFE-Folien werden bisher vor allem für Gebäudehüllen mit pneumatischen Kissen verwendet. Aufgrund der hohen Elastizität und geringeren Festigkeit im Vergleich zu textilen Membranen können mechanisch vorgespannte
Konstruieren mit Folien E 3.17 E 3.18 Folien derzeit nur mit geringen Spannweiten ausgeführt werden. Mit deutlich anisotroper Vorspannung lassen sich teilweise auch längere, streifenförmige Folienmembranen spannen. Besonders zu beachten ist hierbei das Kriechverhalten von Folien. Während bei Kissenkonstruktionen durch den vorhandenen Innendruck Spannungsverluste aufgrund von Materialkriechen ausgeglichen werden können, müssen bei mechanisch vorgespannten Folien Nachspannmöglichkeiten wie Gewinde mit viel Spannweg in die Konstruktion integriert werden. Beim Zentrum für Gerontologie Bad Tölz ermöglichten dies beispielsweise Blattfedern mit Stellschrauben an den langen Rändern der mechanisch vorgespannten Folienstreifen (Abb. E 3.22 und Abb. E 5.25, S. 222). Ein sehr vielversprechendes neues Einsatzgebiet von Folien ist das Bespannen von Rahmenmodulen. Hierbei wird eine Folie mechanisch auf den Rahmen befestigt und im zweiten Schritt durch einen eingeschobenen Bogen gespannt (siehe z. B. Trainingshalle der Bergwacht Bad Tölz, S. 260f.). Solche Membranrahmenmodule eignen sich auch für Zweite-HautFassaden, wo sie gegenüber Glas einen deutlichen Gewichtsvorteil aufweisen, als Rahmenkonstruktion aber ähnlich eingesetzt werden können. Ein weitere Anwendung für mechanisch vorgespannte Folien sind Unterdecken und Raumteiler in Innenräumen sowie Folien zur Verbesserung der Raumakustik (siehe Raumakustik, S. 118). Hier können aufgrund der geringeren mechanischen Beanspruchungen und der niedrigen UV-Belastung auch PVC-Folien verwendet werden (siehe PVC-Folien, S. 99). bewältigen ist (siehe Pneumatisch vorgespannte Flächen, S. 147). Die Kontaktstellen zwischen Folie und metallischen Seilen und Seilnetzen können, ähnlich wie bei Randklemmungen, zu mechanischen Beschädigungen, Kontaktkorrosion, Wärmeeintrag und Dehnungsbehinderung führen. Demnach wäre es von Vorteil, einen schubfesten Seilnetz-Folien-Verbund herzustellen, was sich in der Praxis jedoch als schwierig erweist. Daher sind großmaschige Seilnetze zu bevorzugen, durch deren Maschen die Folie sich deutlich nach außen krümmt und so in ihrer Lage stabilisiert wird (Abb. E 3.20). Engmaschige Seilnetze (Abb. E 3.18 und E 3.19) eignen sich nur, wenn die Folien ausreichend elastisch sind, um sich auch zwischen den kurzen Maschenweiten noch deutlich auszuwölben. Dies ist beim transparenten TensairityBalken, einem Forschungsprojekt der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) Zürich, sehr gut gelungen (siehe Tensairity, S. 144 und Abb. E 3.19). In der Regel werden jedoch speziell konfektionierte großmaschige Seilnetze mit standardisierten Seilklemmen an den Knotenpunkten verwendet (Abb. E 3.17). Für mechanisch vorgespannte Folien ergibt sich weiterhin die Schwierigkeit, dass eine einseitig durch ein Seilnetz unterspannte Folie nur für eine Lastrichtung unterstützt ist. Bei mechanisch vorgespannten Folien sollte das Netz also zwischen zwei Folienlagen einlaminiert werden oder mindestens eine Seilschar des Netzes (parallele Seile im Netz) in Folientaschen geführt werden. Letztere Strategie wurde für die Folienbespannung der Schirme der Industrie- und Handelskammer in Würzburg angewendet, wobei hier das Netz mit Meridianund Ringseilen in Dicken von 8 mm bis 10 mm aufgebaut ist (Abb. E 3.21). Die Meridianseile wurden in Taschen geführt, welche in das Flächennahtdetail integriert sind, womit eine Kopplung von Folie und Seil für Sog- und Druckbeanspruchung entsteht. Seilnetzunterspannung Um größere Spannweiten zu erzielen, können Seilnetze in Kombination mit Folien eingesetzt werden. Dies gilt sowohl für mechanisch vorgespannte als auch für pneumatisch gestützte Folien. Bei letztern ermöglichen Seilnetzunterbzw. -überspannungen einen flacheren Krümmungsradius der einzelnen Kissen, was jedoch mit einer höheren Flächenspannung einhergeht, die mit einer Folie alleine nicht mehr zu E 3.19 E 3.20 E 3.21 E 3.22 195
Konstruieren mit textilen Membranen E 4.1 Da Membranen in großen Flächeneinheiten vorgefertigt und zusammengelegt oder gerollt transportiert werden, ist die Anzahl der Fugen, Stöße und Anschlussdetails gegenüber anderen Bauweisen vergleichsweise gering. Umso größer ist die Bedeutung der Details für das Gesamttragwerk, da hier hohe Kräfte aus wenige Millimeter dünnen Membranen in geometrisch komplexen Gebilden abgetragen werden müssen. Während die Form mechanisch vorgespannter Membranen nach Festlegung der Randbedingungen weitgehend von physikalischen Gesetzmäßigkeiten bestimmt wird (siehe Formfindung, S. 138ff.), nimmt der Planer bei der Detaillierung von Membrantragwerken deutlichen Einfluss auf das Erscheinungsbild der Konstruktion. Planungsbüros und Konfektionäre, die sich intensiv mit Membrankonstruktionen auseinandersetzen, entwickeln oft einen sehr eigenen unverkennbaren Stil in der Ausformulierung der Details. Die im Folgenden ausgeführten Details zeigen alle konstruktiven Grundmerkmale des Membranbaus in Abhängigkeit vom eingesetzten Material, wobei sich die Darstellung auf einige Standardsituationen und Regelgeometrien beschränkt. Komplexere Einbausituationen werden in begleitenden Fotos sowie in den Projektbeispielen in Teil F (S. 224ff.) präsentiert. Speziallösungen für wandelbare Konstruktionen werden nur teilweise angesprochen, da es sich immer um sehr projektspezifische Sonderlösungen handelt (siehe z. B. Freilufttheater Festungsarena Josefsburg in Kufstein, S. 282ff. und Wandelbare Flächentragwerke, S. 149). E 4.1 E 4.2 E 4.3 196 aufgelöstes Toldo mit Luftstützen, Medina (KSA) 2003, Rasch + Bradatsch typische Detailpunkte von mechanisch vorgespannten Membranen Zusammenhang zwischen Detailpunkten und Material Die Konstruktionsweise und Ausprägung eines Membrandetails ist abhängig von vielen Faktoren, die Ingenieur und Architekt in enger Zusammenarbeit in einem iterativen Planungsprozess abstimmen sollten: • Geometrie des Flächentragwerks • äußere Lasten • Membranmaterial • Kraftrichtungen und Kraftgrößen • Montage und Wartungskonzept • Gestaltung • Kosten Abb. E 4.2 zeigt die typischen Detailpunkte von mechanisch vorgespannten Membranen, die Übersichtstabelle in Abb. E 4.3 die Abhängigkeit der jeweiligen Details von den verschiedenen verwendeten Membranwerkstoffen. Grundlegend ist zwischen Details zu unterscheiden, die linienförmige und solchen, die punktförmige Lasten abtragen. Punktförmige Lasten treten in den Ecken auf, in denen die Ränder zusammengeführt werden, linienförmige Lasten an den Rändern selbst, an Flächenstößen und linienförmigen Unterstützungen. Die Grundprinzipien, nach denen an diesen Stellen die Flächenspannungen aus der Membran verankert werden, ähneln sich oft, sodass die grundlegenden Konstruktionselemente wie Seile, Gurte und Klemmprofile daher auch in ähnlicher Weise an den unterschiedlichen Detailpunkten eingesetzt werden. Generell sollte sich das Grundprinzip des minimalen Materialaufwands von Membrantragwerken auch in den Details widerspiegeln. Ihre Geometrie und Lage sollte also dem Kraftfluss folgen und die Struktur lesbar machen. Von großer Bedeutung ist hierbei die Stimmigkeit der Proportionen zwischen den einzelnen Bauteilen. Die Dimensionen von Eckplatten ergeben sich beispielsweise aus den in diesem Punkt zusammengefügten Bauteilen in Übereinstimmung mit den Dimensionen der angeschlossenen Seile. Aufgrund der vergleichsweise großen Verformungen von Membrantragwerken unter äußeren Lasten (siehe Mechanisch vorgespannte Flächen, S. 141ff.) sollten die Anschlüsse entsprechende Bewegungen zulassen – auch während der Montage. Besonders bei wandelbaren Konstruktionen ist die Beweglichkeit der Anschlussdetails von großer Bedeutung. Da die Vorspannung der Membranfläche in der Regel über die Details eingeleitet wird, sollten diese auch über entsprechende Anschläge für die temporär eingesetzten Vorspannwerkzeuge verfügen. Oft lässt sich ein Ratschenzug oder Spanngurt an ohnehin vorhandenen Ösen oder Kanten ansetzen. Ist diese Möglichkeit nicht gegeben, müssen temporäre oder fest angeschweißte Anschläge vorgesehen werden.
Konstruieren mit textilen Membranen Zudem ist oft eine Justierbarkeit und ein Nachspannen der anschließenden Seile nötig, wofür Spannschlösser in die Seilenden integriert oder Gewindefittinge verwendet werden. Für Membrandetails eingesetzte Metallteile sollten immer abgerundete Kanten haben. Dies gilt nicht nur für solche, die direkt mit der Membran in Berührung kommen, sondern auch für alle anderen Anbauteile, die das Membranmaterial während der Montage beschädigen könnten. Konstruktionselemente Nicht nur Textilen und Kunststoffhalbzeuge wie Membranwerkstoffe, textile Gurte (siehe Textile Gurte, S. 107) und Kederschnüre (siehe Keder, S. 99) werden für Membrankonstruktionen benutzt, auch metallische Halbzeuge sind in diesem Zusammenhang unverzichtbar. Seile und Seilbeschläge Randseile bestehen meist aus Stahl oder Edelstahl, in seltenen Fällen auch aus Kunststoffen wie Polyester oder Aramid. Als Korrosionsschutz erhält jeder einzelne Draht aus Stahl in einem Heißbad einen Zinküberzug. Spezielle Beschichtungen auf Aluminium-Zink-Basis bieten den besten Korrosionsschutz. Durch Verseilen entsteht aus einzelnen, miteinander verdrillten Drähten eine sogenannte Litze. Wird diese Litze direkt als Seil verwendet, so spricht man von einem Spiralseil, werden wiederum mehrere Litzen miteinander verdrillt, von einem Litzenseil. Seile für Membranränder sollten möglichst flexibel sein, um sich der Randkrümmung gut anpassen zu können. Hierfür eignen sich insbesondere Rundlitzenseile und offene Spiralseile mit möglichst vielen dünnen Drähten. Bei sehr hohen Seilkräften, z. B. für Abspannungen, kommen auch vollverschlossene Spiralseile zum Einsatz, die sich durch z-förmige Drähte in den äußeren Lagen auszeichnen (Abb. E 4.4, S. 198). Durch das Ineinandergreifen der geformten Drähte ergibt sich eine dicht verschlossene Oberfläche, die die inneren Seildrähte schützt und somit einen besseren Korrosionsschutz bietet. Zusätzlich erhalten vollverschlossene Spiralseile eine Innenfüllung mit einer Zinkstaubfarbe. Dadurch, dass das Seil enger gepackt ist, verfügt es über eine hohe Tragfähigkeit bei relativ dünnem Durchmesser. Für die Verankerung von Pressverbindungen und Seilhülsen stehen verschiedene Seilköpfe zur Verfügung. Dabei unterscheidet man drei Arten: Gabel-, Ösen- und Zylinderseilkopf. Gabelseilköpfe werden mit einem Bolzen an eine Anschlussplatte gesteckt, Ösenseilköpfe zwischen zwei Platten verankert. Beide benötigen Spannschlösser an den Seilenden, sofern eine Justierbarkeit der Seillängen verlangt ist. Zylinderseilköpfe werden ohne Gewinde als Klemme und mit Innen- oder Außengewinde verbaut. Typisch für Membrandetails sind Pressverbindungen mit Zylinderkopf und Außengewinden, die sogenannte Gewindefittinge, die sich direkt über das Gewinde justieren lassen. Sie werden durch Rohrhülsen (Pfeifen) geschoben und rückseitig mit einer Mutter gesichert. Durch ausreichend große Rohrinnendurchmesser und Kugelscheiben zwischen Mutter und Rohrkante können sie auch Verdrehungen aufnehmen. Mithilfe von Seilhülsen oder Pressverbindungen (Pressfitting) werden die Seile an den Enden verankert (Abb. E 4.5, S. 198). Pressverbindungen verwendet man für Rundlitzenseile und offene Spiralseile mit bis zu ca. 36 mm Durchmesser. Um größere Seildurchmesser und vollverschlossene Seile zu verankern, werden die Enden in Vergusshülsen, die kürzer und voluminöser als Pressverbindungen sind, mit Metall (z. B. meist Zinklegierungen) oder Kunststoffen (Epoxidoder Polyesterharz) vergossen. Klemm- und Kederprofile PolyesterPVC GlasPTFE GlasSilikon PTFE besch. PTFE + – – + ++ Schweißen ++ ++ – + – Kleben (+) – ++ – – Abb. E 4.2 Flächenstoß a nicht lösbar (a) lösbar (a) Nähen Schnürstoß + (+) (+) + + ++ (+) (+) + + Kederprofil + ++ ++ + + Gurt Seil + + – + – + + + + + + + + + + Klemmplattenstoß b lineare Unterstützung weich (b) steif (c) c Rand weich (d) d steif (e) + – – + ++ Seil in Tasche Gurtrand ++ (+) + + + freies Randseil + ++ + + (+) Schnürstoß + (+) (+) + + Klemmplattenstoß ++ + + + + + ++ ++ + + ++ + + + + + – – + ++ Platte + ++ + + + Auge + + + + + Kederprofil e Eckpunkt offen (d) geschlossen (d) Ring /Öse Hoch-/Tiefpunkt weich (f) Rosette f steif (g) Lösbare linienförmige Details werden in der Regel mit Klemmplatten oder Kederschienen ausgeführt. Diese Technik bildet eine formschlüssige Verbindung, bei der die in den Membranrand eingeschweißten Kederschnüre gegen die Seiten der Klemmprofile drücken. Abb. E 4.6 (S. 198) zeigt die unterschiedlichen Verbindungstechniken und ihre Lastabtragung; die roten Pfeile stehen für die Aktions- und Reaktionskräfte der formschlüssigen Membran- Ring Buckel + (+) (+) + ++ ++ ++ + + + + + ++ typisch g E 4.2 + + + möglich (+) selten + – nicht möglich E 4.3 197
Konstruieren mit textilen Membranen c d a b a c d b e deren Längsdehnung entlang des Stoßes zu – es handelt sich also um einen reinen Formschluss (Abb. E 4.7 b – f). In einteilige Kederschienen wird die Membran mit dem eingeschweißten Keder seitlich eingezogen; hier helfen Wachse, die Reibungskräfte zu überwinden. Zweiteilige Profile werden als Halbschalen miteinander verbunden bzw. an eine biegesteife Unterkonstruktion geschraubt. Bei Kederprofilen sind solche mit offenem und geschlossenem Spalt zu unterscheiden. Bei einem offenen Spalt ist eine Längsdehnung der Membran unbehindert möglich, bei einem geschlossenen (Abb. E 4.6 c und E 4.7 g) entsteht auch hier eine kraft-formschlüssige Verbindung, die ein Vordehnen des Membranrands zulässt. Da die Anpressfläche im Vergleich zu Klemmplatten relativ klein ist, werden, um das Gewebe nicht zu beschädigen, teilweise dünne Membranstreifen oder synthetischer Kautschuk zwischen Klemmprofil und Membran eingelegt. hergestellt werden, ist der lösbare Stoß ein Montagestoß, mit dem die vorgefertigten Membranflächen auf der Baustelle gefügt werden. Flächenstöße Techniken für den nicht lösbaren Flächenstoß sind Schweißen, Nähen und in seltenen Fällen auch Kleben (siehe Konfektionierung, S. 106f.). E 4.4 verankerung, die blauen für die Anpresskraft der Klemmplatten oder -profile. Kunststoffkeder z. B. aus PVC haben den Vorteil, dass sie ähnliche Dehnungseigenschaften wie die Membran besitzen und somit keine spannungs- oder temperaturbedingten Zwängungen entstehen. Werden Stahlseile als Keder verwendet, kann eine Ummantelung des Seils mit einem Schrumpfschlauch die Membran schützen. Klemmplatten sind typischerweise aus Stahl gefertigt, 30 – 40 mm breit und 5 – 8 mm dick, die Länge variiert je nach Anforderung an die Beweglichkeit des Anschlusses (Abb. E 4.7 a). Die vorgestanzten Löcher in der Membran, durch die die Verbindungsschrauben stoßen, sollten deutlich größer als der Schraubendurchmesser gewählt werden, um ein Ausfransen zu vermeiden. Durch das Anziehen der Schrauben und die Anpresskraft auf der Membran entsteht eine kraft-formschlüssige Verbindung; dadurch kann der Rand vorgedehnt und in seiner Position geklemmt werden. Kederschienen und -profile werden aus Aluminium extrudiert, weshalb man sie auch als Extrusionsprofile bezeichnet. Kleine Kerben auf der Schiene helfen beim Bohren der Schraubenlöcher (Abb. E 4.7 a – d). Im Gegensatz zu einem Stoß mit Klemmplatten durchdringen die Schrauben die Membran hier nicht. Das Profil erhält zur Fixierung eine Vertiefung, welche die Kederschnur aufnimmt. Dadurch klemmt es die Membran, lässt aber gleichzeitig E 4.5 Grundsätzlich erfolgt die Fügung zweier Membranflächen über einen Flächenstoß. Während es sich bei dem nicht lösbaren Stoß um eine werkseitig ausgeführte Naht der Bahnen handelt, durch den aus zugeschnittenen Membranstreifen zusammenhängende Flächen Nicht lösbare Flächenstöße Große Membranflächen werden aus einzelnen, entsprechend des ermittelten Zuschnittes gekrümmten Membranstreifen werkseitig gefügt (siehe Zuschnitt, S. 147f.). Die Ansprüche an die Flächenstöße sind sehr hoch, da sie in ihren mechanischen und optischen Eigenschaften dem Membranmaterial möglichst ähnlich sein sollten. Die Hauptanforderungen sind: • hohe mechanische Festigkeit (ähnlich der Membran) unter Kurz- und Langzeiteinwirkung • ähnliches Dehnungsverhalten und Flexibilität wie der Membranwerkstoff • wasserdicht, bei pneumatischen Konstruktionen auch luftdicht • möglichst schmal • konsistente optische und mechanische Qualität • wirtschaftlich in der Herstellung Schweißnaht Die Schweißnaht ist in der Regel eine Werksfügung, bei der mithilfe großer Schweißgeräte sehr schnell hochwertige Nähte erzeugt werden E 4.4 a E 4.5 a b c d b E 4.6 E 4.7 c 198 E 4.6 e f g E 4.7 Stahlseilquerschnitte a Rundlitzenseil b, c offenes Spiralseil d vollverschlossenes Seil Seilbeschläge a Gabelfitting b Ösenfitting c Spannschloss d Gewindefitting e Seilhülse als Gabelseilkopf Darstellung der Lastabtragung a Klemmplatte b Kederprofil mit offenem Spalt c Kederprofil mit geschlossenem Spalt Klemmplatten und Kederprofile a Klemmplatte b, c doppelte Kederschiene
Konstruieren mit textilen Membranen 50 - 100 mm a b c d e E 4.8 E 4.9 E 4.10 können (siehe Schweißen, S. 106f.). Als Montagefügung wird sie nur für Abdeckstreifen an lösbaren Membranstößen, biegesteifen Rändern, Eckdetails oder andere Öffnungen eingesetzt. Aufgrund der hohen Qualität und der kostengünstigen Herstellung kommt die Schweißnaht am häufigsten zum Einsatz; nur nicht schweißbares Material wird heutzutage noch genäht oder geklebt. Schweißnähte erreichen rund 90 % der Membranfestigkeit. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine materialgerechte Belastung in der Membranebene. Scherkräfte durch lokale Kraftkonzentrationen und Schälkräfte, die die Naht senkrecht zur Membranebene belasten, führen zu deutlich geringeren Tragfähigkeiten der Nähte und sollten vermieden werden. In der Regel wird die Schweißnaht durch eine einfache Überlappung von 50 –100 mm erzeugt, um größere Steifigkeitsunterschiede zwischen Naht und Membranfläche zu verhindern (Abb. E 4.8 a und E 4.9). Nähnaht Nähnähte werden vor allem für unbeschichtete, nicht schweißbare Gewebe eingesetzt. Prinzipiell wird zwischen Flachnähten, Kappnähten und doppelten Kappnähten unterschieden. Eine ausreichende Festigkeit und Wasserdichtigkeit für den Membranbau bietet nur die doppelte Kappnaht (Abb. E 4.8 d und e). Sie kann entweder mit ineinander- oder mit übereinanderliegenden umgeschlagenen Enden ausgeführt werden. Die Breite des genähten Membranstoßes ist durch eine homogene Auslastung aller nebeneinanderliegenden Nähte begrenzt. Ab einer gewissen Anzahl von Fadenreihen werden die inneren Nähte erst nach Versagen der äußeren beansprucht. Normalerweise werden zwei bis vier Reihen genäht. Beim Vorspannen der Membran weiten sich die Einstichlöcher in der Naht, was die Wasserdichtigkeit an diesen Stellen deutlich mindert (Abb. E 4.10). Durch Aufkleben oder Aufschweißen von Abdeckstreifen kann die Wasserdichtigkeit von Nähnähten im Nachhinein noch verbessert werden. Es sind auch spezielle Kleber erhältlich, die zur Verbesserung der Wasserdichtigkeit direkt auf die Naht gestrichen werden. den sie noch für Glas-Silikon-Membranen verwendet. Die Fügungsart durch einfaches Überlappen entspricht der Schweißnaht. Es ist auch möglich, Stumpfstöße mit einem oder zwei Deckstreifen herzustellen (Abb. E 4.8 b und c). Durch das Verschweißen mit einem Deckstreifen muss beim Zuschnitt kein Nahtzuschlag berücksichtigt werden, wodurch die volle Rollenbreite genutzt werden kann. Schweißnähte mit zwei Deckstreifen können teilweise auch höhere Festigkeiten erreichen. Nachteilig ist jedoch die aufwendige Herstellung. Klebenaht Klebenähte werden nur dann eingesetzt, wenn eine andere Technik nicht anwendbar ist. In Kombination mit Nähnähten (Kombinaht) oder mit speziellen Klebebändern ausgeführt wer- Kreuzungspunkte Durch das Fügen der zugeschnittenen Membranstreifen zu einer Fläche kann es zu Kreuzungspunkten von zwei oder mehr Schweißnähten kommen (Abb. E 4.11). An diesen Knotenstelle entstehen Verdickungen, die bei der Konfektionierung und hinsichtlich der Kraftübertragung problematisch sein können. Demgegenüber steht oft der gestalterische Anspruch, dass sich kreuzende Schweißnähte in einem Punkt treffen, damit die Schweißnahtlinien ein klares Bild ergeben. Die Lösung solcher Problemstellen ist materialspezifisch. Während sich mit leichten Membrantypen Nahtknoten mit 4 und 6 Lagen teilweise noch realisieren lassen, müssen bei schwereren Membrantypen alternative Lösungen gefunden werden. Eine Möglichkeit ist die Herstellung einer Sammelnaht, auf der die sich kreuzenden Nähte um eine Nahtbreite versetzt liegen. Bahnenlage Die Überlappung der Nähte sollte immer so angeordnet sein, dass abfließendes Wasser zunächst über den oben liegenden Membranstreifen auf den unteren läuft, damit möglichst wenig Wasser seitlich am Anschnitt in das textile Gewebe oder den Umschlag der Nähnaht eindringen kann (Abb. E 4.12). An solchen d e f g 2-teilige doppelte Kederschiene Spezialkederschiene mit Schraubennut einseitiges Kederprofil mit offenem Spalt einseitiges Kederprofil mit geschlossenem Spalt E 4.8 verschiedene Arten von Nähten a einfach überlappende Schweißnaht b stumpf gestoßene Schweißnaht mit einem Deckstreifen c stumpf gestoßene Schweißnaht mit zwei Deckstreifen d doppelte Kappnaht, verschränkt e doppelte Kappnaht, übereinander E 4.9 Schweißnaht einer Polyester-PVC-Membran E 4.10 Nähnaht eines offenen PTFE-Gewebes und Wasserdurchtritt an den Nahtlöchern. E 4.11 Kreuzungspunkte von Schweißnähten E 4.12 Verschindelung von Nähten E 4.11 E 4.12 199
Konstruieren mit textilen Membranen 1 2 Stellen würde sich andernfalls Schmutz sammeln, der unter Umständen sogar an den offenliegenden Kanten seitlich in das Gewebe zwischen die Beschichtungslagen gelangt. 3 Lösbare Flächenstöße 1 2 3 4 5 6 7 8 a Öse Kederschnur Polyesterseil Klemmplatte Kederprofil, zweiteilig Verbindungsblech doppelte Kappnaht Gurt 9 10 11 12 13 Membranverstärkung Stahlseil Membranschlaufe Metallklammer Kederprofil / Schiene Schutzblech Abdeckstreifen 14 15 E 4.13 b 1 3 1 3 a E 4.14 b 4 6 2 2 5 Lösbare Flächenstöße werden dort eingesetzt, wo Konfektionierung, Transport oder Montage eine Teilung der Membranfläche zwingend erforderlich machen, ansonsten sollten sie vermieden werden. Die maximale Membranfläche ist also nicht nur abhängig von der Geometrie der Konstruktion und vom Ablauf der Montage, sondern auch von Gewicht, Rollbarkeit und Faltbarkeit des verwendeten Materials. Sie kann damit sehr unterschiedlich sein; eine pauschale Aussage über die maximale Größe lässt sich daher nicht treffen. Zusammenhängende Membranflächen von bis zu 1500 m² sind aber durchaus üblich. Der lösbare Membranstoß wird bei der Konfektionierung zunächst vorbereitet und erst auf der Baustelle gefügt. Um eine vollständige Wasserdichtigkeit zu gewährleisten, muss der Membranstoß bei jeder Ausführung immer mit einem zusätzlichen Membranstreifen abgedichtet werden. Dieser Streifen kann an einer Seite bereits im Werk angeschweißt werden. Die andere Seite wird dann nach Montage des Stoßes und Einleiten der Vorspannung auf der Baustelle geschweißt. In Sonderfällen, z. B. bei temporären Membranbauten oder schwer zugänglichen Stellen, kann die zweite Seite des Abdeckstreifens auch mit einem Klettband befestigt werden. Da während der Montage, bei Wartungsarbeiten und auch bei hoher Schneelast der Membranstreifen durch darunterliegende Schrauben beschädigt werden kann, müssen diese abgedeckt werden. Hierzu dienen gekantete Bleche, Hölzer oder Schaumstoff. Bei Schnürstößen und Kederprofilen mit Senkkopfschrauben ist ein zusätzlicher Schutz nicht nötig. Schnürstoß 6 a b E 4.16 200 E 4.15 E 4.17 Eine besonders einfache und flexible Form des lösbaren Montagestoßes ist der Schnürstoß, der durch Verseilen der parallelen Membranbahnen entsteht. Zur Verbindung der beiden Flächen werden typischerweise geflochtene Polyesterseile verwendet, die durch Ösen geführt werden. Sie bieten den geringsten Reibungswiderstand beim Nachspannen. Aufgrund der geringen UV-Beständigkeit von Polyester eignet sich dieser Stoß vor allem für temporäre Konstruktionen. Für den UV-Schutz des Seils und zur Gewährleistung der Wasserdichtigkeit muss er durch einen Membranstreifen abgedeckt werden. Der Schnürstoß ist sehr einfach in der Handhabung, benötigt kaum zusätzliches Material und lässt sich nachspannen sowie justieren. Ein Nachteil ist die geringe Redundanz des Stoßes, d. h. wenn das Seil an einer Stelle versagt, reißt in der Regel der gesamte Stoß auf. Die in den Membranrand eingezogene Keder-
Konstruieren mit textilen Membranen 7 8 9 E 4.13 Schnürstoß mit gekreuzten Seilen a Isometrie b Detailschnitt E 4.14 Schnürstoß mit gehäkelten Seilschlaufen a Isometrie b Detailschnitt E 4.15 Klemmplattenstoß und Stoß mit zweiteiliger Kederschiene a Isometrie b Detailschnitt E 4.16 Schnürstoß mit gekreuzten Seilen und Abdeckstreifen Klemmplattenstoß an einem Kehlseil als Grat- oder Kehlseil eingenähter Gurt Gratausbildung a mit Membranverstärkung b mit Membranschlaufen E 4.20 Membranstoß mit Kederprofilen an einem Gratseil a Isometrie b Detailschnitt E 4.21 Membranstoß mit Kederschiene an einem Bogen a 11 10 E 4.18 schnur dient in diesem Fall zur Verstärkung und verhindert das Ausreißen der Ösen aus dem Rand. Diese müssen daher direkt neben der Kederschnur in dem durch die Schweißnaht aufgedoppelten Bereich liegen. Es gibt verschiedene Arten des Schnürstoßes: Das Seil kann ähnlich einer Schuhschnürung entweder im Zickzack zwischen den Ösen geführt werden oder durch einen parallelen Versatz rechtwinklig zur Membrankante laufen (Abb. E 4.13 und E 4.16). Eine weitere Alternative ist das Verspannen mit kurzen gehäkelten Seilschlaufen, die durch Ösen geführt werden (Abb. E 4.14). Diese Verbindung hat den Vorteil, dass die Membranen ähnlich dem Klemmplattenstoß überlappend gefügt werden. ken, dass eine Dehnung der Membran entlang des Stoßes möglich ist. Typischerweise werden die Klemmplatten in Flächenstößen und an den Rändern jedoch so angebracht, dass der Membranrand auf das Vorspannmaß gedehnt wird. Die Spalten zwischen den Klemmplatten werden dann mit einem Verbindungsblech überbrückt und auf Maß gehalten. Dies hat den Vorteil, dass keine erhöhten Spannungen zwischen den Platten auftreten können und die Einbaulänge der Ränder kontrollierbar ist. Aufgrund der Notwendigkeit Löcher in die Membran zu stanzen, wird diese Art des lösbaren Flächenstoßes wegen der geringen Weitereißfestigkeit von Glas-PTFE-Membranen überwiegend für Polyester-PVC-Membranen eingesetzt. Stoß mit Kederschiene oder Kederprofilen Klemmplattenstoß Bei hohen Anforderungen an die Tragfähigkeit und gleichzeitiger Flexibilität des Flächenstoßes wird die Technik des Klemmplattenstoßes eingesetzt, bei dem die sich überlappenden Membranstreifen durch Metallplatten aufeinander geklemmt werden (Abb. E 4.15). Bei einem Stoß im Membranfeld werden die Klemmplatten relativ kurz gewählt, um ausreichend Flexibilität zu garantieren. Typische Längen liegen bei 100 –150 mm. Um genügend Beweglichkeit entlang des Stoßes gewährleisten zu können, sollte zwischen den einzelnen Platten ein Spalt von 5 –10 mm vorgesehen werden. Kurze Klemmplatten und große Fugen bewir- Der Flächenstoß mit einer Kederschiene oder einem Kederprofil (Abb. E 4.15) ist etwas steifer als der Klemmplattenstoß, da die Profile hier länger sind. Oft wird diese Art des Flächenstoßes daher auch an solchen Stellen gewählt, wo die Membran linear durch einen Bogen oder ein Grat- oder Kehlseil gestützt ist (Abb. E 4.17 und E 4.20). Spannen die Flächenstöße frei, sollte das Profil eine Länge von ca. 200 mm nicht überschreiten, um eine ausreichende Bewegungsfreiheit der Membran zu gewährleisten und um nicht auf Biegung beansprucht zu werden. Bei zweiteiligen Profilen und geschlossenem Spalt besteht ähnlich wie beim Klemmplatten- E 4.19 b stoß die Möglichkeit, die Membran vorzudehnen und direkt zu klemmen. Ist der Flächenstoß von innen erkennbar, kann es sich anbieten, die Klemmplatten oder Kederprofile von unten zu verschrauben, um die Sichtbarkeit des Anschlusses zu minimieren. Linienförmige Unterstützungen Oft werden Membranflächen durch zusätzliche linienförmige Elemente, wie Grat- oder Kehlseile und Bögen unterstützt (siehe Flächen mit grat- und kehlbildenden Elementen, S. 142). Wird die Membran unmittelbar mit dem Bogen oder Seil verbunden, so entspricht das Detail im Aufbau einem Randdetail, dessen Seiten gespiegelt sind (Abb. E 4.20 und E 4.21). Werden Gurte verwendet, so können diese direkt mit der Membran vernäht werden. Um den Gurt vor UV-Strahlen zu schützen, wird er nach dem Prinzip der doppelten Kappnaht in den Membranwerkstoff eingewickelt (Abb. E 4.18). Seile und Bögen werden auch frei unter der Membran geführt. Um Relativbewegungen der Membran auf dem Unterstützungselement zu verhindern, kann sie durch Verschnürung, aufgeschweißte Schlaufen oder Taschen in ihrer Lage gesichert werden (Abb. E 4.19). Bei stark gekrümmten Membranen nimmt die Gefahr der Relativbewegung jedoch ab. Hier kann es ausreichen, wenn die Membran lokal durch einen zweiten Streifen verstärkt ist. 15 10 a 11 10 E 4.17 E 4.18 E 4.19 b 12 13 2 13 14 15 E 4.20 E 4.21 201
Konstruieren mit textilen Membranen E 4.22 1 2 E 4.23 E 4.24 b E 4.25 3 2 E 4.26 E 4.27 E 4.28 a c Ränder Als biegeweich werden gekrümmte Ränder bezeichnet, in denen Seile oder Gurte die Membranspannungen senkrecht zum Rand aufnehmen und als Zugkräfte in die Ecken ableiten. Der Zusammenhang zwischen Membranspannung, Randseilkraft und Krümmung ist im Kapitel »Randseilkrümmung« (S. 145f.) näher erläutert. UV-beständig und müssen demnach vor direkter Sonneneinstrahlung und Bewitterung geschützt werden. Der Gurt sollte also immer vollständig in Membranmaterial eingepackt sein. Am Membranrand wird dafür überstehendes Material um den Gurt geschlagen und rückseitig verschweißt (Abb. E 4.22 b). Besteht die Membran und das Nahtmaterial aus witterungsbeständigem PTFE, kann die Naht offen liegen – es reicht ein einfaches Einschlagen des Gurts (Abb. E 4.22 c). An den Ecken muss eine spezielle Membrantasche für die Gurtschlaufe konfektioniert werden. Außerdem sind die unterschiedlichen Kompensationswerte von Gurt und Membran bei Aufnähen des Gurts zu berücksichtigen (siehe Kompensation, S. 148). Gurtrand Bei kleinen und mittelgroßen Membrankonstruktionen mit biegeweichen Rändern stellt der Gurtrand eine ideale Lösung dar. Er ist sehr flexibel und nimmt die parallel verlaufenden Tangentialkräfte direkt auf. Bei dieser ausschließlich textilen Lösung wirkt der aufgenähte Gurt als eine Art Randverstärkung (Abb. E 4.22). Der Steifigkeitsunterschied zwischen Membran und Rand ist vergleichsweise gering. Wandelbare Membrandächer werden aufgrund der hohen Anforderung an die Flexibilität ausschließlich mit Gurträndern ausgeführt. Textile Gurte werden in der Regel aus Polyester- oder Polyamidfasern gewoben (siehe Textile Gurte, S. 107). Beide Materialien sind nicht Randseil in Tasche Bei dieser Randausführung wird ein Seil in den zu einer Tasche umgeschlagenen Membranrand integriert (Abb. E 4.23). Diese Randseiltasche überträgt die Membranspannungen senkrecht zum Rand in das Randseil. Insbesondere während der Montage müssen Tangentialkräfte, die nicht über die Reibung in der Tasche übertragen werden können, an den Eckpunkten verankert werden (siehe Eckdetails, S. 206ff.). Die Membrantasche muss ausreichend groß dimensioniert sein, damit das verwendete Seil mit den Endbeschlägen ohne Zwängungen durch die Tasche geführt werden kann. Je größer die Taschenbreite gewählt wird, desto flacher wird auch der Winkel zwi- Gurtrand a Isometrie b, c Detailschnitte, Maßstab 1:2 Randseil in Tasche mit Öffnung für Gabelfitting a mit umgeschlagenem Rand Isonometrie b mit umgeschlagenem Rand, Maßstab 1:5 c mit angeschweißter Tasche und Verstärkung freies Randseil a Isometrie b Detailschnitt, Maßstab 1:5 Regenrinne an freiem Randseil, Detailschnitt, Maßstab 1:5 Regenrinne a mit Schaumstoffrolle b Alluminiumblech Regenrinne an freiem Randseil Regenrinne mit Schaumstoffrolle E 4.22 Die Aufgabe eines Membranrands bzw. seiner Verstärkung ist es, Spannungen aus dem Membranfeld aufzunehmen, zu den Eckdetails zu leiten und dort zu verankern. Biegeweiche Ränder schen dem oberen und unteren Membranstreifen und desto geringer sind die Schälkräfte, die auf die Schweißnaht der Tasche wirken. Da sich die profilierte Oberfläche der Seile stark in die Membran drückt und dadurch Knickstellen entstehen können, wird die Randseiltasche bevorzugt bei wenig knickanfälligen Membranwerkstoffen wie Polyester-PVC eingesetzt. Durch zusätzliches Einlegen eines Membranstreifens oder textilen Gurts in die Randseiltasche lässt sich die tragende Membranschicht schützen und der Umschlagradius um das Seil vergrößern (Abb. E 4.23 c). Damit die zusätzliche Ummantelung aus Gurt oder Membran nicht in der Tasche verrutscht, sollte sie an den Enden mit der Tasche verschweißt oder vernäht werden. Ist die Krafteinwirkung sehr hoch wie bei weit spannenden Randseilen und bei einer Glas-PTFE-Membran, wird das freie Randseil bevorzugt. Freies Randseil Bei Glas-PTFE-Membranen – insbesondere bei großen Spannweiten – wird das Seil außerhalb des Membranrands geführt und punktuell an die Membran angeschlossen (Abb. E 4.24, E 4.27 und E 4.28). Die Techniken, die hierbei verwendet werden, um die Membran an das Seil zu koppeln, ähneln denen von Membranstößen. Auch hier werden Klemmplatten oder Kederprofile eingesetzt, die mit Klammern an das Seil gehängt werden. Die Verbindung der Klemmplatten oder Kederprofile untereinander 4 5 7 6 5 7 a 202 b c E 4.23
Konstruieren mit textilen Membranen kann entweder durch Verbindungsbleche oder durch entsprechend ausgeformte Klammern realisiert werden. Da der Durchmesser des Randseils nicht immer der Dicke des Klemmrands entspricht, müssen die entstehenden Maßdifferenzen z. B. durch Unterlegscheiben kompensiert werden. Wenn die Klammern aus dünnem Blech gefertigt und ausreichend lang sind, lassen sich die Unterschiede auch durch Verformung im Blech ausgleichen. Regenableitung an Membranrändern Zur Ableitung von Regenwasser entlang eines Membranrands werden verschiedene Techniken eingesetzt. Ziel ist dabei, eine Aufkantung am Rand einer Membran herzustellen, um abfließendes Wasser gebündelt in den Ecken abzuleiten. Die notwendige Aufkantung lässt sich durch einen Schaumstoffschlauch (Abb. E 4.26 a und E 4.28) oder ein Aluminium-Flachprofil in einer Membrantasche erreichen (Abb. E 4.26 b), wobei das Flachprofil aufgrund des gekrümmten Taschenverlaufs in seiner Lage stabil ist. Die Tasche sollte insbesondere bei PolyesterPVC-Membranen mit den offenen Kanten nach außen zeigen, damit kein Wasser in das Gewebe dringt. Alternative Möglickeiten, Regenwasser abzuleiten, sind offene Membrantaschen oder – an offenen Seilrändern – hochgespannte Membranstreifen mit biegesteifen Aluminiumwinkeln (Abb. E 4.25 und E 4.27, siehe auch Überdachung der Erschließungsachse auf der Weltausstellung EXPO 2010, S. 262ff. und Freilufttheater Festungsarena Josephsburg, S. 282ff.). Biegesteife Ränder Biegesteife Ränder entstehen beim Anschluss einer Membran an ein biegesteifes lineares Bauteil, meist ein Stahlprofil. Biegesteife Ränder bedienen sich in ihrer Konstruktionsweise ähnlicher Elemente wie die lösbaren Membranstöße. Sie sollten nicht in einem spitzen Winkel gestoßen werden, da es an diesen Stellen zu Spannungsspitzen und Faltenbildung kommen kann. Auch die Montage und das Vorspannen von steifen, spitzwinkligen Membranecken gestaltet sich problematisch und muss, da sich hier geometrisch bedingt die Spanngeräte überschneiden, ausschließlich über die gegenüberliegende Seite erfolgen. Optimal sind runde und ovale Grundrisse oder solche mit stumpfen Winkeln. Lassen sich spitze Ecken nicht vermeiden, können sie rund ausgeschnitten und mit einem Decklappen geschlossen werden. Bei allen Varianten des biegesteifen Rands ist eine Wasserdichtigkeit oft nur durch Aufschweißen eines Randlappens zu erreichen, der hinter dem kraftübertragenden Detail gespannt direkt mit einer Wasserabflussrinne verbunden ist (Abb. E 4.30, S. 205). Durch die Abdeckung ist jedoch die Zugänglichkeit und Wartungssichtung der Klemmung nicht mehr möglich. Alternativ kann die Membran auch über einen Sattel geführt und direkt an einer Wasserabflussrinne gespannt werden (siehe Abb. E 3.8, S. 191). 8 2 3 4 5 6 7 10 11 E 4.24 b a 1 9 doppelter Einschlag mit Nahtschutz Gurt einfacher Einschlag Gabelfitting Seiltasche Stahlseil Membranverstärkung 8 9 10 11 12 13 14 15 Randseil Metallhammer Kederschnur Klemmplatte Aluminiumwinkel aufgestellter Membranrand Schaumstoffrolle Aluminiumblech 14 12 a 13 15 E 4.25 E 4.27 b E 4.26 E 4.28 203
Konstruieren mit textilen Membranen 2 3 1 a 5 2 6 4 b 3 7 5 6 c 8 7 3 3 6 6 d E 4.29 E 4.30 E 4.31 E 4.32 E 4.33 e biegesteife Ränder, Isometrie und Detailschnitte Maßstab 1:2 a verseilter Rand b Rohr in Tasche c Klemmplatten und Metallklammern d direkte Klemmplattenklemmung e direkte Kederprofilklemmung f Kederschiene und Spannbolzen biegesteifer Rand mit Kederprofil und Membranabdeckung biegesteifer Rand mit Stab in Tasche mit Metallschellen biegesteifer Rand mit direkter Kederprofilklemmung Fassadenanschluss Membran a Vertikalschnitt, Maßstab 1:20 b Veranstaltungszentrum, Edinbourgh (GB) 1999, Michael Hopkins & Partner 6 3 11 10 f 204 9 E 4.29
Konstruieren mit textilen Membranen 8 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Polyesterseil Rohr Kederschnur Randseiltasche Metallklammer Randträger Klemmplatte Kederprofil Kederprofil mit Schraubenschiene 17 12 Spannbolzen Kugelscheibe Abdeckstreifen Glasschwert VSG 19 mm U-Stahlprofil umlaufend Glasfassade VSG 12 mm Membran-Scharnier zur Aufnahme der Dachbewegungen Membranstraffer, elastische Polyesterkordel E 4.30 Verseilter Rand Eine einfache Lösung für temporäre Membrankonstruktionen bietet ein Rand mit Verschnürung zwischen verstärktem Membranrand und einem biegesteifen Rundstab oder Rohr (Abb. E 4.29 a). Der Stab wird hierbei mit Abstandshaltern an die Unterkonstruktion geschweißt oder geschraubt. Diese Verseilung am Rand wird wie bei einem lösbaren Flächenstoß ausgeführt. Rohr in Tasche Bei dieser Randausführung ist ein biegesteifes Rohrprofil in eine Membrantasche eingeschoben. Durch Öffnungen in der Tasche kann das Rohr mit Metallklammern, Spannriemen oder durch Verseilen mit einen Randträger verbunden werden (Abb. E 4.29 b und E 4.31). Dieses Prinzip wird aufgrund seiner einfachen Ausführung und Montierbarkeit, aber der geringen Tragfähigkeit vor allem bei Traglufthallen eingesetzt. Der offene Spalt wird in diesem Fall mit einem aufgeschweißten Membranlappen luftdicht verschlossen. Geklemmter Rand Klemmplatten und Kederprofile werden bei der Randklemmung entweder direkt an steife Randträger aus Metall oder Holz geschraubt (Abb. E 4.29 d und E 4.32) oder mit Metallklammern auf Abstand befestigt (Abb. E 4.29 c und E 4.30). Mithilfe der Klammern lässt sich der Membranrand vordehnen und separat klemmen; auch Spann- und Justiermöglichkeiten sind mit vorgehängtem Klemmrand und Metallklammern einfacher möglich. Eine diesbezüglich sehr funktionale Lösung bieten spezielle Kederprofile, die mit einer rückseitigen Nut zum Einschieben eines Gewindebolzens ausgestattet sind (Abb. E 4.29 f). Fassadenanschluss im Membranfeld Besonders anspruchsvoll ist der Anschluss einer Membran an eine steife Fassade, da die Bewegung im Membranfeld nicht durch die starre Fassadenkonstruktion behindert werden darf. Umgekehrt sollten auch keine Lasten von der Membran an die Fassade abgegeben werden. Hierfür können Membranlappen zwischen Fassade und Membran gespannt werden, die durch Federn oder elastische Schnüre seitlich gespannt sind (Abb. E 4.33). Somit lassen sich Höhendifferenzen zwischen Membranfeld und Fassadenkante ausgleichen. Ähnliche Effekte können z. B. durch pneumatische Schläuche oder Kissen, die in einem Spalt zwischen Fassade und Membranfläche liegen, erzielt werden (Abb. E 5.16, S. 219). Dabei lässt es sich häufig nicht vermeiden, dass der Anschluss einer Membranfläche an eine Fassade einen bauphysikalischen Schwachpunkt darstellt. E 4.31 E 4.32 14 16 13 a 15 17 b E 4.33 205
Konstruieren mit textilen Membranen Eckdetails 1 2 4 5 3 6 E 4.34 E 4.35 a 7 8 1 2 3 9 4 5 6 7 8 9 10 11 9 8 a 12 13 Ring D-Ring zugeschnittene Eckplatte Randgurt Abdeckblech geschlitzte Eckplatte Randseiltasche Randseil Eckplatte Gurt Gewindefitting in Rohr Kugelscheibe Zugstab Überall dort, wo zwei biegeweiche Membranränder in einer Ecke zusammenlaufen, müssen die Randseilkräfte verankert und in resultierender Kraftrichtung an die Unterkonstruktion oder Fundamtente abgeleitet werden. Die Ausprägung eines Eckdetails wird somit im Wesentlichen von der Konstruktion des Membranrands bestimmt. An Eckpunkte werden hohe Anforderungen gestellt: • Beweglichkeit der Anschlüsse in verschiedenen Drehachsen, da während Nutzung und Montage große Verformungen auftreten • Aufnahme der Randseilkräfte sowie der Spannkräfte aus der Membran • Ausrichtung der Eckplatten nach den Winkeln der Seilkräfte • Vermeidung von Exzentrizitäten (Abweichungen von der Symmetrie und den Systemlinien) • Nachjustierbarkeit der Randseile Diese Anforderungen müssen auf sehr engem Raum gelöst und umgesetzt werden. Im Folgenden wird vereinfacht von einer typischen Ecksituation mit jeweils zwei Randseilen ausgegangen, um die unterschiedlichen Konstruktionsweisen vorzustellen. Eine Membran wird im Eckbereich grundsätzlich aufgedoppelt, um unvermeidliche Spannungsspitzen abzutragen. Diese können auftreten, weil die Membran Überspannungen innerhalb der kurzen Spannweite im Zwickelbereich nicht durch Dehnung oder Verrautung der Gewebemaschen abbauen kann. Die zusätzliche Membranlage wird mit der Hauptmembran fest verschweißt oder vernäht und kreisförmig um die Ecke herumgeführt. Randseiltaschen sollten im Eckbereich aufgeweitet werden, damit sie nicht einreißen. Eckplatten werden meist aus galvanisiertem Stahl oder Edelstahl hergestellt, da Korrosionsschutzbeschichtungen aus Stahl durch Spannwerkzeuge und Seilbewegungen so stark beansprucht werden, dass Beschädigungen unvermeidbar wären. Eckdetails für Gurtränder Da textile Gurte im Gegensatz zu Stahlseilen nicht knickempfindlich sind, können sie an den aa E 4.36 E 4.34 E 4.35 E 4.36 E 4.37 E 4.38 E 4.39 E 4.40 E 4.41 E 4.37 206 E 4.38 Gurtecke mit verschiedenen eingenähten Eckplatten und Ringen Gurtecke mit seitlich offener Eckplatte geschlossene Membranecke mit separat durchlaufenden Randseilen Gurtecke mit eingenähter Platte, Trichterschirm, Barbados 2004, Rasch + Bradatsch offene Membranecke, Zeltkonstruktion, Magdeburg (D) 1994, Rasch + Bradatsch offene Membranecke mit unterbrochenen Randseilen Eckdetail mit geschlossener Ecke, zwei Gratund zwei Randseilen Membranüberdachung eines Hotels, Mekka (KSA) 2007, Rasch + Bradatsch offene Membranecke mit freiem Gratseil, Stadtbahnhaltestelle Waldau, Stuttgart (D) 1997, Unold/Schlaich Bergermann und Partner
Konstruieren mit textilen Membranen Eckpunkten in sehr engen Radien umgeschlagen werden. Dadurch lassen sich sehr reduzierte Detailpunkte gestalten, bei denen ein Stahlring oder eine zugeschnittene Eckplatte mit Schlitzen bereits bei der Konfektionierung in die Ecke mit eingenäht wird (Abb. E 4.34 und E 4.37). Ist eine Austauschbarkeit oder spätere Montage der Eckplatten gewünscht, so können diese auch seitlich geschlitzt ausgeführt werden (Abb. E 4.35). Um ein Herausrutschen des Gurts zu verhindern und die Kraftübertragung in die Platte auch über den offenen Schlitz zu ermöglichen, sollte dieser mit einem seitlich verschraubten Blech geschlossen werden. Bei zugeschnittenen Platten ist zu beachten, dass alle Kanten sauber abgerundet sind. Für die Montage und das Spannen der Ecke muss unter Umständen neben dem eigentlichen Schraubenloch noch ein zweites für das Spannwerkzeug vorgesehen werden. a a b Eckdetails mit Seilanschlüssen Bei Eckdetails mit Randseilen müssen sowohl die Membran als auch die Randseile an die Eckplatte angeschlossen werden. Für den Membrananschluss bieten sich folgende Möglichkeiten: • offene Membranecke, d. h. kein direkter Anschluss (Abb. E 4.38, E 4.39, E 4.41; E 4.43, S. 208 und E 4.48 S. 209) • geschlossene Membranecke, direkter Anschluss (Abb. E 4.40, E 4.42, E 4.45, S. 209; E 4.46 und E 4.49, S. 210) 10 b 9 7 8 Der Anschluss der Randseile an die Eckplatte geschieht über: • separate durchlaufende Randseile (Abb. E 4.36 und E 4.38) • durchgehende Randseile (Abb. E 4.46, S. 209) • unterbrochene Randseile (Abb. E 4.39 – E 4.42; E 4.43, E 4.45, E 4.48, E 4.49, S. 210) 11 12 10 Offene Membranecken Bei offenen Membranecken wird die Membran nicht direkt, sondern über Randseile und gegebenenfalls Spanngurte mit der Eckplatte verbunden. Dabei wird die kreisförmig ausge- 8 13 aa b E 4.40 7 a bb E 4.39 E 4.41 207
Konstruieren mit textilen Membranen a 1 b 2 b 3 4 3 4 5 5 6 6 bb a E 4.42 aa E 4.42 E 4.43 E 4.44 E 4.45 E 4.46 gechlossene Membranecke mit unterbrochenen Randseilen komplexe Ecksituation mit zweilagiger Membran, freiem Randseil und einem Kehlseil, Werfthalle, Brand (D) 2002, SIAT Eckplattenanschluss an einen Abspannmast, Maßstab 1:20 geschlossenene Membranecke mit freiem Randseil geschlossene Membranecke mit durchgehen- dem Randseil Eckplattenanschluss an einen Abspannmast, Maßstab 1:20 E 4.48 offene Membranecke mit Abspannseil, Vierpunktsegel, Rimsting (D) 2007, Jan Cremers/ Klaus-Michael Koch/Hansjörg Zabel E 4.49 geschlossene Membranecke mit Gewindefitting (justierbar), Kulturzentrum Puchheim (D) 1999, Lanz Architekten E 4.47 schnittene Membran um die Eckplatte geführt und durch eine Materialaufdopplung in diesem Bereich verstärkt. Bei offenen Membranecken müssen die Tangentialkräfte parallel zum Randseil separat an die Eckplatte abgegeben werden, um ein Herausrutschen aus der Ecke, insbesondere im Montagezustand, zu verhindern. Hierfür werden meist Gurte in das Ende der Membrantasche eingenäht und mit Spannschlössern oder Lochblechen justierbar an die Eckplatte gespannt. Diese Technik wird z. B. bei Polyester-PVC-Membranen eingesetzt. Da sich Glas-PTFE-Membranen nicht nähen lassen, können die Tangentialkräfte nicht durch Gurte übertragen werden. In diesem Fall wird die Membran bei größeren Eckausschnitten ähnlich wie am Rand mit einem Klemmprofil oder bei kleinen Konstruktionen direkt auf die Eckplatte geklemmt. Geschlossene Membranecke Als geschlossene Membranecke bezeichnet man Eckkonstruktionen, bei denen die Membran mithilfe von Klemmplatten oder Kederprofilen auf einem möglichst breiten Stück direkt auf der Eckplatte befestigt ist. Ein Nachspannen der Membran an der Ecke ist bei dieser Lösung, die eher bei kleineneren Konstruktionen gewählt wird, in der Regel nicht möglich. Liegt die Membran auf einer Ebene mit der Oberseite der Platte, ergibt sich das Problem, dass auch die Systemlinie des Randseils auf die Oberkante der Eckplatte ausgerichtet werden muss, um Asymmetrien zu vermeiden. Wird das Seil auf die Plattenmitte hin orientiert, kann die Eckplatte z. B. im Bereich der Membranklemmung auf die halbe Stärke heruntergefräst (Abb. E 4.42 und E 4.49) oder in zwei Hälften ausgeführt werden, damit die Membran auf der Systemlinie des Seils verläuft (Abb. E 4.46). Bei unterbrochenen Randseilen mit Gewindefitting können auch die Anschlussrohre exzentrisch an die Eckplatte geschweißt werden. Separate durchlaufende Randseile Bei diesem Eckdetail werden die Randseile direkt über eine Umlenkplatte zu den Abspannseilen geführt (Abb. E 4.36 und E 4.38, S. 206). Die Umlenkplatte kann frei an den Seilen hän- 7 6 E 4.43 208 E 4.44
Konstruieren mit textilen Membranen gen oder als Teil eines Umlenksattels in einen Stützenkopf integriert sein. Da die Seile das Eckdetail durchlaufen und somit keine Seilbeschläge nötig sind, ist das Randdetail zwar sehr filigran, jedoch nicht justierbar. b 8 Durchgehende Randseile Bei flachen Eckwinkeln (> 90°) oder geringen Seilkräften lässt sich das Randseil an einer runden Eckplatte umlenken und läuft so kontinuierlich über die Ecke hinweg (Abb. E 4.46). Dadurch lassen sich Seilbeschläge einsparen und folglich kleinere Eckdetails realisieren. Nachteilig ist, dass es keine separate Nachspannmöglichkeit der Ränder rechts und links des Details gibt. Aufgeschraubte Bleche am Seilrand dienen zur Lagesicherung des Randseils. Oft wird das Eckdetail mit umgelenktem Randseil so ausgeführt, dass die Eckplatte aus zwei Hälften besteht und die Membran direkt zwischen die Platten geklemmt wird. Hierbei müssen ähnlich den Klemmplattenstößen vorab Löcher in die Membran gestanzt werden, um die Platten miteinander verschrauben zu können. Unterbrochene Randseile Die unterbrochenen Randseile werden mit Seilbeschlägen (Abb. E 4.5, S. 198) an die Eckplatte angeschlossen. Bei einem Anschluss mit Gabelfittings werden diese mit Bolzen direkt an die Eckplatten gehängt (Abb. E 4.42). Ist die Platte dünner als die Öffnung des Gabelfittings, können Stahlscheiben auf die Platte aufgeschweißt werden, um den Spalt zu schließen (Abb. E 4.42 und E 4.43). Gewindefittings werden über seitlich angeschweißte Rohrhülsen, auch Pfeifen genannt, an der Eckplatte befestigt (Abb. E 4.45 und E 4.49). Das Gewinde ermöglicht ein einfaches Justieren der Seillängen direkt an der Eckplatte. Durch den seitlichen Anschluss der Seile fällt die Platte im Vergleich zu Gabelanschlüssen schmaler aus. Teilweise werden Eckplatten auch aus zwei Hälften ausgeführt, zwischen denen die Randseile mit Ösenfittings angebracht werden. a 1 9 b 2 9 5 3 10 11 9 8 2 a aa bb E 4.45 a 2 2 a Anschluss der Eckplatte an die Unterkonstruktion Die Eckplatten werden entweder direkt mit einem Seil in die Fundamente abgespannt oder an einen Abspannmast angeschlossen. 8 8 E 4.46 aa 8 7 1 2 3 4 5 6 Membranverstärkung Randseil Gabelfitting Klemmplatte Kederschnur Augblech 7 8 9 10 11 Mastkopf mit Anschlussschwert Metallklammer Kederprofil Gewindefitting in Rohr Kugelscheibe E 4.47 E 4.48 E 4.49 209
Konstruieren mit textilen Membranen a b E 4.50 E 4.51 E 4. 52 Für den Anschluss an eine biegesteife Unterkonstruktion z. B. Wand oder Träger wird in der Regel ein Zugstab verwendet, der durch ein Gewinde in seiner Länge justierbar ist (Abb. E 4.39, S. 207). Zur Überbrückung großer Distanzen zwischen Eckplatte und Verankerung, also bei einer freien Abspannung, werden meist Stahlseile verwendet (Abb. E 4.36, S. 206 und E 4.45, S. 209). Häufig wird der Eckpunkt durch einen Abspannmast hochgedrückt. In diesem Fall wird die Eckplatte direkt an den Mast angeschlossen, sodass eine Justierung durch Kippen des Masts über die Abspannseile hinter dem Mast möglich ist. Der direkte Anschluss an den Masten muss dann gelenkig ausgebildet sein (Abb. E 4.44, S. 208 und E 4.47, S. 209). Die optimale Position eines Abspannmasts befindet sich in der Winkelhalbierenden und /oder Kraftresultierenden zwischen den Membranrandseilen und den Abspannseilen. Der Mastfuß sollte immer gelenkig gelagert sein, um Verformungen während dem Vorspannen und unter äußeren Lasten ausgleichen zu können (siehe Montage, S. 148). a 1 2 4 3 b 1 2 3 4 5 6 7 biegesteifer Ring Klemmplatte Stütze Speiche Randgurt Stahlseil Flachstahlring 8 9 10 11 Klemmring Stützenkopf Elektrozuleitung für Beheizung Regenfallrohr wärmegedämmt Tauwasserschutz) 12 13 14 15 16 Pendelstütze Gratseil Augseil als gebogener Stab Seilklemme Umlenksattel mit Seilklemmen Hoch- und Tiefpunkte An Hoch- oder Tiefpunkten wird die Membranfläche lokal angehoben oder heruntergezogen. Dies geschieht in der Regel entweder durch den Anschluss an einen Mast (Hochpunktmast) oder eine Seilverspannung. Im Sinne der Konstruktionsdetails können diese Punkte auch als innere Ränder definiert werden. Hoch- und Tiefpunkte können als Ringe, Linsen, Augen oder Rosetten ausgebildet sein. Für Ringe gelten die Konstruktionsprinzipien biegesteifer Ränder (Abb. E 4.52 und E 4.54), Augen und Rosetten entsprechen einem biegeweichen Rand (Abb. E 4.50, E 4.51, E 4.53, E 4.56 und E 4.58). Bei steifen Ringen muss die Membran im Klemmbereich dekompensiert werden (siehe Kompensation, S. 148), wenn sie von außen über den Ring gezogen werden soll (Abb. E 4.54). Alternativ kann sie von innen an den Ring gespannt werden (Abb. E 4.52). Der Ring kann 5 a 210 b E 4.53
Konstruieren mit textilen Membranen E 4.54 dabei frei an einer Unterkonstruktion hängen oder steif an einen Mast angeschlossen werden. Eine besondere Form des Hoch- oder Tiefpunkts ist der Buckel (Abb. E 4.55). Hierbei wird die Membran auf einer großen Fläche durch Teller oder Blattfedern nach oben gedrückt oder heruntergezogen. Bei schwach gekrümmten Membranflächen kann der Hochpunkt ohne besonderen Zuschnitt ausgeführt werden. Diese Form der punktuellen Auslenkung wird oft auch für Membranen verwendet, die beispielsweise als Unterhangdecke an vielen Einzelpunkten unter eine steife Dachkonstruktion gespannt werden (Abb. E 5.16, S. 219). Sehr hohe, stark beanspruchte Hochpunktmas- E 4.55 te können in sogenannte Gittermaste aufgelöst werden (Abb. E 4.56 und E 4.59). Diese bestehen aus drei oder mehr Rohren, die über Flachstähle miteinander verbunden sind. Der Abstand der Rohre wird zur Mitte der Stütze hin aufgeweitet, um das Widerstandsmoment gegen Ausknicken zu vergrößern. Abschlussabdeckung Da an einem Hochpunkt die Membran mit Ausnahme des Buckels nicht vollständig geschlossen wird, ist eine Abschlussabdeckung vorzusehen, sofern Regendichtigkeit gefordert ist. Diese Abdeckung kann als separate Membran mit geringerer Vorspannung ausgeführt und dann direkt mit der Hauptmembran verbunden E 4.56 werden (Abb. E 4.50). Alternativ sind auch steife Hut- oder Deckelkonstruktionen aus Glas oder Metall möglich. Tiefpunktentwässerung Da sich an Tiefpunkten das Regenwasser sammelt, muss ein Regenablauf in das Detail integriert werden. Unabhängig vom kraftabtragenden Detail (z. B. Klemmung der Membran an einen steifen Rand oder Rosette) wird in der Regel ein wassersammelnder Trichter mit geringerer Vorspannung separat geklemmt (Abb. E 4.51). Oft wird die Tiefpunktentwässerung in eine Stütze integriert, an der das Wasser oben oder seitlich eingeleitet und innen abgeführt wird (Abb. E 4.57). 7 6 8 9 11 10 E 4.50 12 E 4.57 a E 4.51 16 E 4.52 E 4.53 E 4.54 E 4.55 E 4.56 13 14 15 E 4.57 E 4.58 E 4.59 E 4.58 b Hochpunkt, Ausstellungspavillon, Leonberg (D) 2000, Rasch + Bradatsch a doppellagiger Membranhut als Abschlussabdeckung b innerer Rand des mehrlagigen Hochpunkts als Rosette Tiefpunkt mit Rosette, Trichterschirm, Barbados 2004, Rasch + Bradatsch Hochpunkt mit biegesteifem Ring a Isometrie b Vertikalschnitt, Maßstab 1:20 Hochpunkt mit Rosette a Isometrie b Horizontalschnit, Maßstab 1:20 Hochpunkt mit biegesteifem Ring, Luxusunterkünfte am Ayers Rock (AUS) 2004, Cox Richardson Hochpunkte als Buckel, Centercourt HamburgRothenbaum (D) 1997, Schweger + Partner Hochpunkt mit Seilauge und umgelenktem Gratseil, Zelt im Garten des Ministeriums für städtische und ländliche Entwicklung, Riad (KSA) 2001, Rasch + Bradatsch Tiefpunktentwässerung über Stütze Seilumlenkung auf Gittermast Hochpunkt mit Seilauge E 4.59 211
Komplexe Gebäudehüllen E 5.1 Die Gebäudehülle wird nach der organischen Haut des Körpers und der Kleidung oft als die dritte Haut des Menschen bezeichnet. Dieser Vergleich bezieht sich allgemein auf die Schutz-, Regel- und Steuerfunktionen der einzelnen Schichten und impliziert gleichzeitig eine Hierarchisierung und eine differenzierte Aufgabenverteilung, die sich schon aus den unterschiedlichen räumlichen Abständen zum Organismus ergibt. Während für die Entwicklung insbesondere von Funktionskleidung seit einiger Zeit die genaue Kenntnis um die Eigenschaften und Mechanismen der Haut und ihrer einzelnen Schichten essenzielle Voraussetzung ist und wesentlichen Einfluss nimmt, gilt dies bislang weniger für die Entwicklung von Gebäudehüllen. Anforderungen an Hüllkonstruktionen E 5.1 E 5.2 E 5.3 212 10 ≈ 10 m große ETFE-Kissen, Überdachung Einkaufszentrum, Amadora (P) 2009, Promontorio Architects Zusammenhang zwischen Dämmschichtdicke und U-Wert (europäisch, links) bzw. R-Value (nordamerikanisch, rechts) für Dämmstoffe verschiedener Wärmeleitfähigkeit (vereinfacht, ohne Deckschichten, Randeffekte, Wärmeübergangskoeffizienten) prinzipielle Arten von Wärmebrücken a geometrische Wärmebrücke (2D) b geometrische Wärmebrücke (3D) c lineare Wärmebrücke d punktförmige Wärmebrücke Zwar gab es in den 1960er- und 1970er-Jahren ausgiebige Studien zum Thema Behaglichkeit in Räumen. Diese für ein ganzheitliches Verständnis der Anforderungen an die Gebäudehülle wichtigen Untersuchungen konzentrierten sich allerdings vorrangig auf Symptome und sollten vor allem der richtigen Auslegung von Klimaanlagen dienen. Dabei ist die Vorstellung einer einheitlichen »perfekten« Umgebung für den menschlichen Organismus, sei sie statischer oder dynamischer Natur, Gegenstand zahlloser Science-Fiction-Beiträge. Für alle drei Betrachtungsebenen – Haut, Kleidung und Gebäudehülle – sind die einzelnen Anforderungen aufgrund von beidseitig wirksamen dynamischen Vorgängen keinesfalls statischer Natur. Sowohl die Bedingungen im Körper als auch das Außenklima sind in der Regel permanenten Schwankungen unterworfen. In diesem Kapitel soll keinesfalls der Versuch unternommen werden, die komplexen Anforderungen an Gebäudehüllen umfassend und abschließend abzuhandeln, dazu ist auf die Literatur zu verweisen (siehe Anhang, S. 289). Es gibt jedoch für den Bereich der Kunststoffe und Membranen besondere Fragestellungen und Lösungsansätze, die hier beispielhaft vorgestellt werden sollen – teilweise eingeführt und ergänzt durch für das Verständnis unabdingba- rer Grundlagen. Da Kunststoffe in der Gebäudehülle neben ihrem Einsatz in plattenförmigen Halbzeugen oder als Folien- und Membranmaterialien auch eine bedeutende Rolle als Dämmstoffe spielen, seien zunächst folgende allgemeine Ausführungen zum Wärmeschutz vorangestellt. Wärmeschutz im baulichen Zusammenhang Während sich die Ausführungen im Kapitel »Erweiterte bauphysikalische und energetische Eigenschaften« (S. 108ff.) in erster Linie auf homogene Materialgefüge und wärmetechnische Fragen beziehen, spielt im baulichen Zusammenhang die Betrachtung von mehrschichtigen und -schaligen Aufbauten, Kombinationen und Durchdringungen, wie sie bei nahezu jeder konstruktiven Fügung entstehen, sowie die Wechselwirkungen mit den anderen Gebäudesubsystemen (z. B. der Gebäudetechnik oder dem Tragwerk) eine entscheidende Rolle. Bauphysikalisch muss außerdem z. B. der Aspekt Wasserdampfteildruck- und Wasserdampfsättigungsverteilung Berücksichtigung finden, da bei solchen Betrachtungen immer von vorhandener Luftfeuchtigkeit ausgegangen werden muss. Ergänzend zu den bisher verwendeten Begriffen wie Wärmeleitfähigkeit, Wärmedurchlasskoeffizient und Wärmedurchlasswiderstand hat man es auf der konstruktiven Betrachtungsebene mit weiteren Grundlagen und -begriffen zu tun, die im Folgenden knapp erläutert werden. Wärmeübergangswiderstand und -koeffizient Der flächenbezogene Wärmeübergangskoeffizient α [W/m2K] gibt an, welcher Wärmestrom in einer Stunde von einem Quadratmeter eines Materialgefüges bei einem Temperaturgefälle von einem Kelvin an die angrenzende Luft bzw. an die nächste Schicht übergeht. Dabei wird zwischen αa (außen) und αi (innen) unterschieden. Der flächenbezogene Wärmeübergangswiderstand (Ri bzw. Ra) gibt den Widerstand an, den die jeweilige Materialgefügeoberfläche bei der Wärmeübertragung bietet. Obwohl dieser Effekt bei allen Schichtübergängen auftritt, ist er in der Praxis vor allem beim Übergang zwischen Innenluft und erster Schicht sowie zwischen letzter Schicht und Außenluft von Bedeutung. Dabei gilt:
Komplexe Gebäudehüllen Die anzusetzenden Werte sind in DIN 41082:2003-07, 6.2 und in DIN 4108-3:2001-07, Anhang A, A.2.3 geregelt. Wärmedurchgangswiderstand und -koeffizient Der flächige Wärmedurchgangswiderstand R errechnet sich aus dem Wärmedurchlasswiderstand des Materialgefüges und den beidseitigen Wärmeübergangswiderständen Ri und Ra. Wird ein mehrschichtiger Aufbau betrachtet, so sind die entsprechenden schichtbezogenen Durchlasswiderstände (im Beispiel für s1 bis s3) im Verhältnis der einzelnen Schichtstärken zu addieren: R= 1 αa + s1 λ1 + s2 λ2 + s3 λ3 + 1 αi Dieses übliche Verfahren ist insofern vereinfachend, als dass die Wärmedurchgangswiderstände der einzelnen Schichten als konstant und homogen angenommen und die Wärmeübergangswiderstände zwischen den einzelnen Schichten vernachlässigt werden. Der Kehrwert des Wärmedurchgangswiderstands ist der Wärmedurchgangskoeffizient U (U-Wert, früher k-Wert): U = 1/R [W/m2K] U-Wert [W/m2K] Wichtig ist, dass es sich um einen rein flächenbezogenen Wert handelt, für den z. B. Randverlusteffekte nur pauschal über prozentuale Abschläge oder eine detaillierte Einzelfallberechnung berücksichtigt werden können. Der Zusammenhang zwischen Dämmschichtdicken und damit erzielbaren U-Werten ist wegen der Kehrwertbeziehung U = 1/R nicht linear. Diese für den architektonischen Gestaltungsspielraum unter energetischen Aspekten nicht zu vernachlässigende Tatsache ist in Abb. E 5.2 für verschiedene Dämmstoffe grafisch verdeutlicht (U-Wert auf der linken y-Achse). Im nordamerikanischen Raum wird statt des europäischen U-Werts der Wärmedurchgangswiderstand verwendet. Der nordamerikanische R-Value steigt also mit besserer Wärmedämmung an, verhält sich näherungsweise linear zur Dämmstoffstärke und wird zudem in amerikanischen Basiseinheiten angeben [F · ft2 · h/Btu]. Der Zusammenhang wird in Abb. E 5.2 ersichtlich: Die R-Values für den Bezug zwischen Wärmeleitfähigkeit und Dämmstoffstärke findet sich auf der rechten y-Achse. Temperatur- und Dampfteildruckverlauf Der Wasserdampfteildruck p ist das Produkt aus temperaturabhängigem Wasserdampfsättigungsdruck ps und relativer Luftfeuchtigkeit φ. p = ps · φ [Pa] Luft kann Wasserdampf so lange aufnehmen, bis der Wasserdampfsättigungspunkt erreicht ist. Der sogenannte Wasserdampfsättigungsdruck ist dabei von der Temperatur abhängig (relative Luftfeuchtigkeit). Wird der Sättigungspunkt überschritten, fällt der Wasserdampf in Form von Tauwasser aus. Die Kenntnis über den Temperatur- und Dampfteildruckverlauf eines mehrschichtigen Aufbaus ist vor allem für die Abschätzung von eventuell anfallendem Tauwasser und für die Bestimmung des Orts, an dem dies geschieht, von Bedeutung. Für rein flächige Anordnungen ist dies überschlägig relativ leicht mit dem sogenannten Glaserverfahren (siehe DIN 4108-3) zu ermitteln. Im Falle von linearen und vor allem komplexen dreidimensionalen Geometrien, aber auch für Aussagen mit sehr hoher Genauigkeit sind in der Regel EDV-gestützte Berechnungen in hygrothermischen Verfahren auf Basis von FiniteElemente-Modellen (FEM) erforderlich. Wärmebrücken Als Wärmebrücke wird eine Stelle mit einem – relativ gesehen – deutlich höheren Wärmefluss gegenüber dem betrachteten Gesamtgefüge bezeichnet. In einem homogenen flächigen Gefüge kann es also keine Wärmebrücken geben, selbst wenn die Wärmeleitfähigkeit absolut gesehen sehr hoch ist. Bei räumlichen, nicht flächigen Gefügen können in Kanten und Ecken »geometrische Wärmebrücken« entstehen (Abb. E 5.3 a und b). Der erhöhte Wärmefluss begründet sich hier allein aus der im Verhältnis zur inneren Wandoberfläche größeren Fläche 1,000 200,000 0,800 160,000 0,600 120,000 0,400 80,000 0,200 40,000 0,000 0,01 2 R-Value [F • sqf • h/Btu] Ri = 1/αi und Ra = 1/αa [m2K/W]. außen. Auf einer molekularen Betrachtungsebene (siehe Wärmeleitung, S. 108) könnte man beispielsweise die Stege im Materialgerüst eines Dämmstoffs als Wärmebrücken bezeichnen. Im Allgemeinen findet der Begriff aber in konstruktiven Zusammenhängen Anwendung, nämlich in der Kombination und Fügung verschiedener Materialien. Daher spricht man auch von baulichen oder konstruktiven Wärmebrücken. Diese sind entweder linear (Abb. E 5.3 c), punktförmig (Abb. E 5.3 d) oder stellen eine Kombination hieraus dar. Berechnung von Wärmebrücken, U-Wert Wärmebrücken ergeben sich unter Umständen aus der Geometrie von Dämmstoffplatten, deren Ränder prinzipiell eine höhere Wärmeleitfähigkeit aufweisen als die (ungestörten) Systemmitten. Der Effekt ist abhängig von der genauen Randausbildung des Systems, der Geometrie und den Abmessungen sowie der jeweiligen Einbausituation. Der Wärmefluss über diese »Sonderstellen« wird entweder durch vereinfachende Verfahren abgeschätzt oder genauer durch Berechnungen mittels FEM ermittelt und dann über einen linearen (längenbezogenen) Wärmedurchgangskoeffizienten oder eine effektive (modifizierte) Wärmeleitfähigkeit (λeff) in die Gesamtbetrachtung einbezogen. Das Ergebnis ist ein effektiver (modifizierter) U-Wert, der abhängig von den Parametern Umfang, Fläche und Dicke und damit für jedes betrachtete System unterschiedlich ist. Der Wert der effektiven Wärmeleitfähigkeit (λeff) stellt einen nur für ein bestimmtes System gültigen Mittelwert dar. Nach derzeitigem Stand der Technik ist es daher ratsam, U-Werte für Regelquerschnitte anzugeben sowie den längenbezogenen linearen Wärmedurchgangskoeffizienten ΨK für die jeweilige Einbausituation, d. h. die spezifische Wärmebrückenkonstellation getrennt zu ermitteln (z. B. ebenfalls durch FEM-Berechnungen) und im Rahmen der energetischen Gesamtbilanz nach DIN EN 832 entsprechend zu berücksichtigen. Bei dieser getrennten Betrachtung der flächenbezogenen Wärmeleitfähigkeit und der linearen Wärmebrückenwirkung bleiben die flächenbezogenen Anteile mit anderen Dämmstoffen vergleichbar. Beim Einsatz von 0,045 0,035 0,025 0,020 0,008 0,005 [W/mK] a b c d 0,000 6 10 14 18 22 26 30 34 38 42 46 50 Dämmstoffstärke [cm] E 5.2 E 5.3 213
Komplexe Gebäudehüllen Funktionen des Wärmeschutzes baukonstruktive Funktionen physiologische Funktionen ökologische Funktionen ökonomische Funktionen Vermeidung von Diffusionsschäden hygienische Funktionen Erzielen eines behaglichen Raumklimas Minimierung von nutzungsbedingtem Energieverbrauch Minimierung von Energiekosten (Heizungs- und Kühlungskosten) Vermeidung von Tauwasserschäden Vermeidung von Schimmelpilzbildung Schutz vor Unterkühlung und Überhitzung Verlängerung der Funktions- und Nutzungsdauer der baulichen Substanz Verlängerung der Nutzungsdauer der baulichen Substanz Vermeidung von Zwängungsspannungen Reduzierung von Staubbildung und Verwirbelung Reduzierung der Raumluftströmungsgeschwindigkeit Minimierung von Investitions- und Betriebskosten klimatechnischer Anlagen Angleichung und Vereinheitlichung der Temperaturen der Wandoberflächen im Rauminneren an die Raumlufttemperatur E 5.4 Nutzerverhalten hygrisches Milieu Brandschutz Luftströmungsprofil der Innenraumluft Lichtmilieu akustisches Milieu Wärmeschutzmaßnahmen Temperaturverhältnisse im Rauminneren Luftwechselanforderungen Materialwahl Schallschutz Lichtmilieu lichtdurchlässige Wärmedämmung Baukonstruktion Besonderheiten bei Folien- und Membrankonstruktionen Sanierungen Luftqualität: Frischluftanteil a E 5.4 E 5.5 E 5.6 214 Rechtslage b Funktionen des Wärmeschutzes a, b Bereiche, die in Wechselbeziehungen zu Wärmeschutzmaßnahmen stehen können und potenzielle Konfliktfelder im Rahmen von Wärmeschutzmaßnahmen Witterungsabhängigkeit von strahlungsdurchlässigen Konstruktionen Ziel und Wirkung von Wärmedämmmaßnahmen Warum eigentlich ist man bestrebt, den Wärmedurchgang durch die Gebäudehülle zu reduzieren? Die Gründe sind vielfältig und gehen weit über den vermeintlich primären Anlass des Energiesparens hinaus; viele stehen zueinander in Beziehung (Abb. E 5.4). Die physiologischen Funktionen des Menschen dienen als Grundlage für die Schaffung eines hinreichend hygienischen und behaglichen Raumklimas. Im Rahmen jeder Wärmeschutzmaßnahme werden unterschiedliche Bereiche tangiert und beeinflusst (Abb. E 5.5 a). Diese Effekte müssen bedacht und kontrolliert werden. Gleichzeitig gibt es eine Reihe von potenziellen Konflikten, die es zu bewältigen gilt (Abb. E 5.5 b). Da die maßgeblichen Außenbedingungen, die auf ein Gebäude einwirken, dynamischer Natur sind, entziehen sich Wärmedämmmaßnahmen rein statischen Betrachtungen, auch wenn sie bislang in den einschlägigen Vorschriften so behandelt werden. Dynamische Wechselwirkungen zwischen dem Außenraum, der Gebäudehülle und dem Innenraum – und damit Konsequenzen für den Wärmestrom – ergeben sich insbesondere im Zusammenhang mit solaren Energieeinträgen über transluzente und transparente Gebäudehüllenausschnitte und den Wärmespeicherungseigenschaften von Bauteilen. Wärmeschutzmaßnahmen leisten – gerade bei wenig vorhandener Wärmespeichermasse – einen wesentlichen Beitrag zum Ausgleich von Tag- und Nachtschwankungen der Rauminnentemperatur. Feuchteschutz hygienische Anforderungen Hochleistungsdämmungen wie z. B. VakuumDämmsystemen kommt es zu einer Verschärfung der Wärmebrückenproblematik. Die deutlich geringere Dämmstärke bei gleichzeitiger Minimierung der Wärmeleitung in der Fläche hat dabei zur Folge, dass jede Wärmebrücke, relativ betrachtet, stärker ins Gewicht fällt als bei konventionellen Dämmstoffen. ökonomische Anforderungen kurze angestrebte Nutzungsdauer gestalterische Anforderungen hohe Dämmstärken und nachträgliche Integration E 5.5 a typische opake Konstruktion mit Masse bzw. Wärmedämmung b strahlungsdurchlässige Konstruktion mit getrennten Schalen und geringer Masse E 5.7 bauphysikalische Betrachtung und Besonderheiten von Folienkissen Sollen leistungsfähige und klimaabschließende Gebäudehüllen mit Folien- und Membranmaterialien entwickelt werden, sind im Vergleich zu konventionellen Werkstoffen und Bauweisen diverse Besonderheiten zu beachten, aus denen sich wiederum zusammen mit den weiteren spezifischen Eigenschaften der äußerst dünnen und biegeweichen Materialien für viele Aufgabenstellungen eigene Lösungsansätze ergeben, von denen im Folgenden einige vorgestellt werden, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Da für Gebäudehüllen der Wärmeschutz eine wichtige Rolle spielt und genau hier Folien- und Membranmaterialien schon aufgrund ihrer geringen Stärke (0,1 – 2 mm) selbst keinen Wärmewiderstand bieten, liegt ein wesentlicher Lösungsansatz in der Mehrlagigkeit der Konstruk-
Komplexe Gebäudehüllen tion, wie es insbesondere bei pneumatisch gestützten Membrankissenstrukturen der Fall ist. Bei gespannten Konstruktionen bleibt in der Regel nur der Einsatz von zusätzlichen Wärmedämmstoffen. Taußen Wärmetransport in Konstruktionen mit mehreren Schalen und sehr geringer Masse Wärmetransport in Membrankissen Pneumatisch stabilisierte Kissenkonstruktionen werden oft nicht aus statisch-konstruktiven Gründen gewählt, sondern weil die damit verbundene Mehrlagigkeit eine deutliche Verbesserung der wärmedämmenden Eigenschaften zur Folge hat. Insbesondere wenn Transparenz, also unbehinderte Durchsicht, und nicht nur Transluzenz (streuende Lichtdurchlässigkeit) gewünscht ist, stellen Folienkissenkonstruktionen im Membranbau und die auf S. 223 beschriebenen Glas-Folien-Verbundkonstruktionen die einzige Möglichkeit dar, vergleichsweise niedrige U-Werte zu erzielen. Maßgeblich sind die Wärmeübergangswiderstände von Material zu Luft und vor allem die Wärmekonvektion im Kissen, die bei entsprechenden Temperaturkontrasten aufgrund der großen Luftvolumina zwischen den Lagen unweigerlich wirksam ist. Wie Abb. E 5.8 a (S. 216) zeigt, sind die konvektiven Effekte aufgrund der aufsteigenden wärmeren Luft in Abhängigkeit von Kissenlage und Wärmestromrichtung (jeweils horizontal oder vertikal) unterschiedlich. Jede weitere Membranlage und damit Luftkammer im Kissen reduziert das Volumen, führt zwei weitere Wärmeübergangswiderstände (Luft – Membran – Konvektion Konvektion Konvektion TZwischenraum TKonstr. innen TRaumluft TBoden a b sonniger Tag bewölkter Himmel klare Nacht E 5.6 Integration von solarer Aktivtechnik (optional) • Photovoltaik • Solarthermie Schalltransmission (Emissionen von innen) Wärmetransport im Bereich der Klemmung Schallreflexionen Schalltransmission (Emissionen von außen) Niederschlagsgeräusche Wärmetransport über das Kissen Im Vergleich zu opaken Hüllkonstruktionen mit vergleichsweise schweren Baustoffen und gegebenenfalls Wärmedämmung, in denen der Anteil der Wärmeleitung am Gesamtwärmetransport bei Weitem dominiert, sind bei permeablen, leichten und mehrschaligen Konstruktionen, also vor allem bei ein- und mehrschaligen Membran-Gebäudehüllen, die Anteile über Konvektion und Wärmestrahlung ausschlaggebend (Abb. E 5.6). Die Wärmeleitfähigkeit der eingesetzten Materialien ist, wie auch bei anderen dünnen plattenförmigen Kunststoffen, aufgrund der geringeren Materialstärken und der Anordnung senkrecht zum Wärmestrom nahezu ohne Bedeutung. Der hohe Anteil der Strahlungswärmeübertragung führt zu einem differenzierten Verhalten der Hülle in Bezug auf die Strahlungsumgebung, das für die Optimierung der energetischen Leistungsfähigkeit der Konstruktion zu berücksichtigen ist (Abb. E 5.6). Besonders ohne dämpfend wirkende Wolkenschicht, also bei Sonne oder sternenklarer Nacht kommt es zu erheblichen Energietransport über Strahlung. In der Folge können beispielsweise entsprechend exponierte Flächen deutlich unter die Umgebungstemperatur abkühlen. Das dann möglicherweise anfallende Kondensat ist bei der Ausbildung der Konstruktion zu beachten. TKonstr. außen Wärmeleitung Solare Einstrahlung • sichtbares Licht • infrarote Wärmestrahlung (kurzwellig) • ultraviolette Strahlung Reflexion Bewuchs (Mikroorganismen) / mögliche Verschmutzung • Optik • Erhöhung der Absorption Reflexion Konvektion Konvektion Reflexion Wärmestrahlung (langw.) durch Absorption Wärmeabstrahlung aufgrund Eigentemp. in Abhängigkeit der Oberflächenemissivität, ggf. Reflexion von Wärmestrahlung (low-E) Solarer Energieeintrag natürliches Tageslicht (Gefahr von Blendung) mögliche Tauwasserbildung mögliche Verschmutzung • Optik • Reinigungsoptionen Wärmestrahlung (langw.) durch Absorption Wärmestrahlung (langw.) durch Absorption E 5.7 Luft) ein und stellt somit eine Verbesserung dar (Abb. E 5.8 b, S. 216). Weiterhin ist für den Wärmetransport in der Membrankissen-Gebäudehülle auch die Randausbildung im Bereich des Kissens von Bedeutung. Wichtig ist neben der Wärmedämmqualität der Klemmkonstruktion (z. B. durch eine thermische Trennung) wie bei anderen Wärmebrückenuntersuchungen und ähnlich der Situation Fensterfläche/Fensterrahmen eine Betrachtung des Flächenanteils zwischen Klemmprofil und Kissenfläche, aus dem sich der Gesamt-U-Wert ergibt. Maßgeblich ist hier der auf die Randausbildung bezogene Wärmedurchgangskoeffizient (Uf-Wert) bzw. der längenbezogene Wärmedurchgangskoeffizient Ψ [W/mK]. Bei Membrankissen besteht an dieser Stelle eine grundsätzliche Optimierungsoption durch eine räumliche Trennung der einzelnen 215
Komplexe Gebäudehüllen c a b E 5.8 E 5.9 Schichten und damit eine getrennte Klemmung der Lagen (Abb. E 5.8 d). Hier wird der erzielbare Uf-Wert durch den Abstand der Lagen und die dazwischen eingesetzten Materialien (meist das Tragwerk) bestimmt. Diese Lösung bedeutet allerdings erheblichen Mehraufwand in Planung und Ausführung (zwei Klemmprofile, Luftdichtigkeit, Wetterabhängigkeit während der Montage). Die Standardvariante werkseitig verschweißter Kissen mit einer gemeinsamen Klemmung hat direkt im Anschluß an den Bereich der Fixierung grundsätzlich eine erhebliche thermische Schwachstelle mit der Folge eines sehr hohen lokalen U-Werts (Uf-Werte z. T. > 4 W/m2K), die in der Regel ein Tropfblech unter der Klemmung für unvermeidbares Kondensat erfordert (Abb. E 3.8, S. 191). Der vermeintliche Nachteil ist jedoch vor folgendem Hintergrund zu betrachten: Erstens ist der Anteil der Kissenklemmung an der Gesamtfläche meist sehr klein im Verhältnis zu alternativen Konstruktionen, z. B. mit Glas – bei großen Kissen mit günstiger Geometrie kann er unter 2 % liegen (Abb. E 5.14). Zweitens ist sichergestellt, dass sich der thermische Schwachpunkt auf jeden Fall am Rand im Bereich der Klemmung befindet und nicht in der Kissenfläche. Unauffällige Tropfbleche unter den Klemmprofilen können möglicherweise anfallendes Kondensat in diesem Bereich ohne großen Aufwand auffangen, wo es einfach verdunstet ohne gesondert abgeführt werden zu müssen. Berechnung von U-Werten Gegenstand der meisten Forschungsarbeiten zum Thema Membrankissenkonstruktion war bisher nur ihr wärmetechnisches Verhalten bezüglich des winterlichen Wärmeschutzes. Dabei konnte festgestellt werden, dass sowohl die für massive Wandaufbauten gültige DIN EN ISO 6946 als auch die für Fenster gültige Norm DIN EN 673 Bedingungen enthalten, die eine Anwendbarkeit auf Membrankissenkonstruktionen zunächst einschränken. Untersuchungen des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) haben ergeben, dass sich der Wärmedurchgang ausgesprochen instationär verhält. Dies begründet sich in den sehr geringen Massen sowie dem im Vergleich zu Mehrfachverglasungen deutlich größeren Luftraum zwischen den Membranlagen und der daraus resultierenden Konvektion. Hierdurch ist der U-Wert in Kissenmitte für übliche Kissengrößen unabhängig von der Dicke der Luftschicht und von der absoluten Kissengröße. Eine vergleichende Betrachtung der beiden oben genannten Normen sowie Vergleiche mit gemessenen U-Werten lassen allerdings vermuten, dass sich beide Berechnungsvorschriften für eine Abschätzung eines mittleren U-Werts in etwa gleicher Weise heranziehen lassen. Die Schwankungsbreite des instationären U-Werts kann damit allerdings nicht abgebildet werden. Nachdem bislang für die Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten keine anderen, besser geeigneten rechneri- schen Methoden zur Verfügung stehen, gibt es bisher keine Alternative. In Abb. E 5.10 finden sich so ermittelte Rechenergebnisse für verschiedene Wärmetransportrichtungen (horizontal, aufwärts und abwärts gerichtet). Dabei liefern die beiden Berechnungsvorschriften DIN EN ISO 6946 und DIN EN 673 nur wenig voneinander abweichende Resultate. Deutlich ist dagegen der Unterschied bei verschiedenen Wärmetransportrichtungen. Daraus folgt, dass für die Beurteilung des U-Werts weniger das angewendete Verfahren ausschlaggebend ist als vielmehr die Einbausituation der Membrankissen. Lässt man den nur in heißen Klimaregionen oder im Sommer vorkommenden Fall des von außen nach innen gerichteten Wärmestroms außer Acht und betrachtet den mitteleuropäischen Winterfall, muss nur zwischen horizontalem und aufwärtsgerichtetem Wärmestrom unterschieden werden. Membrankissen können mit Folien, Geweben oder Kombinationen beider Materialgruppen ausgeführt werden. Vergleichende optische Werte für solche Kombinationen finden sich in Abb. E 5.13. Kommen in einem Kissen Folien und Gewebe zum Einsatz, müssen sie getrennt geklemmt werden, da sich diese beiden Materialien nicht thermisch verschweißen lassen. Neben der Möglichkeit, die Verbindung mit getrennten Klemmungen auszubilden (Abb. E 5.8 d), können auch spezielle Doppelkederprofile verwendet werden, wie sie beim U-Wert [W/m²K] 5,0 7,5 10,0 12,5 15,0 17,5 20,0 °C U-Wert [W/m²K] 2,5 U-Wert [W/m²K] 0,0 8 DIN 6946 WS aufwärts 7 DIN 673 WS aufwärts 6 d 8 DIN 6946 WS abwärts 7 DIN 673 WS abwärts 6 8 DIN 6946 WS horizontal 7 6 5 5 5 4 4 4 3 3 3 2 2 2 1 1 1 0 a 216 1 2 3 4 0 5 6 7 Anzahl Membranlagen b 1 2 3 4 0 5 6 7 Anzahl Membranlagen c DIN 673 WS horizontal 1 2 3 4 5 6 7 Anzahl Membranlagen E 5.10
Komplexe Gebäudehüllen E 5.11 Besucherpavillon Alnwick Garden in Südengland eingesetzt wurden (Abb. E 5.11). Bei diesem Gebäude musste die Hülle verschiedene Anforderungen an die Lichttransmission und die Wärmedämmung entsprechend der unterschiedlichen Gebäudezonen erfüllen. Die Kissenkonstruktion bestand daher zum Teil aus einer Kombination von klarer ETFE-Folie und Glas-PTFE-Gewebe, wobei letzteres auf der Außenseite der Kissen mit zusätzlicher Wärmedämmung aufgebracht wurde. Ein neu entwickeltes, über 4 m frei tragendes Doppelkederprofil fasst beide Materialien in einem gemeinsamen und damit deutlich schlankeren Profil zusammen (Abb. E 5.12). Einsatz von zusätzlichen Wärmedämmstoffen in Folien- und Membrankonstruktionen Einer der wesentlichen Vorteile von textilen Materialien besteht in der Kombination von besonderen konstruktiven Optionen (beispielsweise großen Spannweiten und außergewöhnlichen Formen) bei gleichzeitig hoher Lichtdurchlässigkeit. Daher ist man oft bemüht, letztere Eigenschaft nicht opfern zu müssen, wenn es zusätzlich Wärmeschutzanforderungen zu erfüllen gilt. Dies führt dazu, dass transluzente, also lichtdurchlässige Wärmedämmstoffe einen Betrachtungsschwerpunkt bilden. Dabei besteht ein grundsätzlicher Zusammenhang zwischen U-Wert und möglicher Lichttransmission: Erhöht sich die Dämmstoffschicht, sinkt die mit diesem Aufbau erzielbare Lichttransmission. Auf der anderen Seite gibt es auch mit konventionellen, opaken Dämmstoffen ausgeführte Beispiele, denn nicht immer sind lichtdurchlässige Strukturen gewünscht. Besonders Veranstaltungsräume erfordern oft einen opaken Raumabschluss. Für das zweilagige PVC-Membrandach der 1994 fertiggestellten Kurklinik Masserberg kam beispielsweise Mineralwolle mit einer Dicke von 2 ≈ 8 cm und versetzten Stößen zum Einsatz, die mit einer PE-Folie abgedeckt wurde. Über punktförmige Hart-PVCHalter zur Hinterlüftung fixiert hält die Dämmung überall einen Mindestabstand von 50 cm zur Oberlage ein. Einen sehr ähnlichen Aufbau zeigt das Dach des Musical Dome in Köln (1996). Mit 16 cm Mineralwolle erreicht der Dachaufbau einen U-Wert von ca. 0,23 W/m2K bei einem mittleren Schalldämmmaß von 45 dB. Das Kulturzentrum Puchheim (1999) hat einen komplexen Dachaufbau mit zwei Lagen sandgefülltem Distanzgewebe von je 20 mm Stärke und zwei Lagen Mineralfaserdämmung mit 8 und 10 cm. Diese Konstruktion weist einen U-Wert von ca. 0,2 W/m2K und einen Schalldämmwert von ca. 51 dB auf. Alle drei Dächer sind vollkommen opak. Wie bei allen Dämmmaßnahmen ist auch im Membranbau auf bauphysikalische Aspekte zu achten, insbesondere auf möglichen Tauwasserausfall vor allem bei Wärmebrücken z. B. im Bereich von Fixierungen, Durchdringungen und Randanschlüssen. Oft und gerade bei älteren Reflexion solar Rsol (direkt) Transmission visuell Tvis (direkt) g-Wert E 5.12 E 5.8 E 5.9 E 5.10 E 5.11 E 5.12 E 5.13 E 5.14 unterschiedliche Konvektion a horizontale und vertikale Kissen b zwei- und mehrlagige Kissen c Kissen mit verschweißten Lagen d Kissen mit getrennten Lagen Klemmprofil Uf-Wert 4,26 W/m2K / Ψ-Wert 0,06 W/mK, La Miroiterie, Lausanne (CH) 2007, Brauen + Wälchli U-Werte für Folienkonstruktionen mit verschiedener Lagenanzahl, Ausrichtung und a Wärmestrom (WS) aufwärts b Wärmestrom abwärts c Wärmestrom horizontal Gartenpavillon, Alnwick (UK) 2006, Hopkins Architects Gartenpavillon, Klemmprofil U-Werte für den Winterfall Beispielabschätzung für den Einfluss der Randklemmung auf den Gesamt-U-Wert eines Folienkissens: UKissenmitte = 2 W/m2K (z. B. ETFE-Folienkissen, dreilagig) UKlemmung = 5 W/m2K Klemmbreite = 4 cm Kissenfläche: 5 ≈ 30 m = 150 m2 Länge Klemmung: 70 m Fläche Klemmung: 2,80 m2 Flächenanteil Klemmung: 1,86 % Uges = 98,14 % ≈ 2 + 1,86 % ≈ 5 = 2,06 W/m2K relative Veränderung: ca. + 3 % U-Wert Material / Materialkombination Transmisson solar Tsol (direkt) 1 EFTE-Folie 200 μm klar 92 % 4% 2 EFTE-Folie 150 μm, 5 mm Punktrasterdruck 60 % 25 % 3 Glas-PTFE 0,5 mm 16 % 77 % 1+1 84 % 81 % 85 % 3 W/m2K 1+1+1 77 % 73 % 80 % 2 W/m2K 3+1+2 12 % 14 % 2 W/m2K 3+1+1+1 14 % 15 % 1,5 W/m2K 5m 8 cm E 5.13 4 cm 30 m E 5.14 217
Komplexe Gebäudehüllen Beispielen ist der tatsächliche Lichtdurchgang bei transluzent gedämmten Membrankonstruktionen äußerst gering (z. B. im Bereich um 1 %), was im Hinblick auf den damit reduzierten Wärmestrahlungseintrag auch von Vorteil sein kann. Beispielhaft für ein solches Gebäude ist die Olympiaschwimmhalle in München aus dem Jahr 1972, die eines der geschlossenen Raumvolumen unter dem berühmten Olympiadach bildet. Von 2003 bis 2006 wurde die gedämmte Abhangdecke (ca. 8250 m2) der Schwimmhalle erneuert (Abb. E 5.17 a). Abb. E 5.16 zeigt die gedämmte Membrankonstruktion nach der Sanierungsmaßnahme in den maßgeblichen Schnitten. Unter dem außen liegenden mit Acrylglas (PMMA) gedeckten Seilnetzdach befindet sich nun eine neue Abhangdecke mit folgendem Aufbau: Den inneren Raumabschluß bildet eine Polyester-PVC-Membran. Darüber liegt eine Dämmung aus zwei Lagen à 35 mm imprägnierten Polyestervlies mit versetzten Stößen und einem aktiven Lüftungssystem zur kontrollierten Entlüftung der Dämmebene. Eine ETFE-Folie dient als Abdichtung unter dem PMMA-gedeckten Seilnetz. Der Dachaufbau hat eine Gesamtlichttransmission von ca.1,5 %. Die Nutzungsart Hallenbad mit großen Temperaturunterschieden zwischen innen und außen, der erheblichen Innenraumfeuchte und der korrosiven Atmosphäre stellt sehr hohe Anforderungen an die Konstruktion. Durch das Zwangslüftungssystem, das eine Durchfeuchtung des Aufbaus verhindert, verschlechtert sich der U-Wert unter Winterbedingungen (außen -5 °C, innen +30 °C) durch erhöhte Konvektion und damit geringere Wärmeübergangswiderstände von 0,42 W/m2K auf ca. 0,47 W/m2K. Im Rahmen der Sanierung wurde außerdem die ursprüngliche Acrylglas-Schürze im ca. 400 m langen Anschlussbereich der Pfosten-RiegelFassade an das Membrandach ersetzt. Bewegungen bis 1,5 m, die an dieser Stelle auftreten, nimmt nun ein pneumatisch stabilisierter, beweglicher ETFE-Schlauch auf, der gleichzeitig einen dichten und wärmedämmenden Übergang zwischen der fest stehenden Verglasung und dem ständig in Bewegung befindlichen Dach bildet (Abb. E 5.17 b). Zusammenfassend lassen sich folgende wesentlichen Aspekte und Hinweise im Hinblick auf gedämmte Membrankonstruktionen benennen: • Transluzente Wärmedämmung ermöglicht eine gewisse Lichttransmission durch den Gesamtaufbau. Diese ist in der Regel diffus, daher sind Blendungseffekte zu berücksichtigen. • Dämmung sollte möglichst zweilagig mit versetzten Stößen eingesetzt werden. Dies dient zur Reduktion von Wärmebrücken durch mögliche Spalte und Versätze. • Anforderungen an den Dämmstoff können (je nach Anwendung) sein: Flexiblität, Temperatur- und Feuchtebeständigkeit, Transluzenz, Begehbarkeit (Montage, Wartung), 218 UV-Beständigkeit, geringe Wasseraufnahme. • Membranen und Folien sind nicht dampfdicht, daher ist das Thema Tauwasserausfall und mögliche Durchfeuchtung der Dämmung genau zu untersuchen. Hier besteht die Möglichkeit, neben einer prinzipiellen Abnahme der Dampfdichtigkeit der Schichten von innen nach außen eine intensive Hinterlüftung (> 50 cm) vorzusehen. • Anforderungen an Brand- und Schallschutz sowie Raumakustik sind zu beachten. • Die Verbindung der Dämmung auf der Membran sollte wärmebrückenarm erfolgen. Dies geschieht meist durch eine mechanische Ausführung, z. B. mit speziellen Ankern. Flächige Verbindungen, z. B. durch Kleben, sind bisher nicht erprobt. • Bewegliche Randanschlüsse sind unverzichtbar. Membrankonstruktionen weisen auch im Randbereich zum Teil erhebliche Bewegungen 2 1 5 4 3 5 6 5 7 9 14 12 8 11 13 11 10 15 E 5.15 E 5.16 E 5.17 Übersicht zu U-Werten und Lichttransmission für verschiedene ausgeführte Membranprojekte Vertikalschnitt Membrandecke, Olympiaschwimmhalle, München (D) Sanierung 2006, Auer + Weber + Assoziierte, Behnisch Architekten mit Schlaich Bergermann und Partner (Tragwerksplanung) Olympiaschwimmhalle a transluzentes Membrandach b beweglicher Anschluß der Fassade an das Dach mit ETFE-Schlauch c Zwängungsfreie Durchstoßpunkte für die Seile der Abhängung des Beleuchtungsstegs 16 17 Projekt Wärmedämmung U-Wert [W/m2K]1 Lichttransmission Kurklinik in Masserberg 2 ≈ 8 cm Mineralwolle 0,23 W/m2K 0% 2 Kulturzentrum in Puchheim 8 + 10 cm Mineralwolle 0,2 W/m K 0% Sanierung der Olympiaschwimmhalle München Polyestervlies 2 ≈ 3,5 cm 0,42 W/m2K 1,5 % Dedmon Athletic Center Aerogel-Vlies zwischen Glas-PTFE, 5 cm 0,47 W/m2K 3,5 % Solar Decathlon Pavillon 2007 Atlanta Aerogel-Granulat zwischen ETFE-Folien, ca. 8 cm 0,25 W/m2K 15 % 1 alle U-Werte ohne Berücksichtung von Wärmebrückeneffekten und Systemzwangslüftungen (falls vorhanden) E 5.15
Komplexe Gebäudehüllen 28 3 27 7 8 26 13 11 12 18 19 20 21 25 24 23 22 E 5.16 Schnitt Maßstab 1:10 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 a Punkthalter Acrylglas Ø 78 mm Sogsicherung Punkthalter Stahlseil Ø 3 mm Acrylglasplatten B 1 transparent 10 mm Fugenband Chloropren Breite 140 mm tragendes Seilnetz Spiralseil Stahl 2≈ Ø 10 mm Seilklemme auf Traverse verschieblich Traverse Stahlrohr ¡ 100/50/6,3 mm Spannschloss 10 mm Spreize Rundstahl Ø 40 mm Randprofil Rundstahl Ø 65 mm, Länge 1500 mm 11 inneres abgehängtes Membrandach tragende Schicht Polyestergewebe PVC beschichtet transluzent 12 Polyester-Dämmvlies transluzent 2≈ 35 mm mit versetzten Stößen, luftdurchströmt 13 Abdichtung ETFE-Folie transparent 14 Vogelschutznetz Polyamid Maschenweite 30 ≈ 30 mm 15 ETFE-Pneu zweilagig, Höhe variabel 16 Stahlfassade IPE 200 17 Isolierverglasung 45 mm 18 Belüftung anstelle Dampfsperre Stichleitung Ø 20 mm entlang der Stege Bohrung Ø 1 mm alle 2000 mm b warme vorkonditionierte Luft ca. 2 –3 bar PVC-Steg auf jeder Flächennaht Klemmprofil Befestigung ETFE-Folie gegen Sog Auslassöffnung Belüftung Polypropylen Ø 12 mm Klemmteller Kleeblatt 300 mm Kleeblatt-Abhängung Federstahl Ø 25 mm Abhängung Beleuchtungssteg Stahlseil 10 mm Klemmring Aluminium 8 mm Ø 220 mm Trichtermanschette PVC mit Tragmembrane verschweißt 27 Hochpunkt Ringträger Ø 4000 mm Stahlrohr Ø 273 mm/8 mm 28 Abhängung vom Seiltragwerk Stahlseil Ø 22 mm 19 20 21 22 23 24 25 26 c E 5.17 219
Komplexe Gebäudehüllen Materialstärke Aerogel-Granulat [cm] Eigenschaften Lichttransg-Wert mission U-Wert [W/m2K] 1,3 cm 73 % 0,73 1,4 2,5 cm 53 % 0,52 0,7 3,1 cm 45 % 0,43 0,57 3,8 cm 39 % 0,39 0,47 5,0 cm 28 % 0,26 0,35 5,4 cm 21 % 0,21 0,28 Eigenschaften von Aerogel-Vlies im unkomprimierten Zustand Dicke 3,5 mm und 8 mm Rollenbreite 56 cm Rollenlänge bis 100 m Wärmeleitfähigkeit 0,021 mW/mK bei einer Durchschnittstemperatur von 12,5 °C a 0,0235 mW/mK bei einer Durchschnittstemperatur von 37,5 °C 0,025 mW/mK bei einer Durchschnittstemperatur von 62,5 °C ca. 75 kg/m3 Rohdichte E 5.18 E 5.19 auf (Winddruck und sogenannte thermische Ausdehnung), die im Bereich der Übergänge, z. B. zu starren Fassaden, konstruktiv aufgenommen werden müssen. Wie am Beispiel der Olympiaschwimmhalle München erläutert, kann dies z. B. durch kissenartige Anschlüsse gelöst werden, die in hohem Maß Bewegungen aufnehmen können und gleichzeitig einen gewissen Wärmeschutz bieten. Granulate hingegen auch für den Einsatz als transluzente Wärmedämmung in Membrankonstruktionen infrage kommen. Neben den energetischen Aspekten sind die gestalterischen Qualitäten von Interesse. Die lichtstreuenden Eigenschaften des Aerogels sorgen nicht nur für eine homogene Untersicht, sondern auch für angenehme, blendfreie Lichtverhältnisse im Innenraum. Für eine Anwendung im Bereich der pneumatischen ETFE-Kissenkonstruktionen, bei der die Ausnutzung des natürlichen Lichts eine Rolle spielt, kommt daher in erster Linie transluzentes Aerogel-Granulat infrage. Die ETFE-Folie wie auch deren Randfügebereich sind nicht dampfdicht, daher können folglich geringe Mengen Wasserdampf in die dämmende Ebene eindringen. Dank seiner hydrophoben Eigenschaften bindet das Aerogel-Granulat das Wasser nicht, sodass es wieder aus der dämmenden Ebene ausdiffundieren kann. Aufgrund der guten Dämmeigenschaften des Aerogels wird die Innenseite der Konstruktion jedoch in der Regel nicht so kalt, dass dort Tauwasser anfallen kann. Durch die Verwendung von Aerogel in Verbindung mit einer ETFE-Kissenkonstruktion stellte das speziell entwickelte Dach des Georgia Institute of Technology für den Solar Decathlon 2007 eine weltweite Novität dar. In der hochgedämmten, semitransparenten Deckenkonstruktion kamen die hervorragenden energietechnischen wie ästhetischen Eigenschaften von Aerogel beispielhaft zum Tragen. Aerogele im Membranbau Ein vergleichsweise neues Thema stellt der Einsatz von hochtransluzentem Aerogel-Granulat im Membranbau dar (Abb. C 6.17, S. 112). Dieses Hochleistungsmaterial hat nicht nur hervorragende wärmedämmende Eigenschaften, sondern ist im Gegensatz zu den meisten herkömmlichen Dämmstoffen auch transluzent (siehe Transparente Wärmedämmung, S. 112). Bei Folienkonstruktionen sind, wie auch im Bauen mit textilen Werkstoffen, opake Dämmmaterialien meist unerwünscht. Der Lichttransmissionsgrad einer Aerogelschicht beträgt ca. 80 % pro cm Einbaustärke; die Dämmeigenschaften bezogen auf die Schichtstärke sind etwa doppelt so gut wie die von Polystyrolschaum vergleichbarer Dicke. Bei einer Einbaustärke von lediglich 3 cm lässt sich ein U-Wert von 0,57 W/m2K bei einem Lichttransmissionsgrad der Schicht von 45 % erreichen (Abb. E 5.18). Silica-Aerogele sind als Pulver, Granulat und als monolithische Blöcke verfügbar, wobei Pulver nur für opake Anwendungen geeignet sind, b 1 2 3 4 1 2 3 4 5 6 6 a 220 b 5 E 5.21 E 5.20 Um die konstruktiven Elemente des Dachs so einfach wie möglich gestalten zu können, teilten die Planer den Aufbau in zwei nach Funktionen getrennte Ebenen. Die untere Ebene, die zugleich den Raumabschluss bildet, besteht aus neun hochdämmenden Deckenpaneelen mit einer Größe von 4,00 ≈ 1,50 m. Ihre im Querschnitt optimierte, thermisch getrennte Holzrahmenkonstruktion ist mit ETFE-Folie bespannt und mit Aerogel befüllt (Abb. E 5.21 a). So entsteht eine Lichtdecke mit einem über die gesamte Ansichtsfläche des Paneels homogenen Erscheinungsbild bei einem Lichtdurchlassgrad von ca. 15 % und einem U-Wert von unter 0,3 W/m2K. Als obere, lediglich dem Witterungsschutz dienende Ebene des Dachs dient eine mit ETFE bespannte Bogenkonstruktion (Abb. E 5.21 b). Da diese von der dämmenden Ebene unabhängig ist und eine geringe Spannweite von 1,50 m aufweist, konnte sie entsprechend einfach (ohne Zuschnitt) und mit reduzierten Querschnitten realisiert werden, was sowohl für den Transport zur Baustelle als auch für die Handhabung während des Einbaus von Vorteil war. Resultat ist eine verhältnismäßig leichte und hochdämmende Deckenkonstruktion, die aufgrund ihrer Transluzenz das zur Verfügung stehende Tageslichtangebot optimal ausnutzt. Da das Aerogel in einem horizontalen Deckenelement eingebaut wurde, das durch die Bespannung mit ETFE sogar unter leichtem Druck steht, bleibt es an Ort und Stelle. Ein ästethisch Photovoltaikmodul Unterkonstruktion für Photovoltaik Witterungsschutz ETFE-Folie 250 μm Stahlrohr verzinkt | 50/50 mm Aerogel-Paneel 4,00 ≈ 1,50 m ETFE-Folie 250 μm Silika-Aerogel 70 mm ETFE-Folie 250 μm Holzrahmen, Fichte 60/60 mm Tragkonstruktion Holzbalken 60 /240 mm
Komplexe Gebäudehüllen problematisches langsames Absacken der Aerogelfüllung, wie dies als Effekt bei geneigten Isoliergläsern durch das sogenannte Pumpen der Scheiben auftreten kann, ist damit sicher ausgeschlossen. Im Hinblick auf den Sonnenschutz ist ergänzend hinzuzufügen, dass im Fall der transluzenten Decke für den Pavillon des Georgia Institute of Technology ein Großteil der solaren Strahlung von über der Lichtdecke installierten Photovoltaik-Modulen ausgeblendet wurde (Abb. E 5.21 b). Aerogel-Vlies als weitere Option Bei mechanisch gespannten Konstruktionen kommt aufgrund des fehlenden stabilisierenden Überdrucks eine weitere Variante der Aerogel-Dämmung zur Ausführung. Dabei handelt es sich um ein aus Zweikomponentenfasern bestehendes Vlies, das mit Aerogel-Partikeln versetzt ist. So entsteht eine flexible und druckfeste Matte, die sehr gute Dämmeigenschaften aufweist (Abb. E 5.19). Dieses Vlies kann sowohl in Verbindung mit transparenten ETFE-Folien als auch mit transluzenten Membranmaterialien wie PTFE-beschichtetem Glasfasergewebe (Abb. E 5.22 a und b) verwendet werden. Die transluzente Dämmlage wird dabei vorzugsweise direkt auf der unteren Membran eingebaut und reduziert die Lichttransmission nur unerheblich. Im Vergleich zu granularem Material entfällt die Schwierigkeit der gleichmäßigen Verteilung. Gegenüber der mit Granulat erreichbaren sehr homogenen Optik können sich allerdings die Stoßkanten der einzelnen Bahnen der Rollenware optisch störend abzeichnen. Vor allem bei Folienkonstruktionen aus transparentem ETFE kann dieser Effekt unerwünscht sein. Abhilfe schafft in diesem Fall der Einbau von zwei oder mehreren Lagen des Vlieses mit versetzten Stößen. Dies ist auch sinnvoll, um eine Schwächung in der Dämmschicht durch die linearen Wärmebrücken der stumpfen Stöße zu vermeiden. Der gewünschte U-Wert lässt sich durch unterschiedlich verfügbare Vliesstärken und deren mögliche mehrlagige Kombination in feinen Schritten einstellen. Ein erstes Projekt, in dem das beschriebene Aerogel-Vlies in Kombination mit PTFE /Glas in der Gebäudehülle eingesetzt wurde, ist das 4800 m2 große wärmegedämmte Membrandach des Dedmon Athletic Center der Universität in Radford (Abb. E 5.23). Es ersetzt die einlagige Ausführung von 1981 und erzielt bei einer Stärke von weniger als 50 mm einen U-Wert von 0,47 W/m2K bei einer Lichttransmission von 3,5 %. Schaltbarer Sonnenschutz für Folienkissen Bei Folienkissen mit mindestens drei Lagen ergibt sich aufgrund der Kissengeometrie die besondere Möglichkeit, die Mittellage »schaltbar« auszuführen. Die Ober- und Mittellage verfügen hierbei über eine rasterartige Bedruckung (z. B. mit einem Schachbrettmuster), die sich im Überlagerungsfall durch einen Versatz zwischen den Mustern so ergänzt, dass sich die Strahlungstransmission deutlich reduziert (Abb. E 5.20 a und b). Hierzu wird durch eine getrennte Drucksteuerung der beiden Kissenkammern die Mittellage entweder »umgeschlagen«, d. h. sie wird von einer Position unterhalb der geometrischen Kissenmittellinie über eine spannungslose Zwischenphase nach oben gehoben und mit einem entsprechenden Musterversatz gegen die Oberlage gedrückt. In einer alternativen Variante kann sich die Mittellage auch von einer Position mit geringem Abstand unterhalb der Oberlage durch die sich über eine Druckerhöhung in der unteren Kammer einstellende, aber noch reversible, weitere Dehnung gegen die Oberlage legen. Es ist allerdings höchst komplex, für die beschriebenen Varianten die beiden Folienlagen so zu konfektionieren (im Zuschnitt und in der Fertigung), dass die Muster sich im eingebauten Zustand tatsächlich wie geplant überlagern. Denn nur dann sind die erzielten g-Werte nennenswert unterschiedlich und damit die gewünschte schaltbare Verschattung erreichbar. Außerdem ist zu beachten, dass die Wirkung zusätzlich vom Reflexionsverhalten der eingesetzten Bedruckung abhängt und dass es durch die räumlich veränderbare Mittellage unter anderem auch zu unterschiedlichen U-Werten für die beiden Schaltzustände kommen kann. Beispiel für eine Fassadenlösung mit hohem Wärmeschutz bei hoher Lichttransmission Für die Fassade des Geschäftshauses La Miroiterie in Lausanne, das für die Unterbringung hochwertiger Läden konzeptioniert wurde, kam eine vierlagige transluzente Kissenkonstruktion mit einem PTFE-Glas-Gewebe außen und drei dahinterliegenden Lagen ETFEFolie zum Einsatz (Abb. E 5.24, S. 222). Die Fassade mit einer Fläche von 900 m2 besitzt eine Stahlstruktur, deren Diagonalen die Geschossdecken aussteifen und – mit annähernd rechtwinkligen gleichschenkligen Dreiecken – zu einem kleinen Teil auch mit Glas ausgefüllt ist. In den Membranfeldern wird ein U-Wert von 1,3 W/m2K bei einer Lichttransmission von ca. 15 % erreicht. Das außen liegende Gewebematerial führt zu einer textilen Erscheinung des Gebäudes. Durch den hohen Transmissionsgrad wird das Haus tagsüber mit Tageslicht versorgt, nachts leuchtet es durch die stark streuende äußere Membranlage sehr gleichmäßig und hell. Bemerkenswert bei diesem Projekt ist auch die Luftversorgung der Kissen, die auf einem Umluftsystem basiert (Abb. E 5.24 b, S. 222 und E 3.13, S. 193; siehe auch Luftversorgung von pneumatischen Konstruktionen, S. 192ff). a PTFE-Membrane 2 Lagen Aerogel-Vlies Stöße versetzt PTFE-Membrane b E 5.18 E 5.19 E 5.20 E 5.21 E 5.22 E 5.23 E 5.22 Eigenschaften von transluzentem Aerogel-Granulat Eigenschaften von Aerogel-Vlies Prinzip einer schaltbaren Mittellage in Folienkissen a geschlossene Position b offene Position Solar Decathlon Pavillon des Georgia Institute of Technology, Atlanta (USA) 2007 a Dachaufsicht der eingebauten AerogelPaneelen mit darüberliegender ETFE-Folienschicht b Schnitt Dachkonstruktion, Maßstab 1:20 Einsatz von Aerogel-Vlies als Dämmschicht zwischen zwei Membranlagen a Materialien b Prinzip wärmegedämmtes Membrandach, Dedmon Athletic Center der Universität Radford (USA) 2009 Membranen als Material für Zweite-Haut-Fassaden Bisher eher selten verwendet sind Membranmaterialien für die äußere Schale in ZweiteHaut-Fassaden. Da dieses Thema diverse neue Optionen bereithält und ein bisher keineswegs ausgeschöpftes oder vollständig absehbares E 5.23 221
Komplexe Gebäudehüllen a b c Potenzial bietet, ist es derzeit Gegenstand diverser Forschungsprojekte. Hierbei steht weniger eine Verbesserung im Bereich Schallschutz im Vordergrund, für den Membranen wenig geeignet sind, sondern vielmehr energetische und nutzungsbezogene Aspekte – beim Unilever-Gebäude in der Hafen-City Hamburg z. B. die Sicherstellung der Funktion des außen liegenden Sonnenschutzes auch bei starkem Wind (Abb. C 6.1, S. 108). Durch das äußerst geringe Eigengewicht von Membranen liegt ein wesentlicher Betrachtungsschwerpunkt auf dem Thema Bestandsertüchtigung. temperaturbereich als Pufferzone, der sich durch regulierbare, verglaste Klappen im Sockel- und Dachbereich natürlich belüften lässt. Die zweite Haut hat eine Fläche von ca. 1550 m2 und wurde aus vorgespannten ETFE-Folien mit einem speziell dafür entwickelten, nachspannbaren Befestigungssystem mit minimierten Klemmprofilen ausgeführt. Eine Bedruckung der transparenten Folien mit einem silberfarbenen Punktraster dient dem Sonnenschutz und der Lichtstreuung sowie -reflexion. Diese wird vom Betrachter erst bei Dunkelheit im Kunstlicht als immateriell wirkende Ebene wahrgenommen. Aber auch bei anderen Glasanwendungen erhöhen Kunststoffe die Leistungsfähigkeit. Nachträglich aufgebrachte Folien beispielsweise verbessern die Eigenschaften von Verglasungen im Bestand (Abb. E 5.26 a 1, 2). Durch gespannte und selektive low-E-beschichtete Folien im Scheibenzwischenraum lassen sich Isoliergläser herstellen, die in der Leistungsfähigkeit reinen Glaslösungen entsprechen, aber erheblich weniger Gewicht und eine geringere Einbaustärke aufweisen (Abb. E 5.26 b 4). In den Scheibenzwischenraum eingebaute Wickelmechanismen verwandeln solche Folien in einen bewegbaren Sonnenschutz (Abb. E 5.26 b 5). Aufgrund der äußerst geringen Wärmespeicherkapazität der sehr dünnen Folien ist der sekundäre Strahlungswärmetransport ausgesprochen gering. Die Geometrien von optimierten und daher komplexen Lichtlenkelementen im Scheibenzwischenraum lassen sich wirtschaftlich überhaupt nur in Kunststoff umsetzen, oft durch Strangpressen (Abb. E 5.26 c 7) oder durch Spritzgießen (Abb. E 5.26 c 8). Diese werden dann in einem zweiten Schritt entsprechend den Anforderungen oberflächenbehandelt, z. B. durch Aluminiumbedampfen hochreflektierend ausgebildet. Da sich die Elemente im Scheibenzwischenraum in einer Schutzatmosphäre aus getrockneter Luft und gegebenenfalls Edelgasen befinden, bleiben diese Eigenschaften über einen sehr langen Zeitraum erhalten (Abb. C 6.34 und C 6.35, S. 117). Eines der ersten Beispiele, bei denen ETFEFolien für eine solche Anwendung eingesetzt wurden, ist das Zentrum für Gerontologie in Bad Tölz (Abb. E 5.25). Über einer Ladenzone befinden sich Büros in den Obergeschossen. Besonderes Merkmal ist die breite vertikale Erschließungsebene, die auf der Außenseite der thermischen Trennebene angeordnet ist. Diesen Bereich, über den die einzelnen Büros und Läden zu erreichen sind, schützt eine zweite Haut mit dahinterliegendem verfahrbaren Verschattungssystem vor der Witterung. Als hochtransparente Membranfassade mit einer sehr reduzierten Unterkonstruktion ausgebildet, beeinträchtigt sie die Blickbeziehung zwischen innen und außen nur minimal. Zudem schafft diese »Klimahülle« einen frostfreien und energiesparenden Zwischen- Kunststoff-Glas-Kombinationen Einlagige Verglasungen aus Guss- oder Floatglas sind für den Einsatz in der Gebäudehülle in den meisten Fällen nicht ausreichend. Um die Leistungsfähigkeit von Verglasungen zu steigern, wird nahezu immer Kunststoff eingesetzt, z. B. im Bereich des Randverbunds von wärmedämmenden Mehrscheibenverglasungen. Soll die Glaskante selbst im Hinblick auf die lineare Wärmeleitfähigkeit optimiert werden (sogenannte Warm-Edge-Lösungen), wird der Kunststoffanteil sogar nochmals erhöht, z. B. bei der TPS-Lösung (Thermo Plastic Spacer) oder durch den Einsatz von Silikonschäumen. E 5.24 E 5.25 E 5.26 E 5.25 222 Geschäftshaus La Miroiterie, Lausanne (CH) 2007, Brauen + Wälchli a transluzente Fassade bei Nacht b Fassade von Innen c Luftversorgungssystem der Kissen Zentrum für Gerontologie, Bad Tölz (D) 2003, D. J. Siegert Beispiele für die Werkstoffkombination von Kunststoffen und Glas im Bereich von Gebäudeverglasungen a Klebefolien für Isolierglas 1 innenseitig aufgebracht, z. B. zur Reduktion der Durchsicht oder zur Reflexion von Wärmestrahlung 2 außenseitig aufbracht, z. B. zur Reduktion der solaren Einstrahlung b beschichtete Folien im Scheibenzwischenraum 3 zur Verbesserung der Wärmedämmung 4 wie 3, aber mit zwei Folien E 5.27 E 5.24 5 bewegbar, z. B. als integriertes Rollo c Lichtlenksysteme im Scheibenraum 6 Prismenplatte 7 Umlenklamellen 8 3D-Lichtlenkraster d Klebefolie zwischen zwei Glasscheiben 9 Aufbau eines Verbundsicherheitsglases 10 Isolierverglasung aus Verbundsicherheitsglas e laminierte Verglasung aus Glas- und PMMAScheiben f transparente Kunststoffplatte (z. B. aus PMMA) mit einer außenseitig aufgebrachten dünnen Glasscheibe FoilGlass-Konzept a FoilGlass-Profil aus Kunststoff zur Verbindung von ETFE-Folie und Glas b Klemmprofillösung für die FoilGlass-Elemente c Dach eines Gewächshauses
Komplexe Gebäudehüllen 1 a 2 3 4 5 6 b Folien spielen auch eine entscheidende Rolle in der Herstellung von Verbundsicherheitsglas (VSG). Hier werden Scheiben aus Floatglas, vorgespanntem Einscheibensicherheitsglas (ESG) oder teilvorgespanntem Glas (TVG) mittels spezieller Klebefolien, meist aus 0,38 mm Polyvinylbutyral (PVB), in einem Autoklaven unter Einwirkung von Hitze und Druck (> 100 °C, > 10 bar) zu einem Verbund verklebt. Die Klebefolien, die in verschiedenen Ausführungen verfügbar sind (transparent, transluzent, opak, eingefärbt, mit Mustern usw.), schmelzen dabei auf. In die Klebefuge kann weiteres Material einlaminiert werden, z. B. selektiv beschichtete PET-Folien, wie dies bei der Herstellung von Windschutzscheiben für Autos üblich ist, um den solaren Wärmeeintrag deutlich zu reduzieren. Statt PVB können auch andere Polymere als Klebefolien verwendet werden, die z. T. über deutlich höhere Anfangssteifigkeiten und Festigkeiten verfügen. Für Überkopfverglasungen mit besonderen Sicherheitsanforderungen dient häufig zu Isolierglas verarbeitetes VSG (Abb. E 5.26 d 10). Als Zwischenschichten für alle anderen Arten von Verbundglas eignen sich z. B. Reaktionsharze für Schallschutzgläser, Gel-Zwischenschichten für Brandschutzgläser oder Gewebeeinlagen zwischen PVB-Folien. Mittels anderer Klebstoffe, bisher meist Ethylene Vinyl Acetate (EVA), können auch dickere Elemente wie PVSolarmodule eingebettet werden. 7 8 9 c d Einsatzgebiete für derart laminierte Gläser sind außerdem diverse Sicherheitssonderverglasungen (z. B. durchbruch- oder durchschusshemmende Verglasungen). Mit dem Austausch einer oder mehrerer Glaslagen durch transparente PMMA-Platten (Abb. E 5.26 e) lässt sich bis zu 50 % Gewicht sparen. Für einige Anwendungen stellen neben der geringeren chemischen Beständigkeit vor allem die reduzierte Oberflächenhärte von Kunststoffen Nachteile im Dauereinsatz dar. Das kann z. B. dazu führen, dass optische Beeinträchtigungen durch Verkratzen auftreten. Sehr dünne, auflaminierte Glasscheiben können in diesem Fall helfen, die Oberflächeneigenschaften von Kunststoffplatten zu verbessern (Abb. E 5.26 f). Glas-ETFE-Folien-Kombinationen Unter dem Namen »FoilGlass« wird derzeit eine Entwicklung vorangetrieben, bei der Glas (stets ESG) als Tragelement im Zusammenhang mit einer oder zwei ETFE-Folien zur Verbesserung der Dämmeigenschaften (durch die Mehrschaligkeit) eingesetzt wird, wobei die Folie im Überkopfbereich auch eine Sicherungsfunktionen übernehmen kann. Zudem ist das System schaltbar, d. h. der Wärmeschutz kann durch Ansaugen der Folie auf die Verglasung minimiert werden (Abb. E 5.27 b). Diese Entwicklung, für die es erste Anwendungsbeispiele gibt, zielt derzeit vorrangig auf den Einsatz in Gewächshäusern ab (Abb. 10 e f E 5.26 E 5.27 c). Hier profitiert man in erster Linie vom günstigen Anschmutzverhalten der ETFE-Folie außen und dem guten, dauerhaften Kondensatverhalten von Glas auf der Innenseite. Aber auch generell im Architekturbereich eröffnet sie neue Optionen – vor allem als Überkopfverglasung. Beidseits der Verglasung sind dabei ETFE-Folien angeordnet. Für die Verbindung von Glas und Folien wurde ein spezielles Randprofil aus Kunststoff entwickelt (Abb. E 5.27 a). Da ESG die mehrfache Festigkeit von Floatglas oder VSG und eine deutlich höhere zulässige Durchbiegung aufweist, sind größere Scheibenabmessungen bei geringerem Gewicht als bei konventioneller Überkopfverglasung realisierbar, im Fall von Glasbruch stellt die ETFE-Folie die erforderliche Resttragfähigkeit sicher. Solche Verglasungen nach dem FoilGlass-Prinzip können mit einer im Hinblick auf die mögliche Wärmedämmwirkung sehr hohen UVB-Transparenz ausgeführt werden (siehe Treibhauseffekt, S. 114f.), was bei bepflanzten Bereichen oder Freizeitanlagen vorteilhaft sein kann. Bei der Anlage Cramer z. B. kann die Wärmedämmung innerhalb von ca. 15 Minuten anund ausgeschaltet werden (Abb. E 5.27 c). Die Folie ist in beiden Schaltstellung windstabil: Entweder wird sie durch den Überdruck im System stabilisiert oder sie liegt durch Unterdruck an der Scheibe an und kann daher nicht flattern. 1 3 4 2 1 ETFE-Folie 2 ESG 1 2 3 Kunststoffprofil 4 Luftzufuhr 3 4 1 a b c E 5.27 223

Teil F Abb. F handlaminierte GFK-Paneele, Mobile Art – Chanel Contemporary Art Container, Zaha Hadid Architects Gebaute Beispiele im Detail 01 Baar-Baarenfels, Fassadengestaltung und Innenausstattung in Wien (A) 226 02 Marco Serra, Empfangsgebäude in Basel (CH) 229 03 Foster + Partners, Büro- und Geschäftshaus »The Walbrook« in London (GB) 232 04 Takeshi Hosaka, Wohnhaus in Minamituru-gunn (J) 234 05 Atelier Architecture King Kong, Seeko'o Hotel in Bordeaux (F) 236 06 Pfeifer Roser Kuhn, Wohnhaus in Müllheim (D) 237 07 Squire and Partners, Flagship Store und Firmenzentrale in London (GB) 240 08 Selgas Cano, Bürogebäude in Madrid (E) 243 09 KHR arkitekter, Firmenzentrale in Middelfart (DK) 244 10 Deffner Voitländer, Wohn- und Bürohaus in Dachau (D) 245 11 Zaha Hadid Architects, Mobile Art – Chanel Contemporary Art Container 248 12 raumlaborberlin, Mobiler Aktionsraum 252 13 Jabornegg & Pálffy, Bankgebäude in Bratislava (SK) 253 14 Promontorio Architetcts, Einkaufszentrum in Amadora (P) 256 15 L35 /Ganz & Muller Architectes Associés /GM2A Architectes, Freizeitzentrum in Neydens (F) 258 16 Herzog + Partner, Trainingshalle der Bergwacht in Bad Tölz (D) 260 17 SBA Architekten, Überdachung der Erschließungsachse der Weltausstellung in Shanghai (CN) 262 18 hg merz architekten museumsgestalter, Gedenkstätte in Sachsenhausen (D) 268 19 von Gerkan, Marg und Partner, Olympiastadion in Berlin (D) 270 20 Foster + Partners, Sanierung und Umbau Hauptbahnhof in Dresden (D) 273 21 Murphy/Jahn, Passagier-Terminal-Komplex Suvarnabhumi International Airport in Bangkok (T) 277 22 Behnisch Architekten, Forumüberdachung in Kolbermoor (D) 280 23 Nikolai Kugel Architekten, Freilufttheater Festungsarena Josefsburg in Kufstein (A) 282 225
Beispiel 01 Fassadengestaltung und Innenausstattung Modeboutique Sportalm 6 7 7 5 Wien, A 2009 1 2 3 4 5 6 7 a 3 4 Architekten: Baar-Baarenfels, Wien Mitarbeiter: Petr Vokal, Martin Reis, Bernhard Trummer, Utku Mutlu Tragwerksplanung: Werkraum Wien Verkaufsraum Schaufenster Technik Aufzug Lager Flur WC Grundriss Maßstab 1:250 Vertikalschnitt Horizontalschnitt Maßstab 1:20 3 3 1 2 a Die vorgehängte Fassade der Modeboutique mit ihrer wabenförmigen Struktur fällt auf im innerstädtischen Straßenbild. Der dynamische Verlauf des Rautenmusters verleiht der Fassadenebene eine optische Krümmung hin zum gläsernen Eingangsbereich. Erst dieser gibt den Blick ins Innere frei. Außen- und Innenverkleidung sind komplett in weiß gehalten und bestehen aus acrylgebundenem Mineralwerkstoff. Die Schaufensterscheibe ist ein Flächentragwerk aus einem rautenförmigen Edelstahlgitter, das durch geschlossene Hohlkörper ausgesteift wird. Diese sind frei angeordnet und zeigen sich als geschlossene Felder in der Fassade, die offenen sind verglast. Die Deckschale besteht aus vier verleimten Schichten Mineralwerkstoff, um die Tiefenstruktur mit ihren Stegen und abgerundeten Übergängen zu erreichen. Die mit einer CNC-Fräse profilierten Fassadenbahnen wurden anschließend mit dem Traggerüst verklebt. Die Stufenfälze an den Stößen vergrößern die Verbindungsfläche und reduzieren die durchgehende Fugentiefe um die Hälfte. Größe und Gewicht des Fassadenelements erlaubten die komplette Vorfertigung in der Werkstatt. Der Übergang von außen nach innen ist fließend. Der Verkaufsraum zeigt sich in Anlehnung an die Firmenphilosophie als abstrakte, plastisch geformte Winterlandschaft. Die weiße Wandverkleidung besteht aus vollflächig verklebten Mineralwerkstoffplatten. Durch das Herausdrehen von Wandabschnitten aus der Vertikalen in die Horizontale entstehen Regale, die an ihrer Unterseite die Aufhängevorrichtung und die LED-Beleuchtung verbergen. Die Stahlunterkonstruktion gewährleistet die erforderliche Stabilität. Die achsial verdrehten Regalenden schaffen dynamische Übergänge. Sie bestehen aus thermisch geformten Hohlkörpern, die mit CNC-gefrästen Negativabbildungen ihre Form erhielten. Den einzigen farbigen Akzent im Innenraum setzt Makassarholz an den Rück- und Unterseiten der Regale. Der ungedämmte Schaufensterbereich dient als Klimapuffer und ist mechanisch belüftet. 9 8 16 10 11 15 • acrylgebundener Mineralwerkstoff als Fassadenscheibe • Innenverkleidung aus Mineralwerkstoff 226 12 bb 13 14 11 13
Fassadengestaltung und Innenausstattung Vertikalschnitt Maßstab 1:20 8 9 10 11 12 19 13 14 15 18 16 19 8 20 17 18 17 18 19 20 21 22 Stahlprofil | 40/40/3 mm Mineralwerkstoff geklebt 6 mm MDF-Platte 18 mm Unterkonstruktion Holz 40/40 mm Gipskarton 2≈ 12,5 mm Ständerprofil GK-Wand 50 mm Gipskarton 2≈ 12,5 mm mit Einstiegsluke 1000/1000 mm Spiegel geklebt Mineralwerkstoff geklebt 12 mm Stahlprofil ∑ 230/200/12 mm MDF-Platte 18 mm Mineralwerkstoff geklebt 12 mm Edelstahl 6 mm, Luftschicht 48 mm Edelstahl 6 mm, MDF-Platte 18 mm ESG 6 mm Mineralwerkstoff geklebt 12 mm, Edelstahl 6 mm, Luftschicht 100 mm, Stahlprofil ∑ 230/200/12 mm, MDF-Platte 18 mm Mineralwerkstoff geklebt 12 mm Edelstahl 6 mm, Unterkonstruktion Holz 40/40 mm Aufdoppelung Steinwolle 20 mm Brandschutzverkleidung F 90 20 mm Stahlprofil HEB 160 auf Fußplatte 200/800/3 mm geschweißt Mauerwerk Bestand Mineralwerkstoff geklebt 6 mm, Spanplatte 10 mm Lattung Holz 40/40 mm Gipskartonplatten 2≈ 12,5 mm Ständerprofil GK-Wand 50 mm, Stahlprofil | 100/100/15 mm Verkleidung Holz Makassa Mineralwerkstoff geklebt 6 mm Spanplatte 10 mm LED-Leuchte Stahlblech gekantet 3 mm PUR-Beschichtung lackiert 5 mm Estrich Bestand 13 9 10 19 14 19 20 18 b b 21 22 aa 227
Beispiel 01 1 2 3 6 5 4 7 8 Detailschnitt Maßstab 1:5 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 mineralischer Putz 25 mm auf Putzträgerplatte Abdichtung Folie selbstklebend Stahlprofil L 300/200/12 mm Fugendichtband Stahlprofil Edelstahl ∑ 50/50/5 mm Mineralwerkstoff CNC-gefräst, geklebt 12 mm Edelstahl 6 mm Luftschicht 48 mm Edelstahl 6 mm MDF-Platte CNC-gefräst, geklebt 18 mm Gipskarton 12,5 mm Gipskarton 2≈ 12,5 mm Stahlprofil Bestand ausgemauert verputzt ESG 6 mm Mineralwerkstoff CNC-gefräst 36 mm an Edelstahlprofil ¡ 6/60 mm geklebt MDF-Profil CNC-gefräst 38 mm an Edelstahlprofil ¡ 6/60 mm geklebt Dichtung dauerelastisch Faserzementplatte 12 mm Abdichtung Bitumen geflämmt Stahlprofil L 230/300/12 mm PU-Beschichtung lackiert 5 mm Spanplatten 2≈ 15 mm Unterkonstruktion Holz 65/100 mm Estrich Bestand 10 9 13 11 2 12 228
Empfangsgebäude Empfangsgebäude Basel, CH 2007 Architekt: Marco Serra, Basel Mitarbeiter: Stephan Schoeller Tragwerksplaner: Ernst Basler & Partner AG, Zürich ETH Lausanne, Prof. Thomas Keller Das Empfangsgebäude des Novartis-Firmengeländes ist schlicht in der Form und anspruchsvoll in Materialwahl und Konstruktion. Das monolithische Dach aus glasfaserverstärktem Kunststoff und Polyurethan-Schaum ruht ohne zusätzliche Träger oder Stützen direkt auf der tragenden Glasfassade. Es ist Tragwerk, Abdichtung und thermische Hülle zugleich und verleiht dem Gebäude durch die flügelähnliche Form die gewünschte Leichtigkeit. Die Dachfläche besteht aus 460 unterschiedlich geformten CNC-gefrästen PUR-Schaumblöcken. Entsprechend der statischen Anforderungen haben die 90 ≈ 90 cm großen Grundmodule unterschiedliche PUR-Schaumdichten. Sie sind mit bis zu 12 Lagen Glasfasergewebe umwickelt und in Handarbeit laminiert. An den Stoßflächen der Blöcke entstehen dadurch Stege, die mit den Decklaminaten auf der Ober- und Unterseite die Tragstruktur bilden. Durch Verkleben und erneutem Laminieren der größeren Blöcke entstanden so vier im Werk vorgefertigte Dachelemente von 18,50 m Länge, die auf der Baustelle auf dieselbe Weise zu einem fugenlosen Bauteil zusammengefügt wurden. Das 400 m2 große Dach wiegt 28 t und überträgt mit den einlaminierten Doppelstegen an den Auflagerpunkten die Vertikallasten an die Fassade. Gleitlager und Stahlbänder gleichen das unterschiedliche Temperaturverhalten von Glas und GFK aus. Jeweils mittig pro Seite ist das Stahlband starr mit dem Dach verbunden und leitet die Windkräfte an die Fassade weiter. Diese besteht aus Isolierglasscheiben, die durch senkrechte Glasschwerter ausgesteift sind, statisch wirksam verklebt mit Silikon. Die werkseitig mit Edelstahlschienen verklebten VSGScheiben dienen, in Dach und Boden verborgen, der Krafteinleitung. Zugstäbe zwischen den Glasschwertern verhindern ein Verformen des Dachs und sichern gegen Windsog. Am oberen Ende sind sie mit einer einlaminierten Stahlplatte verschraubt, am unteren Ende gleicht eine Edelstahlfeder thermische Längenänderungen aus. Schnitt • Grundriss Maßstab 1:200 1 2 3 4 Haupteingang Empfang Personalzugang Zugang zur Tiefgarage Zugang zum Campusgelände 5 aa 4 3 1 2 a a 5 • glasfaserverstärkter Kunststoff als Tragwerk und Abdichtung • thermische Hülle mit handlaminierten PURSchaumblöcken 229
Beispiel 02 1 2 A 3 Vertikalschnitt Maßstab 1:20 6 7 4 Detailschnitte Maßstab 1:5 d d 8 5 9 bb 1 2 13 16 3 A 230 4 13 15 17 14 6
Empfangsgebäude 1 B 6 12 3 11 10 4 7 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 PUR-Block 70 – 600 mm, Decklaminat glasfaserverstärkter Kunststoff 6 –10 mm tragend Oberflächenbeschichtung Polyestertopcoat UV-beständig, selbstlöschend Doppelsteg glasfaserverstärkter Kunststoff 2≈ 6 mm bis 2≈ 9 mm, dazwischen Hartschaumstoff 15 mm glasfaserverstärkter Kunststoff nichttragend tragende Glasfassade: Isolierverglasung ESG 8 + SZR 16 + VSG aus 2≈ 12 mm TVG mit 1,52 mm PVB-Folie Asphalt 65 mm Abdeckung abnehmbar glasfaserverstärkter Kunststoff nicht tragend Glasschwert: VSG aus 3≈ 8 mm TVG mit 2≈ 1,52 mm PVB-Folie; Einfassung unten: Edelstahlprofil fi 60 mm Zugelement Stahlstab Ø 12 mm, umhüllt mit Acrylglashülsen, mit Stahleinlage im Dach verschraubt, flexible Befestigung am Fußpunkt Naturstein Giallo Siena 25 mm, Fußbodenheizsystem 7 + 18 mm, Unterlagsboden Beton 70 mm, PE-Folie 0,2 mm Wärmedämmung 60 mm, Stahlbetondecke 250 mm Akustikdecke: Geflecht aus Stoffbahnen 3 mm Akustikmatte Mineralwolle Maßbolzen für CNC-gesteuerte Herstellung Tropfnase Formteil glasfaserverstärkter Kunststoff Gleitlager Stahlblech punktuell, längs verschieblich Silikonverklebung tragend Flachstahl ¡ 120/8 mm Kunstharzinjektion als Toleranzausgleich Edelstahlprofil 5 mm glasfaserverstärkter Kunststoff 6 mm Stahleinlage punktuell 186/50/40 mm Stahlprofil fi Edelstahl 50/35 mm mit VSG verklebt Kompressionsband Flachstahl ¡ Edelstahl mit VSG verklebt Randstreifen grau emailliert Eckstütze: Isolierverglasung ESG 6 + SZR 12 + VSG aus TVG 12 + 15 + 12 mm 1 23 4 b c 14 23 18 2 14 b 19 8 24 21 14 20 7 13 21 22 8 4 14 5 8 cc dd c 231
Beispiel 03 Büro- und Geschäftshaus »The Walbrook« London, GB 2009 Architekten: Foster + Partners, London Tragwerksplaner: Arup, London Das Büro- und Geschäftshaus »The Walbrook« steht an exponierter Stelle in der Londoner City. Auf zehn Geschosse verteilen sich 42 000 m2 Nutzfläche. Zwei Atrien sorgen für natürliches Licht auch im Innern. Das organisch geschwungene Gebäude mit seiner silbernen Fassadenverkleidung lässt hier den Einsatz von Metall vermuten. Die 14 000 m2 große Außenhülle ist jedoch vollständig von Lamellen aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) umgeben. Damit ist »The Walbrook« das erste Bauvorhaben, bei dem faserverstärkter Kunststoff in dieser Größenordnung zum Einsatz kommen. GFK ist frei formbar, statisch wirksam und ermöglicht diese filigranen Elemente mit geringem Eigengewicht und hoher Witterungsbeständigkeit. Vertikal verlaufende Lisenen strukturieren die Fassade und tragen die horizontalen Sonnenschutzlamellen. Diese folgen im Abstand von 1 m aufeinander. Je nach Tages- und Jahreszeit wird die direkte Sonneneinstrahlung abgeschirmt, die metallische lackierte Oberfläche leitet Streulicht nach innen. Die Lamellen haben eine elliptische Form und messen auf den Sonnenseiten 50,0 ≈ 12,5 cm, auf der Nordseite 20,0 ≈ 6,2 cm. Für die Detailplanung wurde die Geometrie der Gebäudehülle in einem digitalen und parametrisierten 3D-Modell dargestellt. Nur so ließ sich die hohe Anzahl der unterschiedlichen Formteile bewältigen und Daten für die maschinelle Bearbeitung gewinnen. Die Fertigung der Fassadenelemente erfolgte in drei Schritten. Zuerst entstanden die Urformen aus PUR-Hartschaum mittels CNC-Fräse. Davon ließen sich die GFKNegativabdrucke der Lamellen abformen. In diese wurde dann per Hand die textile Faserverstärkung geschichtet und mit Polyesterharz getränkt. Zwei Halbschalen bildeten dabei eine Hohlform. Ein eingelegter Folienschlauch presste von innen das noch nasse GFK in die endgültige Form. Die Toleranzen aus dem Handlaminieren glich die CNC-Fräse aus. So entstanden ca. 4000 Lamellen und etwa 750 Lisenenelemente. Noch im Werk erfolgte die Montage an die Aluminium-Elementfassade zu vollständig vormontierten Bauteilen. • Gebäudehülle aus GFK-Lamellen • vom digitalen, parametrisierten 3D-Modell zu handlaminierten Fassadenelementen 232
Büro- und Geschäftshaus »The Walbrook« Schnitt Maßstab 1:800 Detailschnitte Maßstab 1:20 A B C D A parametrisches Modell Tränken der Faserverstärkung mit Polyesterharz Verpressen des GFK mit Folienschlauch vorgefertigtes Fassadenelement lackiert B b b 1 2 1 3 2 4 7 3 4 5 5 6 7 8 6 9 8 10 11 9 12 13 Pfosten-Riegel-Konstruktion Aluminium Hohlraumboden 150 mm, Stahlbetondecke 130 mm abgehängte Decke Fassadenbefestigung Stahlblech gekantet 2 mm, dauerelastisch verfugt als Schallschutzelement Stahlblech pulverbeschichtet 2 mm zur Aussteifung der Fassade und für späteren Sonnenschutz Fassadenaussteifung Stahlrohr | 50/50/4 mm Sonnenschutzlamelle GFK Isolierverglasung TVG 8 + SZR 14 + VSG 12 mm mit Sonnenschutzbeschichtung Lamellenbefestigung Aluminium 10 mm pulverbeschichet an Lamellenseitenwand verschraubt Fassadenelement Lisene GFK, Länge 3,50 m Unterkonstruktion Aluminium aus einem Traganker und einem Windanker pro Lisene Aluminiumblech gekantet 2 mm Wärmedämmung Mineralwolle 120 mm C Stahlblech verzinkt 350/250/10 mm aa 13 12 1 a 12 11 9 8 10 bb a 7 D 233
Beispiel 04 Wohnhaus Minamituru-gunn, J 2006 Architekten: Takeshi Hosaka, Yokohama Mitarbeiter: Megumi Hosaka Tragwerksplanung: Hirofumi Ohno, Tokio Das Wohnhaus mit seiner abstrakten Form aus weißen, scheinbar schwebenden Bändern stellt einen starken Kontrast zur ländlichen Umgebung dar. Das Grundstück, das in der Nähe des Vulkans Fuji und einer attraktiven Seenlandschaft gelegen ist, bietet den Bauherren einerseits reizvolle Ausblicke auf die Bergsilhouette, andererseits wollte sich die junge Familie von der nahen touristischen Panoramastraße und den verstreuten benachbarten Wohnhäusern distanzieren. Das scheinbare Erdgeschoss entpuppt sich erst bei näherem Hinsehen als eine solide Sichtbetonmauer, die den Garten umfriedet und gegenüber unerwünschten Einblicken abschirmt. Im Obergeschoss bildet eine Brüstung um die Terrasse einen Sichtschutz für die privaten Wohnbereiche. Während sich das Grundstück nach außen hin völlig abgrenzt, öffnen sich die Geschosse gänzlich zum Garten hin. Den Architekten war es wichtig, die Grenze zwischen Innen- und Außenraum so transparent und unsichtbar wie möglich zu gestalten. Erreicht wird dieser Eindruck mithilfe von zwei umlaufenden transparenten Bänder aus 20 mm starkem Acrylglas, die eine für japanische Klimaverhältnisse ausreichende leichte Gebäudehülle bilden. Dadurch, dass sie kaum Licht reflektieren, beeinträchtigt nichts den Blick von innen nach außen und umgekehrt. Auch auf störende vertikale Pfosten konnte verzichtet werden, sodass die Grenze zwischen Innen- und Außenraum aufgehoben zu sein scheint. Wohn- und Aufenthaltsbereiche gruppieren sich allseitig um den Gebäudekern; von jedem Bereich führt eine gläserne Schiebetüre nach draußen. Einzig die Schlafbereiche können mittels innen liegender weißer Schiebetüren verdunkelt werden. Hinter den vermeintlich massiven Bändern der Fassade verbirgt sich eine Stahlkonstruktion, die mit Sperrholzplatten verkleidet wurde. Diese sind mit glasfaserverstärktem Kunststoff beschichtet. Schnitt • Grundrisse Maßstab 1:200 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 aa 8 9 10 7 a 3 4 1 6 2 • Acrylglas-Bänder • Beschichtung aus glasfaserverstärktem Kunststoff a 234 5 Garten Eingang Wohnbereich Essbereich Küche Schlafzimmer Terrasse Kinderzimmer Stockbett Lager
Wohnhaus Vertikalschnitt Maßstab 1:20 11 11 12 13 14 12 13 15 16 17 18 14 15 Abdichtung Kunststoff glasfaserverstärkt weiß beschichtet Sperrholzplatte 2≈ 12 mm Lattung im Gefälle Träger Kantholz 120/60 mm Stahlprofil Å 200/100 mm Stahlprofil fi 200/90 mm Teppich 7 mm, Sperrholzplatte 12 mm, Kantholz 100/40 mm Kantholz 150/60 mm Kondenswasserschutz Acrylglas 20 mm, größtes Element 7020/1900 mm in Rahmen Stahlprofil und Kiefernholz Stahlprofil Å 300/150 mm Abdichtung Kunststoff glasfaserverstärkt, weiß beschichtet Sperrholzplatte 2≈ 12 mm Lattung im Gefälle 19 20 21 22 23 Sperrholzplatte 24 mm Flachstahl 75/1,2 mm Stahlprofil fi 300/90 mm Gipskartonplatte gestrichen 9,5 mm Wärmedämmung Glaswolle 60 mm Abdichtung Kunststoff glasfaserverstärkt, weiß beschichtet Sperrholzplatte 2≈ 12 mm Stahlrohr horizontal | 75/75 mm Stahlrohr vertikal ¡ 75/40 mm Wärmedämmung Glaswolle 100 mm Gipskartonplatte gestrichen 12,5 mm Schiebetüre, Rahmen Kiefernholz ESG 5 + SZR 12 + ESG 5 mm Teppich 7 mm Sperrholzplatte 12 mm Fußbodenheizung/Dämmung / Lattung 45/45 mm Sperrholzplatte 24 mm Wärmedämmung/Lattung 50 mm Stahlbeton 200 mm 16 18 17 19 20 21 22 23 235
Beispiel 05 Seeko'o Hotel Seeko'o Hotel Bordeaux, F 2007 Architekten: Atelier Architecture King Kong, Bordeaux Paul Marion, Jean-Christophe Masnada, Frederic Neau, Laurent Portejoie Mitarbeiter: Olivier Oslislo, Fontaneda Calzada David, Max Hildebrant Tragwerksplanung: ETBA, Bordeaux Das Hafengelände am Ufer der Garonne in Bordeaux ist ein Wahrzeichen der Stadt. Mit der Entscheidung, an diesem historischen Standort ein Designhotel zu errichten, begannen kontroverse Diskussionen. Entstanden ist ein Gebäude, das sich städtebaulich einfügt, mit Form und Außenhaut aber bewusst einen deutlichen Kontrapunkt zu den Sandsteinfassaden der umliegenden Bebauung setzt. Die glatte, weiße Oberfläche der Fassade interpretiert den Hotelnamen: Seeko'o bedeutet in der Sprache der Inuit Eisberg und Gletscher. Die Knicke in der Fassade greifen die Höhen der Nachbargebäude auf, verlaufen geradlinig und nehmen keine Rücksicht auf Öffnungen. Die historischen Fensterformate wurden übernommen, aber mit innenliegenden oder außen bündigen Glasflächen abstrahiert. Zum ersten Mal kam hier großflächig, durchgängig gefärbter, acrylgebundener Mineralwerkstoff als Außenverkleidung zum Einsatz. Die stehenden Plattenformate fügen sich durch einen abwechselnd konvexen und konkaven Verlauf an den Seiten aneinander. Sie sind aus Standardplatten zusammengesetzt und auf die gewünschte Paneelgröße von maximal 2,2 ≈ 5,5 m zugeschnitten und gesäumt. Die umlaufend gefasten Kanten sind als Bewegungsfugen ausgebildet und gleichen die thermischen Längenänderungen aus. Sie betragen ca. 3 mm pro Meter. Die Stöße an den Verbindungsstellen sind rückseitig mit 6 mm starken und 50 mm breiten Streifen hinterlegt, die die gegenseitigen Bewegungen aufnehmen und an die tragende Unterkonstruktion aus Aluminium ableiten. Die verdeckte Befestigung der Kunststoffpaneele erfolgt mit sogenannten Squirrels. Dies sind runde Einsätze aus Mineralwerkstoff, die auf der Rückseite des Paneels paßgenau in ausgefräste Öffnungen geklebt werden. An ihrem zentrierten Metalleinsatz sind c-förmige Aluminiumprofile verschraubt, die im Abstand von 45 cm in die Unterkonstruktion der Fassade eingeklickt werden. Von außen sichtbar ist somit nur die feine Struktur der geschwungenen Plattenformate. • Fassadenpaneele aus Mineralwerkstoff • verdeckte Befestigung mit Mineralwerkstoff 236 5 Vertikalschnitte Maßstab 1:20 1 2 3 4 Fassadenpaneel Mineralwerkstoff UV-beständig 12,3 mm, mit rückseitigem Befestigungsprofil aus Aluminium, Unterkonstruktion Aluminium aus Lattung und Konterlattung, Außenwand Stahlbeton 250 mm Innendämmung Mineralwolle 100 mm Gipskartonplatte 13 mm Fensterrahmen Aluminium Öffnungsflügel Aluminium mit Isolierverglasung Fensterblech Aluminium lackiert 3 mm 6 7 8 9 10 11 Verkleidung Fensterleibung Mineralwerkstoff 12,3 mm, Aluminium-Unterkonstruktion an Stahlbeton verschraubt Befestigungslasche Aluminium Punkthalter Aluminium ESG mit Siebdruckmuster Gipskarton 13 mm Innendämmung Mineralwolle 50 mm Aluminiumprofil ∑ 120/70/5 mm Isolierverglasung: VSG 8 mm + SZR 12 mm + Floatglas 8 mm verklebt auf Fenterrahmen Aluminium 1 1 2 10 6 8 3 4 5 7 9 11
Wohnhaus Wohnhaus Müllheim, D 2005 Architekten: Pfeifer Roser Kuhn, Freiburg Mitarbeiter: Thomas Gillich (Projektleiter), Nils Schinker, Simone Wechsler Tragwerksplanung: Greschik + Falk + Partner, Berlin Energiekonzept: Delzer Kybernetik, Lörrach Haustechnik: Balck + Partner, Heidelberg aa Schema Sommer Hinter seiner bläulich schimmernden Haut bietet das Gebäude mit der klassischen Kubatur Wohnraum für zwei Parteien auf einer quadratischen Grundfläche von 12 ≈ 12 m. Von der zentralen, gemeinsam genutzten Halle aus erschließen zwei gegenläufige Treppen die voneinander unabhängigen Privatbereiche. Die Grundrisse sind in jeder Etage um 90 ° gedreht, sodass beide Parteien gleichermaßen von der Ausrichtung zur Sonne profitieren. Während die verputzten Giebelwände aus Porenbetonsteinen gemauert sind und für Speichermasse und gute Dämmung sorgen, stellen die traufseitigen Wände und die Dachflächen den konstruktiven Kern für die passive Solarenergienutzung des Hauses dar. Sie sind in massiver Brettstapelbauweise ausgeführt, darüber liegen großformatige, lichtstreuende Stegplatten aus Polycarbonat, die sich komplett über die Dachfläche ziehen und die äußere Gebäudehülle bilden. Der 8 cm breite Zwischenraum wirkt als Luftkollektor: Bei Sonneneinstrahlung erwärmt sich die Luft sehr rasch und steigt nach oben. Einfach konstruierte Rückschlagklappen im Sockelbereich öffnen sich durch den entstehenden Sog und ermöglichen das Nachströmen von Frischluft. Im oberen Dachraum wird die erwärmte Luft mit einem Lüfter durch einen Kaminzug zur Beheizung in die unteren Räume geleitet. Sechs manuell steuerbare Dachfenster im Firstbereich erlauben zusätzlich eine einfache Temperaturregelung; nicht benötigte Warmluft wird nach oben abgeführt. Der hohe k-Wert der Polycarbonatplatten von 1,15 W/m2K macht weitere Dämmmaßnahmen im Fassadenbereich überflüssig. Außerdem zeichnet sich das Material durch geringes Eigengewicht und hohe Hagelschlagfestigkeit aus. Im Dachbereich ist zudem seine lichtstreuende Wirkung von Bedeutung. Die transluzenten Flächen lassen Sonnenlicht auch in die Halle einfallen, die das Haus ganzjährig mit Wärme versorgt. Als unterstützende Heizung dient die Bauteilaktivierung der Betondecken. Schnitte Grundriss Erdegeschoss Maßstab 1:250 1 Halle bb Schema Winter 2 3 4 5 Küche Wohnen Schlafen Abstellraum c 5 4 a a 3 b 1 2 3 2 b • Polycarbonatstegplatten als Gebäudehülle • wärmedämmende Wirkung cc Wärmeverteilung im Winter c 237
Beispiel 06 1 2 3 Horizontalschnitt • Vertikalschnitt Maßstab 1:20 1 2 3 4 5 Außenputz 15 mm Porenbeton 300 mm, Innenputz Aluminiumprofil fi 50/50 mm Wandaufbau: Fünffachstegplatte Polycarbonat 40 mm Flachsoganker Lattung 60/80 mm Konterlattung 60/80 mm Brettstapelwand 140 mm Dampfbremse Stahlprofil fi 50 mm Gipskartonplatte 12,5 mm Isolierverglasung 4 mm + 16 mm SZR + 4 mm Fünffachstegplatte Polycarbonat 40 mm dd 4 6 7 8 9 10 11 12 13 Lattung 60/80 mm Konterlattung 60/80 mm Abdeckblech Bodenaufbau Terasse: Mineralbeton 50 mm Schotterbett Granit 150 mm Bodenaufbau Obergeschoss: Stahlbeton mit Bauteilaktivierung 190 mm Rückschlagklappe PTFE-Membran Insektengitter Edelstahl Bodenaufbau Erdgeschoss: Stahlbeton mit Bauteilaktivierung 220 mm Perimeterdämmung 100 mm Sauberkeitsschicht 50 mm Abdeckblech Drehflügel-Dachfenster Pfette 140/140 mm 5 6 8 d d 9 7 238 10
Wohnhaus 11 12 13 12 8 3 10 239
Beispiel 07 Flagship Store und Firmenzentrale London, GB 2008 Architekten: Squire and Partners, London Mitarbeiter: A. Mangiavacchi (Projektleitung), Y. Chan, T. Gledstone, M. Larizadeh, M. Levinson, A. Medland, F. Renton, T. Sheridan, M. Squire, S. Steed Tragwerksplanung: Fluid Structures, London Die neue Londoner Zentrale der Modemarke Reiss vereint verschiedene Nutzungen unter einem Dach: den Flagship Store über drei Stockwerke, darüber Entwurfsstudios, Schneiderei, die Hauptverwaltung sowie ein Penthouse. Vier britische Architekten wurden zu einem Wettbewerb eingeladen, um dem Gebäude in unmittelbarer Nähe zur Oxford Street ein unverwechselbares Gesicht zu geben, das die Marke publikumswirksam nach außen transportiert. Das Londoner Büro Squire und Partner überzeugte mit dem Konzept, die verschiedenen Nutzungen hinter einem opaken Schleier aus senkrecht stehenden Acrylglasplatten zusammenzufassen. Mit dem Einsatz von Acrylglasblöcken in Dicken von 50 mm wurde durch vertikale Ausfräsungen unterschiedlicher Breite und Tiefe sowie durch das Abwechseln von polierten und mattierten Oberflächen eine dreidimensionale Wirkung der Fassade erreicht. Je nach Blickwinkel und Lichteinfall zeigt die Verkleidung den technischen Charakter von Barcodes oder den seidigen Schimmer eines gebäudehohen Faltenwurfs. Tagsüber sorgt die Hülle für angenehmes und blendfreies Licht im Innenraum. Den eindrücklichsten Effekt bietet die Fassade bei Nacht: Einzeln steuerbare LED-Schienen unter jedem Paneel verwandeln die Fassade dank der hohen Lichtleitungsfähigkeit des Materials in einen halbtransparenten Vorhang aus Licht. Jedes einzelne Paneel steht auf zwei T-förmigen Konsolen und wird seitlich von eingefrästen Edelstahlstangen gehalten, die an drei Punkten mit der Fassadenkonstruktion verbunden sind. Über diese verschiebliche Verbindung werden die Windlasten abgeleitet, ohne Zwängungen durch thermische Längenänderung des Materials zu erzeugen. Die nahezu unsichtbare Befestigung der Elemente verstärkt den schwebenden Charakter der Fassade. • Acrylglasplatten individuell profiliert • unterschiedliche Materialstärken und Oberflächen erzeugen dreidimensionale Wirkung Schnitt Grundrisse Maßstab 1:500 5 1 2 3 4 5 3 4 1 4 aa 4 4 3 4 3. OG 4 a 1 a 2 EG 240 Verkauf Empfang / Büro Büro / Designstudio Wohnen Penthouse
Flagship Store und Firmenzentrale 17 19 13 10 18 11 bb 6 12 8 Horizontalschnitt Vertikalschnitt Maßstab 1:20 13 14 6 7 8 9 10 11 12 Acrylglaspaneel gefräst, poliert und mattiert 30 – 50 mm Abdeckung der LED-Halterungen, Aluminiumprofil gebürstet ∑ 42/42 mm Kabelkanal Stahlprofil fi 40/70 mm mit Abdeckung vertikales Fassadenprofil Flachstahl, pulverbeschichtet ¡ 30/80 mm horizontaler Abstandshalter Flachstahl, pulverbeschichtet ¡ 30/80 mm Kragträger Flachstahl ¡ 30/170 mm Wartungssteg Gitterrost 15 16 17 18 19 20 9 20 pulverbeschichtet 40/10 mm Abdeckung Dachrand, Aluminiumblech seitlicher Abschluss Fassadenzwischenraum gehärtetes Glas Eingangstür ESG 2≈ 8 mm, beidseitig auf Stahlrahmen geklebt Ladenfassade Einfachverglasung VSG 2≈ 11 mm Deckenrandträger Stahlrohr ¡ 200/400/5 mm Bürofassade Isolierverglasung VSG 2≈ 6 mm + SZR 16 mm + ESG 6 mm Pfosten Stahlrohr ¡ 200/80 mm (nur bei Tür) seitliche Haltestangen, Edelstahl Ø 7 mm, an vertikalem Fassadenprofil befestigt b b 6 18 9 8 19 12 7 10 17 16 20 15 14 241
Beispiel 07 Vertikalschnitt • Horizontalschnitt 1 Acrylglaspaneel gefräst, poliert und mattiert 30 – 50 mm seitliche Haltestangen Edelstahl Ø 7 mm, 4≈ pro Geschoss an vertikalem Fassadenprofil befestigt Befestigung Haltestangen Stahl Abdeckung der LED-Halterungen, Aluminiumprofil gebürstet ∑ 42/42 mm LED-Leiste einzeln steuer- und programmierbar Abdeckung LED, Glasstreifen 2 3 4 Herstellung und Profilierung der Acrylglaspaneele auf der CNC-Fräse Maßstab 1:5 5 6 c 7 8 9 10 11 12 13 Stahlkonsole zur Lastabtragung der Acrylpaneele Befestigungsschrauben Edelstahl flächenbündig vertikales Fassadenprofil, Flachstahl pulverbeschichtet ¡ 30/80 mm horizontaler Abstandshalter, Flachstahl pulverbeschichtet ¡ 30/80 mm Kabelkanal Stahlprofil fi 40/70 mm Abdeckung Kabelkanal Flachstahl ¡ 60/5 mm Wartungssteg Gitterrost, pulverbeschichtet 40/10 mm c 3 9 11 12 7 6 5 4 8 1 10 13 1 2 cc 242 13 3 9
Beispiel 08 Bürogebäude Bürogebäude Madrid, E 2009 Architekten: Selgas Cano, Madrid Jose Selgas Rubio, Lucia Cano Pintos Mitarbeiter: Jose de Villar Die unkonventionelle Büroröhre, die zum Teil im Gelände versenkt ist, steht in direkter Nachbarschaft zum Wohnhaus der Architekten und gibt den Blick auf das gesamte baumbestandene Grundstück frei. Die Röhre besteht aus zwei Teilen: Im Norden wölbt sich das Halbrund aus 20 mm starkem Acrylglas über die Flurzone, während im Süden ein Sandwich aus Polyesterplatten mit einer transluzenten Dämmung aus Polyethylen die Arbeitsbereiche vor Blendung schützt. Diese Polyesterscheiben kommen bei einigen Waggons der Deutschen Bahn zum Einsatz, sind aber in kleinen Mengen nicht erhältlich. Die Architekten mussten daher eine Bestellung der Bahn abwarten, um das 12 m lange Stück zu erhalten. Auch der Bauablauf erwies sich als weitaus schwieriger als gedacht. Eine Vielzahl von Terminen galt es abzustimmen: Eine Firma war für die Krümmung der Scheiben verantwortlich, eine andere für die Montage und eine dritte für die Stirnseiten. Diese sind aus mattem Acrylglas und können mittels Flaschenzug und Gegengewicht zur Querlüftung aufgeklappt werden. Die Nordhälfte der Röhre aus transparentem Acrylglas ist aus zehn standardisierten Teilen gefügt, die lediglich an den Kanten genutet wurden, um ein Profil mit Silikondichtung einfügen zu können. So bleibt der Ausblick ungetrübt – nur der Regen hinterlässt Spuren und Geräusche über den Köpfen. a a 7 6 12 13 aa 1 8 9 10 11 2 3 4 5 • umgeformtes Acrylglas • transluzente Dämmung aus Polyethylen Vertikalschnitt Maßstab 1:10 7 8 1 2 3 4 5 6 Polyester glasfaserverstärkt, 2≈ 10 mm dazwischen Wärmedämmung transluzent Polyethylen 100 mm Stahlblech gekantet verzinkt 2 mm Stahlprofil verzinkt ∑ 60/40/7 mm verschweißt mit Stahlprofil verzinkt ∑ 30/30/2,5 mm Stahlblech verzinkt 4 mm verschweißt mit Stahlblech verzinkt 15 mm Regal Acrylglas 15 mm auf Bügel Rundstahl Ø 16 mm Stahlblech verzinkt 3 mm, weiß gestrichen 9 10 11 12 13 Acrylglas 20 mm Auflager PVC transparent Spule für Polyamidkabel: Edelstahlscheibe 2≈ Ø 160 mm dazwischen Zylinder 80 mm und Kurbel Stahlprofil ∑ 2≈ 40/20/3 mm verschweißt mit Flachstahl 2 mm Abdeckung Stahlblech verzinkt, gekantet 2 mm Geotextil 2 mm Dichtungsbahn 2 mm Sichtbeton 250 mm verschalt mit Rauspundschalung 70 mm Silikonverfugung Edelstahlprofil 16/2 mm 243
Beispiel 09 Firmenzentrale Firmenzentrale Middelfart, DK 2006 Architekten: KHR arkitekter, Kopenhagen Jan Søndergaard Mitarbeiter: Henrik Danielsen, Emi Hatakana, Ole Jensen, Claus Bang Lauridsen, Morten Vedelsbøl Wie ein geschwungener Hügel liegt die Firmenzentrale eines dänischen Herstellers von glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) in der flachen Landschaft. Das Gebäude vereint Entwicklung, Herstellung und Verwaltung unter einem Dach, wobei ein integriertes Hochregallager die Maximalhöhe des Baukörpers definiert. Um dieses zentrale Element gruppieren sich alle funktionalen Bereiche der Produktion. Verwaltung, Entwicklung und Marketing sind auf der dreigeschossigen Ostseite des Gebäudes untergebracht und durch eine Verglasung von der Produktionshalle getrennt, wodurch ein Blickbezug herstellt wird. Drei große transparente Einschnitte gliedern das langgestreckte Bauwerk und verleihen dem Gebäude Dynamik. Gleichzeitig sorgen diese »gläsernen Klammern« für eine natürliche Belichtung aller Nutzungsbereiche. Für die Gebäudehülle wurden von der Firma selbst produzierte und teilweise speziell für dieses Bauvorhaben entwickelte Produkte eingesetzt. Die Außenfassade besteht aus dampfdichten Sandwichpaneelen, die mit GFK-Planken verkleidet sind. Diese hinterlüftete Außenhaut ist durch einen integrierten Überlappungsstoß regendicht. Auch für Fensterbänke und -rahmen kamen speziell geformte GFK-Profile zum Einsatz, die mit einer sehr schmalen Ansichtsbreite dennoch gute Wärmedämmwerte erreichen. Sowohl die pultrudierten (stranggezogenen) Profile als auch die Fassadenplatten sind mit transparentem Harz gefertigt, sodass die innen liegende Faserverstärkung sichtbar ist und den Bauteilen eine Tiefenoptik verleiht. Für die Ganzglasfassade der drei Einschnitte wurden ebenfalls GFK-Profile verwendet, die direkt mit den Glasscheiben verklebt sind. Die vorgefertigten Elemente sind lediglich verschraubt und an der Unterkonstruktion befestigt. Durch die steife Verklebung kann die Glasscheibe zur Lastabtragung hinzugezogen werden, was die Rahmenabmessungen im Vergleich zu Aluminiumfassaden wesentlich optimiert. • Fassadenbeplankung aus glasfaserverstärktem Kunststoff • sehr schmale Fensterprofile aus glasfaserverstärktem Kunststoff 244 1 Detailschnitt Maßstab 1:5 1 2 2 3 4 Fassadenpaneel glasfaserverstärkter Kunststoff 500 ≈ 40 mm Aufhängung aus Paneelstreifen, 180° gedreht Sandwichpaneel 200 mm Gipskarton 16 mm Stahlprofil Å 220 Klappfenster Isolierverglasung verklebt mit Festerrahmen glasfaserverstärkter Kunststoff Fensterbrett glasfaserverstärkter Kunststoff Kabelkanal 3 4
Wohn- und Bürohaus Wohn- und Bürohaus Dachau, D 2005 Architekten: Deffner Voitländer, Dachau Mitarbeiter: Stefan Bohnengel, Julia Hertel, Kersten Waltz, Florian Zeitzler Tragwerksplanung: Tischner und Pache, Dachau Das Wohn- und Bürogebäude der Architekten befindet sich in der Dachauer Altstadt. Die großzügige Freifläche im Osten wird beinahe zur Hälfte von der weitausladenden Baumkrone einer ca. 100 Jahre alten Linde bedeckt. Dieses Naturdenkmal bildet den Mittelpunkt des innerstädtischen Platzes und verleiht dem Grundstück seine Einzigartigkeit. Das Atelierhaus orientiert sich daher mit allen Aufenthaltsräumen nach Osten, der Ausblick auf den Baum ist das zentrale Thema. Auch die Fassade greift diesen Aspekt auf. Fotografien der Linde wurden auf die Außenhaut projeziert, die Konturen des Baums legen sich als Abwicklung um das gesamte Haus. Möglich macht dies die transluzente Gebäudehülle aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Das auf Spezialpapier geplottete Baummotiv ist in die von Hand laminierten Paneele eingelegt. Beim Durchtränken mit Kunstharz bleibt abschließend nur der Druck sichtbar, der noch mit einer letzten GFK-Schicht überzogen wird. Auch die Unterkonstruktion ist je nach Sonneneinstrahlung deutlich zu sehen. Sie zeigt die Mehrschichtigkeit der Fassade, die dadurch auch eine räumliche Wirkung und die gewünschte Leichtigkeit erhält. Das zurückgesetzte Dachgeschoss hebt sich in Farbe und Form deutlich von den unteren Geschossen ab. Das Fassadenmaterial ist jedoch das gleiche. Um den gedeckten Aubergineton zu erreichen, wird hochpigmentierte Farbe mit dem Kunstharz gemischt. Die einzelnen Paneele haben umlaufend abgerundete Ecken und Flansche, die sich an den Stößen überlappen und miteinander verschraubt sind. Das dadurch entstehende Fugenbild strukturiert die Fassade. Die erforderlichen Negativformen für die einzelnen GFK-Elemente sind unprätentiös in Handarbeit aus Styropor und Polyurethan-Schaum mit einer Feile entstanden. Das Gebäude setzt einen deutlichen Kontrapunkt zur umliegenden Bebauung, ohne sie zu dominieren und lässt dem Naturdenkmal in städtebaulicher Hinsicht den Vortritt. • glasfaserverstärkter Kunststoff • transluzente Gebäudehülle mit einlaminiertem Baummotiv • Fassadenstruktur mit abgerundeten Paneelen Grundrisse Maßstab 1:250 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Müllraum Treppenhaus Büro Plotterraum Küche Luftraum Besprechung Bad Zimmer Wohn/Essbereich mit offener Küche Speisekammer Abstellraum Ankleide Schlafzimmer Galerie Dachterrasse 13 14 12 6 15 8 16 2. OG 8 11 9 9 9 10 1. OG a 5 1 2 4 3 EG 6 7 a 245
Beispiel 10 Vertikalschnitt Maßstab 1:20 Horizontalschnitte Maßstab 1:5 11 cc 5 c c 10 9 13 12 8 7 b b 4 3 2 aa 246 1
Wohn- und Bürohaus 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Wärmedämmung XPS 80 mm Gehwegplatten 120 mm im Gefälle verlegt Zementestrich 80 mm mit Fußbodenheizung Trennlage PE-Folie, Trittschalldämmung 30 mm Wärmedämmung 50 mm, Stahlbeton 200 mm Fensterrahmen Hemlockholz 70/110 mm Isolierverglasung: ESG 4 mm + SZR 16 mm + ESG 4 mm GFK-Paneel 4 mm mit Abstandshaltern Lattung 40/60 mm weiß lackiert Winddichtung diffusionsoffen, Wärmedämmung Mineralwolle 2≈ 60 mm, Stahlbeton 200 mm Stahlprofil verzinkt ∑ 140/140/10 mm Vollholz 120/180 mm GFK-Paneel 4 mm, Lattung 2≈ 40/60 mm Winddichtung diffusionsoffen, Weichfaserplatte 20 mm Wärmedämmung Cellulose 140 mm Schalung OSB-Platte 19 mm Wärmedämmung Mineralwolle 40 mm Gipskartonplatten 2≈ 12,5 mm 10 Stahlprofil beschichtet ¡ 20/50 mm 11 Kies 50 mm, Abdichtung 2-lagig Bitumen Schalung Holz 20 mm Sparren mit Gefälle 40 –140 mm Winddichtung Pappe, Sperrholzplatte 20 mm Sparren 60/180 mm, dazwischen Wärmedämmung Cellulose 180 mm Schalung OSB-Platte 20 mm Wärmedämmung Mineralwolle 40 mm Gipskartonplatten 2≈ 12,5 mm 12 Leichtbeton mit Gefälleausgleich 200 – 230 mm 13 Splitt 50 mm, Filtervlies, Kies 50 mm Abdichtung Bitumen 2-lagig, Wärmedämmung 180 mm Dampfsperre, Gefälleestrich in Längsrichtung Stahlbeton im Gefälle 180 – 300 mm 14 Stahlplatte ¡ 10 mm auf Mörtelbett 15 Stahlrohr verzinkt Ø 48,3 mm 16 Sperrholzplatte 24 mm 17 Stahlprofil verzinkt ∑ 250/250/16 mm 18 Glashalteleiste Aluminium 60/60/5 mm punktuell 15 9 14 16 18 17 6 4 cc 6 18 c c 3 bb 247
Beispiel 11 Mobile Art – Chanel Contemporary Art Container Hongkong, Tokyo, New York, 2008 und weitere Stationen weltweit Zaha Hadid Architects, London Zaha Hadid, Patrik Schumacher Mitarbeiter: Thomas Vietzke, Jens Borstelmann Tragwerksplaner: Arup, London Chanel feierte eines seiner Kultobjekte, die Handtasche 2.55, entworfen im Februar 1955. Anlass genug für Karl Lagerfeld Künstler einzuladen, um der Firmengründerin zu huldigen und dafür einen außergewöhnlichen Ausstellungsraum zu schaffen – einen mobilen Pavillon, der um die Welt tourt und damit die kulturelle Bedeutung von Coco Chanel unterstreicht. Das temporäre Gebäude, selbst ein Kunstobjekt, steht den Exponaten im Innern in nichts nach. Die organischen Formen und homogenen Oberflächen verkörpern die Wandlungsfähigkeit und Eleganz von Chanel. Die bogenförmigen Fassadenelemente sind auch im Innern spürbar. Sie leiten den Besucher durch die Ausstellung um den zentralen Innenhof, der mit seiner transluzenten Überdachung zum Verweilen einlädt. Die räumliche Verbindung mit dem gläsernen Ausgang stellt den Bezug nach außen her. Der Übergang ist dynamisch und fließend. Das am Computer als 3D-Modell entworfene Gebäude besteht aus ca. 7000 Einzelteilen und ist ein Stahlskelettbau, eingepackt in eine Hülle aus drei verschiedenen Kunststoffen. Transluzente ETFE-Kissen leiten Tageslicht ins Innere, PVC-beschichtetes Polyestergewebe bedeckt das Dach, und 400 unterschiedlich geformte und von Hand laminierte GFK-Paneele verkleiden die Außenwände. CNC-gefräste Negativformen ermöglichten diese Herstellung. Die größte Herausforderung bestand jedoch darin, die Konstruktion hinsichtlich Transport und Montage zu optimieren. Da der Pavillon in Schiffscontainern um die Welt reist, musste auf kompakte Packmaße geachtet werden. Die Fassadenpaneele sind daher ab einer bestimmten Größe zweimal horizontal geteilt. Für den Aufbau sind zwei Wochen nötig, für den Abbau zehn Tage. Das Thema Zeiteinsparung hatte Einfluss auf Ausführung und Materialwahl. Um den örtlichen Klimazonen gerecht zu werden, sorgt eine unter dem Podest eingebaute mechanische Lüftung für angenehme Temperaturen im Innern. • 3-lagige ETFE-Kissen • PVC-beschichtetes Polyestergewebe • lackierte und von Hand laminierte GFKPaneele 248 aa
Mobile Art – Contemporary Art Container bb Schnitte Maßstab 1:250 Isometrie Dachaufsicht Grundriss Maßstab 1:500 faserverstärkter Kunststoff Membran aus PVC-beschichtetem Polyestergewebe ETFE-Kissen a 1 2 3 4 5 6 7 Kartenverkauf Terrassendeck Eingang Garderobe Ausstellung Innenhof Ausgang 6 b b 5 7 1 4 2 3 a 249
Beispiel 11 4 Vertikalschnitt Maßstab 1:20 6 7 c 5 Detaillschnitte Maßstab 1:5 1 2 3 c 3 20 4 8 21 17 3 12 dd 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Membrankissen ETFE-Folie 3-lagig luftgefüllt, Außenlage 0,25 mm, Mittellage starr 0,1 mm, innere Lage 0,2 mm, Reißfestigkeit 5200 kg/m GFK-Paneel 12 mm MDF-Platte 22 mm GFK-Paneel 14 mm Regenrinne Stahlblech verzinkt 2,5 mm Membran Polyestergewebe 0,5 mm PVC-beschichtet, Reißfestigkeit 6000 kg/m Membranklemme Aluminium Wärmedämmung 10 – 50 mm flexibel, Mehrschichtmatte aus Aluminiumfolie und Schaumstoff Stahlprofil Å 152/152/37 mm Leuchtstoffröhre Stoffbahn weiß, lichtstreuend Stoffbahn weiß, dehnbar, gebördelt Technikkanal für Abluft und Licht, Sperrholz lackiert Spannvorrichtung PVC-Membrane Stahlprofil | 150 ≈ 150 mm Stahlprofil Ø 114,3 mm Stahlprofil Å 150/200/10 mm LED-Beleuchtung Belag Linoleum 4 mm, Sperrholzplatte 21 mm, Bühnenboden Holz 22 mm, Stahlprofil ¡ 60/120 mm Abdichtung Silikon Klettverschluss 7 6 21 8 17 16 11 3 cc 250 12
Mobile Art – Contemporary Art Container 8 9 14 13 10 5 11 15 12 4 16 8 d d 17 3 12 3 19 8 18 251
Beispiel 12 Mobiler Aktionsraum Mobiler Aktionsraum 2006 Architekten: raumlaborberlin, Berlin Matthias Rick, Jan Liesegang mit plastique fantastique Marco Canevacci Die Aktivisten von raumlaborberlin untersuchen, wie man gesichtslose und unattraktive Stadträume mit Kunst aufwerten kann. Anstelle konventioneller »Monumente«, die oft unbeachtet bleiben, setzen sie auf spektakuläre temporäre Aktionen, die die Menschen aktiv miteinbeziehen. Die Suche nach einem kostengünstigen Witterungsschutz, der einfach auf- und abbaubar sowie transportierbar ist, führte schließlich zu der Pneukonstruktion, die seither alle staunen lässt. Auf- und Abbau sind Teil der Inszenierung der Installation, in der bis zu 120 Personen Platz finden. Zunächst steht der komplett geschlossene, modifizierte Bauwagen eine Woche lang wie eine rätselhafte abstrakte Skulptur aus Zinkblech im Stadtraum. Aus dem Inneren dringen Geräusche eines großen Festmahls, die die Passanten rätseln lassen, wie so viele Menschen in den Wagen passen. Erst wenn die Türen geöffnet werden, lüftet sich das Geheimnis, werden die Lautsprecher und die Funktion des Wagens als Stauraum für den Folienpneu ersichtlich. Ausgerollt und aufgeblasen gleicht der Pneu einem transluzenten Zeppelin, in dem Tische und Bänke aufgestellt werden. Je nach Standort steht die Blase frei, quetscht sich unter Brücken oder drückt sich gegen Bäume und Häuser. Der mit grauem Filz ausgeschlagene Bauwagen wird jetzt zur Eingangsschleuse mit integrierter Garderobe, Beleuchtung und Theke. Ein Ventilator unter der Eintrittsrampe aus Gitterblech füllt den 18 m langen und 6,50 m hohen Folienschlauch kontinuierlich mit Luft. 1 Vertikalschnitt Maßstab 1:20 1 2 3 4 5 2 Stahlblech verzinkt 1 mm Sperrholz 22 mm Rahmen Stahlprofil ∑ 50/50 mm auf Bauwagendach Mineralwolle 30 mm Hartfaserplatte 5 mm Nadelfilz grau flächig verklebt PE-Folie transluzent mit Fasergitter 100 g/m2 Gitterrost 30/30 mm über Ventilator PVC-Bahn lose verlegt 3 mm PE-Folie, Schutzfolie Ventilator • transluzente, faserverstärkte PE-Folie • Ventilator versorgt Folienschlauch mit Luft 3 5 252 4
Bankgebäude Bankgebäude Bratislava, SK 2008 Architekten: Jabornegg & Pálffy, Wien Christian Jabornegg, András Pálffy Mitarbeiter: Željko Ivoševic, Ana Martin del Hierro, Julian Kerschbaumer, Juraj Mikulaj, Frank Müller, Florian Pfeifer, Gerhard Pfeiler, Felix Thörner Sind Bankgebäude traditionell eher introvertierte geschlossene Bauten, so zeigt eine neue Bankfiliale in Bratislava gerade das Gegenteil. Transparenz ist das Hauptgestaltungsmerkmal des neungeschossigen Baukörpers mit einer quadratischen Grundfläche, in dessen Mitte sich ein überdachter Innenhof über alle Geschosse erstreckt. Jahrelang verteilten sich die Geschäfts- und Verwaltungsräume der größten Bank der Slowakei auf insgesamt zwölf Gebäude in der Innenstadt. Jetzt vereint ein Hauptgebäude alle Bereiche an einem Ort. Im halb öffentlichen Erdgeschoss, das leicht erhöht und zurückversetzt ist, befinden sich neben der eigentlichen Filiale eine Lounge, ein Kongresssaal sowie Schulungs- und Seminarräume. Vier Haupterschließungskerne bilden über alle Etagen als einzige massive Bauteile das statische Gerüst. Die acht voll verglasten Obergeschosse mit einer Doppelfassade beherbergen ausschließlich Büros und Besprechungsräume. Um den Freiraum des Innenhofs vor Regen und Schnee zu schützen, spannen auf Höhe des achten Stockwerks pneumatische Luftkissen aus transparenter ETFE-Folie über das Atrium und bilden den Abschluss des Gebäudes. Die schlauchförmigen Kissen mit Abmessungen von ca. 4,50 ≈ 46,00 m sind jeweils auf den beiden langen Seiten mit einem Klemmprofil an zwei parallel gespannten Stahlseilen befestigt. Rechwinklig dazu dienen weitere Stahlseile mit einer Dicke von 70 mm der Unterspannung. Zwischen diesen Trag- und Formseilen sind, ähnlich wie bei einem Fachwerkträger, Druckstäbe mit einem Durchmesser von 76 mm befestigt. Da die Konstruktion nur auf zwei Seiten direkt an die innere Fassade anschließt und die beiden anderen Seiten in Ost-West-Richtung offen sind, erfolgt neben der Belichtung auch eine natürliche Be- und Entlüftung über das Dach. Der Luftdruck in den Pneus wird konstant auf 500 bzw. 700 Pa gehalten. Im Gegenlicht scheint sich das Luftkissendach förmlich aufzulösen, sodass der Eindruck entsteht, als blicke man direkt in den Himmel. • schlauchförmige ETFE-Kissen als Überdachung • filigrane Stahlseilkonstruktion aa Schnitt • Grundriss Maßstab 1:1000 1 Foyer 2 Kundenservice 3 4 5 b Innenhof Konferenzraum Restaurant 4 a a 3 1 5 2 b 253
Beispiel 13 c c bb 3 2 1 254 4
Bankgebäude Schnitt Maßstab 1:1000 Vertikalschnitt Maßstab 1:20 Detailschnitt Maßstab 1:5 1 2 3 4 5 6 7 Spiralseil Stahl verzinkt 30 mm Entwässerungsrinne Randklemmung Aluminium mit vormontiertem Kunststoffprofil und Klemmleiste als Montagehalterung ETFE-Folie 0,2 mm, U-Wert min. 0,2 W/m2K Klemmleiste Aluminium 260 /170 /26 mm Luftzufuhr zum Kissen Kunststoffrohr transparent Ø 50 mm Luftzufuhr Hauptrohr Stahlhohlprofil Ø 150 mm 4 3 5 1 cc 6 7 255
Beispiel 14 Einkaufszentrum 1 2 Amadora, P 2009 Architekten: Promontorio Architects, Lissabon Mitarbeiter: Nelson Paciencia, Sofia Araújo, Tiago Ferreira, Sónia Costa Tragwerksplanung: Atelier One, London 3 4 Natürliches Licht spielt für die Behaglichkeit in einem Einkaufszentrum eine große Rolle. Für die Überdachung eines Shoppingcenters in der Nähe von Lissabon erwiesen sich ETFEKissen im Gegensatz zu einer herkömmlichen Überkopfverglasung als die leichtere und kostengünstigere Konstruktion. Mit der innovativen Kombination und Anordnung von bis zu fünf verschiedenen Folienvarianten in einem einzigen Kissen war es möglich, eine hohe Tageslichtausbeute mit thermischem Komfort zu kombinieren. Die unterschiedliche Bedruckung der Folienlagen interpretiert die bekannte ShedDach-Lösung mit reinem Nordlicht neu, wobei diese über die Diagonale in der Geomtrie der Folienkissen umgesetzt wurde. Bei einer Seitenlänge der Kissen von ca. 10 m kommt es zwangsläufig zu einer sehr hohen Spannung im Material. Um diese zu mindern wurde der Stich der Kissen auf 4 m festgelegt. Aufgrund der zweilagig ausgeführten Oberlage konnte trotz der großen Spannweite auf eine zusätzliche Seilnetzunterstützung verzichtet werden. Die unterschiedlichen Folienlagen eines Kissens sind in Abhängigkeit von der Ausrichtung zur Sonne unterschiedlich bedruckt. Die Mittellage bildet eine transparente Folie (3). Die nach Süden orientierten Hälften bestehen aus weißen ETFE-Folien. Dabei wird die obere Schicht von einer zweifach zu 100 % silber bedruckten Folie und einer darunterliegenden Folienbahn mit einem 65 %-igen Hexagonal-Rasterdruck in Silber und anschließendem 100 %igen Silberdruck gebildet (1). Die gegenüberliegende untere Folienhälfte entspricht in der Ausführung letzterer (5). Die nach Norden ausgerichteten Flächen der Pneus bestehen aus transparenten ETFE-Folien, die das Licht vollständig durchlassen. Um jedoch die Wärmestrahlung abzuhalten, ist die untere der beiden oberen durchsichtigen Folien low-E-beschichtet (2). Vollständig transparente Kissen ohne jegliche Beschichtung überdachen einen Außenraum, der natürlich belüftet werden kann und daher keine besonderen licht- und wärmeschutztechnischen Anforderungen stellt. • ca. 10 ≈ 10 m große Kissen aus ETFE-Folie • verschiedene Folienausführungen 256 Schemaschnitt Kissen transparent opak beschichtet Schnitte Maßstab 1:4000 Vertikalschnitt Maßstab 1:20 5
Einkaufszentrum 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 ETFE-Folie weiß 250 μm, Unterseite bedruckt mit 2≈ 100 % Silber ETFE-Folie weiß 250 μm, Oberseite bedruckt mit 1≈ 65 % Hexagonalraster silber und 1≈ 100 % Silber ETFE-Folie transparent 250 μm ETFE-Folie transparent 250 μm, Unterseite Low-E-beschichtet ETFE-Folie transparent 150 μm ETFE-Folie transparent 250 μm ETFE-Folie weiß 250 μm, Oberseite bedruckt mit 1≈ 65 % Hexagonalraster silber und 1≈ 100 % Silber Stahlseil Ø 36 mm ETFE-Kissen 150 – 250 μm Luftzufuhr Schlauch Kunststoff Ø 50 mm Stahlrohr Ø 100 mm Stahlprofil ¡ 400/200/8 mm 6 7 8 10 10 9 7 8 9 257
Beispiel 15 Freizeitzentrum Neydens, F 2009 Architekten: L35, Barcelona – Paris Ganz & Muller Architectes Associés, Genf GM2A Architectes, Paris Tragwerksplanung: Charpente Concept, Genf aa Schnitt • Grundriss Maßstab 1:500 Im französischen Ort Neydens, etwa 10 km südlich von Genf, entstand auf einer Fläche von ca. 35 000 m2 ein großzügiges Freizeitzentrum mit Schwimmhalle und Freigelände, einer Wellness-Oase mit Sauna und Hamam, einem Fitnessclub mit Kletterwand sowie einer Shopping Galerie, einem Hotel und diversen Gastronomien. Um den Komplex möglichst respektvoll in seine landschaftlich reizvolle Umgebung einzufügen, hielten die Architekten das Bauvolumen niedrig und begrünten die Dächer. Besonderes Augenmerk liegt auf der neuen Schwimmhalle, die über mehrere Becken verfügt. Mit ihrer ungewöhnlichen wellenartigen Form nimmt die 120 m lange und 65 m breite Halle die Topografie der umgebenden hügeligen Landschaft auf. Das Tragwerk besteht aus 14 ZweigelenkFachwerkbögen aus gekrümmten runden Einzelanfertigungen aus Brettschichtholz. Dazwischen liegen 13 Zwischenbögen, gelagert auf gekrümmten Sparrenpfetten. Die Fachwerkträger stehen im Abstand von 3,50 m und variieren in der Stichhöhe zwischen 14,50 und 18,00 m. In die Konstruktion sind dreilagige Membrankissen aus ETFE-Folie gespannt. Die 63 Kissen sind 3,50 m breit, bis zu 52 m lang und folgen nicht nur der Krümmung der Bogenbinder, sondern auch den Verwindungen, die durch die unterschiedlichen Radien benachbarter Bögen entstehen. Dadurch hat jedes Kissen eine eigene Geometrie, was zu einem erheblich höheren Planungsaufwand führte. Trotz der komplexen Gebäudeform konnten durch die s-förmig verlaufenden Trauf- und Firstlinien alle in einem Knotenpunkt zusammenlaufenden Klemmprofile ohne Höhen- und Winkelversatz ausgeführt werden. Befestigt wurden die Kissen mit Aluminiumprofilen an Stahl-Aufständerungen, die am Holztragwerk befestigt sind. Nahezu unsichtbar für den Betrachter ist der Anschluss der Kissen an die Luftversorgung. Zwei Gebläsestationen mit jeweils zwei Einheiten halten den Betriebsdruck der Kissen konstant bei ca. 300 Pa und erhöhen ihn in Abhängigkeit von Wind- und Schneelasten auf maximal 800 Pa. Bei Ausfall einer Einheit kann das jeweils andere Gebläse die komplette Hülle mit Stützluft versorgen. • ETFE-Folie • s-förmig verlaufende Trauf- und Firstlinien 258 A a a b b
Freizeitzentrum 1 2 3 4 6 5 7 Vertikalschnitt • Horizontalschnitt Maßstab 1:20 Detailschnitt Maßstab 1:5 1 10 4 8 12 13 9 14 11 15 18 8 16 17 1 ETFE - Kissen luftgestüzt innere Membran 0,25 mm mittlere Membran 0,10 mm äußere Membran 0,25 mm 2 EPDM - Keder Rundschnur Ø 6 mm 3 erste Dichtebene: Deckeldichtung EPDM 4 Klemmprofil Aluminium bestehend aus Basisprofil, Deckelprofil und Kederschienen 5 EPDM - Block als Abstandhalter 6 Flachstahl ¡ 130/5 mm 7 zweite Dichtebene: Ablaufrinne Stahlblech PVC -beschichtet, geschweißt 2 mm 8 Dichtung gewebeverstärkte PVC-Membran 1,4 mm zur Verbindung mit der Fassade 9 Stahlrohr Ø 273/6,3 mm 10 Flachstahl ¡ 230/10 mm zur Befestigung der Klemmschiene 11 Stahlprofil Å 180 mm 12 Stahlrohr | 50/50/1,5 mm 13 Entwässerungsrinne Aluminiumblech 3 mm 14 Aluminiumblech 0,5 mm Dämmung 50 mm 15 Pfosten-/Riegelfassade Aluminiumprofil stranggepresst ¡ 125/50/2 mm 16 Isolierverglasung ESG 6 mm + SZR 16 mm + VSG 2≈ 6 mm 17 Bodenbelag Fliesen 10 mm Estrich 50 mm Abdichtung, Stahlbeton 30–160 mm 18 Primärkonstruktion Brettschichtholz gekrümmt Ø 320 mm bb 1 4 15 A 259
Beispiel 16 Trainingshalle der Bergwacht Gaißach, D 2008 Architekten: Herzog + Partner, München Thomas Herzog, Hanns Jörg Schrade Mitarbeiter: Xaver Wankerl Tragwerksplanung: Sailer Stepan Partner Beratende Ingenieure für Bauwesen GmbH, München aa Kernstück des Zentrums für Sicherheit und Ausbildung der Bergwacht Bayern in Gaißach bei Bad Tölz ist die Simulationsanlage für die technische Luftrettung. Mit der Errichtung der neuen Halle entfallen die kostspieligen und wetterabhängigen Trainingseinsätze mit dem Hubschrauber im Freien, und gleichzeitig werden durchschnittlich 350 l Kerosin pro Trainingsstunde eingespart. In der Halle kann an zwei Hubschrauberzellen der Einsatz geprobt werden: am sogenannten Standsimulator, der auf einem Stahlgerüst in einer der Hallenecken platziert wurde und zu einfacheren Übungen dient, und an einem Flugsimulator, der an einer Kranbahn quer durch die Halle bewegt werden kann. Um so realitätsnah wie möglich trainieren zu können, wurde die Fassade nicht gedämmt. Sie besteht lediglich aus einer transparenten Folienkonstruktion. So bleiben Witterungseinflüsse in der Halle spürbar. Außerdem ist die Anlage mit weiteren Besonderheiten ausgestattet: Künstlicher Fluglärm, durch Ventilatoren erzeugter Rotorenwind und Stroboskopblitze, die die flirrenden Sonnenstrahlen nachahmen, sollen den Beteiligten das Gefühl eines echten Einsatzes vermitteln. Wegen seiner Höhe von rund 20 m ist der Kubus hohen Windkräften ausgesetzt. Fünf Dreigurtrahmen aus Stahl bilden in Verbindung mit der Portalkrananlage, an der der Hubschrauber hängt, das Primärtragwerk. Dazwischen liegen die Nebenträger, die die modulare Membranfassade tragen. Eigens entwickelte Rahmenelemente sind mit einer 0,3 mm starken, UV-stabilen und sich selbst reinigenden ETFE-Haut überzogen. Die Folie wird dabei um die Kanten eines Z-Profils geschlagen und mit Klemmleisten fixiert. Im zweiten Schritt spannen vertikale Druckbögen diese nach außen. Die Sehnen der Bögen halten die Rahmen exakt in ihrer Position. Um eventuellen Vandalismusschäden an der Membran vorzubeugen, ist der Sockelbereich mit robusten Betonscheiben und dazwischenliegenden Falttoren verkleidet. Neben dem Dach und den angrenzenden Fassadenfeldern ist auch die Nordseite holzverschalt, um dort im Innern eine Kletterwand installieren zu können. • ETFE-Folie, mechanisch vorgespannt • Rahmen aus Z-Profilen und Druckbögen 260 a Schnitt • Grundriss Maßstab 1:750 a
Trainingshalle der Bergwacht 2 4 3 1 5 8 6 7 3 Aufsicht • Vertikalschnitt • Horizontalschnitt Rahmenelement Maßstab 1:20 Detailschnitt Maßstab 1:2 1 8 5 6 3 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Stahlprofil Å 240 mm Schraube M12 Z-Profil Stahl 3 mm als Rahmen verschraubt Keder EPDM Ø 8 mm ETFE-Folie je nach Statik 0,20 mm, 0,25 mm, 0,30 mm Druckbogen Stahlrohr Ø 35 ≈ 8 mm Sehne Stahlrohr Ø 8 mm Flachstahl ¡ 60/120/5 mm Stahlprofil HEB 240 mm 6 7 c c 9 b 6 5 3 9 b cc bb 261
Beispiel 17 Überdachung der Erschließungsachse der Weltausstellung EXPO 2010 Shanghai, CN 2010 Architekten: SBA Architekten, Stuttgart Hong Li, Bianca Nitsch Mitarbeiter: Cathrin Fischer, Reinhard Braun, Benedikt Köster, Lei Zhang, Yijun Qi Tragwerksplanung: Knippers Helbig Advanced Engineering, Stuttgart – New York Mitarbeiter: Florian Scheible, Florian Kamp, Dirk Richter, Roman Schieber Die zentrale Erschließungsachse der EXPO 2010 empfängt die Besucher und leitet sie über das Gelände zu den Ausstellungspavillons der einzelnen Länder. Der 1 km lange und 100 m breite Boulevard ist eine Fußgängerzone auf vier Ebenen, überdacht von einer 65 000 m² großen Membran. Gehalten wird das Dach von 19 Innenstützen, 31 Außenmasten und 6 Trichtern aus Stahl und Glas mit einem zweifach gekrümmten Freiformstabtragwerk. Diese sogenannten Sun Valleys leiten Tageslicht in die unteren Geschosse, schaffen die Verbindung nach außen und sind Orientierungspunkte auf dem riesigen Areal. Das Konzept einer gebauten Landschaft mit fließenden Übergängen von innen nach außen verlangte nach einer sich öffnenden Dachkonstruktion. Dies ließ sich nur mit einer Membran aus PTFE-beschichtem Glasfasergewebe verwirklichen, wobei freie Spannweiten von nahezu 100 m im Grenzbereich des technisch Machbaren liegen. Den abschließenden Formfindungsprozess des Dachs prägten statische Gesichtspunkte. Die Membran spannt sich im Wesentlichen zwischen den Hochpunkten an den Außenmasten und den Tiefpunkten an den innen liegenden Stützen. An deren umlaufendem Druckring ist die Hauptmembran befestigt, ebenso die Sogsicherungsseile. Hier treten die größten Vertikallasten auf. In diesem Bereich ist die Membran in Form einer Rosette zweilagig ausgeführt. Am Stützenkopf treffen drei mal je vier Sicherungsseile aufeinander, die ein Durchschlagen der Dachhaut nach unten verhindern, und drei Verbindungsseile zu den äußeren Stützen. Die Außenmasten tragen die Hauptlast der Membran und sind über zwei Rückverankerungen nach außen abgespannt. Deren 2 ≈ 2 m große Fußplatten konnten über Monate nachjustiert werden, die Fertigstellung der Fundamente erfolgte erst kurz vor Eröffnung. Nach der Weltausstellung bleibt die EXPOAchse als eines von fünf Gebäuden erhalten und wird das Zentrum eines neuen Stadtteils in Shanghai. • PTFE-beschichtetes Glasfasergewebe • Membrandach mit einer Fläche von 65 000 m² und freien Spannweiten bis zu 100 m 262
Überdachung der Erschließungsachse der Weltausstellung EXPO 2010 Lageplan Maßstab 1:40 000 Dachaufsicht • Ansicht Maßstab 1:2500 Querschnitt Maßstab 1:1000 aa a a 263
Beispiel 17 Vertikalschnitt Maßstab 1:100 Detailschnitt Maßstab 1:20 1 2 4 2 3 6 5 8 A 7 2 9 10 11 12 13 14 15 264
Überdachung der Erschließungsachse der Weltausstellung EXPO 2010 1 2 3 4 2 19 5 5 18 6 7 8 7 8 18 17 9 10 11 12 13 14 15 16 6 4 2 16 17 18 19 A Verbindungsseil zu Außenmast Stahl PVC-ummantelt Ø 50 mm Sicherungsseil Stahl PVC-ummantelt Ø 41 mm Windsogseil Stahl PVC-ummantelt Ø 80 mm Membran Glasfasergewebe PTFE-beschichtet 1,1 mm naturweiß, Zugfestigkeit Kette/Schuss 160/160 kN/m Transmissionsfaktor 17,5 % Membran Glasfasergewebe 2-lagig, naturweiß PTFE-beschichtet verschweißt 1 Lage 1,1 mm und 1 Lage 0,7 mm Stahlrohr verzinkt, beschichtet Ø 750/35 mm Druckstrebe Stahlrohr verzinkt, beschichtet Ø 159/16 mm Druckring Stahlrohr verzinkt, beschichtet Ø 299/25 mm Stahlsieb verzinkt 10 mm LED-Leuchte 45 W Stahlblech verzinkt, beschichtet 8 mm Auffangbehälter Regenwasser Stahl verzinkt, beschichtet 30 mm Regenrohr Stahlblech verzinkt Ø 200 mm 4 Stück pro Stütze Sitzbank Fußbodenaufbau: Granitplatten 30 – 50 mm Zementestrich 40 mm PE-Folie, Hartschaumplatten 20 – 66,5 mm Ausgleichsschicht Zementmörtel 20 mm Abdichtung Bitumenbahn 2-lagig Ausgleichsschicht Zementmörtel 20 mm Stahlbetondecke 160 mm Aussteifungsblech verzinkt 10 mm Klemmprofil Membran Aluminium verschraubt ¡ 50/12 mm Stahlblech verzinkt, beschichtet Schleppstreifen Membran mit Hauptmembran verschweißt 265
Beispiel 17 8 5 4 7 3 4 1 6 2 Schnitte • Dachaufsicht Maßstab 1:20 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 266 Aussteifung Stahlblech verzinkt 32 mm Gratseil Stahl PVC-ummantelt Ø 117 mm Fassadenprofil Stahlrohr aus Flachstahl geschweißt, verzinkt, beschichtet, gevoutet von ¡ 360/130/20 – 32 mm bis 180/65/5 –10 mm LED-Leuchte Stahlblech 10 mm verzinkt Entwässerungsrohr PE Ø 200 mm Randseil Stahl PVC-ummantelt Ø 90 mm Verglasung VSG 2≈ 4 mm mit PVB-Folie 1 mm Abspannseil Stahl PVC-ummantelt Ø 155 mm Gabelseilhülse Stahl verzinkt Außenmast Stahlrohr verzinkt, beschichtet 3≈ Ø 219,6/50 mm, Aussteifung Stahl profiliert 50 mm verzinkt, beschichtet Membranschleppstreifen 1-lagig mit Hauptmembran verschweißt Gratseil Stahl PVC-ummantelt Ø 130 mm Gabelseilhülse 1350/403/600 mm Stahl verzinkt Membran Glasfasergewebe PTFE-beschichtet 1,1 mm, naturweiß Zugfestigkeit Kette/Schuss 160/160 kN/m Transmissionsfaktor 17,5 % Windsogseil Stahl PVC-ummantelt Ø 80 mm Stahlprofil | 50/50/2,5 mm verzinkt Klemmprofil Membran 87/45 mm Aluminium Befestigungslasche 6 mm Stahl verzinkt Führungsprofil Regenwasser Aluminium 6 mm
Überdachung der Erschließungsachse der Weltausstellung EXPO 2010 9 10 17 18 11 19 16 bb 12 20 7 19 18 cc 7 c 16 14 c b 15 13 12 b 267
Beispiel 18 Gedenkstätte Sachsenhausen, D 2005 Architekten: hg merz architekten museumsgestalter, Stuttgart/Berlin Mitarbeiter: Dietmar Bauer, Ulrich Lechtleitner, Mara Lübbert, Johannes Schrey, Michel Weber Tragwerksplanung: Ingenieurgruppe Bauen, Berlin Technische Fassadenplanung: Werner Sobek Ingenieure GmbH, Stuttgart Ein flacher, objekthaft weißer Quader mit nur einer Zugangsöffnung beherbergt auf dem weiträumigen Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers in Sachsenhausen bei Berlin die wenigen originalen Überreste der sogenannten Station Z, wie die Vernichtungsanlagen im Sprachgebrauch der SS genannt wurden. Ziel der Architekten war es, neben einem 1961 errichteten Mahnmal mit monumentalem Charakter einen kontemplativen Raum der Erinnerung zu schaffen. Der Grundriss des scharfkantigen Schutzbaus nimmt zwar Bezug auf das im Boden vorhandene Relief, stellt aber keine Rekonstruktion der einstigen Bauvolumen dar. Eine lichte Raumhöhe von nur 2,60 m schafft im Inneren eine räumliche Dichte. Der Bau scheint über dem Boden zu schweben, da die untere Begrenzung der Wände 60 cm über der Geländekante endet und insgesamt auf nur acht Einzelfundamenten lagert. Das Primärtragwerk, ein räumliches Stahlfachwerksystem mit geschweißten Knoten, überspannt frei tragend eine Fläche von etwa 37 ≈ 39 m. Über dem eigentlichen Gedenkort wird die geschlossene Form des Dachs durch eine 22 ≈ 10 m große Öffnung durchbrochen, die Licht in den Innenraum fallen lässt. Das gesamte Volumen ist innen und außen mit einer transluzenten PTFE-beschichteten Glasfasermembran umhüllt, eine künstliche Beleuchtung ist daher nicht nötig. Hinter der fugenlosen Membranhülle lässt sich das Tragwerk erahnen, tritt aber optisch in den Hintergrund. Besonderheit dieser Membrankonstruktion ist die völlig plane Ausführung ohne sichtbare Details. Für die durchgängige, glatte Oberfläche sorgt ein kontinuierlicher Unterdruck zwischen den Hüllflächen. Ihre notwendige Vorspannung erhält die Membran nicht wie üblich über zweiseitig gekrümmte Flächen, sondern über den Unterdruck und unsichtbare Verspannungen an den Kanten der Fassade. Ein Gitterrost zwischen Primärtragwerk und Membran dient dabei als Auflagerfläche. • PTFE-beschichtetes Glasfasergewebe • Stabilisierung mit Unterdruck ohne Krümmung 268 Schnitt • Grundriss Maßstab 1:400 1 2 Eingang Gedenkort 3 4 Ausstellung Relikte aa 4 3 a 2 1 a
Gedenkstätte 5 6 5 6 7 8 Vertikalschnitt Maßstab 1:20 5 6 7 8 Membran Glasfasergewebe PTFE-beschichtet Gitterrost Stahl verzinkt 40/2 mm, Maschenweite 55/55 mm Stahlhohlprofil | 80/80 mm Extrusionsprofil Aluminium Auflagersockel Stahlbeton wassergebundene Decke 269
Beispiel 19 Olympiastadion Berlin, D 2004 Architekten: von Gerkan, Marg und Partner, Berlin Mitarbeiter: Jochen Köhn, Martin Glass, Ivanka Perkovic, Katja Bernert, Dagmar Weber, Ralf Sieber Tragwerksplanung: Krebs und Kiefer, Darmstadt / Berlin Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart Für die Olympischen Spiele 1936 erbaut, ist das Stadion in Berlin bis heute Schauplatz zahlreicher Veranstaltungen und Fußballspiele. Entscheidendes Element der mehrjährigen Sanierung ist das neue Membrandach. Es grenzt sich bewusst vom massiven Erscheinungsbild des Bestands ab, nimmt mit der Öffnung zum Glockenturm, dem Marathontor, aber Bezug auf die historische Blickachse der Gesamtanlage. Um diese Unterbrechung im Dach realisieren zu können, wurde es nicht mit einem umlaufenden Ring, sondern als leichte Kragarmkonstruktion mit 76 radial zur Tribüne verlaufenden Fachwerkträgern ausgeführt. Das Tragwerk ruht auf 20 Stahlstützen, die extrem schlank ausgebildet sind, um die daraus resultierenden Sichtbehinderungen für die Zuschauer so gering wie möglich zu halten. Die Fachwerkträger bestehen aus einem geradlinig verlaufenden Obergurt und einem im Bereich der Baumstützen ausgerundeten Untergurt. Mit Ausnahme des inneren und äußeren Dachrands wird die gesamte Dachfläche von einer Membrankonstruktion als obere und untere Dachhaut überspannt. Die oberen Membranfelder liegen zwischen den Obergurten der Radialträger und werden durch tangential verlaufende Stahlrohrbögen mit Stichhöhen von 60 bis 200 cm unterstützt. Die Membran ist über diese Bögen gezogen und zwischen den Obergurten der Radialträger so gespannt, dass dazwischen die für die Membrantragwirkung notwendigen gekrümmten Sattelflächen entstehen. Die untere Membran ist als optischer Abschluss der Konstruktion zum Stadioninneren zwischen die Untergurte gespannt. Beide Membranebenen zeichnen eine hohe Lichtdurchlässigkeit und eine ausreichende Festigkeit aus, was besonders bei der unteren begehbaren Dachfläche wichtig ist. Auch die Schalldurchlässigkeit muss gewährleistet sein, da im Zwischenraum die Lautsprecheranlage untergebracht ist. Das Material, dass alle diese Anforderungen erfüllt, ist ein PTFE-beschichtetes Glasfasergewebe. Es zeichnet sich zudem durch gute Selbstreinigungseigenschaften aus. • PTFE-beschichtetes Glasfasergewebe • hohe Lichtdurchlässigkeit 270 A B
Olympiastadion 1 4 3 5 2 1 Schnitt Maßstab 1:2000 Tangentialschnitt Radialschnitt Maßstab 1:20 6 1 7 8 9 16 2 3 4 15 1 14 5 6 10 7 8 9 10 11 12 11 12 13 14 15 16 Membran Glasfasergewebe PTFE-beschichtet 12 Stahlgussknoten gelenkiges Auflager Membranbogen Kederschiene Membran Aluminium in Edelstahlprofil, an Bogen geschweißt Obergurt Stahlrohr Ø 323,9 mm Klemmleiste Edelstahlprofil fi 100/50/4 mm mit angeschweißtem Stegblech 60/60/7,5 mm Verglasung VSG aus 10 2≈ 10 mm TVG Punkthalterung Edelstahl auf Kunststofflager, gelenkig Klemmprofil Edelstahl mit Tropfkante Haltestab Edelstahl Ø 10 mm Gusselement Edelstahl einteilig Tangentialträger Stahlrohr Ø 177,8 mm Milchglas VSG aus 2≈ 5mm TVG, Stahlblech 2 mm weiß gestrichen, Lichtreflexionswert > 80 % Flutlicht (in alternierenden Feldern: Spielfeldbeschallung) Nebenmembran als Randabschluss verschweißt Entwässerungsrinne Edelstahl auf Neoprenlager Verankerung Absturzsicherung 13 14 A 271
Beispiel 19 1 2 3 7 4 5 6 8 9 B Radialschnitt Maßstab 1:20 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Membran Glasfasergewebe PTFE-beschichtet 0,7 mm (1200 g/m2) Abdichtung Kunststoffbeschichtung dauerelastisch, UV-beständig Aufbeton 100 mm Randversteifung/Gegengewicht Stahlbeton Fliegengitter Tangentialträger Stahlrohr Ø 323,9 mm Schnürrand Membran um Stahlrohr Ø 38 mm Leuchtstoffröhren auf Stahlprofil 40/100 mm Membran begehbar: Glasfasergittergewebe PTFE-beschichtet, offenmaschig 0,7 mm (1150 g/m2) Stahlgussknoten 272 4
Sanierung und Umbau Hauptbahnhof Sanierung und Umbau Hauptbahnhof Dresden, D 2006 Architekten: Foster + Partners, London Tragwerksplaner: Schmitt Stumpf Frühauf & Partner, München Büro Happold, London Das Gesamtkonzept für Sanierung und Umbau des Dresdner Hauptbahnhofs sieht vor, die historische Substanz zu erhalten, deren Wirkung zu stärken und zugleich innovative Elemente einzubringen. Alle An- und Umbauten wurden daher entfernt, zurück blieb das originale Eisentragwerk und wenige Reste aus der wilhelminischen Zeit. Das neue 30 000 m2 große, transluzente Dach besteht aus PTFE-beschichtetem Glasfasergewebe. Für eine Membran dieser Größe einmalig, erfolgte der Einbau unter laufendem Betrieb. Die größte Herausforderung bestand jedoch darin, die Horizontalkräfte in das für vertikale Dachlasten ausgelegte lineare Bogentragwerk einzuleiten. Die Lösung liegt in einer neuen aa Unterkonstruktion für die Membran, die als »Adapter« die räumlichen Vorspannkräfte vor allem bei asymmetrischen Lastfällen kompensiert. Das Bestandstragwerk wurde in Felder aus je zwei Bögen unterteilt, die über Horizontalaussteifungen miteinander gekoppelt sind. Die 10 m breiten Membranfelder schließen an die neuen, paarweise geführten Stahlrohre an, die die Kräfte über die räumliche Unterkonstruktion in die Obergurte der Bestandbinder einleiten. Über den Scheitelpunkten weitet sich der Abstand bb der Rundrohre linsenförmig zu glasgedeckten Oberlichtern. An jedem zweiten Bogen zwischen Mittel- und Seitenhalle ist die Dachhaut zu konischen Tiefpunkten nach unten gezogen. Dies ermöglicht die Anordnung von Entwässerungsöffnungen und ergibt eine statisch sinnvolle Krümmung in Hallenlängsrichtung. An den übrigen Bögen verläuft die Membran entlang frei hängender Stahlseile von den Enden der Oberlichter zu den Seitenhallen. Beim Ausfall eines Membranfelds verhindern Havarieseile an den Obergurten des Bestands eine Überbeanspruchung. Nach eingehender Prüfung fiel die Wahl b für die Dachdeckung auf PTFE-beschichtetes Glasfasergewebe. Es erfüllt die Anforderungen an Brandschutz, Chemikalien- und Abgasbeständigkeit sowie Selbstreinigung und Lebensdauer am besten. Das durch die transluzente Dachhaut strömende Tageslicht und die geringe Reflektion des Schalls schaffen eine angenehme Atmosphäre in den Bahnhofshallen. • PTFE-beschichtetes Glasfasergewebe • Montage unter laufendem Betrieb Querschnitt Maßstab 1:1000 Längsschnitt Grundriss Maßstab 1:2000 f f a b a 273
Beispiel 20 e 3 d 2 9 4 e 1 12 7 8 6 13 11 d 5 10 cc e 7 5 3 14 13 c c e dd 274 9
Sanierung und Umbau Hauptbahnhof 15 2 Vertikalschnitte • Horizontalschnitt (ohne Membran) Maßstab 1:20 1 2 3 3 4 14 13 4 8 7 5 9 6 7 8 9 9 10 11 10 12 12 13 14 15 c Blitzfangstange Stahlprofil Ø 10 mm Oberlichtverglasung VSG 16 mm Lochblech Aluminium mit aufgenieteten Lamellenstreifen Membran Glasfasergewebe weiß PTFE-beschichtet 0,8 mm Gewicht 1,2 kg/m2 Zugfestigkeit Kette/Schuss 140/100 kN/m Transmissionsfaktor 12,5 % Reflexionsfaktor 73 % Stahlspiralseil galvanverzinkt Ø 22 mm Stahlrohr | 50/50/4 mm Stahlrohr Ø 114,3/12,5 mm Membrananschluss Klemmprofil Aluminiumlegierung ¡ 115/10 mm Stahlrohr ¡ 120/80/12,5 mm Pfette Stahlrohr ¡ 200/100 mm Obergurt Bogenbinder Bestand 2≈ Eisenprofil Í 100/12 mm + Eisenblech 12 mm Pfettenadapter als Toleranzausgleich Stahlblech verschweißt 10 mm vorkonfektionierter Membranlappen Widerlager Stahlprofil Z 80 Stahlprofil } 90 2 3 4 14 13 8 7 9 10 c 11 11 ff 15 ee 275
Beispiel 20 1 2 1 2 g 4 A 3 5 5 6 8 6 7 7 8 g gg Vertikalschnitte Einlauftrichter Maßstab 1:50 Detailschnitt Maßstab 1:10 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 Membran Glasfasergewebe weiß PTFE-beschichtet 0,8 mm Stahlrohr Ø 114,3/12,5 mm Wassereinlauf Gitterrost 30/30/3 mm Ovalring Stahlrohr Ø 114,3/8 mm Einlauftrichter Edelstahlblech 6 mm Trichtertülle Stahlblech 3 mm Obergurt Bogenbinder Bestand Dichtung EPDM zum Schutz der Membran 150 ≈ 3 mm Keder EPDM Ø 12 mm oberes Klemmprofil Aluminium 50 ≈ 10 mm unteres Klemmprofil Aluminium 115 ≈ 10 mm Klemmleiste Aluminium 40 ≈ 4 mm Membranlappen vorkonfektioniert, mit Hauptmembran verschweißt 1 10 14 4 11 9 2 12 13 5 6 A 276 7
Passagier-Terminal-Komplex Suvarnabhumi International Airport Passagier-Terminal-Komplex Suvarnabhumi International Airport Bangkok, T 2005 Architekten: Murphy/Jahn, Chicago ACT Consultants, Bangkok TAMS Consultants / Earth Tech, New York Tragwerksplanung: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart Klimatechnik: Transsolar, Stuttgart / München Die größte Herausforderung beim Neubau des Suvarnabhumi International Airports war, ein für das tropische Klima angemessenes neues Eingangstor nach Thailand zu schaffen. Dort herrschen das ganze Jahr über Temperaturen zwischen 25 und 35 °C. Hinzu kommen eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit und zenitale Sonnenstände. Neben dem zentralen Terminal prägen die röhrenartigen Erschließungsgebäude, die sogenannten Concourses, das Erscheinungsbild des Flughafens. Sie bestehen im Wesentlichen aus insgesamt 104 identischen DreigurtFachwerkträgern mit einer Gesamtlänge von ca. 3 km. Zwischen den Dreigurtträgern spannt jeweils eine Membrandachfläche von ca. 1000 m2 über 27 m, dazwischen liegen verglaste Seitenflächen. An das Membrandach werden vielfältige Anforderungen gestellt: Einerseits muss es 1– 2 % des Sonnenlichts als diffuses Licht durchlassen, um tagsüber eine Grundbeleuchtung des Innenraums sicherzustellen, andererseits aber den Energieeintrag in die Aufenthaltsbereiche begrenzen. Die Architekten entwickelten daher ein Membranpaket, bestehend aus drei Schichten. Ein PTFE-beschichtetes strapazierfähiges Glasfasergewebe stellt die äußere, wetterschützende Schicht dar. Es zeichnet sich neben einem hohen Reflexionsgrad und einer extrem hohen Reißfestigkeit durch eine schmutzabweisende Oberfläche aus und ist sehr langlebig. Unter dieser Schicht liegen transparente 6 mm dicke Polycarbonatplatten im Raster 1 ≈ 1 m mit akustisch abgedichteten Fugen auf einem Seilnetz auf. Die meisten Funktionen jedoch erfüllt die innere Membran, deren Trägermaterial ebenfalls aus Glasfasern besteht. Dank ihrer Perforation ist sie lichtdurchlässig und schalldämpfend. Eine raumseitige silbrige Low-E-Beschichtung reduziert den Austausch der Wärmestrahlung zwischen der äußeren Membran und den Bauteilen der Aufenthaltszone. Außerdem reflektiert sie über ihre metallisch schimmernde Oberfläche die angenehm kühle Strahlung des thermisch aktivierten Fußbodens. aa bb cc dd Schnitte Maßstab 1:1500 Grundriss Maßstab 1:15 000 1 2 3 4 5 6 7 Vorfahrt Brückenbauwerk, dreigeschossig Parkhaus d d 7 b 5 a Tower Palmengarten niedriger Tower Terminalgebäude Erschließungsröhre »Concourse« a b 6 4 5 4 1 c c 2 3 • dreischichtiges Membranpaket • PTFE-beschichtetes Glasfasergewebe, Polycabonatplatten, Glasfasergewebe mit Low-E-Beschichtung 277
Beispiel 21 9 1 4 10 8 12 5 6 7 8 Schnitt Membrandach Maßstab 1:50 Detailschnitt Maßstab 1:10 1 2 3 4 äußere Membranlage Witterungsschutz: Glasfasergewebe PTFE-beschichtet 1,200 kg/m2 Spannvorrichtung über Aluminiumrohr Ø 40 mm Randstreifen Glasfasergewebe PTFE-beschichtet, erst nach Spannen der Membran fixiert mittlere Lage Schutz vor Fluglärm: Polycarbonatplatten 1000/1000/6 mm transparent 7,2 kg/m2, R'w=35 dB, auf Seilnetz Brandschutzklasse B1 9 10 11 12 akustische Fugendichtung Profilstreifen EPDM Unterkonstruktion Seilnetz Stahl Ø 12 mm Seilklemme Edelstahl innere Membranlage Akustikmembran: Glasfasergewebe mit Low-E-Beschichtung Aluminium offenporig 0,320 kg/m2, Brandschutzklasse A 2 Dreigurtfachwerkträger Stahlrohr Ø 419/36 mm Verglasung VSG 15,5 mm mit Low-E-Beschichtung, Sonnenschutz-Punktraster Deckungsgrad im Verlauf 20 % (Traufe) bis 80 % (First) Vertikalfuge Deckleiste Aluminium Horizontalfuge Silikon Aufsatzprofil Aluminium 60/80 mm Gitterkonstruktion Stahlrohr ¡ 150/250/16 mm 9 3 1 2 5 4 7 10 6 11 8 278 12
Passagier-Terminal-Komplex Suvarnabhumi International Airport A innere Membran mit Low-E-Beschichtung B dreilagiger Membranaufbau, Schema Akustik C stufenweise Reduzierung des Tageslichteinfalls durch das dreischichtige Membrandach D Zusammenhang von Gebäudehülle, Fußbodenkühlung und Quelllüftung E Anlieferung der Membranpakete F Auflegen der Membran auf die Mittellage des Daches, Vorbereitungen zum Auslegen G gespannte temporäre Gleitbahn (Polyester, PVCbeschichtet) mit äußerer Dachmembran vor dem Ausbringen H Verlegung der Polycarbonatplatten 1,5 mm A E Tageslicht-Transmission Fluglärm 100% Glasfasergewebe, PTFE beschichtet Schall-Reduktion Glasfasergewebe, PTFE beschichtet 14% Polycarbonatplatte Schall-Absorption Polycarbonatplatte 12% Low-E-Akustikmembran, offenporig Luftschall Innenraum Low-E-Akustikmembran, offenporig gesamt ca. 2% C B F Sonneneinstrahlung auf 3-lagiges Membrandach 100 % dauerhafte Reflexion der Sonneneinstrahlung 70 % Sonneneinstrahlung auf bedrucktes Glas 100 % Absorption 28 % Reflexion der Sonneneinstrahlung 60 % Absorption 36,5 % Transmission 2% G Transmission 3,5 % Reduzierung der langwelligen Strahlung durch Low-E-Beschichtung konditionierter Raum Quelllüftung 18 °C, 4 ac/h TLuft = 24 °C Toperative = 27 °C Fußbodenoberfläche 21 °C Vorlauf 13 °C D Fußbodenkühlung Rücklauf 19 °C H 279
Beispiel 22 Forumüberdachung – Alte Spinnerei Kolbermoor, D 2010 Architekten: Behnisch Architekten, München Stefan Behnisch, David Cook, Martin Haas, Robert Hösle Mitarbeiter: Christian Glander, Wyly Brown Objektüberwachung: Quest Architekten, Thomas Gerhager Tragwerksplanung: Knippers Helbig Advanced Engineering, Stuttgart – New York Mitarbeiter: Boris Peter, Klaus Pfaff, Ivan Tontchev Die Ansiedlung der nahe Rosenheim gelegenen Stadt Kolbermoor geht auf die Gründung der Baumwollspinnerei in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Die Lage an der Eisenbahnstrecke und die Nutzung der Wasserkraft gaben den Ausschlag für die Standortwahl des Unternehmens. Die Mangfall wurde auf einem Teilabschnitt von knapp 3 km Länge begradigt und ein ebenso langer Werkskanal gebaut. Nach einer wechselvollen Firmengeschichte schlossen sich in den 1990er-Jahren die Tore der Produktionshallen für immer. Sanierung, Umnutzung und Neubauten auf dem Gelände der Spinnerei ließen nach Jahren des Stillstands einen neuen Stadtteil entstehen, der durch die Industriedenkmäler einen eigenen Charakter hat. Die Freifläche im Mittelpunkt der Anlage, das neue Forum, soll für Ausstellungen und Konzerte nutzbar sein und zum zentralen Treffpunkt der »Alten Spinnerei« werden. Überspannt wird diese Freifläche mit einem Membrandach aus einem PTFE-beschichtetem Glasfasergewebe, das in ein Netz aus 10 cm breiten und bis zu 40 m langen Membrangurten übergeht und so die Geschichte des Orts mit dem Thema »Verweben« interpretiert. Sie ist weniger Dach, vielmehr eine filigrane Skulptur, die das Ensemble der denkmalgeschützten Gebäude über den Kanal hinweg miteinander verbindet. Die Netzkonstruktion besteht aus zweilagig miteinander verschweißten Membranstreifen, die mit speziell dafür gefertigten Edelstahlklemmen gehalten werden. An den Kreuzungspunkten sind diese übereinander liegend und gedreht über eine zentrale Schraube miteinander verbunden, um die Differenzkräfte übertragen zu können. Die Pylone aus Lärchenbrettschichtholz sind Pendelstützen mit einer Kugelgelenkverbindung am Fuß, die über Mikropfähle und Stahlbetonpfahlköpfe die Lasten in den tragenden Untergrund einleiten. Aufgeschweißte Membranwülste an den Dachrändern lenken das Regenwasser zu den beiden Tiefpunkten mit freiem Auslauf im Garten und mittels einer Membrantasche in das Regenfallrohr am Gebäude. • Dach aus Glasfasergewebe PTFE-beschichtet • Netzstruktur aus zweilagigen und vollflächig verschweißten Membrangurten 280 4 6 1 A 5 3 6 2 6 C B 7
Forumüberdachung – Alte Spinnerei Grundriss Maßstab 1:750 Isometrien Details Maßstab 1:5 1 2 3 4 5 6 7 Kesselhaus Cafe Schornstein Veranstaltungfläche Pagode temporäre Pagode Triebwerkskanal a 8 8 9 9 10 10 11 11 12 13 13 12 a A aa 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Membrangurt 2-lagig Glasfasergewebe PTFE-beschichtet 2≈ 0,7 mm, vollflächig miteinander verschweißt Reißfestigkeit Gurt 18,2 kN Membranklemme aus 2 profilierten Edelstahlblechen: 140/50/6 mm, 140/50/8 mm, verschraubt Edelstahlblech profiliert 135/140/3 mm Edelstahlblech profiliert 300/150/7 mm Edelstahlseil Ø 8 mm Membran Glasfasergewebe PTFE-beschichtet 0,7 mm Reißfestigkeit Kette/Schuss 140/120 kN/m Membranklemme aus 2 profilierten Edelstahlblechen: 140/30/4 mm, 140/30/6 mm, verschraubt Senkschraube mit Innensechskant M8 Edelstahlblech profiliert 140/147/3 mm Seilklemme aus 2 profilierten Edelstahlblechen: 150/141/5 mm, verschraubt Randseil Ø 24 mm b 8 8 14 14 16 16 17 18 17 B b bb 14 cc 14 15 c 8 14 c C 281
Beispiel 23 Freilufttheater Festungsarena Josefsburg Kufstein, A 2006 Architekten: Nikolai Kugel Architekten, Stuttgart Tragwerksplanung: Alfred Rein Ingenieure, Stuttgart Die Festung Kufstein, einst als Verteidigungsanlage errichtet, ist heute ein beliebtes Ausflugsziel. Im südlich vorgelagerten Festungshof der Josefsburg finden in den Sommermonaten Freiluftveranstaltungen statt. Die Unabhängigkeit vom Wetter sollte ein temporär auffahrbares Dach garantieren. Das Erscheinungsbild der Gesamtanlage musste jedoch ungestört bleiben. Auch Verankerungen in der historischen Substanz erlaubte die Denkmalschutzbehörde nicht. Daher entstand eine filigrane, radiale Seilkonstruktion, von deren Zentrum aus eine Membran auf Knopfdruck innerhalb von vier Minuten ausgefahren werden kann. Das Tragwerk besteht aus 15 gleichen Segmenten und ähnelt einem liegenden Speichenrad. In 10 m Höhe verläuft außen, einer Felge gleich, ein Druckring, der in den Polygonpunkten auf Stützen auflagert, fünf davon sind Luftstützen. Die oberen und unteren Speichenseile verlaufen radial zur Mitte und sind an der Zentralnabe fixiert. Die Membran ist pro Segment punktuell an acht Gleitwagen aufgehängt, die über die unteren Radialseile nach außen fahren. Der jeweils erste Wagen ist fest mit dem endlosen Reffseil verbunden. Es wird über Umlenkrollen parallel zu den Speichenseilen geführt. Zentral gesteuerte Antriebseinheiten fahren die Membran nach außen. Der Vortrieb erfolgt über 15 getrennt steuerbare Seilwinden. Spannvorrichtungen stabilisieren die Konstruktion und bringen sie in die endgültige Position. Die bewegliche Dachfläche besteht aus beschichtetem PTFE-Gewebe, das sich durch hohe Flexibilität, Knickbeständigkeit und Haltbarkeit auszeichnet. Hohe Lichtdurchlässigkeit und das geringe Anschmutzverhalten sorgen für eine ästhetisch ansprechende Optik. Im aufgespannten Zustand sammelt die am Dachrand aufgeschweißte PTFE-Rinne das anfallende Regenwasser. Über Auffangbehälter und Fallrohre in den Stützen wird es mit Unterdruck abgeleitet. Zwei weitere Aspekte haben sich bei laufendem Betrieb gezeigt – das aufgespannte Dach verbessert die Akustik und unterstreicht mit atmosphärischen Lichtinstallationen die Einzigartigkeit des Orts. • PTFE-Gewebe beschichtet • bewegliche Dachfläche 282 6 1 5 2 3 4
Freilufttheater Festungsarena Josephsburg Lageplan Maßstab 1:2500 Grundriss • Systemschnitt Maßstab 1:500 1 2 3 4 5 6 Hof Regiekanzel Ausschank WC-Anlage Aufgang Kasematte 283
Beispiel 23 c 4 4 8 8 10 7 6 11 11 cc 6 dd c 9 1 4 a b 9 d 8 1 a 7 e 2 b e 6 5 d 3 8 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Polycarbonatplatten 12 mm. Zentralnabe Ø 1000 mm Flachstahl verzinkt, beschichtet ¡ 30/610 mm Membran PTFE-Gewebe beschichtet Reißfestigkeit 80 kN/m Transluzenz 40 % oberes Speichenseil Rundstahl Ø 36 mm Gleitwagen unteres Speichenseil Rundstahl Ø 28 mm Hängerseil Rundstahl Ø 14 mm Reffseil Rundstahl Ø 12 mm Klemmsattel Führungsrolle Reffseil Führungsschiene Stütze Stahlrohr beschichtet Ø 457 ≈ 12,5/30/50 mm Abspannseil Rundstahl Ø 14 mm Montagestoß 19 20 21 22 23 24 25 26 27 6 4 2 aa 284 2 bb 9 Fahr- und Spannmechanismus Kabelkanal/Wartungssteg Edelstahl 4 mm Auffangwanne Regenwasser Edelstahl 4 mm Entwässerungsrohr PE innen Ø 40 mm mit Unterdrucksystem Druckring Stahlrohr beschichtet Ø 610 ≈ 20 mm Ausleger Stahlrohr beschichtet Ø 273 ≈ 16 mm Diagonale Rundstahl Ø 50 mm Zugring Rundstahl Ø 60 mm Radialgurt PES 100 ≈ 5 mm vorgereckt Bruchkraft 200 kN Membranschleppstreifen mit Hauptmembran verschweißt Regenrinne PTFE-Gewebe beschichtet mit Hauptmembran verschweißt Randgurt PES 50 ≈ 3 mm vorgereckt, mit Hauptmembran im Randbereich vernäht, Bruchkraft 80 kN Gitterrost Edelstahl Maschenweite 40 ≈ 40 mm
Freilufttheater Festungsarena Josefsburg Vertikalschnitt Horizontalschnitt Maßstab 1:50 Detailschnitte Maßstab 1:10 e f 4 5 6 6 8 23 8 13 f 23 24 3 e 3 12 ee ff 15 8 g 14 16 6 19 8 g 18 17 20 13 21 12 22 4 19 27 17 23 24 2 12 25 20 26 gg 285
Verordnungen, Richtlinien, Normen Verordnungen, Richtlinien, Normen Die EU hat für eine Anzahl von Produkten Richtlinien erlassen, um insbesondere Sicherheit und Gesundheit der Anwender zu gewährleisten. Diese Richtlinien müssen in den Mitgliedsstaaten in verbindliche Gesetze und Verordnungen umgesetzt werden. Die Richtlinien selbst enthalten keine technischen Details, sondern nur verbindliche grundlegende Anforderungen. Die technischen Werte dafür sind in zugeordneten technischen Regeln und in Form von europaweit harmonisierten Normen (EN-Normen) festgelegt. Allgemein stellen technische Regeln Arbeitshinweise und Hilfsmittel für den Arbeitsalltag dar. Sie sind keine Rechtsvorschriften, sondern geben Entscheidungshilfen, bilden eine Richtschnur für einwandfreies technisches Vorgehen und /oder konkretisieren Inhalte von Verordnungen. Grundsätzlich steht die Anwendung der technischen Regeln jedermann frei. Erst wenn diese in Gesetzen, Verordnungen oder Vorschriften vorgesehen sind, werden sie rechtsverbindlich (z. B. im Baurecht) – oder wenn vertraglich die Verbindlichkeit einzelner Normen zwischen den Vertragspartnern festgelegt wird. Zu den technischen Regeln gehören u. a. DIN-Normen, VDI-Richtlinien und die als Regeln der Technik bezeichneten Werke (z. B. Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS). Die Normen unterscheiden sich in Produkt-, Anwendungs- und Prüfnormen. Oftmals beziehen sie sich nur auf eine spezifische Material- oder Produktgruppe. Diesen Normen liegen entsprechende Prüf- und Rechenmethoden für die jeweiligen Materialien zugrunde. Grundsätzlich gilt immer die neueste Version einer Norm, die dem Stand der Technik entsprechen soll. Eine neue oder überarbeitete Norm wird in Form eines Normentwurfs öffentlich zur Diskussion gestellt, um später als Norm verabschiedet zu werden. Welchen Ursprung und Einflussbereich eine Norm hat, lässt sich aus ihrer Bezeichnung ersehen: DIN plus Zählnummer (z. B. DIN 4108) besitzt überwiegend nationale Bedeutung (Entwürfe werden mit »E« und Vornormen mit »V« gekennzeichnet). Bei DIN EN plus Zählnummer (z. B. DIN EN 335) handelt es sich um die deutsche Ausgabe einer europäischen Norm, die unverändert von der europäischen Normungsorganisation CEN übernommen wurde. Bei DIN EN ISO (z. B. DIN EN ISO 13 786) spiegelt sich der nationale, europäische und weltweite Einflussbereich wider. Auf Grundlage einer Norm der internationalen Normungsorganisation ISO wurde eine europäische Norm erarbeitet, die als DIN-Norm übernommen wurde. Bei DIN ISO (z. B. DIN ISO 2424) handelt es sich um eine unveränderte Übernahme einer Norm der ISO als nationale Norm. Die nachfolgende Zusammenstellung ist eine Auswahl von Verordnungen, Richtlinien und Normen, die den Stand der Technik wiedergibt (August 2008). Werkstoffe und Halbzeuge DIN EN ISO 1163-1 Kunststoffe – Weichmacherfreie Polyvinylchlorid (PVC-U)-Formmassen. Teil 1: Bezeichnungssystem und Basis für Spezifikationen. 1999-10 DIN EN ISO 1163-2 Kunststoffe – Weichmacherfreie Polyvinylchlorid (PVC-U)-Formmassen. Teil 2: Herstellung von Probekörpern und Bestimmung von Eigenschaften. 1999-10 DIN EN 1778 Charakteristische Kennwerte für geschweißte Thermoplast-Konstruktionen – Bestimmung der zulässigen Spannungen und Moduli für die Berechnung von Thermoplast-Bauteilen. 1999-12 DIN EN ISO 1872-1 Kunststoffe – Polyethylen (PE)-Formmassen. Teil 1: Bezeichnungssystem und Basis für Spezifikationen. 1999-10 DIN EN ISO 1872-2 Kunststoffe – Polyethylen (PE)-Formmassen. Teil 2: Herstellung von Probekörpern und Bestimmung von Eigenschaften. 2007-05 DIN EN ISO 1873-1 Kunststoffe – Polypropylen (PP) Formmassen. Teil 1: Bezeichnungssystem und Basis für Spezifikationen. 1995-12 286 DIN EN ISO 1873-2 Kunststoffe – Polypropylen (PP) Formmassen. Teil 2: Herstellung von Probekörpern und Bestimmung von Eigenschaften. 2007-11 DIN ISO 2076 Textilien – Chemiefasern – Gattungsnamen und Kurzzeichen. 2001-05 DIN 7724 Polymere Werkstoffe – Gruppierung polymerer Werkstoffe aufgrund ihres mechanischen Verhaltens. 1993-04 DIN EN ISO 8257-1 Kunststoffe – Polymethylmethacrylat (PMMA)-Formmassen. Teil 1: Bezeichnungssystem und Basis für Spezifikationen. 2006-09 DIN EN ISO 8257-2 Kunststoffe – Polymethylmethacrylat (PMMA)-Formmassen. Teil 2: Herstellung von Probekörpern und Bestimmung von Eigenschaften. 2006-06 DIN EN 13 706-1 Verstärkte Kunststoffverbundwerkstoffe – Spezifikationen für pultrudierte Profile. Teil 1: Bezeichnung. 2003-02 DIN EN 13 706-2 Verstärkte Kunststoffverbundwerkstoffe – Spezifikationen für pultrudierte Profile. Teil 2: Prüfverfahren und allgemeine Anforderungen. 2003-02 DIN EN 13 706-3 Verstärkte Kunststoffverbundwerkstoffe – Spezifikationen für pultrudierte Profile. Teil 3: Besondere Anforderungen. 2003-02 DIN EN 14 020 Verstärkungsfasern – Spezifikation für Textilglasrovings. 2003-03 DIN 16 944 Glasfaserverstärkte Reaktionsharzformstoffe. 1988-07 DIN 16 945 Reaktionsharze, Reaktionsmittel und Reaktionsharzmasse. 1989-03 DIN 16 946 Reaktionsharzformstoffe, Gießharzformstoffe 1989-03 DIN 18 820-1 Laminate aus textilglasverstärkten ungesättigten Polyester- und Phenacrylatharzen für tragende Bauteile. Teil 1: Aufbau, Herstellung und Eigenschaften. 1991-03 DIN 18 820-2 Laminate aus textilglasverstärkten ungesättigten Polyester- und Phenacrylatharzen für tragende Bauteile. Teil 2: Physikalische Kennwerte der Regellaminate. 1991-03 DIN 18 820-3 Laminate aus textilglasverstärkten ungesättigten Polyester- und Phenacrylatharzen für tragende Bauteile. Teil 3: Schutzmaßnahmen für das tragende Laminat. 1991-03 DIN 18 820-4 Laminate aus textilglasverstärkten ungesättigten Polyester- und Phenacrylatharzen für tragende Bauteile. Teil 4: Prüfung und Güteüberwachung. 1991-03 DIN 61 853-1 Textilglas – Textilglasmatten für die Kunststoffverstärkung. Teil 1: Technische Lieferbedingungen 1987-04 DIN 61 853-2 Textilglas – Textilglasmatten für die Kunststoffverstärkung. Teil 2: Einteilung, Anwendung. 1987-04 DIN 61 854-1 Textilglas – Textilglasgewebe für dieKunststoffverstärkung – Filamentgewebe und Rovinggewebe. Teil 1: Technische Lieferbedingungen 1987-04 DIN 61 854-2 Textilglas – Textilglasgewebe für die Kunststoffverstärkung – Filamentgewebe und Rovinggewebe. Teil 2: Typen 1987-04 Berechnung DIN 4134 Tragluftbauten: Berechnung, Ausführung und Betrieb. 1983-02 DIN EN 13 782 Fliegende Bauten – Zelte – Sicherheit. 2006-05 VDI 2014-1 Entwicklung von Bauteilen aus Faser-Kunststoff-Verbund. Blatt 1: Grundlagen. 1989-07 VDI 2014-2 Entwicklung von Bauteilen aus Faser-Kunststoff-Verbund. Blatt 2: Konzeption und Gestaltung. 1993-09 VDI 2014-3 Entwicklung von Bauteilen aus Faser-Kunststoff-Verbund. Blatt 3 : Berechnungen. 2006-09 Bau-Überwachungsvereins e. V. (BÜV): Tragende Kunststoffbauteile im Bauwesen – Empfehlung. 2010-08 Download über: www.bvpi.de/shared/pdf-dokumente/ Kunststoff_Empf.pdf, 20.08.2010 Clarke, John L.: Structural Design of Polymer Composites – EUROCOMP Design Code and Handbook. London 1996 Bauphysikalische Eigenschaften DIN EN 832 Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden. 2003-06 DIN 4102 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen. 2004-11 DIN 4108-2 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden. Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz. 2003-07 DIN 4108-3 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden. Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz. 2001-07 DIN 4109 Schallschutz im Hochbau. 2010-05 DIN 5034 Tageslicht in Innenräumen. 2010-09 DIN EN ISO 6946 Bauteile – Wärmedurchlaßwiderstand und Wärmedurchgangskoeffizient – Berechnungsverfahren. 2008-04 DIN EN ISO 7345 Wärmeschutz – Physikalische Größen und Definitionen. 1996-01 ISO 8302 Wärmeschutz – Bestimmung des stationären Wärmedurchlaßwiderstandes und verwandter Eigenschaften – Verfahren mit dem Plattengerät. 1991-08 DIN EN ISO 10 211 Wärmebrücken im Hochbau – Wärmeströme und Oberflächentemperaturen – Detaillierte Berechnungen. 2008-04 DIN EN 12 898 Glas im Bauwesen – Bestimmung des Emissionsgrades. 2001-04 DIN EN 13 125 Abschlüsse – Zusätzlicher Wärmedurchlasswiderstand – Zuordnung einer Luftdurchlässigkeitsklasse zu einem Produkt. 2001-10 DIN EN 13 363-1 Sonnenschutzeinrichtungen in Kombination mit Verglasungen – Berechnung der Solarstrahlung und des Lichttransmissionsgrades. Teil 1: Vereinfachtes Verfahren. 2007-09 DIN EN 13 363-2 Sonnenschutzeinrichtungen in Kombination mit Verglasungen – Berechnung der Solarstrahlung und des Lichttransmissionsgrades. Teil 2: Detailliertes Berechnungsverfahren. 2005-06 DIN EN 13 501-1 Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten. Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten. 2010-01 DIN EN 13 501-2 Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten. Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen DIN EN 13 501-5 Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten. Teil 5: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus Prüfungen von Bedachungen bei Beanspruchung durch Feuer von außen DIN EN 14 501 Abschlüsse – Thermischer und visueller Komfort – Leistungsanforderungen und Klassifizierung. 2006-02 DIN V 18 599 Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung. 2007-02 VDI 2719 Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen. 1987-08 Energieeinsparverordnung (EnEV) Verordnung über energieeinsparenden Wärmeschutz und energieeinsparende Anlagentechnik bei Gebäuden. 2009-03 International Glazing Database IGDB Version 17.1. Download über: http://windows.lbl.gov/materials/igdb/, 20.08.2010 Prüfnormen: Mechanische Eigenschaften DIN ISO 34-1 Elastomere oder thermoplastische Elastomere – Bestimmung des Weiterreißwiderstandes. Teil 1: Streifen-, winkel- und bogenförmige Probekörper. 2004-07 DIN EN ISO 178 Kunststoffe – Bestimmung der Biegeeigenschaften. 2008-07 DIN EN ISO 291 Kunststoffe – Normalklimate für Konditionierung und Prüfung. 2008-08 DIN EN ISO 527-1 Kunststoffe – Bestimmung der Zugeigenschaften. Teil 1: Allgemeine Grundsätze. 2010-05 DIN EN ISO 527-2 Kunststoffe – Bestimmung der Zugeigenschaften. Teil 2: Prüfbedingungen für Form- und Extrusionsmassen. 2010-05 DIN EN ISO 527-3 Kunststoffe – Bestimmung der Zug-
Verordnungen, Richtlinien, Normen • Literatur eigenschaften. Teil 3: Prüfbedingungen für Folien und Tafeln. 2003-07 DIN EN ISO 527-4 Kunststoffe – Bestimmung der Zugeigenschaften. Teil 4: Prüfbedingungen für isotrop und anisotrop faserverstärkte Kunststoffverbundwerkstoffe. 1997-07 DIN EN ISO 527-5 Kunststoffe – Bestimmung der Zugeigenschaften. Teil 5: Prüfbedingungen für unidirektional faserverstärkte Kunststoffverbundwerkstoffe. 2010-01 DIN EN ISO 604 Kunststoffe – Bestimmung von Druckeigenschaften. 2003-12 DIN EN ISO 899 -1 Kunststoffe – Bestimmung des Kriechverhaltens. Teil 1: Zeitstand-Zugversuch. 2003-10 DIN EN ISO 899-2 Kunststoffe – Bestimmung des Kriechverhaltens. Teil 2: Zeitstand-Biegeversuch bei Dreipunkt-Belastung. 2003-10 DIN EN ISO 1421 Mit Kautschuk oder Kunststoff beschichtete Textilien – Bestimmung der Zugfestigkeit und der Bruchdehnung. 1998-08 DIN EN 1875-3 Mit Kautschuk oder Kunststoff beschichtete Textilien – Bestimmung der Weiterreißfestigkeit. Teil 3: Verfahren mit trapezförmigen Probekörpern. 1998-02 DIN EN ISO 2578 Kunststoffe – Bestimmung der Temperatur-Zeit-Grenzen bei langanhaltender Wärmeeinwirkung. 1998-10 DIN EN ISO 10 350-1 Kunststoffe – Ermittlung und Darstellung vergleichbarer Einpunktkennwerte. Teil 1: Formmassen. 2010-01 DIN EN ISO 11 403-2 Kunststoffe – Ermittlung und Darstellung von vergleichbaren Vielpunktkennwerten. Teil 2: Thermische und Verarbeitungseigenschaften. 2004-07 DIN EN ISO 14 125 Faserverstärkte Kunststoffe – Bestimmung der Biegeeigenschaften. 2003-06 DIN EN ISO 14 126 Faserverstärkte Kunststoffe – Bestimmung der Druckeigenschaften in der Laminatebene. 2003-06 DIN EN ISO 14 129 Faserverstärkte Kunststoffe – Zugversuch an 45°-Laminaten zur Bestimmung der Schubspannungs/Schubverformungs-Kurve des Schubmoduls in der Lagenebene. 1998-02 DIN EN ISO 14 130 Faserverstärkte Kunststoffe – Bestimmung der scheinbaren interlaminaren Scherfestigkeit nach dem Dreipunktverfahren mit kurzem Balken. 1998-02 DIN EN ISO 22 088 Kunststoffe – Bestimmung der Beständigkeit gegen umgebungsbedingte Spannungsrissbildung (ESC). 2009-10 DIN 53 350 Prüfung von Kunststoff-Folien und mit Deckschicht aus Kunststoff versehenen textilen Flächengebilden – Bestimmung der Biegesteifigkeit – Verfahren nach Ohlsen. 1980-01 DIN 53 359 Prüfung von Kunstleder und ähnlichen Flächengebilden – Dauer-Knickversuch. 2006-11 DIN 53 362 Prüfung von Kunststoff-Folien und von textilen Flächengebilden (außer Vliesstoffe), mit oder ohne Deckschicht aus Kunststoff – Bestimmung der Biegesteifigkeit – Verfahren nach Cantilever. 2003-10 DIN 53 363 Prüfung von Kunststoff-Folien – Weiterreißversuch an trapezförmigen Proben mit Einschnitt. 2003-10 DIN 53 442 Prüfung von Kunststoffen – Dauerschwingversuch im Biegebereich an flachen Probekörpern. 1990-09 DIN 53 598-1 Statistische Auswertung an Stichproben mit Beispielen aus der Elastomer- und Kunststoffprüfung. 1983-07 ASTM D 4851 Standard Test Methods for Coated and Laminated Fabrics for Architectural Use. 2007 Prüfnormen: Bauphysikalische Eigenschaften DIN EN 410 Glas im Bauwesen – Bestimmung der lichttechnischen und strahlungsphysikalischen Kenngrößen von Verglasungen. 2010-07 DIN EN 673 Glas im Bauwesen – Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) – Berechnungsverfahren. 2010-07 EN ISO 1182 Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten – Nichtbrennbarkeitsprüfung. 2009-01 DIN EN 1634-1 Feuerwiderstandsprüfungen und Rauch- schutzprüfungen für Türen, Tore, Abschlüsse, Fenster und Baubeschläge. Teil 1: Feuerwiderstandsprüfungen für Türen, Tore, Abschlüsse und Fenster. 2009-01 EN ISO 1716 Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten – Bestimmung der Verbrennungswärme. 2009-01 DIN EN ISO 11925-2 Prüfungen zum Brandverhalten von Baustoffen – Entzündbarkeit von Bauprodukten bei direkter Flammeneinwirkung. Teil 2: Einflammentest. 2009-01 DIN EN 12 865 Wärme- und feuchteschutztechnisches Verhalten von Bauteilen – Bestimmung des Widerstandes des Außenwandsystems gegen Schlagregen bei pulsierendem Luftdruck. 2001-07 DIN EN 13 501 Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten. 2010-02 DIN EN 13 823 Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten – Thermische Beanspruchung durch einen einzelnen brennenden Gegenstand für Bauprodukte mit Ausnahme von Bodenbelägen. 2009-12 DIN 53 765 Prüfung von Kunststoffen und Elastomeren – Thermische Analyse – Dynamische Differenzkalorimetrie (DDK). 1994-03 ASTM E 424 Prüfverfahren für den (terrestrischen) Transmissionsgrad und Reflexionsgrad für Sonnenenergie von Folienbahnen. 1971 Prüfnormen: Dauerhaftigkeit DIN EN ISO 105 Textilien – Farbechtheitsprüfungen. 2010-08 DIN EN ISO 305 Kunststoffe – Bestimmung der Thermostabilität von Polyvinylchlorid (PVC), verwandten chlorhaltigen Homopolymeren und Copolymeren und ihren Formmassen – Verfärbungsverfahren. 1999-10 DIN EN 673 Glas im Bauwesen – Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) – Berechnungsverfahren. 2003-06 DIN EN 1367 Prüfverfahren für thermische Eigenschaften und Verwitterungsbeständigkeit von Gesteinskörnungen. 2010-06 DIN EN ISO 4892-1 Kunststoffe – Künstliches Bestrahlen oder Bewittern in Geräten. Teil 1: Allgemeine Anleitung. 2001-09 DIN EN ISO 4892-2 Kunststoffe – Künstliches Bestrahlen oder Bewittern in Geräten. Teil 2: Xenonbogenlampen. 2009-11 DIN EN ISO 4892-3 Kunststoffe – Künstliches Bestrahlen oder Bewittern in Geräten. Teil 3: UV-Leuchtstofflampen. 2006-05 DIN EN 13 583 Abdichtungsbahnen – Bitumen-, Kunststoff- und Elastomerbahnen für Dachabdichtungen – Bestimmung des Widerstandes gegen Hagelschlag. 2001-11 ASTM E 424 Prüfverfahren für den (terrestrischen) Transmissionsgrad und Reflexionsgrad für Sonnenenergie von Folienbahnen. 1971 Sonstige Prüfnormen DIN 53 370 Prüfung von Kunststoff-Folien – Bestimmung der Dicke durch mechanische Abtastung. 2006-11 Umweltwirkungen von Kunststoffen DIN EN ISO 11 469 Kunststoffe – Sortenspezifische Identifizierung und Kennzeichnung von KunststoffFormteilen. 2000-10 DIN EN ISO 14 021/A1 Umweltkennzeichnungen und -deklarationen – Umweltbezogene Anbietererklärungen. 2010-01 DIN EN ISO 14 040 Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen. 2009-11 Literatur Teil A Kunststoffe und Membranen in der Architektur Albus, Volker (Hrsg.): Design! Das 20. Jahrhundert. 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Material – Herstellung – Produkte. Ludwigsburg 2006 Ludwig, Matthias: Mobile Architektur – Geschichte und Entwicklung transportabler und modularer Bauten. Stuttgart 1998 Nerdinger, Winfried (Hrsg.): Frei Otto: das Gesamtwerk – leicht bauen – natürlich gestalten. Basel 2005 Roland, Conrad; Otto, Frei: Frei Otto – Spannweiten. Ideen und Versuche zum Leichtbau. Berlin 1965 Schlaich, Jörg; Bergermann, Rudolf: Leicht weit – Light Structures. München 2003 Tschimmel, Udo: Die Zehntausend-Dollar-Idee. Kunststoff-Geschichte vom Celluloid zum Superchip. Düsseldorf 1991 Uffelen, Chris van; Steybe, Sophie: Pure Plastic – new materials for today's architecture. Berlin 2008 Teil B Werkstoffe Kunststoffe Baur, Erwin u. a.: Saechtling Kunststoff Taschenbuch. München 2007 Bonnet, Martin: Kunststoffe in der Ingenieuranwendung: verstehen und zuverlässig auswählen. Wiesbaden 2009 Bonten, Christian: Kunststofftechnik für Designer. 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München 2003 Carus, Michael u. a.: Einsatz von Naturfasern in Verbundwerkstoffen für die Automobilproduktion in Deutschland von 1999 bis 2005. Hrsg. vom nova-Institut, Hürth 2006 Carus, Michael u. a.: Naturfaserverstärkte Kunststoffe – Pflanzen, Rohstoffe, Produkte. Hrsg. von Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR), Gülzow 2008 Ehrenstein, Gottfried W.: Faserverbund-Kunststoffe: Werkstoffe, Verarbeitung, Eigenschaften. München 2006 Flemming, Manfred u. a.: Faserverbundbauweisen. Berlin 1995 Fourné, Franz: Synthetische Fasern – Herstellung, Maschinen und Apparate, Eigenschaften. München 1995 Hanselka, Holger; Hermann, Axel Siegfried: Technischer Leitfaden zur Anwendung von ökologisch vorteilhaften Faserverbundwerkstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen am Beispiel eines Kastenträgers als Prototyp für hochbelastbare Baugruppen. Aachen 1999 Michaeli, Walter; Begemann, Michael: Einführung in die Technologie der Faserverbundwerkstoffe. 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München 2006 Autoren Jan Knippers Jahrgang 1962 Studium Konstruktiver Ingenieurbau an der Technischen Universität Berlin 1992 Promotion an der Technischen Universität Berlin 1993 – 2000 Tätigkeit bei Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart seit 2000 Professur für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen an der Universität Stuttgart seit 2001 Ingenieurbüro Knippers Helbig Advanced Engineering, Stuttgart – New York Mitglied in nationalen und internationalen Ausschüssen und Gremien Jan Cremers Jahrgang 1971 Architekturstudium an der Universität Karlsruhe und an der Westminster University London 1999 – 02 Tätigkeit als Architekt, u. a. bei Koch+Partner, München 2002 – 06 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Gebäudetechnologie, Prof. Thomas Herzog, Technische Universität München 2006 Promotion an der Technischen Universität München 2006 – 08 SolarNext AG, Rimsting, zeitweise als Vorstand seit 2008 Director Technology bei Hightex GmbH, Rimsting seit 2008 Professur für Gebäudetechnologie und Integrierte Architektur an der Hochschule für Technik Stuttgart Markus Gabler Jahrgang 1977 Studium Konstruktiver Ingenieurbau an der Universität Stuttgart 2000 – 2002 Tätigkeit am Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart und im Ingenieurbüro Novák, Sindelfingen 2003 – 2007 Mitarbeit bei Knippers Helbig Advanced Engineering, Stuttgart – New York seit 2007 Mitarbeiter und Doktorand am Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) der Universität Stuttgart Mitglied im Arbeitskreis des DIN-Normenausschusses zu faserverstärkten Kunststoffen im Bauwesen. Julian Lienhard Jahrgang 1980 Studium Konstruktiver Ingenieurbau an der Universität Stuttgart 2004 – 2008 Tragwerksplaner im Architekturbüro Rasch + Bradatsch, Leinfelden-Echterdingen seit 2007 Mitarbeiter und Doktorand am Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) der Universität Stuttgart 2008 Gründung studioLD, Stuttgart 289
Abbildungsnachweis Abbildungsnachweis Allen, die durch Überlassung ihrer Bildvorlagen, durch Erteilung von Reproduktionserlaubnis und durch Auskünfte am Zustandekommen des Buches mitgewirkt haben, sagen die Autoren und der Verlag aufrichtigen Dank. Die hier nicht aufgeführten Zeichnungen im Grundlagenteil wurden von den Autoren gemeinsam erarbeitet. Fotos, zu denen kein Fotograf genannt ist, sind Autorenbzw. Architektenaufnahmen, Werkfotos oder stammen aus dem Archiv der Zeitschrift DETAIL. Trotz intensiven Bemühens konnten wir einige Urheber der Abbildungen nicht ermitteln, die Urheberrechte sind jedoch gewahrt. Wir bitten in diesen Fällen um entsprechende Nachricht. Die Zahlen beziehen sich auf die Abbildungsnummern. In Zusammenarbeit mit den Autoren und den Fotografen der Universität Stuttgart sind für diesen Atlas die Fotografien der unterschiedlichen Materialien entstanden. Hans-Joachim Heyer + Boris Miklautsch / Werkstatt für Photographie / Universität Stuttgart: B B 1.1 B 1.8 B 1.13 B 1.23 – 25 B 1.27 – 33 B 1.36 B 1.39 – 40 B 1.42 – 44 B 2.1 B 2.11–13 B 2.16 – 21 B 2.1 B 2.11–13 B 2.16 – 21 B 3.7 – 9 C 1.1 C 3.1 C 4.1 C 1.4 a – c C 1.6 – 11 C 1.17 – 21 C 2.4 a – d C 3.3 – 5 C 3.9 –10 C 3.21– 23 C 3.25 – 26 C 4.7 – 8 C 4.16 C 5.1 C 5.7–11 D 1.3 D 1.7 –8 E 1.34 – 35 Teil A A A1 A2 A3 D 2.8 E 3.17 – 18 Kunststoffe und Membranen in der Architektur Julian Lienhard, Stuttgart Deutsches Museum Archiv, München Kunststoffe, Carl Hanser Verlag München Tschimmel, Udo: Die Zehntausend-Dollar-Idee. Berlin 1991, S. 69 A4 http://www.liveauctioneers.com/item/5987732 A5 Vitra, Birsfelden/Weil am Rhein A6 Hansen, Hans/Vitra, Hamburg A 7– 8 The Estate of R. Buckminster Fuller, Santa Barbara A9 The MIT Museum, aus: Hess, Alan: Googie. fifties coffee shop architecture. San Francisco 1986, S. 50 A 10 Wolfgang Feierbach, Altenstadt A 11 Jean-Pierre Dalbéra, Paris A 12 a – b Paul Kramer, Berlin A 13 Blundell Jones, Peter: Peter Hübner – Bauen als sozialer Prozess. Stuttgart 2007, S. 107 A 15 a – b Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren, Stuttgart A 17 a – c siehe A 15 A 18 Birdair Inc., New York A 19 Walter Bird, University Archives, State University of New York at Buffalo A 20 Koch, Klaus-Michael: Bauen mit Membranen. München 2004, S. 44, Abb. 68 A 21 a Horst Berger, New York A 21 b Taiyo Kogyo Co. Ltd., Tokio A 22 a Yukio Futagawa, Tokio A 22 b Verena Herzog-Loibl, München A 23 Manfred Storck, Stuttgart A 24 b siehe A 15 A 25 siehe A 7 A 26 Winfried Nerdinger (Hg.), Konstruktion und Raum in der Architektur des 20. Jahrhunderts. München 2002, S. 76, Abb. 1 A 27 a Herzog, Thomas: Pneumatische Konstruktionen. Bauten aus Membranen und Luft. Ostfildern 1986, S. 45, Abb. 33 A 27 b George Cserna A 28 Hightex GmbH, Rimsting A 29 Tohru Waki/Shokokusha, Tokio A 32 Jan Cremers, München A 33 a – b siehe A 7 290 A 34 a – b Renzo Piano Building Workshop, Genua A 34 c Dini, Massimo: Renzo Piano. Progetti e architetture. 1964-1983. Mailand 1983, S. 15, Abb. 5 A 35 a – b Gianni Berengo Gardin, Mailand A 36 a – b Udd, Eric; Winz, Mike; Kreger, Stephen; Heider, Dirk: Failure Mechnisms of Fiber Optic Sensors Placed in Composite Materials, SPIE Vol. 5758, 2005 A 37 nach: Grohmann, Boris A.; Wallmersperger, Thomas; Kröplin, Bernd-Helmut: Vorlesung adaptive Strukturen. Institut für Statik und Dynamik (ISD), Universität Stuttgart A 38 Grohmann, Boris A.; Wallmersperger, Thomas; Kröplin, Bernd-Helmut: Adaptive Strukturen und gekoppelte Mehrfeldprobleme. In: Stahlbau, 69. Jg., Heft 6, S. 448, Bild 6 A 39 Cremers, Jan: Performance-Steigerungen von Bestandsgebäuden durch innovative Membrankonstruktionen, Neumarkt i. d. OPf. 2010, S. 3 A 40 Fakultätswerkstatt Fotografie, Fakultät für Architektur und Stadtplanung, Universität Stuttgart A 41 Uwe Walter/Courtesy Galerie EIGEN+ART Leipzig/Berlin und The Pace Gallery Teil B Werkstoffe Kunststoffe B 1.2 Lindner, Christoph: Produktion, Verarbeitung und Verwertung von Kunststoffen in Deutschland. Alzenau 2007, S. 6 B 1.6 Etzrodt, Günter: Die Farbenwelt der Kunststoffe: Farbmittel und Präparationen: Eigenschaften, Verarbeitung, Qualitätssicherung. Landsberg am Lech 2003, S. 18, Abb. 11 B 1.7 Baur, Erwin u. a.: Saechtling Kunststoff Taschenbuch. München 2007, S. 695, Abb. 7.13 B 1.10 Pfaff, Gerhard: Spezielle Effektpigmente-Grundlagen und Anwendungen, Hannover 2007, S. 141 B 1.11 http://www.ipt.arc.nasa.gov/finnfigures.html B 1.16 Ludwig, Carsten: Glasfaserverstärkte Kunststoffe unter hoher thermischer und mechanischer Belastung. Dissertation. Stuttgart 2009, S. 157 B 1.17 siehe B 1.16, S. 156 B 1.18 siehe B 1.7, S. 235ff. B 1.19 Braun, Dietrich: Erkennen von Kunststoffen: qualitative Kunststoffanalyse mit einfachen Mitteln. München 1998, S. 42f. B 1.21 a – b siehe B 1.19, S. 35, Abb.3 B 1.22 Kalweit, Andreas u. a.: Handbuch für technisches Produktdesign: Material und Fertigung, Entscheidungsgrundlagen für Designer und Ingenieure. Berlin/Heidelberg 2006, S. 92 B 1.37 siehe B 1.19, S. 36, Abb. 4 B B 1.38 siehe B 1.18, S. 654, Abb. 6.68 B 1.41 siehe B 1.19, S. 36, Abb. 4 A Fasern B 2.2 Schürmann, Helmut: Konstruieren mit Faser-Kunststoff-Verbunden. Berlin/Heidelberg 2007, S. 22 B 2.3 Moser, Kurt: Faser-Kunststoff-Verbund. Entwurfsund Berechnungsgrundlagen. Düsseldorf 1992 B 2.7 Ehrenstein, Gottfried W.: Faserverbund-Kunststoffe: Werkstoffe, Verarbeitung, Eigenschaften. München 2006, S. 19, 31, 39 B 2.8 Flemming, Manfred u. a.: Faserverbundbauweisen. Berlin 1995, S. 10, Abb 2.1.5 B 2.10 siehe B 2.3 B 2.14 Faserinstitut Bremen B 2.15 siehe B 2.7, S. 32 Klebstoffe und Beschichtungen B 3.1 Jan Bitter Fotografie, Berlin B 3.3 siehe B 1.22, S. 484, Abb. 31 B 3.4 Peters, Stefan: Kleben von GFK und Glas für baukonstruktive Anwendungen. Dissertation. Stuttgart 2006, S. 123 B 3.5 siehe B 3.4, S. 87 B 3.10 Ludwig, Carsten: Glasfaserverstärkte Kunststoffe unter hoher thermischer und mechanischer Belastung. Dissertation. Stuttgart 2009, S. 193 B 3.12 B 3.14 c Rusam, Horst: Anstriche und Beschichtungen im Bauwesen – Eigenschaften, Untergründe, Anwendung. Stuttgart 2004, S. 111 BMW AG, München Naturfaserverstärkte Kunststoffe und Biokunststoffe B 4.1 Swiss Cell/THE WALL AG, Ratingen B 4.2 nach: http://www.uni-kassel.de/fb15/ifw/wpc/ zu_downloaden/Tagung_1999_PDF/30%20 Beckmann.pdf B 4.3 fabpics/Fernando Alda B 4.4 Lucas Schifres/Finpro ry B 4.5 Daimler Benz AG, Stuttgart B 4.7 Mazda Motor Corporation, Teijin B 4.8 Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V., Gülzow B 4.10 Sergio Rossi, Mailand B 4.11 nach: Endres, Hans-Josef; Siebert-Raths, Andrea: Technische Biopolymere. Rahmenbedingungen, Marktsituation, Herstellung, Aufbau und Eigenschaften. München 2009, S. 206, Bild 5.33 B 4.12 siehe B 4.11, S. 215, Bild 5.46 B 4.13 NEC Deutschland GmbH, Düsseldorf B 4.14 mehrwerk designlabor/Enrico Wilde, Halle/ Saale B 4.15 Honda Deutschland GmbH, Offenbach Teil C Halbzeuge Vorprodukte C Christian Schittich, München C 1.2 Schwarz, Otto; Ebeling, Friedrich Wolfhard; Furth, Brigitte: Kunststoffverarbeitung. Würzburg 2002, S. 19 C 1.14 a –b BASF SE, Ludwigshafen C 1.15 siehe B 1.17, S. 753, Tafel 8.19 Faserverstärkte Kunststoffe C 2.1 Fiberline Composites AS, Middelfart C 2.2 a Svenja Beye, RWTH, Aachen C 2.3 nach DIN EN 13706, DIN 18820 und Sika Deutschland GmbH C 2.6 siehe B 2.7, S. 164 C 2.9 siehe B 2.7, S. 176 C 2.10 siehe B 2.7, S. 177 C 2.12 BWH-Bücker Kunststoffe GmbH & Co., Emsdetten Kunststoffhalbzeuge C 3.2 siehe C 1.2, S. 41 C 3.16 clear-PEP UV PC, Design Composite GmbH, Mittersill C 3.27 siehe C 3.2, S. 81 C 3.29 SIEGERBAU, Vetschau C 3.30 a –b siehe C 2.1 Folien C 4.2 Nowofol Kunststoffprodukte GmbH & Co. KG, Siegsdorf; Vector Foiltec GmbH, Bremen; Baur, Erwin, u. a.: Saechtling Kunststoff aschenbruch. München 2007 C 4.3 a nach: Bongaerts, H. in: Handbuch der Kunststoff-Extrusionstechnik. Bd. 2: Extrusionsanlagen. München 1986 C 4.3 b nach: Nentwig, Joachim: Kunststoff-Folien: Herstellung, Eigenschaften, Anwendung. 3. Aufl., München 2006 C 4.4 – 5 Brückner Maschinenbau GmbH & Co. KG, Siegsdorf C 4.9 Hodann, Robert: Fluorpolymer-Folien für Architekturkonstruktionen, Nowofol: Vortrag im Rahmen der DAGA 2007 in Stuttgart. C 4.10 –12 Saxe, Klaus; Homm, Thomas (Universität Duisburg/Essen): Mechanische Eigenschaften von ETFE-Folien für vorgespannte Strukturen. Vortrag Techtextil Symposium 12.06.2007. C 4.13 –14 Novum Membranes GmbH, Edersleben C 4.15 Karsten Moritz, Obing
Abbildungsnachweis Textile Membranen C 5.5 a nach: Seidel Michael: Textile Hüllen, Bauen mit biegeweichen Tragelementen, Berlin 2008, S. 39 C 5.5 b nach: Forster Brian, Mollaert Marijke: European Design Guide for Tensile Surface Structures, Brüssel 2004, S. 227 C 5.12 Testergebnisse itke Universität Stuttgart C 5.13 a –b nach Testergebnissen von Bauer Membranbau für Rasch + Bradatsch, Freising C 5.14 Hareikon UG, Bellenberg C 5.15 Koch Membranen GmbH, Rimsting Erweiterte bauphysikalische und energetische Aspekte C 6.2 – 3 Cremers, Jan.: Einsatzmöglichkeiten von Vakuum-Dämmsystemen, München/New York, 2007, S. 16 C 6.7 Neopor BASF SE, Ludwigshafen C 6.8 Cammerer, Walter: Wärme- und Kälteschutz im Bauwesen und in der Industrie.Berlin 1995, S. 415f und Pupp, Wolfgang; Hartmann, Heinz: Vakuumtechnik. Leipzig 1991 C 6.9 Porextherm Dämmstoffe GmbH, Kempten C 6.11 siehe C 6.2, S. 20 C 6.12 siehe C 6.2, S. 45 C 6.13 nach: Porextherm GmbH, Kempten C 6.14 http://www.empa-ren.ch/ren/Projekte_ Gebaeudehuelle/Pdf%20Gebaeudehuelle/ sb%20hlwd.pdf (30.08.2010), S. 11 C 6.15 ThyssenKrupp Steel Europe, Duisburg C 6.17 Cabot Corporation, Boston C 6.18 Wacotech GmbH & Co.KG, Bielefeld C 6.20 Isoflex, Gustafs C 6.21 OKALUX GmbH, Marktheidenfeld C 6.22 Wacotech GmbH & Co.KG, Bielefeld C 6.23 Herstellerangaben über Fachverband Transparente Wärmedämmung e. V. C 6.27 Jan Cremers; nach Daten des ZAEBayern e. V. C 6.30 Evonik Röhm GmbH, Essen C 6.31 nach Messungen des ZAE-Bayern e. V. C 6.32 Jan Cremers; nach Messungen des ZAEBayern e. V. C 6.33 Labor Blum, Stuttgart C 6.34 Peter Bartenbach, München C 6.35 Peter Bonfig, München C 6.36 Nigel Young, London C 6.37 TEXAA raum AKUSTIKS Gbr., Eglsbach C 6.38 a Nimbus-Group/Andreas Körner, Stuttgart C 6.38 b –c nach: KAEFER Isoliertechnik GmbH & Co. KG, Bremen C 6.40 nach DIN EN 13 501-1, Ausgabe 6-2002 C 6.41 siehe C 6.33 C 6.44 Roth Werke GmbH, Dautphetal-Buchenau C 6.45 Fraunhofer ISE, Freiburg C 6.46 Kopf Solarschiff GmbH, Sulz-Kastell C 6.47– 48 siehe A 32 C 6.49 Samuel Cabot Cochran, Pratt Institute C 6.50 siehe A 32 C 6.51 Kennedy & Violich Arch, Boston Umweltwirkungen von Kunststoffen C 7.1 Rainer Schlautmann, Oberhausen C 7.2 nach: DIN EN ISO 14 040 C 7.3 nach: Institut für Bauen und Umwelt, Königswinter C 7.5 – 7 nach Ökobau.dat, http://www.nachhaltigesbauen.de/baustoff-und-gebaeudedaten/ oekobaudat.html C 7.8 Preisig, Hansruedi: Massiv- oder Leichtbauweise? Zürich 2002, In TEC21, Heft 42/2002, S. 17 C 7.9 Andreas Braun/Vector Foiltec GmbH, Bremen C 7.10 Adam Mørk, Kopenhagen C 7.11 a Müller, Michael; u. a.: Ökologische/Ökonomische Bewertung zweier Fassadenkonzepte – Glasfassade versus Kunststofffassade. Remscheid, 2007 S. 84 C 7.11 b artur/Tomas Riehle C 7.13 dRMM Architects & Designers, London Teil D Planung und Formfindung Tragwerk und Form D Mike Stoy, Bothell D 1.2 École des Ponts ParisTech D 1.15 siehe A 20, S. 89 D 1.17 Samuel Fournier, Lavaux D 1.18 Hubertus Hamm, München D 1.20 Fritz Busam, Berlin D 1.21 Gerhard Hagen, Bamberg D 1.32 – 33 Helen & Hard, Stavanger D 1.36 nach: Otto, Frei: IL 5, Wandelbare Dächer. Schriftenreihe des Institut für leichte Flächentragwerke. Stuttgart 1972, S. 45 Dimensionierung und Ausführung D 2.2 nach: VDI 1989 – 2006: Richtlinie 2014: Entwicklung von Bauteilen aus Faser-Kunststoff-Verbund D 2.3 nach: Blum, Rainer: Zeltbaumaterialien. In: Günter Brinkmann: Leicht und Weit. Weinheim 1990, S. 204 D 2.11–13 siehe C 6.33 D 2.22 Pedelta, Ingenieurbüro Barcelona Teil E Konstruieren mit Kunststoff und Membranen Konstruieren mit Kunststoffhalbzeugen E Fernando Guerra /FG+SG, Lissabon E 1.1 Stefan Müller-Naumann, München E 1.3 Swissfiber AG, Zürich E 1.4 Schürmann, Helmut: Konstruieren mit FaserKunststoff-Verbunden. Berlin/Heidelberg 2007, S. 538 E 1.5 Beat Widmer, Swissfiber AG, Zürich E 1.8 Park, Don-U., Knippers, Jan: Application of a new GFRPjointing method for an exhibition membrane spatial structure. 9th Asian Pacific Conference of Shell and Spatial Structures (APCS 2009), Nagoya, 05/2009 E 1.13 b siehe C 2.1 E 1.15 – 16 siehe E 1.13b E 1.19 a Toni, Michela: FRP architecture: Building by fiber-reinforced plastics. Firenze 2007, S. 82 E 1.20 a Foto Flury, Pontresina E 1.21 a Keller, Thomas u. a.: Adhesively Bonded and Translucent Glass Fiber Reinforced Polymer Sandwich Girders. In: Journal of Composites for Construction 5/2004, S. 461ff. E 1.22 a Sung Woo Lee, Kookmin University, Seoul E 1.23 b Habib J. Dagher, University of Maine E 1.24 a Julia Liese, München E 1.29 b Arthur Péquin, Bordeaux E 1.31 Wagner System, Safnern E 1.36 b Christian Schittich, München E 1.36 c Rodeca GmbH, Mülheim an der Ruhr E 1.41 a Jeroen Musch, Amsterdam E 1.42 LAMILUX Heinrich Strunz GmbH, Rehau E 1.43 a –b Ee Stairs Nederland bv, Barnfeld E 1.44 a siehe E 1.5 E 1.44 c Swissfiber AG, Zürich Konstruieren mit frei geformten Kunststoffen E 2.14 a –b Krake Technology Group, Dessau E 2.17 Lange+Ritter GmbH, Gerlingen E 2.26 Paul Pattijn, Doetinchem E 2.29 Lange+Ritter GmbH, Gerlingen E 2.31a Wiebke Elzel, Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig E 2.31b Genzel, Elke; Voigt, Pamela: Kunststoffbauten: Teil 1: Die Pioniere. Weimar 2005, S. 203 E 2.32 siehe E 2.31 b, S. 177 E 2.34 a –b Hahlbrock GmbH, Wunstorf E 2.36 a –c Octatube International, Delft E 2.42, 2.43 a Maurice Nio, Rotterdam Konstruieren mit Folien E 3.1 Max Prugger, München E 3.3 Cremers, Jan: Zwischenbericht Forschungsprojekt Membrane für die Energetische Sanie- rung von Gebäuden (MESG), Rimsting 2009 (unveröffentlicht) E 3.5 a – b LeCuyer, Anette: ETFE – Technologie und Entwurf. Basel/Boston/Berlin 2008, S. 108 E 3.12 – 13 siehe E 3.3 E 3.15 nach: Baier, Bernd; Koenen, Reinhold, Müller, Joachim (Hrsg.): Grenzbereiche: leichte Konstruktionen – Symposium interdisziplinär. Universität Duisburg-Essen 2005 E 3.16 b Marcus Bredt, Berlin E 3.19 Rolf Luchsinger, Dübendorf E 3.20 Florian Holzherr, München E 3.21 seele holding GmbH & Co. KG, Gersthofen Konstruieren mit textilen Membranen E 4.4 – 5 http://www.pfeifer.de/seilbau/download/ E 4.16 –17, E 4.28 Rasch + Bradatsch, LeinfeldenEchterdingen E 4.27 siehe A 20, S. 133 E 4.32, 4.41 Alexander Michalski, Stuttgart E 4.43 siehe A 20, S. 200 E 4.51 Jakob Frick, Stuttgart E 4.54 Patrick Bingham-Hall, Balmain Komplexe Gebäudehüllen E 5.1 siehe E E 5.6 siehe E 3.3 E 5.7 siehe A 39, S. 2 E 5.9 MFPA Leipzig GmbH, Leipzig E 5.10 a Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Holzkirchen E 5.11 siehe A 28 E 5.13 siehe 6.31 E 5.18 –19 Cabot Corporation, Boston E 5.20 Vector Foiltec GmbH, Bremen E 5.21 a siehe A 28 E 5.23 Birdair, Inc. A Taiyo Kogyo Company, Williamsville E 5.24 a – b Thomas Jantscher, Colombier E 5.24 c siehe A E 5.25 siehe A 32 E 5.27 a – c Thomas Hofmann, Fürth / Gerhard Reisinger, Jülich Teil F Gebaute Beispiele im Detail F Virgile Simon Bertrand, Hong Kong S. 226 – 228 Michael Alschner, Wien S. 229, 231 Lukas Roth, Köln S. 232, 233 links oben Timothy Soar, Norfolk S. 233 links unten Josef Gartner GmbH, Gundelfingen S. 234 – 235 Sergio Pirrone, Tokio S. 236 Arthur Péquin, Bordeaux S. 237 – 239 Ruedi Walti, Basel S. 240 – 241 Will Pryce, London S. 242 mitte Markus Gabler, Stuttgart S. 243 artur/Roland Halbe, Stuttgart S. 244 oben Torben Eskerod, Kopenhagen S. 244 unten siehe C 2.1 S. 245 Deffner Voigtländer, Dachau S. 246 – 247 Dieter Leistner, Würzburg S. 248, 250 John Linden, Woodland Hills S. 251 Marc Gerritsen, Taipei S. 256, 257 oben siehe E S. 257 unten Eva Schönbrunner, München S. 258, S. 259 oben Nicolas Pinzon S. 259 unten seele holding GmbH & Co KG, Gersthofen S. 260 Verena Herzog-Loibl, München S. 261 unten siehe A 32 S. 262 Thomas Ott, Mühltal S. 263 Christian Schittich, München S. 264 Frank Kaltenbach, München S. 265 – 267 siehe S. 262 S. 268 Udo Meinel, Berlin S. 269 Zooey Braun, Stuttgart S. 270 Heiner Leiska, Hamburg S. 272 Friedrich Busam, Berlin S. 273 – 276 Nigel Young, London S. 277 – 278 Rainer Viertlböck, Gauting S. 280, 281 oben und unten links siehe S. 264 S. 282 – 283, S. 285 unten pro.media/smart design 291
Abkürzungen Kunststoffe • Sachregister Abkürzungen Kunststoffe Kurz ABS AFK ASA AU BR CA CAB CFK TM TPS UF UP VE WPC XPS Lang Seite Acrylnitrilbutadienstyrol 42 aramidfaserverstärkter Kunststoff 76 Acrylesterstyrolacrylnitril 42 Polyurethankautschuk 45 Butadienkautschuk 45 Cellulose(tri)acetat 43 Celluloseacetobutyrat 38 kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff 76 Cellulosenitril 38 Cellulosepropionat 38 Chloropren-Kautschuk 45 Ethylen-Vinylacetat-Kautschuk 45 Ethylcellulose 38 Epoxidharz 47 Ethylen-Propylen-Kautschuk 45 expandiertes Polystyrol 74 Ethylentetrafluorethylen 44 Polyurethankautschuk 45 Ethylen-Vinylacetat 41 Ethylen-Vinylacetat 41 Fluor-Kautschuk 45 Fluor-Silikon-Kautschuk 45 glasfaserverstärkter Kunststoff 76 Butyl-Kautschuk 45 Melaminharz 46 Methyl-Vinyl-Siloxan-Kautschuk 45 naturfaserverstärkter Kunststoff 60 Naturkautschuk 45 Polyamid 43 Polyacrylnitril 51 Polycarbonat 42 Polychlortrifluorethylen 122 Polycaprolacton 61 Polyethylen 41 Polyethylen, hohe Dichte 41 Polyethylen, niedrige Dichte 41 Polyethersulfon 74 Polyethylenterephthalat 42 glykolmodifizietes Polyethylenterephthalat 43 Phenolplast, Phenolharz 46 Vinylesterharz 47 Polyhydroxybutyrat 64 Polylactid 63 Polyimid 73 Polymethylmethacrylat 42 Polypropylen 41 Polyphenylenether, modifiziert 43 Polystyrol 42 Polytetrafluorethylen 44 Polyurethan 47 Polyvinylbutyral 41 Polyvinylchlorid 40 weichmacherhaltiges Polyvinylchlorid (plasticized) 40 hartes Polyvinylchlorid (unplasticized) 40 Silikonkautschuk 45 Styrolacrylnitril 42 Styrolbutadien 42 Styrol-Butadien-Kautschuk 45 Tetrafluorethylen-HexafluorpropylenVinylidenfluorid-Terpolymer 44 Tetrafluorethylen-HexafluorpropylenVinylidenfluorid-Terpolymer 44 Polysulfidkautschuk 45 Thermoplastische Stärke 63 Harnstoffharz 46 ungesättigtes Polyesterharz 46 Vinylesterharz 47 Wood Plastic Composites 61 extrudiertes Polystyrol 74 GF X Suffix für glasfaserverstärkt Suffix für vernetzte Thermoplaste CN CP CR EAM EC EP EPDM EPS ETFE EU EVA EVAC FKM FVMQ GFK IIR MF MVQ NFK NR PA PAN PC PCTFE PCL PE PE-HD PE-LD PES PET PET-G PF PHA PHB PLA PMI PMMA PP PPE+PS PS PTFE PUR PVB PVC PVC-P PVC-U Q SAN SB SBR TFB THV Farbcodierung (Kapitel C, D und E) ‡ Fasern ‡ Folien ‡ textile Membranen 292 Sachregister A Abdichtung ∫ 168 Abminderungsfaktoren ∫ 154 Abreißgewebe ∫ 71, 181 Abriebfestigkeit ∫ 121 Abschlussabdeckung ∫ 211 Absorption ∫ 114 Absorptionstrockner ∫ 193 Abspannmast ∫ 209f. Abstandsgewebe ∫ 75 Abtropfrinne ∫ 190 Acetylen ∫ 31 Acrylatharze ∫ 58 Acrylatklebstoffe ∫ 55 Acrylesterstyrolacrylnitril (ASA) ∫ 38, 42 Acrylglas ∫ 19, 25, 38, 42, 86, 82 Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymerisat (ABS) ∫ 12, 38, 42 Additive ∫ 24, 32ff., 68, 96, 131 Aerogele ∫ 91, 112f., 220f. Aerogel-Granulat ∫ 220 Aerogel-Vlies ∫ 221 Aktivnutzung ∫ 122 algebraische Flächen ∫ 137 Alkydlack ∫ 59 Alleskleber ∫ 57 Aluminiumbedampfen ∫ 222f. Aminoplaste ∫ 46 amorph ∫ 35 amorphes Polyethylenterephthalat (PET) ∫ 87 anorganische Fasern ∫ 50 Anschlussbleche ∫ 162 Anschlüsse ∫ 180f. Anschlussleistung von Gebläse ∫ 193 Anschmutzverhalten ∫ 121 Anwendungstemperatur ∫ 36f. Aramid ∫ 21, 43, 51f., 105, 197 Arbeitssicherheit ∫ 157 Asbest ∫ 53 Atlasbindung ∫ 70 Aufheller ∫ 33 Aufkantung ∫ 175 Auflaminieren ∫ 180 Auge ∫ 142, 210 Augseil ∫ 142 Ausdehnungskoeffizient, linear ∫ 38 Ausfransen ∫ 198 Ausführung von Verklebungen ∫ 164 Ausführung ∫ 150ff. Avivage ∫ 48 axiale Spannungszustände ∫ 135 B Bakelit ∫ 10f., 38, 46 Balsaholz ∫ 75 Barcol ∫ 36 Bastfasern ∫ 61 bauaufsichtliche Zulassung (BAZ) ∫ 155 Baustoffklassen ∫ 119 Beanspruchbarkeit ∫ 121 Bedrucken ∫ 97 Bedruckung ∫ 189 Befestigung ∫ 168, 170 Behaglichkeit ∫ 212 Berechnung ∫ 150ff. Beschichten ∫ 97 Beschichtungen ∫ 25, 54, 57ff., 100ff. Low-E- ∫ 103, 115f., 222 Beschichtungsstoffe ∫ 57 Beschichtungsverfahren ∫ 59 Beschleuniger ∫ 47 Beständigkeit ∫ 39, 121 bewegliche Randanschlüsse ∫ 220 Bewitterung ∫ 38, 55 biaxial ∫ 97, 148, 151 Biaxmaschinen ∫ 155 Bindemittel ∫ 57 Bindungsarten ∫ 70 Bioharz ∫ 64f. Biokunststoffe ∫ 27, 62ff. Biopolymer ∫ 63 Bisphenol A ∫ 32 Blasfolien ∫ 95 Blattfeder ∫ 211 Blockpolymer ∫ 40 bogengestützte Flächen ∫ 142 Brandschutz ∫ 32, 119 Brandschutzanforderung ∫ 47 Brandschutzbeschichtungen ∫ 58 Brandschutzgläser ∫ 223 Brandverhalten ∫ 27, 78, 119 Breitschlitzwerkzeug ∫ 95 Brennbarkeit ∫ 39 Brennen ∫ 36f. Bruch ∫ 152f. -dehnung ∫ 105 -verhalten ∫ 35, 39 Brückenbau ∫ 92, 165 Brückendeck ∫ 93 Buckel ∫ 210 C Cellophan ∫ 10 Cellulose ∫ 10, 61 Cellulose(tri)acetat (CA, CTA) ∫ 12, 38, 43, 63, 113 Cellulosediacetat ∫ 43 CFK-Beton-Verbund ∫ 167 CFK-Lamellen ∫ 92f. CNC-Fräse ∫ 185, 187 Coextrusion ∫ 83 Coil ∫ 94, 96 Compound ∫ 68 Copolymeristation ∫ 31 Cracken ∫ 31 Cyanacrylatklebstoffe ∫ 55 D Dachentwässerung ∫ 190 Dachplatten ∫ 168 Dämmschicht ∫ 73 Dämmstoff ∫ 108ff., 213, 218 Dampfteildruckverlauf ∫ 213 Dämpfungsvermögen ∫ 43 Dauerstandversuche ∫ 98 Decklappen ∫ 203 Deckschichten ∫ 72 Deckstreifen ∫ 199 Dehnsteifigkeit ∫ 105f. Dekompensation ∫ 148 Delaminieren ∫ 77 Dichte ∫ 38 Dimensionierung ∫ 150ff. Dispersionsfarben ∫ 58 Distanzgewebe ∫ 217 Doppelfolien ∫ 94 Doppelkederprofil ∫ 217 Downcycling ∫ 40 Druckfestigkeit ∫ 35 Druckhaltung ∫ 192 Druckniveau ∫ 192 Drucksensoren ∫ 193f. dtex ∫ 48 duktil ∫ 35, 38 Duplexbeschichtung ∫ 58 Duroplaste ∫ 38, 46f., 69 dynamische Relaxation ∫ 139 E Eckdetail ∫ 206ff. Eckplatten ∫ 196, 207, 209 Eckpunkte, frei ∫ 143 Effektfarbmittel ∫ 33 Effektpigmente ∫ 33 Effizienz ∫ 134 E-Glas ∫ 50 Einbauteile ∫ 182f. Einfärben ∫ 32, 97 ESG ∫ 223 Elastomere ∫ 38, 44f., 69 Silikon- ∫ 45 thermoplastisch ∫ 40 Elektrolumineszenz ∫ 121f. Elektrolumineszenzfolien (EL-Folien) ∫ 122 E-Modul ∫ 35, 38, 150 Endbeschläge ∫ 202 Entsorgung ∫ 63, 124
Sachregister Entwässerung ∫ 190, 194, 211 Epoxidharz (EP) ∫ 13, 38, 47, 76 -klebstoffe ∫ 56 -mörtel ∫ 56f. Epoxidlack ∫ 59 Erdöl ∫ 31 ETFE-Folien ∫ 21, 96f. ETFE-Folienlaminate ∫ 97 Ethylen ∫ 31 Ethylen-Propylen-Kautschuk (EPDM) ∫ 45, 190 Ethylentetrafluorethylen (ETFE) ∫ 38, 44, 94 Ethylen-Vinylacetat (EVA) ∫ 41, 122, 223 -Folien (EVA-Folien) ∫ 41 European Platform on Life Cycle Assessment ∫ 126 experimentelle Formfindung ∫ 138 Extrudieren ∫ 83, 95 Extrusionsprofile ∫ 190, 198 Exzentrizitäten ∫ 206 F Fachwerkträger ∫ 166 Fahrbahnbeläge ∫ 58 Fahrbahnplatten ∫ 85 Faltbarkeit ∫ 200 Falten ∫ 189, 191, 203 Farben ∫ 32f., 58, 96 Faserbeton ∫ 53 Faser ∫ 48ff., 77ff. anorganisch ∫ 50 Kurz- ∫ 77 Lang- ∫ 48, 77 -orientierung ∫ 78 -spritzen ∫ 81 -verbundkunststoffe ∫ 15, 76 -verlauf ∫ 177 Faserverstärkung ∫ 84 Formteile ∫ 92 Kunststoffe ∫ 76ff., 84, 88f., 176f. unidirektional ∫ 77 Faserwickeln ∫ 81 Fassaden ∫ 168 -anschluss ∫ 205 -bekleidungen ∫ 90 Feder ∫ 205 Fensterrahmen ∫ 40, 82f. Fertigung ∫ 78 Fertigungsqualität ∫ 95f. Festigkeit ∫ 34ff., 38, 105, 121, 150ff. Festkörperwärmeleitung ∫ 111 feuchtetechnische Eigenschaften ∫ 117 Feuchtigkeit ∫ 39 Filamente ∫ 48 Filmgelenke ∫ 176 Finite-Elemente-Methode (FEM) ∫ 139 Fixpunkte ∫ 145 Flächenkrümmung ∫ 140, 146 Flächenstoß ∫ 190, 198, 200f., 205 Flächentragwerk ∫ 136, 138ff. Flachfolien ∫ 95 Flachnaht ∫ 199 Flachsfasern ∫ 27, 53, 61 Flamme ∫ 37 Flammschutzmittel ∫ 32, 47, 120 Flechten ∫ 81 Flottierung ∫ 70 fluoreszierend ∫ 33 Fluorpolymer ∫ 43f. FoilGlass ∫ 223 Folien ∫ 94ff., 188 Blas- ∫ 95 -dämmung ∫ 112 Elektrolumineszenz- (EL) ∫ 122 Flach- ∫ 95 Hochbarriere- ∫ 110f. Ionomer- ∫ 41 -kissen ∫ 188, 221 Formenbau ∫ 184f. Formfindung ∫ 138f., 19 Formgebung ∫ 25 Formgedächtnismaterialien ∫ 27 Formmasse ∫ 46 formschlüssige Verbindungen ∫ 170 Formteile ∫ 81f., 91f., 172 Freiformen ∫ 137 Fugenbänder ∫ 169 Fugenmaterial ∫ 45 Füllstoffe ∫ 32f., 68, 131 Funktionsintegration ∫ 129, 184 Funktionskleidung ∫ 212 G Gabelfitting ∫ 209 Gabelseilköpfe ∫ 197 Garne ∫ 48 Gaswärmeleitung ∫ 111 Gaußsche Krümmung ∫ 136 Gebäudehülle ∫ 108, 212ff. adaptiv ∫ 21, 26 Gebrauchstemperatur ∫ 36ff., 152 Geflechte ∫ 70f. Gelcoat ∫ 78f. Gelege ∫ 70, 72 Genehmigung ∫ 154f. geodätische Kuppel ∫ 21 geodätische Linie ∫ 147 gesundheitliche Unbedenklichkeit ∫ 130 Getterstoffe ∫ 33f., 117 Gewächshausbau ∫ 121 Gewebe ∫ 70f. Abreiß- ∫ 71, 181 Abstands- ∫ 75 Aramid- ∫ 105 Distanz- ∫ 217 -einlagen ∫ 223 Polyamid- ∫ 20 Polyester- ∫ 20, 102, 104 Polytetrafluorethylen- (PTFE) ∫ 105 Gewindefitting ∫ 197, 208f. Gießen ∫ 88 Gießharz ∫ 46, 76 Gießverfahren ∫ 94 Girlandenränder ∫ 146 Gittermasten ∫ 211 Glas-ETFE-Folien-Kombinationen ∫ 223 Glasfasergewebe ∫ 21 PTFE-beschichtet ∫ 21, 102, 104 silikonbeschichtet ∫ 102, 104 Glasfasern ∫ 22, 49ff. glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) ∫ 13, 25, 76f., 84f., 92f., 164f. Glasgittergewebe, PTFE-laminiert ∫ 102, 104 Glas-PTFE ∫ 201f., 208 Glas-Silikon ∫ 199 Glasübergangstemperatur ∫ 39 Gleichgewichtsform ∫ 138 Gleitlager ∫ 44 Glimmerpigmente ∫ 33 glykolmodifiziertes Copolyester PET-G ∫ 87 Granulate ∫ 68f Granulation ∫ 69 Gratseil ∫ 142, 201 Graue Energie ∫ 129 Gurt ∫ 107, 202, 207 H Haftschlichte ∫ 48 Haftvermittler (Primer) ∫ 54, 59 Haftzugfestigkeit ∫ 34 Haftzugspannung ∫ 77 Halbzeuge ∫ 160 plattenförmig ∫ 88 Handlaminieren ∫ 78f. Hanffasern ∫ 27, 53, 61 Hängedächer ∫ 16 Haptik ∫ 34f. Harnstoffharz (UF) ∫ 46 Härte ∫ 35f. Härter ∫ 46 Härtezeit ∫ 47 Hartschaum ∫ 186 expandiert (EPS) ∫ 42 extrudiert (XPS) ∫ 42 -stoffe ∫ 178 Harz ∫ 38, 46, 76, 177 Acrylat- ∫ 58 Bio- ∫ 64f. Epoxid- ∫ 13, 38, 47, 76 Gieß- ∫ 46, 76 Harnstoff- (UF) ∫ 46 -infusionsverfahren ∫ 79f. Kunst- ∫ 10, 46 Melamin- (MF) ∫ 46 Phenacrylat- (PHA) ∫ 47 Phenol- (PF) ∫ 38, 46, 76 Polyester- ∫ 13 Polyester-, ungesättigt (UP) ∫ 38, 46f., 76 Reaktions- ∫ 46, 76, 223 Vinylester- (VE) ∫ 38, 47, 76 Hauptkrümmung ∫ 136 Heizbalken ∫ 106 Heizelementschweißen ∫ 106 Heizregister ∫ 193 Herstellung von Kunststoffen ∫ 31 Hinterlüftung ∫ 218f. Hochbarrierefolie ∫ 110f. Hochfrequenzschweißen ∫ 106 Hochpunkt ∫ 142, 210f. Holzfaserkunststoffe ∫ 61 Holz-Kunststoff-Verbundplatten ∫ 90 Holzwerkstoffplatten ∫ 90 Honeycombs ∫ 75 Hydrolyse ∫ 40 Hyperboloid ∫ 137 I Infrarot (IR) ∫ 113 Injektionsverfahren ∫ 80 Integralschaum ∫ 73, 92 integriert ∫ 174 integrierte Fügungen ∫ 170 integrierte Profile ∫ 85 Ionomerfolien ∫ 41 isotrop ∫ 105 K Kalander ∫ 95 Kalandrieren ∫ 95 Kältedämmung ∫ 120 Kaltschweißen ∫ 57 Kanten ∫ 175, 179 Kappnaht ∫ 199 Kappnaht, doppelt ∫ 199 Kartusche ∫ 56 Katalysatoren ∫ 31f. Kautschuk ∫ 11, 38, 44f., 190 Keder ∫ 99 -profil ∫ 197f., 201, 203, 205, 208 -schienen ∫ 197f., 201 -schnur ∫ 190, 197f., 200 Kehlseil ∫ 142, 201 Kerbschlagzähigkeit ∫ 35 Kern ∫ 72, 179 Kernlagenvlies ∫ 75 Kernmaterial ∫ 72, 112 Kesselformel ∫ 145 Kettenlinie ∫ 138 Kettfäden ∫ 70 Kettrichtung ∫ 150 Kieselsäuren ∫ 112 Kissen ∫ 143f., 188 Folien- ∫ 188, 221 mehrlagig ∫ 189 Klang ∫ 34f. Klebebänder ∫ 199 Klebefuge ∫ 164 Kleben ∫ 107, 153, 198 Klebenaht ∫ 199 Klebeverbindungen ∫ 153, 163f. Klebstoffe ∫ 54ff., 163 Klemmen, separat ∫ 189 Klemmplatten ∫ 197f., 201, 203, 205 Klemmplattenstoß ∫ 201, 209 Klemmprofile ∫ 190, 208 Klemmung ∫ 164 Knickbeständigkeit ∫ 121 knickempfindlich ∫ 157 Knotenkonstruktion ∫ 162 Knotenpunkte ∫ 160 Koagulation ∫ 44 Kohlenstoff ∫ 48 Kohlenstofffasern ∫ 24, 51 kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK) ∫ 76f., 85, 167 CFK-Beton-Verbund ∫ 167 CFK-Lamellen ∫ 92f. Kohlenstoffnanoröhrchen ∫ 34, 122 Kollektoren ∫ 122 Kombinaht ∫ 107, 199 Kompensation ∫ 148 Kompensationswerte ∫ 202 Kondensat ∫ 215 Kondensationstrockner ∫ 193 Konfektionierung ∫ 98f., 106ff., 200, 207 konkav ∫ 136 Konstruktionsprofile ∫ 84 Konvektion ∫ 109 konvex ∫ 136 Körperbindung ∫ 70 Korrosion ∫ 51 Korrosionsschäden ∫ 25 Kraft-Dichte-Methode ∫ 139 Kratzempfindlichkeit ∫ 35, 86 Kriechen ∫ 36, 151 Kriechverhalten ∫ 154f., 188, 195 Krümmung ∫ 136f., 140, 146 Kunstfaser ∫ 11 Kunstharz ∫ 10, 46 Kunststoffaufbereitung ∫ 68 Kunststoff-Glas-Kombinationen ∫ 222f. Kunststoffhalbzeuge ∫ 82ff. Kunststoffschaum ∫ 72 L Lack ∫ 59 Lackierung ∫ 57 Laminat ∫ 76, 177 Längenausdehnung ∫ 190 Langfasern (Rovings) ∫ 48, 77 Langzeitbeständigkeit ∫ 39 Laschen ∫ 161f. Latex ∫ 38, 44 Lauge ∫ 38 Leichtbau ∫ 174 Leichtbaupotenzial ∫ 24 leichte Flächentragwerke ∫ 16, 136f. Leitkurve ∫ 137 Leichtbauelemente ∫ 113 Lichtdecke ∫ 220 Lichtlenkelemente ∫ 222 Lichttransmission ∫ 86 Lignin ∫ 61, 64 Linse ∫ 142 Litze ∫ 197 Lochbleche ∫ 182 Lösungsmittel ∫ 57 Lösungsmittelklebstoffe ∫ 57 Low-E-Beschichtungen ∫ 103, 115f., 222 Luftversorgung ∫ 188, 192f. Lunakollektoren ∫ 122 M Makrolon ∫ 38 Manschetten ∫ 162 Massivplatten ∫ 168 Mastizieren ∫ 44 materialeffizient ∫ 124 Materialkombinationen ∫ 164 Materialsteifigkeit ∫ 140 Matrix ∫ 76 Matten, komplex ∫ 70 mechanische Eigenschaften ∫ 35f. mechanische Vorspannung ∫ 140, 145 Medieneinfluss ∫ 152 Mehrlagigkeit ∫ 215 Melaminharz (MF) ∫ 46 Membran ∫ 100ff., 150ff., 196ff., 220 Membranecken ∫ 203, 207ff. Membranlappen ∫ 205 Membranrahmenmodule ∫ 195 Membranrand ∫ 202 Membranspannungszustände ∫ 138 Metallfasern ∫ 48, 53 Metallklammern ∫ 205 Metalloxide ∫ 32 293
Sachregister Methacrylatklebstoffe ∫ 56 Mikroben ∫ 53 Mikroorganismen ∫ 40 Mikrostrukturierung ∫ 26 milchig ∫ 34, 38 Mineralwerkstoffe ∫ 91 Mineralwolle ∫ 217 Minimalflächen ∫ 138f. Mischkonstruktionen ∫ 188 Mittellage, schaltbar ∫ 189, 192 modulare Systeme ∫ 85, 166, 174 Molekülkette ∫ 36 Molekülstruktur ∫ 35 monoaxial ∫ 97, 151 Monohex-Struktur ∫ 13 Monomere ∫ 31 Montage ∫ 92 -fügung ∫ 199 -stoß ∫ 198 N Nachjustierbarkeit ∫ 206 Nachspannen ∫ 200 Nachspannungsmöglichkeiten ∫ 195, 209 nachwachsende Rohstoffe ∫ 62f. Nähen ∫ 107, 198 Nähnaht ∫ 199 Naht ∫ 107, 199 -bild ∫ 147 Nanoröhrchen ∫ 34 Nassspinnverfahren ∫ 51 Naturfasern ∫ 48, 53, 61 naturfaserverstärkte Biokunststoffe ∫ 64f. naturfaserverstärkte Kunststoffe ∫ 60ff. Naturkautschuk (NR) ∫ 38, 44f. Negativform ∫ 185 Nieten ∫ 161f. Nitrocellulose ∫ 10 No Drop ∫ 121 Non Uniform Rational B-Splines (NURBS) ∫ 137 Notentwässerung ∫ 194 numerische Formfindung ∫ 139 Nutzungsdauer ∫ 151 O Oberflächen ∫ 78 antiadhäsiv ∫ 105 -emissivität ∫ 110, 116 -haftung ∫ 54 -härte ∫ 223 -schutzsysteme ∫ 58 -spannung ∫ 121 -vlies ∫ 78 Ökobilanzdaten ∫ 125, 128 Ökobilanzierung ∫ 124 Ondulieren ∫ 70 opak ∫ 34, 38 Optik ∫ 34f. Ortschaum ∫ 14 Ösen ∫ 200 Ösenfitting ∫ 209 Ösenseilköpfe ∫ 197 P Panamabindung ∫ 70 Panton-Stuhl ∫ 91 Parkesin ∫ 10 PAR-Spektrum ∫ 115 passive Solarenergienutzung ∫ 115 Perlmuttglanz ∫ 33 Pflanzenfasern ∫ 60f. Phase Change Materials ∫ 26, 33, 111 Phasenwechselmaterialien ∫ 26, 33, 111 Phenacrylatharz (PHA) ∫ 47 Phenolharz (PF) ∫ 38, 46, 76 Phenolharzschäume ∫ 25 Phenoplaste ∫ 46 phosphoreszierend ∫ 33 photochrom ∫ 33 Photovoltaik ∫ 26, 122f. piezoelektrische Aktoren ∫ 27 Piezokeramiken ∫ 26 Pigmente ∫ 32f., 96 Planken ∫ 90 294 Plastisol ∫ 101 Platten ∫ 82, 85ff., 168ff. plattenförmige Halbzeuge ∫ 88f. Plexiglas ∫ 38 Pneu ∫ 143f. pneumatische Konstruktionen ∫ 18, 130 pneumatische Vorspannung ∫ 140, 143, 146 Polyacryl ∫ 20 Polyaddition ∫ 31 Polyamid (PA) ∫ 11, 25, 38, 43 Polyamidfaser ∫ 20, 24, 52, 202 Polyamidgewebe ∫ 20 Polycarbonat (PC) ∫ 24, 38, 42, 82f., 113 Polycarbonatplatten (PC-Platten) ∫ 86 Polychlortrifluorethylen (PCTFE) ∫ 122 Polyester ∫ 12, 20ff., 42f. 197, 200 Polyesterfaser ∫ 11, 24, 202 Polyesterfilmschichten ∫ 19 Polyestergewebe, ∫ 20, 102, 104 Polyestergurte ∫ 107 Polyesterharz ∫ 13 Polyesterharz, ungesättigt (UP) ∫ 38, 46f., 76 Polyester-PVC ∫ 201ff., 208 Polyesterseil ∫ 200 Polyethylen (PE) ∫ 12, 38, 41 Polyethylen, vernetzt (PE-X) ∫ 41 Polyethylenfaser (PE-Faser) ∫ 24, 52 Polyethylen-Folie ∫ 99, 115 Polyethylen-Ionomer ∫ 41 Polyethylenterephthalat (PET) ∫ 12, 38, 42, 87 Polyethylenterephthalat, glykolmodifiziert (PET-G) ∫ 43 Polyethylenterephthalat-Fasern ∫ 42f., 49, 52 Polyethylenterephthalat-Folien ∫ 223 Polyhydroxybutyrat (PHB) ∫ 64 Polykondensation ∫ 31 Polylactid (PLA) ∫ 12, 27, 63f. Polymer ∫ 30 -beton ∫ 56ff. -blend ∫ 40, 43 -fasern ∫ 48, 51f. -gele ∫ 27 Polymerisation ∫ 31, 41 Polymerisationsklebstoffe ∫ 55 Polymethylmethacrylat (PMMA) ∫ 38, 42, 82f., 113 Polyphenylenether, modifiziert (PPE+PS) ∫ 43 Polypropylen (PP) ∫ 12, 38, 41 Polystyrol (PS) ∫ 25, 38, 42f., 87 Polystyrol-Schaumstoffe ∫ 74 Polysulfidkautschuk (TM) ∫ 45 Polytetrafluorethylen (PTFE) ∫ 38, 44, 99, 105, 202 Polytetrafluorethylen-Fasern ∫ 44, 49, 52f. Polyurethan (PUR) ∫ 20, 25, 38, 47 Polyurethan-Gießelastomere (PUR) ∫ 45f. Polyurethan-Gießharz ∫ 186 Polyurethan-Hartschaum ∫ 12 Polyurethankautschuk (AU/EU) ∫ 45 Polyurethanklebstoffe ∫ 56f. Polyurethanlack ∫ 59 Polyurethan-Schaumstoffe ∫ 74f. Polyvinylbutyral (PVB) ∫ 41, 223 Polyvinylbutyral-Folien ∫ 41 Polyvinylchlorid (PVC) ∫ 11, 20, 25, 38, 40f., 82, 87 Polyvinylchlorid-Folien ∫ 95, 99 Polyvinylchlorid-Schaumstoffe ∫ 75 poröser Dämmstoff ∫ 111 Präsentationsmodelle ∫ 139 Prepregs ∫ 80 Pressfitting ∫ 197 Pressverbindungen ∫ 197 Pressverfahren ∫ 80 Primärenergieinhalt ∫ 125 Primärkonstruktion ∫ 189 Produktökobilanzdaten ∫ 126 Profile ∫ 82ff., 93, 165 Propylen ∫ 31 Prüfung ∫ 154ff. pultrudiert ∫ 165 pultrudierte Profile ∫ 93 Pultrusion ∫ 81 punktgestützte Flächen ∫ 142 Punkthalter ∫ 168 R Radialseil ∫ 19 Radome ∫ 13, 18, 183 Raffmechanismen ∫ 149 Rakel ∫ 101 Rand ∫ 175, 191, 202ff. Randanschluss, beweglich ∫ 220 Randausbildung ∫ 179f. Randbedingungen ∫ 140, 144 Ränder eines Folienkissens ∫ 191 Randklemmung ∫ 188, 190f. Randlappen ∫ 203 Randseil ∫ 202, 206ff. -krümmung ∫ 145 Randverstärkung ∫ 180, 202 Rapport ∫ 70 Ratschenzug ∫ 196 Rauchentwicklung ∫ 39 Raumakustik ∫ 117ff. Raumtragwerke ∫ 19, 23 Reaktionsharz ∫ 46, 76, 223 Reaktionsharzdünnbelag (RHD) ∫ 58 Recken ∫ 96 Recycling ∫ 40, 124, 130 Reflexion ∫ 114, 217 Regelfläche ∫ 137 Regelfunktion ∫ 212 Reibschlussverbindung ∫ 162 Reinharzschicht ∫ 78 Reinigungsaufwand ∫ 121 Reißlänge ∫ 24, 48 Reißverschlussverfahren ∫ 181 Relaxation ∫ 36, 151, 155 dynamisch ∫ 139 Resin Transfer Moulding (RTM) ∫ 80 Ressourcen ∫ 124 Ringdüse ∫ 95 Ringseil ∫ 195 Rippen ∫ 178 Rockwell ∫ 36 Rohr ∫ 81, 167 Rohrhülsen ∫ 197, 209 Rollenbreite ∫ 199 Rollmechanismen ∫ 149 Rosette ∫ 142, 210 Roste ∫ 90 Rotationsfläche ∫ 137 Rovings ∫ 48, 77 Rückschlagventil ∫ 192 Rundlitzenseil ∫ 197 R-Value ∫ 213 S Sandwichkern als Schalung ∫ 187 Sandwichkonstruktionen ∫ 72, 136, 177f., 183 Sandwichplatten ∫ 14, 87, 90, 93, 112 Sanierung ∫ 218 Sattelflächen ∫ 137, 140f. Säure ∫ 38 Schälkräfte ∫ 199, 202 Schall ∫ 117 -dämmmaß ∫ 217 -schutz ∫ 117ff. -schutzglas ∫ 223 schaltbare Mittellage ∫ 189, 192 schaltbarer Sonnenschutz ∫ 221 Schälverfahren ∫ 99 Schattenfugen ∫ 180 Schaumstoff ∫ 72ff. Schellack ∫ 10 Scherfestigkeit ∫ 153 Scherkräfte ∫ 199 Scherspannung ∫ 161 Schichtstoffplatten ∫ 90 Schirm ∫ 22, 195 Schlauch ∫ 95, 144 Schlaufen ∫ 201 Schlichte ∫ 48 Schlieren ∫ 95 Schmelzklebstoffe ∫ 57 Schmelzspinnverfahren ∫ 51 Schnappverbindungen ∫ 86, 166f., 171, 176 Schneelasten ∫ 188, 200 Schnürstoß ∫ 200 Schrauben ∫ 152f., 161f., 176 Schrumpfschlauch ∫ 198 Schrumpfung ∫ 46 Schussfäden ∫ 70 Schussrichtung ∫ 150 Schutzfunktion ∫ 212 Schweißen ∫ 57, 99, 106, 198 Schweißnähte ∫ 98f., 106, 190, 198f. Segelflächen ∫ 140f. Segellatte ∫ 143 Seil ∫ 53, 197, 203 -beschläge ∫ 197, 209 -linie ∫ 138 -netz ∫ 17, 188f., 195 -schar ∫ 195 -schlaufen ∫ 201 Selektivität ∫ 115f. sensorische Eigenschaften ∫ 34 Sheet Moulding Compounds ∫ 80 Shore ∫ 36 Sicherheit (Kissenkonstruktionen) ∫ 194 Silikon ∫ 31, 45, 38 -klebstoffe ∫ 57 -schäume ∫ 222 Singularitäten ∫ 142 Solarenergie ∫ 26 solares Spektrum ∫ 113 Solarmodule ∫ 41 solarthermische Systeme ∫ 26, 122f. Solarzellen ∫ 122 Solofolien ∫ 94 Sonnenschutz ∫ 221f. Sortenvielfalt ∫ 30 Spanngurt ∫ 196 Spannriemen ∫ 205 Spannungs-Dehnungs-Linie ∫ 97 Spannungsspitzen ∫ 203 Spannungszustand ∫ 135f. axial ∫ 135 Membran- ∫ 138 Spannweite ∫ 86, 188 Speichenradsysteme ∫ 19 Spiralseil ∫ 197 Splines ∫ 137 Spritzgießen ∫ 222 Spritzguss ∫ 91f. Sprödbruch ∫ 105 spröde ∫ 35, 38 Sputtern ∫ 97 Stabilisatoren ∫ 25, 32, 39, 131 Stegplatten ∫ 42, 87, 169 Steifigkeit ∫ 35, 140, 145 Stich ∫ 145, 188 Stoffkreislauf ∫ 40 Stoß ∫ 198 Flächen- ∫ 190, 198, 200f., 205 Klemmplatten- ∫ 201, 209 Montage- ∫ 198 Schnür- ∫ 200 strahlungshärtende Klebstoffe ∫ 56 Strahlungswärmeübertragung ∫ 111 Strangpressen ∫ 222 Streichverfahren ∫ 101 strukturoptimierte Fläche ∫ 137 Stützbögen ∫ 136 Stützenkopf ∫ 208 Styrol ∫ 47 Styrolacrylnitril (SAN) ∫ 38, 42, 87 Styrolbutadien (SB) ∫ 38, 42 Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) ∫ 45 Styrol-Copolymerisate ∫ 42 Styrol-Thermoplast ∫ 12 Substrat ∫ 54 synklastische Krümmung ∫ 136f. Systemlinie ∫ 208
Sachregister • Personenregister T Tangentialkräfte ∫ 208 Taschen ∫ 201, 205 Tauchverfahren ∫ 103 Tauwasserausfall ∫ 193, 218 Tauwasserbildung ∫ 190 teilkristallin ∫ 35 teilvorgespanntes Glas (TVG) ∫ 223 Temperatur ∫ 36ff., 39, 152, 154 -verlauf ∫ 213 -verhalten ∫ 78 Tempern ∫ 47 Tensairity ∫ 144, 195 textilbewehrter Beton ∫ 50 textile Gurte ∫ 107, 197 Textilien ∫ 48, 69f., 77, 100ff. TFB / THV ∫ 44, 99 thermische Dauerbelastung ∫ 61 thermische Eigenschaften ∫ 36 Thermo Plastic Spacer (TPS) ∫ 222 Thermofarben ∫ 33 Thermoimpulsschweißen ∫ 106 Thermoplaste ∫ 38, 40f., 68f., 85 thermoplastische Verarbeitung ∫ 94 Thixotropiemittel ∫ 79 Tiefpunkt ∫ 142, 210f. Tiefpunktentwässerung ∫ 211 Tiefziehen ∫ 43, 86 Toldos ∫ 149 Topfzeit ∫ 54 Traglufthalle ∫ 144, 205 Tragwerk ∫ 134ff., 150ff. Translationsfläche ∫ 137 transluzent ∫ 34 Transluzenz ∫ 21 Transmission ∫ 114, 217 transparente Wärmedämmung ∫ 112f. Transparenz ∫ 25, 34, 38 Treibhauseffekt ∫ 114f. Treibhauspotenzial ∫ 125 Treibmittel ∫ 74 Trockenmittel ∫ 33f. Tropfblech ∫ 216 Twill ∫ 70 U Überkopfverglasung ∫ 223 UD-Verstärkung ∫ 77 ultraviolett (UV) ∫ 113 Umgebungseinflüsse ∫ 154 Umgebungstemperatur ∫ 154 Umkehrform ∫ 138 Umlenksattel ∫ 208 Umluftsysteme ∫ 193f., 221 Umwelt ∫ 124ff. -kennzeichnungen ∫ 125 unverstärkte Kunststoffe ∫ 174f. UV-Absorber ∫ 96 UV-Beanspruchung ∫ 32 UV-Strahlung ∫ 55 U-Wert ∫ 213, 215ff. V Vacuum Assisted Resin Transfer Moulding (VARTM) ∫ 80 Vakuum-Dämmsysteme ∫ 111 Vakuumverfahren ∫ 79 Verarbeitungsmethoden ∫ 68 Verbindungen ∫ 86, 152f., 162f., 166f., 171, 176, 197 Verbindungsmittel ∫ 161f. Verbund ∫ 76 Verbundfolie ∫ 94 Verbundglas ∫ 223 Verbundglasscheiben ∫ 41 Verbundplatten ∫ 88 Verbundsicherheitsglas ∫ 223 Verbundwerkstoffe ∫ 76 Verebnung ∫ 147f. Vergilbung ∫ 35, 39, 92 Vergusshülsen ∫ 197 Verklebungen ∫ 163 Verkratzen ∫ 223 Verrauten ∫ 147 Verrautung ∫ 206 Verschnitt ∫ 106 Verschnürung ∫ 205 Verseilen ∫ 197, 200, 205 Verspröden ∫ 39 Versteifung ∫ 174, 177 Verträglichkeit ∫ 55 Vierpunktsegel ∫ 16 Vinylesterharz (VE) ∫ 38, 47, 76 Vivak ∫ 38 Vliese ∫ 70, 75, 77f., 221 Vogelschutz ∫ 192 Volatile Organic Compounds ∫ 130 Vorprodukte ∫ 68f. Vorspannmaß ∫ 201 Vorspannung ∫ 98, 139f., 143, 145f., 148 Vulkanisation ∫ 44f. W Wabenkern ∫ 72, 75 Wabenstruktur ∫ 178 wachsartig ∫ 35 Wachse ∫ 198 wandelbare Konstruktionen ∫ 149, 196 Wandstärke ∫ 81 Wärme -ausdehnung ∫ 36, 86, 160 -brücke ∫ 213 -dämmmaßnahmen ∫ 214 -dämmstoff ∫ 108ff., 217 -dämmung ∫ 169f. -durchgangskoeffizient ∫ 213 -durchgangswiderstand ∫ 213 -kontaktschweißen ∫ 106 -leitfähigkeit ∫ 25, 38, 110 -leitung ∫ 108, 111 -schutz ∫ 212, 214 -speicherkapazität ∫ 222 -speicherung ∫ 110 -strahlung ∫ 109 -strömung ∫ 109, 216 -transport ∫ 108, 215 -übergangskoeffizient ∫ 212 -übergangswiderstand ∫ 212, 218 Warm-Edge-Lösungen ∫ 222 Warmumformen ∫ 172 Wartung ∫ 194 Wasserabflussrinne ∫ 203 Wasserdampf ∫ 213 wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke ∫ 117 Wasserdampf-Diffusionsdurchlasswiderstand ∫ 117 Wasserdampfsättigungsdruck ∫ 213 Wasserdichtigkeit ∫ 199f., 203 Wassersack ∫ 140, 194 Weichmacher ∫ 32, 35, 39 Weißbruch ∫ 35, 38 Weiterreißfestigkeit ∫ 105 Wellplatten ∫ 168 Wiederverwertung ∫ 39, 130 Windenergie ∫ 122f. Windlasten ∫ 188 Wirrfasermatten ∫ 70, 72, 77 Witterungsbeständigkeit ∫ 55 Wood Plastic Composites ∫ 61, 90 Z Zähigkeit ∫ 35 Zeitstandfestigkeit ∫ 36, 151 Zelluloid ∫ 10 Zinksulfid ∫ 121 zugbeanspr. Flächentragwerke ∫ 138ff. Zug-E-Modul ∫ 38 Zugfestigkeit ∫ 35, 38, 105 Zugring ∫ 19 Zulassung ∫ 154ff. zusammengesetzte Querschnitte ∫ 165 Zusatzstoffe ∫ 68 Zuschlagstoffe ∫ 96 Zuschnitt ∫ 106, 147, 198f. Zuschnitt, formgebend ∫ 188 Zustimmung im Einzelfall (ZiE) ∫ 155 Zwangslüftungssystem ∫ 218 Zweite-Haut-Fassaden ∫ 195, 222 Zwischenschichtfolien ∫ 41 Zylinderseilköpfe ∫ 197 Personenregister A Albert Speer & Partner ∫ 128 Andrä ∫ 19 Ant Farm ∫ 14 Archizoom ∫ 14 Arup, Ove ∫ 18 Atelier Architecture King Kong ∫ 168f., 236 Auer + Weber + Assoziierte ∫ 218f. B Baar-Baarenfels ∫ 226ff. Baekeland, Leo ∫ 10 Baumschlager Eberle ∫ 66 Behnisch + Partner ∫ 218f. Behnisch Architekten ∫ 108, 128, 168f., 280f. Behnisch, Günther ∫ 19ff. Bergermann, Rudolf ∫ 19 Bézier, Pierre Étienne ∫ 137 Bird, Walter ∫ 18 Brandenberger, Jacques ∫ 10 Brauen + Wälchli ∫ 222 Buckminster Fuller, Richard ∫ 13 C Carothers, Wallace Hume ∫ 11 Charles, Jaques ∫ 20 Christiansen, Ole Kirk ∫ 12 Contor Müller Schlüter ∫ 128f. Cook, Peter ∫ 172f. Coop Himmelb(l)au ∫ 14 Cox Richardson ∫ 210f. Cremers, Jan ∫ 208 D Davidson, Don ∫ 21 Davis, Brody & Ass. ∫ 18 de Chardonnet, Hilaire ∫ 10 Deffner Voitländer ∫ 245 Dickinson, J.T. ∫ 11 Donaire, Juan Pedro ∫ 60f. E Eames, Charles und Ray ∫ 12 Eastman, George ∫ 10 Eat ∫ 14 Ebersolt, Gilles ∫ 21 Eekhout, Mick ∫ 184 F Feierbach, Wolfgang ∫ 13, 182f. Florian Nagler Architekten ∫ 160f. formTL ∫ 142f. Foster + Partners ∫ 16, 232f., 273ff. Fournier, Colin ∫ 172f. frank und probst architekten ∫ 194f. Franken Architekten ∫ 142f. Fuksas, Massimiliano ∫ 178f. G Geiger, David H. ∫ 19 Geismar, de Harak & Ass. Göppert, Knut ∫ 20 Gröger, Franz ∫ 194f. ∫ 18 H Hallé, Francis ∫ 21 Helen & Hard ∫ 147 Herzog & de Meuron ∫ 20, 142f., 170, 188 Herzog + Partner ∫ 260f. Herzog, Thomas ∫ 20 hg merz architekten museumsgestalter ∫ 269f. Hopkins Architects ∫ 216f. Hopkins, Michael ∫ 20 Hossdorf, Heinz ∫ 22 Hübner, Peter ∫ 14 Huster, Frank ∫ 14 Hyatt, Wesley ∫ 10 I Isler, Heinz ∫ 22 J Jabornegg & Pálffy ∫ 253ff. JKMM Architects ∫ 60f. K Kawaguchi, Mamoru ∫ 18 KHR arkitekter ∫ 244 Klatte, Fritz ∫ 11 Knippers Helbig ∫ 92f., 147, 262ff. Koch, Klaus-Michael ∫ 208f. L L35 ∫ 258f. Lanchester, Frederick William ∫ 20 Lanz Architekten ∫ 208 Laverne, Irwine und Estelle ∫ 12 Le Corbusier ∫ 16 Luscher Architectes ∫ 142f. M Makowski, Zygmunt Stanislaw ∫ 23 Serra, Marco ∫ 229ff. Meringhausen, Max ∫ 23 Michael Hopkins & Partner ∫ 205 Montgolfier ∫ 20 Murata, Yutaka ∫ 18 Murphy/Jahn ∫ 277ff. N Nikolai Kugel Architekten NIO Architects ∫ 187 O Otto, Frei ∫ 282ff. ∫ 16ff. P Packer, Geoffrey ∫ 173 Panton, Werner ∫ 12 Parkes, Alexander ∫ 10 Pedelta Structural Engineers ∫ 165f. Pfeifer Roser Kuhn ∫ 237ff. Piano, Renzo ∫ 23 Promontorio Architects ∫ 212, 256f. PTW Architekten ∫ 20 R Rasch + Bradatsch ∫ 134, 141, 149, 196, 206ff. raumlaborberlin ∫ 252 Redelbach, Georg ∫ 194f. S Saarinen, Eero ∫ 12 Safdie, Moshe ∫ 16, 184 SBA Architekten ∫ 262ff. Schlaich Bergermann und Partner ∫ 141, 206f., 218f. Schlaich, Jörg ∫ 19 Schweger + Partner ∫ 149, 210f. Selgas Cano ∫ 243 Siegert, D.J. ∫ 194f., 222 Spuybroek, Lars /NOX ∫ 181 Squire and Partners ∫ 240f. Staab Architekten ∫ 168f. Staudinger, Hermann ∫ 11 Stromeyer & Co. ∫ 17 studio LD ∫ 141, 147 Suchov, Vladimir ∫ 16 Superstudio ∫ 14 Suuronen, Matti ∫ 14 T Takeshi Hosaka ∫ 234f. Tange, Kenzo ∫ 18 Tillner, Silja ∫ 141 Tsuboi, Yoshikatsu ∫ 18 U UFO ∫ 14 Unold ∫ 206 V von Gerkan, Marg und Partner ∫ 270ff. von Leonhardt ∫ 19 W Wachsmann, Konrad ∫ 23 Werner Sobek Ingenieure ∫ 149 Whinfield, J.R. ∫ 11 Z Zabel, Hansjörg ∫ 208f. Zaha Hadid Architects ∫ 248ff. 295
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