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                    Nr.40/1


SCHLESISCHE BERG WACHT


Seite 29


Ev. Kirche in Schmiedeberg
am 3. 1. 1959 abgebrannt


_ Schlechte Nachricht von unserer schönen ev. Kirche in Schmiedeberg -


So prachtvoll sah unsere evangelische Kirche in Schmiedeberg bis zum Brand am 3. Januar
1959 aus
All denen, die unsere alte Heimat lieb ge-
habt und noch lieb haben, muß ich eine
Nachricht weitergeben, die mir gestern von
sicherer Seite geworden ist, und mich wie
selten etwas erschüttert hat. Friseurmeister
Willy Rabe (Salon Rabe) vom Markt
schreibt mir unter dem 16. Januar, daß er
durch seine Schwägerin, Frau Wagner, die
noch dort beim Marschner-fleischer woh-
ne, d. h. in dessen früherem Haus, hörte,
daß unsere schöne evangelische Kirche in
Schmiedeberg am 3. Januar dieses Jahres
frühmorgens um 6.00 Uhr total und bis auf
die Grundmauern abgebrannt sei.
Das die bittere Nachricht. Wenn ich sie
weitergebe, weiß ich, daß es Euch allen so
geht wie uns, daß es uns einen Stich ins
Herz gibt. Wir hatten eine selten schöne
Kirche. Die Väter hatten sie mitten in den
schles. Kriegen mit aller Freudigkeit des
Glaubens und uns heute unvorstellbarem
Opfersinn erbaut. - Ich habe einmal einen
Professor der Baukunst in unserer Kirche
angetroffen, er kam aus Berlin, saß schon
lange in der Kirche und sagte uns dann, je
länger er dort sitze, desto schöner schiene
ihm die Kirche. Ich kann mich auf unseren
einstigen Provinzial konservator Prof.
Grundmann, jetzt Museumsdirektor in
Hamburg-Altona, berufen, der immer
meinte, die Friedenskirchen in Schlesien
seien schön, es stehen derer nun noch zwei,
_ die Gnadenkirchen auch, aber eine seI-
ten glückliche Weiterentwicklung in ihrer
Schlichtheit sei unsere Schmiedeberger ev.
Kirche.
leh brauche mich nicht auf Professoren
zu berufen, Euer Herz sagt mehr. Als ich
am 10. November 1946 meine letzte Predigt
auf der schönen Kanzel gehalten hatte,
schon im Wissen um den Abschied am Tag
darauf, - wir hatten ja noch das 200. Jubi-
läum mit dem "Lobgesang, auch unter
Tränen" gefeiert, - strich ich liebkosend
noch einmal vor dem Heruntergehen mit
der Hand über die Kanzel. Ich war immer
so stolz auf "meine Kirche" gewesen. Das
war falsch. -



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Die Gotteshäuser allein sind es nicht, so
sehr sie uns als Erbe der Väter heilig sind,
so sehr wir sie bei unseren Erinnerungen an
Taufen, Trauungen usw. vor uns sehen. Sie
gehören auch zu dem, was irdisch und ver-
gänglich ist. Mir ist es seit gestern, da ich es
hörte, als hätte die Heimat das Herzstück
verloren, - in meinem Herzen. Auch das
ist begreiflich, aber falsch, Herzstück für
kirchI. Gemeindearbeit ist die Gemeinde
selbst unter der Botschaft des Herrn. Su-
chen wir nun jeder an seinem Teil, daß wir
die himmlische Heimat gewinnen, um de-
ren Besitz es auch daheim immer gegangen
ist.
Es ist wohl müßig zu fragen, wie das
kommen konnte? Unsere Kirche brauchte
immer viel Pflege. Wie oft bin ich den ober-
sten Umgang durch das riesige Dachge-
schoß herumgegangen, nach Schäden zu se-
hen, Fenster zu schließen, Vögel herauszu-
lassen. Wie oft habe ich dabei in die Tau-
sende der Pfeifen der herrlichen Engler-
Orgel hineingesehen. Wie oft ist mir der


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Gedanke gekommen, wenn da einmal Feu-
er aufkommt!
Die Dachkehlen machten uns im Winter
Kummer, - wir haben sie in Kupfer ver-
legt. Wer pflegt nun unsere Kirche, habe
ich mich oft gefrag? Ich vermute, - mehr
kann ich nicht sagen, - daß die unter mei-
ner Regie eingebaute elektr. Heizung nicht
mehr in Ordnung war. Die Schalter waren
in der großen, gewölbten Sakristei, da
konnte an sich nichts passieren. Die AEG
hatte eine vortreffliche Arbeit gemacht, wir
haben beim Schalten zu meiner Zeit nur
einmal einen Schaden gehabt.
Zwecklos alles Fragen. Wären wir da-
heim, wäre ich jetzt zu Pfarrer Haunschild
gegangen und hätte um seine Gastfreund-
schaft in der kath. Pfarrkirche gebeten.
Um die Antwort wäre ich nicht bange gewe-
sen. Wahrscheinlich hätte er sie mir schon
vorher, wie es zwischen den beiden Kirchen
für solche Notfälle üblich war, von sich aus
angeboten. Und dann hätten wir versucht,
aufzubauen, so gut wir es gekommt hätten.
Wir sind nicht mehr daheim, sind Gäste
und Fremdlinge auf Erden wie unsere Vä-
ter. Es bleiben die Erinnerungen. - Ich
selbst habe eine erstaunlich große Zahl von
Bildern gerettet, einst auf Betreiben des
Provinzialkonservators von Herrn Werk-
meister Liegnitz angefertigt, vor der Aus-
weisung schnell noch herausgenommen.
Ich muß zunächst dafür sorgen, daß sie im
Archiv der Ostkirchen gut verwahrt wer-
den. Man sieht ja, wie leicht alles bei dem
Einzelnen verloren gehen kann.
Eine zweite Frage ist die, auf welche Wei-
se man sie einem weiteren Kreis der Interes-
sierten zugänglich machen kann? - Ich ha-
be ja auch immer noch vor, die Kirchen-
chronik von Schmiedeberg zu schreiben,
wer sollte es nach mir tun? Vielleicht habe
und finde ich noch Zeit dazu.
Zunächst diese Nachricht zum Nachden-
ken mit dankbarem, wehen Herzen. Ich
weiß, daß auch katholische Brüder und
Schwestern mit mif und uns das Schwere
empfinden werden.
In stillem Denken, Euer Pastor
J. Bittermann und Frau Christine
Entnommen den Schmiedeberger Nach-
richten vom Januar 1959 (Herausgeber:
Herr Paul Mende t). Will}' Hirsemann


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Schutt und Asche blieben von der ev. Kirche in Schmiedeberg nach dem Brand übrig. -
Die Bilder stellte Hfd. Willy Hirsemann, 2300 Kiel-Kronshagen, Alb.-Sch\\eitzer-Str. 13,
zur Verfügung