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                    Angelika Wolk-Gerche
Die Indianer
Ihre Kultur spielend kennenlernen

Indianer» - welch ein Zauberwort für groß und klein! Doch die romantischen Vorstellungen, die wir aus Westernfilmen und Romanen ken- nen, sind Darstellungen und Phantasien der \\ Weißen. Auch wenn die ursprüngliche Kul- tur der Indianer Nordamerikas durch die «g? nach Westen vordringenden Europäer ‘'v praktisch zerstört wurde, ist ihre Kultur nicht untergegangen. Die Indianer haben »erlebt und sind sich heute ihres kulturellen Erbes mehr denn je bewusst. Mit ihrem Spiel- und Erlebnisbuch möchte Angelika Wolk-Gerche Kindern und Jugendlichen die Kultur der Indianer möglichst authentisch nahebringen. Über Spiele, handwerklich-künstlerisches Arbeiten, Malen, Basteln und durch eine ganze Reihe von spannen- den Geschichten führt sie die Leser an die Kultur der nordamerikani- schen Indianer heran und räumt dabei vorhandene Klischees aus. Die Vorschläge und Anregungen zum Spielen sind eingebettet in Infor- mationen über den Alltag, das religiöse Empfinden, die Erziehung, Feste, Jagd, Kunst und Spiele früher und Angelika Wolk-Gerche, geboren 1951, Dipl. Designerin. Studium an der Fach- hochschule für Kunst und Design Hannover. Anschließend Arbeit im Schul- dienst im Fach Kunsterziehung. Danach freiberufliche Tätigkeit als Textildesignerin und Malerin, daneben Leitung zahl- reicher Mal- und Werkkurse. Das Interesse an anthroposophischen und waldorfpädagogischen Fragen erwachte Mitte der siebziger Jahre. Seitdem überwiegend als Autorin und Illustratorin tätig. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Stuttgart.

«Was ist Leben? Es ist das Blinken eines Leuchtkäfers in der Nacht. Es ist der Atem des Büffels im Winter. Es ist der kleine Schatten, der über das Gras läuft und sich im Sonnenuntergang verliert.» Worte des Blackfoot-Kriegers Croufoot
Einführung Indianer - welch ein Zauberwort für Groß und Klein! Die Weite der Prärie, ein freies, ungebundenes Leben im Einklang mit der Natur, im Tipi wohnen, Abende am Lagerfeuer - all diese romantischen Vorstellungen ver- binden wir Europäer mit dem Wort «Indianer». Aus Westemfilmen und Romanen kennen wir Indianer entweder als «edle Wilde», stereotype Idealbilder ei- ner untergegangenen Welt, oder als unberechenbare Skalpjäger, die johlend um den Marterpfahl herumtan- zen. Es sind Darstellungen und Phantasien von Wei- ßen. Solche Klischees bergen immer Gefahren in sich. Eine falsche Sicht der Vergangenheit führt zu Fehlein- schätzungen der Gegenwart. Fehleinschätzungen kön- nen eine ganze Reihe weitere, negative Faktoren nach sich ziehen: Vorurteile, Arroganz. Ignoranz, Gleichgül- tigkeit etc. Die Indianer Nordamerikas sind zum Glück nicht un- tergegangen, obwohl die europäischen Eroberer nichts unversucht ließen, ihre Kultur für immer zu zer- stören. Sie haben überlebt und sie sind sich ihrer Her kunft und ihres besonderen kulturellen Erbes heute mehr denn je bewusst. Doch sie leiden im «weißen» .Amerika und Kanada unter den oben aufgezählten ne- gativen Faktoren. Ihr Kampf um ein selbstbestimmtes Leben hält bis heute an, seit dem Zeitpunkt als vor mehr als 500 Jahren Kolumbus in .Amerika landete. So wenig man von den Europäern oder den Weißen reden kann ohne zu differenzieren, so verfehlt ist es auch, von den Indianern oder der Kultur der Indianer zu sprechen. Die indianischen Stämme bzw. Nationen sind so verschieden wie beispielsweise Finnen und Griechen oder Isländer und Kroaten. Bei aller Gegen- sätzlichkeit ist allen Ureinwohnern aber eines gemein- sam: Sie trennen sich und ihre Existenz nicht ab von der übrigen Schöpfung wie die Weißen es oft tun. son- dern fühlen sich innig mit ihr verbunden. Ihre Kirchen sind die Wälder, die Berge, die Flüsse, die Winde, das Himmelszelt und das Meer. Das ist das Erbe ihrer alten Kultur mit ihrer intuitiven, spirituellen Kraft. Das Wort «Indianer» muss nichts von seiner Faszinati- on verlieren, es erscheint nur in einem anderen, klare- ren Licht, und der Blick wird frei auf bisher nicht Währgenommenes, wenn wir unser verschobenes Bild etwas zurechtrücken. Sich mit indianischer Kulntr zu befassen muss heißen, ihr mit Liebe und besonderem Respekt zu begegnen. Dazu gehört auch, nicht die Au- gen zu verschließen vor der problematischen Situati- on, in der die meisten der Ureinwohner .Amerikas heu- te leben müssen. Wissenschaftler sind sich heute sicher, dass auch die Indianer einst Einwanderer waren. Bisher stießen Ar- chäologen auf kein einziges Fundstück, das aus der Zeit vor den Einwanderungswellen stammt. Vor 40 000 - 50 000 Jahren waren noch große Teile Nordameri- kas von riesigen Eismassen bedeckt. Der Meeresspie- gel stand tiefer, so dass eine Landbriicke zwischen dem asiatischen und amerikanischen Kontinent freilag, zwi- schen .Alaska und Sibirien. Hier beträgt der Abstand auch heute nur 85 Kilometer. Die «ersten Indianer» kamen in kleinen Gruppen als Jäger und Sammler über diese Beringbrücke und breiteten sich im Laufe der Jahrtausende fast über den gesamten Kontinent aus. Zu diesem Buch Kinder über Spielen, handwerklich-künstlerisches Ar- beiten, Malen, Basteln und Geschichten an eine andere Kultur, in diesem Fall an die Kultur der Indianer Nord- amerikas heranzuführen, und dabei gleichzeitig evtl, vorhandene Klischees auszuräumen, ist das Anliegen dieses Buches. Die Vorschläge und Anregungen sind eingebettet in Informationen über den Alltag, das reli- giöse Empfinden, die Kindererziehung, Feste, Jagd. Kunst und Spiele der Ureinwohner früher und heute. Vieles ist so angelegt, dass unsere Kinder das Erfahrene 8
mit ihrem eigenen Alltag verbinden können. Wir als Eltern, Großeltern, Lehrer, Paten, Erzieher usw. dürfen sie dabei begleiten und unterstützen. Manche der Din- ge können schon Vorschulkinder herstellen, andere erfordern ein wenig handwerkliche Erfahrung, dann sollten die «Großen» den «Kleinen» helfen. So weit es möglich ist und gewünscht wird, sollten die Küider authentische Materiahen in die Hände bekommen: Federn, Holz, Leder. Glasperlen usw. Die Anleitungen sind als Vorschläge zu betrachten, an die man sich je nach Wunsch und Geschicklichkeit mehr oder weniger halten kann. Vieles lässt sich ab- wandeln, vereinfachen oder auch ausbauen. Im Folgenden werden drei ganz unterschiedliche nordamerikanische Gesellschaften vorgestellt. Sie ste- hen stellvertretend für die große Vielfalt indianischen Lebens: die Weiten der Prärie, immer den Bisonherden auf der Spur, von denen sie abhingen. Es waren freiheitslie- bende, großzügige Menschen und Individualisten. Be- rühmt sind ihre wunderschönen, perlenbestickten Le- derkleider, das Werk kunstfertiger Frauen und die ein- fachen aber gut durchdachten Lederzelte, die «Tipis». Im trockenen Südwesten Nordamerikas schließlich begegnen uns die Pueblo-Indianer. Ihre kastenförmi- gen Lehmhäuser kleben an- und übereinander, daran erkennt man ihre lange Sesshaftigkeit und den engen Zusammenhalt der Gemeinschaften. Die Pueblo-India- ner waren und sind nicht nur erfolgreiche Feldbauern, sondern auch begabte Töpfer. Ihrer Mythologie zufolge stiegen sie einst aus der Unterwelt hinauf in das helle Land der Mesas und der roten Tafelberge, das seitdem ihre Heimat ist. Am Ende des Buches kommen Indianer von heute zu Won. Die Völker der Nordwestkiiste, die sich in einer hierar- chisch gegliederten Klassengesellschaft organisiert hatten, gehörten zu den wohlhabendsten unter den Ur- einwohnern Sie lebten hauptsächlich vom Fischfang und dem Reichtum ihrer Zedernwälder. Die Nordwest- küsten-lndianer wohnten in festen Dorfgemeinschaf- ten. Ihre hochentw ickelte Kunst, besonders die Relief- schnitzerei, Lst einzigartig auf der Wrelt. «Es sind schon wunderliche Menschen. Sie haben den Tag in Stunden unterteilt, wie die Monde das Jahr. Sie messen wirklich alles.» Charles A. Eastman, Sioux, (1902) über die Weißen 3 4 ♦ » M 4♦ fc 1X1 4 ♦ » ß Die bekannteste Indianer-Nation, die Bisonjäger der Prärien und Plains, gelten als die Indianer schlechthin. Tatsächlich existierte ihre Kultur in der Form wie wir sie kennen, bzw. zu kennen glauben, nur rund 150 Jahre Die Prärie- und Plains-Indianer waren Noma- den Ganze Dörfer zogen mit «Sack und Pack» durch 9


Die Nordwestküsten-Indianer Zedern. Lachs und große Feste Die Nordwestküsten-Indianer hatten das Glück, nicht in dem Maße wie siele andere indigene Gruppen von den europäischen Kolonialherren aus ihren Luide ver- trieben zu werden, obwohl sie in einer von der Natur begünstigten Landschaft lebten. Diese erstreckt sich über einen relativ schmalen, von zahlreichen Fjorden, Schären und Buchten eingeschnittenen Küstenstreifen. Er reicht von Südostalaska bis hinunter zum Columbia River, dem Grenzfluss zwischen den Bundesstaaten Washington und Oregon. Viele verschiedene Völker mit unterschiedlichen Sprachen und Dialekten leben hier. Die wichtigsten bzw. größten Gruppen, zu denen wiederum zahlreiche Untergruppen gehören, heißen: Tlingit, Tsimshian, Haida. Bella Coola, Kwakiud, Nuu- chah-nulth. Quileute und Coast-Salish. Der warme Pazifikstrom. Kuroshio genannt, bringt ein mildes, feuchtes Klima hervor, eine ideale Vorausset- zung für üppige Wälder und reichhaltige Fischgründe In regelmäßigen Abständen kommen große Lachs- schwärme zum Ablaichen in die Küstengewässer. Die Ureinwohner entwickelten ausgeklügelte Fischfangme- thoden. Sie verstanden es, die delikaten Geschenke der Natur durch Räuchern, lufttrocknen und Einlegen nicht nur zu konservieren, sondern auch in kulinari- sche Köstlichkeiten zu verwandeln. Aus dem begehr- ten. aalförmigen Candlefish gewann man z.B. durch Auspressen ein vitaminreiches, antibiotisches Öl. und der reichlich vorhandene Seetang ergab eine jodreiche Beilage. Berge von Muschelschalen findet man noch heute dort, wo einmal die alten Dörfer lagen. «A Taste of Grcase», ein intensiver Fischölduft, hing in der Luft und verriet die Existenz eines Dorfes, lange bevor man es erblicken konnte. Doch nicht nur das Meer hielt reiche Gaben für die Menschen bereit. In den dichten alten Wäldern, die bis zum unwegsamen Bergland hin- aufreichten, lebten Elche. Bären. Bergziegen, Rehe und anderes jagdbares Wild, das Fleisch und Felle lieferte. Die Walder waren zudem reich an Beeren, Pilzen, Nüssen. Kräutern, Holzäpfeln u.v.m. Gern sam- melte man die Innenrinde von bestimmten Nadel- Oben: Westküste von Vancouver-Island, dem Gebiet der Kwakiutl. I nten: Zedern im primären Regenwald auf Van- couver-Island. 12
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bäumen. Sie wurde geröstet und als knusprige, süßli- che Beilage zu Beeren gegessen und half sogar auch gegen Halsweh. Das Holz der Zedem aber war und ist bis heute von herausragender wirtschaftlicher Bedeu- tung. Da es relativ gut zu bearbeiten ist und ihm Feuch- tigkeit weniger anhaben kann als anderen Holzarten, eignet es sich besonders zum Bau von Kanus. Aus der faserigen Rinde und den Wurzeln stellten die Urein- wohner Matten, Hüte und andere Dinge für den tagh- ellen Gebrauch her. Ihre geräumigen Planken- oder Langhäuser bauten sie ebenfalls aus Zedemholzbret- tern. Sie hatten ein Verfahren entwickelt, ebenmäßige Bretter vom lebenden Baum abzuspalten. Durch die günstigen Lebensumstände blieb den Men- schen Kraft und Zeit übrig für ein eindrucksvolles kul- turelles Leben, prachtvolle Feste und künstlerisches Schaffen. Adlige. Künstler und Sklaven Die gesellschaftliche und familiäre Struktur der l rein- wohner war und ist äußerst komplex und kann hier nur ganz oberflächlich beschrieben werden. Es war eine Klassengesellschaft wie wir sie so bei anderen in- digenen Völkern nicht finden. In den meisten Gruppen waren alle männlichen Mitglieder über die Mutterlinie miteinander verwandt. So kam es. dass z.B. der älteste Onkel mütterlicherseits größeren Einfluss auf die Kin- der ausübte als deren leiblicher Vater. Mehrere dieser Linien bildeten einen Klan. Innerhalb dieser Gemein- schaften gab es genau festgelegte Hierarchien und Auf- gabenverteilungen. Die Gesellschaft setzte sich zusam- men aus dem priviligierten Adel, normalen Stanunes- mitgliedem, die Krieger und Handwerker waren, und angesehenen Künstlern, meistens Holzschnitzern. Am Ende standen eine arme Unterschicht und Sklaven. Sie hatten schlechte Lebensbedingungen und damit auch nur eine geringe Lebenserwartung. Die meisten Skla- ven waren bei Überfällen auf benachbarte Dörfer ge- fangen genommen w orden Oft stammten sie aus ange- sehenen Familien. Ihre Versklavung brachte Schmach über den gesamten Klan Die Krieger der Nordwestkü- ste galten als kampferprobt und listenreich, sie sollten weder Gnade noch Humor keimen. Äußerst gewalttäti- ge Auseinandersetzungen zwischen benachbarten Dör- fern und rivalisierenden Klans, einhergehend mit Plün- derungen und Blutrache, waren keine Seltenheit. Adler heiratet Wolf Jeder Klan führte seine Herkunft auf die Begegnung mit einem Tiergeist zurück. Diese Begegnung hatte einst in mythischen Zeiten stattgefunden. Dabei waren die be- sonderen. spirituellen Kräfte des Tiergeistes auf die Gruppe übergegangen. Diese hatte damit das Recht er- halten, das Abbild des Tiergeistes als Totem zu benut- zen und ihn als «Spirit Helper», Geisthelfer, zu be- trachten. Zu jedem Klan gehörte auch ein bestimmtes Wappentier, das damit in Verbindung stand. Man kennt bei den Tsimshian z. B. vier Hauptwappenliere: Adler, Rabe, Wolf und Wal, denen jeweils drei weitere, rang- niedrigere Wappentiere zugeordnet sind. Eheschlie- ßungen finden nur zwischen unterschiedlichen «Wap- pentieren- statt, nie würde z.B. eine «Adlerfrau» einen «Adlermann» heiraten und umgekehrt. Die bekannten, geschnitzten und bemalten Totempfäh- le der Nordwestküsten-lndianer sind eigentlich Wap- penpfähle. Sie waren als Zeichen der Klans weithin sichtbar aufgestellt, meistens schauten sie aufs offene Meer hinaus. Manche dieser baumartig aufragenden Skulpturen bildeten den Mittelpfosten eines Planken- hauses und hatten als Eingangsloch den geöffneten Ra- chen oder Schnabel eines mythischen Tieres. Auch im Inneren der Häuser waren teilweise solche Pfähle auf- gestellt. Besonders geachteten Verstorbenen errichtete man prachtvolle Gedenkpfähle. Oben waren oft Kästen oder laden zum Aufnehmen der Asche des Verstorbe- nen angebracht. Die Errichtung eines solchen Gedenk- pfahles ging mit besonderen, festlichen Zeremonien einher. Das Schnitzen und Bemalen all dieser Pfähle Die vier Wappentiere sind: Adler, Rabe. Wal und Wolf Rechts daneben zwei Totempfiihle moderner indianischer Künstler im Stanley Park. Vancouver 14
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oblag Berufskünstlern, die ihre Aufträge sowie die In- struktionen von den Klanchefs erhielten. Die Darstel- lung von Wappen- und Totemtieren oder auch ganz individueller Schutzgeister beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Pfähle. Man findet sie auch auf Kultge- genständen, Rasseln, Masken, Kopfschmuck, Dingen des täglichen Gebrauchs, wie Angelhaken. Schöpflöf- feln. Ölschalen. Bentwoodkisten, Amuletten etc. Diese Gegenstände waren aus unterschiedlichen Holzarten geschnitzt und oft zusätzlich bemalt. Essgeschirr be- stand aus Ahorn. Erle oder Birke, denn diese Hölzer übertragen keinen Nachgeschmack auf die Speisen. Abbilder der Totems und damit verbundene Masken- tänze und Lieder waren geistiges Eigentum der Klans und durften von keiner außerhalb des Klans stehenden Person übernommen werden. Lieder konnten z.B. nur durch Vererbung, Heirat, Kauf oder Schenkung ihre Besitzer wechseln. Niemand wagte es daher, das Lied eines anderen zu singen, denn das galt als Diebstahl’ An den Stufen zu einer Hochkultur Die strenge soziale Gliederung der Nordwestküstenge- sellschaften drückt sich auch in ihrer Kunst aus, be- sonders in der Reliefschnitzerei, die oftmals noch be- malt ist. Wir finden graphisch klare Aufteilungen der Fläche, immer wiederkehrende, genau festgelegte Mo- tive, die meisterhaft abstrahiert und reduziert sind. Es sind Werke von expressiver Ausdruckskraft in einer Ausgereiftheit, die auf eine lange Entwicklungsge- schichte schließen lässt. Die Kunst der Nordwestküs- ten-Indianer ist in ihrer Eigenständigkeit einzigartig auf der Welt. Tatsächlich haben w ir es hier mit Gesell- schaften zu tun. die an den Stufen zu einer Hochkultur standen, bevor die englischen Kolonialherren diese Entwicklung mit Nachdruck stoppten. Verheerend wirkten sich auch die von europäischen Händlern ein- geschleppten Krankheiten aus. gegen die die Urein- wohner kaum Abwehrkräfte hatten. Vor allem Grippe-, Pocken- und Masemepedemien rafften die Bevölke- rung dahin und dezimierte sie teilweise bis auf 10% ihrer ursprünglichen Zahl. Man kann sich vorstellen. welche Erschütterungen das gesamte, komplizierte So- zialgefüge durchzog, wenn geistige Führer, ganze Klans, Künstler und Schamanen in kürzester Zeit ein- fach wegstarben und ein Vakuum hinterließen. Zu all dem zwangen die weißen Eroberer den ohnehin schon geschwächten Ureinwohnern rigorose Gesetze auf, wo- durch sie ihre Identität noch mehr verloren. Die Gegenwart Von 1867 bis 1951 war den Ureinwohnern das Selbst- bestimmungsrecht von den kanadischen und amerika- nischen Behörden aberkannt worden. Das schloss Ver- bote mit ein, ihre traditionellen Zeremonien durchzu- führen. Kunst- und Kultgegenslände, viele von hoher Qualität und für die Indianer von großer Bedeutung, wurden kurzerhand beschlagnahmt. Welch eine De- mütigung für die einstmals so stolzen und unabhängi- gen Gesellschaften! Dank ihrer gut ausgeprägten Sozi- alordnung blieb ihr W iderstandsw ille jedoch ungebro- chen. Sie kämpfen bis heute um das Recht, die natürli- chen Ressourcen (Holz. Fisch etc.) ihres angestamm- ten Lebensraumes zu nutzen. Erst 1990 kam es, nach langem innenpolitischen Druck, zu Landrechtsver- handlungen zwischen British Columbia und den india- nischen Nationen. Diese Verhandlungen brachten vie- len Indianern aber bis heute keine befriedigenden Er- gebnisse. Allein das 6000 Menschen umfassende Volk der Nishga halte bis heute von allen Ureinw ohnern den größten Erfolg. Nach mehr als 100 Jahren Kampf und zähen Verhandlungen um eigenes Land und ein selbst- bestimmtes Leben unterzeichnete es 1997 einen Ver- trag mit der kanadischen Regierung, der ilun die Ver- fügungsgewalt über nahezu 2000 Quadratkilometer Lind und weitreichende Selbstverwaltungsrechte si- chert. Der Hauptwiderstand gegen die Interessen der India- ner kommt aus dem Lager der Wirtschaft. Man ist nicht gewillt, ihnen Land zu überlassen, auf dem Boden- schätze nachgewiesen wurden und das reich an wert- vollen Hölzern ist. Kanada ist das größte Exportland für Nadelholz. Zellstoff und Papier Dafür wurden und 16
werden uralte indianische Regenwälder abgeholzt. Diese Abholzung hat umweltgefährdende Ausmaße er- reicht. Die Indianer sagen: «Seit Jahrtausenden haben wir den natürlichen Reichtum an Holz, Pflanzen und Meeresfrüchten verantwortlich genutzt. Wir haben we- der Tiere ausgerottel noch die Wälder kahlgeschlagen. Wir haben großen Respekt vor der Natur und wissen besser mit ihr umzugehen als die Weißen. Deshalb verlangen wir das uneingeschränkte Verfügungsrecht über unsere alten Gebiete.» Das Volk der Nuu-cha- nulth («.Alle Menschen, die entlang der Berge woh- nen.») sind von den Abholzungsmaßnahmen am stärksten betroffen. Sie sehen ihre Existenz untrennbar mit dem Regenwald verbunden. Er ist für sie die Kirche für ihre Gebete und ein Ort, an dem sie ihre geistigen Verbindungen mit allen Lebewesen aufrecht erhalten können. Das Leben in den Reservationen ist problematisch. Trotzdem ist eine Revitalisierung der indianischen Kul- tur zu beobachten und ein zunehmendes Selbstbe- wusstsein wird sichtbar. Es gibt wieder ein reichhalti- ges Kunstschaffen an der .Nordwestküste. Malerei, Bildhauerei, Musik. Tanz und Literatur sind heute ein wichtiges Mittel, um das Gefühl indianischer Zusam- mengehörigkeit auszudrücken. Viele Künstler mussten sich, weil die alten Lehrer fehlten, ihr Handwerk auto- didaktisch aneignen. Um die Kunstschätze ihres eige- nen Volkes studieren zu können, besuchten sie Muse- en und bereisten andere Länder, denn die wertvollen Objekte sind fast über die ganze Welt verteilt. Ihre Fer- tigkeiten und ihr Wissen gaben sie an begabte junge Menschen weiter. Heute studieren die talentierten jun- gen Indianer an ganz normalen, »weißen» Kunstaka- demien, aber sie schöpfen darüberhinaus aus einem reichen, kulturellen Fundus, was ihre Werke einzigar- tig und modern macht. «So kann doch wiedergeboren werden, was noch im Herzen bewahrt worden ist.» Dr. Winkler, aus: Flensburger Hefte Nr. $7, Seite 116 «Das Land weiß es. Wenn du ihm Schlechtes antust, weiß es das ganze Land. Es versteht, was mit ihm geschieht.• Worte eines Ureinwohners aus Zentral-Alaska Kleine Malschule - frei nach dem Stil der .Nordwestküsten-Indianer Die Malerei und Reliefschnitzerei der Nordwestküsten- indianer sind von schlichter Schönheit. Auffallend ist eine Umrisslinienstruktur aus verschieden dicken Lini- en, die sanft und rund auseinandergehen und harmo- nisch wieder zusammenfließen. Diese Umrisse schlie- ßen andere Formen in verschiedenen Größen ein oder verbinden sie miteinander Traditionelle Künstler bedienen sich nur einer beschränkten Anzahl von standarisierten Gestaltungselemenien (Ovale, S-Linien, U-Formen). Oft wirken die Kompositionen schablo- nenhaft, wichüg Lst die Ausnutzung der gesamten Bild- fläche sowie eine gewisse Symmetrie. Originell ist der sogenannte «Röntgenstil». Dabei schaut man gewisser- maßen in das Innere z.B. der dargestellten Tierfigur lünein und entdeckt abstrahierte Organformen. Kno- chen und Gelenke. Moderne indianische Künstler ver- wenden zwar immer noch die überlieferten Stilele- mente, setzen diese aber viel freier und kühner ein und fügen andere, eigene, hinzu, um das auszudrücken, was sie heute bewegt. Die häufigsten Formen smd: das Oval oder Ovoid (Augen, Füllelemente, «Gefäß» für andere Formen, Gelenke). Je nach Bedarf kann es in die Länge gezogen, zusammengedrückt oder auch eingebuchtet werden, um einer weiteren, kleineren Form Platz zu geben. Mehrere, verschieden große Ovoide liegen ineinander, wobei ihre Linien verschie- den dick gemalt werden. Die Schenkel der U-Formen verjüngen sich zu den En- den hin und laufen dort oft in einer sanft nach außen gebogenen Spitze aus. Im Mittelteil sind sie am dick- sten. Mehrere U-Formen liegen ineinander geschach- telt oder nebeneinander geschoben. Manche sind breit, manche filigran dünn, andere gespalten. Dieses Gestaltungselement wird meistens zur Darstellung von Federn verwendet. S-Formen oder -Linien werden sehr vielseitig einge- setzt. Immer haben sie harmonische Schwünge mit zwei allmählich spitz zulaufenden Enden. Manche zei- gen in der Mitte Hohlräume, in die noch andere Ele- 17
Grundformen Hand mente hineingesetzt werden können, andere liegen in größerer Zahl parallel nebeneinander. Es gibt breite, kurze und langgezogene, dünne S-Formen Stellt ein Künstler der Nordwestküste z.B. ein Vogel- bein oder eine Wolfskralle dar. bedient er sich der oben beschriebenen und abgebildeten Formen auf eine ganz bestimmte, festgelegte Art. Dort, wo wir viel- leicht nur eine Menge dekorativer Ornamente sehen, die alles mögliche bedeuten könnten, erkennt das ge- übte Auge anhand der Behandlung und Anordnung der .Stilelemente z.B. Frosch. Raubwal oder Tintenfisch. Wenn es die Fläche verlangt, etwa die vorgegebene Form einer zu bemalenen Bentbox, wird die Darstel- lung auseinander gezogen oder komprimiert, so dass die ganze Fläche zwar ausgefüllt, die Proportionen aber verzerrt sind. Es macht sehr viel Freude, nach Art der Nordwest- küsten-lndianer zu malen, aber es ist gar nicht so einfach, man muss sich erst hineinfinden. Dabei soll- te nicht peinlich genaues Kopieren nach Abbildungen oder Museumsstücken im Vordergrund stehen, son- dern vielmehr der spielerische, individuelle Umgang mit den Gestaltungselementen. Als Anregungen und Vorschläge sind die im folgenden vorgestellten Dinge gedacht: Wappenpfahl. Strohhüte, bemalter Kasten etc. Bei manchen halten wir uns etwas enger an histo- rische Vorlagen, bei anderen entfaltet sich mehr un- sere eigene Phantasie. Beim Malen bekommen wir einen Eindruck von der Kunstfertigkeit der Norwest- küsten-Indianer und ihrem sicheren Gefühl für Har- monie - und vielleicht auch eine Ahnung davon, wie sie das Leben betrachten. Der Rabe als «Trickstet» In den Mythen der Nordwestküslen-Indianer spielt der Rabe eine besondere Rolle. Er wird als listenreich, ver- schlagen und selbstsüchtig beschrieben. Darüber hin- aus verfugt er über mythische Kräfte und Intelligenz. Man bezeichnet ihn als amoralisch. Weil er sich selbst -auch oft in schwierige Situationen bringt, schmunzelt man über ihn, respektiert ihn aber gleichzeitig. W ie der Coyote der Prärie- und Plains-Indianer gehört der Rabe der Nordwestküstenvölker zu jenen ambivalenten, schillernden Göttern und Geistern in Tiergestalt, die man als «Trickster» bezeichnet. Sie können den Men- schen einerseits Jagdglück. Gesundheit und W ohlstand bringen, andererseits aber die Weltordnung in ihrer töl- pelhaften Art gehörig auf den Kopf stellen. Dadurch bre- 18
Der Rabe und die ersten Menschen. Holzplastik des indianischen Künstlers Bill Reid. Vancouver. Typische Langhäuser im Museum of Anthropology. Vancouver. nachgebaut von Bill Reid. chen sie aber auch Erstarrtes immer wieder auf. so dass sich neue Perspektiven auftun. Die Geschichten, die man sich vom Raben Yel erzählt, variieren von Stamm zu Stamm ein wenig, hier ist eine von ihnen: Rabe Yel und die ersten Menschen Eine Schöpfungsgeschichte Der Rabe Yel trieb sich einmal gelangweilt am Strand hemm. Plötzlich entdeckte er eine Muschel, in der sich etwas bewegte und aus der krächzende Laute drangen. Neugierig ging er näher und spähte in den Spalt zwischen den Muschelhälften. Da sah er merk- würdige, blasse, nackte Gestalten eng aneinander ge- schmiegt. Sie hatten runde, schnabellose Köpfe und lange schwarze Haare. Anstelle von Flügeln hingen dünne, ungelenke Gliedmaßen seitlich an ihren Kör- pern. Es waren äußerst schreckhafte, scheue Geschöp- fe. Trotzdem gelang es dem Raben Yel, sie mit schmei- chelnder Stimme alle aus der Muschel herauszu- locken. Er war sehr erfreut über seine neuen, zwei- beinigen Spielgefährten und zeigte ihnen die Welt Mit der Zeit brachte er ihnen alles bei, was sie als lebenstüchtige Menschen wissen mussten. 19
Große Häuser aus Zedernholz Die Häuser der Nordweslküsten-lndianer wurden aus Zedemholzbrettem gebaut Ihre Form variierte von Gegend zu Gegend ein wenig. Die meisten hatten ein Giebeldach und einen rechteckigen Grundriss. Das Aufrichten der vielen Stützpfeiler, der riesigen Haus- pfosten und das Plazieren der Dachbalken geschah mit Hilfe von Seilen. Hier waren Spezialisten gefragt und daher lag der Hausbau in Händen von ausgebildeten Zimmerleuten. Die Gebäude waren sehr geräumig, mit einer Wohnfläche zwischen 60-300 qm. Vor den Häu- sern standen die bekannten, geschnitzten Wappen- pfähle als Wahrzeichen der einzelnen Klans Manchmal waren die Frontwände der Häuser bemalt, auch das Innere schmückten Wandmalereien und Wäppen- oder Totempfahle. In einem Großhaus lebten mehrere Familien eines Klans zusammen. Jede Familie bewohn- te einen bestimmten, ihrem Rang entsprechenden Be- reich des Hauses Die einzelnen Wohnparzellen teilte man mit Zedembastmatten. die häufig sehr schön be- malt waren, ab. Bei den Coast-Salish im Süden hatte jede Familie ihr eigenes Feuer, in den Häusern der Nuu-chah-nulth dagegen, brannte ein zentrales Feuer in einer rechteckigen Vertiefung in der Mitte des Hau- ses. Der Rauch zog durch das Dach ab, das man öffnen und schließen konnte. Die Nordvvestküsten-Indianer lebten im Sommer und im Winter in verschiedenen Dörfern. Die Sommersiedlung lag nahe am offenen Meer oder an den fischreichen Flüssen. Die Winterdör- fer befanden sich in geschützten Buchten, oberhalb der Hochwassermarke, denn in dieser Jahreszeit wa- ren schwere Stürme, die das Meer aufpeitschten, nicht selten. Alle Häuser standen dicht nebeneinander in ei- ner Reihe, die Giebelfronten schauten -alle zum Meer hin. •Rohbau • aus Kartons Spiel haus mit Wappenpfahl Material: Ein großer Pappkarton (Hauskorpus), mehrere große Kartonplatten (zerlegte Kartons für das Dach und die Hügel des Donnervogels), mehrere verschiedene kleinere Kartons (kommen übereinander und bilden den Wappenpfahl), darunter ein besonders stabiler Kanon (z. B. Obstkarton. vom laden um die Ecke, als Eingang). Sehr große Kartons bekommt man im Möbelmarkt und an Wertstoff-Sam- melstellen. Rauhfasertapete, eine Rolle Packpapier, Tapeten kleister Alleskleber, Paketklebeband. Paketschnur Cuner, z.B. Teppichschneidemesser, Schere Bastel- oder Abtönfarben, Pinsel in verschiedenen Stärken Evtl, zw ei Tischtennisbälle als Augen des Donnervogels 20
Die einzelnen Teile des auseinandernehmbaren Hauses u erden mit Bindfaden aneinandergeknüpft. Den großen Karton, aus dem das Haus entstehen soll, ganz mit Rauhfasertapete beziehen, auch die Deckel, die später Giebel und Dachunterbau bilden (siehe .Ab- bildung «Rohbau»). Die Tapete ergibt einen guten Maluntergrund, gleicht Inebenheiten aus und erhöht die Stabilität. Nach dem Trocknen des Tapetenkleisters den Eingang in das Haus schneiden. Er sollte so groß sein, dass ein Schulkind gerade noch hinein krabbeln kann. Der Eingang wird in die Mitte der Breitseite des Kartons geschnitten, am besten mit einem kräftigen Cutter. Die kleineren Kartons und Schachteln für den Wappenpfahl probeweise aufeinander stellen, der Pfahl soll das Haus später deutlich überragen (Abb.), [bann ebenfalls jeden einzelnen Karton sorgfältig mit Tapete überziehen. Der untere Karton, in den der Ein- gang geschnitten wird, muss besonders stabile Seiten- wände haben, denn er trägt ja die ganze Last des Pfah- les. Die Größe dieses Eingangs entspricht der des Ein- schnitts am Hauskorpus. Wer als Krönung einen mäch- tigen Donnervogel oben aufsetzen will, schneidet zwei große Flügel aus Kanon aus und beklebt sie ebenfalls mit Rauhfasertapete Die einzelnen Schachteln des Wappenpfahlswerden nun noch nicht miteinander ver- bunden, sondern erst einmal bemalt. Das kann eine schöne Gemeinschaftsarbeit sein. Man sollte sich aber vorher einigen und in Grundzügen festlegen, wie die ganze Gestaltung aussehen soll. Dazu zwei Tips: Die Malereien sollten von Kasten zu Kasten aneinander anschließen, damit der Pfahl «aus einem Guss» ist. Also die Übergangspunkte anzeichnen und z. B. die l’mrisslinien der Figur des oberen Kastens mit denen des unteren Kastens verbinden oder die Krallen des Donnenogels bis in den darunter liegenden Karton weiter malen Die Kartons während der Malarbcit im- mer wieder einmal miteinander vergleichen. Die Bemalung sollte einigermaßen symmetrisch wer- den, also zur Orientierung eine senkrecht verlaufende, durchgehende Mittellinie auf alle Schachteln zeichnen. 21
Das fertige Plankenbaiis wird eingeueibt.
Donnervogel Der Körper wird über Eck aufgestellt, so erhält der Donnervogel eine schöne, plastische Brustform (siehe Foto). In die beiden seitlichen Kanten werden senk- rechte Schlitze geschnitten, zum Hineinkleben der Hü- gel. Die Flügel so lang bemessen, dass noch ein Stück von mindestens 10 cm in den Körper hineinragt. Die- ses Stück über die ganze Länge einschneiden und ent- gegengesetzt knicken. Die beiden so entstandenen La- schen nun in die Schlitze schieben und innen, jede an eine andere Seite des «Brustkastens» kleben (Alleskle- ber und zusätzlich Klebeband) Man arbeitet von oben durch den noch offenen Karton, zum Schluss den Dek- kel zukleben und schwarz anmalen. Hier wird dann später der ferüge Kopf aufgesetzt, ebenfalls über Eck. Den Schnabel aus zwei Pappteilen ausschneiden, mit Tapete überziehen, dann von außen an den «Koplka- sten» kleben. Dort, wo die Augen sein sollen, schnei- det man mit dem Cutter je ein Kreuz in den Karton, drückt und klebt die Tischtennisbälle etwa bis zur Hälf- te hinein. Dann erst wird der Kopf bemalt. Ganz oben sitzen noch zwei kleine bunte Schachteln. Achtung! Kopf. Brust und Flügel fertig bemalen, dann erst zu- sammenselzen. Anmerkung: Der Donnervogel ist em mächtiges, übernatürliches Wesen, Herrscher über Donner und Blitz. Das Haus selber haben wir rundherum mit einem Holzplankenmuster bemalt, damit es an Zedernholz- bretter erinnert. Die Klappen des Kartons, die Giebel und L nterbau des Daches bilden, werden durchbohrt, damit man sie hochklappen und mit Paketschnur an- einander binden kann. Später kann man die Schnur dann wieder aufknüpfen und die Dachteile zusammen klappen. Das eigentliche Dach wird nur aufgelegt und mit Paketschnur an die Giebel und die Seiten des Hau- ses gebunden. Es ist mit Packpapier beklebt und eben- falls mit einem Holzplankenmuster bemalt. Oben, in die Mitte, haben wir ein Rauchloch geschnitten und die Ränder schwarz bemalt, das soll Ruß von der «Feuer- stelle» im Hausinneren darslellen. Der ganze, fertige Wappenpfahl wird wiederum mit Hilfe von Paket- schnur an den Hauskorpus gebunden. Er besieht aus zwei Teilen, die auch nur aneinander geknüpft werden. Die anderen Schachteln sind aneinander geklebt. Wie man auf den Fotos sieht, kann das ganze «Gebäude» zerlegt und das Dach zusammengeklappt werden, da- mit es sich besser transportieren und verstauen lässt. Kopfschmuck des Häuptlings Die Häuptlingstanzhaube war (und ist) eines der drei Insignien, die zur Ausstattung eines Würdenträgers der Nordwestküste gehörten. Die anderen beiden wichti- gen Gegenstände waren eine kostbare Schulterdecke und eine kunstvoll geschnitzte Rassel. Die Stirnseite der Haube bildete eine geschnitzte und bemalte Hartholzmaske. Meistens stellte sie ein Tier dar, das mit der Ahnenkultur des Häuptlings in Bezie- hung stand. Manche der Masken schmückten Einlege- arbeiten aus Abalonemuscheln (Augen. Zähne). So glänzte und schimmerte der Kopfschmuck im Feuer- schein. Rund um die Haube hingen Streifen von Her- melinfellen herab, und oben, als Krönung, befanden sich aufrecht stehende Seelöwenbarthaare. In diese Barthaare legte man locker Schwanen- oder Adlerdau- nen hinein. Wenn der Häuptling tanzte, wirbelten die Daunen aus seinem Kopfschmuck heraus tmd schweb- ten um ihn herum und durch den Raum Dann hatte man den Eindruck, als würde ihn etwas Lbematürii- ches umgeben. Daunen galten außerdem als ein Frie- denssymbol. 23
Tanzhaube Material: 2 Kartonstreifen, 12 cm breit, die Länge richtet sich nach dem Kopfumfang, bitte knapp ausmessen! (Oder nur 1 Kartonstreifen und 1 Filzstreifen mit gleichen Maßen) Bastelfarbe, Pinsel, Alleskleber Peddigrohr oder dünne, gerade Zweige (Seelöwen- barthaare) , etwa 30 Stück, je 30 cm lang etwas Fell oder Holzwolle Stoffbänder oder dicke Wollfäden (Behang rund um die Haube), je etwa 30 cm lang Lederband oder Schnur, ca. 100 cm lang, zum Ver- schließen und Regulieren der Weite am Hinterkopf. Den Karlonstreifen, der die Außenseite bildet, bema- len. Motive der Nordwestküste verw enden, auf Symme- trie achten. Wenn die Malerei getrocknet ist, den Strei- fen umdrehen und glatt hinlegen. Unten, an die Innen- seite, von einem Ohr zum anderen, Gesichtsbereich natürlich freilassen, die Stoflbänder oder Wöllfaden (das sind unsere «Hennelinfelle») ankleben. Oben, also gegenüber, die Zweige oder Peddigrohrabschnitte ankleben. Nun den zweiten Kartonstreifen. der vorher dick mit Klebstoff eingestrichen wurde, darüber legen. Das Ganze beschweren und trocknen lassen. .Anstelle des zweiten Kartonstreifens kann man auch Filz ver- wenden (siehe Abb, rechts), der schmiegt sich besser an als der starre Karton. Dann die Enden der Haube mit je 2 Löchern versehen und die Lederschnur als Verschluss durchziehen. (Rückseite siehe Abb. rechts) (Iber der Stirn zum Schluss noch ein Fellstückchen oder ein Büschel Holzwolle zwischen die «Seelöwen- barthaare» aus Peddigrohr stecken oder leicht dage- gen kleben. Chef-Haube und Kassel. Insignien eines Würdenträgers I erscbnürung an der Rückseite 24
Rassel Für einen Schamanen oder Klanchef Rasseln gelten bei den Ureinwohnern als Zeichen von Macht und Würde. Sie werden von den Anführern zere- monieller Versammlungen auch heute noch getragen. Material: Käseschachtel aus Span oder Karton (z.B. vom Ca- membert) oder eine Spanschachtel aus dem Bastelge- schäft als Klangkörper Stück von einer Holzleiste oder Rundholz, ca. 20 cm lang (Griff) Holzleim oder Alleskleber Bastelfarbe. Pinsel, evtl. Klarlack Bast oder Holzwolle Ein paar Maiskörner, Perlen oder ähnliches Taschenmesser oder Cutter, Tacker Einige Maiskörner oder/und Perlen in die Schachtel fül- len, die Hälften zusammenleimen, damit sie sich nicht mehr öffnen lässt. Nachdem der Klebstoff getrocknet ist, in die Mitte einer Schmalseite mit dem scharfen Ta- schenmesser oder Cutter vorsichtig ein Loch schneiden, das dem Durchmesser oder der Größe des Griffes ent- spricht. Die Öffnung zunächst sehr knapp schneiden und vorsichtig so weil vergrößern, bis der Griff gut hin- einpasst. Holzleiste (Griff) vorn an der Schnittkante mit einem Tropfen Leim versehen und ganz in die Schachtel hinein schieben bis sie an der gegenüberliegenden In- nenseite klebt. Von außen eine Heftklammer dagegen tackern, damit der Griff stabil bleibt. Auch um die Öff- nung herum etwas Leim streichen. Wenn alles getrock- net ist, wird die Schachtel mit einer Grundfarbe gestri- chen. .Als nächstes überlegt man sich das Motiv. Es sollte flächenfüllend sein und etwas typisches des Nordwest- küstenstils darstellen. .Am besten macht man einige Skizzen auf Papier und überträgt dann das endgültige Motiv auf den Rasselkörper. Dann kann mit dem Atisma- len begonnen werden. Es verlangt eine ruhige Hand und einen dünnen Pinsel, die Nordwestküstenkünstler ar- beiteten und arbeiten bis heute sehr exakt. Zum Schluss die Rassel evtl, mit Klarlack überziehen. Um den Griff hemm etwas Bast wickeln oder Holzwolle kleben, das soll Zedernbast darstellen. 25
Der Potlach (Potlach. sprich «Podätsch», heißt geben, schenken) Die Potlachfeste der Ureinwohner der Nordwestküste waren soziale, religiöse und auch politische Ereignis- se, die in ihrer Kultur sehr fest verwurzelt waren. Sie halten viele Funktionen, trat z. B. ein junger Häuptling sein neues Amt an, veranstaltete er ein Geschenkvertei- lungsfest, eben ein Potlach. Alle geladenen Gäste, zu denen in erster Linie ranghohe Würdenträger anderer Klans, aber auch Mitglieder der Unterschicht zählten, erkannten dadurch, dass sie der Einladung gefolgt waren und Geschenke annahmen, den neuen Häupt- ling an. Der Potlach war so etwas wie eine öffentliche Beglaubigung und Manifestierung von Rangpositionen. Weitere Anlässe zum Feiern eines Potlaches waren u.a. Namensgebung bei der Geburt eines Kindes der Ober- schicht, Hochzeiten, Gedenken Verstorbener, oft in Verbindung mit dem Aufstellen eines Erinnenmgs- totempfahls, sowie Rückgewinnung von verlorenem Prestige. Daneben diente das Fest auch zur Abwicklung von Geschäften. Um ein Potlach veranstalten zu kön- nen, mussten Unmengen von Nahrungsmitteln ange- sammelt werden, denn das Fest konnte bis zu 10 Tage dauern. Oft wurde sogar ein neues Haus aus Zedern- holz gebaut. Hochrangige Gäste wohnten in dem herausgeputzlen neuen Haus. Man sang ihnen Will- kommenslieder und ließ als Friedenszeichen Adler- daunen auf die Besucher herabschweben. Dann gab es Begrüßungsreden, Danksagungen und Sympatiebe- kundungen. Beim anschließenden Festmahl wurden alle aufs Beste bewirtet. Darauf folgten eindrucksvolle, vom Klanchef kommentierte Maskentänze, die die Stammesiegenden der Gastgeber darstellten. In der Mitte des Langhauses lagen die Geschenke, kostbare Güter aus dem Stammesbesitz. Dazu zählten z.B kunst- voll gewebte Decken und Umhänge, Pelze und Felle, Schmuckstücke, prächtige Masken. Kanus. Kupferplat- ten, verzierte Gebrauchsgegenstände und ganz früher sogar Sklaven. Alle Gäste wurden, ihrem Ansehen ent- sprechend, beschenkt So demonstrierte der Klan seinen Reichtum und seine grenzenlose Großzügig- keit. Man scheute keine Kosten, denn ein gelungener Kleid der Chilkat, einer Untergruppe der Tlingit. Gewebe aus Zedemrinden-Fasern und Bergziegen wolle. Solche Kleider waren sehr kostbar. Der Auftraggeber lieferte dem Weber auch den Entwurf. Potlach hob das Sozialpreslige ganz gewaltig. Die Gäste ihrerseits sparten dann auch nicht mit Lob und An- erkennung über das prachtvolle Fest. Danach war der Klan nicht selten bankrott. Dieser Zustand währte je- doch nicht lange, denn beim nächsten Potlach, zu dem ein anderer Stamm einlud, wurde man ebenfalls über- reich bewirtet und beschenkt. Die Klanchefs versuch- ten sich bei den Potlaches gegenseitig zu übertrump- fen. In ihrem Überfluss und prahlerischem Übermut begannen sie. die wertvollen Güter «zu Eliten der 26
Gäste» zu zerstören oder ins Meer zu werfen. Den kanadischen und amerikanischen Behörden waren die Potlaches bald ein Dom im Auge, deshalb waren sie jahrzehntelang verboten. Viele Indianer mussten sich vor den Gerichten der Weißen verantworten, weil sie dennoch, im Geheimen, ihre Feste gefeiert hatten. Unzählige Potlachgüter von hohem Wert wurden beschlagnahmt und über alle großen Völkerkunde- museen der Welt verstreut. Die meisten Gegenstände wurden zum Glück später wieder zurückgefiihrt und sind nun in Museen an der Nordwestküste ausgestellt. Heute werden wieder Potlaches gefeiert, wenn auch in modernerer Form und mit bescheideneren Geschen- ken. Spielvorschlag «Potlach» Dazu braucht man: Das Plankenhaus mit dem Wappenpfahl, für den Klanchef die Tanzhaube sowie eine Decke oder ein Fell als Umhang, Geschenke für die Gäste, z.B. etwas Essbares. Bücher, die man schon gelesen hat. Spielzeug, das einen nicht mehr interessiert, ein T-Shirt, aus dem man herausge- wachsen ist, etwas Selbstgemachtes etc. So könnte das Potlachspiel im Einzelnen ablaufen: Ein Häuptling wird gewählt, z.B. von allen, die am Bau des Plankenhauses beteiligt waren. Ein paar Tage später lädt der Häuptling seine Gäste ein. Wer es ganz förmlich» machen möchte und die Mühe nicht scheut, stellt Einladungskarten her. Am Festtag emp- fängt der Klanchef seine Gäste. Er sitzt würdevoll, an- getan mit Chefhaube und U mhang vor seinem präch- tigen Haus. Die Geschenke für die Gäste Legen im Inneren des Hauses. Sind alle versammelt, begibt sich der Klan-Chef ins Haus, ruft jeden Gast einzeln herein und überreicht ihm sein Geschenk. Danach setzen sich alle vor das Haus und schauen dem Häuptling zu, wie er seinen - selbst ausgedachten - Häuptlingstanz vor- führt und dazu sein - selbst ausgedachtes - Lied singt. Klanchef und Gäste beim Potlachspie! In dem Text z.B. lobt und begrüßt er seine Gäste, erwähnt jeden Namen, vergisst auch das Scherzen und das humorvollen Selbstlob nicht. Marko, unser Klanchef auf den Abbildungen, hatte an diesem Tag das Sagen. Er beschenkte seine Gäste mit Brezeln und Äpfeln. Wer das Plankenhaus betreten w ollte, musste erst den Klanchef fragen. Dieser durfte auch bestimmen, welche Spiele man spielte. Marko entschied sich für Ballspiele und das «Gedächtnistrai- ning» mit den gelben Kieselsteinen, beschrieben auf Seite 92. Am Ende des Festes legt der Häuptling fest, wer beim nächsten Potlach Chef oder Chefin sein darf. Das Pot- lach kann man so oft spielen, bis jeder einmal an der Reihe war. Da das Haus zum Auseinandernehmen ist. kann man es auch transportieren, z.B. in den Garten des neuen Häuptlings. 27
Maskentänze Die Gemeinschaften der Nordwestküste lebten während der heiligen Winterzeit, von November bis März, von den eingelagerten Vorräten. W ichtige traditionelle, reli- giöse Zeremonien beherrschten diese Jahreszeit. Es war die Zeit der Schamanen und Geheimbünde. Sie waren nicht idenüsch mit den Hierarchien im normalen sozia- len Zusammenleben, sondern hatten ihre eigene Rang- ordnung. Nur eingeweihte, auserwählte Tänzer durften die beeindruckenden, oft riesigen Masken tragen, die Totemtiere und verschiedene Schutzgeister aber auch Dämonen darstellten. Es waren Aufführungen von gro- ßer Dramatik und Theatralik. Sie erzählten Legenden von der Erschaffung der Welt und stellten dar. wie sich in mythischer Zeit die Begegnung zwischen den Menschen und ihrem Totemtier abgespielt hatte. Die Tänzer stell- ten so die Verbindung zwischen den Menschen und ih- ren Schutzgeistern jeden Winter aufs Neue her und emp- fingen frische Kräfte des Totems, also des Schulzgeistes, für ihr Volk. Die Winterzeremonien fanden in den gro- ßen Gemeinschaftshäusem des Winlerdorfes statt. Man arbeitete mit allerhand Effekten, die die Zuschauer ver- blüfften und mit Respekt erfüllten. Es gab versteckte Ver- senkungen im Plankenboden, aus denen maskierte Ge- stalten unvermittelt auftauchten, oder in die sie plötzlich verschwanden. Manche Masken konnten in spannen- den Momenten aufgeklappt werden, so dass ein zweites Gesicht zum Vorschein kam. Eindrucksvoll und Furcht einflößend zugleich muss es gewesen sein, wenn im flackernden Feuerschein riesige, unheimliche Schatten die Wände endangglitten oder Adler und Raiten durch das Langhaus schwebten und hüpften. Mit bestimmten Blasinstrumenten, Schwirrhölzem und Flöten erzeugte man geheimnisvolle Laute von übernatürlichen Wesen und Dämonen. Die Zeremonien dauerten fast die ganze Nacht und die Zuschauer waren aufgewühlt und voller Ehrfurcht. Heute finden wieder Winterzeremonien mit Masken- tänzen statt, nach dem sie, wie auch der Podach, lange Zeit verboten waren. Die mythischen Dramen werden mehr und mehr unter Wahrung traditioneller Regeln aufgefiihrt und die Träger der Masken werden sorgfäl- tig ausgewühlt. Maske aus Papiermache Im Leben der Nordwestküsten-Indianer hatten Masken eine wichtige kulturelle Funktion. Es gab sie in vielge- staltigen Formen, jede halte eine ganz spezielle Aufga- be. Wir finden u.a. heraldische Figuren, die auch auf den Wappenpfihlen zu sehen waren, z.B. Wal, Wolf, Bär. Biber, häufig den Donnervogel und andere. Scha- manen der Tlingit benötigten Masken zur Krankenhei- lung. Diese Masken stellten Geister dar, Yeks genannt, die aussahen wie wütende Männer, junge Frauen, alte Häuptlinge, Dämonen mit Grimassen usw. Die Gesich- ter konnten menschliche wie auch tierische Züge gleichzeitig tragen. Alle Masken wurden, und werden heute wieder, von begabten, ausgebildeten Holzschnit- zern angefertigt. Wir begnügen uns damit, Masken aus Papiermache herzustellen, denn dazu braucht man kein besonderes handw erkliches Geschick und das Material kostet fist nichts. Das Ergebnis kann, wie das Beispiel zeigt, trotz- dem sehr eindrucksvoll sein. 28
.Material: Karton Zeitungspapier Leere Rollen von Toiletten-oder Küchenpapier Tapetenkleister, breiten Borstenpinsel Alleskleber. Klebefilm Bastelfarben (Waco oder Deka), Pinsel in verschiede- nen Stärken Holzwolle oder Bast Papiercutter oder Teppichschneidemesser Aus dem Karton die ovale Grundform in der gewünsch- ten Größe ausschneiden, fieber etwas größer als zu klein. .An Slim und Kinn ca. 5 cm einschneiden. Die Schnitte leicht übereinander kleben, so entsteht eine sanfte Wölbung. Augenlöcher abmessen, anzeichnen und ausschneiden, nicht zu groß! Von der Papprolle zwei schmale Abschnitte abschneiden, Augenwinkel kniffen und über die Augenlöcher kleben. Aus Zei- tungspapier eine feste Rolle formen (Augenbrauen) und mit .Alleskleber und Klebefilm über die Augen kle- ben Einen größeren Abschnitt der Toilettenpapierrol- le mit Zeitungspapier bewickeln, ausstopfen und als Nase auf die Form kleben. Zwei Papierkugeln links und rechts ankleben (Nasenflügel). Der Mund wird, wie die Augenbrauen, aus zwei Zeitungspapierwürsten (Ober- und Unterlippe) geformt und angeklebt. Links und rechts große Ohren von hinten gegen die Maske kleben. Dann wird alles mit Tapetenkleister dick ein- gepinselt und mit Toilettenpapierstückchen beklebt. Man klebt mindestens drei Lagen übereinander, auch die Augen innen überziehen! .Anschließend das Ganze gut durchtrocknen lassen, danach in einer Grundfarbe anstreichen und nach Wunsch bemalen. Cnsere Maske soll einen «Yek* (Geist) darstellen Zum Schluss kann man noch Bast oder Holzwolle um die Maske kleben und zwei Haltehänder anbringen. Die Bänder müssen über den Ohren des Maskenträ- gers verlaufen, sonst rutscht die Maske herunter. Alle .Arbeitsschritte sind den Abbildungen zu entneh- men. Zähne und Zunge: Bei der abgebildeten Maske wurde die Zahnleiste se- parat aus einem Kartonstreifen ausgeschnitten, bemalt und mit einem Papiercutter soweit eingeschnitten, bis die Zunge hineinpasste - dann zwischen die fertig an- gemalten Lippen geklebt. Tip: Solange die Pappzunge noch feucht ist von der roten Farbe, biegt man sie in die gewünschte Form. 29
Sarah bemalt einen Strobbut frei nach dem Stil der Haida 30
Bemalte Hüte Da« Kanu Die Haida leben ungefähr in der Mitte des Nordwest- küstenstreifens, auf den Queen Charlotte Islands und den Prince of Wales Islands. Die Frauen der Haida flochten kunstvolle, große Hüte aus Binsen oder Ze- dembasl. Die Hüte hatten ein hohes, schmales Kopfteil und eine sehr breite Krempe. Die Frauen bemalten sie mit klaren, grafischen Mustern im bekannten Stil die- ser Region, wir wollen das auch einmal versuchen. Material: Strohhut aus dem Kaufhaus Bastelfarben, z. B. Deka oder Waco Einen dünnen und einen dicken Pinsel Das Muster mit Bleistift leicht auf dem Hut vorskizzie- ren. dann sorgfältig farbig ausmalen. Nicht mehr als vier Farben verwenden und auf fließende, schwane Umriss- linien achten Ist der Hut etwas grober geflochten, geht die Arbeit langsamer voran, weil alle Unebenheiten gut mit Farbe ausgefiillt werden müssen. Schon ist ein unge- wöhnlicher Sonnenhut für die Sommerferien fertig! Die Nordwestküsten-Indianer bauten ihre Kanus aus dem Holz der Roten Zeder. Es ließ sich gut bearbeiten und spalten und war unempfindlich gegen Nässe. Sie benötigten einen Stamm von etwa 2 m Durchmesser mit einer Länge von 5-20m, je nachdem ob ein Fischer- boot, ein Handels- oder Kriegskanu entstehen sollte. Der Stamm wurde der länge nach halbiert und ergab Material für zwei Kanus. Zuerst haute man die Rumpf- außenseite mit dem Boden zu, und allmählich entstand die charakteristische Bootsform. Danach drehten die Handwerker den Stamm um und höhlten das Innere aus. Diese .Vrbeit erforderte große Sorgfalt und Erfah- rung, denn Wände und Boden brauchten bestimmte, aber verschiedene Stärken. Nun war aus dem halbier- ten Stamm ein Einbaum geworden, jedoch noch nicht das typische Kanu der Nordwestküste! In die Aushöh- lung füllte man Wasser, das zuvor mit heißen Steinen erhitzt worden war. Zusätzlich entfachte man kleine Feuerstellen rund um den Rumpf, damit sich das Holz von außen zusätzlich erhitzte und weich wurde. Dann 31
konnte das Kanu geweitet werden. Zu diesem Zweck fugte man dicke Streben in regelmäßigen Abständen ein, die die weichen Bootswände auseinander drück- ten und die später gleich als Sitzbretter dienten. Nun fehlten noch Bug- und Heckaufbauten. Der Bootsbau- er fertigte sie separat an, befestigte sie mit Holzdübeln und nähte sie zusätzlich nut biegsamen Zweigen an den Kanukörper. .Anschließend wurde das Kanu mit rauher Haifischhaut und Sand ausgiebig geschliffen und po- liert. Zum Schluss erhielt es die traditionelle Bema- lung. All diese Arbeiten führten die indianischen Handwer- ker in voreuropäischer Zeil mit einfachen aber zweck- mäßigen Werkzeugen aus. Hämmer, Meißel, Keile, Äxte, Beitel etc. fertigten sie aus Stein, Muscheln. Hom und Holz an. Die Kinder der Nordwestküsten indianer spielten mit kunstvoll bemalten, kleinen Kanus, in der .Art wie das abgebildete, die sic von Verwandten geschenkt beka- men. Schnitzen eines ModelIkanus Material und Werkzeug: Linden- oder Pappelholz, 35-40 cm lang, 8 x 8 cm im Querschnitt, oder entsprechendes Rundholz 3 oder 4 Leisten 80 x 10 x 2 mm Hobel- bzw. Werkbank 2 Schnitzmesser, halbrund und flach mit Klöppel Hobel und/oder grobe Raspel, Feile. Schleifklotz und Schleifpapier. Farbe Zunächst rundherum die Mittelachse des Kanus an- zeichnen (Abb. a). Während des Bearbeitens immer wieder auffrischen, damit sie nicht verloren geht. Bis zum Schluss sollte sie an Bug, Heck und Boden sicht- bar sein. Siehe Skizzen! Die Außenkontur vorzeichnen und mit dem Hobel (bzw. der Raspel) bearbeiten - Abb. b. Dabei die Spitze an Bug und Heck noch nicht ausformen, sondern einen etwa 1 cm breiten Streifen stehen las- sen. Hier kann man das Werkstück gut einspannen. Im nächsten Schritt wird die Rumpfunterseite bearbei- tet - .Abb. c. Zur Orientierung: Auf etwa 5 cm Breite (Bootsmitte) braucht der Boden nicht bearbeitet zu werden. Dieser Teil bleibt eben. Die Rumpfoberseite mit der Raspel oder dem flachen Schnitzmesser bearbeiten - .Abb. d. In der Bootsnütte ist die Seitenwandhöhe etw a 4 cm. Darauf achten, dass der Verlauf zum Bug hin flacher, zum Heck hin steiler ist. Mit dem halbrunden Schnitzmesser nun die Vertiefung ausarbeiten bis etwa noch 1 cm Boden stehen bleibt. Vorne und hinten eine kleine Sitzbank herausarbeiten. Die Seitenwände sollen etwa 5 mm stark bleiben. Ach- tung! Immer auf die richtige Bearbeinmgsrichtung achten! Abb. e Nachdem die Bearbeitung der Innenkontur abge- schlossen ist. können Bug und Heck in die charakteri- stische Form gebracht werden, am besten mit der Ras- pel - Abb. f. Nach dem Glätten der Oberflächen mit Feile und Schleifpapier (Abb. g) kann das Kanu bemalt werden (Abb. h). Hinweis: Das Kanu muss zum Bearbeiten immer fest einge- spannt sein. Ein häufiges Umspannen ist dabei unver- meidlich. Gegen Ende, wenn das Kanu «dünnwandi- ger» wird. Unterlegklötze verwenden, damit der Druck auf die Seitenwände nicht zu stark wird. Siehe Abb. f. 32
c 8 d b 33
Seitenansicht Holzklotz kann- Unterseite 34
Unsterblicher Lachs Die verschiedenen Lachsarten nahmen als Nahrungs- lieferanten eine zentrale Stellung im Leben der Nord- westkiisten-Indianer ein. Zum Ablaichen suchen Lach- se die Oberläufe der Flüsse auf. Einem rätselhaften Drang folgend, kehren sie immer wieder in großer Schar in ihre Heimatgewässer zurück. Dort, wo sie als Jungfische geschlüpft sind, setzen sie ihre Eier ab, um bald darauf zu sterben. Bei der Rückkehr, wenn sie erschöpft sind, beim Aufwärtswandern und Springen über Hindernisse (Lachssprung) werden die wohl- schmeckenden Fische zur leichten Beute, nicht nur für Menschen, sondern auch für Bären. Adler und andere Tiere. Es gibt Filmaufnahmen, da springen sie den Bä- ren buchstäblich in den Rachen hinein. Die Ureinwoh- ner der Pazifikküste betrachteten den Lachs allerdings nicht als eine Beute, sondern sie waren davon über- zeugt. dass die Lachse freiwillig und absichtlich zu ih- nen kamen, um ihre Ernährung zu sichern. Sie hatten jedoch einige Regeln im Umgang mit dem Lachs zu beachten. Für sie waren die Lachse unsterbliche, men- schenähnliche Wesen, die weit draußen im Pazifik in einem großen Meereshaus zusammen lebten. Im Früh- ling zogen sie ihre Lachskleider an und machten sich auf den Weg zu den Menschen, um sich ihnen als Nah- rung anzubieten. Die ersten Lachse der Saison wurden von den Fischern mit Dankgebeten und feierlichen Ri- tualen empfangen. Ein Gebet klang etwa so: «Oh Freund, oh Schwimmer, oh Überaalüriicher, wir dan- ken dir, dass du gekommen bist. Wir wissen, dass nur dein Körper tot ist. uns als Nahrung dienend, doch deine unsterbliche Seele wacht über uns.» Alle nicht essbaren Teile des Lachses, Gräten, Skelett. Haut- schuppen und dergleichen wurden sorgfältig einge- sammelt und wieder in den Fluss geworfen. Wenn der Fluss sie ins Meer zurück trug, nahmen dort, nach dem Glauben der Ureinwohner, die Lachsseelen die Über- reste wieder an sich. Nur dann konnten sie sich im großen Meereshaus wieder in Lachsmenschen zurück verwandeln und der Kreislauf begann von neuem. Es gibt Geschichten von nachlässigen Menschen, die die Überreste nach einem Mahl nicht vollständig dem Was- ser übergeben hatten. Da erschienen ihnen anklagend die Lachsmenschen und boten einen erschütternden Anblick, denn ihnen fehlten Gfiedmaßen, Schulterblät- ter. Augen. Dieser Frevel halte zur Folge, dass sie nicht mehr als Lachse zurückkehren konnten und für die Menschen schwere Zeiten anbrachen. Wenn man diese Hintergründe kennt, versteht man, warum die Urein- wohner den Weißen früher keinen Lachs verkaufen wollten. Die folgende, etwas gruselige Geschichte, in der auch Lachs eine Rolle spielt, erzählen sich die Tsimshian. Die Geschichte zeigt, dass für die Ureinwohner der Tod nichts Endgültiges war und dass sie von der Unsterb- lichkeit der Seele überzeugt waren. 35
Brown Eagle, der Lachsesser Eine Geschichte der Tsimshian Brown Eagle, ein Häuptlingssohn, aß leidenschaftlich gern und ausschließlich Lachs. Als er gerade erwach- sen geworden war, ereilte ihn eine Krankheit, an der er schließlich starb. Seine untröstlichen Eltern legten Lachs auf sein Grab. Bald darauf zog das Dorf an einen anderen Ort. Nach wenigen Jahren kamen junge Leute des Stammes zum Sammeln von Knollen und Wurzeln dorthin zurück, wo einst das alte Dorf gelegen hatte. .Als Abendessen gab es Lachs. Da rief ein Junge: »Das ist doch Brown Eagles Lieblingsessen!» Alle lachten und scherzten voller Übermut und einer meinte: «Wir können ihn ja rufen und zum Lachsessen einladen.» Einer der jungen Männer nahm sogleich einen Lachs und bot ihn mit einer übertriebenen Geste an Brown Eagles Grab dar. Den jungen Frauen wurde ganz schau- erlich zumute und sie ermahnten die Männer, sich nicht über Tote lustig zu machen. Da öffnete sich auch schon das Grab unter schrecklichen Geräuschen und Brown Eagles Skelett erschien. Er streckte die .Arme aus und brüllte mit einer unnatürlichen, dumpfen Stimme: «Gebt mir den Lachs.» Die jungen Leute er- schraken entsetzlich und der furchtbare Atem des Geistes tötete sie allesamt. Die .Angehörigen im Dorf waren erschüttert und man fragte den Schamanen um Rat. Er hatte gespürt, dass die Seelen der jungen Leute im Hause des Geisterhäuptlings festgehalten wurden. Er rief alle Schamanen der umliegenden Dörfer zu- sammen und sie schüttelten alle gleichzeitig ihre Ras- seln und magischen Amulette. .Als die Geisterhausscha- manen ihrerseits antworteten und aus dem Haus ihres Häupdings kamen, eilten die Dorfschamanen ins Geis- terhaus hinein. Dort ergriffen sie schnell die Seelen ihrer jungen Stammesmitglieder und gaben sie den je- weiligen Körpern zurück. Es dauerte noch einige Tage, bis sie sich wieder erholt hallen und der geisterhafte Dunst sich endgültig von ihnen hob. Anmerkung: Schamanen sind Menschen, die eine Begabung fiir Magie haben. Sie können sich in tranceähnliche Zu- stände versetzen und Traumreisen unternehmen, bei denen sie Kontakt zur Welt der Geister aufnehmen. Schamanen nutzen ihre Fähigkeiten ausschließlich po- sitiv, beispielsweise um Spannungen im sozialen Leben des Stammes zu lösen oder um Krankheiten zu heilen. «Der Tod?», sagte ich. «Es gibt keinen Tod. nur einen Wechsel der Welten. Unsere Welt besteht weiter.» Indianische Weisheit Die Bentbox (bent = biegen) Für ihren Einfallsreichtum und ihre Geschicklichkeit sind die Ureinwohner der Nordwestküste ja bekannt. So entwickelten sie z.B. eine ganz ausgefallene Tech- nik, um aus dem extrem langfaserigen Holz der Roten Zeder sehr hochwertige Vorratskisten, Kleiderbehälter und dergleichen herzuslellen. Dazu wurde ein exakt zurechtgeschnittenes Brett an drei Stellen (den späte- ren Kanten) aufs Sorgfältigste eingekerbt. Unter Ein- wirkung von Hitze und Wasser konnte das weiche, links: geschnitzte Schamanenrassel 36
durchfeuchtete Holz an den Einkerblinien entlang um 90c gebogen werden. Das Werkstück wurde mit Hilfe von Seilen zusammen gehalten und fixiert bis es tro- cken war. Die vierte Kante schloss man durch Zu- sammmennähen mit biegsamen Zedemzweigen und durch Verdübeln. Ein genuteter, präzise eingepasster Boden machte die Bentbox wasserdicht, so dass man auch Fischöl und -suppe darin aufbewahren konnte. Gesteigert wurde der Wert einer Bentbox noch durch die traditionelle Bemalung und Relief-Schnitzerei. Bemalen einer Bentbox Material: 1 stabiler Karton, am besten mit Deckel Bastelfarben (Waco, Deka oder Abtönfarben aus dem Malergeschäft) in schwarz, weinrot. ocker und weiß (weiß wird leicht mit ocker abgetönt, also gebrochen, damit es nicht so hart wirkt.) Pinsel in verschiedenen Stärken Architektenpapier Sehr weichen Bleistift, schwarzen Filzschreiber Unser Kasten soll an die bekannten, vorher beschrie- benen Bentwoodkisten erinnern. Weil diese Kiste aus Karton statt aus Zedemholz ist, müsste sie eigentlich «Bentpaperbox» heißen! Wir verwenden sie als Aufbe- wahrungskasten für die Klanchefhaube, Schamanen- rassel. die Maske und das Kanu. Zuerst erhält der ganze Kasten eine ockerfarbene Grun- dierung. Dann wird der Entwurf gemacht. Auf der relaüv großen Fläche kann man einmal ganz großzügig mit den Stilelementen der Nordwestküste experimentieren. Dabei lässt man sich von den im Buch abgebildeten Beispielen anregen, schaut in Indianerkunstbände oder besucht das nächste Völkerkundemuseum, das in s- einer Sammlung Ausstellungsstücke von der Nordwest- küste hat, und macht sich dort ein paar Skizzen. Folgendes ist beim Entwerfen zu beachten: Deudiche, schwarze i'mrisslinienstniktur. die Linien sind mal dicker, mal dünner. Symmetrie. Häufig wiederkehrende Formen, Oval, stilisierte Fe- dern etc., die immer wieder anders kombiniert und variiert werden können. Dabei darf man durchaus auch «selbst ausgedachte« Formen verwenden. Beschränkung auf höchstens vier Farben. Flächenfiillend arbeiten. übertragen eines Entwurfes auf den Karton: Ein komplexes Muster, wie das auf der großen abgebil- deten Kiste, kann man kaum aus freier Hand auf den Karton vorzeichnen, zumal ja alles symmetrisch sein muss. Besser, man macht einen Entwurf auf Zeichen- papier.
Dabei zeichnet man erst einmal nur die Hälfte des .Musters, die andere Hälfte wird später spiegelbildlich angesetzt. Dieser Entwurf wird auf ein doppelt so gro- ßes Architektenpapier durchgezeichnet, dann spiegel- bildlich geklappt und die zweite Hälfte ebenso durch- gezeichnet. (Siehe Abbildung der Entwurfsblätter). Dazu verwendet man einen schwarzen Filzstift, der nicht verwischt. Anschließend die Rückseite des Archi- tektenpapier mit weichem Bleistift dick schraffieren, so erhallen wir einen Pausbogen! Diese Vorlage auf dem zu bemalenden Karton mit wenigen Klebestreifen befestigen, damit beim Durchzeichnen nichts verrut- schen kann. Nun mit einem harten Stift die Konturen sorgfältig nachfahren, die sich dank der schraffierten Papierunterseite auf den Kanon durchdriicken. Da- nach kann mit dem Ausmalen begonnen werden. Anmerkung: Kinder und alle, die sich nicht gleich an eine große Aufbewahrungskiste wagen und ein einfaches Muster möchten, bemalen z.B einen Schuhkanon. Den Kar- ton vorher mit weißem Papier oder Packpapier bezie- hen, dann hat man gleich einen guten Maluntergrund. 38
Die Bewohner der Plains und Prärien Die Prärie und Plains umfassen ein riesiges Gebiet in der Mitte des nordamerikanischen Kontinents. Es liegt zwischen dem Mississippi im Osten und den Rocky Mountains im Westen. Das Land dehnt sich in Nord- Süd-Richtung von den kanadischen Provinzen Alberta, Saskatchewan und Manitoba bis ins mildere Texas im Süden aus. Die Prärie bildet den östlichen Streifen. Er erstreckt sich entlang des Mississippi und des fischrei- chen Missouri. Dieses Gebiet ist fruchtbar und an den Flüssen waldreich. In den Wäldern aus Eichen. Limen. Pappeln. Erlen und Weiden lebten .Antilopen. Hirsche, Dachse. Kojoten, Hasen. Füchse, Biber. Präriehunde und mehr. Das dominierende Wildtier dieser Gegend aber war der imposante Bison. In den Wäldern sam- melten die Frauen die unterschiedlichsten Beeren, wil- des Obst, Pilze, Wurzeln und Kräuter. Der Wald war ihre «Apotheke». Ein Meer von Gras Westlich dieses Landschaftsstreifens schließt sich das höher gelegene Gebiet der Plains an. Hier gibt es weni- ger Niederschlag und die Vegetation ist dementspre- chend spärlicher. Aus den Ebenen ragen zerklüftete Höhenzüge hervor und ein Meer von Gras erstreckt sich über schier unendliche Weiten. Die Plains steigen ganz allmählich in Richtung Osten bis auf 1 800 Meter an und enden schließlich am Fuße der Rocky Moun- tains. In heißen, trockenen Sommern brausen häufig Hurrikans über die Ebenen hinweg und während der sehr kalten Winterzeit toben sich hier die gefürchteten Blizzards (schwere Schneestürme) aus. Der Übergang der Rocky Mountains in die Ebene der Plains bei Browning /Montana 39
Eine Sprache für alle Zeichensprache Es lebten folgende Nationen hier: Iowa, Wichita, Black- foot. Plains-Cree, Ojibvva, Assiniboin, Crow, Cheyenne, Arapaho, Kiowa, Comanche, Pawnee verschiedene Si- oux-Völker u.a.. Die Existenz der meisten war untrenn- bar mit der Nutzung des Bisons verbunden. Der Besitz der Bisonjäger beschränkte sich nur auf die Dinge, die leicht zu transportieren waren. Es waren großzügige Menschen, die gerne Geschenke machten und mit an- deren teilten. Materieller Besitz war ihnen nicht so wichtig, Land- und Ressourcebesitz (Wild, Wasser, Holz etc.) unvorstellbar. Es gab lediglich ein Nutzungs- recht. Spirituelle Kraft. Mut, Jagdglück. Tapferkeit, Großzügigkeit und die Bereitschaft Schwächere zu schützen, zeichneten einen angesehenen Mann aus. .An Frauen schätzte man besonders Besonnenheit, Kunst- fertigkeiten, Fleiß und Geschick im Eingang mit Kin- dern. Gruppen, die am Rande der Prärie lebten, z. B. die Mandan, Omaha und Osage betrieben neben der Jagd Feldbau. Ihre landwirtschaftlichen Produkte tauschten sie bei den Bisonjägem gegen andere Dinge ein. Der Tauschhandel war eine große Leidenschaft der Völker hier, dafür ließen sie sogar die W affen ru- hen. Da sie aber verschiedenen Sprachfamilien ange- hörten, war die Verständigung nicht immer einfach. So entwickelten sie eine gemeinsame Zeichensprache. Später erlernten auch die weißen Händler und Trapper diese Zeichensprache. Die Prärierose Seite 41 und 42 Erprobte Kämpfer mit Federschmuck Die Bewohner der Plains und Prärie werden als die Indianer überhaupt betrachtet: Kampffreudige, stolze Ritter im Federschmuck, die in kegelförmigen Leder- zelten wohnen. Sie hatten von allen indianischen Völ- kern ganz besonders unter den Kolonisatoren, dem Landraub und den eingeschleppten Seuchen zu leiden. Die Indianer erzogen ihre Kinder zur Aufrichtigkeit, denn Aufrichtigkeit hatte einen besonderen Stellenwert in einer Gesellschaft, in der Abmachungen und Verein- barungen nur mündlich getroffen wurden. Die Weißen brachen aber immer wieder Verträge, die sie mit den Ureinwohnern getroffen hatten, sobald sich ihre Inte- ressen änderten und sie sich Vorteile versprachen. Da- mit demütigten sie die Indianer und verloren ihr Ver- trauen. In den Augen der Indianer waren die Weißen unmoralische Menschen, die ihnen Unglück und Elend brachten. Kinder wurden angehalten sofort Marrn zu geben, sobald sie einen Weißen sähen. Im Gebiet der Plains und Prärie war es unruhig. Weil inzwischen auch viele Stämme, die sich sonst nur am Rande dieses Territoriums aufhielten über Pferde verfugten und zu den Bisonherden und den anderen Wildbeständen drängten, kam es immer wieder zu Konflikten. Pelze, (jeder und Felle stellten ein begehrtes Tauschgut dar, um Waren der Weißen zu erwerben: Waffen, Munition, Tuch und Glasperlen. Die Wildbestände schrumpften mehr und mehr. Territoriale, blutige Auseinanderset- zungen der Indianer untereinander nahmen an Härte zu. Die Weißen nutzten die Feindseligkeiten zwischen den Stämmen zu ihrem Vorteil. 40

nach • RauchzeichenDokumentation. Indianer-Museum. Stadt Zürich
Das Ende Die Prärie- und Plainsvölker kämpften bis zum Schluss verzweifelt gegen die amerikanische Armee, um ihre Freiheit und ihren Lebensraum zu verteidigen. Aber sie mussten doch unterliegen. Das letzte freie Prärievolk, ein Siouxstamm unter ihrem Häuptling Big Foot wurde im Dezember 1890 vom 7. Regiment der l'S-Kavallerie am Wbunded Knee niedergemacht. Heute leben die Nachkommen der Prärie- und Plains- Indianer in verschiedenen Reservationen, die über ihre altangestammten Gebiete verteilt sind. »Der weiße Mann gehorcht dem Großen Geist nicht; Das ist der Grund, weshalb wir Indianer nicht mit ihm übereinstimmen können - Zitat eines Oglalki Das Tipi Das kegelförmige Stangenzelt aus Leder, Tipi genannt, gilt für viele als die typische Wohnstätte der nordameri- kanischen Indianer. Das Tipi bestand in der Regel aus 3-4 Geriiststangen. die auf einem leicht eiförmigen Grundriss in den Boden gerammt wurden. Die restli- chen 10-20 Stangen lehnten nur dagegen. Alle Stangen band man oben zusammen .Als Zeltplane dienten ent- haarte und gegerbte Büffelhäute. Je nach Größe des Tipis waren 6-20 Büffelhäute nach einem halbkreisför- migen Schnitt aneinander genäht. Durch ausgiebiges Räuchern konservierte man sie. In voreuropäischer Zeit, als die Ureinwohner noch ohne Pferde auskom- men mussten, waren die Tipis relativ klein Ohne das Pferd war die Bisonjagd bescheidener, also verfügten die Menschen auch nicht über so viele Felle, darüber hinaus wurden alle Lasten, auch Tipiplanen und -Stan- gen nur von Hunden transportiert und deren Tragfä- liigkeit war begrenzt. Später gab es Tipis, die für Zere- monien und Versammlungen benutzt wurden, sie wa- ren oft bis zu 13 Meter hoch und fassten 50 Personen. Besonders die Zeremonialtipis waren mit religiösen Motiven wie auch mit Kriegs- und Jagdszenen bemalt. Das Familientipi gehörte meistens der Frau. Auch das Gerben und Nähen der Planen sowie das Errichten war ihre Sache. Man stellte ein Tipi so auf, dass Eingang und Rauchloch in eine Richtung, nämlich nach Osten zeig- ten. Das hatte zwei Gründe: Einmal wollte man den Son- nenaufgang und damit den Einzug des neuen Tages erle- ben. zum Zweiten diente es als Schutz vor den frischen Winden, die meistens von Westen kamen. Der Außen- rand der Plane wurde mit Pflöcken oder, wenn man nur kurz an dem Ort verweilen wollte, mit Steinen befestigt. Das Innere des Tipis war zweckmäßig und wohl geord- net eingerichtet, die Bewohner und alle Dinge hatten ih- ren festen Platz. Auf dem Boden lagen Häute und Felle. Weiche, warme Feilager dienten als Schlafplätze. Es gab bequeme Sitzplätze mit Rückenlehnen, sogenannte «Backrests». Backrests fertigten die Indianer aus Wei- denruten an. sie erinnern ein wenig an einen Liegestuhl. In einer Vertiefung in der Mitte des Raumes brannte das Feuer. Im Winter isolierte man das Tipi mit einer zw eiten Planenwand, im Sommer regulierte man das Innenkli- ma durch Hochrollen der Plane. Im Tipi herrschten be- stimmte Benimm-Regeln, hier sind einige davon: Kein Besucher durfte zwischen dem Feuer und einem ande- ren Menschen durchgehen, man ging immer hinter den Sitzenden entlang. Gäste warteten am Eingang, bis ihnen der Hausherr einen Gästeplatz zu seiner Linken anbot. Jüngere durften sich erst dann an einem Gespräch betei- ligen. wenn sie von einem Älteren dazu aufgefordert wurden. Die Besucher verabschiedeten sich, wenn der Gastgeber seine Pfeife reinigte. .Als sich der Bisonbestand durch das Vordringen der weißen Eroberer drastisch verringerte, stellte man Ti- pis nach und nach aus Leinenstoff her, die europäische Händler ins Land brachten. Sie waren natürlich nicht von der Qualität w ie die Bison haut-Tipis. Schon Anfang
des 20. Jahrhunderts, in der frühen Reservatszeit, ver- schwanden die traditionellen Tipis. Sie wurden abge- löst von Armeezelten oder Blockhütten. Das l-eben in diesen Behausungen reichte an die Wohnqualitäl, die die alten Tipis boten, bei weitem nicht heran, sondern erinnerten eher an Slum-Unterkünfte. Wenn sich die Indianer heute zu ihren Tanzfesten, den Powwows, treffen, bringen manche ihre Tipis mit, die heute mehr eine Freizeitunterkunft als eine dauerhafte Wohnstätte sind. Auch die neuen Tipis aus Baumwoll- köper sind von ihren Besitzern meistens farbenpräch- tig bemalt, oft mit traditionellen Motiven, wie z.B. dem Siebengestirn (Plejaden). Die Plejaden kommen in zahlreichen Geschichten der Ureinwohner vor, Heute sind Tipis relativ teuer, viele Indianer körnten sie sich deshalb nicht leisten. Heutiges Tipi bei Browning / Montana Spieltipi Spieltipis waren unter den Indianerkindern ein sehr beliebtes Spielzeug. Sie bastelten sich Puppen dazu und Einrichtungsgegenstände, fast so wie die Abbil- dung zeigt. Zur Herstellung eines Spieltipis brauchen wir: Rupfen, bzw. Sackleinen Tapeten kleister und hellbraune Abtönfarbe aus dem Malergeschäft zum Grundieren. Bastelfarben, Deka oder Wäco zum Bemalen 5-7 Zweige oder Äste, ca. 80 cm lang Kurze, dünne Hölzchen zum Zusammenstecken der Plane (Wir haben Zahnstocher verwendet) Schnur Dicken Faden und Nadel Nach der Skizze den Stoff abmessen und zuschneiden, evtl, einen Schnitt aus Papier machen. Rauchklappen annähen. Tipi-Lager Die Tipiplane wird angestrichen -H
Lüftungsklappen 14 cm Schnitt Tipi-Plane
Die Plane und die Tür mit einem Gemisch aus Tapelen- kleisler und hellbrauner Abtönfarbe dick einstreichen (Abbildung). So entsteht eine steife Plane, die fast schon von selbst steht. Die Farbe soll an altes, geräu- chertes Biiffclledcr erinnern Nachdem alles gut getrocknet ist, die ausgebreitete Tipihaut nach Wunsch bemalen. Stangen aufstellen und oben zusammen binden. Plane dantm legen und zusammen stecken. Man muss meistens eine Weile herum probieren, bis alles passt. Wir haben die Stangen mit Schnur zusätzlich von innen an der Plane befestigt. Das ist zwar nicht ganz stilge- recht, aber so kann man das ganze Zelt mitsamt der Stangen zum Spielen besser transportieren, ohne das alles zusammenfällt. Die Stangen an den Lüftungsklap- pen nicht vergessen. Tür mit ein paar großen Stichen über der Öffnung an- bringen. Tip: Nach diesem Originaltipischnitt kann man Tipis in al- len Größen, natürlich auch aus Leder, anfertigen. Das Leder müßte dann gestückelt und zu dem Halbkreis zusammen genäht werden. Das sieht natürlich sehr «authentisch» aus, ist aber auch eine Kostenfrage. Indianerpuppen Material: Puppenrohlinge aus dem Bastelgeschäft (die «Erwach- senen» sind 15 cm, die «Kinder» 10 cm groß), Filz für die Kleider, kleine Glasperlen (Seed-beads), kleine Federn, Textilkleber, Nähseide. Nadel, ungesponnene, braune Schafwolle, schwanes Wollgarn (Haare), Bastelfarben (Wäco oder Deka), Pinsel. W ir haben die Holzteile, Körper. Kopf und Hände mit hellbrauner Farbe bemalt und die biegsamen Anne und Beine aus Sisaldraht mit hellbrauner, ungesponne- ner .Schaftvolle bewickelt, die Holzfuße wurden durch Bemalen gleich «mit Mokassins bekleidet». Die Klei- dung besteht aus Filz. Schnitte siehe Skizzen. Die Figu- ren können nun ganz liebevoll gestaltet werden: Be- sticken der Kleider mit Glasperlen, geometrische For- men aus andersfarbigem Filz aufkleben (Textilkleber), Stirnbänder mit Perlen- oder Federschmuck usw. Die Fedem lieferte uns unser Wellensittich und der Nym- phensittich. Taucht man die Spitzen in schwarze Far- ben, verwandeln sie sich in «Mini-Adlerfedem». 46
Halsschlitz Schurz Bruch Schurz zwischen den Beinen durchziehen und um den Bauch mit einer Schnur Zusammenhalten. fertiges Hosenbein (Leggin) Textilkleher verwenden. Leggin wird gleich um das Bein gelegt, dann die Nabt geschlossen Schnitte Puppenkleider Originalgröße passendför Puppenrohlingg von 15 cm (für Puppenkinder etwas verkleinern!) 47
Leggin / Leggin Schurz HalsscNitz 48
Pferdchen (Schnitt nach Karin Neuschütz, «Stofftiere») Material: Waschleder (Fensterleder) ca. 3o x 40 cm groß, ca. 80 g ungesponnene, gezupfte Schafwolle zum Füllen, dünne Wollfäden für Mähne und Schweif. Texülmallär- be. Skizze c: Nach der Vorlage einen Schnitt aus Papier herstellen und zwei Körperhälften und ein Unterteil aus dem Waschleder ausschneiden, mit einer Nahtzugabe von ca. 0,5 cm. Ohren ohne Nahtzugabe zuschneiden. Die Beine der einen Seite hochschlagen und die Beine des Unterteils rechts auf rechts daran feststecken. Be- achten. was vom und was hinten ist. Skizze a: Die Körperhälften aufeinander legen und mit je einer Stecknadel bei Punkt A und am Kopf bei Punkt C zu- sammen heften. Die Mähne zurechtlegen: Garn wieder- holte Male um zwei Finger wickeln, abstreifen und hin- ten am Hals zwischen die beiden Körperhälften ste- cken. Jedesmal mit einer Nadel feststecken, hinten, den ganzen Hals hinunter von Punkt C bis D. Den Rücken weiter bis Punkt B stecken. Skizze b: Die ganze Naht A bis B schließen, wobei gleichzeitig die Mähne festgenäht wird. Achtung! - An der Rücksei- te des Halses und nicht aus Versehen vom' Beim Zusammennähen der Beine wird die eine Bauch- naht zum Wenden offen gelassen. Nahtzugabe in den Krümmungen einschneiden, .Arbeit wenden und aus- stopfen. Die Beine und die Flanken oberhalb davon besonders sorgfältig füllen, damit das Pferdchen standhaft wird, Pferdescbuanz: Garn zu einem Strang um die Hand wickeln. Diesen als Schwanz so annähen, dass er schwungvoll nach außen steht. Ohren: Das Ohr der Länge nach falten und seitlich ganz oben neben ein paar Ponyfransen am Kopf festnähen. Augen, Nüstern und Maul mit feinem Pinsel und Stoff- malfarben aufmalen. Zaumzeug: Das Zaumzeug besteht aus dünnen Lederbändern. .An den Mundwinkeln ist es mit Knoten versehen. Mit 49
O -------Löcher zum Durchziehen des Bauchriemens--- O aufgeklappt
Tipilager Nadel und Faden von Mundwinkel zu Mundwinkel und durch jeden Knoten stechen, evtl, noch eine Perle mit auffiideln und anschließend Faden vernähen, so kann nichts mehr verrutschen. Schabracken und Satteldecken: Schabracken und Sattel aus Lederresten oder Filz aus- schneiden (Skizze, links oben). Nach Wunsch bemalen oder besticken. Zubehör: Travois, Transportrutsche: Dazu braucht man 2 Äste oder Rundstangen, je ca. 40 cm lang, 2 kürzere Äste, ca. 17 und 15 cm lang, ein kleines Stück Stoff oder Leder, Schnur und Alleskleber. Das Zusammensetzen des Gestells ist der Abbildung zu entnehmen Pferdchen mit Traivis 51
Gestell für Trockenfleisch: Wie aus der Abbildung ersichtlich besteht dieses Ge- stell aus 6 kleinen Zweigen, die zusammengeklebt und -geschnürt sind. Fleisch: Stoff oder Filzstückchen mit roter, brauner und ganz wenig weißer Farbe einpin- seln, damit es richtig wie rohes Fleisch aussieht. Solan- ge die Farbe noch feucht ist, die Stückchen über das Gestell hängen. Was ist Pemmikan? Die Frauen der Präriestämme verstanden es, die Fleischmassen, die nach erfolgreicher ßisonjagd anfic- len, durch Trocknen zu konservieren. Dazu hängten sie die Fleischstücke über schnell zusammengebaute Gestelle aus Ästen. Wenn das Fleisch ganz und gar durchgetrocknet war, wurde es in Mörsern zerstoßen und pulverisiert. Nun konnte es zu Pemmikan weiter- verarbeitet werden. Dazu mischten die Frauen es mit zerlassenem Hirsch- oder Bärenfett und zerstampften Beeren. Diese Masse füllten sie in flache Lederbeutel, dort trocknete das Gemisch und wurde zu harten Fla- den, dem Pemmikan. Es war lange haltbar, von hohem Nährwert und vitaminreich. Auf Reisen, Jagdzügen und als Notration, wenn Nahrungsnüttel knapp wurden, war Pemmikan ein wichüger Energielieferant. Man konnte das Konzentrat mit heißem Wasser überbriihen und hatte eine kräftige Speise. len, oben zusammenschnüren und auf die Pappschei- be kleben. Holzstückchen und runde, braune Stoff- stückchen (sollen Bisondung darstellen) auf der Feu- erstelle verteilen. Mit etwas roter und gelber Farbe (Glut) betupfen. An dem Dreibein einen Drahthaken zum Einhängen eines Kessels befestigen. Rahmen zur Fellbearbeitung: Einen Lederrest in Form eines Tierfelles zurecht- schneiden. Aus 4 Zweigen einen passenden Rahmen kleben und zusammenbinden. 2 Zweige als Stütze von hinten daran befesügen. Mit dünnen Fäden das Fell in den Rahmen spannen. Die Bearbeitung der Tierhäute zu hochwertigem Leder und feinen, weichen Fellen war Aufgabe der Frauen. Die Häute wurden in Rahmen gespannt oder auf den Boden gepflockt. Mit speziellen Fellkratzem schabten sie Fleisch- und Fetueilchen von der Haut. Wurde sehr dünnes, geschmeidiges Leder gewünscht, z. B. für Fest- tagskleider, schabte man mehrere Hautschichten ab. Durch Gerben mit Hirn, Färben und Räuchern gewann man verschiedene Lederqualitäten, die auch bei Nässe nicht zusammenschrumpften und begehrte Tauschwa- ren darstellten. Trophäenstangen: Bedeutende Krieger, Medizinmänner und Häuptlinge pflanzten Stangen vor ihren Tipis auf. Daran hing alles Mögliche: Waffen, besonders die erbeuteten, Feder- bündel, Medizinbeutel, Skalpe von überwältigten Fein- den, Rossschweife usw. Wir verwenden einen kleinen, gegabelten Zweig. Auf ein Pappstück kleben wir einige Kieselsteine, dazwi- schen kommt die Stange. .An unserer «Trophäenstan- ge» hängen z. B. «Adlerfederbündcl» (vom Sittich), «Skalphaarc» (vom Pferdeschweif) und ein kleines, bemaltes Schild. Feuerstelle, Kochstelle: Eine feste, runde Pappscheibe ausschneiden, schwarz anmalen und rundherum kleine Kieselsteine darauf kleben Aus Zweigen ein dreibeiniges Gestell herstel-
Eine Miistangberde in Browning/Montana Die Pferde der Ureinwohner Als die ersten nomadisierenden Jäger einst über eine Landbriicke kamen, die über das Beringmeer führte und den amerikanischen mit dem asiatischen Konti- nent verband, soll es in Nordamerika noch große Wildpferdeherden gegeben haben. Doch schon 7000 v. Chr. starben sie aus unerklärlichen Gründen aus. So blieb der Hund lange Zeit das wichtigste Transport- und Lastender der Indianer. Ende des 16. Jahrhunderts brachten spanische Kolonisten neben anderen Haus- tieren wie Rindern. Schweinen und Hühnern auch Pferde nach Amerika. Der .Anblick der ersten spani- schen Reiter flößte den Ureinwohnern verständlicher- weise Furcht ein. Ihnen erschienen sie wie Ungeheuer oder Fabelwesen, halb Mensch, halb Tier und sie nannten die Pferde «Große Hunde» auch «Geister- hunde» oder «Medizinhunde». Im 17. Jahrhundert hatten dann im Südwesten der Plains die Nävahos, Apachen und andere mit Pferden zu handeln begonnen. Dabei handelte es sich um von den Spaniern gekaufte, aber auch gestohlene oder ver- wilderte Tiere. Über die ersten Reinersuche der India- ner gibt es amüsante Berichte So sollen die Krieger. die das Reiten lernen wollten, sich auf zwei lange Stan- gen, wie auf Skistöcke gestützt haben, um auf dem Pferderücken die Balance zu halten. Die Einführung des Pferdes griff tief in das Leben der Plainsbewohner ein und die Kunde vom Nutzen dieses Wundertieres breitete sich in Windeseile unter den Ureinwohnern aus. Stämme, die zuvor Ackerbau betrieben und in grasgedeckten Erdhäusern gelebt hatten, gaben diese Lebensweise auf und wurden zu Nomaden, die zu Pfer- de den Bisonherden folgten und in Tipis lebten. Bison- jäger, die früher nur kurze Jagdausflüge unternehmen konnten, erhielten durch das Pferd die Möglichkeit, den Herden bis in entlegene Gebiete zu folgen. Die Bisonjagd zu Pferde war sehr viel erfolgreicher. Dank der großen Tragfähigkeit des Pferdes konnten die Vor- ratshaltung erweitert und die Tipis vergrößert werden. Wie früher die Hunde, zogen nun Pferde die Transport- gestelle, auch TravoLs oder Rutschen genannt. Sie bestanden aus zwei langen Stangen, meistens Tipi- stangen, zwischen die eine Ladefläche gespannt wurde. Nicht nur Gegenstände, sondern auch Kleinkinder, .Alte und Kranke transportierte man mit dem Travois, Letz- tere in einem geflochtenen Käfig, so konnte niemand verloren gehen. Auch die Verbände am Rande der 53
Plains gewannen durch das Pferd enorm an Mobilität - man konnte pro Tag mit -Sack und Pack» bis zu 50 Kilometer zurücklegen - und erweiterten ihre Territo- rien beträchtlich. Alle drängten zu den Bisonherden. Bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den Stäm- men um die besten Jagdgründe blieben daher nicht aus. Pferdebesitz war mit hohem Prestige verbunden, denn er sicherte nicht nur das Jagdglück, sondern auch Erfolg im Kampf. Pferdediebslähle kamen des- halb immer wieder vor, besonders da es im Norden deutlich weniger Pferde gab als im Süden. Die Indianer bewiesen großes Geschick im Umgang mit Pferden und den Comanchen gelang die Zucht eines begehrten, zähen, wendigen Ponys, das dem Leben in der Prärie gut angepasst war. Besonders mutige und zuverlässige Mustangs bildete man zu «Büffelpfcrden» aus. Sie tru- gen die Jäger bei der halsbrecherischen Büffeljagd. Die Kultur der Prärie-Indianer blühte durch die Einführung des Pferdes in kürzester Zeit auf und die Bevölkerungsrate stieg stark an. Unzählige Lieder, Gedichte und Geschichten erzählen von der Achtung und Wertschätzung der Indianer für diese Tiere. Die Crow schmückten sie mit farbenfro- hen, perlenbestickten Schabracken. Zeichen, die Kampfesmut, Schnelligkeit und Unverletzbarkeit sym- bolisierten, malte man auf die Flanken der Pferde. Bei großen Festen tanzten die Krieger zur Ehre und zum Gedenken an besonders tapfere Pferde, die sie einmal besessen hatten und die im Kampf verwundet worden waren. Der Hunkpapakricger No Two Horn schnitzte beispielsweise mehrere Holzpferde zur Erinnerung an sein mutiges Pferd, das nach sieben Schüssen in einer Schlacht starb. Die Liebe zu seinem Tier fasste ein Crow-Indianer in folgende Worte: «Mein Pferd kämpft mit mir und es hungert mit mir. denn wenn es mich in den Kampf trägt. muss es mein Herz kennen und ich muss das seine kennen oder wir werden me Brüder werden, Man hat mir erzählt, dass die W eißen, die sich wie Götter fühlen und trotzdem gro- ße Narren sind, nicht daran glauben. dass das Pferd eine Seele hat. Das kann nicht wahr sein! Ich habe die Seele meines Pferdes oft in seinen Augen gesehen.» Und doch hatte die von Pferd und Bison geprägte Kul- tur der Plains nicht einmal 150 Jahre Bestand gehallt. Durch das Vordringen der europäischen Eroberer wurde sie systematisch zerstört. Weiße Büffeljäger de- zimierten die Herden fast bis zur Ausrottung und ent- zogen den Indianern ihre Lebensgrundlage. Die stol- zen, freiheitsliebenden Präriebewohner, die zuletzt noch am leben waren, hatten schließlich keine andere W ald mehr, als in den Reservationen von den Almosen der Regierung zu leben. Ihre letzten Pferde wurden vor ihren Augen erschossen oder versteigen. Das Zauberpferd Nacherzählung einer Legende aus den Plains .Am Rande eines Dorfes lebte einmal ein Junge mit sei- ner Großmutter in tiefster Armut. Ihre Not war so groß, dass sie in den Abfällen der anderen Dorfbewoh- ner nach Essbarem suchen mussten. Um nicht verhun- gern zu müssen, aßen sie sogar das Leder von wegge- worfenen, alten Mokassins. Der Junge besaß aber ein mitfühlendes Herz und als er eines Tages beobachtete, wie junge Männer auf ein Adlemest schossen, war er sehr bestürzt und den Tränen nah. Nach einiger Zeit, als er wieder einmal auf der Suche nach Nahrung war, kam ein Adler geflogen und setzte sich zu ihm nieder. «Du haltest Mitleid mit uns,» sagte der Adler, «deshalb wollen wir dir etwas schenken.» Der Junge erhielt von dem Adler ein Bündel Pfeile und ein altes Pferd mit angeschwollenen Fesseln. Obwohl es elend und verwahrlost aussah, besaß es magische Kräfte, denn es hatte einmal einem wichtigen Häuptling gehört. Kurze Zeit später wurde das Dorf in einen Stammes- krieg verwickelt. Da befahl das Pferd dem Jungen, es zu einer Schlucht zu führen. Dort wälzte sich das Tier im Staub und verwandelte sich vor den Augen des Jun- gen in einen starken, jungen Hengst. .Aks Zeichen sei- ner übernatürlichen Herkunft bemalte der Junge die Flanken des Tieres mit BÜtzen. Dann rin er auf dem Rücken des Zauberpferdes in die Schlacht. Er griff den Häuptling der Feinde an und tötete ihn. Daraufhin ver- 54
schwand er mit seinem Werd ebenso schnell wie er gekommen war, ohne das es jemand bemerkte. Als er im Dorf von seiner Tat erzählte, lachten sie über ihn und verhöhnten ihn, denn das Werd haue wieder seine alte Gestalt angenommen. Ein weiterer Kampf folgte und wieder griffen der Junge und sein Zauber- pferd so mutig ein, dass die Feinde die Flucht ergriffen. Am Ende der dritten, ebenso siegreichen Schlacht schließlich, scharten sich sämtliche Werde plötzlich hinter dem Zauberpferd zusammen und folgten ihm nach wie einem Heerführer. Endlich erkannten die Krieger des Dorfes den Ver- dienst und die Macht des Jungen und seines Werdes an und w ählten ihn zu ihrem großen Häuptling. Bisons Bisons sind Verwandte unseres europäischen Wisents. Ausgewachsene Bullen können eine Schulterhöhe von 180 cm erreichen und mehr als 1000 kg schwer wer- den. Ihre Lebenserwartung liegt bei 20-30 Jahren. Sie ernähren sich von den verschiedenen Grasarten der Prärie und ziehen in Herden umher. Bisonberde der Blackfoot-Indianer bei Calgary Als Hauptlieferant von Nahrung spielte der Bison eine zentrale Rolle im Leben der Prärie-Indianer. Eine Kio- wafrau drückte die Abhängigkeit ihres Volkes von die- sem Tier so aus: «Alles, was die Kiowa besaßen, kam vom Bison. Unsere Zelle waren aus Bisonhaut, unsere Kleider und auch unsere Mokassins. Wir aßen das Fleisch des Bisons. Der Bison war das Leben der Kio- wa.» Den Ureinwohnern waren die Bisons heilig. Religiöse Zeremonien, bei denen man die Bisons um Verzeihung bat und reinigende Schwitzbäder in den Schwitzhütten waren vor jeder Jagd erforderlich. Das Tier galt dem Menschen als cbenbünig Die Indianer verwerteten al- les vom Bison, nichts wurde verschwendet. Neben den Dingen, die die Kiowafrau oben aufgezählt hat, wurde z.B. die Bisonwolle zur Herstellung von Stricken und Schnüren und als Füllmaterial verwendet. Aus den Knochen stellte man Messer, Schaber und Spatel her. das Schulterblatt diente als Hacke, die Sehnen benutzte man zum Bespannen des Bogens und als Nähzwirn. Magen und Blase fanden Verwendung als Koch- und Vorratsbehälter und der getrocknete Dung wurde zu Brennmaterial. 55
Die weiße Büffelkuh-Frau Ein Mythos der Lakota-Sioux erzählt. wie W’ankan Tan- ka, der große Geist, einst eine schöne, weiß gekleidete Frau zu ihnen geschickt hatte. Es war die weiße Büffel- kuh-Frau. die den Lakota die Heilige Pfeife brachte und sie viele wichtige Riten lehrte. .Als ihre Mission beendet war, verwandelte sie sich in ein weißes Bison- kalb und verschwand. Als die Kolonialisten mit dem Bau der Eisenbahn im- mer w eiter nach Westen, in indianisches Land vordran- gen, begann ein unvorstellbares Gemetzel an den Bi- sons. War es den Eroberern bisher noch nicht gelun- gen, den Widerstand und Freiheitswillen der Prärie- Indianer durch Waffengewalt und Vertreibungen zu brechen, so hatten sie nun eine ebenso wirkungsvolle wie grausame Möglichkeit entdeckt Das Abschlachten der Bisons um den Ureinwohnern die Lebensgrundla- ge zu entziehen. Sie sahen fassungslos mit an, wie die ihnen heiligen Tiere sinnlos getötet wurden. Manchmal schnitten die Weißen nur die Zungen heraus, die als Delikatesse galten, oder zogen nur das Fell ab. Alles andere blieb in der Prärie hegen und verfaulte an der Sonne. Die Indianer hatten den Eindruck, als hassten die W eißen die Natur. « Sind die Weißen zu Kindern geworden, dass sie un- bekümmert töten und nichts davon essen? Wenn die Kiowa das Wüd töten, dann deshalb weil sie leben wol- len und nicht verhungern.» Salanta, Häuptling der Kiowa 1890 waren von den einstmals ca. 50 Millionen Bisons weniger als 1000 Tiere übrig gebüeben. Damit war auch das Schicksal der Prärie- und Plainskulnir besie- gelt. Die Indianer hanen keine andere Möglichkeit mehr als sich in die Reservationen zu begeben. Ihr Land fiel in die 1 Lände der Eroberer. Die Trauer der Menschen über den Verlust ihrer Frei- heit spiegelt die Vision einer jungen Indianerin wider: « Die Morgennebel stiegen noch über dem Madison Creek auf und als ich über das Wasser sali, wie es schim- merte durch den Dunst, sah ich die letzte Büffelherde erscheinen wie einen Geistertraum Das Leittier der Herde lief geradewegs auf den Mount Scott zu. Hinter ihm Hefen die Kühe und ihre Kälber und die wenigen jungen männlichen Tiere, die überlebt hatten. Ich sah, wie sich das Gesicht des Berges öffnete. Im Inneren des Mount Scott war die W elt grün und frisch, wie sie einmal war, als ich noch ein kleines Mädchen war. Das W asser der Flüsse floß klar dahin, die wilden Pflaumen waren in voller Blüte. Ihre roten Blüten wirbelten die Hänge im Inneren hinauf. In diese W elt der Schönheit Hefen die Büffel hinein, um nie wieder gesehen zu werden.» Ein Hoffnungsschimmer Zum Glück hatte die .American Bison Society dafür Sor- ge getragen, dass die wenigen überlebenden Bisons unter Schutz gestellt wurden. Heute gibt es wieder ca. 200 000 Plainsbisons. Davon leben etwa 30 000 Tiere in wilden Herden in den Nationalparks und in indiani- schen Reservationen, alle anderen auf Bisonfarmen Auf einer solchen Farm wurde 1996 ein weißes Bison- kalb geboren, ein äußerst seltenes Phänomen. Viele Indianer sehen darin die Verheißung, dass ihre Kultur am Anfang einer neuen Blüte stehl, einer Revitalisie- rung in moderner Form. Bison-Fangspiel ••Bisonjagd» hieß ein beliebtes Spiel indianischer Jun- gen. Mehrere Mitspieler (die «Bisons») laufen über eine weite Fläche, z.B. eine große Wiese. Sie tragen etwas Essbares bei sich. Nach einiger Zeit folgen ihnen die anderen nach und versuchen sie zu fangen und ihnen die Essvorräte abzunehmen. Die Indianerkinder hatten früher bei diesem Spiel ein Stück getrocknetes Büffelfleisch dabei. Vorschlag: W ir hängen den «Bisonkindern» einen kleinen Holzbi- son um. den man nach der Vorlage aus Sperrholz aus- sägen und bemalen kann. Zusätzbch tragen sie z. B. einen Apfel, einen Landjäger (Dauerwurst) oder etwas ähnUches bei sich, damit die «Büffeljäger» auch rich- üg «Beute machen können.» Dieses Spiel kann man gut mit größeren Kindergruppen im Freien spielen. 56
Bemalte Bisons zum Umhängen (Bison-Fangspiel) Holzbison (Skizze in Originalgröße) Vorlage zum Aussägen aus Sperrbolz 57
Adier, König der Lüfte Sorgte der Büffel für Nahrung und Kleidung, also die für Grundlagen des irdischen Übens, ' so war der Adler Bote zwischen den erdverhafteten Menschen und den Himmelsmächten. Zu den wichtig- sten Requisiten einer heiligen Zeremonie der Plains- völker gehören neben der Pfeife auch Adlerfedem und eine Flöte aus den Flügelknochen des Adlers. Diese Dinge sind erforderlich um Verbindung zur spirituel- len Welt aufzunehmen. Nur dem Adler ist es möglich, sich frei und weit über die Wölken zu erheben und in die Nähe des großen Schöpfergeistes zu gelangen. Die folgende Geschichte, die sich die Indianer erzäh- len, berichtet davon, wie der Adler zu seinen schwar- zen Schwanzfederspitzen kam: W eil nur der Adler die Fähigkeit besaß, sich hoch über die Wölken zu erheben, baten ihn einmal die anderen Tiere, ihr Gebet zur Sonne zu tragen. Der Adler war gern dazu bereit und trug also das Gebet zur Sonne. Die Son- ne war sehr gerührt und bat ihn: «Gib mir eine von dei- nen Federn.» Der Adler rupfte eine seiner Schwanzfe- dern aus und die Sonne küßte die Feder. Daher kommt es, das Adlerfedem am Ende schwarz sind, sie sind von der Sonne versengt! Und die Sonne sagte: «Nimm diese Feder und bringe sie den Menschen unten auf der Erde. Sie wird für alle Zeiten das Erkennungszeichen meines auserwählten Volkes sein.» l ’S' ner interessiert. Wir könnten es auch, fast so wie die Indianer, als eine seelische Unterstützung betrachten, um den Mut und das Selbstvertrauen des Trägers zu stärken. Material: Zwei «Adlerkrallen», wir verarbeiteten Krallenimita- tionen aus Horn (Bezugsquelle siehe .Anhang). Man kann die Krallen auch aus sehr starkem Karton oder Sperrholz herstellen und schwarz lackieren Ein Stück Leder Stickperlen in rot und schwarz, dazu eine feine Nadel und Faden Einige größere Glasperlen in rot, schwarz und weiß Zwei Messingglöckchen Eine durchlöcherte Muschel oder einen schönen, durchbohrten Stein Zwei Lederbänder, je etw a 45 cm lang Ein etwas dünneres Lederband, etwa 70 cm lang (zum Umhängen) Schere Adlerkrallen-.Amulett im Stil der Crow-Indianer Amulette dieser .Art sollten dem Träger Mut und Kraft des Adlers verleihen. Unser .Amulett wäre z.B. ein wunderbares Geschenk für einen Jungen, der sich für die Geschichte der India- Adlerkralle» mit Befestigungsfortsatz (1:1) 58
Lage der Adlerkrallen im Lederpäckchen Das Lederstück um die «Adlerkrallen» spannen (Skiz- ze), evtl. Kräuter mit hinein wickeln. Das Leder dann hinten und seitlich, soweit nötig, zusammen nähen. Über die Seiten des so entstandenen Päckchens die beiden je 45 cm langen Lederbänder kleben oder mit wenigen Stichen fixieren. Diese Bänder mit zwei Rei- hen Perlen einrahmen (Lazy-Stich. siehe Seite78) Die vier Enden der herabhängenden Lederbänder spitz zu- schneiden und einige große Glasperlen aufziehen, wie die Abbildung zeigt. Mitten auf den Beutel eine Mu- schel oder einen besonderen Stein, z.B. den Geburts- tagsstein des zu Beschenkenden, befestigen. .An die Beutelrückseite das schmale Lederband zum Umhän- gen anbringen, daran kann man noch zwei Messing- glöckchen und zwei schwarze Glasperlen befestigen - und fertig ist ein eindrucksvolles Schmuckstück! .Adlerfedern wurden als Sinnbild der Sonnenstrahlen sowie als Symbol des Donnervogels, der Regen und Gewitter sendet, betrachtet. Nur hervorragende Krie- ger und Häuptlinge durften sich mit den Federn des göttlichen Vogels schmücken. Gleichzeitig, so glaubte man, gingen Mut, Kraft und Schönheit des .Adlers auf den Krieger über. .An der Menge der Federn, die man am Kopfe tmg und auch an der Art. wie man sie auf- steckte, färbte und zurechtschnitt, war abzulesen, wel- cher Taten im Kampf sich der Träger rühmen konnte und welche Verdienste er sich erworben hatte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden die be- rühmten großen Federhauben mit den Schleppen, die fast bis zum Boden reichten. Je prächtiger und länger eine solche Schleppe war. um so bedeutender war das .Ansehen, das der Träger genoss. Adlerkrallenamulett nach alten Vorbildern Bei wichtigen Festen und Zeremonien tragen die India- ner auch heute wieder ihre herrlichen Federhauben. Damals wie heute haben nur verdienstvolle Männer das Recht und das Privileg, sich damit zu schmücken und so ihr .Ansehen zu demonstrieren. 59
Plainsindianer in festlichem Aufzug beim Poicuxnc in Browning / Montana Federhaube Material: Leder, nicht zu weich, eine Ledemadel Filz aus dem Bastelgeschäft Stickperlen und eine feine Nadel, die durch die Löcher der Perlen passt Einige größere Glas- oder Keramikperlen Große Federn und einige kleine Federn Fellstreifen oder dicke Wollbänder Lederschnur Locher, Schere, Nähseide, Nähzwirn Nach dem Kopfumfang (bitte knapp messen) einen Le- derstreifen von ca. 6 cm Breite zuschneiden. Der Le- derstreifen auf der Abbildung ist z. B. 47 cm lang. Auf ein Filzstück die Perlen im Lazy-Stich (siehe Skizze Seite 77 und 82) aufsticken. Erst nach der Fertigstel- lung der Perlenstickerei den Filz zu einem Streifen schneiden, etwas kleiner als den Lederstreifen (im -ab- gebildeten Beispiel misst der Filzstreifen 22 x 4,5 cm), anschließend mittig auf das Lederstimband nähen. Dazu eine Ledemadel, nicht zu dick, verwenden. Nun das Band probeweise um den Kopf legen und Ohren markieren, denn ungefähr hier, in Ohrenhöhe, bringen wir ausgeschnittene Filzkreise (Rosetten), Durchmes- ser ca. 5 cm, an das Stirnband an. Es sieht sehr anspre- chend aus, wenn über dem größeren FilzkreLs noch ein kleinerer, andersfarbiger liegt. Aus Filzstücken von em 9 x 3.5 cm kleine Röhrchen längs rollen und zusammennähen. Sie sollen die Feder- kiele eng umschließen. .An unserer abgebildeten Fe- derhaube sind es 13 Stück’ Die Röllchen in regelmäßi- gen Abständen innen gegen das Lederband nähen, sie sollten noch ca. 3 cm über den Rand hinausragen (Ab- bildung). Beim Aufnähen bitte nicht ganz durch das Lederband stechen, denn die Stiche sollen ja nicht auf der Vorderseite zu sehen sein. Ledernadel verwenden! .An die Rosetten überden Ohren lange Lederbänder befe- stigen. dazu einen stabilen Faden (Zwirn) verwenden und ganz durch das Lederband stechen, sonst halten sie nicht. Nach Wunsch größere Glasperlen auf die Leder- bänder ziehen und in jede Perle zusätzlich eine oder mehrere kleine Federn stecken, das Ganze soll recht 60
prächtig werden! Ein dünner, langer Streifen Kaninchen- fell oder dicke Wollbänder (Die Indianer verwendeten Hermelinfell) ebenfalls in der Rosettenmitte annähen. Dann die großen Federn sortieren Die größten kom- men in die Mitte der Haube, die kleineren nach außen. Alle Federn in die Röhrchen stecken. Sitzen die Federn zu locker, die Kiele mit einem Tropfen Klebstoff verse- hen. Dann mit einem Locher an den Seiten (HinterkopO des Lederbandes je zwei Löcher zum Durchziehen einer Lederschnurstanzen. Die Punkte vorher markieren und beim Lochen ganz genau hinschauen, damit zum Schluss nicht noch etwas verdorben wird. Die Leder- schnur durchziehen wie die Abbildung «Klan-Chef- Haube», Seite 24 zeigt! Nun kann der Kopfschmuck der Kopfgröße ganz genau angepasst w erden. Anmerkung: Das vorgeschlagene Perlenmuster stellt den Morgen- stern dar. ein häufiges Motiv der Prärie-Indianer. Die großen Federn an der Haube sind vorwiegend Gänse- federn. Wir haben ihre Spitzen mit Farbe betupft, so sehen sie hist wie echte Adlerfedern aus. Zwei der Fe- dern, die in der Haube stecken, sind allerdings echte Adlerfedern. Ein Vögelpfleger in einem Tierpark hatte sie den Kindern geschenkt. 61
So ein Glück hat man natürlich nicht alle Tage, deshalb hier ein paar Tips, wo man Federn herbekommen kamt: Am besten draußen in der Natur die Augen aufhalten, beim Bauern, der Federvieh hat, nachfragen, bei Falk- nereien, die oft Schauflüge veranstalten, nachfragen, Vogelparks verkaufen manchmal Federn an ihren Kios- ken. in Bastelgeschäften gibt es ebenfalls Federn, sie sind oftmals leider sehr grell gefärbt oder bei der Be- zugsadresse im .Anhang bestellen. Gefundene, ver- schmutzte Federn kann man übrigens in Seifenwasser waschen. Die Schildkröte als Trägerin der Erde Eine Schöpfungsgeschichte Eine der unzähligen indianischen Schöpfungslegenden erzählt, wie der erste Mensch vom Himmelsdorf auf die Erde hinunterfiel. Es war eine Frau. Im Fallen sali sie, dass die Erde vollständig mit Wasser bedeckt war, es gab noch kein land! Die Wasservögel sahen zum Himmel hinauf und entdeckten das seltsame, fallende Viesen. Eine Ente sagte: «Wir sollten diesem Lebewe- sen einen Rastplatz schaffen.» Da tauchten die Here eilig ins Meer hinab und brachten Erde an die Oberflä- che, jedes so viel wie es tragen konnte. Die Erde stampften sie auf dem Rücken einer Schildkröte fest. Auf diese kleine Insel fiel die Frau. Dort brachte sie auf geheimnisvolle Weise Kinder zur Welt, aus denen sich das Menschengeschlecht auf Erden entw ickelte. So kam die Schildkröte zu ihrer Rolle als Trägerin der Erde und Beschützerin der Frau. Die Irokesen bezeichnen übrigens Nordamerika als «Schildkröteninsel.» Neugeborenen Mädchen legte man ein kunstvoll mit Perlen oder Stachelschweinborsten besticktes .Amulett in Form einer Schildkröte in die Trage. Dieser Leder- beutel barg die getrocknete Nabelschnur des Kindes. Sie war das symbolische Band, das das Kind nut seinen Vorfahren verband. Nabelschnur-Amuletten schrieb man eine hohe Schutzfunktion zu und sie waren dar- über hinaus ein Sinnbild für Fruchtbarkeit. Man hielt sie ein Leben lang in Ehren. Neugeborene Jungen er- hielten ein Nabelschnur-Amulett in Form einer Echse. Die Frauen der Prärieindianer stellen bis heute, bzw. heute wieder, Nabelschnur-Amulette für ihre Kinder und Enkelkinder her. Nabelschnur-Amulette Material: Ein Stück Waschleder (Fensterleder) Stickperlen aus Glas in verschiedenen Farben und Na- deln Größere Glasperlen, evtl, ein paar kleine Fedem für die Beine Nach der Vorlage die Umrisse des Tieres auf das Waschleder zeichnen, aber noch nicht ausschneiden! Das gewünschte Perlenmuster evtl, leicht anzeichnen. Die abgebildeten Muster sind nur als .Anregungen ge- dacht, jeder sollte nach Möglichkeit sein eigenes Mu- ster entwickeln. Als Orientierung eine Mittellinien vom Kopf bis zum Schwanz zeichnen. Beim Besticken mit dem Lazy-Stich kann eigentlich nicht viel schief gehen, solange man sich an die Umrisslinien hält und die Per- len genau abzählt. Man bestickt nur Kopf, Rücken und 62
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Sabelschnur-Amulette mit Glasperlen im Lazy-Sticb bestickt Schwanz. Dann erst die Figur ausschneiden, rundher- um ca. 5 nun zugeben. Für die Unterseite ein entspre- chendes Lederstück ausschneiden. Die Bauchseite wird nicht bestickt. Beine: Als Schildkrötenbeine zwei, ca. 11 cm lange, schmale Lederstreifen der Länge nach zu Röllchen formen und zusammenheften. Beim Füllen und Zusammennähen des Körpers werden sie mit eingefiigt und ergeben die vier Beine, die zusammenhängend und waagerecht durch den Körper laufen. Erst ganz zum Schluss be- stickt und umwickelt man die Beine mit Perlenschnur- reihen und steckt einige kleine Federn in die Enden. Die Beine der Echsen bestehen aus einfachen Leder- streifen, auf die einige große Glasperlen aufgezogen und die am Ende nur mit Knoten versehen werden. Die Füllung der Körper besteht aus Schafwolle. Man schließt sie mit überwendlichen, also sichtbar bleiben- den Stichen von außen. Auf der Abbildung sicht man drei Nabelschnur-.Amulet- te, zwei Echsen, also für Jungen und eine Schildkröte. Die dunkelgrüne Echse stammt aus der Pine-Ridge- Reservation in South-Dakota und wurde 1998 von Cin- dy Catches, .Angehörige der Oglalla-Sioux angefertigt. Das Geheimnis der Medizinbündel Wenn die Indianer von «Medizin» sprechen, so ist das nicht im Sinne von «.Arznei» zu verstehen. Viele Plainsgemeinschaften bewahrten in ihren Dör- fern Heilige Bündel, «Medizinbündel» auf, die der «Große Geist» einst ihren Vorfahren zum Geschenk gemacht hatte und von dem besondere Kräfte, «medi- cine power» und Schutzfunktionen für den gesamten Stamm ausgingen. .Alle Gegenstände, die das Bündel enthielt, standen in irgendeiner Beziehung zum Gro- (h
Medizinbeutel mit Inhalt: Kräuter. Muscheln. Stein ßen Geist. Meistens gehörten eine Heilige Pfeife, Ta- bak, Knochen, Federn, getrocknete Nahrungsmittel und anderes zum Inhalt. Die Heiligen Bündel wurden von Generation zu Gene- ration weiter gegeben, nur an besonderen Plätzen auf- bewahrt und sorgsam gehütet. Zu ganz bestimmten Anlässen durften eingeweihte Männer das Medizinbün- del feierlich öffnen. Dann brachte man den ausgebrei- teten, heiligen Gegenständen Opfer in Form von Rauch aus der Zeremonialpfeife dar. Der geweihte, aufstei- gende Rauch brachte die Gebete zum Großen Geist. Diese, mit dem ganzen Stamm verbundenen Medizin- bündel, könnte man als -soziale Bündel» bezeichnen, denn es gab und gibt auch ganz persönliche Medizin- bündel, meistens in Beutelform. Ein persönlicher Me- dizinbeutel kann ebenfalls verschiedene Objekte ent- halten, Steine, Federn, Pflanzenteile etc., die in Verbin- dung mit dem ganz individuellen Schutzgeist eines ein- zelnen Menschen stehen. Um zu seinem Schutzgeist zu gelangen, begibt sich ein Indianer auf Visionssuche. Hat er das Glück, seinem Schutzgeist zu begegnen, so empfängt er von ihm die unterschiedlichsten geistigen Gaben und Lehren, z.B. Rituale. Lieder. Versprechen von Hilfe in Krisenzeiten, aber auch Tabuvorschriften und Läuterung. Später sucht er die Gegenstände, die mit dieser heiligen Be- gegnung in irgendeiner Beziehung stehen zusammen und bewahrt sie fortan in seinem Medizinbeutel auf. Indianer tragen nach wie vor ihre Medizinbeutel bei sich und verbinden so das Visionserlebnis mit ihrem Alltagsleben. In manchen Fällen werden die Medizin- bündel und die damit verbundene Kraft an andere Menschen weiter gegeben. Heilige Gegenstände, von denen «medicine power» ausging, befestigten die Krieger früher auch an ihren Kampf- und Ritualschilden. Sie sollten Unheil abwen- den und Unverwundbarkeit im Kampf sicher stellen. 65
Medizinbeutel herstellen Wenn wir einen «Medizinbeutel» herstellen, wissen wir, dass es sich nur um etwas «Nachgemachtes» han- deln kann, denn uns europäischen Menschen steht die ganz besondere, spirituelle und intuitive Kraft der nordamerikanischen Ureinwohner nicht so einfach zur Verfügung. Trotzdem muss unser «.Medizinbeutel» nicht sinnentleert sein, denn er könnte doch etwas ent- halten. das wirklich eine Bedeutung für den Träger hat, etwas, das ihn im Alltag durchaus seelisch unterstützen kann. Was könnte das sein? Ein Stein vielleicht, den einem ein Freund geschenkt hat, etwas, das an beson- dere Ereignisse, Träume, an geliebte .Menschen erin- nert oder mit einem besonderen Wunsch zusammen hängt... Material: Ein Stück Leder, nicht zu dick, z.B. Waschleder Ein langes, dünnes Lederband Aus dem Leder einen Kreis, Durchmesser etwa 25 cm, ausschneiden. 2 cm vom Rand entfernt, rundherum, in gleichmäßi- gen Abständen kleine Löcher in das Leder bohren. Lederband durch die Löcher ziehen, zusammenziehen, eine große Perle als Abschluss über beide Enden schieben, lockeren Knoten machen-fertig! Vier möchte, bemalt oder bestickt seinen Beutel, bevor er zusammen gezogen wird. Die Sehnsucht nach Visionen Die Sehnsucht der Indianer nach Visionen ist die Sehn- sucht nach spirimeller Kraft. Deshalb war und ist bis heute liir die Menschen der Prärie und Plains die Visi- onssuche von großer Bedeutung. Wer sich auf Visions- suche begibt, sucht nach bestimmten Vorbereinmgen einen einsamen Ort in der Natur auf. Durch Fasten und eine strenge geistige Disziplin erlangt er nach einigen Tagen einen «durchlässigen» Zustand, der ihn emp- findlich und empfänglich werden lässt für spirituelles Erleben. In dieser außergevvöhnüchen psycho-physio- logischen Situation erkennt er seinen Schutzgeist. SchutzgeLster sind von ganz unterschiedlicher Gestalt. Es können Here sein, bestimmte Bäume, Felsen, Ster- ne, Wölkenformationen usw. Während einer Vision empfangt der Mensch manchmal Lieder, die später, im «Normalzustand», an die Stammesmitglieder weiterge- geben werden, oder er erhält Anweisungen, wie ein neues, heiliges Rimal durchzuführen ist. Es können auch Hinweise sein, die es dem Menschen erleichtern, aus einer schwierigen Lebenssituation herauszufinden und vieles mehr. Bei der Rückkehr in das alltägliche Leben fühlt sich der Mensch meistens gekräftigt und erfrischt. Dann sucht er die heiligen Gegenstände zu- sammen, die in irgendemer Verbindung zu seinem Schutzgeist stehen und legt sie in seinen Medizinbeu- tel, wie oben bereits beschrieben. Manchmal wird nach einer Vision der Name geändert. Der berühmte Oglalfa-Sioux Crazy Horse (wildes, verrücktes Pferd) verdankt seinen Namen z. B. einer bedeutsamen Visi- on. in der er auf einem tänzelnden, sich aufbäumen- den Pferd saß und mit ihm über ein überirdisch schö- nes, lichtdurchflutetes Land ritt. Es gibt in Nordamerika bestimmte Plätze in der Natur, Berge. Flüsse, Seen etc., die für die Indianer von hoher religiöser Bedeutung sind, etwa so wie Kathedralen für Christen. Diese Orte werden bevorzugt von Visions- suchenden aufgesucht. Die Berge Chief Mountain in Montana und Bear Butte in Süddakota sind z.B. solch heilige Orte. .Am Bear Butte sollen die Vorfahren der Lakota und Cheyenne vom «Creator», dem Großen Schöpfergeist, einst wichtige religiöse Unterweisungen erhalten haben. Der Hügel ist heute zu einer Touristen- attraktion heruntergekommen. Visionssuchende In- dianer werden von weißen Ausflüglem neugierig be- obachtet, fotografiert und anderweitig belästigt. Die Touristen hinterlassen ihre Abfälle an diesem heiligen Ort und stören die Indianer durch Radio- und Moto- renlärm. Zu den religiösen Ritualen gehört, dass die Indianer ihre Heiligen Pfeifen als Opfergaben am Bear Bune zurück fassen. Diese werden kurzerhand von den Weißen als Souvenirs entwendet. Mitglieder der Cheyenne und Lakota versuchten wiederholt, durch 66
Chief Mountain, einer der berühmten Visions-Plätze der Blackfoot-Indianer Klagen vor LS-Gerichten, die Juristen davon zu über- zeugen, dass es sich um eine heilige Stätte handelt, die es zu respektieren gilt und die unter besonderen Schutz zu stellen ist. Bis heule fanden sie kein Gehör! Die Heilige Pfeife (auch Kalumet genannt) Black Elk (Schwarzer Hirsch), der große Oglalla-Si- oux Häuptling, verfügte über große Weisheit und hei- lende Kräfte. Nach einer Beratung mit den Ältesten ent- schloss er sich die sieben geheimen, heiligen Riten seines Volkes in einem indianischen Weisheitsbuch zu beschreiben. Ein Sakrileg befürchtete er nicht, denn «die Wahrheit schütze sich kraft ihres eigenen Wesens vor Entweihung.» Eine der sieben heiligen Riten ist die Pfeifenzeremonie. Die Heilige Pfeife wurde den Prärievölkern der Legen- de nach von einer sehr schönen l akanfrau. einer heili- gen, geweihten Frau gebracht. Es war die «Weiße Büf- felkuh-Frau». (Siehe Abschnitt «Bisons»), In Black Elks Mitteilungen steht: «Bald meldeten die jungen Männer, die das Erscheinen der geheimnisvollen Frau zu beobachten hatten, sie sähen diese aus der Ferne in wunderbarer Weise daherkommen; und dann betrat die heilige Frau plötzlich das Zelt, schritt im Sinne der Sonnenbahn rundum und trat vw Stehendes Hohlhorn (der damalige Häuptling). Und die heilige Frau sagte: «Mit dieser heiligen Pfeife sollt ihr auf der Erde leben; denn die Erde ist eure Altmutter und Mutter und heilig. Jeder Schritt, der auf ihr getan wird, sollte wie ein Gebet sein. Der Pfeifenkopf ist aus rotem Stein: er ist die Erde. In den Stein geschnitten und gegen die Mitte gerichtet ist dieses Büffelkalb: es vertritt alle Vierbeini- gen, die auf eurer Mutter leben. Der Pfeifenstil ist aus Holz, und er stellt all das dar, was auf der Erde wächst. Und diese zwölf Federn, die hier hängen, wo der Stiel im Kopf sitzt, sind von dem gefleckten Adler; sie vertre- ten den Adler und alle Geflügelten in der Luft. Alle 67
diese Völker und alle Dinge des Weltalls gesellen sich zu dem, der die Pfeife raucht - alle senden sie ihre Stimmen zu Uakan-Tanka. dem Großen Geist. Wenn ihr mit dieser Pfeife betet, so betet ihr für alle und mit allem.» Die erste «Heilige Pfeife», die ihnen einst die weiße Büffelkuh-Frau brachte, befindet sich bis heute im Be- sitz der Sioux-Indianer. Heute wird das Pfeifenrimai wieder sehr gepflegt. Es gibt viele unterschiedliche Anlässe ein Pfeifenrimai zu vollziehen. Mit der Pfeife wurden und werden gemein- same Beschlüsse geweiht und verbindlich gemacht. Man denke an das Rauchen der «Friedenspfeife» nach den entsprechenden Verhandlungen. Ira heutigen .All- tag vollziehen Indianer ein Pfeifenritual z.B. vor einem neuen Unternehmen, um positive, göttliche Kräfte dar- auf zu konzentrieren; um eine Versöhnung, eine Ent- schuldigung zu bekräftigen, um Gedanken und Emo- tionen zu klären und zu beruhigen oder als ein Zei- chen der Gastfreundschaft. Ich erlebte eine Pfeifen- zeremonie 1998 in Stuttgart anlässlich der Eröffnung einer Ausstellung indianischer Künsder. Sie wurde voll- zogen von einem .Angehörigen des Volkes der Ani- shinabe. Er bat mit dieser feierlichen Handlung den «Creator» um seinen Segen für diese Veranstaltung. Eine geweihte Pfeife wird immer zweigeteüt aufbe- wahrt, das Zusammensetzen von Pfeife und Stiel gehört schon zum Rimal. Den Rauch bläst man ehrfurchtsvoll in alle sechs Richtungen: nach Westen, Norden, Osten, Süden, zum Himmel und zur Erde. Eine Pfeife zum Spielen Material: Abschnitte von einer Pappröhre (Küchenpapierrolle etc. oder selber herstellen) als Pfeifenkopf 1 Rundholz oder Bambusstock, ca. 40 cm lang, als Pfeifenstiel Zum Verzieren: Federn. Perlen, Lederbänder, Farbe sowie etwas Karton und Alleskleber Die Pappröhre 2 x durchbohren, die Löcher müssen sich gegenüber liegen. Das Rundholz durchschieben, so dass es 2-3 cm aus dem Pfeifenkopf herausschaut, mit etwas Alleskleber fixieren. .Als Boden des Pfeifenkopfes eine kleine, runde Papp- scheibe unten ankleben. Kopf und Stiel nach Wunsch bemalen. Süel mit Lederbändern, Perlen und Federn schmücken.
Ausrüstung eines Kriegers Pfeil und Bogen waren die wichtigste Waffe der Prärie- Indianer. Damit verfehlten sie ihr Ziel auch noch auf 100 Meter nur selten. Mit dem Bogen konnte man sehr viel schneller schießen als mit einem Gewehr. Gute Bogen und Pfeile hatten einen hohen Wert. Kriegspfeile versah man mit Widerhaken, Jagdpfeile dagegen halten eine glatte Spitze. Jeder Krieger markierte seine Pfeile mit individuellen Zeichen. So konnte man den erfolg- reichsten Jäger leicht herausfinden. Einen Rogen bauen Pfeile herstellen Material: Einen ca. 90 cm langen, geschmeidigen Zweig (z.B. Weide oder Haselnuss), 1,5 - 1,8 cm dick, Paketschnur oder gewachste Kunstsehne für die Be- spannung, Lederband, Federn und Perlen zum Verzieren, Taschenmesser und .Alleskleber. In den Zweig nach Wunsch und Geschick einfache geo- metrische Muster ritzen, etwa 2 cm von den Enden entfernt rundherum einkerben. Ein Ende der Paket- schnur oder Sehne mit einer Schlinge versehen und in eine der Einkerbungen legen. Den Bogen leicht span- nen und das andere Ende der Sehne in der entgegenge- setzten Einkerbung festschnüren. Die Mitte des Bogens dicht mit dem Lederband bewickeln (Handgriff). Vor- her liier den Bogen evtl, mit etwas Alleskleber einstrei- chen. Beide Bogenenden mit Federn, Perlen oder an- deren Naturmaterialien verzieren. Achtung! Dieser Bogen ist eine echte Waffe. Wer unachtsam da- mit umgeht, gefährdet Mensch und Tier. Beim Schie- ßen sollte immer ein Erwachsener anwesend sein. Dar- auf achten, dass sich niemand in der Schusslinie auf- häll. Niemals, auch nicht zum Spaß, auf Mensch oder Tier zielen. .Allzu leicht löst sich ein Pfeil versehentlich! .Als Ziel könnten z. B. eine Schuppenvvand oder ein Strohballen dienen, woran eine Zielscheibe aus Papier befestigt ist. Material: Gerade Zweige oder Rundstäbe, ca. 50 cm lang und 0,5 - 0,8 cm dick, Federn, Bastelfarben, Pinsel, Papiercutter, Taschenmesser, Schmirgelpapier, .Alleskleber, dünne Schnur, Flaschenkorken, evtl, eine kleine Säge. In das Ende des Zweiges, bzw. des Rundholzes, eine kleine Kerbe schnitzen oder sägen, zum Einlegen der Bogensehne, vorne anspitzen, glatt schmirgeln, nach Wunsch bemalen. Federn, sie dürfen nicht zu klein sein, spalten. Dazu benutzt man den Cutter und fährt mit leichtem Druck mitten auf dem Federkiel endang. 69
an der dicksten Stelle angefangen. Aus einer Feder er- hält man mehrere »Steuerfedern», zur Verbesserung des Pfeilfluges. Wir benötigen pro Pfeil drei dieser Fe- derstiicke, je 8 - 9 cm lang. Die Federn mit Klebstoff am Pfeilende ansetzen, bitte nicht ganz an das Pfeilen- de, sonst bleibt kein Platz zum .Anfassen und Auszie- hen. zusätzlich mit dünner Schnur oben und unten festbinden ( Abbildung). Aus Sicherheitsgründen einen Korken auf die Pfeilspitze stecken. Köcher Material; Eine Versandrolle, 35 - 38 cm lang, etwa 6 cm im Durchmesser, Tonpapier, Bastelfarbe, Lederband. 1 m lang, Lederreste, evtl. Perlen und Fedem, Schere und Alleskleber. Die Versandrolle mit einer Farbe grundieren oder mit Tonpapier beziehen. Geometrische Formen darauf ma- len oder aus Papier ausgeschnittene Motive aufkleben. Zusätzlich den Köcher mit Fransenbändern aus Leder- resten schmücken. Etwa 2 cm von oben und 12 cm von unten je ein Loch in den Köcher bohren. Die Löcher müssen auf einer Linie hegen, hier wird das Lederband als Umhängeschnur festgeknotet. Die Schnur oben mit Perlen und Federn verzieren. Tip: Die Flaschenkorken beim Schießen auf den Pfeilspit- zen belassen. Sie werden in kleine Näpfchen mit Was- serfarbe getunkt und dann gleich abgeschossen. Jeder Schütze hat seine eigene Farbe. .An den Farbtupfen auf der Zielscheibe sieht man dann, wer am besten getrof- fen hat. Schilde Die Ureinwohner verwendeten für ihre Schilde die ex- trem derbe, dicke Haut vom Bisonnacken. Die schö- nen Schilde sollten zum einen ganz konkret vor Verlet- zungen schützen, indem sie Pfeile und Speere abfin- gen, zum anderen gingen von ihnen, nach Auffassung der Indianer, auch magische Schutzfunktionen aus. Siehe dazu Seite 64 «Das Geheimnis des Medizinbün- dels». Ein Schild herstellen Material: Ein großes Stück starken Karton. ein großes Stück festen Stoff in einem Braunton, Stoffmalfarbe. Borstenpinsel, Lederbänder. Perlen (Crow-beads), Fedem, Filz, Reißfesten Faden und pas- sende Nadel, Messingglöckchen, Knochen, Muscheln, Schnecken- Itäuser. Lederbiindelchen, gefüllt mit Tabak oder Kräutern und dergleichen, Cutter (Teppichschneidemesser), Schere, Alleskleber.
Prächtiger Schild. Speer und Pfeifentomahawk Scbildriickseite Aus dem siarken Karton einen Kreis von 48 - 50 cm Durchmesser ausschneiden (Cutter). L m die Stabilität zu erhöhen, evtl. 2 Kreise übereinander kleben. 4 Lö- cher hineinbohren, zum Anbringen der Haltebänder aus Leder (Abb. Schildrückseile). Die Scheibe auf den Stoff legen und mit einer Zugabe von 8 - 9 cm rundher- um einen Stoffkreis anzeichnen und ausschneiden (Bezug des Schildes). Die Schnittkanten etwa 1 cm nach innen kniffen und hier, am Rand entlang, einen reißfesten Reihfaden einziehen. Den Überzug um das Schild legen und an der Rückseite zusammen ziehen. Nun kann mit der Gestaltung des Schildes begonnen wer- den. Wir haben die gewünschten Motive zuerst auf Papier gezeichnet, ausgeschnitten und auf dem Schild verteilt, um die W irkung zu begutachten. Ist man dann zufrieden, werden die Papierschablonen mit einem weichen Blei- stift umfahren und schon ist das Motiv übertragen und die Malerei kann beginnen. Auf dem abgebildeten Schild bil- det ein stilisierter Adler das Hauptmotiv, darüber 71
Häuptling «Little Eagle Featber» schwebt ein großer, roter Halbmond, darunter sieht man das Siebengestirn (Plejaden). Eine dünne, braune Linie und vier grüne Hügel rahmen das Ganze ein. Solange die Stoffmalfarbe trocknet, bereitet man die Federbündel und all die anderen Dinge, die an das Schild gehängt werden sollen, vor. Die Federkiele sind mit Filzstreifen umwickelt, die weißen Gänsefedern durch Betupfen der Spitzen mit schwarzer Farbe in «Adlerfedern» verwandelt worden. .Als «Medizin» hän- gen am Schild Lederbeutel, gefüllt mit Kräutern und Tabak, sowie Fellstückchen. Muscheln und Knochen, alles an Lederschnüren befestigt. Die Schwingen des gemalten Adlers sind mit Messingglöckchen an Leder- streifen geschmückt. Das Rosshaar «spendete» uns das Pferd Carino, zu sehen auf Seite 83, den Tierschä- del fanden wir in einem Bach. Die schweren Dinge befestigt man an der Rückseite des Schildes, indem man den Karton durchbohrt, die leichteren Teile näht man nur an den Stoff. Im Ganzen sollte auf eine einiger- maßen ausgewogene Gestaltung geachtet werden. Speer Material: Rundstab, 1 m lang, 1 cm Durchmesser. 1 Stückchen dünnes Sperrholz oder Holzbrettchen, Etwas Holzleim, Lederbänder, Filz, Perlen, Federn etc., Schmirgelpapier, kleine Säge. Das Rundholz ca. 1,5 cm tief einkerben. Kerbe ent- spricht der Stärke des Sperrholzbrettchens. Die Klinge (Skizze) aussägen, schmirgeln und in die Kerbe lei- men. Den Stab mit den oben aufgezählten Dingen nach Geschmack verzieren. .Anmerkung: Die Hinge könnte man auch aus stabiler Pappe her- stellen und bemalen. Speerspitze aus Sperrholz (Originalgröße) "2
Pfeifentomahawk Ein Beil, das gleichzeitig als Pfeife zu benutzen war, tauschten die Prärie-Indianer gegen Leder und Felle bei den Weißen ein. Wir bauen ein Spieltomahawk. Im Stiel ist. im Gegen- satz zu den echten Tomahawks, natürlich kein Rauch- kanal gebohrt. (Abb. siehe Seite 71 rechts oben neben Schild). Material: Sperrholz, ca. 4 mm dick, Rundstab, etwa 2 cm im Durchmesser als Stiel, Wir haben z. B. einen fertigen Hammerstiel aus dem Bau- markt verwendet), Silberfarbe. Pappröllchen, falls vorhanden, sonst selbst herstellen (Pfeifenkopf), Laubsäge, kleine Fuchsschwanzsäge, Evtl. Bohrer, Feile, Sandpapier und Holzleim. Nach der Skizze die Klinge aussägen. Wer handwerk- lich geschickt ist, sägt das Motiv heraus, hier ist es ein stilisierter Bisonkopf. Wer nicht so geschickt ist oder nicht über das entsprechende Werkzeug verfügt, malt das Motiv nur auf. Die Schneide der Beilklinge nut einer Feile anschrägen und mit Sandpapier alles glät- ten. Oben in den Stiel eine Kerbe sägen, ca. 4 - 5 cm Klinge des Pfeifentomabauks lang und so breit, dass die Klinge gerade so hinein- passt. Die andere Seite des Stieles (Mundstück) mit der Feile etwas verjüngen. Dann die Klinge in die Kerbe leimen. Oben, gegenüber der Klinge, den Pfeifenkopf ankleben. Wer möchte, bohrt 1 - 2 kleine Löcher in den Stiel zum Befestigen von Lederbändern, Fedem etc. Zum Schluss werden Klinge. Pfeifenkopf und Mundstück mit Silberfarbe angemalt. Musik und Tanz Ein besonders wichtiges Instrument war die Trommel. Es gab kleinere Handtrommeln, in der Art von Tam- bourins, andere waren so groß, dass mehrere Men- schen gleichzeitig darauf schlagen konnten. Die Trom- meln klangen zu ganz verschiedenen Anlässen: Bei re- ligiösen Festlichkeiten und zur Begleitung von Jagd- und Kriegstänzen. Weitere Instrumente waren Rasseln, hergestellt aus Flaschenkürbissen, Schildkrötenpan- zem oder Tierhufen, sowie Flöten aus Holz oder Kno- chen. Flötenmusik galt als Liebeszauber. Halte ein junger Krieger seine Liebe zu einem Mädchen entdeckt so spielte er nächtelang Flötenmelodien vor ihrem Tipi, in der Hoffnung sie damit heraus zu locken. Die meist einstimmigen Gesänge wurden von den mo- notonen Trommelrhythmen begleitet. Der gleichförmi- ge, herzschlagähnliche Trommelklang, ließ viele Tän- zer in einen tranceähnlichen Zustand fallen. Die Lieder wurden oft von einem Rasseltremolo eingeleitet. Der Gesang begann mit hohen Tönen und stieg langsam zu immer tieferen Klängen ab. Das Ende wurde wieder mit einem Rasseltremolo abgeschlossen Je nach An- lass waren die Tänze und Lieder ruhig, getragen, be- schwörend (religiöse Tänze, Klagegesänge) oder wild, aufwühlend (Kriegstänze). Alle Tanzschritte mussten ganz exakt ausgefiihrt werden, ihr Ablauf erfolgte nach einem genau festgelegten System. Oft wurde stunden-, ja tagelang getanzt 73
Indianer-Mädcben heute beim Powwow in Browning / Montana Einige Tänze und Lieder haben überlebt, neue sind hinzu gekommen. Die Powwows, die Tanzfeste der In- dianer von heute, sind ein Forum, auf dem diese Kultur gepflegt wird. Trommeln bauen Material: I große, feste Versandrolle (Fachhandel für Ver- packungsbedarf) Wir haben von einer großen Versandrolle einen ca. 11 cm breiten Ring abgesägt und daraus noch eine zweite, kleine Trommel hergestellt. Ein Stück Rohhaut, Ziege oder Hirsch, Bezugsadresse im Anhang Oder ein Stück Waschleder (klingt nicht so gut wie Rollhautbespannung) Feste Schnur, z.B. Paketb-and Zum Bemalen und Verzieren: Bastelfarben (Waco oder Deka), evtl. farbiges Papier und Alleskleber. Nach Wünsch Federn. Fellstreifen. Lederbänder, Perlen (Crow-Beads) etc. Handbohrer. Papierlocher, Schere. In den Trommelkörper an einer Seite (unten) etwa 2 cm vom Rand entfernt, im Abstand von 3 - 4 cm Lö- cher bohren, so groß, dass die feste Schnur durchpasst. Die große Trommel auf der Abbüdung wurde mit geo- metrischen Formen, aus Tonpapier ausgeschnitten, beklebt. Den kleinen Trommelkörper zieren nur drei weiße, aufgemalte Streifen. Beide Trommeln erhielten vorher eine ockerfarbene Grundierung. Die Rohhaut zuschneiden, nicht zu knapp, und 1-2 cm vom Rand entfernt, im Abstand von 3-4 cm Löcher hinein stanzen (Papierlocher). Anschließend die Haut em 15 Minuten ins Wasser legen, sie muss vollständig bedeckt sein. Dann gut ausdrücken, nicht wringen, und gleich mittig auf den Trommelkörper legen. Damit beim Bespannen das Trommelfell nicht verrutscht, mit Schnur rundherum festbinden. 74
Die Trommeln haben dank des Ziegenfells einen guten Klang Reichlich Paketschnur abschneiden und den Anfang an einem Loch an der Innenseite des Trommelkörpers festknoten. Die Schnur hochfuhren und durch das er- ste Loch des Trommelfells fädeln, dann wieder zurück gehen zum Rand, die Schnur ganz um den Rand ziehen und aus dem nächsten Loch von innen nach außen wieder heraus kommen, zum Fell hochziehen usw. So werden rundherum Haut und Körper miteinander ver- bunden. Aufgepasst: Die Haut muss zwar gut gespannt sein, die Löcher dürfen aber auf keinen Fall ausreißen! Manch- mal muss man die Schnurvielleicht durch zwei Löcher im Fell fädeln und eine kleine Falte legen, damit die Schnur parallel am Trommelkörper entlang läuft. Das Ende wieder gut verknoten. Bitte nicht auf die Trom- mel schlagen, solange das Fell nicht vollkommen tro- cken ist! Zum Schluss nach Wunsch mit Lederbändem. Perlen, Federn. Fellstückchen, evtl. Messingglöckchen und Schneckenhäusern schmücken. Das Trommelfell der kleinen Trommel haben wir nach einem historischen Vorbild mit einem Sternenhimmel bemalt. Trommelstöcke: Auf zwei .Äste oder Rundhölzer einen Klumpen Wachs oder Knete stecken, Stoffreste darum wickeln und gut festschniiren. Die Kleidung der Prärie- und Plains-Indianer Die Häute der von den Männern erlegten Wildtiere ver- arbeiteten die Frauen zu feinem, weichem Leder für Bekleidungszwecke. Je nachdem, ob eine Bisonrobe, Mokassins, Kinderhemden oder Leggins entstehen sollten, verwendete man enthaarte .Antilopenfelle, weißes Bighomleder. Hirsch-, Bison- oder Elchleder. Die Frauen der Great Plains und Prärie waren bekannt 75
für ihre kunstvollen Stickereien aus Quill und Glasper- len. In voreuropäischer Zeit bestickten sie die Festtags- gewänder ausschließlich mit Quill oder Porcupine, das sind die Borsten eines Stachelschweins, genauer gesagt des Baumstachlers. Die Stacheln dieses Tieres, das bei vielen Stämmen obendrein als Leckerbissen galt, wurden geglättet, gefärbt, manchmal gefaltet und dann auf das Leder appliziert. Diese Technik erforder- te Zeit und besondere Geschicklichkeit. Junge Mäd- chen gingen bei älteren, erfahrenen Frauen in die Leh- re, um sich dieses Kunsthandwerk anzueignen. Die Quillwork-Muster sowie die späteren Glasperlen-Mu- ster waren weitgehend abstrakt gehalten. Man arbeite- te flächenfiillend mit geometrischen Elementen, stili- sierten Wolken. Sternen. Adlern, Bergen. Tipis, Pferde- hufen usw. So wie das .Ansehen eines Kriegers mit sei- nen Heldentaten und Jagderfolgen stieg, hob sich das Ansehen einer Frau mit der Anzahl und Qualität ihrer kunsthandwerklichen Objekte. Diese Arbeit gab ihr die Möglichkeit sich künstlerisch auszudrücken und zu entfalten. Man sagt, dass sich die Zuneigung einer Frau zu ihrem Mann auch daran ablesen ließ, wie prachtvoll sie seine Festtagskleider gestaltet hatte. Quill- und per- lenbestickte Kleidung und Zubehör wie Tabaks- und Pfeifenbeutel. Messerscheiden. Babytragen etc. waren bei anderen Stämmen und auch bei den Weißen sehr begehrt und so entwickelte sich dieses Kunsthandwerk mit der Zeit zu einem Wirtschaftsfaktor. Die prächtigs- ten Perlengewänder entstanden in der frühen Reserva- tionszeit. Manche waren über und über mit Perlen be- deckt und hatten deshalb ein beträchtliches Gewicht. Mit den vielfarbigen Glasperlen, die die Europäer ins Lind gebracht hatten, ging die Arbeit viel schneller und leichter von der Hand, sehr zum Vorteil des Baum- stachlers, dem nun nicht mehr so stark nachgestellt wurde. Auch wenn die Ureinwohner dank der kleinen, bunten Glasperlen ihre Kunst zum Blühen brachten, machten sie doch einen denkbar schlechten Tausch: Billige Glasperlen aus europäischer Massenprodukti- on gegen hochwertige Felle und sogar Land! Quill- und Perlenstickereien werden bis heute ausge- übt und gepflegt. '6
Die Abbildung (Seite 76) zeigt gefärbte Borsten des Baumstachlers (Quill), das traditionelle und vor der Ankunft der Europäer einzige Stickmalerial. Daneben liegen Secd- (klein). Pony- (mittel) und Crow-Beads (groß). Die Glasperlen sind in Bastelgeschäften oder im Fachhandel (siehe Anhang) erhältlich. Webstich Für diesen Stich benötigt man keinen Untergrund aus Stoff oder Leder, denn die Perlen werden praktisch «aneinander gewoben». Dabei braucht man aber kei- ne webtechnische Vorrichtung, sondern nur Nadel und Faden. Am Ende hat man daher auch keine Kettfäden zu versorgen. Weitere Vorteile des Webstichs sind: viele Mustermöglichkeiten. sehr exakte Optik. schnell zu erlernende, einfache Technik, besonders stabiles W erkstück. Perlenarbeiten im Webstich kann man auf Lederstim- bänder und Kleidungsstücke aufnähen oder an den Enden mit Schnüren versehen und als Hals- und Arm- bänder tragen. .Am besten arbeitet man mit reißfestem Nyfonfaden. Da beim Webstich sehr viel Faden ver- braucht wird, muss man von Zeit zu Zeit einen neuen anknoten. Den Knoten durch vorsichtiges .Anbrennen verschmelzen. So wirds gemacht: Man beginnt mit einer beliebigen Anzahl Perlen. Für ein schmales Armband fädelt man z. B. nur 5 Seed- Beads auf, soll es breiter werden, nimmt man entspre- chend mehr. Den kurzen Anfangsfaden festhallen, da- mit die Perlen nicht gleich wieder herunterrutschen. 2. Reihe: Eine Perle auffädeln, dann durch die entspre- chende Perle der Vorreihe stechen. Achtung! Richtung beachten. Anschließend noch einmal durch die neu aufgenommene Perle stechen. Den Fäden stets sehr fest anziehen! Die nächste Perle aufiadeln. durch die darunter liegende Perle der Vorreihe fahren und wie- 77
der durch die zuleßt aufgenommene Perle stechen. (Skizzen 1 -4) Am Ende der zweiten Reihe den .Anfangs- faden verknoten. Alle folgenden Reihen wie oben be- schrieben. Achtung: Besonders die 2. Reihe ist für Anfänger etwas knifflig. Später ist das Ganze stabiler und lässt sich besser handhaben, also nicht den Mut verlieren! Die .Arbeit immer fest zwischen Daumen und Zeigefinger der lin- ken Hand halten. Siehe dazu Mustervorschlag S. 83 und Abb. S. 82 «Schmuck». np Muster auf Kästchenpapier farbig aufzeichnen. Es sieht schöner aus, wenn man das Muster nicht ganz bis an den Rand laufen lässt, sondern eine einfarbige Perlen- reihe als «Rahmen» lässt. Lazy-Stich (Fauler Stich, weil dabei mehrere Perlen aufeinmal aufgenommen werden) Mil dem Lazy-Stich stickt man die Perlen (Seed-Beads) auf Stoff, Filz oder Leder. Muster dünn vorzeichnen und in Reihen mit Perlen ausfiiUen. Nachdem eine An- zahl von Perlen aufgefädelt wurde, nicht mehr als 5-8 auf einmal, in den Stoff zurück stechen und knapp davor wieder hochstechen, neue Perlen aufnehmen usw. Die Perlen sollen lückenlos dicht aneinander und nebeneinander liegen Siehe dazu z.B. die Nabel- schnuramulette auf Seite 64. Leggins und Love-Mokassins Die traditionelle Bekleidung des Mannes bestand aus einem Lederhemd, das neben der oben beschriebenen Stickerei oftmals noch mit Hermelinstreifen und ge- färbten Pferdehaaren geschmückt war. Erfolgreiche Krieger hängten sich auch die Skalplocken überwältig- ter Feinde an das Gewand. Manche der Hemden waren zusätzlich mit kosmischen Symbolen oder Motiven, die auf die Heldentaten des Trägers bezug nahmen, be- malt. Die Alltagskleidung dagegen war schlicht. Die Beinkleider des Mannes, Leggins genannt, bestanden aus zwei separaten Röhren mit seitlich herabhängen- den Fransen und längs verlaufenden, gestickten Be- satzborten. Diese «Beinlinge» waren seitlich, nach oben, mit Lederriemen verlängert. Die Riemen knüpfte man an einen Gürtel, der um den nackten Leib ge- schlungen war. So rutschte die Leggins nicht herunter. Ein Lendentuch, in Form eines weichen Lederstreifens, machte die «Hose» vollständig. Dieses Tuch schob man hinten unter den Gürtel, führte es zwischen den Beinen durch und zog es vom durch den Gürtel hoch. Die Enden hingen hinten und vom wie ein Schurz her- unter. Wahrscheinlich handelt es sich hier um ein ural- tes Kleidungsstück der Menschheit, denn auch «Ötzi», der etwa 5300 Jahre alte Leichnam eines Mannes aus dem Eis der Ötztaler .Alpen, war mit solch einer «Hose» bekleidet. An den Füßen trug man die bekannten, praktischen Mokassins, oft aus allen Bisonroben oder Bisonzelt- decken angefertigt. Mokassins erlaubten es den Urein- wohnern, weich und leise aufzutreten. Zu besonderen .Anlässen wurden reich bestickte und zusätzlich mit Quasten, Fransen und Ledertroddeln versehene Mo- kassins getragen. Besonders kunstvoll waren die soge- nannten «Love-Mokassins», bei denen sogar die Soh- len über und über mit Glasperlen bestickt waren. Jun- ge Frauen stellten Love-Mokassins als besondere Lie- besgabe für ihren Bräutigam her, es waren seine Hoch- zeitsschuhe. Als begehrte Handelsware verbreiteten sich Mokassinsrohlinge über weite Gebiete. Sie gelang- ten vorgefertigt, bestickt und mit Zunge in den Handel Die Ferse blieb offen und so konnte der Schuh seinem neuen Besitzer individuell angepasst werden. Muschelpasscn auf Hirschhaut Die Kleider der Frauen waren häufig aus zwei weich gegerbten, hellen Hirschhäuten zusammengesetzt Da- bei blieb die Tierfonn immer erkennbar, es wurde nichts begradigt. Die Kleider reichten bis zu den Knö- cheln hinab und wurden in der Taille gegürtet. Fest- tagskleider waren überaus üppig bestickt und mit Ap- 78
plikationen und Gehängen versehen Manche Kleider- passen zierten sogar Kaurimuscheln in großer Zahl. Im Winter trugen auch die Frauen Leggins unter ihren Kleidern, Mokassins das ganze Jahr über. Kinder waren im allgemeinen genauso gekleidet wie Erwachsene. Ihre Kleidung und Tragewiegen (Cradle- boards) waren besonders aufwendig und liebevoll be- stickt, ein Zeichen für die hohe Wertschätzung des Kin- des in den indianischen Gesellschaften. Auf den heutigen Povvwows, den Tanzfesten der Urein- wohner, kann man ihre schönen Gewänder immer noch, bzw. wieder, bewundern Da eine lebendige Kul- tur nichts Starres ist, so haben sich auch die Kleider im Laufe der Zeit verändert. Aber damals wie heute sind sie ein Ausdruck für die Identität und den starken l berlebenswillen der indianischen Gemeinschaften. Das aufgeklappte Skalp-Hemd zeigt noch deutlich «Skalp-Hemd» für Jungen Besonders erfolgreiche Krieger hängten die Haarlok- ken ihrer skalpierten Feinde an ihre Lederhemden; wir nahmen Pferdehaare von Carinos Schweif (siehe S. 83), dünne Wollfäden tun es auch! Material: Ein Rehfell, vom Kürschner, aus örtlichen Gerbereien, Branchenverzeichnis' Wer kein echtes Rehfell verwen- den möchte oder wem es zu klein ist, nimmt fest ge- webten. nicht zu dünnen Baumwollstoff in hellbeige und schneidet ihn in Fellform zu. Wasch- oder Fensterleder (Fransenbesatz an den Schultern), 4 Streifen zu ca. 15x8 cm 4 Lederbänder, je 80-100 cm lang (seitlicher Ver- schluss) Glasperlen (Crow-Beads) Stoffmalfarbe, Borsten- und Haarpinsel Federn, Pferdehaare, falls vorhanden, ansonsten Woll- fäden, dünne Fellstreifen oder Wollbänder in weiß (sollen Hermelinfelle darstellen) 2 dünne Lederschnüre für die Rosetten Das abgebildete Rehfell mit den vorgegebenen Maßen von 84 x 47 cm ergibt ein Hemd für ein '-8-jähriges die Tierfellform Hat man keinen echten Mustang, tut es auch ein Steckenpferd 79
Kind. Die Haut wurde nicht weiter beschnitten, sondern in seiner natürlichen Form belassen. Die Schere wurde nur gebraucht, um den Halsschlitz (23 cm lang) und die Fransen zu schneiden. Vi er das Hemd aus Stoff herstellt, ist flexibler, was die Maße anbetrifft. Der Halsschlitz ei- nes Stoffhemdes wird mit einem Formstreifen unterlegt, siehe Mädchenkleid. Ein Beispiel der Bemalung mit Textilmalfarben zeigt die Abbildung. Vorder- und Rück- seite sind nahezu identisch bemalt. Bei der Gestaltung wurde auf Symmetrie geachtet und das Motiv dünn mit Bleistift auf das Leder vorgezeichnet. Die Schultern er- hielten je zwei separate, aufgenähte Fransenstreifen aus dünnem Waschleder. Aus der gemalten Rosette auf Brust und Rücken hängt eine dünne Lederschnur her- aus, an der schwarze Crow-Beads und Hahnenfedern befestigt sind. Die Pferdehaarstränge sollen Skalphaare darstellen, daher der Same «Skalphemd». Sie wurden zur Hälfte umgebogen und oben fest mit rotem Garn umwickelt. So entsteht oben eine Schlinge, die an einer Glasperle befestigt ist. Die Glasperle wiederum wurde an das Lederhemd genäht. Außen hängen dünne Strei- fen Kaninchenfell (als Hermelinfellersatz). Zum Schluss schneidet man das Hemd rundherum in Fran- sen, nicht zu tief und schön gleichmäßig, und zieht 4 lange Lederbänder zum Verschließen an den Seiten ein: Kleines Loch in das Leder schneiden. Lederband mit Knoten versehen und durchziehen. Das Hemd wird wie ein kleiner Poncho über den Kopf gezogen. .Anmerkung: Hermeline galten bei den Kriegern als besonders muti- ge tmd ausdauernde Jäger, daher schmückte man sich gern mit ihren Fellen. Reich verziertes und bemaltes Kleid aus Stoff .Mädchenkleid Die Maße des abgebildeten Kleides entsprechen etwa Kleidergröße 152. Jeweils am Kind Maß nehmen und den Stoff danach abschneiden. Rocklänge: Von knie- bis knöchellang .Ärmellänge: Vom halben Unterarm bis Handgelenk, ganz nach Wunsch! Der T-fÖrmige Schnitt besteht aus zwei Stoffteilen •Smilingface» im Sonntagskleid 80
T-förmiger Schnitt Maße entsprechen etwa Größe 152 beschneiden und Fransen einscbneiden Passe-Ärmelteil, aufgeklappt und fertig bemalt. Nun u-ird der Halsschlitz aufgescbnitten und das Rockteil angesetzt. 81
(Skizze), die Unterseiten der Ärmel bleiben offen! Man bemalt das Kleid vor dem Zusammennähen! Material: Baumwollstoff In hellbeige, fest gewebt und nicht zu dünn. Unser Stoff hat einen leichten Stretchanteil, wir fanden ihn in einem Kaufhaus. Stoffmalfarbe, Borsten- und Haarpinsel in verschiede- nen Stärken Glasperlen (Crow-Beads und Seed-Beads) und etwas Filz, passende Nadeln Lederbänder, Lederschnüre z.B. vom Waschleder ab- geschnitten Große und kleine Federn, Muscheln, falls vorhanden. So wird's gemacht: Stoff waschen und bügeln. Die beiden Teile zuschnei- den. Das Passe-Ärmelteil auf glattem Papieruntergrund ausbreiten. Gewünschtes Muster dünn auf den Stoff vorzeichnen, Halsschlitz markieren (in unserem Beispiel 25 cm breit), aber noch nicht einschneiden! Man zeichnet zur Orientierung eine dünne Bleistiftlinie mittig auf den Sloffstreifen, über die Schultern, von einem Ärmel zum anderen. Auf dieser Linie liegt auch der HaLs- schlitz. Vor und hinter dieser Linie (Vorder- und Rü- ckenteil) ist das Muster ungefähr spiegelbildlich. Bemalen mit Sloffmalfarbe. Nachdem die Farbe getrocknet ist, wird sie durch Bü- geln fixiert. Rockteil am Saum nach Wunsch bemalen, auf jeden Fall sehr viel sparsamer als das Oberteil und daran denken, dass der Saum noch in Fellform beschnitten wird. Schmuck aus G!as[)erlen und verschiedenen Natur- Materialien Rockteil hinten zusammennähen, beim Bemalen also schon berücksichtigen, dass die Naht hinten verläuft! Halsschlitz in das Oberteil schneiden. Aus einem Stück Filz einen Formstreifen schneiden, unter den llalsschlitz legen, entsprechend einschnei- den, feststecken und mit einigen großen, dekorativen Stichen von links anheften. Das gibt dem Ausschnitt mehr Stabilität. Fertiges Passe-Ärmelteil an derSchulter-Halsschlitzlinie entlang falten und das Rockteil rechts auf rechts daran stecken. Achtung! Rocknaht nach hinten. Die Teile mit großen Vorstichen aneinander heften, Kleid umkrem- peln. anprobieren, alles überprüfen, dann erst endgül- tig zusammennähen. Aufgepasst! Die .Ärmelunterseiten bleiben offen. 82
Ärmel und Saum in Fellform beschneiden und Fransen hineinschneiden. Das Kleid zusätzlich zur Bemalung nach Wunsch und Geschmack mit Lederbändem, Perlen. Fedem und Muscheln verzieren, ein Beispiel zeigt die Abbildung. Wir haben zwei runde Fdzstücke im Lazy-Stich (siehe Seite 78) mit Perlen bestickt und auf Brust- und Rü- ckenteil geheftet. Aus der Mitte dieser Rosetten fuhren dünne Lederschnüre heraus, an denen Crow-Beads und Federn hängen. Die Fedem werden in die Perlen gesteckt. Aus einem Stoffstreifen zum Schluss einen Gürtel herstellen. Stirnbänder Material: Lederstreifen, Lederbänder (zum Verschließen hinten), Glasperlen, Filz, Textilmalfarben. Die Stirnbänder von «Smiling Face» (links) und -Lovely Evening Sun» (rechts) sind in der Webstich- technik (siehe Seite 77) entstanden und dann auf den Lederstreifen aufgenäht worden. Die Haube des
kleinen Häuptlings erhielt eine Perlenstickerei im Lazy-Stich auf rotem Filz (siehe Seite 77 und Skizze Seite 82 unten). «Sister Quick Tongue- und ihr Mus- tang Carino tragen Slimschmuck in gleichen Farben: Lederband und Lederkreis sind mit Textilmalfarben bemalt. An der Seite des Stirnbandes hängt als Schmuck eine Lederschnur herab, an der Federn. Per- len und Schneckenhäuser angebracht sind. Verschlüs- se aller Stirnbänder zeigt die Abbildung auf Seite 82. Mokassins Material: Leder, die Menge richtet sich nach der Fußgröße. W er kein Leder verwenden möchte, nimmt ganz dicken Wollstoff. .Ansonsten verwendet man Hirschnackenle- der. das Material aus dem zum Teil auch die Ureinwoh- ner ihre Mokassins fertigten. Bezugsquelle im Anhang! Preiswerter sind z. B. Lederreste aus dem Lederwaren- geschäft oder der Fabrik. Die abgebildeten hellen Mo- kassins bestehen aus Hirschnackenleder, die grünen Kindermokassins aus einem Ledertest. Wichtig bei der Auswahl des Leders ist, dass man mit der Kürschner- nadel noch gut durchstechen kann, ohne sich die Fin- ger zu verletzen, ansonsten muss man die Löcher mit einer Ahle vorstechen Wenn durch mehrere Lagen ge- näht werden muss (z.B. Ferse) die Nadel ggf. mit einer Zange herausziehen. Des weiteren wird benötigt: Festes Garn, zum Beispiel Stemzwim, doppelt genommen, oder Baumwollstick- twist oder Kunstsehne. Glasperlen (Seed -Beads) und Filz als Stickuntergrund, 2 Lederbänder, ca. 80 cm lang, als Schnürsenkel und eine Kürschner- bzw. Le- dernadel. Schnittmuster: Einen Bogen Papier falten, den Fuß darauf setzen und den Umriss nachfahren. Die Fußinnenseite sollte dabei ca. 1,0-1,5 cm von der Faltstelle entfernt sein. Rund- herum ebenso viel zugeben, an der Ferse jedoch ca. 3 cm zugeben, bei größeren Schuhen noch etwas mehr! Form ausschneiden. (Abb. 1) 84
libertiendlicber Stieb Das Papier aufklappen, nun liegen Schuhoberteil und Sohle, denn dieser Mokassin besteht aus einem Stück, vor uns! Am Oberteil wird eine Linie eingezeichnet i spätere Schuhöffnung). Diese Linie verläuft mittig, angefangen an der Ferse, senkrecht hoch bis etwa zur Fußmitte (ausmessen!). Dort zeichnen wir eine ca. 5 cm lange, waagerechte Linie dagegen. An den beiden Ecken der Sohlenhälfte zeichnen wir zwei Quadrate an, in diesem Fall 2,5 x 2,5 cm. Sie werden später beim Leder weggeschnitten, so dass der Fersenlappen, der dann hochgenäht wird, entsteht. Dieser Fersenlappen entspricht etwa der Fersenbreite des Fußes, vorsichts- halber nachmessen! (Abb. 1 a) Schnitt 2 x aus Leder zuschneiden. Gestrichelte Linie anzeichnen, noch nicht ein- bzw. ausschneiden! Darauf achten, dass ein linker und ein rechter Schult entsteht, nicht aus Versehen z. B. zwei linke herstellen! Hälften mit überwendlichen Stichen zusammennähen (Skiz- ze). Ferse offenlassen! Man muss sich entscheiden, ob man die Stiche sichtbar lässt, also gleich rechts näht (Grüne Kindermokassins) oder lieber eine unsichtba- re Saht haben möchte und den Schuh dann umkrem- pelt (siehe helle Hirschleder-Mokassins). Zwei Leder- zungen, ca. 7,5 x 5 cm zuschneiden. (Abb. 2) Gestrichelte Linie an der Fußoberseite aufschneiden. Fuß in den Rohling stellen und vorsichtshalber über- prüfen. ob die kleinen Quadrate an der Sohle richtig angezeichnet sind. Dann erst die Quadrate abschnei- den. (Abb. 3) Lederkanten des Oberteils an der Ferse zusammennä- hen. Den Fersenlappen hochklappen und dagegen nä- hen. An den Knickstellen die Ecken ein wenig nach innen drücken und formen, damit ja kein Loch bleibt! Zungen an den waagerechten Schnitt nähen. Mokassins aus Hirscbnackenleder, daneben Spiel- zubehör Das fettige Perlenmotiv auf den Schuh heften. W ir ha- ben die Perlen auf Filz (Bastelgeschäft) gestickt, das geht leichter als auf Leder! Das Kreuz, das die Kinder- mokassins schmückt, ist leicht im Lazy-Stich zu sti- cken. Man beginnt in der Mitte mit 3 parallel zueinan- der liegenden Reihen von je 4 roten Seed-Beads. .An dieses Quadrat werden nacheinander die 11 Reihen eines jeden «Flügels» angefiigt, zunächst 4 weiße Per- len, dann 5 usw. Man gibt bei jeder Reihe also 1 Perle dazu, so werden die Flügel allmählich breiter. Für die Schnürsenkel 1-2 an vom Rand entfernt etwa 6-8 kleine Löcher in das Leder schneiden. Lederband durchziehen - fertig! (Abb. 3 a). Mokassins-Spiel Mokassins-Spiele gab es bei den Indianern in verschie- denen Variationen. Hier ist eine davon: Man braucht 4 Mokassins, am schönsten ist es, wenn wir unsere selbstgemachten dazu verwenden, anson- sten tun es auch normale Schuhe. 4 kleine, bemalte Steine, drei sind gleich, einer ist anders bemalt, 20 Stäbchen, z.B. aus kleinen Ästen geschnitten; siehe Abb. oben. Dieses Spiel kann man nur zu zweit spielen, sind meh- rere Mitspieler dabei, bildet man zwei Mannschaften 85
und spielt nacheinander. Die Gruppe, die zum Schluss die meisten Stäbchen hat, hat gewonnen. Jeder Mit- spieler bekommt zu Beginn 10 Stäbchen. Und so geht s: Zwei Spieler sitzen sich gegenüber. Zwischen ihnen, fein säuberlich in einer Reihe, liegen die 4 Mokassins mit den Sohlen nach oben. Der erste nimmt die 4 klei- nen Steine in eine Hand. Mit der anderen Hand streicht er immer wieder über die Sohlen, hebt die Schuhe auch manchmal an, und versucht durch allerlei Reden und Ablenkungsmanöver die Konzentration seines Ge- genüber zu stören. Dabei versteckt er die 4 Steine un- ter je einem Mokassin. Der andere muss nun raten, unter welchem Mokassin sich der anders bemalte Stein befindet. Er darf 3 x raten. Findet er ihn beim ersten Versuch, so verliert er 4 Stäbchen. Findel er ihn beim zweiten Versuch, verliert er 3 Stäbchen Wenn er erst beim dritten Versuch auf den richtigen Mokassin tippt, gewinnt er 4 Stäbchen. Ist aber der richtige Stein unter dem vierten Mokassin versteckt, muss er 4 Stäb- chen abgeben. Wer zuerst alle 20 Stäbchen zusammen hat, ist der Gewinner. Spielend lernen Zu der Natur des Menschen überall auf der Welt gehört die Freude am Spielen. Die nordamerikanischen Ur- einwohner sind da keine Ausnahme, sie spielen sogar besonders gern und viel Würfel-, Rate- und W ettspiele waren früher unter den Erwachsenen weit verbreitet. Die Kinder bereiteten sich «spielend- auf das Erwach- senendasein vor. Künftige Jäger und Krieger übten ihre Geschicklichkeiten im Ringkampf. Wettlauf. Bogen- schießen. Speerwurf, lautlosen Anschleichen. Schwim- men. Ponyreiten usw. Sie spielten mit Kreiseln und Rei- fen und ließen sich auf einem umgedrehten Bisonfell oder der glatten Innenseite einer dicken Baumrinde die Hügel lünabsausen. Sie lernten ihre Mimik zu kon- trollieren und Himmelserscheinungen zu beobachten und zu deuten. Schweigen und Zuhören können galt als eine Tugend, das ist besonders wichtig in einer Er- zählkultur, wie sie die der Ureinwohner darstellte. Die Kinder lauschten gebannt, immer wieder und wieder, wenn ihnen die .Alten die Ursprungslegenden und an- dere Geschichten ihres Volkes erzählten. So konnten sie ein stabiles Identitätsbewusstsein entwickeln, das ihnen Selbstvertrauen und Zuversicht im alltäglichen Leben gab. Die Mädchen übten spielerisch allerlei Kunstfertigkeiten, die sie als Frauen und Mütter einmal beherrschen mussten. Die Mütter und Großmütter fer- tigten ihnen verschiedene kleine Werkzeuge an, damit sie «richtig mittun» konnten, aber nur soviel wie ihre Kräfte es zuließen. Schon früh lernten sie. Kleidungs- stücke aus Häuten zu nähen und zu besticken, natür- lich im Kleinformat, für die Puppen. Sie herrschten über ihr eigenes kleines Spiellipi, das sorgfältig und originalgetreu aus Bisonkalblcdcr hergestellt und im Inneren liebevoll mit allem Nötigen eingerichtet war. Die kleinen Kinder spielten mit Rasseln, häufig von Klapperschlangen, es gab kleine Schneeschaufeln, kleine Fellschaber, Spielzeugschüsseln, Puppentragen, Knallbüchsen, Miniaturkanus, Spieltotempfähle und sogar «Plüschüere». Sie waren z.B. aus Tierfellen ge- näht und mit Wildreis oder anderem gefüllt. Eltern und Großeltern legten großen Wert darauf, die Kinder durch gutes Vorbild und gute Worte zu erziehen, mög- lichst ohne Zwang und Strafen. Sic sollten nur durch Nachahmung und Spiel lernen. Eine sehr moderne und erfolgreiche Methode, davon konnten die Kinder der W eißen im 19. Jahrhundert wohl nur träumen. Puppen, wie die nun folgende, wurden früher von den Großmüttern für ihre Enkeltöchter aufs Sorgfältigste und mit echten Haaren der Puppenmutter angefertigt. Sie hielten sie oft ihr Leben lang in Ehren. Diese Pup- pen waren auch bald bei den Kindern der Weißen sehr begehrt. Heute sind einige der «Prärie-Dolls» in Muse- en zu bewundern. Unsere Puppe entstand in Anleh- nung an alte Vorbilder. 86
Prärie-Doll Material: Waschleder (Fensterleder), 2 Stück zu je etwa 45 x 30 cm (Körper, Kleid), I Stück zu etwa 30 x 20 cm (Mokassins, Leggins, Kopf). Waschleder wird in unterschiedlichen, un- gleichmäßigen Abschnitten angeboten, man muss sich die passenden Teile heraussuchen (HaushalLswaren- geschäft). Außerdem braucht man ungesponnene Schafwolle zum Stopfen, Nähseide in hellbeige, Pferdehaare oder Wollgarn (Haare). Perlen (Seed-Beads) zum Besticken des Kleides, pas- sende Nadel, Lederbänder, Pony-Beads (sind etwas größer als Seed-Beads) für Halskette und Rockverzie rang, nach Wunsch: Messingglöckchen, Feder. Anmerkung: Man kann den Körper auch aus Puppentrikotstoff nä- hen und nur für die Kleidung Leder nehmen, das wäre allerdings weniger «authentisch». Die Körperteile mit 0,5 an N-ahtzugabe zuschneiden, zusammennähen (kleine Handstiche. Nähseide dop- pelt nehmen) und umkrempeln. Körper gleichmäßig mit der gut gezupften Wolle stop- fen, ohne Klumpen und ohne hohle Stellen! Kopfteile zusammennähen, stopfen und in die Halsöff- nung schieben. Achning! Schultern und Hals besonders gut Hillen, damit es keinen abgeknickten Wackelkopf gibt! Mit kleinen, gleichmäßigen Stichen annähen. Wöllfäden oder Pferdehaare glatt, parallel geordnet vor uns hinlegen. Einen schmalen, dunklen Stoffstrei- fen quer mitten unter diese Lage schieben und hier mit kleinen Stichen durch Haar und Stoff den Scheitel nä- hen. Diese «Perücke» nun an den Kopf nähen, nicht zu weit ins Gesicht. Zöpfe flechten. Gesicht mit Perlen auf- sticken. evtl. Wangenrot und Augenbrauen nüt Farbstif- ten aufmalen. Das Waschleder des Kleides wird mit Seed Beads im Lazy-Stich (siehe Seite 78) bestickt. Vorder- und Rü- ckenteil sind gleich. Die Muster, sowie der Schnitt und das Zusammensetzen der Kleidung, sind den Abbildun- gen zu entnehmen. Aufgepasst' Einschneiden der Fran- sen erst ganz zum Schluss, nach dem Besticken und Zusammennähen! Die kleinen Teile. Mokassins, Leg- 87
Trärie-Doll Kleidung Alle Teile ohne Nabtzugabe aus Waschleder zuschneiden! GÜRTEL Loch für die Bindescbnur Fransen am Ärmel

Schnitt Prärie-Dou und Hopi-Doll Originalgröße Kopf2 X rundherum 0,5 cm zugehen hier üherlaptien sich Kopf und Körper Körper 2 X rundherum 0.5 cm zugeben 90
aufgeklappte, fertig mit Perlen bestickte Passe des Prärie-Doll-Kleides Spielen mit der Prärie-Dol! so weit überlappen sich Kopf und Körper gins, Gürtel, lassen sich besser besticken, bevor man sie aus dem Leder ausschneidet. Das Armband besteht aus sehr kleinen Seed-Beads und ist im Webstich. Seite 77 hergestellt. Anmerkung: Wir verwendeten als Haar ungesponnene, schwarz- braune Alpakawolle, gemischt mit schwarzen Schweif- haaren vom Pferd. Die Ohrringe bestehen aus gefärbten Sucheischwein- borsten. Sie sind innen hohl, so dass man mit Nadel und Faden durchfahren kann. Wir haben sie abwechselnd mit kleinen lederrechtecken aufgefädelt. Ohrringe kann man natürlich auch aus Glasperlen herstellen. Die allermeiste Arbeit, aber auch sehr viel Freude, macht natürlich das Besticken der Bekleidung mit Seed-Beads Am Ende hat man aber eine ganz beson- dere. wertvolle Puppe, mit der kleine Mädchen gerne spielen. 91
Legespiele, Sternbilder, Gedächtnistraining Die Indianer verfügten über außerordentliche Ge- dächtniskräfte, die sie von klein auf schulten. Darüber hinaus waren sie sehr feine Naturbeobachter. Ein Spiel, bei dem die Kinder beide Fälligkeiten entwickeln konnten, war das Stembilder-Legespiel. Dabei ver- suchten sie aus dem Gedächtnis, und oft im Wettbe- werb, Sternbilder, die sie in der Nacht am Himmel gesehen hatten, mit Kieselsteinen zu legen. Die Urein- wohner saften das Himmelszelt als einen Spiegel des irdischen Daseins an. Die Bahnen der Sterne im Jah- reslauf standen nach ihrer Auflassung mit den Naturer- eignissen und dem alltäglichen Leben auf der Erde in direktem Zusammenhang. Daher war es sehr wichtig, dass die Kinder schon sehr früh die «HimmeLsbilder lesen» lernten. Eine einfache Version des Sternbilder-Legespiels für jüngere Kinder ist das »Muster legen». Zaierst sam- meln die Kinder viele ungefähr gleichgroße Kieselstei- ne und malen sie evtl, farbig an. Zwei Kinder hocken nebeneinander, das eine schaut weg, während das zweite mit den Steinen ein Phantasiemuster legt. Nun darf sich das erste Kind umdrehen und für einige Se- kunden das fertige Muster betrachten, um es sich ein- zuprägen. (Man zählt z. B. bis 10!) Dann wird das Muster mit einem Tuch zugedeckl. Das Kind muss ver- suchen, es daneben exakt nachzulegen. Zum Schluss deckt man das erste Muster auf und vergleicht beide. Siehe dazu die Abbildungen! Stammes-Chronik Die Stammes-Chroniken oder Wintererzählungen (Wintercounts) waren für einige Plains-Stamme wichti- ge Dokumente, in denen besondere Ereignisse, Epide- mien, Kriege, besondere Naturerscheinungen etc. fesl- gehalten wurden. Solche «Kalender» erstreckten sich häufig über mehrere Jahre, w obei jedes Jahr durch ein bestimmtes Zeichen charakterisiert wurde, z.B. «Das Jahr der großen Büffelherden». «Jahr der Sonnenfin- sternis», «Jahr der Scharlach -Epidemie» usw. Das Siebengestirn (Plejaden} Diese -Chronik- erzählt Ereignisse aus dem Alltag eines Jungen 92
Daniele legt das Muster. das sich unter dem Tuch befindet, aus dem Gedächtnis nach Bei diesen Stammes-Chroniken handelte es sich um Bildergeschichten, Bilderzeichen, Piktogramme. die meistens in Spiralform auf eine Tierhaut gezeichnet wurden. Beim Lesen, wie auch beim Aufzeichnen, musste man in der Mitte beginnen und in einer Spirale im Uhrzeigersinn den Zeichen folgen. Eine Chronik hcrstellen Material: Tonkarton in hellbraun, gelb oder orange. Pinsel und Wasserfarben oder Farbstifte. Schere. Den Tonkarton in Fellform schneiden, denn er soll ja eine Tierhaut darstellen. Dieses «leere Fell» wird sich nun über Wochen und Monate mit Zeichen füllen. Man beginnt in der Mitte, dann geht es spiralförmig im Uhr- zeigersinn weiter, bis die ganze Fläche ausgefüllt ist. Diesen «Weg» kann man mit einem Farbstift leicht schraffieren, wie auf der Abbildung zu sehen ist. So wie es die Indianer taten, zeichnen wir Ereignisse aus un- serem persönlichen oder weiteren L nifeld, eben alles, was uns wichtig erscheint, mit einfachen Strichen auf. Es macht sehr viel Spaß, seine eigenen Zeichen zu er- finden und in dieser Form einen bestimmten Zeitab- schnitt zu dokumentieren. Es reicht, wenn man 1-2 Eintragungen pro Woche macht. .Als Beispiel sind fol- gende Ereignisse aus dem Leben eines kleinen Jungen auf die «Haut» gezeichnet, nun versuche jeder, sie zu «lesen»: Die ganze Woche Regen, alle haben Schnupfen. Brief von der Großmutter, sie möchte uns besuchen. Groß- mutter vom Bahnhof abgeholt. Mein kleiner Bruder Max hatte seinen 3. Geburtstag. Susi, meine Nebensit- zerin. ist auf dem Schulhof gestürzt und hat sich den Ann gebrochen. Sie hat sehr geweint. .Am Abend eine Sternschnuppe gesehen und etwas gewünscht. Heute gab es Ärger in der Schule, weil der Lehrer mir nicht geglaubt hat Papa und ich haben endlich unsere Nachtwanderung gemacht. Große Freude! Minka, un- sere Katze bekam drei niedliche Kinder. Neue Nach- barn, der Junge ist so alt wie ich, haben uns sofort 93
Die -Sörth American Indian Days» in Browning /Montana angefreundet. Endlich Ferien am Meer. Zum ersten Mal geritten. Max und ich haben Windpocken. Um eine lang zurückliegende Zeit zu beschreiben, sa- gen die Kiowa: «Nun, es geschalt, als die Hunde noch sprechen konnten.» Was ist ein Powwow? Powwows sind große Feste, die die heutigen Indianer regelmäßig an verschiedenen Orten feiern. Es sind stammesiibergreifende Veranstaltungen, die Traditio- nen und indianische Wertvorstellungen in Erinnerung rufen und immer wieder mit neuem Leben erfüllen. Das Powwow bietet die Gelegenheit. Kontakte zu pfle- gen und neu zu knüpfen, zu diskutieren, zu tanzen, zu singen und sich in neuen, prachttollen Festgew ändern zu präsentieren. Es werden Preise verliehen für die schönsten Kostüme und die besten Tänze. Die Lieder, Gewänder und Tänze haben sich un Laufe der Zeit ver- ändert, denn eine lebendige Kultur erneuert sich stän- dig. Die Indianer legen großen Wert darauf, dass das Powwow nicht zu einer folkloristischen Touristenver- anstaltung absinkt. Weiße Besucher und Zuschauer sind zwar willkommen, aber das Powwow bleibt doch ein Fest der Indianer für die Indianer. Man feiert die eigene Kultur und stärkt das Zusammengehörigkeits- gefühl. Frybread Zu dem reichhaltigen und bunten Beiwerk des Pow- wows gehört unter anderem der Genuss von Fry bread. einer Art Fladenbrot aus der Pfanne. Jede indianische Hausfrau hütet ihr ganz spezielles Frybread-Rezept. Auf den Powwows w erden die besten Fladenbrote prä- miert. Frybread wurde von den Frauen in der frühen Reservaüonszeit aus einer Not heraus entwickelt, denn sie mussten sich etwas einfallen lassen, um das Beste aus den kärglichen Nahrungsmittelzuteilungen der Re- gierung zu machen. Zur Bereitung dieses Brotes benö- tigten sie nur Wasser, Mehl, wenig Salz oder Zucker
Frybread und Öl. Jede haue ihre eigene Methode, Frybread zu backen. So war keines wie das andere, denn durch unterschiedliche Mischungsverhältnisse, Knettechni- ken. Formen und Ölsorten gab es viele verschiedene Variationsmöglichkeiten. Zeitweise buk man das Fry- bread in Bären- oder Hirschfett. Die großen. tiefen, eisernen Pfannen, in denen das Gebäck gut schwim- men konnte, waren bald überall erhältlich. Hierein Rezept zum Ausprobieren: Zutaten: ( Menge ergibt 8-10 kleine oder 5 große Fladen) 2 Tassen Mehl 3 Teelöffel Backpulver 1/2 Teelöffel Salz (oder Zucker, wenn man süßes Ge- bäck wünscht) 1/2 Tasse Milch (oder Wasser) 1 Teelöffel öl Reichlich Öl für die tiefe Pfanne (oder den Wok). denn das Gebäck muss schwimmen. Mehl und Backpulver sieben, mit der Milch und den anderen Zutaten vermengen. 'Senn nötig, noch Milch oder Mehl dazu geben, bis ein Teig entsteht, der sich gut handhaben lässt und nicht klebt. Die Masse kneten, bis sie glatt und geschmeidig ist. Etwa faustgroße Men- gen abnehmen und zu handtellergroßen, dünnen Fla- den formen. Die Mitte sollte deutlich dünner sein oder sogar ein Loch haben, wie inan möchte! Die Fladen schwimmend in heißem Öl von beiden Seiten backen, bis sie goldgelb sind. Das Brot wird allein und zu allen Speisen gegessen. Kinder lieben es mit Puderzucker bestäubt oder mit Marmelade oder Honig in der Vertiefung. 95
Die Pueblo-Indianer im Südwesten Der Südwesten Nordamerikas ist ein abwechslungs- reiches Lind mit Buschsteppen, grünen Flusslandschaf- ten, Grasweiden, Wüsten, zerklüfteten Bergen und Hochebenen. Das Kemland durchschneiden zwei große Fluss-Systeme mit zahllosen Zuflüssen: Der Rio Grande und der Colorado River. Die Ostkette der Rock) Moun- tains trennt den Südwesten von den südlichen Great Plains. An den wenigen Pässen, den einzigen Berüh- rungspunkten zwischen den Stämmen der Great Plains und des Südwestens, blühte ernst der Tauschhandel. Kürbis statt Gold Die heutigen US-Bundesstaaten Arizona. New Mexico, Utah und Colorado waren und sind die Lebensräume u.a. der Pueblo-Indianer. Zu ihnen zählen die Acoma, Zuni, Taos Pueblo, Hopi und andere. .Als die spani- schen Eroberer auf der Suche nach Gold in dieses Land vordrangen, staunten sie nicht schlecht über die mehrstöckigen, verschachtelten Wohnanlagen dieser alten, bäuerlichen Kultur. Sie fanden umfangreiche Ge- müsegärten mit ihnen unbekannten Pflanzen sowie eine blühende Stadtkultur vor. aber kein Gold! Ohne zu differenzieren, nannten sie alle hier lebenden Men- schen «Pueblos« (span.: «Dorf»), obwohl die ver- schiedenen Siedlungsgemeinschaften ihre eigenen Traditionen pflegten und teilweise sogar unterschiedli- chen Sprachfamilien angehörten. Trotz aller Unter- schiede hatten sie doch eines gemeinsam: Alle fühlten sich eingebunden in den ewig wiederkehrenden, jah- reszeitlichen Zyklus der Natur. Dieser große Lebens- rahmen gab ihnen Sicherheit und Schaffenskraft. Ihre Ruhe. Besonnenheit und der ausgeprägte Gemein- schaftssinn sind ein Kennzeichen der Pueblo-Indianer. Als fleißige, sesshafte Feldbauern fühlten sie sich zu- tiefst mit ihrem land und der Natur verbunden, das ist zum größten Teil bis heute so, denn die Pueblo-India- ner bewohnen immer noch ihre ahangestammten Ter- ritorien. Doch nicht nur als Bauern waren und sind sie außerordentlich erfolgreich, sie verfügen auch über besondere künstlerische und kunsthandwerkliche Fä- higkeiten. Ihre exzellenten Keramiken, Textilien und Kadtina-Figuren. weltweit bekannt und bei Sammlern begehrt, sind dafür ein eindrucksvolles Beispiel. Aus der Unterwelt emporgestiegen Die Ursprungslegende der Hopi berichtet, wie die ersten Menschen einst verschiedene Unterwelten durchwan- dern mussten, bis sie endlich in die Welt des Lichts hin- aufklettem konnten. Es heißt, dass die Hopi («Hopi» von «hopitu» = «Die Friedlichen») am Zusammenfluss des Colorado und des Little Colorado aus der finsteren Unterwelt emporstiegen. Die Welt erschien ihnen un- glaublich hell und schön und sie Üebten das Land vom ersten Augenblick an. Doch sie waren noch nicht am Ziel, sondern mussten auf Befehl des Schutzgeistes noch weiter umherwandem. bevor sie sich endgültig nieder- lassen konnten. Viele alte Geschichten der Pueblovölker erzählen daher von den großen W anderungen ihrer Vor- fahren. Die oftmals runden, kuppelfömtigen Kultstätten der Hopi und Zuni, «Kivas» genannt, haben in der Mitte des Bodens eine kleine Öffnung. Dieses Loch symboli- siert die Stelle, durch welche in alter Zeit die Vorfahren ans Licht stiegen. 96
Canyon-Landscbaft Colorado Kirer 97
Leben auf roten Tafelbergen Die Hopi und Zuni leben bis heute auf den aus der Hochebene aufragenden Tafelbergen ( Mesas) in Ari- zona. Hier gibt es milde Winter und heiße, trockene Sommer. Am Fuße der Mesas dehnt sich karge Step- penlandschaft aus. Diese von den Ureinwohnern als heilig angesehene Landschaft ist von eigentümlicher Schönheit. Sie wechselt im Laufe eines Tages unter den verschiedenen I.ichtverhältnissen mehrfach ihr Ausse- hen und ihre Farben: Von Zartrosa am frühen Morgen bis Dunkelrostrot am Abend. Bedrohung durch Spanier und Navaho .Als die Spanier ins Land kamen, halten die friedlichen Pueblo-Indianer viel zu erdulden, denn sie mussten den Eindringlingen hohen jährlichen Tribut in Form von hochwertigen Textilien und anderen Erzeugnissen zahlen. Übereifrige Missionare versuchten ihnen das Christentum aufzuzwingen und sich in die Erziehung ihrer Kinder einzumischen. Schließlich wurde der Druck unerträglich und es kam 1680 zu einem Auf- stand der Urbevölkerung. Innerhalb der Pueblos blie- ben die traditionellen Strukturen jedoch stabil, so be- wahrten die Indianer ihre kraft und Identität bis heute. Ihre Autonomie wurde später, etwa um die Mitte des 19. Jahrhunderts, noch einmal ernsthaft bedroht und zwar von den Xavahos. Die Gebiete der Hopi über- schneiden sich mit denen der Xavahos. Fast ein Jahr- hundert herrschte zwischen diesen beiden Gruppen, wobei die Hopi die weitaus kleinere darstellte, der Kriegszustand. «Appartcmentkomplexe» aus Lehm Die Pueblo-Indianer gelten als die geschicktesten Bau- meister Nordamerikas. Die Geschichte ihrer Bauent- wicklung lässt sich über zwei Jahrtausende zurückver- folgen. Manche der alten Wohnkomplexe sind seit 1000 Jahren ununterbrochen bewohnt. Als die spanischen Eroberer im 16. Jahrhundert von Süden her nach Arizona und Xcw Mexico vordrangen, trafen sie auf eine bäuerliche Gesellschaft, die in kas- tenförmigen Lehmhäusern lebte. Sie nannten die Sied- lungen und der Einfachheit halber auch gleich die Menschen «Pueblos». Die würfelartigen Häuser waren aus Adobesteinen, manchmal in mehreren Ebenen auf- getürmt. Adobesteine werden aus einem Lehm-Stroh- gemisch geformt und luftgetrocknet. Die Dachkon- struküonen bestanden aus Baumstämmen, die waage- recht auf dem Mauerwerk lagen und meistens außen sichtbar waren. Darauf verteilte man eine dicke Lage Stroh und Reisig, bevor das Ganze mit Lehm beworfen wurde. Die Häuser erweiterten sich terrassenförmig nach oben, das Dach eines Hauses diente als Eingangs- bereich oder Fußboden des nächsten Oft fehlten im Erdgeschoss Fenster und Türen, um Hitze und Staub, aber auch Eindringlinge femzuhalten. Der Eingang be- fand sich dann auf dem Dach und wurde nur über eine Leiter erreicht, die die Bewohner leicht einziehen konnten. Im Hausinneren waren die Stockwerke eben- falls durch Leitern miteinander verbunden. »Ohne auf eine Straße zu treffen, kann man über die Dächer des Dorfes spazieren», wunderte sich ein Spanier. Die Ureinwohner wählten als Bauplätze bevorzugt Fels- 98
Alle Puehlo-Siedlung aus Adohe-Steinen vorsprünge auf Hochebenen und Tafelbergen (Mesas). Einige der Pueblos waren (und sind) so dicht, kom- pakt und verschachtelt aneinandergesetzt, dass sie ei- nen gesamten Stamm aufnehmen konnten. Wenn sich die Familie vergrößerte, setzte man einfach einen wei- teren Kasten an oder auf. Das Klima in diesen Lehm- \ppartements war und ist gesund und angenehm: Nachts warm, tagsüber kühl. Die modernen Kastenhäuser der Pueblo - Indianer von heute, ähneln sehr den traditionellen, alten Bauten. Spiel-Pueblos Material: Kartons in verschiedenen Größen. Rauhfasertapete, Tapetenkleister. lehmbraune Farbe (Abtönfarbe aus dem Malerfachge- schäft), große Pinsel. Holzleim. Rundstangen und Äste für Dachbalken und Leitern, anstelle von Ästen kann man auch Pappröllchen als Dachbalken verwenden, Cutter (Teppichschneidemesser), Alleskleber. Aus kleinen Schachteln baut man «Mini-Pueblos-, wer sehr große Kartons und viel Platz zur Verfügung hat, baut die Pueblos so großzügig, dass mehrere Kinder darin Platz finden. Unser Pueblo ist von milderer Grö- ße, geeignet z. B. zum Spielen mit Puppen. 99
( • l « Karton-Pueblos lassen sieb beliebig, erweitern Die Kartons probeweise aneinander stellen. Die ausge- wählten mit Rauhfasertapete beziehen, das ergibt eine schöne, einheitliche Oberfläche. Dann die Kästen lehmgelb streichen oder auch weiß lassen, denn die Zuni tünchten ihre Häuser. Fenster- und Türöffnungen hineinschneiden. Unterhalb der Dächer bzw. Fußbö- den Löcher in regelmäßigen Abständen bohren und hier lange Äste, Zw eige oder Pappröllchen durchschie- ben, wie bei der Dachkonstruktion der echten Pue- blos. Damit die Räume auch innen Verbindung mitein- ander haben, entsprechende Öffnungen hineinschnei- den. .Manche der Schachteln klebt man dann mit Alles- kleber zusammen, andere werden nur aneinander ge- schoben, so kann man sie besser handhaben, beson- ders bei großen Pueblos. Leitern dürfen natürlich nicht fehlen. Sie werden aus Rundstangen oder gera- den Ästen hergestellt, Sprossen mit Holzleim anleimen. Tip: Kommen Freunde zum Spielen zu Besuch, baut man das Kartonpueblo einfach aus und an, so dass jeder sein «Appartement» bekommt. Erfolgreiche Bauern Zu Zeiten der ersten Kontakte mit den Spaniern, um 1540, betrieben die Hopi, Zuni und andere Pueblostäm- me schon eine hochentwickelte Landwirtschaft. Sie pro- duzierten Überschüsse an Mais, Bohnen, Kürbissen, Sonnenblumen, Melonen, Baumwolle und Tabak. Wei- tere Kulturpflanzen, diewirden amerikanischen Urein- wohnern verdanken und die heute aus keiner europäi- schen Küche wegzudenken sind, sind z. B. Tomate, Kar- toffel und Kakao. Ihren Speisezettel ergänzten die Men- schen des Südweslens durch Kleinwild, besonders Ka- ninchen und Hirsch. Das trockene Klima ihres Lebens- raumes zwang sie, ausgeklügelte Bewässerungsmetho- den zu entwickeln. Sie legten verzweigte Bewässerungs- kanäle, Terrassenfelder und «Waffelgärten» an. Bei den Waffelgärten der Zuni handelte es sich um Beetanlagen, die von kleinen, wasserdurchtränkten Erdwällen einge- fasst waren. Die Wälle wurden sehr exakt, rechteckig angelegt und sahen wie ein Waffelmuster aus. In die Ver- tiefungen legte man die Samen, die hier viel weniger leicht austrockneten und die kostbare Feuchtigkeit bes- 100
(nser Waffelbeet mit vier Parzellen ser nutzen konnten. Neben die Waffelbeete steckte man häufig Zweige dicht an dicht in den Boden, sie spende- ten den jungen Pflanzen Schatten und schützten sie vor austrocknenden Winden. «Der Große Geist ist unser Vater, aber die Erde ist unsere .Mutter Sie ernährt uns; Vias wir in den Boden legen, gibt sie uns zurück.» Worte von Big Thunder. Wabanaki Nation Ein Waffelbeet mit vier ty pischen Pflanzen des Südwestens Man braucht ein kleines Stück Garten, Samen von Kürbis, Mais, Sonnenblumen und Bohnen, Spaten und Zollstock. I nser Waffelbeet besteht aus 4 Quadraten, 50 x 50 cm groß. Die Wälle aus festgeklopfter, durchfeuchteter Erde darum hemm sind etwa 12 cm breit und 10 cm hoch. Die Indianer bestellten natürlich sehr viel um- fangreichere Waffclgärten. Nach ein paar Wochen sali unser Waffelbeet schon sehr viel versprechend aus, denn -alle Pflanzen waren gut gekeimt, wie man auf der Abbildung sieht. Links oben wächst Kürbis, daneben Bohnen, vom links erkennt man .Maispflanzen und da- neben Sonnenblumen. Auch w ährend der heißen Som- merzeit trocknete der Boden nicht aus. er blieb nach dem Regen oder Gießen sehr viel länger feucht als auf den normalen Beeten. Insgesamt gab es dann auch eine gute Ernte! 101
Kalebassen-Geschirr selbst ziehen Aus getrockneten Flaschenkürbissen kann man form- schöne, haltbare Gefäße herstellen. Die Pueblo-India- ner benutzten früher neben Tonwaren auch Kalebas- sen-Geschirr in Form von Schalen und Schöpflöffeln, wie die abgebildeten. Diese wuchsen übrigens in ei- nem Garten in Südwestdeutschland. Große Kalebassen zu ziehen gelingt in unseren Breiten nur in langen, wannen Sommern. Die Pflanzen am besten in einem Saatkasten vorziehen und später an einem Spalier oder Zaun auspflanzen, damit ihre Ranken Halt bekommen. Die weißen Blüten verströmen einen zarten, süßen Melonenduft. Man darf die Flaschenkürbisse erst dann ernten, wenn sie ganz ausgereift sind. Dann trocknen sie einige Monate an einem warmen Ort, aber bitte nicht auf die Heizung legen! Erst wenn sie sich hölzern anflihlen und die Samen im Inneren rascheln, kann man eine Öffnung hineinsägen. Das muss ganz vorsich- tig geschehen, damit die Schale nicht platzt. Flaschenkürbis am Gartenzaun Schale und Schöpflöffel aus selbstgezogenen Kalebassen 102
Kürbiscremesuppe Dieses Rezept ist nicht unbedingt typisch indianisch. Aber immerhin verarbeiten wir dafür ein typisch india- nisches Gemüse, nämlich den Kürbis und außerdem ist diese Suppe ausgesprochen wohlschmeckend. Zutaten: Speisekürbis, Butter, Fleisch- oder Gemiisebriihe, Sah- ne, Salz, Pfeffer, etwas Essig. Kürbiswürfel und Kürbisrauten schneiden. Die Rauten nicht zu groß und recht gleichmäßig schneiden, denn sie werden später sichtbar in der Suppe schwimmen' Die Butter erhitzen und Kürbiswürfel dazugeben. Dann Fleischbrühe darüber gießen, die Würfel sollten etwa 2-fingerbreil bedeckt sein. Viel Sahne hineingeben. .Alles ca. 10 Minuten köcheln lassen, dann pürieren und passieren. Ist die Creme zu dickflüssig, etwas Brühe dazutun. Die Rauten noch etwa 2 Minuten mitköchein lassen, sie müssen bissfest sein! Die Suppe mit Salz, Pfeffer und etwas Essig abschme- cken. Zum Schluss einige Butterwürfel hineingeben. Töpferkunst Die Bewohner des Südwestens sind Meister in der Her- stellung von Töpferwaren. Diese Kunst soll um das Jahr •00 von Mexiko aus in das Gebiet der Pueblo-Indianer gelangt sein. Sie stellten Keramik nicht nur für den eigenen, häuslichen Bereich her, sondern auch für den Tauschhandel, als Zeremonialgeföße und Grabbeiga- ben. Tonart, Techniken und die Art der Verzierung und Bemalung waren von Ort zu Ort verschieden. Wir fin- den lineare Muster, Spiralen, gestreifte Flächen, Schachbrettmuster, Punkte, stilisierte Tiere, häufig Vö- gel, Mäanderbänder und vieles mehr Die Dekorvielfalt scheint unendlich groß zu sein. Die Klarheit der meist geometrischen Gestaltung wird verstärkt durch Farb- beschränkung: Schwarz auf Weiß, Schwarz auf Rot (Hier polychrome Ton-in-Ton Bemalungen. Die Motive der Bemalung waren eine Mischung aus üef verwund- Keramik-Bemalungen Pa/xigeienpärchen Schmetterling auf einer Wolke Kolibris an einer Hlüte 103
ten Überlieferungen der Stamrnesgruppe und ganz per- sönlichen Inspirationen der einzelnen Töpferin. Die Gefäße wurden ohne Töpferscheiben, frei in der Wulst- ringtechnik aufgebaut und im Freien gebrannt. .VI die- se Fertigkeiten erlernten die jungen Mädchen unter der Anleitung einer älteren Frau aus ihrer Familie. Kleine Tongefäße formen und bemalen Wem das Heranziehen von Kalebassen zu langwierig ist. fertigt seine Schalen und Tiegel aus Ton an. Material: Mageren Ton. Bastelfarben von Waco oder Deka (Acryl-Mattfarben). Einen feinen und einen mittleren Haarpinsel. Eine glatte Arbeitsfläche, z. B. ein Holzbrett Kinder arbeiten sehr gern in der Spiralwulsttechnik, wie sie auch die Ureinwohner des Südwestens anwen- deten und zum Teil bis heute anwenden. Zuerst formt man eine kleine Kugel und klopft sie flach, das ist die Bodenplatte, deren Größe sich nach dem Umfang des Gefäßes, das wir aulbauen möchten, richtet. Für jeden Wulst oder Ring wieder zuerst eine Kugel, dann eine Wälze und schließlich eine dünne «Nudel» oder «Wurst» rollen. Die Wülste spiralförmig zu Ringen aufeinander legen. Siehe Abbildung! Einen neuen Wulst einfach an das Ende des alten ansetzen. Die Ringanschlüsse dürfen nicht jedesmal übereinan- der liegen. Nach drei bis vier Wülsten streichen wir den Ton von den Rundungen aus in die Rillen, um eine gute Verbindung und eine glatte Fläche zu erhalten. Achtung! Wer seine Gefäße später brennen will, muss aufpassen, dass kein Lufteinschluss entsteht. Nicht mit nassen Händen und auch nicht mit einem Schwamm arbeiten. Ein noch so kleiner Lufteinschluss würde sich beim Brennen ausdehnen und das Gefäß spren- gen. Ganz kleine, rundliche Gefäße macht man so: Eine Tonkugel formen, ein Loch hineindrücken und mit dem Finger immer mehr aushöhlen. Wer möchte, formt kleine Tterfiguren in Schalenform. .Alle Gefäße, ob gebrannt oder ungebrannt, können wir bemalen. Dabei richten wir uns nach alten Pueblo- 104
Mustern (Völkerkundemuseen. Bildbände) oder er- finden unsere eigenen, wobei man beide Möglichkei- ten auch mischen kann. Die große Schale auf der Ab- bildung kommt aus einer Töpferwerkstatt. Sie ist ge- brannt aber nicht glasiert. Nun wird sie in der Art der Acoma-Pueblo bemalt. Diese Schale aus einer Töpferwerkstatt wird im Stil der Acoma-Pueblo bemalt. Tip: Für die feinen Konturen einen wasserfesten Faserstift benutzen. In Bastelgeschäften gibt es verschiedene Modellier- massen, die an der Luft trocknen und sich ebenfalls sehr gut bemalen lassen. Hopi-Doll mit Kürbisblüten-Haartracht Wie innig sich die Hopi mit dem Land, dem Boden und den Pflanzen, die sie ernährten, verbunden fühlten, verdeutlicht sogar die Haartracht junger Mädchen. Die Squash-Blossom-Haartracht. Kürbisblüten-Frisur, tru- gen nur junge, heiratswillige Frauen, die auf diese Wei- se ihren Wunsch für alle sichtbar machten. Nach der Heirat frisierten sie sich wieder normal. Bei dieser ori- ginellen Haartracht wurde das Haar um einen U-förmi- gen Knochen geschlungen Etwa eine Stunde arbeitete Die Hopi-Doll ist alten Vorbildern nachempfunden eine andere Frau daran, die damit gleichzeitig ihre Qualitäten als Hausfrau unter Beweis stellte. Die kleinen Mädchen der Hopi bekamen Stoffpuppen zum Spielen, die genauso wie eine kleine Frau angezo- gen und frisiert waren. Material: Puppentrikotstoff, etwa 30 x 45 cm. Hautfarbene Nähseide, Schafwolle zum Füllen, Schwarzbraune Wolle, ungesponnen und langfaserig oder Wollgarn (Haare), Indigoblauen Stoff (Kleid), etwa 32 x 18 cm, Etwas blaues und rotes Wollgarn (Kordel, Gürtel), Secd -Beads für Hals- und Armschmuck, türkisfarbene Glasperlen für den Ohrschmuck, Textilmalfarben für das Gesicht, 2 runde Pappscheiben. Durchmesser 5 cm, Innenkreis von ca. 1,5 cm Durchmesser ausschneiden, so entste- hen zwei Ringe, «Innenleben» der Kürbisblüten-Frisur. 105
Kiirbisblüte Kopf in die Öffnung schieben. Den Körperstoff hier etwas nach innen kniffen, alles mit Stecknadeln fest- stecken und mit sielen, sehr kleinen Stichen Kopf und Körper miteinander verbinden. (Siehe auch «Prärie- Doll»). Anmerkung: L ngesponnene Wolle, wie sie zum Stopfen von Puppen und Tieren angeboten wird, möchte ich hier nicht emp- fehlen, denn dabei handelt es sich um nicht so gute, kurzfaserige Qualitäten, die beim Füllen leicht Klumpen bilden. Man verwende lieber langfaserige Wolle in guter Spinnqualität. sogenannte «Kardenbänder». Nach dem Schnitt der «Prärie-Doll», Seite 90 Körper und Kopf 2 x zuschneiden, mit 0,5 cm Nahtzugabe. Die Teile rechts auf rechts zusammennähen, Kanten ketteln. Alles sorgfältig mit gut gezupfter (kardierter. gekämm- ter) Schafwolle ausstopfen, ohne Klumpen oder holde Stellen. Besonders gut den Hals- und Schulterbereich füllen. Squash-Blossom-Frisur (Kürbisblüten-Haartracht) Eine Wbllage von ca. 12 x 7 cm um den Kopf spannen, von einem Ohr zum anderen und mit einer Naht am Mittelscheitel anbringen, nicht zu weit in die Stirn! Im 106
Nacken und an den Ohren ebenfalls festheften. Das ist die Grundfrisur. Einen weiteren, längeren und schmaleren Wöllstrang wieder mitten über dem Scheitel annähen und vorerst links und rechts über den Ohren hängen lassen, siehe Abbildung. Die Pappringe separat, gleichmäßig mit Wolle bewi- ckeln und am Kopf anbringen, wobei man die zuletzt angenähten Haarstränge ebenfalls glatt in die Ringe wickelt, notfalls mit Hilfe einer dicken Nadel. Sollten die «Kürbisblüten» noch zu locker sitzen, näht man sie mit einigen Stichen zusätzlich am Kopf fest. Zum Schluss das Gesicht mit Textilmalfarben malen, bitte vorher leicht anzeichnen. Wenig W'angenrot mit dem Zeigefinger auftupfen. Puppenkleid Den Stoff in der Mitte falten, so dass an einer Seite ein Bruch entsteht. Alle Schnittkanten knapp nach innen kniffen und den Stoff bügeln. .Alles weitere ist der Skiz- ze zu entnehmen. Kinderkleid aus einem rechteckigen Stoffstück Drapierter Stoff und angefangener Gürtel fiir ein Kinderkleid Naht Schema Hopi-Puppenkleid (rechte offen ^chidter) Nach diesem «Schnitt» kann man Ge- wänder in allen Größen herstellen. Die °ffen Abbildung zeigt z.B. einen drapierten (rechtes * Stoff für ein Kinderkleid. Am Saum kön- Armloch) nen wir ein rotes Band applizieren, der Gürtel wird selbst gewebt. Die üppige Halskette besteht aus mehreren Glasper- / lensträngen (sie sollen echte Türkise darstellen). Die Stränge enden alle in Naht ’ zwei gehäkelten Dreiecken mit Ver schluss (Öse und Schlaufe). Solche Kel- ten gibt es auch zu kaufen. Wer möchte. i stellt noch ein Armband im W ebstich und "ße" | Ohrschmuck her. 16 cm ---------------------15 cm --------------------- Saum und Nahtzugaben berücksichtigen! 107
Einen Gürtel weben Als mit den Spaniern im 16. Jahrhundert Schafe in den Südwesten kamen, standen den Pueblo-Indianern ne- ben der von ihnen angebauten Baumwolle auch Schaf- wolle zur Verfügung. Die Weberei war in dieser Region schon sehr gut entwickelt und wurde vorwiegend von Männern ausgeübt. Früher brachte ein junger Mann von ihm selbstgewebte Stoffe. Decken. Umhänge (Mantas) etc. mit in die Ehe. Die Gewebe entstanden an einfachen Hochwebstiihlen. Unser Kleid im Stil der Hopi soll von einem handge- webten Gürtel, bzw. einer Schärpe gehalten werden Die Kette, das sind die längs verlaufenden Spannfäden, besteht aus dünnem, festem Baumwollgarn. Den Schuss, also die dickeren Wollfäden, die waagerecht zwischen die Kettfäden eingelegt werden, haben wir, wie die Ureinwohner, mit Pflanzen gefärbt und handge- sponnen. .Als Webgerät dient ein Webblatt auch Gatter- kamm genannt. ( Bezugsquelle im Anhang) Zum .An- schlägen des Gewebes kann man ein Lineal ö. ä. benut- zen. So wird’s gemacht: Je nachdem, wie breit die Schärpe werden soll, legen wir die Anzahl der Kettfäden fest. In unserem Beispiel wurden 60 Kettfäden eingezogen. Die Kettfäden müssen zunächst alle gleich lang zuge- schnitten werden. Dazu verwendet man zwei Stühle mit 108
den Beinen nach oben. Um die Stuhlbeine werden die Kettfäden gewickelt, der Abstand zwischen den Stuhl- beinen entspricht der gewünschten Länge der Kettfä- den, man gibt noch ca. 30 cm dazu. Dann die Fäden durch das Webblatt fädeln, immer ei- nen Faden durch das Loch und den nächsten durch den Schlitz usw. Da die Randfäden später beim Weben besonders strapaziert werden, zieht man auf jeder Sei- te zwei ein (in Loch und Schlitz!), also beim Ablängen deshalb 8 Fäden extra rechnen. Sind alle Fäden eingezogen, schlingt man hinter dem Blatt den ganzen Strang zu einem Knoten. Hier wird der Webanfang sein. Das lange Ende der Kettfäden sortieren, damit sich nichts verwirrt und verknotet. Diesen Kettstrang in Ab- ständen abbinden und an einen Pfosten oder derglei- chen anbinden. Das andere, kurze Ende mit dem dicken Knoten, mit Hilfe eines Stoffgürtels um den Körper schlingen, denn mit dem Körper des Webers werden die Kettfäden ge- spannt, wie man auf der Abbildung sieht. Wenn man das Webblatt hochzieht, rutschen alle Fäden in den Schlitzen nach unten, die Fäden in den Löchern bleiben unbeweglich und liegen oben. In diesen Zwi- schenraum, in der Webersprache «Fach» genannt, le- gen wir den ersten Wollfaden und drücken ihn mit dem Lineal an. Anschließend drücken wir das Webblatt nach unten, so rutschen alle Schlitzfäden an den Loch- fäden vorbei nach oben und die unbeweglichen Loch- Eiden liegen diesmal unten. Der nächste Schussfaden wird eingelegt und angedrückt, so geht es im Wechsel immer weiter. .Am .Anfang ist das Gewebe noch etwas schmaler und ungleichmäßig, das gibt sich mit fort- schreitender Arbeit. Immer darauf achten, dass alles gut gespannt bleibt. Möglichst einen gleichmäßigen Rand weben: Weder Schlingen stehen lassen, noch den Rand zu fest einzie- hen. Ist ein Schussfaden zu Ende, legt man den .Anfang des neuen einige Zentimeter über das Ende des alten. Man kann jederzeit die .Arbeit unterbrechen. Dann wird einfach der Stoffgürtel abgebunden und das Ge- webe hängen gelassen, siehe Foto. Kückentrage (Cradleboard) mit Lumpenpuppe Sicher und komfortabel lagen die Jüngsten tagsüber in ihren «Cradleboards», den Tragewiegen, auch «dritte Mutter» genannt. Ausgepolstert waren diese Babytragen mit Fellen und Moos. Die Kinder lagen wann und gut ver- schnürt, das Köpfchen unter einem Baldachin. So wur- den sie auf dem Rücken der Mutter überallhin mitge- nommen. manchmal auch gegen eine Wand gelehnt oder an einen Ast oder den Pferdesanei gehängt, so dass die Mutter sie immer im Blick hatte. Kleine Mädchen trugen ihre Puppen in kleinen Spielzeug-Cradleboards. Indianische Mütter und auch Väter benutzen heute noch, bzw. wieder, die praktischen Babytragen. Spiel-Rückentrage Unser Tragebettchen ist eine ganz einfache Ausfüh- rung. Das Puppenkind wird nur mit Lederbändem ge- halten Wer möchte, gestaltet es etwas komfortabler, indem er ein Säckchen aus Leder oder Stoff an dem Tragebrett befestigt und die Puppe da hineinsteckt. 109
Im Cradleboard ist die Puppe gut aufgehoben Material: Sperrholz. Bastelfarben. Lederbänder. Perlen, ein Stück Fell, Sandpapier. Feile, Laubsäge. Nach der Skizze das Brettchen aus Sperrholz aussägen, an den markierten Punkten Löcher lüneinbohren, zum Durchziehen der Lederschnüre. Das Holz mit der Feile an den Kanten etwas abrunden und glatt schmirgeln Nach Wunsch bemalen und lackieren. Lederbänder zum Umhängen und zum Festschniiren der Puppe an- bringen, ein Stückchen Fell als Unterlage darunter schieben. Enden der Lederbänder dünn zuschneiden und Perlen aufziehen, Lumpenpuppe Material: Stoffreste, wie der Name schon sagt. Wolle für die Haare, Etwas ungesponnene Wolle zum Polstern, 2 gerade Zweige oder Stöckchen, etwa 15 und 11 cm lang Die Zweige wie ein Kreuz übereinander legen und zu- sammen binden. Mit Stoffstreifen den Puppenkörper wickeln, wie die Skizze zeigt, evtl, etwas Schafwolle mit einwickeln, Kopf und Hände zusätzlich mit Schahvolle rund wickeln. Anmerkung: Solche simplen Puppen werden von Kindern oft sehr geliebt, besonders wenn ein Heber Mensch, z.B. die Großmutter oder Tante sie in ihrem Beisein anfertigt. Aus Zu eigen und Stoffresten entsteht eine Lumpenpuppe HO
Hopi-Schlangenpriester uni 1900 Was sind Kachinas? (sprich: Kaischina» von «Qacina» = Hopi-Wort für «übernatürlich») In den Dörfern der Zuni und Hopi finden bis heute •alljährlich verschiedene religiöse Zeremonien statt, bei denen eindrucksvolle Kachina-Tänze aufgcfiihrt werden. Kachinas sind götlerähnliche Ahnenwesen. Wesen aus der Unterwelt, auch Tiere, Pflanzen, Steine, Steme und Wolken. In früheren Zeiten sollen die Ka- chinas viel öfter die Dörfer besucht haben, tun die Bewohner zu unterstützen. Dann übernahmen Men- schen mehr und mehr diese Rolle. Es sind ausgebilde- te Mitglieder von Geheimbünden, also Eingeweihte. Sobald sie Maske und Kostüm einer Kachina überstrei- fen, verwandeln sie sich in diesen Geist und legen alles Menschliche ab. Als Vermittler zwischen Menschen und Göttern bitten die Kachina-Tänzer um Regen, gute Ernte, um Gesundheit, Schutz vor Unglück und um Strafen für Missetäter. Kachinas symbolisieren darüber hinaus den Lebenszyklus von Geburt. Tod und Wieder- geburt. aber auch den Vegetationszyklus von der Win- tersonnenwende bis zur Ernte im Herbst. Verantwortlich für die verschiedenen Kachina-Kulte sind die Kiva-Gemeinschaften Kivas sind häufig unter- irdische, runde Gebetsräume mit einer Kuppel. Die Priester der Kiva-Gemcinde haben unter anderem die Aufgabe, die Kachina-Masken zu pflegen und zu «füt- tern» (mit Blütenpollen), denn sie gelten als lebendige Wesen. Daher ist cs verständlich, dass die Pueblo-In- dianer es nicht gerne sehen, wenn Kachina-Masken in Museen auibewahrt werden und hier gewissermaßen in Gefangenschaft leben. Früher war es verboten, Ka- chinamasken und -puppen an Außenstehende zu ver- kaufen, weil man befürchtete, dass es Unheil bringen könnte. Es gibt weit über 350 verschiedene Kachinas. Damit die Kinder sie möglichst bald voneinander unterschei- Mittelpunkt einer Kina Brettchen-Kachinasfiir die Jüngsten 111
Bretteben -Kacbina (Originalgröße) Vorlage zum Aussägen aus Sperrholz 112
den lernen, schnitzen ihnen Vater oder Onkel Kachina- Puppen aus Cottonwood und Pappelholz. Die Figuren werden bemalt und angezogen. Man hängt sie Zuhause an die Wand und hat sie so immer vor Augen. Kachina- Puppen haben auch erzieherische Funktionen, durch sie werden die Kinder mit den Traditionen und Wert- Vorstellungen ihrer Kultur vertraut gemacht. Die ganz Kleinen bekommen einfache Brettchen-Kachinas (sie- he die folgende Arbeitsanleitung), die größeren kom- pliziertere, plastisch ausgefiihrte Figuren. Dadurch, dass die Kinder Kachinas schon früh in Form von Pup- pen kennenlemen, wird ihnen die Angst genommen, wenn sie die echten, großen Kachina-Tänzer. die oft sehr furchterregend aussehen, zu Gesicht bekommen. Auch heute sind die meisten Hopi und Zuni Feldbauern und nach wie vor sehr eng mit ihrem Land verbunden. Einige halten kleine Schaf-und Rinderherden und ferti- gen nebenher kunsthandwerkliche Produkte an. u. a. die bei Touristen sehr begehrten Kachina-Puppen. Manche arbeiten in den nahegelegenen Städten wie Flagstaff. Phoenix und Santa Fe. Aber alle kehren in ihre Dörfer zurück, wenn dort die Kachinas tanzen. Brettchen-Kachina herstellen Einfache Brettchen-Kachinas in dieser .Art bekamen (und bekommen) die kleinen Kinder der Zuni- und Hopi-lndianer Wer solch eine Kachina herstellen möchte, braucht: Sperrholz. 3-4 mm dick, Bastelfarben, Klarlack, Laubsäge. Sandpapier, Flaumfeder. Nach der Skizze die Form übertragen, aussägen, gut schmirgeln, besonders die Kanten. Bemalen wie die Abbildung zeigt oder nach eigenen Vorstellungen ab- wandeln. Die Rückseite einfarbig bemalen. Zum Schluss die ganze Figur mit Klarlack überziehen und eine Flaumfeder an die Stirn kleben. 113
Phantasievolle Tonfiguren und eine Geschichte am Abend Bei der Erziehung der Kinder hat das Erzählen von Geschichten und Legenden in allen indianischen Ge- meinschaften einen hohen Stellenwert. An drei, vier, fünf .Abenden, nie tagsüber, werden im- mer die gleichen Legenden erzählt, nur solange, wie die Aufmerksamkeit der Kinder es zulässt. Im Rückblick auf sein Leben, berichtet Allen Quetone, .Angehöriger der Kiowa, habe er erkannt, wie sein Charakter und seine Persönlichkeit durch Geschichten beeinflusst und geformt wurden, die ihm seine Groß- eltern als Kind Abend für Abend erzählt hatten. Bei den Pueblo-Indianern werden die Geschichten manchmal durch kleine Tonfiguren, in der .All wie die hier abgcbildeten, untermalt und anschaulich ge- macht. Das Erzählen von Geschichten abends am Bett des Kin- des hat auch in unserer Kultur Tradition. Den Tag mit einer Geschichte abzuschließen, die Vater oder Mutter erzählen, ist für jedes Kind eine große Bereicherung. Diese schöne Gew ohnheit sollte bis weit in das Schulal- ter hinein beibehalten werden. Kleine Kinder hören gern mehrere Abende hintereinander die gleiche Ge- schichte. Lassen wir uns von den Pueblo-Indianern anregen und formen wir mit den Kindern einfache kleine Tonfiguren, die die «Helden- einer Geschichte darstellen und die nur am Abend, während des Erzäh- lens, in Erscheinung treten. Die abgebildeten Figuren bestehen aus ungebranntem Ton, sind bemalt und zum Schluss mit Klarlack überzo- gen worden. Waschbär, Hase. Ente und Frosch aus Ton gelingen auch Ungeübten! 114
Die Rückkehr der Maismädchen Eine Geschichte der Zuni-Indianer L m diese Geschichte besser verstehen zu können sollte man zuvor «Was sind Kachinas?» auf Seite 111 lesen. Beim Stamm der Zuni herrschte seit langem eine Hun- gersnot. Die Maismädchen waren fongelaufen, weil die Leute so achtlos mit dieser Fracht umgingen. Sie hatten sich in das Dorf der maskierten Götter, der Ka- chinas. geflüchtet. Die Leute spielten mit Maisbrot und warfen es fort. Sie legten die Maiskolben nicht sorgsam auf dem Speicher ab. sie stapelten sie nicht auf. wie sie es heute tun. Deshalb kam das Gelbe Maismädchen eines Nachts in alle Häuser und sagte zu den Maismäd- chen. sie sollten mit ihr kommen. «Gut», sprachen sie, «gehen wir». Nun wussten sie aber nicht, wohin, Pauti- wa im Dorf der Kachinas hörte davon und sagte zu dem Gelben Maismädchen: «Ich habe davon gehört, dass ihr euch entschlossen habt, davonzulaufen und wisst nicht wohin. Ich mag nicht, dass ihr geht. Kommt mit mir. damit mein Volk nicht für immer bestraft wird. Es wird schon wieder den rechten Umgang mit dem Mais lernen.» Pautiwa wollte nicht, dass sie zu einem an- dern Stamm gingen. Deshalb sprach er: «Kommt mit mir Ich werde euch verstecken.» Also folgten ihm alle Maismädchen. Das Mädchen des Gelben, des Blauen, des Roten. Weißen, Gesprenkelten und Schwarzen Mais folgten ihm. Am Ende lief das Schw arze Maismäd- chen. Es verdunkelte die Straße, damit die Leute nicht sahen, wohin sie gingen. Pautiwa hieß sie, sich mitten im Heiligen See hinlegen und sprach: «Nun, meine Kinder, seid ganz still und redet nicht. Ich will nicht, dass jemand hier unten merkt, dass ihr da seid.» Pau- tiwa aber blieb selbst vor dem Heiligen See stehen, und als die Leute kamen und ihn befragten, merkten sie nicht, dass er die Maismädchen verbarg Nun besaßen die Leute in Itiwana. dem mittleren Platz, zwar noch eine Menge Mais, aber er taugte nicht. Es war kein Fruchtfleisch mehr darin. .Alle Maiskolben sahen krank aus. und als sie aussäten, wuchs nichts. Das Herz des Mais haue sich davongemacht in das Dorf der Kachinas. Ein Jahr verging und das nächste kam, und die Leute hatten nichts zu essen. Nein, jene, die mit dem Mais sorgsam umgegangen waren, hatten sehr wohl noch etwas. Die anderen aber mussten für diese Leute arbeiten. Sie mussten weben und spinnen und Mais mahlen für sie, sonst wären sie verhungert. End- lich hauen sie alles, was sie besaßen, im Tausch für einen Korb Mais weggegeben. So waren sie bestraft worden. Nun wussten ihre Priester zwar, dass die Mais- Indianischen Mais gibt es in verschiedenen Farben 115
mädchen fortgelaufen waren. aber sie wussten nicht, wohin. Und erst recht wussten sie nicht, wie sie sie wieder zurückholen konnten. Sie beriefen einen Häuptlingsrat ein und der entschied, dass die Medizin- bhimen-Jungen, die sehr schlau sind, sich auf die Su- che nach den Maismädchen machen sollten. Sie zogen also aus, sie suchten alle Seen und den Ozean ab. sie schauten in alle Himmelsrichtungen und konnten sie doch nirgends finden. Da riefen sie den Unkrautjun- gen. Auch er sah sich überall um, aber ohne Erfolg. Nun versuchten sie es mit den Kriegsgöttem. Sie schickten ein Fliege nach Westen, eine kleine schmut- zige Hausfliege. Im Dorf der Kachinas wussten die We- sen, dass sich die Maismädchen versteckt hielten. Alle Kachinafrauen kochten im Haus Essen, und die Kinder spielten draußen. Die Kinder kamen ins Haus gerannt und riefen: «Die Fliege kommt!» Nun sind die Ka- chinafrauen sehr kluge Wesen. Sie wussten sogleich, dass die Kriegsgötter die Fliege ausgesandl hatten, um nach den Maismädchen zu suchen. Und so sagten sie zu ihren Kindern: «Hier, nehmt dieses Kürbisgemüse, stellt es draußen vor euch hin. Wenn die Fliege vorbei- kommt, wird sie davon naschen wollen und sich die Zunge verbrennen.» Und so geschah es. Die Fliege kam angesummt und stürzte sich gleich auf das Gemü- se, denn cs war süß. Sie verbrannte sich die Zunge. Und daher kommt es, dass die Fliege seither nicht mehr reden kann und den Kriegsgöttem auch nicht berichten konnte, wo sich die Maismädchen versteckt hielten. Die Kriegsgötter schickten Pfeile hinauf in den Himmel. Die Pfeile suchten alles ab, aber sie fanden nichts außer Wind. Also begaben sich die Kriegsgötter am Ende zu den Priestern, die in den Zeremonien- räumen fasteten und beteten, und sprachen zu ihnen: «Wir sind nicht so weise Väter wie jener, der die Mais- mädchen versteckt hat. Bisher haben wir euch immer helfen können, aber jetzt müsst ihr euch nach jeman- dem umschauen, der klüger ist.» So sprachen sie, denn es waren die Kriegsgötter gewesen, die das Volk aus der Unterwelt heraufgefiihrt hatten, als die Welt noch jung war. Und seitdem hatten immer sie dem Volk geholfen. «Versucht es mit Newekwe», sprachen sie. «W ir halten gehört, dass er so klug sein soll wie wir.» Also riefen sie einen Newekwe-Mann. und er pflanzte Gebets- stöcke, damit Newekwe selbst komme. Nun muss man wissen, dass Newekwe immer inmitten der Milch- straße sitzt und alles sehen kann, was auf Erden ge- schieht Nach Sonnenuntergang kam er also und fragte die Priester, warum sie nach ihm geschickt hätten. «Wir hungern seit vier Jahren», sprachen die Priester, «wir haben es schon dreimal versucht, die Maismäd- chen aufzuspüren, aber keines unserer Kinder hat da- bei Erfolg gehabt.» Darauf erwidert Newekwe: «Wenn ihr wirklich wollt, dass die Maismädchen wieder zurückkommen, will ich sehen, was ich für euch tun kann. Aber ihr dürft nicht essen noch trinken, und müßt vier Jahre w arten (er meinte vier Tage), bis ich wieder zurück bin.» Das versprachen sie, obwohl sie da schon sehr hungrig und durstig waren. W as blieb ihnen auch anderes üb- rig. Newekwe sagte: «Ich breche auf. Säubert eure Ge- danken und eure Sinne, dann komme ich vielleicht mit den Maismädchen zurück.» Darauf nahm er Asche von der Feuerstelle und brach auf. Im Freien warf er die Asche in die Luft, und aus ihr wurde wieder eine Milchstraße am Himmel. Diese kam zu ihm herab, und er setzte sich auf ihr nieder. Sic trug ihn nach Süden und dann nach Osten. Es sind zwanzig Tage Weg. wenn jemand bis zum südlichen Ozean gehen will, aber er war klug und schaffte diese Strecke in einem Tag und kam auch in dieser Zeit noch wieder zurück. Er fuhr nach Norden, Osten und Wes- ten. und im Westen sprang er wieder von der Milch- straße herab. Dann sagte er zu der Milchstraße: «Ich habe dich geschaffen, um mein Volk zu beschützen. Du wirst am Himmel stehenbleiben, damit dich jeder sieht.» Newekwe kam aus dem Westen herab und ließ sich in den Heifigen See fallen. Wie wir schon wissen, hatte dort Pautiwa die .Maismädchen versteckt. Newe- kwe fief durch den See und wurde dabei nicht nass. Er kam zu Pautiwa und sprach: «Wie geht es dir, mein .Alter? Sind die Mädchen hier?» Pautiwa war froh, dass er kam. Bals würde er seine Ruhe haben. Er sagte zu den .Maismädchen: «Geht jetzt zum milderen Platz zu- rück. Sie brauchen euch dort. Sie werden euch gut behandeln, weil sie euch wirklich brauchen. Sie haben nichts mehr zu essen.» Newekwe lief voran, und die 116
Maismädchen folgten ihm. Pautiwa aber erhob sich, tauchte seine Wasserflasche in den See und folgte ih- nen. «Ich komme mit euch. Ich nehme heiliges Wasser mit. 'K enn mein Volk wieder Mais pflanz, muss ja w ohl auch Regen fallen», sagte er. Und deswegen bringt der Newekwe nach Shalako immer wieder die Maismäd- chen, und Pautiwa führt in seiner Wasserflasche, w enn wir Glück haben, das kostbare Nass mit sich, das mit dem Sommerregen fällt. © Fischer Taschenbuch Verlag Indianennärchen der Pueblo. Hopi und Navajo berausgegeben und übersetzt r. Frederik Hetniann Die Vision Black Elks (Schwarzer Hirsch) und die Indianer von heute Im Alter von fünf Jahren hatte Black Elk, der große Häuptling und letzte heilende Weise der Oglalla-Sioux. eine Vision, in der zwei Männer, mit Donnerstimmen singend, aus den Wolken auf ihn zuflogen. Vier Jahre später kamen Stimmen in einer Vision zu ihm und sagten: «Es ist Zeit! Deine Großväter rufen dich!» Dann erschienen die beiden Männer aus der früheren Vision und nahmen ihn in einen Himmel voll tanzender Pferde mit. Sie gingen durch ein Tor in ei- nem Regenbogen und Ivegegneten den Geislern des Himmels, der Erde und der vier Himmelsrichtungen; alle machten ihm ihre besonderen Fähigkeiten zum Geschenk. Als der junge Black Elk den Erdgeist an- blickte, erkannte er sich selbst als alten Mann. Vom Aussichtspunkt eines Berges sali er den heiligen Reifen der Sioux zerbrochen und einen heiligen Baum ohne Vögel, w as das zukünftige Elend seines Volkes bedeute- te. Doch plötzlich blühte der Baum wieder, und Stim- men erhoben sich zu einem mächtigen Gesang. Später, als sein Volk verfolgt wurde und die Bisons fast ausgerottet waren, klammerte sich Black Elk an diese Vision. Im hohen Alter blickte Black Elk mit Trauer zurück. Er sah sein Leben als die mächtige Vision eines Mannes, der zu schwach war, diese zu verwirklichen, und als den Traum eines Volkes, der im blutigen Schnee von Wounded Knee endete. Die Indianer leben noch heute in Reservationen. Diese Hegen oft in strukturschwachen Gegenden, es gibt kaum .Arbeit. Wer keine Arbeit hat und auch sonst kei- ner sinnvollen Beschäftigung nachgehen kann, landet offensichtlich schnell bei Alkohol und Drogen, im Ge- fängnis und im Grab, oder er fällt in Depression und Lethargie. Die Säuglingssterblichkeit und die Selbst- mordrate ist unter den Ureinwohnern im Vergleich zur Gesamtbevölkerung erschreckend hoch. Sich ihrer in- dianischen Kultur und Sprache schämen zu müssen, ist noch tief und schmerzhaft im Bewusstsein der Men- schen verwurzelt. Die Wunden heilen schlecht und langsam. Unter einer dünnen, empfindlichen Kruste Gegenwart sitzt noch immer die Vergangenheit, die Zeit des Landraubs, der Massaker, der Seuchen, der bruta- len Zwangsumsiedlungen und Erniedrigungen. Die Narben müssen immer wieder aufbrechen, denn bis heute werden indianische Heiligtümer nicht unter Schutz gestellt, sondern häufig geschändet. Man ver- weigert den Indianern immer noch weitgehend die Nutzungsrechte von Ressourcen auf indianischem Land. Kulturschätze, die in Museen liegen, werden nicht zurückgegeben. Elteminitiativen müssen kämp- fen, damit ihre Kinder auch in ihrer indianischen Mut- tersprache unterrichtet werden können, Indianer, die vor dem Richter stehen, haben in der Regel mit härte- ren Strafen zu rechnen als W eiße. Diese Liste könnte noch endlos fortgesetzt werden! Es ist paradox, dass in einem Land des Überflusses (land of plenty - Näüonal- hyrnne der USA), einstmals autarke und gesunde Ge- sellschaften heute in armseligen Verhältnissen leben müssen. 117
«Als der Bison getötet war und wir zum Leben auf Reservationen gezwungen wurden, konnte ein Mann nicht mehr jagen, und er verlor seine Selbstachtung. Und jedes Mal. wenn ein Indianer eine Flasche an den Mund führt, reitet General Custer von Neuem - und er gewinnt.» Sidney Keith. Lakota Sioux .Anmerkung: General George Custer, ein ehrgeiziger Mann und Be- fehlshaber des 7. US-Kavallerieregiments war dafür bekannt, dass er mit äußerster Härte gegen die Urein- wohner vorging. Als er 1876 ein Sommerlager am Lin- ie Big Hom überfiel, fand er selbst den Tod. Doch es gibt in Amerika fortschrittliche Sümmen, die darauf aufmerksam machen, wie notwendig das Land die intuitiven Fähigkeiten seiner indigenen Kulturen hat: Drogenkonsum. Rassenkonflikte und Gewalttätig- keiten hätten in diesem reichen, großen Land besorg- niserregende Ausmaße angenommen, Geld und Macht ständen an oberster Stelle. .An intellektuellen und tech- nischen Fähigkeiten mangele es nicht, wohl aber am intuitiven Erfassen qualitativer Werte. Dazu gehörten z.B der klare Blick für die Zusammenhänge mensch- lichen Lebens, das Streben nach echten Werten, echter Liebe. ... Die «weiße», kalte, analytische Verstandes- kultur stehe konträr zur spirituellen, intuitiven see- lischen Kraft der Indianer. Dr. Franz Winkler, von den Indianern sehr geschätzt und geachtet, sagte auf einer Tagung im Jahre 1972 u.a. folgendes: «Ich persönlich bin überzeugt, dass die Zukunft dieses landes unauflösbar mit dem Überleben indianischer Kultur verknüpft ist. Solch ein Überleben erfordert eine ungeheure .Anstrengung von Seiten der Indianer selbst, denn es kann weder durch eine Er- neuerung der Vergangenheit noch durch ein Vergessen der Vergangenheit gestehen werden, sondern nur da- durch, dass man den unterirdischen Strom der india- nischen Kultur aufsucht und ihn an die Oberfläche hebt, nicht an dem Ort, wo er früher war, sondern an der Stelle, wo er nun in den verborgenen Bereichen der indianischen Seele fließt...» «Unsere Zukunft», so sagen viele Indianer heute, «liegt in unserer Vergangenheit, wir sind das Gewissen Ame- rikas, wir haben überlebt als das Gewissen Amerikas.» Eine neue Generation indianischer Rechtsanwälte, JournaÜsten. .Ante, Politiker. Lehrer und Künstler bei- derlei Geschlechts ist herangewachsen. Sie bietet paro- li und versucht sich an der schwierigen Gratwande- rung zwischen den Welten. Diese Generation ist kantig, selbstironisch, oft wütend, dabei aber humorvoll und manchmal voller Sarkasmus, auch Ausdruck einer Überlebensstrategie? Sie. die kritischen, jungen India- ner von heute, sind besonders sensibel und beobach- ten sehr genau sich selbst und ihr Verhältnis zu den Weißen. Ohne Zweifel kennen sie die Weißen sehr viel besser als umgekehrt. Und sie wissen um ihre beson- dere Kulmr und ihren besonderen Platz in der Welt. Sie sind sich darüber im Klaren, dass sie anderen viel an- zubieten haben, wenn diese nur zuhören wollten, so dass in Zukunft ein reicher Austausch stattfinden könnte. Lassen wir zum Schluss einige von ihnen zu Wort kommen. Es folgt eine lose Aneinanderreihung von Äußerungen indianischer Menschen aus ganz unter- schiedlichen Lebensbereichen: Vom politisch korrekten Begriff «Native Americans», Uramerikaner also, den der gebildete Amerikaner zu verwenden gelernt hat und der Behörden zwingend vorgeschrieben ist, halten viele Indianer gar nichts. Der Autor, Dichter und Filmemacher Sherman .Alexie vom Stamm der Spokane erklärte in einem Zeitungsin- terview’ 1998, dass er dies als ein Zeichen des weißen liberalen Schuldkompiexes sähe. «Wir nennen uns selbst Indianer», sagt er. Dass der Begriff ewig an die Ignoranz und Arroganz der Eroberer erinnert - Ko- lumbus glaul ja, 1492 Indien erreicht zu haben - ist Alexie nur recht. «Ein anderes Denkmal werden wir nicht bekommen - ein Dokumentationszentrum, ein Mahnmal wie zum Holocaust wird es in Amerika nicht geben. Solch ein Denkmal würde ja die ganze amerika- nische Gesellschaft, Besitzaufteilung, das ganze Selbst- verständnis grundsätzlich in Frage stellen.» 118
Besonderen Humor und Ironie kennzeichnet folgende Begebenheit: Am 24. September 1973 stieg der Indianer Chippewa Happy Eagle, der auf den «weißen» Namen Adam Nordwall hört, in Rom aus dem Flugzeug, stieß einen Speer in die Erde und sagte: «Wenn es wahr ist, dass Christoph Kolumbus .Amerika entdeckt hat. obwohl dort seit Tausenden von Jahren Indianer leben, dann liabe ich heute Europa entdeckt!» Vier Tage später erklärte er Journalisten gegenüber, die «italienischen Eingeborenen», die ihn sehr gast- freundlich behandelt hätten, seien durchaus in der Lage, ihr Land selbst zu regieren. Darauf kehrte Happy Eagle nach San Francisco zurück. (Aus: Taschenkalen- der Indianer 92, Lamuv Verlag) Eine Sioux-Frau aus der Pine Ridge Reservation erklär- te folgendes: «Manchmal denke ich sie (die Weißen) sind verrückt. Lnentwegt rennen sie hinter einem Ziel her, das sie nicht kennen und nicht erreichen, ohne zu begreifen, dass sie nur ein winziger Teil der Schöpfung sind, die sehr gut ohne sie auskommt! .. Auf jeden Fall müssen wir ihnen helfen, unterscheiden zu lernen, was im Leben wichtig ist und was unwichüg ist.» Edward Benton-Benai. Ojibwa-Angehöriger sagt: «Krieger sind Männer und Frauen, die .Alkohol und Drogen bezwungen und die wahren Wege der Spiritua- lität wiedergefunden haben.» Vielleicht ist es die neue indianische Generation, durch die sich Black Elks Vision vom Erblühen des Baumes des Lebens eines Tages doch noch erfüllt, zumindest könnte sie ihn zum Knospen bringen. Viele verfügen heute über beide Seiten, die einen wirklich reifen, mo- dernen Menschen ausmachen: Spiritualität und Demut als seelische Qualitäten und Erbe ihrer Kultur auf der einen Seite und einen kühlen, analytischen Intellekt auf der anderen Seite - eine Mischung, die «Power» in sich trägt! 119

Quellen und Literaturhinweise Tlx Native Americans Collin Toyior Indianerstämme Bill Yenne. Lechner Indianermäreben Frederik Heimann, Fischer Taschenbuch Indianische Legenden aus Nordamerika Ella Elisabeth Clark, Diederichs Gelbe Reihe Indianer der Prärien und Plains Lindenmuseum Stuttgart Indianer Flensburger Hefte. Nr. 37 feminine Fuhr Trade Fashions by Wilson and Hanson, Crawford. Nebraska Nordwestküsten-Indianer Gerber/Ammann, Pestalozaanum, Zürich Prärie- und Plains-Indianer Gerber/ .Ammann, Pestalozzianum. Zürich Dolls & Toys of Native America Don and Debra McQuiston, Chronicle Books Kachina-Dolls Publication Number 4, Museum of Northern Arizona Die Heilige Pfeife Schwarzer Hirsch (Black Elk), Lamuv Taschenbuch 19 Die Welt der Indianer Geschichte mit Pfiff, Heft 1/98 Regenmacher. Erzählungen Goldmann TB 42665 Reservation Blues Goldmann TB 43550 Beide Taschenbücher von Sherman Alexie In den Tagen des Hitzemondes Jutta Grimm. Esslinger Edition Kinder- und Jugendbücher: «Fliegender Stern» Ursula Wölfel, Ravensburger Erstes Lesealter bzw. zum Vorlesen. «Die Söhne der großen Bärin» Lieselotte Welskopf-Henrich 6 Bände, Altberliner Verlag ab 10-12 Jahren «Rollender Donner» Scott O'Dell .Arena Verlag ab 12 Jahren Indianische Kunst Nordamerikas David W. Penney, Könemann Die Macht des Totems Time-Life Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses Dee Brown, Knaur Taschenbuch 121