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                    Für Menschen in
unternehmerischer
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Felix Ohswald und
Gregor Müller,
GoStudent (hinten)
Eric Demuth und
Paul Klanschek,
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Junge Start-up-Millionäre
verweisen Old-EconomyGrößen auf die Plätze





TREND WIRTSCHAFT INTERN weber.andreas@trend.at Liebe Leserin, lieber Leser! H ERZLICH WILLKOMMEN zu diesem trend.PREMIUM. Wir präsentieren Teil zwei unseres klassischen Doppels in den Juni-Heften: in der vergangenen Ausgabe das Ranking der 500 größten Unternehmen Österreichs und diesmal die Rangliste der 100 reichsten Österreicher. Vanessa Voss und Andreas Lampl, die Autoren der Titelgeschichte, haben wieder viel Rechenarbeit hinter sich. Denn bei den Vermögen der wirklich Wohlhabenden in diesem Land hat sich einiges getan. Trotz Corona sind diese nämlich spürbar gewachsen. Erstmals besitzen ANDREAS WEBER die 100 reichsten Österreicher insgesamt mehr als 200 Milliarden, was fast CHEFREDAKTEUR zehn Prozent des heimischen Gesamtvermögens entspricht. An der Spitze liegen traditionell die Familien Piëch und Porsche, gefolgt von Dietrich ­Mateschitz. Auffälligste Veränderung in den Top Ten: Investor Michael Tojner auf Platz sieben, der sein Vermögen auf beachtliche 4,7 Milliar- II den steigern konnte und nur noch 200 Millionen hinten Immobilien­ tycoon Réne Benko liegt. Größte Überraschung beim diesjährigen Ranking: Erstmals machen Start-up-Millionäre Etablierten der Old Economy massiv Konkurrenz. So sind die GoStudent-Gründer Felix Ohswald und Gregor Müller die jüngsten Selfmade-Millionäre im Ranking, zusammen immerhin 300 Millionen Euro schwer. Titelgeschichte ab Seite 28. II Nach mehrfachem Verschieben des Termins war es am Montag, dem 21. Juni, so weit. Bernhard Ecker traf in Wattens den CEO des Glitzerimperiums Swarovski zum Exklusivinterview. Robert Buchbauer, ­innerhalb der zerstrittenen Familienstämme nicht unumstritten, hält an seinen Umbauplänen für den Tiroler Kristallkonzern eisern fest und ­präsentierte dem trend – ebenfalls exklusiv – das Modell, mit dem der ­komplexe Konzern künftig gesteuert werden soll (ab Seite 38). Abschließend noch der Hinweis auf eine neue sogenannte CommunityAusgabe aus unserem Haus. trend.LAW ist ein maßgeschneidertes Produkt für alle Anwälte und Topjuristen des Landes. Das Heft ist im freien Handel nicht erhältlich. Sollten Sie es nicht zugesendet bekommen ­haben und trotzdem daran interessiert sein, bestellen Sie es einfach unter redaktion@trend.at. Spannende Lektüre wünscht Ihnen Erstmals machen Start-up-Millionäre im Ranking der reichsten Österreicher Etablierten der Old Economy massiv Konkurrenz. ANDREAS WEBER FOTO: LUKAS ILGNER NEUES PRODUKT aus unserem Haus. Der trend.LAW richtet sich an die Anwälte und Topjuristen des Landes. EXKLUSIVTERMIN. Bernhard Ecker (r.) trifft in Wattens den CEO des Swarovski-Konzerns, Robert Buchbauer, zum Interview. Die nächste Ausgabe des trend erscheint am Freitag, dem 9. Juli 2021. 25. 6. 2021 | T RE ND 5
25. JUNI 2021 28 COVER Das traditionelle trendRanking der 100 reichsten Österreicher. Start-upMillionäre wie die GoStudent-Gründer sind erstmals dabei. Die 100 Reichsten besitzen mehr als 200 Milliarden Euro und damit fast zehn Prozent des heimischen Gesamtvermögens. 6 T REND | 25. 6. 2021
38 PRIVAT SWAROVSKI 152 AKTUELL Swarovski-CEO Robert Buchbauer im trendExklusivinterview über seine Umbaupläne für den angeschlagenen Kristallkonzern. Künstlerkollektiv Gelitin im Tiroler Landesmuseum • Styriarte in Graz • Seefestspiele Mörbisch • Knapps Liste 154 LESELISTE Spitzenbücher für jeden Geschmack. 160 REISE Ruhe vor dem Touristensturm: trendTraveller Gerald Sturz im noch ­entspannten Florenz • Hoteltipp 163 REAKTIONEN Leserbriefe • Impressum 164 MAHR UNTERWEGS Wo es zwischen Cannes und Saint-Tropez die besten Austern gibt. 166 AUTO START 8 AKTUELL I Puls-4-Chef Markus Breitenecker raucht die Friedenspfeife mit dem ORF • trend-Umfrage: wie die Österreicher nach Corona arbeiten wollen 10 AKTUELL II Berater Alois Czipin verkauft seine Firma • Erratum • Neue Troubles bei Hygiene Austria 12 AKTUELL III PwC-Studie: Familienunternehmen nach der Krise • Disput Bank Austria gegen 3 Banken Gruppe geht weiter 14 POLITIK BACKSTAGE Josef Votzi über die Doppelstrategie von Sebastian Kurz, um sich aus dem Skandalsumpf zu ziehen. ÖSTERR E ICH 28 COVER Die 100 reichsten Österreicher. 38 SWAROVSKI Swarovski-CEO Robert Buchbauer und sein Reformvorhaben für den Tiroler Kristallkonzern. 44 INTERVIEW Ex-Kanzler und doppelter Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer. 48 START-UP ParityQC bietet den Bauplan für Quantencomputer. 50 UMWELT WKO-Präsident Harald Mahrer wehrt sich gegen Vorwürfe, die Kammer sei ein Klimasünder. 52 PORTRÄT Klimaanwältin Michaela Krömer. 54 KLIMASCHUTZWETTBEWERB Gesucht werden die besten Ideen, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. FOTOS: LUKAS ILGNER (2), EDWARDQUINN.COM; COVER: LUKAS ILGNER, BITPANDA 56 START-UP STANDPU NKTE 16 LEITARTIKEL Andreas Lampl über mangelnde Zukunftsperspektiven der jungen Generation. 18 AUS DER REDAKTION Angelika Kramer • Franz C. Bauer • Martina Bachler 20 GASTKOMMENTAR Franz Ferdinand Wolf über Härte und Maßlosigkeit der politischen Auseinandersetzung. 22 GASTKOMMENTAR Rainer Kraft und Birgit Kronberger über zu wenig Praxisexpertise im Gesetzgebungsprozess. 24 ESSAY Helmut A. Gansterer erklärt, warum nicht alles an Corona grausig ist. Die fünf Sieger der Start-up-Compe­ tition des CASH Handelsforums. 58 IMMOBILIEN Wohnimmobilien am Wasser versprechen rasante Wertsteigerungen. SPE ZIAL SERVICE 120 GELD Das britische Pfund hat den Euro abgehängt • Aktien-Favorit Geberit • Anlagestrategie • Raiffeisen-Zertifikat 122 TOURISMUSAKTIEN Welche Aktien und ETFs von der Reise-Aufbruchstimmung profitieren. Der Porsche Boxster wird 25. 166 BODY & SOUL Nespresso-Chef Alessandro Piccinini liebt fremde Kreativität als Inspiration. 170 SPRECHEN SIE WIRTSCHAFT? Comedian Gernot Kulis würde sein letztes Geld definitiv für ein Rückflugticket nach Hause ausgeben. 124 BÖRSENSPIEL Die Demokratisierung an den Börsen. Plus: 5 Tipps für den Aktienhandel. 130 PRIVATE BANKING Auf welche Aktien und alternativen Anlageformen Experten setzen. 133 GASTKOMMENTAR Ken Fisher über Währungsschwankungen und warum sie keine Auswirkungen auf die Börsenkurse haben. 138 TREND-TEST Was Österreichs beste Reiseversicherer zu bieten haben. 144 KARRIERE 154 SOMMER Klüger lesen, schöner reisen, besser essen mit dem trend. Im Bild: Neuauflage des KultBild­bands „Riviera Cocktail“. Wie Millennials und Generation Z im Job ticken • Handel umwirbt IT-Kräfte • Arbeiten per Smartphone • Webinare 148 KOLUMNE Robin Lumsden über den Versuch, in Kalifornien die Impfbereitschaft zu steigern. 151 BUSINESS CLASS Wie Alois Czipin der Spagat zwischen einem besonders schwierigen Projekt und einem lange geplanten Familien­ urlaub geglückt ist. 126 PRIVATE BANKING Nachhaltigkeitskriterien bei der Veranlagung werden bedeutsamer. 134 STRATEGIE Mit welchen Megatrends Sie am besten Ihr Vermögen sichern. 140 IMMOBILIEN Bauherrenmodelle mit alternativer Nutzung für mehrere Generationen. 146 KLIMAZIEL Nachhaltigkeitsberatung hinsichtlich Regulierungs- und Berichtspflichten. TREND BRANCHEN SEITEN 66 BIS 76 25. 6. 2021 | T RE ND 7
TREND WIRTSCHAFT VON B ER N HA R D E C K E R Puls-4-Chef Markus Breitenecker ist mit seiner Strategie digitaler Allianzen in der Realität angekommen: Gemacht wird, was möglich ist. Um den ORF-Generalsjob will er sich nicht bewerben. D NEUE TÖNE. Senderchef Markus Breitenecker bilanziert, wo Kooperationen funktionieren – und wo nicht. Den „österreichischen Streaming-Champion“ will er aber selbst schaffen. DAS DUELL DER PLAYER 8 T REND | 25. 6. 2021 er stets selbstbewusste und angriffslustige Privat-TVBoss Markus Breitenecker war zuletzt auffällig leise. Seine Sendergruppe ProSiebenSat.1-Puls 4 hat zwar die Marktführerschaft bei den jungen Zuschauern auch in der Pandemie verteidigt, musste aber 2020 Umsatzrückgänge einstecken, das zweite Quartal mit einem Minus im zweistelligen Prozentbereich sei „ein brutaler Schock“ gewesen, sagt Breitenecker. Doch nun tritt er wieder mit strategischen Ansagen in Erscheinung. Am 25. Juni gibt es auf „seinem“ News-Sender Puls 24 sogar eine eigene, einstündige Unternehmenspräsentation als Show. Zufällig kurz vor der ORF-Generaldirektorenwahl? „Das hat mit der ORF-Wahl gar nichts zu tun“, sagt Breitenecker mit Bestimmtheit. Nachsatz: „Und nein, ich werde mich nicht für den Job des ORF-Generaldirektors bewerben.“ Seit Jahren wird er, auch wegen seiner guten Verbindungen ins türkise Machtzen­ trum, als potenzieller Interessent für den Wrabetz-Posten genannt. Breiteneckers neue Strategieansage ist genau genommen die Erkenntnis, dass große Visionen nicht umzusetzen sind. Seit Jahren trommelt er die Notwendigkeit von Allianzen: zwischen lokalen, ­regionalen oder nationalen Medienhäusern – gegen die digitalen Silicon-Valley-­ Giganten wie Google oder Netflix. Doch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit, so Breitenecker, hält sich in Grenzen: „Wir haben erkannt, dass es nicht zielführend ist, erst mit allen zu diskutieren, auf ­welche Plattform man sich einigt. Es herrscht zu viel Misstrauen, wenn es um Kooperation geht. Dieser Ansatz hat also wenig gebracht.“ Auf der großen Ebene ist er ohnehin desillusioniert: Einen europäischen Play-
er als Gegenwicht zu Amazon & Co. zu formen, „ist deshalb schwer zu reali­ sieren, weil Bewegtbild sprachlich sehr begrenzt ist“. Deshalb geht er nun von der Praxis aus. Was umsetzbar ist, wird gemacht – Ultrapragmatismus der neuen Breiten­ ecker’schen Art. Konkret verweist er ­darauf, in welchen Bereichen es nach mehrmaligem Anlauf gelungen ist, mit anderen Medienhäusern zusammenzu­ arbeiten: „Wir können jetzt Bilanz zie­ hen, was in der Praxis funktioniert: das Austria Log-in, der Austria Marketpla­ ce, die Austria Videoplattform und der Austria Player“, zählt Breitenecker auf: „In all diesen Bereichen gibt es zahlrei­ che Kooperationen: mit dem ORF eben­ so wie mit der VGN, mit Magenta eben­ so wie mit dem Handelsverband, mit Red Bull ebenso wie mit der ‚Krone‘.“ Und das sei, ergänzt er, „eine unvollstän­ dige Aufzählung“. Sogar in Richtung Küniglberg spuckt er keine großen Töne mehr: Er ist froh, wenn der ORF bei dem einen oder anderen Kooperations­ projekt an Bord ist. FOTOS: PULS 4/BERNHARD EDER, BEIGESTELLT STAAT UND MARKT. De facto bringt er jedoch im gleichen Atemzug sein „größ­ tes Projekt“, einen Austria Player mit der App Zappn, in Stellung – gegen das riva­ lisierende Mammutprojekt ORF-Player. Es soll „ein österreichischer StreamingChampion“ werden, genau, wie ihn der ORF realisieren will: Inhalte verschie­ denster Anbieter, viel österreichischer Content, Mediatheken. Die App wurde inzwischen 1,8 Millionen Mal herunter­ geladen, berichtet der Senderchef. Aktu­ ell gebe es 939.000 monatlich aktive User, „ein unerwarteter Erfolg.“ Übersetzt heißt das: Jeder macht jetzt sein eigenes Ding, und der Markt soll entscheiden, was sich am Ende durch­ setzt, denn Platz für mehrere österrei­ chische Player wird es realistischerweise kaum geben. Dass dieser Markt aber den Staat als Regulator braucht, ist auch Breitenecker klar. Deshalb kann er sich, wenngleich in staatstragendem Ton, am Ende einen kleinen Seitenhieb in Richtung ORF dann doch nicht verkneifen: „Wir haben uns aus dem Thema ORF-Wahlen be­ wusst herausgehalten. Der im letzten Jahr aber stärkere Ruf nach Staat und Förderungen ist nicht gut für Unterneh­ men. Für ein Medienunternehmen ist die tatsächliche Unabhängigkeit von Staat und Politik wichtig.“ Gemischte Gefühle im Homeoffice: ­Arbeitserfahrungen in der Pandemie Die große trend-Umfrage: Welchen Einfluss die Erfahrungen der Pandemie auf den Stellenwert der Arbeit und den Wunsch nach Vereinbarkeit mit dem Privatleben hatten. Je stärker in den Firmen wieder auf Präsenz gesetzt wird, umso mehr wird die Notwendigkeit klarer Homeoffice-Regelungen ersichtlich. Denn viele Arbeitnehmer, berichten Arbeitsmarkt­ experten, müssen nach der Erfahrung von Kurzarbeit und Distanzarbeit in der Pandemie nun quasi in einen anderen Modus schalten. Wer die Vorzüge des hybriden Arbeitens oder von weniger Arbeitsstunden entdeckt hat, will oft auch dabei bleiben. Haben die Corona-Erfahrungen die Einstellung zur Arbeit generell verändert – und haben sie dem Thema Work-Life-Balance noch einmal einen Schub gegeben? Eine Umfrage des Linzer market-Instituts für den trend legt nahe, dass die Pandemie jedenfalls auch in dieser Hinsicht nicht spurlos an den Österreichern vorbeigegangen ist. 28 Prozent geben an, dass sich der Stellenwert der Arbeit durch die Corona-Erfahrung in ihrem Leben verändert hat. 44 Prozent sagen Nein. 28 Prozent der 1.000 Befragten sind nicht (mehr) berufstätig. Der Ausgleich zwischen Berufs- und Privatleben scheint insgesamt an Bedeutung zu gewinnen. Laut market sagt fast ein Viertel, 23 Prozent, der Befragten, dass sie künftig mehr Wert auf Work-Life-Balance legen wollen. Weitere 40 Prozent antworten mit „eher doch“. Insgesamt 37 Prozent sind bei diesem Punkt eher skeptisch. Sehr gemischt ist das Meinungsbild bei der Einstellung zum Homeoffice. Für 31 Pro­zent ist es kein erstrebenswertes Ziel. Auffälliges Detail: Die Zustimmung ist bei den unter 30-Jährigen und bei den 40- bis 50-Jährigen deutlich höher. „In der Alters­ phase dazwischen sind oft Kleinkinder im Haus“, interpretiert market-Expertin Birgit Starmayr diese Kluft als Erfahrung von altersspezifischem Homeoffice-Horror. Grundsätzlich können sich 22 Prozent der Befragten Arbeit von zu Hause an einem Tag pro Woche vorstellen, weitere 33 Prozent sogar an zwei und mehr Arbeitstagen. Dauerhaft den Job in die eigenen vier Wände zu verlegen, halten dagegen nur 14 Prozent für ein erstrebenswertes Ziel. „So wirklich überzeugt ist man nicht, dass Homeoffice eine Alternative ist“, fasst Starmayr zusammen. BECK Hat sich der Stellenwert der Arbeit in der Pandemie für Sie verändert? 28 % Ja 28 % nicht (mehr) berufstätig 44 % Nein Werden Sie künftig mehr Wert auf Work-Life-Balance legen? 16 % sicher nicht 21 % eher weniger 23 % auf jeden Fall 40 % eher doch Ist für Sie Homepffice ein erstrebenswertes Ziel? 14 % gesamte Arbeitswoche 31 % Nein, nicht wirklich 33 % An 2-3 Tagen/Woche 22 % An einem Tag/Woche Diese repräsentative trend-Umfrage wurde vom market-Institut durchgeführt. n = 1.000 Befragte. market.at BIRGIT STARMAYR, market-Institut 25. 6. 2021 | T RE ND 9
TREND WIRTSCHAFT START ALOIS CZIPIN, 65, der Produktivitätsberater, will nun unter dem Dach einer französischen Gruppe seine Dienstleistungen erweitern. Czipin ist seit längerer Zeit auch trend-Kolumnist (siehe Seite 151). Einmal geht’s noch V or zwei Jahrzehnten verkaufte Unternehmensberater Alois Czipin sein damaliges Unternehmen an den britischen Consulter Proudfoot. Er machte dabei gutes Geld, aber die Sache ging nicht gut aus. Eigentlich sollte Czipin an Bord bleiben, aber die neuen Eigentümer ­hatten ihre eigenen Vorstellungen, und er war bald raus. Er gründete ein neues Unternehmen, das sich wieder auf Produktivitätssteigerung spezialisierte – und verkaufte es jetzt fast genau auf den Tag 20 Jahre nach dem ersten Deal an Efeso, eine Consultinggruppe mit Hauptsitz in Paris, die 600 Leute beschäftigt. „Efeso ist ebenfalls stark in der Verbesserung von Produktionen und damit der perfekte Partner für uns“, gibt sich Alois Czipin überzeugt, dass es diesmal besser klappt: „Wir werden in Österreich weiter unter unserer Marke agieren und unsere Stärke in Vertrieb und Marketing in die gesamte Gruppe einbringen.“ Nachsatz: „Die Schmerzen, mit denen ich den ersten Verkauf bezahlt habe, werden sich nicht wiederholen.“ 10 T REND | 25. 6. 2021 Czipin hat seine Anteile komplett abgegeben, wird aber mit seinen 30 Leuten die Länderverantwortung für Österreich behalten. Und er wird einer der größeren Partner (und Teilhaber) bei Efeso Consulting sein. Zu 75 Prozent gehört die Gesellschaft einem Private Equity Fund im Dunstkreis der berühmten ­Familie Lazard. Der 65-jährige Produktivitätsberater meint, er hätte drei Optionen gehabt: zu warten, bis jemand auftaucht, der die Firma weiterführt, oder mit zunehmendem Alter langsam zu schrumpfen oder eben mit einem starken Partner noch eine Zeit lang weiterzumachen und zu internationalisieren. „Das hätte ich aus eigener Kraft nicht mehr geschafft. Wir haben ein gutes System für Effizienz­ steigerungen, aber Themen wie Digitalisierung oder Industrie 4.0 nur wenig ­beleuchtet. Jetzt können wir auch diese Bereiche anbieten.“ Im Übrigen sei das Produktivitäts­ dilemma gerade im Wandel begriffen: Denn die meisten Unternehmen hätten schlicht zu wenig Personal, um alle Aufträge zu bewältigen, die sie bekommen könnten. Für vorerst fünf Jahre ist Alois Czipin noch fix bei Efeso engagiert: „Ein neues Kapitel in meinem Leben.“ – erstmals nicht mehr als ausschließlich eigen­ ALP verantwortlicher Unternehmer. Erratum In der Story über das oberösterreichische Fotobuch-Unternehmen HappyFoto auf Seite 52 in trend Top 500 (Juni 2021) ist ein bedauerlicher Irrtum passiert. Zu den Kunden des seit 2020 von Marlene Kittel, der Tochter des Gründers Bernhard Kittel, MARLENE KITTEL geführten Unternehmens zählen nicht, wie im Artikel angeführt, Ketten wie Hartlauer, BIPA oder dm. HappyFoto ist ein reines B2C-Unternehmen und mit rund 500.000 Stammkunden Österreichs größter ­Fotobuchproduzent. FOTOS: WOLFGANG WOLAK (2), PICTUREDESK.COM/APA/ROBERT JAEGER, OTS/DANIEL SHAKED Zum zweiten Mal hat Alois Czipin eine PRODUKTIVITÄTSBERATUNG verkauft. Mit der Efeso-Gruppe als Partner soll es besser laufen als nach dem ersten Deal.
Maske­rade bei Hygiene Austria Der heimische Maskenhersteller HYGIENE AUSTRIA sorgt auch nach dem Ausstieg von Lenzing für Rätselraten. D rei Monate nach der Trennung der Hälfteeigentümer Lenzing und Palmers kommt der Maskenhersteller Hygiene Austria nicht zur Ruhe. Der neu eingesetzte Co-Geschäftsführer Michael Schleiss hat die Firma schon nach einem Monat wieder verlassen. Es sei „von Beginn an klar“ gewesen, dass Schleiss „nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung steht“, heißt es auf Anfrage. Für ein Interview steht Alleingeschäftsführerin Claudia Witzemann nicht zur Verfügung. Hygiene Austria OFFENE FRAGEN. Hygiene-Austria-­ Produktion (links), Geschäftsführerin Claudia Witzemann. war wegen des Verdachts der Schwarz­ arbeit und des Betrugs in die Schlag­ zeilen geraten. Rätselhaft ist die Anfang Mai erfolgte Abspaltung des Geschäfts mit FFP2und MNS-Masken in eine Firma namens bnb.healthcare, die formell im Besitz der Wiener Rechtsanwaltskanzlei Höhne In der Maur ist. Wer dahinter steht, will bnb.healthcare-Geschäftsführer Thomas In der Maur mit Verweis auf anwaltliche Verschwiegenheitspflichten nicht sagen. Auf trend-Anfrage sagen die Palmers-­ Eigentümer, dass auszuschließen sei, dass „einer oder mehrere Eigentümer von Palmers oder den Eigentümern von Palmers nahe stehende ( juristische oder natürliche) Personen mit bnb.healthcare verbunden sind“. Die Abspaltung ist deshalb delikat, weil sie den künftigen Kaufpreis beeinflussen könnte. Mit der Abtretung des Hälfteanteils Ende März hat Lenzing vorerst nur einen Euro von Palmers ­kassiert, bis 2025 kann der Faserspezialist je nach Umsatz bis zu 3,6 Millionen Euro erlösen. Ohne Maskengeschäft – oder nur noch mit einem Teil davon – stellen sich die Perspektiven jedoch verändert dar. Lenzing setzt auf Vertrauen: Man habe „keinen Grund zur Annahme, dass die Palmers AG ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen BECK wird“, so ein Sprecher.
TREND WIRTSCHAFT START Bankenzwist wird noch brutaler Gestärkt aus der Krise Familienunternehmen im deutschsprachigen Raum kamen laut PWC-STUDIE gut durch die Krise und sehen sich großteils bereits wieder auf Wachstumskurs. W ie bereits in früheren Krisen ­haben Familienunternehmen auch in der Covid-Pandemie Widerstandsfähigkeit bewiesen“, fasst PwC-Partner Rudolf Krickl eine aktuelle Studie des Wirtschaftprüfers und Beraters zusammen. Gerade in Österreich werden auch große Leitbetriebe und Weltmarktführer wie Spar, Andritz, ­Palfinger oder Plansee von Eigentümerfamilien geprägt. Unabhängigkeit und langfristiger Bestand sind für sie hohe Werte. Deshalb setzen sie auf starke Eigen­ kapitalquoten, was ihnen in der Krise zugute kam. Weniger als ein Fünftel haben im Krisenzeitraum auf externes Kapital zurückgegriffen. „Auch in einer Krise schießen Eigentümer eher selbst Kapital Covid-Einschnitte bei Familienunternehmen in D-A-CH-Region 52 % keine 32 % Dividendenkürzung 28 % Bonusreduktion QUELLE: PWC Gehaltskürzung Eigenkapitalzuschuss durch Inhaber 19 % 10 % MEHR ALS DIE HÄLFTE der Familienbetriebe kamen ohne finanzielle Einschnitte durch die Krise. 12 T REND | 25. 6. 2021 zu“, so Krickl. Konkret notwendig war das aber nur bei zehn Prozent der befragten Unternehmen in der Region. „In Familienunternehmen kam es auch zu weniger Einschnitten durch Bonusreduktion oder Gehaltskürzungen“, so der Experte weiter (siehe Grafik). „Die Botschaft an ihre Mitarbeiter war, die Krise gemeinsam durchzustehen. Sie haben weniger Kurzarbeit in Anspruch genommen als internationale Konzerne und die Krise nicht benutzt, um Personal abzubauen“, sagt Krickl. „Mit ihren flexiblen Strukturen können sie schnell reagieren und haben schon zu Krisenbeginn nachgedacht, wie sie gestärkt herauskommen. Daher können sie Chancen wahrnehmen, sie sind bei Transaktionen schon jetzt dabei und institutionellen Investoren voraus“, beobachtet der Berater. Im laufenden Geschäftsjahr gehen immerhin 57 Prozent von einem Wachstum aus, für 2022 ­erwarten 82 Prozent Umsatzzuwächse. Aufholbedarf konstatiert der PwC-Experte jedoch bei der Digitalisierung. Bei digitalen Geschäftsmodellen seien viele noch nicht so weit. „Sie sind auch häufiger von Cyberangriffen betroffen, weil sie oft schlechter geschützt sind und Angreifer wissen, dass Eigentümerfamilien ­Lösegeld bezahlen können“, nennt Krickl MID eine Achillesferse der Betriebe. Man ist ja schon einiges gewohnt im mittlerweile über zwei Jahre andauernden Rechtsstreit zwischen der UniCredit Bank Austria und der 3-Banken-Gruppe (Oberbank, BKS und BTV). Auf der letztwöchigen außerordent­lichen Hauptversammlung der BTV, auf der eine Umwandlung der Vorzugs- in Stammaktien beschlossen wurde, eskalierte die Auseinandersetzung in noch nicht dagewesenem Ausmaß. Aktionärsvertreter sprechen davon, dass die BTV die Rechte der Aktionäre mit Füßen getreten habe. Wie mehrfach berichtet, fühlt sich die Bank Austria, die an den drei Regionalbanken jeweils zwischen 27,8 (Oberbank) und 46,8 (BTV) Prozent besitzt, durch die Überkreuz-Beteiligungen der 3-Banken benachteiligt und in ihren Aktionärsrechten beschnitten. Dazu laufen ein Verfahren bei der Übernahmekommission und mehrere Hauptversammlungsanfechtungen bei Gericht. Kürzlich errang die Bank Austria beim OGH einen Etappensieg gegen die 3-Banken, in dem festgehalten wurde, dass es eine Umgehung der Minderheitenrechte der Bank Austria darstelle, wenn diese keinen Aufsichtsrat stellen dürfe. Doch zurück zu der letztwöchigen Hauptversammlung: Unter Vorsitzführung des BTV-Aufsichtsratsvorsitzenden Hanno Ulmer wurden reihenweise Fragen der UniCredit nicht beantwortet, einige gar nicht zugelassen, die Beschlussfolge verändert und die Stimmen der Bank Austria zum Beschluss gar nicht zugelassen, weil diese angeblich „treuwidrig“ agierte. Kleinaktionärsvertreter Florian Beckermann meint: „Für den Vorzugsaktien-Streubesitz ist das Votum zwar erfreulich, erhält man doch stärkere Stammaktien. Beschämend ist allerdings der Weg dorthin: Gegen den Widerstand der UniCredit Bank Austria wird hier das Aktienrecht flexibilisiert – nicht unbedingt ein Glanztag für die Hauptversammlungskultur. Eine juristische Lösung des Zwists FOTOS: NADINE STUDENY, WOLFGANG WOLAK, OTS/THOMAS SCHROTT RUDOLF KRICKL, Partner und Leiter des Bereichs Familienunter­ nehmen und Entrepreneurship bei PwC Österreich, attestiert heimischen Fami­lien­ unternehmen Krisenresistenz dank solider finanzieller Basis. BTV brüskiert Großaktionär Bank Austria auf der Hauptversammlung. Kleinaktionäre reagieren empört.
DIE WOGEN ZWISCHEN BANK AUSTRIA-CEO ROBERT ZADRAZIL (l.) und BTV-Chef Gerhard Burtscher gehen hoch. Die BTV ließ Aktionär Bank Austria auf der Hauptversammlung nicht mitstimmen. mit der UniCredit Bank Austria ist teuer, langatmig und, wie es scheint, nicht ziel­ führend. Die meisten Aktionäre sind davon nur noch genervt“, so Beckermann. In der BTV sieht man das anders. Lang­atmige Fragerunden und Anträge auf uferlose Sonderprüfungen durch die Bank Austria seien nicht nur der Versuch einer Zermürbungstaktik, sie bilden die Grundlage weiterer Anfechtungsklagen und gerichtlicher Schritte, vermutet die BTV. Und dies alles sei Teil eines Plans der UniCredit,die Kontrolle über die 3-Banken mit „unlauteren Methoden“ zu erlangen. Die vergangene Woche erfolgte Umwandlung der Aktien sei für die Eigenmittel der BTV wichtig gewesen. Alle anderen Aktionäre hätten dem Antrag auch zuge­ stimmt, so die BTV. Dem widerspricht wiederum die Bank Austria. Die Umwandlung ohne Stimmrechte der Bank Austria stelle eine neuerliche, massive Verletzung von Aktionärsrechten dar. Daher „wird die UniCredit Bank Austria als größter Minderheitsaktionär rechtlich dagegen vorgehen“, heißt es aus der Bank. Die Bank Austria wollte der Umwandlung der Aktien nur deshalb nicht zustimmen, weil es vor der Hauptversammlung zum Abschluss von „rechtswidrigen Subsyndiaktsverträgen“ unter anderem mit Doppelmayr und der Vorarl­berger Landesversicherung gekommen sein soll, ist zu hören. Sprich: Die 3-Banken sollen sich weitere Verbündete zur Abwehr der UniCredit-Begehren ins Boot geholt haben, ohne dies transparent zu machen. Was die BTV auf Anfrage aber bestreitet. Es sieht also alles in allem nicht so aus, als könnten bald eine Lösung des Konflikts gefun­ den werden.  AKRA
TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH D „Ein Klima des Zweifelns“ Mit einer Doppelstrategie sucht sich aus dem Skandalsumpf zu ziehen: erst in der Märtyrer-Pose, jetzt als Kanzler, dem die Welt vertraut. Nicht nur zu Hause machen sich dennoch Gerüchte und Fragen breit. ie PropagandaTruppe am Wiener Ballhausplatz wollte es besonders spanSEBASTIAN KURZ nend machen. Vergangenen Freitag setzte sie folgendes Aviso ab: Diesen Montag wird ein prominenter ausländischer Gast im Garten des Wiener Palais Liechtenstein erwartet. Die kindliche Geheimnistuerei fiel nicht einmal am Boulevard auf fruchtbaren Boden. Das vermeintliche Rätsel ohne Sphinx war rasch gelüftet. EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen machte Montagmittag in Wien für zwei Stunden Station. Unmittelbar nach der missglückten Sensation auf Raten setzte der Ballhausplatz das nächste Aviso ab. Gleich nach VON JO SEF VO T Z I der Von-der-Leyen-Visite lädt das Kanzleramt Bildmedien zum „Kamera­ den frei nach Hubert Gorbach zutrifft: schwenk“. Anlass: eine Videokonferenz „The World in Austria is too small“. mit Angela Merkel. Man kann, was in Türkisistan zunehZu Wochenbeginn tat die türkise mend verpönt ist, die Ereignisse aber PR-Truppe den dritten Streich kund, mit auch als das einordnen, wofür sie zualdem Sebastian Kurz endlich wieder kräf- lererst gedacht sind. In den vergangenen tig Punkte machen will. Der Kanzler jet- Monaten hagelte es mehr negative Schlagzeilen, als selbst die ditet am Dienstag zu einem für cke Teflonschicht des Kanzlers exakt 25 Minuten angesetzten Auftritt beim „Tag der deutabzufedern vermochte. schen Industrie“ nach Berlin. Erst an der Corona-Front, wo sich das Licht am Endes Der Event ist hochkarätig: Nach Monaten des Lockdowns Impf-Tunnels lange nicht einstellen wollte. Dann an der ein Speed-Dating aller Spitzen Front des Ibiza-U-Ausschuss, der deutschen Wirtschaft und wo die Lawine politisch hochPolitik – von Noch-Regierungs­ notpeinlicher und persönlich chefin Angela Merkel bis zu entlarvend pubertärer Chats den schwarz-grünen NachfolgeDER AUTOR . in Kurz’ türkiser Nomenklatur Duellanten Armin Laschet Josef Votzi ist nicht enden wollte. und Annalena Baerbock. Kurz einer der renomIn Sachen Corona hoffen ist einer von 113 „Speakern“ der miertesten Polialle Beteiligten auf die Strahldreitägigen Hybrid-Tagung. tikjournalisten des Man kann über die Abfolge Landes. Er arbeitete kraft eines entspannten Somfür profil und News mers. Gegen die vielen Eindes im Laufe dieser Woche angesetzten Staccatos an Bildern und „Kurier“. Für den schläge aus dem Ibiza-U-Austrend verfasst er und Messages so berichten, schuss setzen die Türkisen auf jede Woche „Politik wie es die Regisseure am Balljenes Rezept, mit dem sie bei Backstage“. Jeden hausplatz gerne hätten: Seder letzten Wahl reüssierten: Freitag auch auf alle gegen Kurz, der Obertürbastian Kurz, ein Kanzler, auf trend.at 14 T REND | 25. 6. 2021 kise in Märtyrerpose. Neue Strophe im gleichen Lied: Weil ihm die Opposition bei Wahlen nicht beikäme, würden sie nun U-Ausschuss und Justiz „missbrauchen“, um ihn politisch kleinzukriegen. Zu Hause: Kurz das Opfer heimischer Neider und sinistrer Justizkreise. Jenseits der Grenzen Kurz als begehrter Gesprächspartner von Topgrößen aus Wirtschaft und Politik – das sind die Bilder, mit denen sich die ÖVP am eigenen Schopf wieder aus dem Skandal-Sumpf ziehen will. Kein Vier-Augen-Termin bei Merkel Die ÖVP-Regisseure tun alles, damit nicht sichtbar wird: Vieles ist alles andere als Gold, was hier auf gülden glänzend poliert wird. Die Blitzvisite von Ursula von der Leyen in Wien war nur eine vielen, die sie dieser Tage unternimmt. Die EU-Kommissionspräsidentin hat aus der massiven Kritik während der Coronakrise gelernt. Sie will nun die Good News so oft wie möglich selbst vor Ort überbringen: Die EU nimmt so viel Geld wie noch nie für Neustart und Umbau der Wirtschaft in die Hand. Sie macht nicht wegen Sebastian Kurz in Österreich Station, sondern wegen Ursula von der Leyen. Mehr Schein als Sein auch das groß inszenierte Videotelefonat von Sebastian Kurz mit Angela Merkel: Ende dieser Woche stand wieder einmal ein EU-Gipfel der Staats- und Regierungschef in Brüssel an. Davor wird regelmäßig das Terrain sondiert. Ungewöhnlich war allein, dass Kurz ein Routinetelefonat in die Medienauslage stellte. Auffällig ungewöhnlich war, sagen EU-Insider, dass Merkel und Kurz bloß telefonierten, obwohl es nicht einmal 24 Stunden später die Chance gegeben hätte, unter vier Augen zu reden. Das deutsche Kanzleramt war freilich, so das gut gesicherte Ondit, ob des Umgangs von Kurz mit Merkel alles ­andere als amused.
ternimmt die ÖVP, wenn der türkise Hoffnungsträger durch zusätzliche Chats, eine Anklage oder gar eine Verurteilung zu einer derartigen Belastung wird, dass es besser erschiene, sich zumindest kurzfristig zurückzuziehen und die Klärung abzuwarten? Kein Rauch ohne Feuer – in einigen Macht Kurz Blümel zum ÖVP-Zirkeln ging die vermeintliche Bauernopfer? Junggotteslästerung tatsächlich um: Jüngst machten vermehrt Gerüchte die Wer kommt, wenn Kurz gehen muss? Runde, Kurz würde demnächst In der überschaubaren Gruppe der kaltschnäuzig auch einen seiner engsten türkisen Entscheidungsträger war und ist Parteifreunde opfern, dies bis jetzt kein Thema. um seine eigene Haut zu In den Polit- und „Gerüchte sind schon retten. Gernot Blümel im Umlauf. Eine medialen Zirkeln länger wurde zuletzt gar als Ablöse oder ein kurzfrisvon Berlin wird tiger Ersatz von Kurz künftiger EU-Kommissar genannt, sobald Jowurde im Kreise der Parjeder Österreihannes Hahn die Pensiteiobleute aber noch nie cher gefragt: besprochen“, versichert on schmackhaft gemacht worden sei. Es war nur „Wie lange gibt es ein ÖVP-Landesfürst. Kurz eigentlich eines von mehreren auf„Die Substanz dieser geregten Rücktrittsszeganzen Geschichten ist, noch?“ narien. Dieses soll den dass es ein Klima des Finanzminister intern kurzzeitig sogar Zweifelns gibt“, analysiert ein anderer amüsiert habe, weil es wenigstens nicht Spitzentürkiser. Die Skandal-Chats lösunschmeichelhaft klang. ten ÖVP-intern breite Verunsicherung, Ein Bauernopfer Blümel würde Kurz aber keine neue Obmann-Debatte aus: selber freilich noch mehr zur Zielscheibe „Unsere Leute sind eher auf dem Trip, von Rücktrittsforderungen der Opposi- das ist ein Wahnsinn. Etwa, dass auch tion machen. Zumal in Zeitungen be- die Chats zwischen Schmid und seiner reits Vorarlbergs Markus Wallner und Sekretärin über seinen Dienstpass und Salzburgs Wilfried Haslauer als mögli- sein Leumundszeugnis veröffentlicht che Ersatzspieler kolportiert wurden. werden dürfen. Es gibt statt einer ObHintergrund dieser Planspiele: Was un- manndebatte vielmehr den Wunsch nach einer Gegenrevolte: Der Rechtsstaat muss für alle gelten.“ Dort wo sich der Ösi-Kanzler dieser Tage etwas Politur und Glanz für sein schwer ramponiertes Image erhofft, wird „Kurz und der Sumpf von Wien“ („Der Spiegel“) zunehmend ohne jedes Wenn und Aber besprochen. In den Polit- und medialen Zirkeln von Berlin wird jeder, der als Österreicher ausgemacht wird, in Sachen Sebastian Kurz vor allem mit einer Frage konfrontiert: „Wie lange gibt es Kurz bei euch eigentlich noch?“ Die Moment plausibelste Antwort, es gebe null Indizien für einen Kanzlerwechsel, löst im bestem Fall Verblüffung, in vielen Fällen auch blankes Unverständnis aus. Mit simpler Opfer-InVIDEOCHAT. Kanzler Kurz vergangenen szenierung ist für den österreichischen Montag bei einer Videokonferenz mit Angela Kanzler bei den deutschen Nachbarn Merkel. Persönliche Treffen mit dem Österreicher auch mit der neuen Charmeoffensive meidet die deutsche Kanzlerin. wohl nichts zu gewinnen. FOTO: PICTUREDESK.COM/APA/DRAGAN TATIC Wien hatte Berlin erst wenige Tage davor wissen lassen, dass Kurz zum Tag der deutschen Industrie und einem publicityträchtigen Get-together mit dem Starvirologen Christian Drosten anreist. Zudem irritiere die deutschen Staatskanzleien schon länger, dass Kurz zusätzliche Terminwünsche nicht über die Diplomatie einfädle, sondern über den befreundeten Springer-Verlag. Merkel und die Springer-Flaggschiffe „Bild“ und „Welt“ sind einander schon länger spinnefeind. Kurz wird dort nach wie vor hofiert. Jetzt sogar noch auffälliger, weil so gut wie alle deutschen Medien dem Messias-Hype abgeschworen haben. Folge der chronischen Verstimmung zwischen Merkel und Kurz: Es ist bereits das zweite Mal binnen weniger Monate, dass die deutsche Kanzlerin bei einer seiner Berlin-Visiten keine Zeit für den Österreicher findet. Die langgediente Kanzlerin, die mit dem Jungspund nie warm wurde, fühlt sich in ihrer persönlichen Skepsis längst auch politisch bestätigt. Ganz oben auf ihrem Kurz-Sündenregister: der Versuch, im Frühjahr gemeinsam mit der sozialdemokratischen dänischen Regierungschefin aus der EU-Impfstrategie auszubrechen und sein Glück mit einer Reise zu Benjamin Netanyahu zu versuchen, in der – allerdings enttäuschten – Hoffnung, mit frischem Impfstoff im Gepäck nach Hause zu kommen. Als schwer verzeihlich wertet Merkel auch die EU-interne Front, die Kurz in Sachen Impfstoffverteilung aufmachte. Und, als die behaupteten „EU-Pannen“ primär als hausgemacht entlarvt wurden, einen Beamten dafür über die Klinge springen ließ. 25. 6. 2021 | T RE ND 15
Alterserscheinungen Die Last der Pandemie wäre ein Anlass, ein Programm gegen den Mangel an Zukunftsperspektiven der jungen Generation zu entwerfen. D ANDREAS LAMPL Chefredakteur ie Überlegung, nur Geimpften und Genesenen den Zugang zur Nacht­ gastronomie zu gewähren, nicht aber negativ Getesteten, quittierte der Sohn einer Freundin ziemlich sauer: Wer sich immer brav an alles gehalten und sich nicht ­infiziert habe, soll jetzt dafür bestraft werden. Er stünde besser da, hätte er sich mit dem Virus ­an­gesteckt. Das Gesundheitsrisiko wäre für einen 20-Jährigen ja tatsächlich minimal gewesen. Man kann jetzt einwenden, dass es eh nur noch ein, zwei Monate dauert, bis auch die unter 30-Jäh­ rigen halbwegs durchgeimpft sind. Und was sind schon ein paar Nächte weniger in einem Club? Das wäre aber jene Ignoranz, mit der den Jungen schon während der gesamten Pandemie begegnet wird. Die Politik hat dem Gesundheitspersonal und Angestell­ ten des Lebensmittelhandels Dank ausgesprochen. Aber niemand hat sich bei der jungen Generation be­ dankt, die sich überwiegend strikt an die Einschrän­ kungen gehalten hat. Kaum um ihrer selbst willen, wohlgemerkt – sie hatte ja wenig zu befürchten –, sondern um zum Schutz der Menschen ab 40 beizu­ tragen. Und nein, das ist nicht selbstverständlich! Der Staat hat sich auch wenig um die Sicherung der Ausbildungsqualität an Schulen und Universi­ täten gekümmert. Manche hatten Glück mit enga­ giertem Lehrpersonal, andere nicht. Aber es waren Hundertschaften der Polizei zur Stelle, wenn sich – wie erst in letzter Zeit des Öfteren – der Frust bei ­Feiern im öffentlichen Raum entlud. V iele Jugendliche und vor allem junge Erwach­ sene hatten schon vor Corona das Gefühl, schlechtere Rahmenbedingungen vorzufinden als ihre Eltern. Die Pandemie hat diese Stimmung ver­ festigt. Dass sie am Jobmarkt am stärksten von der Covid-­Krise betroffen sind, hat das Wirtschaftsfor­ schungsinstitut unmissverständlich festgestellt. Wer nicht IT-Spezialist ist, musste sich schon davor häu­ fig von einem Praktikum zum anderen oder von ei­ ner ­Teilzeitstelle zur nächsten hangeln. Nun ist es noch schwieriger geworden. Der holprige Start ins Berufsleben könnte sich bei manchen über die ge­ samte ­Arbeitslaufbahn hinweg negativ auswirken. Die Jungen werden auch die größte Last durch die enorm gestiegene Staatsverschuldung zu tragen haben. Jene, die in den nächsten Jahren in Pension gehen, sind davon wenig betroffen. Politik und Sozi­ alpartner hätten auch unabhängig von Covid genug 16 T REND | 25. 6. 2021 Anlässe gehabt, ein Zukunftsprogramm zu entwer­ fen, in dem nicht Absicherung erworbener Rechte im Vordergrund steht, sondern Chancengleichheit für die Einsteiger, die naturgemäß nicht die stärks­ ten Lobbys haben. Jetzt gilt das umso mehr. Ge­ sundheitskrise, digitale und ökologische Transfor­ mation rütteln an der Stabilität des Wirtschaftssys­ tems. Für die, die sich noch nicht etablieren konnten, werden die Karrierewege verschlungener. Ins Ranking der reichsten Österreicher in dieser trend-Ausgabe fanden eine paar Start-up-Multimil­ lionäre Eingang, die mit innovativen Ideen hoch be­ wertete Unternehmen gegründet haben. Schön, weil sie als Identifikationsfiguren taugen. Aber solche Er­ folgsstorys ändern nichts daran, dass die Generation unter 30 ihren Platz im Wirtschaftsgefüge noch nicht gefunden hat. Sie wird zwar im Durchschnitt mehr erben als ihre Vorgänger, weil die Gesellschaft in einer langen Phase der Prosperität Vermögen ­kumulieren konnte. Das mag für manche ein Trost sein, aber noch keine Erfüllung. E s ist bezeichnend, dass zum Beispiel in Pensi­ onsdebatten bei uns fast nie über die Zukunfts­ vorsorge der Jüngeren gesprochen wird, obwohl auf der Hand liegt, dass im derzeitigen System für sie nicht mehr viel zu erwarten ist. In Deutschland gibt es ­zumindest den Vorschlag, dass der Staat für jedes Kind bis zum 18. Lebensjahr 100 Euro monatlich am Kapitalmarkt investieren soll, um einen Anstoß zu geben, diese Praxis danach privat weiterzuführen. Norwegen hat seit Langem einen höchst e­ rfolgreichen staatlichen Pensionsfonds. In Österreich gibt es nach Karl-Heinz dem dämlichen Modell der einst von ­ Grasser eingeführten geförderten Zukunftsvorsorge keinerlei Anreize mehr in diese Richtung, obwohl damit der Wirtschaft Investitionskapital zur Verfü­ gung stünde und gleichzeitig jungen Menschen beim Vermögensaufbau geholfen werden könnte. Die so gerne cool auftretende Kanzlerpartei ÖVP, die ihre mit Abstand höchsten Wählerquoten aller­ dings bei den über 60-Jährigen erreicht, hat er­ staunlich wenige Ideen, um den Jungen die Start­ phase zu erleichtern. Ihre antiquierten bildungs­ politischen Vorstellungen sind eher das Gegenteil. Österreich ist definitiv noch kein ausreichend at­ traktiver Ort, um hier zu studieren, zu forschen oder Unternehmen zu gründen. Anderenfalls würden wir ja mehr gute Köpfe aus dem Ausland anziehen. lampl.andreas@trend.at

KLIMA CORONA, DIE VIERTE Wien darf nicht Athen werden Bitte gleich Omega Nachdem der „Gürtelpool“ der rot-grünen Stadtregierung vergangenen Sommer nicht den gewünschten Erfolg brachte, versucht die Stadt Wien heuer mit „Sommerspritzern“ und „Karlsplatsch“ der Hitze Herr zu werden. Eine „coole App“ soll den hitzegeplagten Städtern den Weg zum kühlen Nass weisen. Die wird es auch brauchen, denn manche dieser nicht gerade billigen Wasserspender finden sich an etwas seltsamen Orten. Kürzlich entdeckt: eine Dusche in Ottakring zwischen Friedhof und Altersheim, die ausschließlich die ­Straße und einen Teil des Gehsteigs ­besprenkelt. Im nahen Park oder am Kinderspielplatz verzichtete man hingegen auf Abkühlung. Egal! Letztes Wochenende zog es ohnehin halb Wien in die Freibäder. Doch auch da gelangten viele Wiener an ihre Grenzen, denn die Corona-bedingte Onlineanmeldung funktionierte vielfach nicht und Menschenschlangen vor den Bädern wegen zu wenig Personals – auch hier übrigens kein „Spritzer“ – verzögerten die heiß ersehnte Abkühlung erheblich. Wien ist eine coole Stadt – keine Frage! Aber wir brauchen weder Gürtelpools noch andere Klima­ schmähs wie völlig verpeilte Sprinkler an verwaisten Straßenecken. Wien hat tolle Freibäder, denen mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt und die großteils entsprechend aus- und umgebaut werden sollten, um Corona-Abstände auch nur annähernd einhalten zu können. Und beim Bau neuer Stadtviertel sollte tunlichst noch stärker ­darauf geachtet werden, Grünflächen und Parks einzubauen. Denn Wien darf nicht Athen werden, jedenfalls nicht im Sommer! kramer.angelika@trend.at 18 T REND | 25. 6. 2021 Wir halten jetzt also bei Delta. Kenner des griechischen Alphabets schließen daraus, dass es die dritte Mutation des Virus ist. Mangels griechischer Lettern auf der Tastatur schreiben die Medien aber ohnedies „D“. Die Briten, bei denen sich die nicht eben fantasievoll bezeichnete Variante „B.1.617.2“ flott verbreitet, müssen sich langsam mit dem Gedanken anfreunden, ihr lauwarmes Bier vielleicht bald wieder zu Hause zu konsumieren. Die gerade erst mühsam konstituierte israelische Regierung muss darüber nachdenken, sich bei der Bevölkerung des Corona-Musterlandes gleich unbeliebt zu machen und ihr wieder einen Maulkorb – pardon, natürlich Masken – zu verpassen. Und wir … mal sehen. Momentan stehen die Zeichen auf „Öffnung“, zumindest sobald wir die „ZIB“ aufdrehen, wenn gerade der Bundeskanzler spricht. Der Wiener Gesundheitsstadtrat, der die Gefahr vor einem Jahr wortgewaltig heruntergespielt hat und die Regierung wegen angeblich hysterischer Ängstlichkeit kritisierte, hat sich dagegen eines Besseren besonnen und sieht das mit den Öffnungsschritten (übrigens zu Recht) gar nicht mehr so locker. Also wir halten bei Delta. Ein Vorschlag: Nennen wir die nächste Variante doch einfach „Omega“. Damit könnten wir dem Virus vielleicht signalisieren, dass es uns langsam reicht. bauer.franz@trend.at ARBEITSKOSTEN Personal muss man sich leisten können Martina Bachler über das Spannungsfeld zwischen personalintensiven Branchen und jenen, die mit nur sehr wenigen Mitarbeitern auskommen. Seit Wochen klagen Hoteliers, Wirte und Bäcker, dass es ihnen an Mitarbeitern fehlt, und ebenso lange tobt in den sozialen Medien der Klassenkampf: Würden die Arbeitgeber ihre Leute besser bezahlen, würden sie auch arbeiten kommen, sagen die einen. Dann ginge sich ihr Geschäft nicht mehr aus, sagen die anderen. Es ist ein bekanntes Spannungsfeld, das gerade zugespitzt diskutiert wird. Die digitalisierte Welt wird diese Diskussion aber noch öfter einfordern: Während Facebook zum Beispiel 2020 nur 60.000 Mitarbeiter (also 50 Prozent mehr als die ÖBB) brauchte, um gigantische 72 Milliarden Euro weltweit umzusetzen, müssen sich viele kleine Betriebe bei jedem zusätzlichen Mitarbeiter fragen, ob er sich überhaupt tragen kann. Von der Gastronomie bis zur Pflege gilt: Wo wirklich Personal gebraucht wird, aber die Umsatzmöglichkeiten pro Person nicht quasi ins Unendliche gehen, sind Kalkulationen knapper und Löhne und Gehälter geringer. Das gilt absurderweise auch für den Bereich, in dem die digitale auf die echte Welt trifft: die Auslieferer der Lieferservices, die Lagerarbeiter von Onlinehändlern. Sie alle verdienen mies, und das oft unter miesen Bedingungen. Die Lohnnebenkosten zu senken, kann ein Weg sein, um diese Spannung zwischen den Branchen etwas aufzulösen. Das alleine wird aber nicht reichen. Als Gesellschaft entscheiden wir, für welche Leistungen wir wie viel Geld ausgeben wollen und wie wir sie besteuern – da gibt es viel zu tun. bachler.martina@trend.at FOTO: GETTY IMAGES Angelika Kramer über zum Teil entbehrliche Klimainitiativen der Stadt Wien. Franz C. Bauer über Mutationen, Reaktionen und einen kreativen Vorschlag zu Namensnennung.

Die Auseinandersetzungen haben ein Ausmaß erreicht, das die Republik in ihren Grundfesten erschüttert. POLITIK IST KEIN PONYHOF. Da geht es immer hart zur Sache. Aber die Härte und Maßlosigkeit, mit der derzeit die politische Auseinandersetzung ­geführt wird, überrascht. Die Mischung aus Pan­ demie samt (notwendiger) Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten, einem ausufernden und längst in Emotionen versunkenen parlamen­ tarischen Untersuchungsausschuss, der Veröf­ fentlichung unterirdischer Chatverläufe und der massiven Radikalisierung zumindest einer der ­Oppositionsparteien erweist sich als toxisch für die gewohnte Konsensdemokratie. Gehässigkeit, Streit, Verdächtigungen, Unterstellungen und Polarisie­ rung, wohin man schaut. Unser politisches System be­ wegt sich ganz beiläufig in Rich­ tung totaler Konfrontation. Geht es so weiter, sind wir auf dem Weg in die dritte Republik, in der andere Spielregeln gelten. Bei den aktuellen Auseinan­ dersetzungen wird es mit Daten und Fakten nicht so genau genommen. So werden etwa die durchaus verzichtbaren parteipolitischen Angriffe auf Teile der Staatsanwaltschaft als An­ griffe auf die Unabhängigkeit der Justiz insgesamt gebrandmarkt. Das ist im wahrsten Sinn des Wor­ tes eine Halbwahrheit. Unabhängig sind Richter, Staatsanwälte sind bekanntlich weisungsgebun­ den. An der Spitze der Weisungskette findet sich die Politik in Gestalt der Ministerin. Eine Total­ reform durch Einführung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts ist absolut zu begrüßen. Entscheidend sind Art der Auswahl und Weise der Bestellung. Soll das ein Recht der Parteien, des Parlaments mit Mehrheitsbeschluss oder des Ver­ fassungsgerichts sein, dessen Mitglieder die Par­ teien übrigens nach einem festgelegten Schlüssel nominieren? Der Bundespräsident darf bestellen. Ein anderes Beispiel für den saloppen Umgang mit Recht und Verfassung ist die Rechtfertigung der Neos für das leaken der allgemein empörenden Chats aus den Ermittlungsakten, die dem U-Aus­ schuss vorliegen: Die Veröffentlichung der privaten und vertraulich zu haltenden Ermittlungsunter­ lagen sei im Interesse der Demokratie erfolgt. II In der dritten Republik gelten dann andere Spielregeln. II 20 T REND | 25. 6. 2021 Feine Aussichten, ein Rechtsstaat, dessen Geset­ ze nach politischen Einschätzungen und Partei­ absichten eingehalten oder gebrochen werden. Das wäre tatsächlich der Kollaps der rechtsstaatlichen Demokratie, von der so viel besorgte Rede ist. Die Neos bestätigen mit diesem Bekenntnis zum parteipolitischen Faustrecht ganz nebenbei den neuen FPÖ-Chef, der trotz seiner Leidenschaft für Pferde auf Steuerzahlerkosten als gesetzlich wenig sattelfester Innenminister einst gefordert hatte, dass das Recht der Politik zu folgen habe. Und nicht die Politik dem Recht. Wovon halt der kleine Mann in Opposition zu allem so träumt. DIE ALLGEMEINE POLITISCHE UNRUHE hat längst auch die sogenannte Zivilgesellschaft erreicht. Hono­ rige Ex-ler mobilisieren für ein Volksbegehren, das den Rechtsstaat stärken und die Korruption schwä­ chen soll. Mit gleich 71 Vorschlägen bekämpfen sie die Alltagskorruption nach dem Motto „Du bist mir was schuldig“ ebenso wie parteipolitischen Posten­ schacher in Staatsbetrieben oder die Vergabe von In­ seraten durch die öffentliche Hand, mit der der Bou­ levard geflutet wird. Auch massive Compliance-Ein­ griffe in Redaktionen und deren verbriefte Rechte oder die Verkürzung der Amtszeit des ORF-General­ direktors finden sich auf der Forderungsliste. Insgesamt verlangen die Initiatoren höhere mo­ ralische Standards von der Politik und wollen mit schärferen Auflagen und neuen Gesetzen eine Wen­ de der politischen Realität erzwingen. Ob das mit einem Volksbegehren gelingt? An Gesetzen man­ gelt es bekanntlich nicht, sehr wohl aber immer wieder an der Bereitschaft, sich daran zu halten. Im Zusammenhang mit der Kritik an dem weit verbreiteten System der Parteipatronage ist aber auch zu erwähnen, dass ein gewichtiger Teil der Proponenten des Volksbegehrens den Großteil sei­ nes gesamten Berufslebens unter der schützenden Hand einer Partei verbracht hat. Kein Zweifel, eine Abkühlung der hitzigen ­Auseinandersetzungen ist dringend geboten. Der Wunsch nach Sauberkeit, Appelle an Anstand in der Sache, Fairness in der Auseinandersetzung sind richtig und gut. Ob’s wohl hilft? Die Politik ist kein Ponyhof. FOTO: RENE PROHASKA FRANZ FERDINAND WOLF ist Journalist und trend-Autor Die Lust am parteipolitischen Faustrecht

In Österreichs Gesetzgebung ist der Wurm drin Experten kritisieren zu viel Marketing und zu wenig Praxis-Expertise im Gesetzgebungsprozess anhand eines konkreten Beispiels. RAINER KRAFT und BIRGIT KRONBERGER sind Geschäfts­führer des Vorlagenportals, eines Anbieters von aktuell über 1.400 Vorlagen und Text­ mustern für alle Bereiche der Perso­ nalverrechnung und des Arbeitsrechts (vorlagenportal.at) 22 T REND | 25. 6. 2021 tensvorschriften den Menschen im Alltag Orientierung und Sicherheit geben. Dass die österreichische Gesetzgebung diese Anforderungen oftmals nicht erfüllt, ist auch für juristische Laien erkennbar. Gesetzen fehlt es immer öfter an Praxistauglichkeit. Das Problem ist der Mix aus fehlendem Fachwissen, lautem Marketing und Schnellschüssen der Politiker. Gesetze wurzeln nämlich immer häufiger in konkreten Anlässen (z. B. gesellschaftspolitischen Skandalen oder einem dringend erscheinenden Förderbedarf ), die in politischen Kreisen sofortige Reaktionen auslösen. Statt Gesetzwerdungsprozesse fundiert aufzubereiten, wird eilig eine politische Lösungsidee der Öffentlichkeit via Pressekonferenz oder Aussendung präsentiert, die zunächst meist nur aus Überschriften besteht. Das Ausarbeiten konkreter Gesetzestexte liegt dann beim zuständigen Bundesministerium oder Parlamentsausschuss, wo unter höchstem Druck der Spitzenpolitik gearbeitet wird. Experten aus der Praxis werden hier nur selten einbezogen. Die inhaltliche Arbeit der Gesetzgebung erfolgt also in falscher Reihenfolge. Aktuelles Beispiel für eine Husch-Pfusch-Gesetzgebung ist die per Presseaussendung Mitte Mai 2021 verkündete Nachricht, dass Ärzte und Pflegekräfte für ihren Einsatz in der Pandemie einen Corona-Bonus von 500 Euro bekommen sollen, dies voraussichtlich im Herbst 2021. In Kürze werde ein diesbezüglicher Gesetzesantrag erscheinen, der alle Details regeln werde, hieß es. Die Bundesregierung wurde für diese eher nebulose Ankündigung von vielen Seiten gefeiert. Als fünf Tage später der angekündigte Gesetzesantrag präsentiert wurde, folgte die Ernüchterung: Der Entwurf beschränkt sich auf eine finanzielle Zusage der Bundesregierung in Höhe von durchschnittlich 500 Euro pro Kopf für Betreuungs- und Pflegepersonal, die konkrete Verteilung wird den Bundesländern und Gemeinden überlassen. In jenen wenigen Punkten, in denen der Gesetzesentwurf etwas konkreter wird, wirft er mehr Fragen als Antworten auf. Seit Wochen hagelt es von vielen Seiten massive Kritik, unter anderem von Gewerkschaft und Ärztekammer. Etwa dafür, dass er zwischen priva- ten und öffentlichen Gesundheitseinrichtungen unterscheide und bei Weitem nicht alle Alltagshelden erfasse. So soll der Bonus für Angestellte bei Rettungsdiensten, Arztpraxen oder Zahnärzten nicht anwendbar sein, obwohl diese ebenfalls monatelang dem Infektionsrisiko ausgesetzt waren. CHAOSGEFAHR. Eine bis dato nicht geklärte Frage ist, wie die Auszahlung der Corona-Boni konkret abgewickelt werden soll. Voraussichtlich wird die Abwicklung über die Gehalts- und Lohnverrechnung laufen (Auszahlung durch den Arbeitgeber), und der Arbeitgeber wird sich mit Rückerstattungsanträgen gegenüber dem Bundesland oder der Gemeinde herumschlagen müssen. Wenn man bedenkt, welches administrative Chaos seit dem Frühjahr 2020 bei der – von den Bundesländern zu vollziehenden – Epidemiegesetz-Rückerstattung herrscht (diese betrifft Fälle behördlicher Quarantäne von Arbeitnehmern und Selbstständigen), erscheint die Delegierung an die Bundesländer keine besonders gute Idee zu sein. Die Empfehlung kann nur lauten, Gesetzesvorhaben durch jenes Gesetzwerdungsverfahren laufen zu lassen, das eigentlich vorgesehen ist: als erster Schritt politische Verhandlungen ohne Effekthascherei, sachorientiert und unter Einbeziehung von Experten aus der Praxis, die von der Anwendung direkt betroffen sind und diese umsetzen sollen. Wichtig ist, dass schon auf der politischen Ebene Umsetzbarkeit und der Realitätsbezug zumindest in Grundzügen berücksichtigt werden und die politische Einigung keine aus bloßen Überschriften bestehende „Seifenblase“ darstellt. Auf dieser Basis wird vom zuständigen Bundesministerium ein Gesetzesentwurf erarbeitet, der einer mehrwöchigen Begutachtung mit Möglichkeit zur Stellungnahme durch Interessenvertretungen und fachkundige externe Stellen unterzogen wird. Nach Analyse der eingelangten Stellungnahmen wird im Nationalrat ein verbesserter Gesetzesentwurf (Regierungsvorlage oder Initiativ­ antrag) eingebracht und mit der Behandlung im zuständigen Ausschuss des Nationalrats und zuletzt mit der Abstimmung im Nationalratsplenum abgeschlossen. FOTOS: STEFAN HAEUSLER/FOTOGRAFIESH.AT GESETZE SOLLEN ALS generell-abstrakte Verhal-

H E L M UT A . G ANS T ER ER Zwei Leben in einem Leben „Gegensätze ziehen sich nicht immer an. Oft müssen sie dazu gezwungen werden.“ Adam Bronstein I ch sitze in meinem liebsten Gastgarten, der unweit vom häuslichen Schreibpult wieder geöffnet ist. Er war nun so lang geschlossen gewesen, dass man dies kaum noch erwartet hatte. Der Garten liegt an der Donau. Sie fließt dort so träge wie der Mississippi vor New Orleans. Ich fühlte mich aber nicht gleich zu Tom Sawyer und Huckleberry Finn verjüngt. Der erste Wiederbesuch war zunächst unbehaglich. Die CoronaPandemie hat mich seit etwa Frühling 2020 zweifach beschädigt, und zwar im Kopf. Plötzlich hatte ich Scheu vor öffentlichen Plätzen und vor Menschen. Früher konnte mir kein Platz groß genug sein. Diagonal federte ich über den Graben in Wien, den Alexanderplatz in Berlin, die Plaza de la Constitución in Mexiko City. Ein Place Vendôme in Paris und ein Petersplatz in Rom machten mich zum glücklichen Müßiggänger, der sich auf weiten Flächen und im Menschengewimmel wohl fühlte. Doch jetzt, an diesem Festtag des ersten Wirtshausbesuchs seit Langem, schlich ich wie ein Dieb durch das vertraute Gartentor und immer an der Wand lang zu meinem liebsten Frischluft-Stehtisch mit Barhocker unter einer schützenden Linde. Man muss kein Psychologe sein, um einen schweren Fall von Agoraphobie zu diagnostizieren. Als klassischer Home­officeWorker war ich Corona-lang nicht in die Welt hinausgegangen. Zu Tests und den zwei Moderna-Impfungen chauffierte mich die Holde. Sie führte mich wie einen Versehrten direkt zu den Wattestäbchen 24 T REND | 25. 6. 2021 N icht alles an Corona ist grausig. Die Seuche weckte in Grüblern eine Sehnsucht nach Vita activa und in Vielbewegten eine nach Vita contemplativa. und Nadeln. Danach ging’s flugs wieder heim wie ein Graf von Monte Christo, der gern in sein Verlies zurückkehrt. Nun hatte ich, und zwar ganz allein, meinen Stehtisch gesucht und gefunden. Eine Heldentat, praktisch ein Achttausender. Der allwissende Oberkellner, seit Jahren ein Per-Sie-Freund, strahlte mich an wie eine Sonne nach langer Nacht. Da ich mittlerweile nicht nur Angst hatte, öffentliche Plätze zu betreten, sondern auch menschenängstlich geworden war, schickte ich ihn herzlich, aber rasch mit einer Bestellung zurück, einer MagnumFlasche vom Besten. D as erste Glas, noch zu frisch aus der Dekantier-Karaffe geschöpft, war eine Sensation. Ich war lange abstinent gewesen. Ich bin ein Social Drinker, ­ kein einsamer Süffler. Und trinke aus Freude, nie in einem Pandemie-Kum- mer. Sonst droht eine gefährlichen Spirale nach unten. Ich war also entwöhnt. Demgemäß schossen die ersten roten Tropfen wie eine Serie kleiner Explosionen ins System. Die wieder zu kindlicher Jungfräulichkeit gesäuberten Geschmacksknospen lieferten sensorische Sensationen wie nie zuvor. Erstmals schien mir ein neuer Traumberuf denkbar: Testtrinker. In den Berufswünschen war ich immer flexibel gewesen. Der Rennmotorkon­ strukteur (nach HTL-Mödling) wich dem Notenbankchef (nach WU-Wien), und dieser auf Zufallswegen dem Journalismus. Der Wein schenkte neuen Mut. Aus der Kameratasche holte ich eine alte Ray Ban. Geschützt durch die dunklen Gläser wagte ich nun auch einen ersten Blick auf die Menschen im Garten. Ich erkannte erleichtert, dass sie mein Erscheinen nicht wahrgenommen hatten. Sie waren mit sich selbst beschäftigt. Alle redeten glücklich durcheinander. Schließlich mussten sie den Innendruck eines langen Corona-Staus loswerden. Und zeigten sich dabei wunderbar diszipliniert. Sie hielten Distanz und nahmen die Maske hoch, wenn sie zur Toilette gingen. Glücklich ein Land, dessen kluge schweigende Mehrheit in Krisen wie dieser weiß, wie man sich in solidarischer Rücksicht zu benehmen hat. Jedes zivilisierte Land hat freilich auch einen fixen Bodensatz an Widerspenstigen, Paranoiden und Verschwörungstheoretikern, die auch Pandemien als Gift der Mächtigen sehen, um das Volk zu lähmen. Der populäre, lebensnahe Philosoph Richard David Precht empfahl einmal, diesen unausrottbaren Anteil an Flachwurzlern, Dünnbrettbohrern und oft unschuldigen Idioten nicht durch Angriffe aufzuwer-
II Glücklich ein Land, dessen kluge schweigende Mehrheit in Krisen wie dieser weiß, wie man sich in solidarischer Rücksicht zu benehmen hat. II ten, sondern ins Leere laufen zu lassen – eine vorbildliche Anregung. FOTO: BEIGESTELLT N un, da ich die Gäste des Wirtshausgartens mit sich selbst beschäftigt sah, entspannte ich mich. Ich fürchtete sie nicht mehr. Im Gegenteil: Mein massives Menschen-Interesse kehrte zurück. Damit auch meine Neugier und totale Indezenz, die wichtigsten Eigenschaften eines Berichterstatters. Ich richtete meine Lauscher auf den nächstliegenden Gästetisch. Dieser verhieß Gutes. Die dortigen vier Trinker hielten Distanz und fielen dadurch auf, dass sie einander zuhörten und ausreden ließen – heutzutage so selten wie ein fröhliches Grüßen im Wald. Das Quartett hatte sich offenbar vorgenommen, Corona-Erfahrungen selbstlos mit den Freunden zu teilen. Bald ergab sich daraus ein Grundmuster. Die früher zwanghaft Aktiven, die sich im Karriere-Racing keine Pause vergönnt hatten, berichteten, dass sie dank der Isolation nun auch eine Vita contemplativa entdeckten. Eine neue Welt stiller Freuden und kreativer Erfüllung. Einer sagte, sein beruflicher Ehrgeiz bleibe zwar unverletzt, doch werde er nie wieder nur auf die Arbeit starren. Er erzählte von der österlichen Wiederauferstehung seines früheren Klaviertalents. Ein Zweiter schwärmte davon, die Fotografie entdeckt zu haben und zugleich das „Tagebuch“, das er nun täglich führe und das ihm einen unverhofft tiefen, inneren Frieden schenke. Die andern Beiden am Tisch waren von der anderen Fraktion. Sie waren immer eingeschnorchelte Kopfarbeiter und Grübler gewesen, durchaus zufrieden, aber ihrer ewigen Tiefenentspannung schon überdrüssig. Sie entdeckten dank Corona die für sie neue Welt einer „Vita activa“. Der eine fand diese in einer Leidenschaft für Gartenarbeit (das „Garteln“ wurde zu einem boomenden Wirtschaftszweig), der andere für Waldspaziergänge, was ihn auch zu einem botanischen Kenner machte: „Über Eichen erzählt mir keiner was.“ Und beide entdeckten Sport wieder, der ihnen seit der Jugendzeit immer fremder geworden war. Der, den sie „Hermann“ riefen, fiel durch auffällig-unauffällige Eleganz auf. Er trug einen dezenten Maßanzug und eine noch dezentere alte „Piaget“, deren elfenbeinfarbenes Zifferblatt schon leicht vergilbt war. Er wirkte extra wohlhabend, was sich bestätigte, als er von einer „glücklichen Idee“ sprach, „die mein Leben von Grund auf verbesserte“. Er hat sich in eine derzeit behördlich geschlossene Tennishalle eingekauft. Als privater Eigentümer erlaubt er sich einsame Morgen-Trainings mit der Ballwurf-Maschine. Und er fühle sich, wie er sagt, mittlerweile wie ein Testimonial für den genialen Werbespruch von Nike: „Just do it!“ D er erfreuliche Nebentisch schenkte mir auch eine Erinnerung. In meinem einstigen Studium der Nationalökonomie hatten mich zwei Spezialthemen extra interessiert. Erstens die Zyklus­ theorien. Und zweitens Vita activa & Vita contemplativa, die ja nichts Neues sind. Sie tauchten als Begriff erstmals bei Aristoteles auf. Die Philosophen des antiken Griechenland machten daraus, was sie am besten konnten: Sie bildeten gleich themenbezogene, eigene Denkschulen, die einander spöttisch bekämpften. Auch gingen sie derart tief in die Sache, bis aus einer eigentlich simplen Sache ein Labyrinth wurde, in dem sich kein Normal­ sterblicher mehr zurechtfand. Als das Thema viel später in einer zweiten Flutwelle neu hochgeworfen wurde, war es kaum besser. Im Mittelpunkt stand die Journalistin, Reise­ berichterstatterin, Schriftstellerin und Philosophin Hannah Arendt (1906– 1975). Ihr Hauptwerk hieß „VITA ACTIVA oder VOM TÄTIGEN LEBEN“. Beeinflusst von Aristoteles, Heidegger und Kant polarisierte sie. Man fand nur Arendt-Verehrer oder -Gegner. Für die meisten war sie aber durch großartige Reportagen und Bücher zur Entrechtung und Verfolgung der Juden sakrosankt. Ich fand sie einst ein wenig ermüdend. Der erigierte Lehrerin-Zeigefinger zwischen den Zeilen störte enorm. Aber vielleicht bin ich heute geistig weiter. Ich werde sie nochmals lesen. Treue, ältere trend-Leser werden sich an ein drittes Spezialthema erinnern. Ihr liebstes Wirtschaftsmagazin, seinem Namen gerecht werdend, war immer bemüht, neue Begriffe verständlich zu machen. Dazu zählten auch, so unglaublich dies klingt, einst die heutigen Fixbegriffe wie Mitarbeiter oder flache Hierarchie oder Motivation. In einigen Essays holte trend auch unser heutiges Thema aus der Motten­ kiste und entstaubte es. Wir übertrugen ACTIVA & CONTEMPLATIVA in eine MISCHKUNST DES LEBENS. Zumal sich gezeigt hatte, dass einer, der beide Lebensformen in seinem einen Leben vereinigt, nur Vorteile hat. Die Rechnung lautet: 1 + 1 = 3. Man verliert keine Zeit, sondern gewinnt einander potenzierende Energien. Das gilt speziell auch für Studenten, Manager und Unternehmer, also die Kernschicht ­unserer klugen Leserinnen und schönen Leser. 25. 6. 2021 | T RE ND 25


COVER 10 BITPANDA-TRIO. Mit der 2014 als Kryptobörse gegründeten Tradingplattform haben die Bitpanda-Gründer Eric Demuth, Christian Trummer und Paul Klanschek (v. l.) das erste österreichische Unicorn geschaffen. Zusammen halten sie noch über 60 Prozent der Anteile und kommen damit auf ein kumuliertes Vermögen von über 600 Millionen Euro. Sie steigen neu ins Ranking ein. MICHAEL TOJNER Der Wiener Investor konnte sein Vermögen, das aus Industrie­ beteiligungen und Immobilien besteht, heuer auf über 4,7 Milliarden Euro steigern. Damit gelang ihm der Sprung in die Top Ten. 28 T REND | 25. 6. 2021 MARIA-ELISABETH SCHAEFFLER Finanziell hat sich Maria-Elisabeth Schaeffler, die Miteigentümerin der Autozulieferer Schaeffler und Conti, wieder stark erholt. Mit einem Vermögen von 9,4 Milliarden Euro liegt ihre Familie auf Platz drei. REICHSTEN ÖSTERREICHER DIE TREND WIRTSCHAFT REINOLD GEIGER Der Hauptaktionär und CEO der in Hongkong börsennotierten Kosmetikkette L’Occitane profitierte von steigenden Aktienkursen. Sein Vermögen wuchs auf drei Milliarden Euro.
FOTOS: BITPANDA, PICTUREDESK.COM/KURIER/JEFF MANGIONE, GETTY IMAGES (2), LUKAS ILGNER 00 Nach der Coronabedingten Delle im Vorjahr sind die meisten der großen Vermögen jetzt wieder spürbar gewachsen. Mit mehr als 200 Milliarden Euro besitzen die 100 REICHSTEN ÖSTERREICHER fast zehn Prozent des heimischen Gesamtvermögens. Erstmals finden sich auch die Gründer von milliardenschweren heimischen Start-ups darunter. Vor dem Hintergrund der guten Wirtschafts- und Börsenaussichten zeigt der Trend weiter nach oben. Die Ungleichheit wird sich somit noch vergrößern. E s ist nicht einmal drei Monate her, als ­Felix Ohswald mit der Nachricht überraschte, für sein Wiener NachhilfeStart-up GoStudent eine Finanzierung über 70 Millionen Euro finalisiert zu haben. Mitte Juni steht der groß gewachsene CEO, der seine blonden Haare meistens zu einem kleinen Pferde- GOSTUDENT-DUO. Mit 26 bzw. 27 Jahren sind Felix Ohswald (l.) und Gregor Müller die jüngsten Selfmade-Millionäre im Ranking. Die aktuelle Finanzierungsrunde macht ihre in Wien vor fünf Jahren gegründete Nachhilfeplattform GoStudent zum wertvollsten Startup des Landes mit einer Bewertung von 1,4 Milliarden Euro. Zusammen kommen die beiden Gründer so auf ein Vermögen von über 300 Millionen Euro. schwanz zusammengebunden hat, in seinem Wiener Büro und kann schon die nächste Jubelmeldung verkünden: GoStudent fixiert mit nochmals über 200 Millionen Euro die bis dato größte Kapitalrunde der österreichischen Start-up-Szene. Der üppige Geldsegen, der in so kurzer Zeit auf Ohswald und ­ üller seinen Co-Gründer Gregor M niederprasselt, wäre ohne Corona unvorstellbar gewesen: „Die VON A N D R EA S LA M P L UND VA N ESSA VO SS Pandemie hat den FundraisingProzess stark beschleunigt. Vom Erstgespräch bis zum Vertrag dauerte es gerade mal zwei Monate“, erklären die beiden, die ihren neuen Hauptinvestor, die Risikokapital­ gesellschaft DST Global des Russen Juri Milner, erst nach der Unterschrift in London persönlich kennengelernt haben. Zusammen wollen sie GoStudent jetzt auf ein neu­ ollen es Level heben: „Wir w 25. 6. 2021 | T RE ND 29
TREND WIRTSCHAFT DI E BEW ERTUNG COVER das größte Bildungs-Start-up der Welt werden“, lautet die Ankündigung. Mit einer Bewertung von 1,4 Milliarden Euro ist GoStudent das wertvollste Start-up Österreichs. Ohswald und Müller, denen über Stiftungen rund 22 Prozent der Anteile zuzurechnen sind, kommen zusammen auf ein Vermögen von 300 Millionen Euro. Was der CEO mit Coolness kommentiert: „Für Gregor und mich ist das nur eine Zahl auf dem Papier.“ Aber eine mit Signalwirkung: Mit 26 bzw. 27 Jahren gehören die beiden zu den jüngsten Selfmade-Multimillionären im Land – mit einem Platz im Ranking der 100 reichsten Österreicher. Auch ein zweiter Neuzugang ist in der Start-up-Welt beheimatet. Das Gründertrio der 2014 als Kryptobörse gegründeten Tradingplattform Bitpanda bringt es mit der aktuellen Bewertung von rund einer Milliarde Euro auf ein Vermögen von in Summe über 600 Millionen Euro. Damit sichern sich die Bitpanda-Jungs eine Platzierung auf Augenhöhe mit so angesehe- nen und einflussreichen Industriellenfamilien wie Zimmermann oder Kapsch. 46 MILLIARDÄRE. Die vergangenen, von der Coronakrise geprägten zwölf Monate haben auch den meisten etablierten Superreichen – unter ihnen nun 46 Milliardäre – in die Hände gespielt. Sie konnten ihr Vermögen im trend-Beobachtungszeitraum bis Mitte 2021 überwiegend zumindest stabilisieren oder mehr oder weniger deutlich steigern. Was anfänglich kaum absehbar war. Aber die unerwartet deutliche Konjunkturerholung hat die Multiples – die bei nicht börsennotierten Unternehmen eine grobe Bewertung auf Basis von Umsatz oder Gewinn erlauben – in vielen Branchen befeuert. Dazu kommen der ungewöhnlich starke Anstieg der Weltbörsen und die – abgeschwächte – Fortsetzung des Immobilienbooms. Privatbanken berichten unisono, dass ein durchschnittliches Portfolio der betuchten Klientel im Jahresabstand um über zehn Prozent anstieg. Das Gesamtvermögen der DIE IN DER LISTE der 100 reichs­ten Österreicher angegebenen Beträge spiegeln drei unterschiedliche Vermögensarten wider: Stiftungsvermögen wie­ beispiels­weise bei den Familien Porsche und Piëch. In sehr vielen Fällen handelt es sich um Beteiligungsvermögen, also direkt gehaltene Gesellschafteranteile an Unternehmen. Teilweise geht Vermögen auch auf Erbschaften (oft über Generationen) zurück. Dazu kommen Geld-, Immobilien- und Wertpapierbesitz. Meistens liegt eine Kombination diverser Werte vor. Die Berechnung der Liste wurde mithilfe verschiedener Methoden erstellt: Die Werte beruhen einerseits auf den über viele Jahre durchgeführten Erhebungen des trend. Zusätzlich wurden weitere Quellen herangezogen, etwa vom Research-Haus Hurun, von Bloomberg, „Forbes“ und Immobilienexperten. Mithilfe von Vermögensverwaltern und Privatbanken wurden die Wertentwicklungen in den verschiedenen Anlagekategorien im Jahresvergleich berücksichtigt. Bei börsennotierten Unternehmen wurde der Wert der Beteiligungen mit Mitte Mai 2021 berechnet. Bei nicht börsennotierten Firmen wurden der Umsatz und/ oder der Gewinn (Ebit) mit den der jeweiligen Branche entsprechenden Multiples, die auch die auf breiter Front erfolgte wirtschaftliche Erholung nach der Coronakrise miteinbeziehen, zum Unternehmenswert hochgerechnet. Trotz gründlicher Methodik können die aktuellen Vermögensbeträge aber letztlich nur Schätzungen darstellen. DI E V E R MÖ G E N S KONZENTR ATI ON I N ÖSTERREI CH QUELLE: BCG, 2021 30 T REND | 25. 6. 2021 400 20 bis 100 Mio. USD 1.700 1 bis 20 Mio. USD 50.500 0,25 bis 1 Mio. USD 205.800 unter 0,25 Mio. USD 7.200.000 7% 15 % 9% 34 % QUELLE: BCG, 2021 34 % über 100 Mio. USD Finanzvermögen 2020 Anzahl der Personen Einnahmen aus Vermögenssteuern in Prozent des BIP (Ausgewählte OECD-Länder) Großbritannien 12,4 % USA 12,1 % Luxemburg 9,7 % Frankreich 8,9 % Japan 8,1 % Griechenland 8,1 % Schweiz 7,3 % Italien 5,8 % OECD-Schnitt Deutschland 5,6 % 2,8 % Österreich 1,3 % Tschechien 1,2 % QUELLE: OECD rund 400 Personen mehr als ein Drittel davon – keine weniger als 100 Millionen Dollar. Bis 2025 soll der Anteil dieser Gruppe auf 36 Prozent steigen. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn das Gesamtvermögen der Österreicher bis 2025 auf über Entwicklung Gesamtvermögen Österreich in Mrd. USD 3,9 Billionen Dollar zulegt, wie der „Global Gesamt 3.865 Wealth Report“ der Finanzvermögen Realvermögen Boston Consulting Verbindlichkeiten 3.236 3.346 Group vorhersagt. 3.129 1.216 3.038 Nicht zuletzt aufgrund 2.943 2.873 ihrer risikoreicheren 986 941 891 Asset-Allokation (siehe 875 834 798 Seite 34) werden die Superreichen auch davon überpropor­ tional profitieren. 2.372 2.114 Arbeiterkammer und 2.058 2.006 1.939 1.888 1.864 Gewerkschaften fordern schon länger höhere Vermögenssteuern, weil Österreich deutlich unter –212 –220 –225 –231 –238 –246 –277 dem OECD-Schnitt 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2025 liegt. Durch die boomenden Aktienmärkte ist das Wachstum des Finanzvermögens 2020 mit fünf Prozent auf knapp eine Billion Dollar deutlicher ausgefallen als nach Ausbruch der Coronakrise zunächst erwartet. Aber schon heute besitzen nur Vermögenskonzentration in Österreich Anteil am Gesamt-Finzanzvermögen in % Bis 2025 wird das Gesamtvermögen der Österreicher auf 3,9 Billionen Dollar zulegen. DIE SCHON AUSGEPRÄGTE UNGLEICHHEIT wird sich weiter verschärfen.
TEIL Rang Vermögen 2021 (in Euro) Art des Vermögens Name Unternehmen, Aktivitäten 1 Porsche & Piëch, Familien Beteiligung Porsche, VW, Finanzanlagen, Immobilien 51.100.000.000 SV 2 Mateschitz, Dietrich Red Bull GmbH (49 %), Medien, Hotels, Beteiligungen 16.400.000.000 BV 3 Schaeffler, Elisabeth & Georg Schaeffler AG, Continental AG (Autozulieferung, Reifen) 9.400.000.000 BV 4 Wlaschek, Friederike, Karl Philipp, Marie-Luise Erben nach K. Wlaschek (Immobilien, Billa), Stiftungsbegünstigte 5.600.000.000 SV, EV 5 Graf, Johann Novomatic-Gruppe 5.500.000.000 BV 6 Benko, René Immobilien (Signa-Gruppe), Handel (Signa Retail), Medien 4.900.000.000 SV, BV 7 Tojner, Michael Montana Tech Components (u. a. Varta), WertInvest 4.700.000.000 BV 8 Stumpf, Georg Immobilien, Industriebeteiligungen (M+W-Gruppe, exyte) 4.300.000.000 SV, BV 9 Flick, Ingrid & Familie Finanzvermögen aus Erbe nach F. K. Flick 4.000.000.000 SV, EV 10 Swarovski, Familie Glas-, Kristall-, Optik-, Schleifmittelkonzern 3.600.000.000 SV, BV 11 Mayr-Melnhof, Franz & Familie Mayr-Melnhof AG (Karton, Verpackung), Ländereien, Holzwirtschaft 3.600.000.000 SV, BV 12 Lehner, H. & G. Familien Alpla-Gruppe (Kunststoffe, Verpackungen) 3.500.000.000 SV, BV 13 Schlaff, Martin Finanzinvestor (z. B. RHI AG, ca. 30 %) 3.400.000.000 SV, BV 14 Kaufmann, Michael, Christian, Andreas Erben nach H. Kaufmann; FRAPAG (Immobilien), Billerud, Leica 3.200.000.000 SV, BV 15 Geiger, Reinhold L’Occitane International SA (Kosmetik) 3.000.000.000 BV 16 Horten, Heidi Erbe nach Verlassenschaft H. Horten 2.800.000.000 EV, BV 17 Haselsteiner, Hans Peter & Familie Strabag (ca. 26 %), Beteiligungen (u. a. Signa Prime), Hotels 2.600.000.000 SV, BV 18 Kahane, Familie Jungbunzlauer AG, Bank Gutmann 2.500.000.000 BV, EV 19 Sohmen, Helmut & Familie BW Group (Reederei) 2.200.000.000 BV 20 Blum, Herbert, Gerhard & Familien Julius Blum GmbH (Beschläge) 2.100.000.000 SV, BV SV, BV 21 Greiner, Peter & Familie Greiner-Gruppe (Kunststoffe, Verpackungen) 2.100.000.000 22 Leitner, Wolfgang & Familie Andritz AG (ca. 31,5 %) 2.100.000.000 SV 23 Rauch, Franz & Familie Fruchtsäfte, Abfüllungen (Coca-Cola, Red Bull), Beteiligungen 2.000.000.000 SV, BV SV,BV 24 Pappas, Alexander & Catharina Kfz-Handel, Verkauf Alpine Bau, Immobilien 1.700.000.000 25 Prinzhorn, Thomas & Familie Prinzhorn Holding (Papier) 1.700.000.000 SV 26 Heinzel, Alfred & Familie Heinzel Holding (Papier); Großlandwirtschaft 1.700.000.000 SV, BV SV, BV 27 Pierer, Stefan Pierer Industrie (Motorräder), Beteiligungen 1.700.000.000 28 Engleder, Neumann Familien Engel Gruppe (Maschinenbau) 1.600.000.000 BV 29 Breiteneder, Bettina & Familie Immobilien, Development, Tiefgaragen 1.600.000.000 SV, BV 30 Egger, Michael & Fritz Egger-Gruppe (Holzwerkstoffe, Getränke) 1.500.000.000 SV 31 Glock, Gaston & Familie Faustfeuerwaffen 1.500.000.000 SV, BV BV 32 Hallmann, Klemens Immobilien, Filmproduktion, Beteiligungen 1.500.000.000 33 Schwarzkopf, Familie Plansee Holding AG (Metallurgie) 1.400.000.000 SV 34 Bergmair, Bernd MindGeek (Pornhub) 1.400.000.000 k. A. EV, SV 35 Palmers, Christian & Familie Finanzvermögen, Immobilien, Verkauf Wolford (ca. 51 %) 1.300.000.000 36 Schweighofer, Familie Finanzvermögen, Immobilien, Holzindustrie 1.200.000.000 SV 37 Erber, Erich Verkauf Erber-Gruppe 1.200.000.000 k. A. 38 Dujsik, H., C. Höfer, M. Totta Erbe nach Hans Dujsik (Immobilien, SCS) 1.200.000.000 EV, BV 39 Trierenberg, Familie Verkauf Tann Papier, delfortgroup 1.200.000.000 SV, BV 40 Binder, Franz, Reinhard, Matteo Binder Holding (Holz) 1.200.000.000 SV, BV 41 Turnauer, Stanislaus & Familie Constantia Industries, Finanzvermögen 1.100.000.000 EV, BV 42 Schmid, Familie Baustoffindustrie (Baumit, Austrotherm) 1.100.000.000 BV 43 Ernst, Burkhard & Lemberger, Gabriela Rainer-Gruppe (Immobilien, Hotels, Auto, Film) 1.100.000.000 BV 44 Ortner, Klaus & Familie IGO Industries, Porr (39 %), UBM (34 %) 1.000.000.000 BV 45 Koch, Frederike, Herbert & Familie Verkauf Leiner/kika-Gruppe, Verkauf PEMA-Anteile, Immobilien 1.000.000.000 46 Kwizda, Johann Franz, Richard Peter & Familie Kwizda Holding (Pharma) 900.000.000 SV SV, BV 47 Dichand, Familie Kronen Zeitung (50 %), Kunstsammlung 900.000.000 BV, EV 48 Fries, Rudolf & Familie Investor (u. a. Engel, Immofinanz); Böhler-Verkauf 900.000.000 SV, BV 49 Palfinger, Hubert & Familie Palfinger AG (ca. 60 %) 900.000.000 SV, BV 50 Bartenstein, Martin Bartenstein Holding (Pharma), Bene u. a. (Büromöbel), Knapp (Logistik) 850.000.000 SV, BV 51 Umdasch, Hilde & Familie Umdasch Group (The StoreMakers, Doka, Ventures) 800.000.000 SV, BV LEGENDE | BV = BETEILIGUNGSVERMÖGEN | EV = ERBSCHAFTSVERMÖGEN | SV = STIFTUNGSVERMÖGEN 25. 6. 2021 | T RE ND 31
TREND WIRTSCHAFT COVER in den trend-Top-100 Vertretenen wuchs darum deutlich um über 15 Prozent auf erstmals über 200 Milliarden Euro. So konnten die Familien Porsche und Piëch, die Abonnementsieger in der Rang­ liste, einen phänomenalen Zugewinn von mehr als 16 Milliarden Euro verbuchen. Sie halten über Stiftungen die Mehrheit an der deutschen Porsche SE und damit wesentliche Anteile an Volkswagen, ­Porsche und der Salzburger Porsche Holding, Europas größtem Autohändler. Dass VW-Chef Herbert Diess den Konzern konsequent auf die durch den staatlichen Förderturbo boomende E-Mobilität ausrichtet, honorierte die Börse mit Rekordkursen. Und die Porsche SE behielt auch ihre üppige Dividendenpolitik bei. Von der Stabilisierung der Autobranche profitiert auch die Deutschösterreicherin Maria-Elisabeth Schaeffler, die zusammen mit ihrem Sohn Georg über die Familienholdiung drei Viertel der Anteile am gleichnamigen Zulieferer und knapp die Hälfte der zugekauften Conti DER IN LONDON LEBENDE Oberösterreicher Bernd Bergmair ist Mehrheitseigentümer des MindGeekImperiums, das mit Pornhub eine der bekanntesten Marken im Pornogeschäft besitzt. AG hält. Die Kurse beider Unternehmen liegen mittlerweile wieder über Corona­ niveau. Unter Abzug der verbliebenen Schulden aus der Conti-Übernahme kommen die Schaefflers nun auf ein Vermögen von rund 9,4 Milliarden Euro – und konnten damit den dritten Platz von ­Novomatic-Gründer Johannes Graf zurückerobern, dessen Glücksspielkonzern infolge der Coronakrise einen Millionenverlust ausweisen musste. AUFHOLJAGD. Der MSCI-World-Aktien- index lag zum trend-Erhebungsstichtag deutlich über dem Niveau von Mai 2020, die Erholung des ATX fiel sogar noch besser aus. Dass die Vermögenden von den robusten Aktienmärkten überproportional profitieren, liegt auch an ihrer Asset-Allokation. Während Personen mit einem Vermögen von über 100 Millionen Dollar rund zwei Drittel in Aktien und Fonds anlegen, beträgt die Quote beim Durchschnittsösterreicher nur 35 Prozent (siehe Portfolio Seite 34). Und: Der Wert privater Liegenschaften stieg in Österreich laut Nationalbank alleine im Jahr 2020 um rund sieben Prozent an. „Wer die richtigen Immobilien besitzt, blieb von der Coronakrise verschont“, erklärt etwa Immobilienunternehmer Klemens Hallmann sein „wirtschaftlich phänomenales“ Jahr 2020. Die Bilanz der Hallmann Holding wird ein Vorsteuerergebnis von etwa 200 Millionen Euro und einen Nettogewinn von knapp 170 Millionen ausweisen. In Neu-Ulm wurde das größte Fachmarktzentrum Deutschlands mit 110.000 Quadratmetern Fläche D I E FR AUEN 202 1 BET TINA BREITENEDER MICHAEL TOJNER I n der Coronakrise hat sich die ­Wiener Immobilien- und Garagendynastie ­Breiteneder mit Investments zurückge­ halten. Durchgesickert ist nur der Erwerb des Luxushotels „The Ring“ im Wert von rund 30 Millionen Euro. Bekanntes Gesicht der Familie ist Bettina Breiteneder als Immofinanz-Aufsichtsratsvorsitzende. 32 T REND | 25. 6. 2021 IRIS ORTNER D ie Tochter des Tiroler Unternehmers Klaus Ortner gehört zu den wenigen Frauen, die operative Verantwortung in einem Familienunternehmen tragen. Neben ihrem Job als Geschäftsführerin der IGO-Ortner-Gruppe ist sie als ÖBAG-Aufsichtsrätin in die Nachfolgesuche für Thomas Schmid eingebunden. CATHARINA PAPAS N achdem ihr Bruder vor einigen Jahren aus der Geschäftsführung ausgeschieden ist, musste Catharina Pappas den Autohändler alleine durch die extrem herausfordernde Coronakrise manövrieren. Die sich im Verlauf 2020 stabilisierende Autoindustrie hat die Familie vor größeren Vermögenseinbußen bewahrt. FOTOS: TOM PILSTON/TORTOISE MEDIA, ANDI BRUCKNER, WOLFANG WOLAK, BEIGESTELLT Drei UNTERNEHMERINNEN, die in den von ihren Vätern aufgebauten Betrieben Verantwortung tragen und in unterschiedlicher Form mit der extremen Erfahrung der Pandemie umgehen mussten.
TEIL Rang Name Unternehmen, Aktivitäten Vermögen 2021 (in Euro) Art des Vermögens 52 Mitterbauer, Peter & Familie Miba AG (100 %), (Auto, Windenergie) 800.000.000 BV 53 List, Hans Christoph Immobilien, Tiefgaragen 800.000.000 BV 54 Bernecker, Familie Verkauf von Bernecker+Rainer an ABB (50 %) 800.000.000 SV 55 Rainer, Josef Verkauf von Bernecker+Rainer an ABB (50 %) 800.000.000 SV 56 Bertalanffy, Peter & Familie Ebewe-Verkauf (Pharma), Immobilien 800.000.000 SV 57 List, Helmut AVL List (Autozulieferer) 750.000.000 BV 58 Doppelmayr, Michael & Familie Doppelmayr Holding (Seilbahnen) 700.000.000 SV, BV 59 Senger-Weiss, Familie Gebrüder Weiss Holding (Logistik; 50 %) 700.000.000 BV 60 Pühringer, Peter Finanzinvestor, Immobilien 700.000.000 SV, BV 61 Fronius, Klaus & Familie Fronius (Elektrotechnik) 700.000.000 SV, BV 62 Stalf, Valentin, Tayenthal, Maximilian N26 (22,6 %) 700.000.000 BV 6 00 – 40 0 M ILL IO NEN EURO 63 Meinl, Julius V. & Familie House of Julius Meinl, Lebensmittel, Kaffeerösterei BV 64 Taus, Josef & Familie Management Trust Holding (u. a. Libro, Pagro, Druckereien) BV 65 Kapsch, Georg, Kari & Familie Kapsch Group (Elektronik) SV 66 Zimmermann, Norbert & Familie Berndorf AG, Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment SV 67 Demuth, Eric, Klanschek, Paul, Trummer, Christian Bitpanda (64,2 %) 68 Schaschl, Erhard & Familie Treibacher Industrieholding (75 %), Beteiligungen BV SV 69 Theurer, Josef & Familie Plasser & Theurer (Gleis- und Bahnbau) BV 70 Scherb, Walter & Familie Spitz Fruchtsäfte (Nahrungsmittel) SV, BV 71 Wolf, Siegfried Bet. GAZ-Gruppe (Russland), Steyr-Werk, Immobilien, Wald BV 72 Krauter, Stefan Cargo-Partner Group BV 73 Castelbajac, Christine de Constantia Packaging, Constantia Flexibles (27 %) 74 Knapp, Herbert & Familie Knapp Logistik (71 %) EV BV,SV 75 Grigkar, Karl Vermögen aus Ebewe-Verkauf, TCG Unitech SV 76 Dogudan, Attila Do & Co AG (Catering, Gastronomie; 32 %) SV 77 Kerbler, Günter & Familie Immobilien, conwert-Verkauf, Wr. Privatbank (rd. 24 %) 78 Kuhn, Günter & Familie Kuhn Holding (Baumaschinen) BV, SV 79 Wolff, Toto Investor (u. a. Mercedes-AMG Petronas F1) 80 Weißenbacher, Andreas BWT AG SV 81 Beurle, Familie Vermögen aus BBAG-Verkauf, Liegenschaften BV 82 Falk, Noah & Samuel Erben nach Kurt Falk, „Die ganze Woche“ SV k. A. BV, EV, SV 40 0 –1 8 0 M ILL IO NEN EURO 83 Androsch, Hannes Salinen (41,3 %), AT&S (17,6 %), GVC, Bawag SV 84 Mölk, Familie MPreis (Lebensmittelhandel) SV 85 Strauss, Karl-Heinz Beteiligungen: Porr, UBM 86 Strascheg, Falk Extorel, ehemals Technologieholding 87 Lauda, Familie Erbe nach N. Lauda, Verkauf Fluglinien, Finanzvermögen, Signa Retail 88 Pecik, Ronny Finanzinvestor (u. a. Immofinanz) BV, SV BV SV BV, SV 89 Müller, Gregor, Ohswald, Felix GoStudent (22 %) SV 90 Rosenbauer, Familie, Hawelka, Reinhild Rosenbauer (Spezialfahrzeuge, 51 %) BV 91 Bardach, Hannes Frequentis (68 %) 92 Dörflinger, Willi AT&S (18%) 93 Schütz, Alexander C-Quadrat, Investor (u. a. Exxpress) 94 Roth, Hans & Familie Saubermacher (Entsorgung), Beteiligungen SV 95 Gürtler, Elisabeth & Familie Hotel Sacher, Bristol Holding SV 96 Hauser, Hermann Finanzinvestor, Amadeus Capital 97 Kirchmayr, Ernst Immobilien (Puls City u. a.) 98 Zumtobel, Jürg & Familie Zumtobel (Leuchten) SV 99 Schafferer, Markus PEMA Holding (100 %) BV 100 Kiener, Heinrich Stiegl Bier, Immobilien BV LEGENDE | BV = BETEILIGUNGSVERMÖGEN | EV = ERBSCHAFTSVERMÖGEN | SV = STIFTUNGSVERMÖGEN BV BV, SV SV k. A. BV 25. 6. 2021 | T RE ND 33
TREND WIRTSCHAFT COVER erworben. Hallmanns Immobilien­ entwickler Süba expandierte ebenfalls nach Deutschland und konnte das Ergeb­ nis fast verdreifachen, was zum deutlichen Anstieg des Vermögens seines Besitzers beigetragen hat. MILLIONÄRSBEITRAG. Die 500 reichs­ 92 WILLI DÖRFLINGER Der Mitgesellschafter von AT&S stieg nach einer fulminanten Kursentwicklung des Leiterplattenherstellers neu in das Ranking ein. 27 STEFAN PIERER Nach dem Rekordjahr 2020 brummt das Geschäft von Pierer Mobility auch heuer weiter. Mehrheitseigentümer Stefan Pierer profitiert finanziell. — GEORG PFEIFFER Nach der missglückten ZielpunktÜbernahme haben die Pfeiffers nicht mehr zu alter Stärke zurückgefunden. Das Unternehmen wurde verkauft. 58 M. DOPPELMAYR Das Seilbahngeschäft leidet unter der Absage der Wintersaison. Das wirkt sich negativ auf das Familien­ vermögen der Doppelmayrs aus. 10 NADJA SWAROVSKI Schwierige Geschäftsentwicklung, Mitarbeiterabbau und Familienclinch lassen die Kristalldynastie auf Platz zehn abrutschen. 34 T REND | 25. 6. 2021 AB STEI G ER Nach dem Corona-bedingten Absturz im Vorjahr erholte sich die Aktie des Kranherstellers wieder – und damit das Vermögen der Eigentümer. AUFSTEI G ER 49 HUBERT PALFINGER RENATE ANDERL. Die AK-Chefin sieht in einer Vermögensabgabe eine Frage der Gerechtigkeit nach der Coronakrise: „Wir können nicht zuschauen, wie Reiche ihr Vermögen vermehren.“ ten Familien in Österreich halten aktuell 34 Prozent des gesamten Finanzvermö­ gens. Bis 2025 werden sie laut BCG auf rund 36 Prozent kommen (siehe Grafik tige Oberösterreicher lebt mittlerweile in Seite 30). Aufgrund der wachsenden Un­ London und gilt als mysteriöser Hauptei­ gleichheit sehen Arbeiterkammer und gentümer des Pornoimperiums von Mind­ Gewerkschaften Multimillionäre und Mil­ Geek (Pornhub). Mit einem nun bekannt liardäre in der Pflicht, einen Extrabeitrag gewordenen Vermögen von 1,4 Milliarden zum Abtragen der Pandemieschulden zu Euro steigt er auf Platz 34 ein. Zu den unerwarteten Coronaprofi­ leisten. „Die Coronakrise macht Schiefla­ gen augenscheinlich. Viele Arbeitnehmer teuren gehören aber auch einzelne, ganz wurden von der Krise hart getroffen. Wir und gar untadelige Industrielle. Willi müssen die Armut verringern und können ­Dörflinger, neben Hannes Androsch der nicht zuschauen, wie Reiche ihr Vermö­ Hauptgesellschafter des Leiterplatten­ gen vermehren. Eine Millionärsabgabe ist produzenten AT&S, hat es wegen der eine Frage der Gerechtigkeit, auch immer Kursverdopplung der Aktie ebenfalls mehr Superreiche selbst fordern das ein“, erstmals ins Ranking geschafft (Platz 92). sagt AK-Präsidentin Renate Anderl. Konkret sieht das AK-Modell einen pro­ AUFSTEIGER. Erneut einen großen Sprung gressiven Steuertarif ab einer Million Euro hat der Unternehmer Michael Tojner Nettovermögen vor. gemacht. Sein Ge­ Schon bei Steuer­ richtsverfahren mit Portfolio der Superreichen (Österreich) sätzen von 0,5 bis dem Burgenland, 66 % Aktien 1,5 Prozent soll in dem er Beschul­ das budgetäre von digter ist, ändert 20 % Cash Mehreinnahmen nichts daran, dass Lebensversicherungen 7% sein Vermögen kon­ bis zu fünf Milliar­ & Pensionen tinuierlich in die den Euro bringen. Bonds 5 % Höhe schießt. Die Die auch von der Andere 1 % wiederum deutlich OECD mehrfach QUELLE: BCG 2021, HNWI MIT FINANZVERMÖGEN ÜBER 100 MIO. USD gestiegene Aktie des als zu niedrig kriti­ sierte Vermögens­ Batterieherstellers besteuerung in Österreich ist aus Sicht der Varta hat Tojners Mehrheitsanteil auf rund AK ein strukturelles Problem. Anderl for­ drei Milliarden Euro gepusht. Beim kürz­ dert darum eine Steuerstrukturreform mit lich erfolgreich an die Börse gebrachten dauerhaft höheren Beiträgen der Reichen. Flugzeugzulieferer Montana Aerospace Unterstützung bekommt sie von un­ macht der Wert seiner verbliebenen Betei­ erwarteter Seite. Auch hierzulande ver­ ligung rund 900 Millionen Euro aus. Auch langen manche Betroffene öffentlich der dritte Sektor von Tojners Konzern Vermögens- und Erbschaftssteuern für Montana Tech Components, die Aluflex­ ihresgleichen. Wortführerin von „Tax me pack, schlägt sich an der Börse wacker und now“ ist die 29-jährige Wienerin Marlene steuert weitere 300 Millionen bei. Engelhorn, deren Großmutter, verheiratet Dazu kommt die Immobiliengesell­ mit einem Urenkel des BASF-Gründers schaft WertInvest, deren Liegenschafts­ Friedrich Engelhorn, eines Tages 3,4 Mil­ besitz – vor allem in Wien – abzüglich liarden Euro an ihre Nachfahren weiter­ Verbindlichkeiten auch irgendwo bei geben wird. Da es keine Erbschaftssteu­ 300 Millionen liegt. Die paar Dutzend er gibt, will Engelhorn 90 Prozent ihres Millionen, die Tojners Sechstelanteil am Anteils spenden: „Ich habe für mein Erbe Dorotheum wert ist, nach einer Über­ keinen Tag gearbeitet und zahle keinen nahme in Italien das größte Pfandleih­ haus Europas, fallen jedenfalls in die Cent dafür. Besteuert mich endlich!“ Diskussionen dieser Art dürften Bernd ­ Kategorie Kleingeld. „Immobilien und Bergmair weniger tangieren. Der gebür­ Aktien sind momentan sehr flott
D IE R E I C H ST E N DE R WELT 202 1 Der Amazon-Gründer Jeff Bezos bleibt an der Spitze der „FORBES“-LISTE. Neu in den Top Ten sind TeslaGründer Elon Musk und ein indischer Unternehmer. N von über 150 Milliarden Dollar ist er um nur 25 Milliarden Dollar ärmer als Jeff Bezos, der Seriensieger des US-Rankings. Mit Mukesh Ambani gibt es einen weiteren Neuzugang. Der Sohn einer indischen Industriellenfamilie, der den Mischkonzern Reliance Industries kontrolliert, wird mit einem Vermögen von knapp 85 Milliarden Dollar ELON MUSK. Durch die starken Kursgewinne ist der Tesla-Gründer schon fast ganz oben. Nur Jeff Bezos ist noch reicher. Rang FOTOS: RUDI FROESSE, GETTY IMAGES (2), ARBEITERKAMMER, PICTUREDESK.COM/REUTERS/DANISH SIDDIQUI och vor wenigen Jahren stand Tesla am Rande der Pleite, heute ist das Unternehmen an der Börse der mit Abstand wertvollste Autobauer der Welt. Gründer Elon Musk, der dieser Tage seinen 50. Geburtstag feiert, katapultierte die fulminante Kursentwicklung auf Platz zwei der „Forbes“-Milliardärsliste. Mit einem geschätzten Vermögen 1 Name Jeff Bezos bewertet. Der reichste Europäer ist Bernard Arnault, dessen Luxus­ konzern LVMH an der Börse neue Rekordstände erklimmt. Sein Mitstreiter, der Spanier Amancio Ortega von Inditex (u. a. Zara), hat die Coronakrise weniger gut für sich nutzen können und ist aus den Top Ten ausgeschieden. Auch die zuletzt einzige Frau, Alice Walton, rutschte ab. MUKESH AMBANI. Der Sohn einer indischen Industriellenfamilie kontrolliert den Mischkonzern Reliance Industries. in Mrd. USD Unternehmen Branche 177 Amazon (US) Onlinehandel E-Mobilität 2 Elon Musk 151 Tesla (US) 3 Bernard Arnault 150 LVMH (FR) Luxus 4 Bill Gates 124 Microsoft (US) Technologie Technologie 5 Mark Zuckerberg 97 Facebook (US) 6 Warren Buffett 96 Berkshire Hathaway (US) Finanzen 7 Larry Ellison 8 Larry Page 9 Sergey Brin 10 Mukesh Ambani QUELLE: FORBES 2021 93 Oracle (US) Technologie 91,5 Google (US) Technologie 89 Google (US) Technologie Reliance Industries (IN) Diversifiziert 84,5
TREND WIRTSCHAFT COVER bewertet. Wie realistisch das ist, ­ bleibt abzuwarten“, bemüht sich Michael Tojner, sein Vermögen zu relativieren. Für Signa-Gründer René Benko verlief das Jahr turbulenter, als ihm lieb war. Die Pandemie hat der Retail-Sparte zugesetzt. Die Schließungen im Handel zwangen Karstadt Kaufhof unter ein Schutzschirmverfahren, die deutsche Kaufhausgruppe musste durch ein nachrangiges Darlehen des Bundes gestützt werden. Der Möbelhandel von kika/Leiner in Österreich kam hingegen besser durch. Der Wert des Signa-Konzerns und damit der Besitz von Benko stiegen trotzdem. Das Immobilienvermögen wuchs vor allem durch Zukäufe auf 20,6 Milliarden Euro; bei einem Verschuldungsgrad von rund 45 Prozent. Die Signa Prime Selection, die Bestandsimmobilien hält, steht für ca. drei Viertel, der Rest entfällt auf den Immobilienentwickler Signa Development. In den Jahren zuvor wurden jeweils hohe Aufwertungen vorgenommen – allerdings bestätigt von internationalen Gutachtern. Im letzten Jahr standen moderaten ­ ufwertungen ebensolche AbA sie ihr Vermögen vor allfälliwertungen auf der anderen Seite gen Corona-Steuern schützen gegenüber. Laut Signa hielt sich können. In den USA errichten der Handlungsbedarf selbst bei ANNA ZAKRZEWSKI sie aus diesem Grund zunehRetail-Liegenschaften in engen ist Partnerin bei der mend Treuhandfonds für ihre Grenzen, weil 92 Prozent der Boston Consulting Kinder und andere Verwandte, Group und Autorin vertraglich vereinbarten Mieten der Studie zur welt­ um ihre Güter vorsorglich dem auch tatsächlich bezahlt wurden. weiten Vermögens­ Zugriff von Präsident Joe Biverteilung 2021. den zu entziehen. Superreiche Im Onlinehandel gelang aus verschiedenen Teilen der ganz aktuell ein Coup. Durch die Fusion von Signa Sports United mit Welt überlegen den Umzug in Regionen ­ ucaipa Acquisition Corporation und mit freundlichen Steuergesetzen. Die der Y die parallele Übernahme des britischen Schweiz, ­Luxemburg und Singapur gelten Bike-Spezialisten WiggleCRC entstand als ­besonders ­gefragte Domizile. Wohlhabende Österreicher tendieren die weltgrößte Sport-E-Commerce-Plattform, die mit einem Wert von umgerech- eher seltener dazu, sich ins Ausland abzunet 2,6 Milliarden Euro an der New Y ­ orker setzen. Aber über Reaktionen auf mögliBörse notieren wird. Die Signa Gruppe che neue Vermögenssteuern wird ebenfalls wird nach Abschluss der Transaktion eine nachgedacht. Die Grünen jedenfalls maknappe Mehrheit halten. Benkos durchge- chen innerhalb der Regierung Druck und rechneter Anteil plus seine Anteile an den wollen einem Sparpaket zum Abtragen der Immobiliengesellschaften summieren sich Corona-Schulden im Bundeshaushalt nur mittlerweile auf rund 4,9 Milliarden Euro. dann zustimmen, wenn davor auf Millionenerben und Milliardenstifter zugeDIE ANGST GEHT UM. Weltweit machen griffen wird. Die ÖVP stellt sich bis dato sich Milliardäre schon ­G edanken, wie gegenüber solchen Forderungen taub. L I C H T U N D S CHAT TEN DE S HOL ZBOOMS D er weltweite Bauboom sorgte für einen enor­ men Preisanstieg (bis zu 50 Prozent) bei verarbeitetem Bauholz. Sägeindustrie und Holzverarbeiter verdienten sich eine goldene Nase. Zu ge­ ringe Produktionskapazitäten sorgten für einen weltweiten Engpass, der die Preise nach oben trieb. Österreich ist in dieser Branche traditionell stark. Die – meist familien­ geführten – Unternehmen wie Binder, Egger, Kaindl oder Schweighofer (HS Timber) bescherten ihren Eigen­ tümern ein hervorragendes Jahr mit entsprechenden ­Wertzuwächsen. Das Tiroler Familienun­ ternehmen Binder legte mit 1,6 Milliarden Euro Umsatz ein mehr als 16-prozentiges Plus hin, schon die Bilanzen der Vorjahre glänzten mit dicken Gewinnvorträgen. Zum 36 T REND | 25. 6. 2021 Jahresende konnte man in den USA das Werk des Mitbewer­ bers Klausner übernehmen. Geschäftsführer Reinhard ­Binder sagte zum „­Holzkurier“: „Es gibt durch die Pandemie neue Wohnwünsche: größer und weg aus den Städten. Das wird viel Holz benötigen. Auch die EU-Vorgaben zur CO2-Senkung lassen sich nur mit Holzbau erfüllen.“ Span­ plattenproduzent FunderMax (Constantia Industries, Familie ­Turnauer) partizipierte mit ei­ nem Umsatzplus von 4,5 Pro­ zent ebenfalls am Bauboom. Die Baufirmen stöhnten hingegen über die teuren Preise, die sie für ihre Vor­ produkte zahlen mussten. Es kam zu Verzögerungen und Baustopps, zuweilen wurde gar ein Exportverbot verlangt. MATTEO, REINHARD, FRANZ UND HANS BINDER (V. L.). Holz gab es genug, aber Verarbeitungskapazitäten nicht. Das machte die Säge­ industrie 2020 zu einer der profitabelsten Branchen Österreichs. Der Umsatz von Binderholz wuchs stark auf 1,6 Milliarden Euro. Auf Holzbau spezialisierte Unternehmen wie Umdasch (minus 6,9 Prozent) und Doka (minus 8,4 Prozent) mussten deutliche Umsatzrückgänge hinnehmen. Auch die Forstunterneh­ mer haben zunächst von dem Boom nichts abbekommen. Ihre Lager waren voll, der Preis für Holz ab Wald lag zur Jahresmitte 2020 auf dem tiefsten Wert seit 1996. Mittlerweile sieht das Bild in Österreich aber schon wieder ganz anders aus. Die Preise sind auf dem Weg zu Rekordständen nach oben. Die großen Forstbesitzer wie die Mayr-Melnhofs, die zu den reichsten Familien des Landes zählen, die Familien ­Liechtenstein oder ­Esterházy sehen nun ebenfalls sehr guten Zeiten entgegen, in denen sie richtig Holz machen können. FOTOS: BEIGESTELLT Die Eigentümer der großen HOLZVERARBEITER UND SÄGEUNTERNEHMEN haben verdient wie noch nie. Die Forstbesitzer sind erst langsam dabei, nachzuziehen.

TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH ZUKUNFT IN DER HAND. Robert ­Buchbauer sieht sich klar als Manager der Transformation – nach ihm werden wohl familienfremde Führungskräfte den Kristallkonzern steuern. DER UMBAUPLAN Swarovski-CEO ROBERT BUCHBAUER will sich trotz Widerständen nicht von seinen Reformvorhaben für den Tiroler Kristallkonzern abbringen lassen. Erstmals stellt er das Modell vor, mit dem das komplexe Unternehmen künftig gesteuert werden soll – und deutet an, dass er nur Chef für die Übergangsphase sein will. 38 T REND | 25. 6. 2021
VON B ER N HA R D ECK ER E r federt mit weißen Sneakers, schwarzen Stretchjeans und schwarzem Sakko durch die SwarovskiRäumlichkeiten in Wattens, und doch steht ihm das letzte Jahr ins Gesicht geschrieben: Mehrmals betont Robert Buchbauer, seit 15 Monaten CEO des Kristallkonzerns, in seinem ersten großen trend-Interview, welche Spuren das Krisenjahr bei ihm hinterlassen hat: die Kündigungen, die Feindschaften innerhalb der eigenen Familie, die vielen ­Unwägbarkeiten in der Coronakrise. Und am Ende des Gesprächs macht der 55-Jährige klar, dass er wohl nur ein Übergangschef bleiben wird: „Ewig ­werde ich es nicht machen – das ist auch eine Energiefrage“, sagt er. Nachsatz: „Für einige Jahre reicht die Energie aber schon noch.“ Seit seinem Antritt als CEO Anfang April 2020 war im erfolgsverwöhnten Familienunternehmen Krisenmanagement auf mehreren Ebenen gefragt. Zeitweise waren 90 Prozent der Geschäfte geschlossen, trotz Onlinebooms ­schrumpfte der Umsatz um rund ein Drittel. Liqui­ ditätssicherung stand an erster Stelle. Weltweit trennte sich der Konzern von 7.000 seiner Mitarbeiter. Neben e­inem Bankenkonsortium wurde auch firmenintern Kapital bereitgestellt: 350 Millionen Euro wurden über die im Schweizer Männedorf ansässige Swarovski Inter­ national Holding (SIH) nach Österreich transferiert. Die Gesellschaft ist nun mit Abstand größte Aktionärin der Schlüsselgesellschaft D. Swarovski KG mit Sitz in Wattens, in der das Kristallgeschäft ­gebündelt ist. Doch schon vor der Krise war Krise: Über ein Jahrzehnt hinweg ist das früher hoch profitable Komponentengeschäft – lose Steine und Halbfabrikate für Großkunden – durch Hyperwettbewerb aus Asien, Ägypten und Tschechien förmlich erodiert. Eine Arbeitsgruppe für eine Reform der aus den 1970er-Jahren stammenden Strukturen war bereits 2019 eingesetzt worden. Durch den Wechsel von Markus Langes-Swarovski, seit 2012 an der Spitze, zu dem in der Schweiz aufgewach­ senen Robert Buchbauer wurde dieser Prozess beschleunigt. Buchbauer ist wie Langes-Swarovski, Finanzchef Mathias Margreiter und die für die Swarovski Foundation zuständige Nadja Swarovski-Adams – international vermutlich das bekannteste Gesicht des FOTOS: LUKAS ILGNER, PICTUREDESK.COM/AFP/JOE KLAMAR STAMMSITZ. Vor der Finanzkrise ab 2008 beschäftigte Swarovski im Tiroler Wattens noch 6.700 Mitarbeiter. Aktuelle Zielgröße: 3.000. Die Kernproduktion soll aber erhalten bleiben. Die neue Swarovski-Steuerungszentrale: die Familienholding Gesellschafterversammlung: derzeit 80 Gesellschafter als Eigentümer (derzeit ausschließlich Familie) Swarovski Auslandsholding GmbH Sitz: Wattens 120 Konzerngesellschaften Geschäftsführung: 7 Mitglieder (13 % der Anteile berechtigen zu einem Mandat) und optional 2 weitere (durch Wahl). Qualifikationshürden: z. B. kaufmännische Grundausbildung, Jusstudium (Kriterien noch in Ausarbeitung). Sowohl Familienmitglieder als auch externe Manager. Funktion: Familienausschuss, bestimmt die Verwaltungsräte der SIH. Verwaltungsrat der Swarovski International Holding (SIH): 7 bis 9 Mitglieder, Qualifikation vergleichbar dem „Fit & Proper“-Test für Führungskräfte. Fokus auf externes Know-how. Sitz in Männedorf am Zürichsee. Funktion: Verwaltungsrat bestellt die Manager in den operativen Konzern­ gesellschaften, z. B. D. Swarovski, Tyrolit, Optik. Clans – Mitglied der fünften SwarovskiGeneration. Als einer der wenigen hat er auch Managementerfahrung in externen Unternehmen: beim Gewürzhersteller Wiberg. Nach einem erbitterten, teilweise öffentlich ausgetragenen Streit zwischen ­rivalisierenden Familienstämmen dürfte die Reform nun einen wichtigen Schritt vorangekommen sein. Auch wenn noch Schiedsgerichtsklagen der Oppositionellen anhängig sind, sei es nur noch eine Frage „von Wochen oder wenigen Monaten“, bis die neuen Gremien zu arbeiten beginnen, ist Buchbauer überzeugt. In den nächsten Tagen sollen die neuen Satzungen der Swarovski Auslandsholding GmbH ins Firmenbuch eingetragen werden. Diese bereits existierende Firma mit Sitz in Tirol wird zu einer konzernähn­ lichen Beteiligungsholding aufgewertet. Und auch wenn die Kritiker die Rechtskonformität dieses Eintrags erneut bezweifeln, skizziert Buchbauer nun erstmals öffentlich, wie der Kristallkonzern künftig regiert werden soll. BALANCE. Die Funktion des mächtigen Beirats, derzeit von Marina Giori-Lhota präsidiert, wird de facto durch die Geschäftsführung der Holding abgelöst. ­ Sie bildet die Interessen der Familie ab. 13 Prozent der Anteile berechtigen zu einem Geschäftsführungsmandat. Mit einer 75-Prozent-Mehrheit können aber zwei zusätzliche Chefs gewählt werden, womit das Gremium neun Mitglieder hätte. Mit diesem Beschickungsmodus wäre sichergestellt, wird aus Buchbauer-Kreisen versichert, dass auch Vertreter oppositioneller Familienzweige zum Zug kommen – auch wenn man das beim in der Strukturfrage widerständigen „Stamm Manfred“, einer Abspaltung des „Stamms Fritz“, noch nicht so recht glauben kann. Die Manfredianer kamen bei Abstimmungen stets auf rund 20 Prozent. Die Berufung des Tiroler Industriellenpräsidenten Christoph Swarovski, der dieser Gruppe angehört, in den Beirat war Ende 2020 gescheitert. Der Tyrolit-Chef ist ein Verfechter einer österreichischen AG mit Standortgarantien für die zur Gruppe gehörenden Produktionen in Wattens, ­ Schwaz (Tyrolit) und Absam (Swarovski Optik). Zum Schlüsselgremium wird aber der Verwaltungsrat der Holding, der BINATIONAL. Die österreichische Holding soll die Familieninteressen abbilden und die Verwaltungsräte der Schweizer Holding bestimmen. 25. 6. 2021 | T RE ND 39
TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH ­formell zur SIH gehört – eine schweizerisch-österreichische Machtbalance. Die bis zu neun Räte sollen überwiegend von Externen besetzt werden, „Familienmitglieder sind erlaubt“, so Buchbauer süffisant. Dazu werden noch genaue Qualifikationskriterien ausgearbeitet, sie sollen vergleichbar mit den „Fit & Proper“-Tests für Führungskräfte etwa in der Finanzbranche sein. Der Verwaltungsrat steuert über die Auswahl der Manager in den 120 Konzerngesellschaften und über die Kontrolltätigkeit weite Teile des operativen Geschäfts erheblich mit. Der Antrag auf externes Management wurde bei der Gesellschafterversammlung Ende Mai just von Buchbauers Vorgänger Markus Langes-Swarovski ­ eingebracht; die Grundidee findet auch bei den Oppositionellen Zustimmung. „Es gibt Bewegung“, formuliert ein ­Swarovski-Insider. Auf längere Zeit konfliktreicher wird ein anderer Vorstoß bleiben: die Orien- tierung in Richtung Kapitalmarkt. Bereits 2006 war eine Gruppe familien­ interner Befürworter eines Börsengangs mit dieser Idee nicht durchgekommen. Buchbauer outet sich nun als ein Fan eines Modells wie beim Münchner Autobauer BMW und geht in die Vollen: „Ich kann mir persönlich gut vorstellen, dass ein Schritt in Richtung Kapitalmarkt ­getan wird bzw. dass die Familie sich syndiziert oder mit einem Partner Teil einer größeren Gruppe wird.“ „Kraft, Mut, Stehvermögen“ Swarovski-Kristallchef ROBERT BUCHBAUER über Familienmitglieder als Manager, „seine“ Strukturreform – und die Perspektive eines Börsengangs. Der Kristallkonzern Swarovski, den Sie leiten, hat eine Kommanditgesellschaft (KG) als zentrales Vehikel und wurde ­zuletzt ausschließlich von Familienmitgliedern der fünften Generation geführt. Gibt’s so etwas ein zweites Mal bei einem Unternehmen vergleichbarer Größe? KGs leisten sich nur noch ganz wenige, denn ab einer bestimmten Größe haben KGs ihre Fallgruben. Und insbesondere bei 80 Eigentümern ist eine KG-Struktur schon sehr, sehr selten. Beim Thema Eigentümer im Aufsichtsrat und im Management verfolgen wir keinen dogma­ tischen, sondern einen meritokratischen ZUR P E RS ON Robert Buchbauer, 55, ist der Ururenkel von Firmengründer Daniel Swarovski. Er studierte in Innsbruck und Berkeley und managte danach in der Gewürzfirma Wiberg. Seit 2002 ist er Teil des Executive Board, seit 2020 CEO des Kristallgeschäfts. ­Swarovski setzte in Vor-Corona-Zeiten im ­Konzern 3,5 Milliarden Euro um. 40 T REND | 25. 6. 2021 Ansatz. Dass – wie zuletzt – alle Mitglieder des Executive Board aus der Familie kommen, war eher dem Zufall geschuldet. Im Beirat, der die Kapitalinteressen der Eigentümer abbildet, sind logischerweise ausschließlich Mitglieder der Familie vertreten. Aber in unserer künftigen Struktur eröffnen wir auch hier neue Wege. Das ist nur noch eine Frage von Wochen oder wenigen Monaten. Ist es wichtig, dass Familienmitglieder das Unternehmen auch managen? Es ist am Ende nicht nur ein Vorteil, in doch recht exponierten Positionen Leistung erbringen zu müssen. Man braucht viel Widerstandsfähigkeit, Kraft, Mut und Durchsetzungs- ebenso wie Stehvermögen, und man muss vor allem willens sein, Dinge zu tun, die bisweilen äußerst unangenehm sind und mit denen man sich nicht nur Freunde schafft. Sie resümieren jetzt Ihre eigene Erfahrung der letzten 15 Monate, in denen Sie nicht nur die Coronakrise zu managen hatten, sondern gegen erbitterten ­Widerstand von Teilen der Familie eine Strukturreform durchsetzen wollten. Wie weit sind Sie? Die neue Struktur mit einer Familienholding als oberster Konzerngesellschaft wurde mit einigen Bereinigungen zuletzt am 26. Mai mit über 80 Prozent Zustimmung bestätigt und vor Kurzem dem Firmenbuch zur Eintragung vorgelegt (für Details siehe Kasten auf Seite 39). Mit dieser Struktur, an deren Spitze eine Familienholding steht, wird eine zeitgemäße Führbarkeit des Unternehmens sichergestellt. Die KGs bleiben aber bestehen. Man hätte die Strukturen noch schöner machen können, aber das war wegen der bekannten Widerstände und zu hoher Zustimmungserfordernisse nicht möglich. Den alten, mächtigen SwarovskiBeirat … wird es in dieser Form nicht mehr brauchen. Jedenfalls nicht als oberstes Gremium. Ihm entspricht in Zukunft am ehesten die Geschäftsführung der Familienholding. Mit dem Unterschied von Qualifikationserfordernissen bzw. der Möglichkeit, dass in Zukunft auch externe Geschäftsführer von den Gesellschaftern bestellt werden können. FOTO: LUKAS ILGNER TREND: Für den unwahrscheinlichen, aber möglichen Fall, dass Österreich bei der Fußball-Europameisterschaft auf die Schweiz trifft – wen feuern Sie an? ROBERT BUCHBAUER: Ich habe beide Pässe, insofern könnte ich es mir aus­ suchen. Am Ende denke ich aber doch: Österreich. Das eine ist die Staatsbürgerschaft, die man erworben hat, das andere die Staatszugehörigkeit, die einen seit der Geburt begleitet. Von der Identität her ist man Österreicher.

TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH innerhalb kürzester Zeit und zu einem Werden Sie Dritte am Unternehsehr frühen Zeitpunkt mit einer größe­ men beteiligen, etwa über einen Börsenren Bankengruppe und durch eine inter­ gang? Kapitalmarktfähig zu werden ist ne Finanzierung die Liquidität abzu­ ein sehr wichtiges Thema. Das Unter­ nehmen soll die Option haben, sich bei sichern. Jetzt können wir sagen, dass wir es auch ohne zusätzliches Kapital ge­ Bedarf über den Kapitalmarkt zu finan­ schafft haben. Dennoch war es richtig zieren. Wenn man es nicht braucht: gut. Wenn man es aber braucht und die und wichtig, vorzusorgen. Möglichkeit nicht hat, ist es ein Wett­ Sie haben sich weltweit von 7.000 Mitarbewerbsnachteil. Es gibt einen beitern getrennt: in Österreich, aber Wettbewerb, der über Börsengänge, auch an den ProduktiAktientausch etc. aus­ onsstätten in Vietnam getragen wird. Es wäre „Die traurige und Thailand. Das ist wünschenswert, dies Wahrheit ist: Die auf Gesellschafteremotional am heraus­ ebene mit qualifizierten forderndsten. Aber die größten KostenMehrheiten beschließen traurige Wahrheit ist: faktoren, und Die größten Kosten­ zu können. Damit wäre damit Liquidifaktoren, und damit ein Anfang gemacht, tätstreiber, sind ­Liquiditätstreiber, sind um den Goldstandard IPO-Fähigkeit zu Arbeitsplätze. Wo wir Arbeitsplätze.“ ­erreichen. konnten, haben wir län­ RO B ERT BU CHBAUER gere Überbrückungen SWAROVSK I -CEO und deutlich besser Bis wann wollen Sie dotierte Lösungen als diese Börsenreife gesetzlich vorgesehen ermöglicht – und ­erreicht haben? Wir müssen in den damit einen Neueinstieg für die Betroffe­ nächsten Monaten noch einige Dinge ausfechten. Es gibt Schiedsverfahren, die nen, soweit es uns möglich war, geför­ dert. Jetzt sind wir durchs Gröbste gegen diese und andere mehrheitlich durch. In Wattens bauen wir dieses Jahr ­gefasste Beschlüsse eingeleitet wurden. noch einmal 250 Mitarbeiter ab. Die Letztendlich muss die Einigkeit der Zielgröße am Stammsitz beträgt nach ­Eigentümer rechtlich gewährleistet sein. wie vor 3.000, auch wenn in den letzten Ich kann mir persönlich gut vorstellen, Tagen die Zahl 2.500 kursierte – das war dass ein Schritt in Richtung Kapital­ markt getan wird bzw. dass die Familie eine Fehlinformation. sich syndiziert oder mit einem Partner Teil einer größeren Gruppe wird. Brauchen Sie die Produktion in Wattens für Ihre Neuausrichtung überhaupt Also das Modell BMW. Ja. BMW hat noch? Die Kernproduktion und die bis heute starke Familieneigentümer Technologie hier in Wattens sind schon und dennoch eine starke Öffnung zum wichtig – das sind die Dinge, mit denen ­Kapitalmarkt hin überaus erfolgreich wir groß geworden sind. Und ich glaube, realisiert. man will schon sagen können, dass ­unsere Produkte aus Österreich kom­ men. Das ist und bleibt am Ende ein Wie stark hat Corona Swarovski nun ­beweisbares Qualitätsmerkmal. wirklich getroffen? Wie eng war es? Wir hatten zeitweise 90 Prozent unserer Re­ tail-Stores geschlossen. Dies hatte einen Wie viele Ihrer Geschäfte haben Sie Umsatzrückgang zur Folge, der bedroh­ schon geschlossen? Wir hatten insge­ samt 9.000 Verkaufsstellen – Points of lich war – jedenfalls über eine gewisse Zeitspanne. Daher war es wichtig, nicht Sale – weltweit. Davon sind zwei Drittel nur die richtigen Dinge zu tun, sondern in einem Multibrand-Umfeld, diese ­Stores betreiben wir nicht selbst. Und sie vor allem schnell zu tun. Wir haben praktisch über Nacht die auf Business dann gibt es 3.000 Monobrand-Ge­ schäfte, die zu rund fünfzig Prozent von Units basierenden Strukturen abge­ schafft. Unser Konsensualprinzip, das uns betrieben werden. Insgesamt wird es wir davor gepflogen hatten, wäre in einer am Ende der laufenden Transformation solchen Krisensituation wahrscheinlich 3.000 Points of Sale weniger geben, tödlich gewesen. Das zweite große The­ ­vornehmlich werden wir uns aus dem ma im Management einer Krise ist die Multibrand-Umfeld zurückziehen. Im Liquiditätsfrage. Es ist uns gelungen, Monobrand-Umfeld werden wir an 42 T REND | 25. 6. 2021 der einen oder anderen Stelle Dinge ­ onsolidieren, tendenziell prominentere, k dafür größere Standorte ansteuern. Dazu gibt’s ja auch einen neuen Auftritt mit inzwischen 30 Instant Wonder Stores. Es tut sich also was, es wird nicht nur Kapazität reduziert. Unsere Teams ­haben im letzten Jahr auch 3.000 neue ­Designs entwickelt. Wir haben eine neue Kreativdirektion gewonnen – und das alles in einem neuen Arbeitsumfeld, teils aus dem Homeoffice heraus. Was ist in Ihrem größten Einzelmarkt, China, los, der 2020 ja als erster eingebrochen ist? Man sieht: Wenn die Stores offen sind, kommt auch der Umsatz schnell zurück. Auch in den USA ist das der Fall. In Europa waren wir länger von Lockdowns betroffen. An Standorten wie jenem in den Kristallwelten in Wattens, wo wir zu bis zu 90 Prozent von inter­ nationalem Tourismus abhängig sind, gibt es noch viel Potenzial nach oben. Werden Sie binnen drei Jahren das Prä-Corona-Niveau erreichen? Ja. Aber wir verabschieden uns mit der Neuaus­ richtung bewusst von Umsatzvolumen. Eine etwas höherwertige Positionierung ist da durchaus von Vorteil. Gruppen­ tourismus aus dem asiatischen Raum und den USA wird nicht mehr so schnell wiederkommen. Was darf ich mir unter „leistbarem ­Luxus“ vorstellen – so wollen Sie ja jetzt die Marke Swarovski positionieren? Leistbarer Luxus heißt für uns nicht ­primär, teurer zu sein. Es geht vielmehr darum, unseren Kunden ein Kundener­ lebnis zu bieten, das sie von Luxusunter­ nehmen gewohnt sind, wir aber dennoch mit erschwinglicheren Preispunkten operieren. Marktschreierischen Ausver­ kauf wird es in diesem Segment nicht ­geben. Wir haben mehr kulturellen An­ spruch mit langlebigeren Kollektionen, und nicht nur den Fast-Fashion-Gedan­ ken, dem die gesamte Industrie in den letzten Jahren erlegen ist. Bleiben Sie an der Spitze, wenn die Transformation beendet ist? Ich werde es machen, solange es notwendig ist. Und ich habe noch viel zu tun. Voraus­ setzung ist, dass unser neues Aufsichts­ gremium das auch so will. Ewig werde ich es nicht machen – das ist auch eine Energiefrage. Für einige Jahre reicht die Energie aber schon noch.

TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH „Dann wäre Sodom und Gomorrha …“ Macht braucht Kontrolle, Kontrolle braucht Macht Der Ex-Kanzler ist Aufsichtsratschef zweier Schlüsselunternehmen des Landes. GIPFELTREFFEN. Alfred Gusenbauer, 2007 bis 2008 SPÖ-Bundeskanzler, ist Aufsichtsratschef des Baukonzerns Strabag und dreier Firmen des Immobilien-Tycoons René Benko: Signa Prime Selection, Signa Kids Development und Signa Development Selection. Am 5. Juli hält er die Keynote beim Aufsichtsratstag an der WU Wien. 44 T REND | 25. 6. 2021 HIGHLIGHT. Thema des Ex-Kanzlers: „Die Wirkungsmacht eines Aufsichtsratsvorsitzenden in international tätigen Unternehmen.“ GIPFEL. Zum Spannungsfeld Chef versus Chefkontrollor: ein Doppel von Post-Chef Georg Pölzl und Post-Aufsichtsratschefin Edith Hlawati. INFOS. www.aufsichtsratstag.at
IN T E RVIE W: B E RN H A RD E C KE R UND AN D R EA S W EB ER Ex-Kanzler ALFRED GUSENBAUER über seine Rolle als Aufsichtsratschef bei Strabag und Signa, Haselsteiner und Benko, politische Verbindungen, die ÖBAG und die Betrugsfälle Commerzialbank und Wirecard. TREND: Sie sprechen beim Aufsichtsratstag am 5. Juli über die „Wirkungsmacht von Aufsichtsratschefs internationaler Unternehmen.“ Wie wirkungsmächtig sind Sie? GUSENBAUER: Wenn man diese Aufgabe ernst nimmt und nicht – wie das früher der Fall war – als Honoratiorenaufgabe betrachtest, hat man eine enorme Verantwortung und muss mit allen Stakeholdern permanent im Gespräch sein: Arbeitnehmern, Aktionären, Management, Öffentlichkeit. Aber man hat auch einen Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens: Worauf spezialisieren wir uns? Auf welchen Märkten sind wir tätig? Wie kommen wir zu den dringend benötigten Arbeitskräften? FOTO: PICTUREDESK.COM/KURIER/FRANZ GRUBER Wie viel Ihres Arbeitslebens macht das anteilsmäßig aus? Signa und Strabag gemeinsam machen rund zwei Drittel meines Arbeitslebens aus. Und ich bin nach wie vor sieben Tage pro Woche im Einsatz, natürlich mit allen technischen Möglichkeiten, die heute zur Verfügung stehen. Dann sind ja die 60.000 Euro, die Sie bis dato für den Strabag-Aufsichtsratsvorsitz bekamen, geradezu unterbezahlt. Bei der Strabag wurden soeben die Aufsichtsratsbezüge nach oben revidiert, wobei wir im Vergleich mit anderen großen Bauunternehmen noch immer am unteren Ende liegen. Bei deutschen Unternehmen liegen die Bezüge im Schnitt deutlich höher – und wir erzielen ja rund die Hälfte unserer Umsätze in Deutschland. Wir betrachten uns als zentraleuropäischen Konzern, aber es gibt einzelne Bereiche, wo wir die ganze Welt als unseren Markt betrachten – in erster Linie im Tunnelbau. Wir haben etwa einen Tun- nel unter den Niagarafällen gebaut und verwirklichen gerade einen 72 Kilometer langen Wassertunnel für ein Speicherkraftwerk in Chile, in Summe ein Drei-Milliarden-Dollar-Projekt. Sie sind seit elf Jahren Strabag-Aufsichtsratschef. Wie hat sich in dieser Zeit der Job verändert? Es gibt heute zum einen viel mehr Dokumentationspflichten: Aktiengesetz, Kapitalmarktvorschriften etc. Zum anderen wird den Aufsichtsräten immer bewusster, dass sie bei Verfehlungen haften. Daher wird stärker ins Detail der Fragen gegangen. Früher haben Aufsichtsratssitzungen ein paar Stunden gedauert, heute oft einen ganzen Tag. Ein Aufsichtsrat ist heute viel näher am operativen Geschehen, als das noch vor zehn Jahren der Fall war. Wir entwickeln uns in Richtung des ­angelsächsischen Modells, das ja meist aus einem Board von Executive und Non-executive Directors besteht. Bei uns gibt es zwar noch ein duales System, aber wir entwickeln uns mehr in Richtung dieses kooperativen Modells. Klar muss sein: Das ist kein Ehrenamt, das ist ­Arbeit. gilt, die zukünftig in Aufsichtsräten sein werden, weiß ich nicht. Aber es hat sich ja auch in der Politik bewährt. Und es wäre nicht nur ungerecht, sondern blöd, wenn man so viel Potenzial der Gesellschaft brachliegen lässt. Dennoch sind das Präsidium des Strabag-Aufsichtsrats sowie der Nominierungs- und der Prüfungsausschuss rein männlich. Ist die Botschaft: Die wirklich wichtigen Dinge bleiben den Männern vorbehalten? Nein. Das Baugeschäft war natürlich in der Vergangenheit stark männerlastig. Aber das ändert sich dramatisch. Wo es früher starke Burschen gebraucht hat, um Eisenstäbe zu biegen, kommen diese Stäbe heute schon prä­ fabriziert aus den Fabriken. Da braucht es keine Muskelkraft mehr, sondern jemanden, der Computersimulation in Realität umsetzen kann. Ich habe noch nie eine Baustelle mit so vielen Frauen gesehen wie die Strabag-Baustelle Stuttgart 21. Wenn sich diese Tendenz fortsetzt, werden wir mehr Frauen im Baubereich sehen. Das wird sich in der Beschickung der Vorstände und Aufsichtsräte bemerkbar machen. Da ich ja noch jung bin, gehe ich davon aus, dass ich noch die erste „Es wäre hilfweibliche Vorständin in der Strabag erleben reich, wenn uns werde. Ex-Wirecard- Hatten Sie etwas anderes erwartet? Nein. Hans Peter Haselsteiner, einer der Strabag-Kernaktionäre und damals CEO Markus Wie ist Ihre Tätigkeit in noch CEO, hat von BeBraun an seinem René Benkos Signa geginn weg eine langfristilagert? Sie ist noch inge Perspektive in AusHerrschafts­ als in der Strasicht gestellt. Es ging wissen teilhaben tensiver bag. Ich bin dort nicht darum, von einem eilässt.“ nur Chef des Aufsichtsgentümer- zu einem rates und des Prüfungsmanagergeführten UnA LF RE D G US E N BAUE R STR A BAG-AUFSICHT Sternehmen zu werden – ausschusses, sondern R AT SCHEF ein Kulturwandel, der vor allem auch des Investitionsausschusses. intensive Begleitung Jedes Projekt, jede Finanzierung, jede braucht. Alle neuen Vorstände schaue Kapitalmarktmaßnahme muss durch ich mir zum Beispiel vorher immer diesen Ausschuss, der für den Aufsichts­genau an. rat wöchentlich Beschlüsse fasst. Wie wirkt sich ein unterschiedlich hoher Sie sind ja kein geborener Immobilien­ Frauenanteil auf die Effizienz der Kon­ entwickler. Wie haben Sie sich das dafür trolle aus? In der Strabag sind zwei der notwendige Wissen angeeignet? Gute sechs Kapitalvertreter Frauen, bei der Signa Prime Selection nur eine von zehn. Frage. Es ist überwiegend Learning by Die Frauen, mit denen ich in diesen Auf- doing. Am Anfang war das Immobiliengeschäft für mich fremd, aber wenn man sichtsräten zu tun habe, sind in einem ein entsprechendes ökonomisches Verhohen Maße sachkundig und imstande, vernünftige Diskussionen zu führen. Sie ständnis hat, ist es nicht so schwierig – das ist ja keine Raketenwissenschaft. haben nicht die Tendenz zum pfauen­ Dennoch muss man in die Details hinhaften Gehabe, wie das manchmal bei Männern auftritt. Ob das für alle Frauen eingehen, aber das lernt man relativ 25. 6. 2021 | T RE ND 45
TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH Haben Sie Projekte verhindert, die René Benko machen wollte? Sie können davon ausgehen, dass nicht jede Idee zu einem Projekt wird. Das Bau- und Immobiliengeschäft ist sehr stark politisch. Nutzt Ihnen da Ihr früheres Leben in der Politik? Es ist in jedem Fall kein Nachteil. Wenn du über politische Verbindungen verfügst, vor allem über internationale, und die Sprache der Politik spricht, dann bist du von vornherein auf einer anderen Gesprächsebene. Dann kann es schon sein, dass dich der Bürgermeister einer deutschen Großstadt anruft und sagt: „Ihr seid der Bestbieter bei diesem oder jenem Projekt, du garantierst mir aber schon, dass das nicht eine Ruine wird, die ewig mit meinem Namen verbunden sein wird!“ VON „GUSI“ KONTROLLIERT. Signa-Gründer René Benko und der langjährige Strabag-Boss Hans Peter Haselsteiner setzen auf den Ex-Kanzler als Chefaufseher. Wie kann man das, was in der Öbag jetzt passiert ist, künftig verhindern? Die Politik braucht eine größere Rollendisziplin. Dort herrschen Allmachtsfantasien vor. Der Eigentümer sollte sich um den Aufsichtsrat kümmern, und dann muss ich so viel Vertrauen in den Aufsichtsrat haben, dass er einen fähigen CEO sucht – und nicht umgekehrt. Das Ende der aktuellen Öbag-Geschichte hat allerdings gezeigt, dass die bestehende gesetzliche Lage ein anderes Verhalten nahelegt, als es stattgefunden hat, oder? Es hat ja niemand damit gerechnet, dass Schmids Handy beschlagnahmt wird. Das hat den Stein ins Rollen gebracht. Das war ein „Accident de parcours“. Wenn immer mehr Kommunikation elektronisch stattfindet, kann das aber vorkommen. Wie viel Nähe zum CEO ist zulässig, wie viel Distanz Pflicht? Jeder CEO und jeder Aufsichtsratsvorsitzende, wenn er nicht mit der berufsbedingten Hybris Bei der burgenländischen Commerzialausgestattet ist, wird so viel Selbstkritik beziehungsweise -zweifel aufbringen, um bank hat sich der Vorstand ebenfalls den manchmal zu sagen: Ich bin mir nicht zu Aufsichtsrat – einige davon lokale Handwerker und Kunden der 100 Prozent sicher, ob Banken – ausgesucht. das die richtige Ent„Die Politik Kann man so einen Bescheidung wäre. Dann trug nicht verhindern? ist es gut, wenn man eibraucht eine Betriebsunfälle wird es nen gleichberechtigten größere Rollenimmer geben. Wir haSparringpartner hat. Ich disziplin. habe etwa mit Hans ben in Österreich ein Dort herrschen Peter Haselsteiner nie vielstufiges Kontrollund Überwachungssyseinen Konflikt gehabt. AllmachtsWenn es unterschiedlitem. Bei der Commerzifantasien vor.“ che Auffassungen gibt, albank sehe ich nicht ein A L F R ED GU S EN BAUER überbrücken wir das Versagen des einzelnen E X-K ANZLER durch ein vernünftiges Aufsichtsrats, sondern Gespräch. ein Gesamtsystemversagen. Bei all dem, was ich täglich an DoWir spielen auf die Öbag an, wo der nun kumentation ausfüllen muss, ist für mich nicht nachvollziehbar, warum über die abgegangene Vorstand Thomas Schmid Jahre hinweg auf keiner Ebene etwas sich quasi seinen Aufsichtsrat ausgeaufgefallen ist. sucht haben soll. Die Öbag ist ein staatliches Unternehmen. Wenn ich die Medien richtig verfolgt habe, wollte jemand Wirecard, der zweite große 2020 aufgeflogene Betrugsfall, hatte einen professiCEO werden, und um das zu erreichen, onell rekrutierten Aufsichtsrat mit teilhat dieser Jemand auch gleich vorgeschlagen, wer Aufsichtsrat werden soll. weise 50 Prozent Frauenanteil. War es Das war bei der Strabag, wo Haselsteiauch dort ein Gesamtsystemversagen? ner Gründer und CEO war, doch ganz Wirecard-Chef Markus Braun war offenanders. kundig imstande, viele Menschen zu 46 T REND | 25. 6. 2021 f­ aszinieren. Vor allem für Menschen, die sich nicht auskennen, hat vieles in der Fintech-Szene einen bestimmten Nimbus. Der Plan, die Deutsche Bank zu übernehmen, macht ja im Nachhinein sogar Sinn. Da hätte er das, was später aufgeflogen ist, viel besser verstecken können. Das war vermutlich ja auch die geplante Überlebensstrategie. Da hätten doch alle Alarmglocken läuten müssen. Braun soll überaus intelligent, ­gebildet und charismatisch sein und hat offenbar viele Stellen und Persönlichkeiten einwickeln können. Auch Udo Proksch und Jack Unterweger sollen ja charisma­ tische Persönlichkeiten gewesen sein. In fast allen guten Kriminalromanen steht ein Mensch im Zentrum, von dessen kriminellen Aktivitäten der Leser fasziniert ist. Und offensichtlich findet so etwas nicht nur im Kriminalroman statt, sondern auch in der wirtschaftlichen Realität. Das hieße, dass die ständig verbesserten Aufsichtsstrukturen gegen das Charisma eines Einzelnen machtlos sind? Hätten wir diese Strukturen nicht, gäbe es wahrscheinlich Sodom und Gomorrha. Für 99 Prozent aller wirtschaftlichen Aktivitäten passen sie ja. Dass es immer wieder Lücken gibt, hat offensichtlich etwas mit der Realität des Lebens zu tun. Und es darf auch nicht unser Anspruch sein, dass wir alle Lücken schließen wollen – sonst kämen wir sehr nahe an totalitäre Systeme. Der Hang zur perfekten Kontrolle kann leicht kippen. Selbst die höchsten Strafen können die Menschen nicht davon ab­ halten, Verbrechen zu begehen. Es gibt trotzdem Mörder und Betrüger. Also keine Lektion aus der Wirecard-­ Geschichte? Hoffentlich doch. Wenn Braun tatsächlich ein so gebildeter Mensch ist, wie gesagt wird, sollte er uns Einblick gewähren, wie er es gemacht hat. Es würde der Gesellschaft weiter­ helfen, wenn er uns an seinem Herrschafts- beziehungsweise Insiderwissen teilhaben lässt. FOTOS: BEIGESTELLT, NEWS SEBASTIAN REICH rasch: Was kann man aus einem Objekt machen? Was sind die Möglichkeiten einer Neunutzung? Mit welchem Mietertrag können wir an welchen Standorten rechnen etc.

TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH Quantencomputer zählen zu den großen Zukunftshoffnungen. Die ganze Welt will sie bauen. Das Innsbrucker Start-up PARITY QC legt die Architektur dafür vor. Sie soll weltweit zum Standard werden. VO N MARTI NA BAC H L E R V or der Hofburg in Innsbruck ist der Asphalt offen, in der Sommerhitze steht der Staub, und wer sich hier nicht die Gemächer von Kai­ serin Maria Theresia anschauen will, sucht zumindest in einem der Innenhöfe Schatten. Die Touristen, die hier Pause machen, denken dabei nicht über den Verkehr nach, den sie nach sich ziehen, über die Straßenbahnen, deren Taktung darauf abgestimmt ist, wie viele von ih­ nen sich durch die Altstadt bewegen. Im dritten Stock der Hofburg sind die­ se Fragen jedoch präsent: Die Lenkung des Verkehrs gilt als eine der Aufgaben, die nur von Quantencomputern effizient bewältigt werden können. Unzählige Möglichkeiten, wie Einzelne sich verhal­ ten, macht sie zu komplex für herkömm­ liche Rechner. Und um Quantencompu­ ter geht es hier, um eine Technologie, von der sich die ganze Welt gerade gigantisch viel Innovation verspricht. In der Architektur untergegangener Macht arbeitet ParityQC an der Archi­ tektur genau dieses Zukunftsfelds. Es braucht dafür keinen futuristischen Tech-Aufbau, sondern nur ein leises, wei­ ßes und kühles Büro mit Tischen und Sesseln. Auch eineinhalb Jahre nach der Gründung des Unternehmens wirkt alles wie neu. Corona hat Magdalena Hauser und Wolfgang Lechner, den CEOs, die in kurzen Hosen, hohen Sneakers und mit Motorrädern ins Büro gekommen sind, WACHSTUM. Im Jänner 2020 gegründet, hat ParityQC mittlerweile 14 Mitarbeiter, zu denen etwa Quantenphysiker, Mathematiker, Softwareingenieure und Business-Developer zählen. Sie kommen aus der ganzen Welt. EINER FÜR ALLE
eine untypische Gründung abverlangt: „Viele unserer aktuell 14 Mitarbeiter ha­ ben einander noch nie persönlich gese­ hen, Sicherheitsvorkehrungen mussten wir mit der Vorgabe „Homeoffice“ treffen und auch die Gespräche mit den Kunden liefen virtuell ab“, sagt Magdalena Hau­ ser. Vielleicht sei aber auch deshalb so viel weitergegangen, und zwar so schnell. Das junge Unternehmen hat bereits internationale Kunden wie den japa­ nischen Elektronik-Riesen NEC oder ColdQuanta gewonnen, das für DARPA, die Forschungseinrichtung des US-Ver­ teidigungsministeriums, an Lösungen für Quantum Computing arbeitet. Eben wurde eine Parity-Dependence in Deutschland eröffnet, die nicht die einzi­ GRÜNDER. Magdalena Hauser und Wolfgang Lechner haben mit ParityQC ein Start-up aufgebaut, das die Architektur für Quantencomputer liefert. FOTOS: GUENTHER EGGER, NIOSTUDIO ge bleiben soll. Es ist in zahlreichen Gre­ mien vertreten und seit Februar auch Teil des EU-Konsortiums, das die Kommerzi­ alisierung von Quantencomputern be­ schleunigen soll. Denn noch ist dieser In­ novationssprung vor allem ein Feld der Forschung. Noch ist nicht einmal ent­ schieden, wie diese Computer aussehen werden. Aber von den Großen wie Ama­ zon und Microsoft bis zu kleinen Startups arbeiten gerade sehr viele daran. GANZ VORNE DABEI. Überall dort, wo es um Optimierungsfragen geht, sollen Quantencomputer Wunder wirken, in der Logistik, der Medizin oder bei künstlicher Intelligenz. ParityQC hat dabei eine spezi­ elle Rolle gefunden. Es bietet den Bau­ plan für diese Computer, der ultrakom­ plexe Anwendungen weniger komplex in Chips implementiert, zudem einen Algo­ rithmus und ein Betriebssystem, mit dem diese Computer dann aus der Cloud her­ aus gesteuert werden können. Die Ziele sind hoch und weit gesteckt: Wer einen Quantencomputer baut, soll um ParityQC nicht herumkommen, und bei allen, die diese Computer dann nutzen, soll Parity als Betriebssystem laufen. „Wir wollen ei­ nen globalen Standard schaffen, egal, ob es sich um Atom-, Ionen- oder HalbleiterQuantencomputer handelt“ sagt Magda­ lena Hauser. Die 32-jährige Innsbruckerin hat da­ für quasi die Seiten gewechselt. Sie leitete zuvor das I.E.C.T., eine Einrichtung, die seit 2015 versucht, in Tirol ein ideales Umfeld dafür zu schaffen, Investoren und Wissenschaftler, Gründer und mögliche Kunden zusammenzubringen. Gegründet hat es Hermann Hauser, hoch angesehen­ der Mehrfachgründer, Tech-Investor, heute Miteigentümer von ParityQC und Magdalenas Onkel. Er wollte nach Inns­ bruck holen, was er im britischen Cam­ bridge schätzen gelernt hat. Einer der Ersten, die 2015 bei I.E.C.T. durch die Tür gingen, war Wolfgang Lechner. Er war Professor für Theoreti­ sche Physik an der Universität Innsbruck, bereits bekannt für seine Forschungsleis­ tungen im Bereich des Quantum Compu­ tings, eines Bereichs, in dem die Uni Innsbruck übrigens international einen ausgezeichneten Ruf hat. Alpine Quan­ tum Technologies (AQT), ein weiteres Spin-off der Uni, baut etwa gerade an ei­ nem Ionen-Quantencomputer. Lechner war ein Kunststück geglückt. Gemeinsam mit Philipp Hauke und Peter Zoller entwickelte er eine völlig neue Quanten-Architektur. Er bewies mathe­ matisch, dass sie nicht funktionieren kann, und begrub das Projekt. Es ließ ihn nicht los, er forschte weiter, veröffentlich­ te nichts, und dann plötzlich: „Es war fast wie in einem Film. Ich bin aufgewacht und wusste, wie es geht“, sagt der 40-Jäh­ rige. Der Haupteigentümer ist bei Parity­ QC übrigens der Älteste im Team. Lechner wusste, dass diese Erfindung einzigartig und ein Business Case ist. Die Uni Innsbruck und die Akademie der Wis­ senschaften meldeten daraufhin das Pa­ tent an, beide sind heute an dem Spin-off beteiligt. Auf der größten Quantum-Com­ puting-Messe der Welt stellte Lechner sei­ ne Forschung im Sommer 2015 vor, wenig später folgte das erste Kaufangebot aus den USA. „Da wusste ich: Ich will das selbst machen“, sagt Lechner. Gemeinsam mit Hauser machte er eine Firma draus. Mittlerweile sind sechs weitere Patente hinzugekommen. Kon­ kurrenz ist laut den beiden CEOs, die ausschließlich gemeinsam auftreten, sich inhaltlich aber naturgemäß ergänzen, nicht in Sicht, dafür aber ein Wettlauf ih­ rer potenziellen Kunden, die sie bisher oft über Empfehlung erreichen. China und die USA fördern die neue Technologie massiv, Europa hinkt etwas hinterher. Deutschland investiert nun zwei Milliar­ den Euro in Quantenprojekte, Österreich hat gerade ein Programm über 107 Milli­ onen Euro aufgelegt. Die beiden Gründer sehen das positiv: „In Europa passiert so viel Grundlagenforschung, und wir wol­ len smart dazu beitragen, dass zumindest die Patente für diese Technologie auch hier bleiben“, sagt Wolfgang Lechner. Die wichtigste Ressource dafür ist an diesem Tag im Innsbrucker Büro übri­ gens nicht zu sehen: die Mitarbeiter. 25. 6. 2021 | T RE ND 49
TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH Präsident HARALD MAHRER wehrt sich entschieden gegen Vorwürfe, dass die Wirtschaftskammer den Umweltschutz blockiert. TREND: Was ist so furchtbar am geplan­ ten Klimaschutzgesetz, dass Ihr General­ sekretär Karlheinz Kopf von „ideologie­ getriebenen Bestrafungsfantasien“ bei den Grünen spricht? HARALD MAHRER: Ich halte zuallererst fest: Die Wirtschaftskammer will, dass die Pariser Klimaziele erreicht werden, weil es der österreichischen Wirtschaft nützt. Dazu ist es aber notwendig, dass man sich zu marktwirtschaftlichen Grundsätzen, zum Wettbewerb der besten Ideen und zu Technologieoffenheit bekennt. Das mögen einige Grüne und NGOs nicht so sehr. Was genau der Kern des Problems am Klimaschutzgesetz ist: Es hebelt freie Marktzugänge und demokratische Grundprinzipien aus, indem man am Parlament vorbei einen Automatismus für Steuererhöhungen festlegen will. „Innovation statt De­monstration!“ Gerade wenn die Wege zu einem gesetz­ ten Ziel offenbleiben, was die WKO will, muss es Möglichkeiten geben, die Errei­ chung auch durchzusetzen. Der Mechanismus, der dafür sorgen wird, ist der CO2-Preispfad, den ich seit Jahren fordere. Ja, wir brauchen einen Preis für umweltschädliches Verhalten – im Idealfall einen globalen CO2-Mindestpreis, ähnlich wie bei der weltweiten Mindestbesteuerung für Konzerne. Damit haben alle Marktteilnehmer Planungssicherheit und können daraus ihr Verhalten, ihre Investitionstätigkeit, ihre Forschungs50 T REND | 25. 6. 2021 notwendigkeiten ableiten. Ein einzelnes Unternehmen ist auf diese Weise nicht davon abhängig, was die anderen machen. Denn es geht ja darum, dass sich alle bewegen. Und bei Bedarf kann der Preispfad angepasst werden. Wird die Regierung bei den Reibereien zwischen den Koalitionspartnern die CO2-Steuer hinbekommen? Die Regierung hat sich auf eine ökosoziale Steuerreform als Herzstück ihres Programms festgelegt. Sie wird einerseits umweltschädliches Verhalten bepreisen, andererseits aber riesengroße Entlastungen für Bürger und Unternehmer enthalten. IN T ERV IEW: M . G R O LL & A . LA M P L Ich gehe davon aus, dass diese Reform im Herbst grosso modo fertig sein wird. Wahrscheinlich wäre man schneller ­gewesen, hätte es Covid nicht gegeben. Bislang hat sich die WKO eher gegen alle möglichen Klimaschutzmaßnahmen ­gestellt: Abschaffung des Dieselprivilegs oder beschleunigtes Zurückdrängen von Autos mit Verbrennungsmotor usw. Be­ treiben Sie da nicht rhetorisches Green­ washing? Niemand spricht davon, dass wir weiter ungehemmt fossile Treibstoffe verwenden sollen. Die entscheidende Frage ist: Wie transformiere ich? Wir müssen uns schon den Kopf darüber zerbrechen, dass es in Österreich 5,1 Millionen Pkw gibt. Die Transformation wird FOTO: LUKAS ILGNER Was ist verwerflich an der Idee, dass sich die Mineralölsteuer automatisch erhöht, wenn festgelegte Klima-Etappenziele nicht erreicht werden? Es ist schon noch das Primat der Politik, zu entscheiden, ob man dann gegebenenfalls den Maßnahmenmix verändert, anstatt vorab ­irgendetwas festzulegen. Denken wir das doch zu Ende: Sollen solche Strafautomatismen auch gelten, wenn Österreich bestimmte Arbeitslosenzahlen oder bestimmte Bildungsniveaus nicht erreicht? Das wäre ja wie in einer Räterepublik.
mit Elektro allein nicht funktionieren. Deswegen ist es zum Beispiel einfach falsch, nicht auf das Thema E-Fuels zu setzen. Die könnten verhindern, dass von einem Tag auf den anderen rund 45 Milliarden Euro Vermögen vernichtet werden – konservativ geschätzt der Wert aller konventionellen Autos in Österreich. Abgesehen davon, ob sich die Leute außerhalb der Ballungszentren die Umstellung überhaupt leisten und wir ihnen die nötige Infrastruktur bieten können. Man wird im Rahmen der Steuerreform über alles reden, auch über das Dieselprivileg. Aber Ökologie und die sozialen Fragen müssen sich dabei die Balance halten. Wir haben nichts davon, wenn die Wirtschaft vor die Hunde geht und es dann keine Jobs mehr gibt. Weil der Staat den Systemumbau nicht alleine bezahlen kann? So ist es. Ich wünsche mir eine KESt-Befreiung für alle Investments in dem Bereich und ­generell die Wiedereinführung der Behaltefrist für Aktien, damit langfristige Investitionen für Private attraktiver ­werden. Ich hoffe, dass die Politik ihre Hausaufgaben schnell genug macht. Konkretes Beispiel: Wenn ich im Umfeld von Wien den öffentlichen Personennahverkehr ausbauen möchte, brauche ich derzeit 15 Jahre dafür – könnte es aber auch in fünf bis sieben Jahren schaffen. Die Technologie haben wir, das Kapital ließe sich unter den richtigen Rahmenbedingungen aktivieren. Bleiben als Bremsklotz die Genehmigungsverfahren. Das Umweltministerium will von Technologieoffenheit dennoch nichts hören und setzt auf Elektrifizierung. Es heißt, E-Fuels seien zu teuer und nicht ausreichend herzustellen. Das sind Argumente von Leuten, die zu kurz denken. Dass E-Fuels teuer sein müssen, lasse ich nicht gelten. Als Tesla-Chef Elon Musk vor zwei Jahrzehnten mit seiner Elektroauto-Idee angetreten ist, haben auch alle gesagt, keiner wird sich das leisten können. Aber es ist passiert, weil sich Markt und Industrien entwickelt haben, weil mehr geforscht wurde. Deswegen fordern wir einen Regenbogenmix der Technologien. Der besten Beweis: Niemand hat einen bestimmten Impfstofftypus gegen Corona vorgegeben. Wir ­haben nur das Ziel gehabt, die Pandemie möglichst schnell zu beenden, egal wie. Es hat geklappt – und so wird es auch bei der Klimakrise sein. Ihr Optimismus in Ehren. Aber sogar manche Unternehmer, darunter Vertreter der „Grünen Wirtschaft“ wie Sabine Jungwirth, die Lebensgefährtin von ­Vizekanzler Werner Kogler, werfen der WKO umweltpolitische Blockaden vor und wollen keine Mitgliedsbeiträge mehr zahlen. Wenn dieser Splittergruppe die Ideen ausgehen, dann macht man halt solche Sachen. Niemand kann das Argument einfach wegwischen, dass die österrei„Die ÖVP hätte chische Wirtschaft in Befür den Klimazug auf den Klimawandel bereits hervorragend aufschutz die gestellt ist. Wir sind die G ­ rünen nicht geWeltmeister! Darauf braucht. Sie hat baut unser Exporterfolg die ökosoziale auf. Und trotzdem werden Sie nie 100 Prozent Marktwirtschaft Unternehmen – oder erfunden.“ auch Bürger – haben, H A R A LD M A H RE R ­denen alle unsere WKO -PRÄ SID ENT ­Vorschläge gefallen. Eigentlich ist es aber kontraproduktiv, möglichst behutsam vorzugehen. Mit Betulichkeit wird aus der Technologieführerschaft, von der Europa immer träumt, nichts werden, oder? Ja, die ­Politik ist gefordert. Für das Gelingen der CO2-Transformation braucht es bestimmte Begleitmaßnahmen: von ausreichend Humankapital über schnelle Zulassungsverfahren und Behördengenehmigungen bis zu – ganz entscheidend – sehr viel Geld. Vor uns steht die größte Investitionsnotwendigkeit seit dem Zweiten Weltkrieg. Wir brauchen Dinge, die es in diesem Land noch nicht gegeben hat, zum Beispiel einen anderen Umgang mit dem Kapitalmarkt, ein besseres Aktivieren von privatem Kapital. Gibt es innerhalb der WKO Zerreißproben zwischen Unternehmen, die sich durch die Transformation Chancen ausrechnen, und solchen, die zu den Verlierern zählen werden? Derar­ tige Konflikte gibt es in anderen Bereichen auch. Es betrifft den digitalen Wandel genauso wie Interessengegensätze entlang von Lieferketten. Wir sind dafür da, einen Interessenausgleich herbeizuführen. Das liegt in der Natur des zutiefst liberalen Sozial­ partnerprinzips, die eigenen Interessen selbst zu vertreten und nicht alles dem Staat zu überlassen. Zugegeben, die Aufgabe ist nicht einfach. Die Liste an Streitpunkten zwischen grüner Partei bzw. NGOs und der WKO ist lang: vom Einwegplastikpfand bis zum Energieeffizienzgesetz. Lösbare Konflikte? Es gibt leider Menschen, die gerne Nestbeschmutzung betreiben und Österreich schlechtreden. Faktum ist, dass unsere produzierenden Betriebe zu den energieeffizientesten der Welt zählen. Zeigen Sie mir doch einen Unternehmer, der freiwillig bei der Kosten­ struktur etwas liegen lässt! Das können nur Leute behaupten, die keine Unternehmer sind und noch nie in einem ­Betrieb gearbeitet haben. Oder: Beim Thema Plastikmüll haben wir vorgeschlagen, wie man das intelligent macht und nicht über alle drüberfährt. Das wird jetzt so umgesetzt. Ich verwehre mich generell gegen Fake-Debatten und die Unterstellung, dass es überall von Umweltsündern wimmelt. Die ganzen Geschichten von Bedrohung und Angstmache, auf die mit Zwang reagiert werden soll, halte ich für entbehrlich. Wir brauchen im Gegenteil ein gutes Klima für das Klima. Das bedeutet: investieren, innovieren, motivieren – und klare Zielvorgaben. Ich bin mehr für Innovationen als für Demonstrationen. Das klingt jetzt in Richtung des grünen Koalitionspartners nicht gerade nach dem „Besten aus zwei Welten“. Halten Sie es für möglich, dass die türkis-grüne Koalition am ÖkoStreit zerbricht? Nein, überhaupt nicht. Ich glaube, diese Zusammenarbeit ist sehr zukunftsfähig, weil man gemeinsam um die beste Lösung streiten muss – weil es eben zwei unterschiedliche Welten sind. Der Konflikt wird hochstilisiert, so wie viele andere Fragen auch. Die Volkspartei hat die ökosoziale Marktwirtschaft erfunden. Und Österreich ist, wie gesagt, Weltmeister bei Umwelttechnologien. Um sich die anzuschauen, kommen sehr viele internationale Delegationsreisen zu uns; nicht wegen eines grünen ­Parteiprogramms. Die ÖVP hätte für den Klimaschutz die Grünen nicht gebraucht. Aber natürlich ist es einfacher, mit einer Partei große Systemänderungen anzugehen, in deren DNA das ­sozusagen verankert ist. 25. 6. 2021 | T RE ND 51
TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH K onfrontation scheut M ­ ichaela Krömer schon jetzt nicht. Mit „die Wirtschaftskammer argumentiert verfassungswidrig“ kommentiert sie trocken, dass sich Österreichs Unternehmervertretung vor wenigen Tagen mehr als deutlich gegen ein geplantes Klimagesetz von Gewessler Umweltministerin Leonore ­ gewandt hat, das unter anderem auch juristische Schritte gegen vermeintliche Klimaversäumnisse Österreichs erleichtern soll (siehe dazu auch WKO-Präsident Harald Mahrer, Seite 50). Demnächst wird sie wohl noch härter austeilen. Die Anwältin führt derzeit genau so eine Klage gegen Österreich – freilich am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), da ihr erster Versuch vom Verfassungsgerichtshof zurückgewiesen wurde – und verspürt seit Kurzem Rückenwind: Zusätzlich zu dem Vorstoß aus dem Hause Gewessler verdonnerte ein holländisches Gericht den Ölmulti Shell jüngst zu verstärkten Anstrengungen, Alternativen zur fossilen Produktpalette zu finden. Und weil es das erste Klimaurteil weltweit ist, das ein Großunternehmen in die Pflicht nimmt, steigt die Hoffnung bei den Ökos, dass das Beispiel Schule machen könnte. Krömer: „Auch die Tatsache, dass ein Gericht den Mut hatte, unternehmerische Schutzpflichten betreffend die Klimakrise auf ein Unternehmen und die gesamte Lieferkette anzuwenden, wird in jedem Fall – unabhängig vom Verfahrensausgang – Folgen nach sich ziehen.“ SCHLECHTES KARMA. Das Karma für Klimaklagen (im weitesten Sinn) war in Österreich bisher nicht besonders gut, egal, mit welchen Argumenten. Krömers Vorstoß gegen Steuerbefreiungen von Flugkerosin wurde abgewiesen, ebenso ein von Österreich selbst angestrengtes Verfahren gegen Subventionen für das britische Atomkraftwerk Hinkley Point. Eine groß angekündigt Klage der Maori gegen die OMV in Neuseeland fand nicht einmal den Weg zu den Gerichten. 2019 wies der Verfassungsgerichtshof Einsprüche gegen den Bau einer dritten Startund Landepiste am Flughafen Wien zurück: Der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen bliebe insgesamt unverändert, hieß es, und prinzipiell könne ein Flughafen nicht für den CO2-Ausstoß von Flugzeugen verantwortlich gemacht werden. VO N MA RKUS G RO L L 52 T REND | 25. 6. 2021 Ein Urteil gegen den Ölmulti Shell und ein neues Klimaschutzgesetz in Österreich könnten den Zwang zur CO2 -Reduktion befeuern – hofft die Klimaanwältin MICHAELA KRÖMER. Heißes Klima vor Gericht KLIMAJUSTIZ STATT KLIMAPOLITIK? In Österreich eher selten. Weder gegen die OMV (Fall Neuseeland, Bild), noch gegen den Flughafen Wien (dritte Piste) oder die Steuerbefreiung von Flugkerosin gingen Klimaklagen durch.
FOTOS: GREENPEACE/MITJA KOBAL, MATTHEW ANDERSEN, BEIGESTELLT Die Resilienz gegen Klimaklagen liegt in Summe daran, dass das österreichische Rechtssystem stärkere Nachweise für direkte Betroffenheit und ursächli­ lorian che Schädigung verlangt, erklärt F Stangl, Energie- und Klimarechtsexperte der Kanzlei NHP: „Es gibt schon ­einen Sorgfaltsmaßstab, mit dem man Unternehmen messen kann, aber es gibt zusätzlich keine ‚Anreicherung‘ mit anderen Rechtsmaterien, wie es in den Niederlanden passiert ist.“ Zwar winke einiges an publizistischem Aufsehen und Ruhm, „doch das ist Knochenarbeit, so etwas knallt man nicht einfach so nebenbei mal raus.“ ANGRIFFSZIELE. Prädestinierte Angriffsziele für Klimaklagen wären jedenfalls Österreichs größte CO2-Emittenten (nach Emissionshandelsregister), vom Stahlerzeuger Voest (rund elf Millionen Tonnen) über die OMV (über vier Millionen) bis zu Wien Energie oder Zementhersteller Lafarge. Wobei Emissionen aus der Produktverwendung (COP 3) bei der OMV nicht mitgerechnet sind. FLORIAN STANGL, ENERGIERECHTS­ANWALT: „Das ist Knochenarbeit, so etwas knallt man nicht einfach so nebenbei mal raus.“ Dass mit Klimaklagen gegen Großunternehmen durchaus in Rechte anderer (Aktionäre wie Pensionsfonds, Kleinanleger usw.) eingegriffen wird, nehmen Klimaschützer in Kauf – genauso wie das Gericht in Den Haag im Fall Shell. ­Krömer: „Es wird immer eine Interessenabwägung von unterschiedlichen Rechten vorgenommen. Im Unterschied zu vor einigen Jahren werden angesichts der nunmehr offenkundigen Bedrohung essenzieller Rechte diese Rechte höher eingestuft als die Rechte etwa von Aktionären oder ein möglicher Profitverlust.“ Dennoch will sie keine falschen grünen Hoffnungen wecken, auch ganz konkret im Fall ihres Klienten Mex M. der wegen seiner MS-Erkrankung just bei steigenden Temperaturen im Rollstuhl sitzen muss: „Wie der Gerichtshof letztlich entscheidet, ist allerdings abzuwarten.“ Krömer weiß zu gut: Oft haben Gerichtsergebnisse in der realen Wirtschaft dann doch wenig messbaren Einfluss auf das Klima, obwohl die Zahl der Klimaklagen weltweit laut Londoner Grantham Research Institute on Climate Change in den vergangenen zehn Jahren sprunghaft von maximal 20 gleich auf 120 bis 160 angestiegen ist. Tatsächlich gibt es auch nach dem Shell-Urteil zwiespältige Signale zu dessen Beispielwirkung: Zwar musste schon Deutschlands größter Öl- und Gaskonzern, Wintershall Dea, seinen Börsengang wegen „ungünstiger Marktbedingungen“ absagen. Andererseits ignorierte gleichzeitig Polen eine einstweilige Ver­fügung des Europäischen Gerichtshofs, wonach der Braunkohleabbau im Turów-Tagebau einzustellen wäre. Und auch das neue österreichische ­ ­ Klimagesetz ist noch ­lange nicht durch.
TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH VON O L I VE R JU DEX DER KLIMASCHUTZ WETTBEWERB trend und das Wiener Klimaschutz-Start-up Glacier zeichnen die KREATIVSTEN UND EFFIZIENTESTEN LÖSUNGEN VON UNTERNEHMEN aus, um Treibhausgase einzusparen und den Klimawandel zu bremsen. E s ist eine völlig neue Initiative, die ganz der heutigen Zeit entspricht. Denn immer mehr Unternehmen erkennen, wie wichtig es ist, nachhaltig zu wirtschaften und den eigenen Fußabdruck ökologischen möglichst klein zu halten – sei es bei der Produktion von Gütern, im alltäglichen Bürobetrieb, in der Kantine oder auch bei den Fahrten der Beschäftigten zwischen zu Hause und ihrem Arbeitsplatz. Das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für das Unternehmen selbst – vom Employer Branding bis zum Aktienkurs oder der Markenpflege. Und die Ideen, um als Unternehmen den Ausstoß von Kohlendioxid wesentlich zu reduzieren, sind inzwischen höchst vielfältig, oft sehr kreativ und manchmal sogar ein echter Gamechanger. Genau an diese Unternehmen richtet sich diese neue Initiative namens Climate Impact Challenge. Es handelt sich dabei um einen Wettbewerb der besten Ideen, bei dem jedes Unternehmen mitmachen kann – vom ganz kleinen Betrieb mit nur ein paar Mitarbeitern bis zum international tätigen Konzern. Jede Idee zählt, ob es sich um die ersten Schritte in Richtung Eine Kooperation von 54 T REND | 25. 6. 2021
Klimaschutz eines regionalen Handwer­ kers oder Dienstleisters handelt oder um den großen Wurf, der in den Tochtergesell­ schaften auf der ganzen Welt ausgerollt wird, ob es erst eine Idee ist oder eine seit Jahren erfolgreich umgesetzte Strategie. FOTOS: GETTY IMAGES, BEIGESTELLT JETZT MITMACHEN. Die Climate Impact Challenge (CIC), also der Wettbewerb rund um die kreativsten Klimaschutz­ ideen (Details dazu siehe rechts), ist eine gemeinsame Initiative des Wirtschafts­ magazins trend mit dem Jungunterneh­ men Glacier. Das Wiener Klimaschutz-­ Start-up hat sich zum Ziel gesetzt, Öster­ reichs Unternehmen zu Musterschülern in Sachen Klimaschutz zu machen. „Der Versuch, die Reduktion von Treibhaus­ gasen mit Zwängen und Verboten zu er­ reichen und damit zu polarisieren, ist der falsche Zugang“, ist Gründer Andreas Tschas überzeugt. Der Erfinder des ehe­ maligen Pioneers Festivals, eines interna­ tionalen Start-up-Events in der Wiener Hofburg, hat sich gemeinsam mit Co-Founder Rainhard Fuchs und zehn weiteren Mitstreitern zum Ziel gesetzt, „die einflussreichste Community rund um die CO2-Reduktion aufzubauen“. Dazu bietet Glacier interessierten Un­ ternehmen u. a. den Carbon Manager an, „einen digitalen Wegbegleiter für Unter­ nehmen auf ihrer Klimaschutzreise“, so Tschas. Fußabdruck-Rechner, wissen­ schaftlich fundierte CO2-Reduktionsmaß­ nahmen und kuratierte Lösungsanbieter bietet das innovative Tool (glacier.eco/ carbon-manager). Über 110 Mitglieder zählt Glacier bereits, von der Bank Austria über A1 und Magenta bis zu Runtastic. Am 21. September veranstaltet Glacier zudem den Climate Impact Day (glacier. eco/climate-impact-day). An diesem Tag sollen die Unternehmen ihren Mitarbei­ tern – begleitet von einem hybriden Konfe­ renzformat – die Möglichkeit geben, sich konkret mit Klimawandel und CO2-Re­ duktion auseinanderzusetzen. „Wir errei­ chen bereits jetzt 110.000 Mitarbeiterin­ nen und Mitarbeiter in ganz Österreich“, sagt Tschas, dessen Ziel es ist, dass sich in jedem Unternehmen ein KlimaschutzTeam findet – ähnlich wie sich auch die CIC an alle Unternehmen des Landes rich­ tet. „Klimaschutz ist das große Thema der heutigen Zeit und damit für jedes Unter­ nehmen von zentraler Bedeutung“, sagt trend-Chef­redakteur Andreas Weber: „Mit der Climate Impact Challenge wollen wir die besten Ideen zur CO2-Reduktion fin­ den und vor den Vorhang holen.“ Die Climate Impact Challenge DER WETTBEWERB: Wir suchen die kreativsten Unternehmen mit den besten Ideen, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Es kann eine Photovoltaik-Anlage sein, an der Mitarbeiterinnen und Mit­ arbeiter beteiligt werden, eine kreative Idee, um den Weg zur Arbeitsstätte klimaneutral zu gestalten, oder das Angebot klimaschonender Ernährung am Arbeitsplatz – bei der Climate Impact Challenge (CIC) von trend und Glacier sind jene Projekte und Lösungen von Unternehmen gefragt, die das Zeug haben, bei der Produktion, im Büro oder auch auf dem Weg von und zur Arbeit möglichst viel Kohlendioxid einzusparen. Einreichen kann jedes Unternehmen – vom kleinsten KMU bis zum Großkonzern. Eine Topjury bewertet die Ideen in drei Kategorien. DIE KRITERIEN, NACH DENEN DIE EINGEREICHTEN KONZEPTE BEWERTET WERDEN  OTENZIAL, UM P CO2 EINZUSPAREN: Wie groß ist das Potenzial der geplanten Lösung, Treib­ hausgase tatsächlich zu reduzieren? INNOVATIVER ANSATZ: Wie innovativ und kreativ ist die Idee im Vergleich zu bereits existierenden Modellen? UMSETZUNG BZW. DURCHFÜHRBARKEIT: Wie erfolgreich wurde eine Idee bereits umgesetzt oder wie rasch kann sie ausgerollt werden? Denn auch noch nicht verwirklichte Lösungen mit konkretem Umsetzungsplan können eingereicht werden. I n einer SONDERWERTUNG wird gegebenenfalls beurteilt, ob die Idee das Potenzial hat, möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Umset­ zung mit­einzubeziehen. Die Beteiligung der Beschäftigten ist aber keine Voraussetzung für eine Einreichung. DIE KATEGORIEN, IN DENEN IDEEN UND LÖSUNGEN EINGEREICHT WERDEN KÖNNEN ENERGIE & INFRASTRUKTUR MOBILITÄT & VERKEHR ARBEITSPLATZ & ERNÄHRUNG DIE TEILNAHME. Sie können die Idee oder Lösung Ihres Unternehmen auf der Website mit der Adresse trend.at/cic einreichen. EINREICHFRIST. Der Zeitraum der Einreichung endet am Freitag, dem 13. August 2021. DIE BEURTEILUNG der Ein­ reichungen erfolgt durch eine Expertenjury. In jeder Kategorie werden die besten fünf Ideen ermittelt, mit einem Siegel ausgezeichnet und via trend, trend.at und glacier.eco der Öffentlichkeit präsentiert. Die jeweiligen Sieger erhalten eine Berichterstattung auf trend.at und im trend.PREMIUM vom 10. September. Zudem erhalten die Kategoriesieger die Möglich­ keit, sich mit ihrer Idee beim Climate Impact Day von Glacier (siehe links) am 21. September zu präsentieren. Einreichungen unter trend.at/cic 25. 6. 2021 | T RE ND 55
TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH START-UP ELTERN UND GRÜNDER. Jaclyn und Florian Schnau mit ihrer Tochter Olivia, die Anlass war, ein Start-up für Babynahrung gründen. Junge Gründer für junge Zielgruppe Die fünf Kategoriesieger der START-UPCOMPETITION des CASH Handelsforums, an der fast 50 Gründer teilnahmen, kämpfen um den Gesamtsieg. 56 T REND | 25. 6. 2021 E s ist ein neues Format, das der Manstein Verlag ausprobiert hat: Für das renommierte CASH Handelsforum, das heuer vom 28. bis 30. Juni im Eventresort scalaria am Wolfgangsee stattfindet, wurden im Rahmen einer vom trend unterstützten Competition die besten Start-ups aus den Bereichen Food & Beverages, Non Food, Logistik & Packaging, Pricing & Payment und Nachhaltigkeit gesucht. Und die Reaktion der jungen Gründer war enorm. An die 50 Start-ups haben sich beworben und stellten sich einer hochkarätigen Jury. Jetzt haben die fünf Kategoriesieger die Chance, sich vor den wichtigsten Entscheidern des Lebensmittelhandels und der Markenindustrie zu präsentieren. „Mit dem CASH Handelsforum bieten wir eine einzigartige Bühne vor 350 Topentscheidern aus Lebensmittelhandel und Markenartikelindustrie“, erklärt die Herausgeberin des Handelsmagazins „CASH“, Dagmar Lang: „Jeder einzelne von ihnen hat Macht und Geld. Also warum nicht diese Bühne den High Potentials der Start-up-Szene zur Verfügung stellen?“ Gemeinsam mit Margaretha Jurik, Chefredakteurin von „CASH“, konnte sie eine hochkarätige Fachjury aus den Bereichen Handel, Industrie und der Startup-Szene zusammenstellen, zu der unter anderen Unternehmensberater Manfred Berger, Nestlé-Österreich-Chefin Corinne Emonet, der Chef der Kastner Gruppe, Christof Kastner, Bettina Vogler-Trinkfass von Procter & Gamble, Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der Sparte Handel in der WKÖ, und Business Angel Markus Ertler zählten. Sie alle waren von der hohen Qualität der Start-ups angetan, und in der Jurysitzung, in der auch der trend eingebunden war, entspann sich eine spannende Diskussion rund um die Themen Innovation, Umsetzung, Skalierbarkeit und natürlich auch den Gründerteams, die ihren jeweiligen Unternehmensgegenstand präsentierten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. So konnte mit Pumpkin Organics ein Münchner Start-up die Kategorie Food &
FOTOS: BEIGESTELLT (4), ATOTHEDAVID, QUANTICS REDAKTION: judex.oliver@trend.at Pumpkin Organics Check:Scan FOOD. Biologisch. Vegetarisch. Nachhaltig. Klimaneutral. Die Babynahrung von Pumpkin Organics vereint eine ganze Reihe von Attributen, die bei Eltern, die für ihre Kinder gesunde Fertignahrung suchen, von Relevanz sind. So auch für Jaclyn und Florian Schnau, die Gründer des 2016 gegründeten Münchner Start-ups. Sie sind nämlich gleichzeitig auch Eltern ihrer Tochter Olivia. Und für sie und mit ihr als Testesserin entwickelten sie innovative, gemüsereiche und fruchtzuckerarme Premiumprodukte – vor allem für die Ernährung in den ersten 1.000 Lebenstagen, die laut Wissenschaft die Essgewohnheit ein Leben lang prägen. „Durch kontinuierliche Aufklärungsarbeit wollen wir Eltern dabei unterstützen, bewusste und gesunde Ernährungsentscheidungen für ihre Kleinen zu treffen“, sagt Jaclyn Schnau. Die Produkte von Pumpkin Organics sind inzwischen in über 2.000 Geschäften in Deutschland und Österreich gelistet. PRICING & PAYMENT. Selbstbedienungskassen zählen zum neuen Service vieler Handelsketten. Doch die Kontrolle der Kunden ist schwierig. Das Salz­ burger Start-up Checklens will mit seinen intelligenten Kameras namens Check:Scan dazu beitragen, den Schwund möglichst gering zu halten. Die Kameras gleichen die Produkte des Kunden mit den Scan-Daten der Kasse ab und erinnern die Kunden, falls sie etwas vergessen haben sollten. „Wir ermöglichen ein reibungsloses Einkaufserlebnis, das bereits von top Einzelhändlern in ganz Europa eingesetzt wird“, sagt Co-Gründer Felix Köppl (Bild l.). Beverages für sich entscheiden, das sich nicht weniger zum Ziel gesetzt hat, als die Babynahrung von Grund auf neu zu erfinden – klarerweise mit reinen Biozutaten, die aber noch dazu fruchtzuckerarm und besonders vielfältig sind (siehe oben). Vor allem der professionelle und authentische Auftritt begeisterte die Jury, schließlich sind die Gründerin und der Gründer selbst Eltern einer gemeinsamen Tochter, für die sie ihre Produkte herstellen. Ihre Ansage: „Wir helfen Babys, sich in Gemüse zu verlieben.“ Nicht minder interessant sind die anderen vier Sieger (siehe Kästen rechts). Sie alle rittern um den Gesamtsieg, über den nun die Gäste des CASH Handelsforums zu entscheiden haben. In jedem Fall aber können die Start-ups die Tage am Wolfgangsee nutzen, um Kontakte zu knüpfen und vielleicht sogar den einen oder anderen Deal zu vereinbaren. Wobei Jurymitglied Ertler den Managern aus Handel und Industrie schon im Vorfeld einen Tipp für allfällige Koope­ rationen ans Herz legt: „Man muss den jungen Gründern die Freiheit und ihre kulturelle Innovationskraft lassen. Dann sind für beide Seiten wertvolle Synergieeffekte möglich.“ Cycle NACHHALTIGKEIT. Er ist ein scheinbar wertloses Nebenprodukt von Kläranlagen. Doch der Klärschlamm hat Potenzial. Vor allem für den Umwelttechniker Sunny Bhasin (Bild), einen gebürtigen Inder, der daraus mit seinem Team durch Fermentation und Destillation organische Säuren extrahiert und gemeinsam mit dem aufbereiteten Wasser zu umweltfreundlichen Reinigungsmitteln verarbeitet. Recyclingquote: 90 Prozent. Patente: fünf. Das ungarische Start-up Renew Technologies vertreibt unter der Marke Cycle inzwischen verschiedene Produkte, die auch in Österreich erhältlich sind. ElephantSkin NON FOOD. Die Idee von Raffael Reifeltshammer (Bild) ist bestechend: „Wir produzieren einen nachhaltigen Handschuh, der sich selbst von Viren und Bakterien befreit.“ Statt umweltbelastenden Einweghandschuhen bietet das Wiener Start-up Handschuhe aus Bio-Baumwolle, die nicht nur gewaschen und wiederverwendet werden können: Der Stoff wird bei der Herstellung mit antiviralen und antibakteriellen Substanzen behandelt, deren Wirkung vom Schweizer Textiltestinstitut Hohenstein bestätigt wird. Seit Ende 2020 ist das Produkt bereits in zehn Ländern gelistet, u. a. bei Aldi, Hofer, Rewe, dm und Müller. Quantics LOGISTIK & PACKAGING. Das noch kaum ein Jahr alte Wiener Start-up Quantics hat sich zum Ziel gesetzt, mit Hilfe von künstlicher Intelligenz vorhandene Daten derart auszuwerten, dass vorhergesagt werden kann, wie sich ein bestimmtes Produkt verkaufen wird. Dazu werden verschiedene Quellen herangezogen: Auswertungen von Kundenkarten, vergangene Verkäufe, Werbemaßnahmen, die allgemeine Marktentwicklung, aber auch etwa der Wetter­ bericht. „Wir bieten 20 bis 70 Prozent genauere Prognoseergebnisse bei 30 bis 80 Prozent weniger Planungsaufwand“, verspricht CEO Christof Bitschnau (2. v. l.). 25. 6. 2021 | T RE ND 57
TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH LUXUS MIT STEG. Am Wörthersee-Südufer in Dellach kostet eine der luxuriösen Villen von The Hampton Estates 6,6 Millionen Euro. lus 17 Prozent bei Handta­ schen, plus 13 Prozent bei ed­ len Weinen, plus sechs Pro­ zent bei Oldtimern: Die Preise für Sammelobjekte sind 2020 deutlich gestiegen. Der Grund: ihre Ein­ zigartigkeit. Nicht nur bei Auktionen, sondern auch im Grundbuch bringen nicht duplizierbare Lagen und unver­ gleichliche Wohnqualität die höchsten Preise. Immobilien im Luxussegment ha­ ben 2020 mit einem Plus von 1,9 Prozent abgeschlossen – das war deutlich besser als erwartet und ein höherer Wertzu­ wachs als 2019, sagt Liam Bailey, Global Head of Research bei Knight Frank. Das Maklerunternehmen erhebt jähr­ lich in einem Index Preise für Luxusim­ mobilien an 100 Standorten rund um den Globus. Für Bailey bestätigen die Ergeb­ nisse den deutlichen Anstieg der weltwei­ ten Nachfrage nach Wohnimmobilien im Topsegment. „Besonders stark ist das In­ teresse an ländlichen sowie an wasser­ nahen Immobilien mit außergewöhnli­ chen Ausstattungsmerkmalen“, so der Knight-Frank-Experte. Die ­Rally geht zudem heuer weiter: „Die gestiegene Nachfrage wird dazu INVESTIEREN UND ENTSPANNEN. In Velden sind Wohnungen mit Seeblick oft bereits ab 500.000 Euro zu haben. 58 T REND | 25. 6. 2021 DIREKT AM WASSER sind Wohnimmobilien besonders gesucht. Denn am Wörthersee, im Salzkammergut oder an der Donau in Wien lassen sich Werte für Generationen schaffen – mit Aussicht auf rasante Wertsteigerungen. führen, dass die Preise in unseren Schlüs­ selmärkten 2021 durchschnittlich um sie­ ben Prozent steigen werden.“ ANLEGEN MIT SEEBLICK. Das bestätigt auch Thomas Hopfgartner, Inhaber des auf wohlhabende Kunden spezialisierten Maklerunternehmens Living De Luxe Real Estate: Er vertreibt nicht nur die mit 32,5 Millionen Euro teuerste Wohnung Wiens, sondern hat sich auf den Wörther­ see spezialisiert – die erste Adresse Öster­ reichs in den Sommermonaten, was sich auch in den Quadratmeterpreisen zeigt, die inzwischen 10.000 Euro und mehr erreichen können. Weil der Wörthersee auch bei Prominenten beliebt ist, finden Interessierte die schönsten Objekte in der Regel nicht auf Immobilienplattformen, sondern über Mundpropaganda. Zu Hopfgartner findet man in der Regel ebenfalls über Empfehlung: „Unsere be­ sondere Beziehung zu unseren Kunden ist unser größtes Kapital“, sagt der Experte für hochwertiges Wohnen mit Seeblick. Er könnte nach Jahrzehnten im Geschäft über jede Villa am See ein Buch schrei­ ben, wie es sagt. Dennoch hält er sich zu­ rück: Diskretion ist am Wörthersee das oberste Gebot. „Es geht nicht um Preise, sondern um Werte“, sagt er. „Das Zuhau­ se hat durch die Pandemie deutlich an Wert gewonnen. Glücklich ist, wer am See ist: Am schönsten Ort der Welt unabhängig von der Außen­ welt das Leben zu genießen, stellt seit jeher einen besonders hohen Wert dar.“ Zwar sind die Preisstei­ gerungen auch für die Käufer, FOTOS: LIVING DE LUXE REAL ESTATE P Wohnglück am Badestrand

TREND WIRTSCHAFT ÖSTERREICH die darauf eigentlich nicht mehr a­ngewiesen wäre, interessant. Aber der Kaufgrund ist auf der höchsten Stufe des Wohnimmobiliengeschäfts immer vorrangig die Emotion, betont Hopfgartner: „Seit Jahrzehnten gilt der Wörthersee als Österreichs beste Wohnlage am Wasser. Nun kommt die nächste Generation, welche die Vorzüge davon in der Pandemie noch mehr zu schätzen gelernt hat und die Immobilie hier nicht bloß als Spekulationsobjekt sieht, sondern nachhaltig nutzen und genießen will.“ WERTE FÜR GENERATIONEN. Investieren statt spekulieren: Das gilt an allen heimischen Seeufern. „Im Premiumsegment sind es neben den Bergchalets überall primär Villen rund um die Seengebiete, wo wir einen Anstieg der Nachfrage von über 50 Prozent verzeichnen“, sagt Bernd ­Gabel-Hlawa, Geschäftsführer der Immobilienplattform FindMyHome.at. „Viele Immobilienangebote im Preisbereich von zwei bis fünf Millionen Euro sind oft nur für ein paar Wochen auf unserem Portal Premium Living präsent, bevor sie nach erfolgreichem Verkauf den Besitzer wechseln. Vor der Pandemie waren solche Liebhaberobjekte bis zu drei Jahre verfügbar.“ Klassische Seegegenden rund um den Wolfgangsee oder Attersee sind genauso gesucht wie der Wörthersee, denn für viele bietet das Salzkammergut die perfekte Kombination aus Bergen und Seen, wie der FindMyHome.at-Geschäftsführer sagt. Die Preise für Grundstücke mit anteiligem Seezugang liegen zwischen 2.500 und 4.000 Euro pro Quadratmeter, mit High-End-Immobilien bebaute Grundstücke kosten 15.000 bis 20.000 Euro pro Quadratmeter – Tendenz steigend. 60 T REND | 25. 6. 2021 Die millionenteuren Liegenschaften am Wasser kaufen die Kunden jedoch nicht, um mit ihnen Renditen zu erwirtschaften oder sie in ein paar Jahren mit Gewinn weiterzuverkaufen, sondern um Werte für Generationen zu schaffen, betont Mark Hüsges, Geschäftsführer Engel & Völkers Salzburg. „Neben dem wirtschaftlichen Aspekt ist die einzigartige Lebensqualität ein wesentlicher Faktor. Gerade in den vergangenen Monaten hat sich gezeigt, wie wichtig das eigene Zuhause ist. Glücklich sind diejenigen, die Wohnen mit guter Infrastruktur und in SCHIFF AHOI. Aus ihrem Penthouse im Wohnturm Marina Tower kommen Freizeit-Kapitäne ohne Umwege zum Yachthafen Marina Wien. atemberaubender Naturkulisse verbinden können. Besonders die Lage des Wolfgangsees mit seiner eigenen Infrastruktur und der Nähe zu Salzburg bietet dafür beste Voraussetzungen.“ Für Anleger, die nachhaltig denken, muss es dabei nicht immer das Wasser in Form eines Sees sein. Auch in Städten sind Luxusimmobilien, die mit dem Attribut „nah am Wasser gebaut“ punkten können, laut Knight Frank eine sichere Wertanlage – vor allem im aktuellen, nach wie vor von Unsicherheit geprägten Umfeld. So stiegen die Preise im Luxussegment in Wien auch im Vorjahr, während frühere Hotspots wie London oder Paris Rückgänge hinnehmen mussten. Derzeit entstehen noble Wohnprojekte wie The Shore in Wien-Döbling mit Privatstrand an der Alten Donau, das Wohnensemble Triiiple mit direktem Zugang zum Donaukanal sowie der Marina Tower, ein neues Wahrzeichen der Wiener Skyline direkt an der Donau. Am höchsten Punkt des Wohnturms werden gleich sechs exklusive Penthouses errichtet. „Die Besonderheit des Marina Tower ist neben der erstklassigen Lage direkt am Wasser und der großflächigen Überplattung des Handelskais durch das Marina Deck die Exklusivität der Penthouses und das spektakuläre Panorama“, meint der Engel-&-Völkers-Experte. Ein Highlight bilden die ausgedehnten Dachflächen, auf denen der Traum eines Outdoor-Paradieses mit Pool und Außenküche verwirklicht werden kann. Auf der eigenen Dachterrasse mit Donaublick zu plantschen, ist tatsächlich ein einmaliges Gefühl – und für die Handtaschensammlung, das Weinlager und den Oldtimer in der Garage ist auch Platz. FOTOS: ISOCHROM, WK-DEVELOPMENT URLAUBSFEELING IN WIEN. Das hochwertige Wohnprojekt The Shore bietet 125 Apartments für Wassersport-Begeisterte im Nobelbezirk Wien-Döbling. Kostenpunkt: rund 8.000 Euro pro Quadratmeter.





TREND IMMOBILIEN BRANCHEN Redaktion: exner.andre@trend.at Wiens höchster Wohnturm entsteht MIT SPA UND POOL. Die Projekte des Immobilienentwicklers Soravia wachsen in die Höhe: Nachdem das aus drei Wohntürmen bestehende Ensemble Triiiple bis Herbst fertiggestellt sein wird und die meisten Wohnungen verkauft sind, startet das Unternehmen das nächste Hochhausprojekt. An einem der begehrtesten Bauplätze Wiens direkt an der Donau entsteht Danubeflats, der höchste Wohnturm Österreichs (Bild). Das 180 Meter hohe Gebäude der Projektpartner S+B Gruppe und Soravia soll bis 2024 fertiggestellt werden. Jede Wohnung in Größe von 30 bis 230 Quadratmetern verfügt über große Freiflächen, dazu kommen ein beheizbarer Pool, ein Spa-Bereich mit Sauna, ein hauseigener Gym, eine Cocktailbar und ein Concierge-Service für die Bewohner. Auch im Triiiple, wo Wohnungen bis zu 10.000 Euro pro Quadratmeter kosten, sind Ausstattungsmerkmale wie in einem Wolkenkratzer im Manhattan Teil des Konzeptes: „Im Triiiple Park ist die Gestaltung der Freiflächen mit Bocciabahn und Ballspielplatz bereits zu sehen, in der Sockelzone werden im Laufe des Sommers noch ein Supermarkt, ein Café, eine Trafik, ein Restaurant sowie ein Kindergarten folgen“, sagt Erwin Soravia, CEO von Soravia. PERSONALITIES IGOR BEUK, 29, früher bei Scout24 Leiterin des Geschäftsbereichs Eigentums- und Vorsorgewohnungen der EHL Wohnen GmbH, übernimmt nun die Geschäftsführung des Unternehmens. tätig, wird neuer Key Account Manager der IMMOunited GmbH. Sein Fokus liegt auf der Betreuung der Bestandskunden sowie der Neukundengewinnung. Neues Büro für teamneunzehn APP VOR DEM START. Die von der Familie Ringsmuth gegründete teamneunzehn-Gruppe zählt zu den führenden Gesamtdienstleistern im Immobilienbereich in Wien, Niederösterreich und Steiermark. Mit einem Gesamtumsatz von 13,2 Millionen Euro konnte 2020 ein ausgezeichnetes Wachstum erzielt werden, das Team wurde um 30 Personen aufgestockt, nun folgt die Übersiedlung in ein neues Büro im Millennium Tower. „Wir wollen alle Zuständigkeitsbereiche der Immobilienbranche aus einer Hand anbieten und haben daher Hausverwaltung, Vermittlung von Immobilien sowie Wohnraum-Finanzierung und Investment Consulting unter einem Dach vereint“, sagt Geschäftsführer Christoph Ringsmuth (Bild). Auch neue Projekte sind geplant: Noch heuer kommt die teamneunzehn-Hausverwaltungs-App. ERSTE-IMMOFONDS INVESTIERT IN NACHHALTIGEN WOHNBAU Die Erste Immobilien KAG investiert 68 Millionen Euro in eine innovative nachhaltige Wohnhausanlage in Wien-Simmering. Herzstück der Anlage ist eine an die Erdwärme gekoppelte Heiz- und Kühlautomatik, die eine Neuheit im Wohnbau darstellt. Der Gebäudekomplex wird 2024 an die Mieter übergeben und wird das Portfolio des Erste Responsible Immobilienfonds ergänzen. MARC MÜLLER-SOHLER, 48, zuvor erfolgreich als Vertriebsdirektor in der Luftfahrt- & Automobilbranche tätig, wird neuer Geschäftsführer von Re/Max Values in Feldkirchen. Intelligenter Aufzug mit Soundsystem VERNETZT NACH OBEN. Internet of Things (IoT) ist in aller Munde – Otis bringt nun den ersten Aufzug, der IoT-fähig ist. Auch darüber hinaus hat der Weltmarktführer bei Aufzügen und Rolltreppen seiner neuen Produktgeneration Gen360 eine Reihe von technischen Neuerungen spendiert. So nutzt der Gen360-Aufzug modernste Sensorik, um potenzielle Störungen zu vermeiden und Ausfallzeiten zu reduzieren, auch Fernüberwachung rund um die Uhr ist möglich. Den Komfort zwischen den Stockwerken erhöhen ein digitales Kabinendisplay und ein extra entwickeltes Soundsystem für ein neuartiges Klangbild im Innenraum. FOTOS: SQUAREBYTES, EHL, TEAMNEUNZEHN, REMAX AUSTRIA, IMMOUNITED KARINA SCHUNKER, 27, bisher

TREND BRANCHEN HANDEL & DIENSTLEISTUNGEN Übernahme-Coup bei Intersport THORSTEN SCHMITZ, CEO INTERSPORT, hat neue Chefs: Heimische Händler sind wieder Herren im eigenen Haus Redaktion: groll.markus@trend.at SPORTARTIKELHANDEL. Die fünf größten österreichischen Intersporthändler, Harald Tscherne, Roman Winninger, Erhard Fischer, Reinhard Klier und Bernhard Pilz, übernehmen ihre eigene Einkaufsorganisation. Die Genossenschaft für 104 eigenständige Sporthändler in ganz Österreich mit insgesamt über 280 Shops (350 mit Auslandspartnern) wurde zur Rettung vor finanziellen Schwierigkeiten 2013 in die deutschen Intersport-Organisation eingegliedert. Jetzt werden die Anteile (wie vorgesehen) rückübertragen, freilich nicht mehr an alle kleinen Händler gleichermaßen. Die fünf neuen Eigentümer (zu je 20 Prozent) haben dazu mit der Premiumsport Service GmbH eine eigene Besitzgesellschaft gegründet, das bisherige Management (unter Geschäftsführer Thorsten Schmitz) soll beibehalten werden. Jetzt sei es das Ziel, dass die Österreicher wieder aktive Anteilseigner werden, heißt es in Deutschland. Zum Kaufpreis gab es keine Auskunft, die Gruppe setzte 2019/20 560 Millionen Euro um. PERSONALITIES FABIO ANDREA CELLA, 45, ist neuer Geschäftsführer bei Coca-Cola Österreich. Cella war zuvor bei Danone tätig, seit 2016 dort als Global Marketing Director, und zuletzt als RegionsGeschäftsführer. SARAH BÖHM ist neue NEWSTICKER PAYMENT INITIATIVE. Die private Europäische Paymentinitiative (EPI) verrät erste Details zum Zeitplan ihres neuen, elektronischen Bezahlsystems für den Handel. Bereits im Herbst soll die Vorbereitungsgesellschaft (mit europäischen Großbanken als Aktionäre, keine Österreicher) in eine operative Plattform („Ökosystem“) umgewandelt und ein neuer Markennamen gefunden werden, sagt EPI-Chefin Martina Weimert jüngst in Wien. Mitte 2022 will man eine App launchen und erste Anwendungen durchführen (vorerst B2B). EPI soll ein einheitliches Kartenbezahlsystem für alle europäischen Banken werden (ähnlich Visa oder Mastercard), mit dem auch neue Paymentanbieter wie ApplePay oder GooglePay funktionieren. Es soll durch Zusatzfeatures aufgemotzt werden (Sofortüberweisungen, Ratenzahlungen). Letztlich könnte auch die EZB den digitalen Euro über das EPISystem abwickeln, hofft Weimert. 68 Der Gartengestalter verstärkt seine Interieur-Kompetenz mit dem Stadthaus Wien in der Mahlerstraße in der City. Erneut eine besondere Location, nach ähnlichen Filialen im Schloss Walpersdorf und in der Tuchlauben. „Ein Webshop kann das Einkaufserlebnis vor Ort nicht ersetzen“, bilanziert Markus Lederleitner die Lockdowns nachdenklich. Manner ohne Katjes war erst der Anfang ÜBERNAHMEN. Laut dem „M&A Consumer & Retail Report 2021“ von Kearney nehmen die Transaktionen in der Handel- und Konsumgüterbranche wieder Fahrt auf. Der Wert aller weltweiten Deals hatte sich 2020 mit 205 Milliarden Dollar (172 Milliarden Euro) im Vergleich zu 2016 mehr als halbiert. Kearnys Beispiel für den Restart in Österreich: Bereits zu Jahresbeginn trennte sich Katjes von seinem 6,1-Prozent-Anteil an Manner. APP DER WOCHE KLARNA. Der Zahlungsanbieter zeigt mit einer Finanzierungsrunde von 639 Millionen US-Dollar (Firmenwert 45,6 Milliarden) als höchstbewertetes private Fintech in Europa, in welchem Boommarkt man derzeit unterwegs ist. Sales-Managerin des Start-up-Unternehmens BistroBox. Böhm war nach drei Jahren bei Rosenbauer International zuletzt als Assistentin der Geschäftsführung im Unternehmen Resch & Frisch tätig. MARCEL LÖFFLER, 55, ist neuer Präsident des Österreichischen Kaffee- und Teeverbandes. Er ist CEO der Julius Meinl Coffee Group, die in 70 Ländern weltweit mit einer eigenen PremiumTee- und Kaffeemarke präsent ist. +++ PEPCO. Der polnisch-britische Textil- und Haushaltsdiskonter will bis Jahresende 20 Filialen in Österreich eröffnen. +++ IKEA erweitert seine neue App um eine Scan-&-Pay-Funktion für schnellere und bequemere Bezahlvorgänge im Store. +++ KARSTADT/KAUFHOF. Die Kaufhauskette aus der Signa-Gruppe des österreichischen Immo-Tycons René Benko verhandelt um ein weiteres staatliches Hilfspaket. T REND | 25. 6. 2021 FOTOS: WOLFGANG WOLAK, BEIGESTELLT (3), KLAUS TITZER Neuer europäischer Zahlungsgigant WOHNEN UND GARTELN MIT LEDERLEITNER
BANKEN & VERSICHERUNGEN Redaktion: kramer.angelika@trend.at Ex-Meinl-Bank-Chef muss in Haft bleiben PETER WEINZIERL (Bild), der frühere Chef der Meinl Bank, muss weiter in Haft bleiben, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Der Banker wurde ja vor drei Wochen in London festgenommen, als er aus seinem Flugzeug ausstieg. Weinzierl wird von US-Behörden gemeinsam mit einem weiteren ehemaligen Meinl-Banker im Zusammenhang mit dem brasilianischen Konzern Odebrecht Geldwäsche und Bestechung vorgeworfen. Laut Anklageschrift soll es um 170 Millionen US-Dollar gehen. Bei einem Haftprüfungs­ termin letzte Woche, so Bloomberg, dürften Weinzierl und sein britischer Anwalt eine Kaution in Höhe von fünf ­Millionen briPERSONALITIES ANDREAS BRANDSTETTER, 52, Uniqa-Boss, FOTOS: LUKAS ILGNER, WÜSTENROT, UNIQA/KEINRATH, INGO FOLIE wurde für weitere drei Jahre zum Präsidenten des europäischen Versicherer-Dachverbands Insurance Europe gewählt. Neuer Vize ist Sandro Panizza. GUIDO JESTÄDT, 45, zieht mit 1. Juli in den Vorstand der Bawag als Chief Administrative Officer ein. Jestädt ist seit zehn Jahren bei der Bawag beschäftigt, zuletzt als General Counsel. Wüstenrot startet Digital Banking NACHDEM DIE WÜSTENROTGRUPPE das Corona-Jahr 2020 mit einem Plus beim Ergebnis (um vier auf 25,5 Mio. Euro) und einem Rekord im Finanzierungsneugeschäft erfolgreich beendete, wird bereits an neuen Projekten gearbeitet. Vor einigen Monaten wurde bei der FMA der Konzessionsantrag für eine digitale Retail-Bank gestellt. „Damit setzen wir einen entscheidenden Schritt Richtung All­ finanzstrategie. Als Bausparkasse und Versicherung unter einem Dach wollen wir unseren Kunden Gesamtlösungen aus einer Hand für die Bereiche Girokonten, Ansparen, Finanzieren, Vorsorgen und Versichern bieten“, sagt Wüstenrot-Chefin Susanne Riess (Bild). Auch das heurige Jahr habe mit 100 Millionen Euro Neugeschäft allein im März gut begonnen, so Riess. Einziger Wermutstropfen: der Abgang des langjährigen Finanzchefs Andreas Grünbichler. tische Pfund (umgerechnet 5,8 Millionen Euro) zur Freilassung des Bankers ­angeboten haben, was Richter David Robinson jedoch abgelehnt hat. Die Gefahr, dass Weinzierl nach Russland fliehen könnte, wo er eine Immobilie besitze, sei zu groß, ­befürchtet Robinson, zumal der Österreicher auch keinen Wohnsitz in Großbritannien habe. Weinzierls Rechtsanwalt James Lewis bezeichnete die Anschuldigungen der US-Behörden, die auch eine Auslieferung des 55-Jährigen fordern, als „ungerecht und irreführend“. Außerdem habe Weinzierl seit Längerem zuverlässig mit dem FBI und den öster­ reichischen Ermittlern zusammengearbeitet.
TREND SPEZIAL IN KOOPERATION MIT DER FH OÖ, DEM BFI WIEN UND DER FH TECHNIKUM WIEN. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei der Redaktion. FORSCHUNG VO N A L F RE D BA N K H A M E R Für ein klima­ neutrales Europa Die FH OÖ verstärkt Forschung und Innovation im Bereich Klimaneutralität und hilft bei der Umsetzung des Green Deals. n der FH OÖ stehen die Signale auf Grün. Schon heute nehmen rund 60 Prozent all ihrer For­ schungsprojekte Bezug auf Umwelt­ aspekte. Und diese Aktivitäten sollen noch verstärkt werden. Mit dem Green Deal will die EU bis 2050 den ersten kli­ maneutralen Wirtschaftsraum der Welt schaffen. Das erfordert große Verände­ rungen bei Verkehr, Energie, Industrie oder bei den Lebensmittel. Genau hier A ist laut Johann Kastner, F&E-Spezialist an der FH OÖ, die FH OÖ schon lange aktiv. „Wir beschäftigen uns in unseren Forschungsprojekten intensiv mit sau­ berer Energie, mit nachhaltiger Produk­ tion, mit klimaschonender Mobilität und mit gesunden Lebensmitteln. Nun bauen wir unsere grünen Schwerpunkte noch gezielter in Richtung Green Deal aus“, so Kastner. In Kooperation mit Partnern aus der Wirtschaft konnten bereits international anerkannte For­ schungserfolge erzielt werden. In einem der Projekte beschäftigten sich die Lebensmitteltechnologen der FH OÖ mit der Produktion von nach­ haltigen und gesunden Lebensmitteln. Da geht es unter anderem auch um ­Upcycling von Seitenströmen, also die Wiederverwertung von „Abfällen“ für neue Produkte. Besonders interessant ist das Thema Kreislaufwirtschaft für die Werkstoffexperten der FH OÖ. Es ist mittlerweile ein fixer Bestandteil ihrer Forschung. Im für den Green Deal wich­ tigen Energiebereich forschen FH-Wis­ senschaftler und -Studierende im Be­ reich Solarenergie sowie an weiteren nachhaltigen Energietechnologien und -systemen. Wichtige Forschungsthemen sind auch Elektromobilität, Wasserstoff und zukunftsträchtige Antriebskon­ zepte. Laut einer Studie der FFG, die von der EU und der FFG genehmigte Projekte österreichischer Forschungs­ institutionen mit Green-Deal-Bezug untersucht hat, ist die FH OÖ eine ­Topakteurin in Oberösterreich. fh-ooe.at Das Altern verstehen Ich will mehr vom Leben! IST ES ZU SPÄT, noch etwas in der Karriere zu ändern? Mit einer neuen SocialMedia-Kampagne will das BFI Wien Umsteiger, Auf­steiger, Wiedereinsteiger oder auch Berufseinsteiger ansprechen. Die klare Message: „Es ist nie zu spät.“ Vier 45-Sekunden-Spots ermutigen, neue Chancen in einer sich rasch ändernden Welt zu suchen. „Corona, künstliche Intelligenz oder Klimawandel sind nur drei Themen, die neue Kompetenzen von den 70 T REND | 25. 6. 2021 Menschen verlangen. Wir müssen uns lebenslang und in jeder Lebenssituation Wissen aneignen“, betont Franz-Josef Lackinger, Geschäftsführer BFI Wien. „Mit den Spots wollen wir unseren Slogan ‚Ich will mehr vom Leben‘ unter­ mauern und Menschen dort abholen, wo sie aktuell stehen. Es ist nie zu spät, sein eigenes, persönliches Karriereziel zu erreichen“, so BFI-Wien-Marketing­ leiterin Magdalena Gangl. bfi.wien EIN TEAM der FH Technikum Wien erforscht im von der Stadt Wien geförderten Projekt „Aging Tissue“ die Effekte des Alters auf die Regenerationsfähigkeit von Körpergewebe. Mit zunehmendem Alter häufen sich Erkrankungen wie Herz­ infarkt, Schlaganfall, neurodegenerative Leiden, gewisse Krebserkrankungen oder Wundheilungsstörungen. Auch die Regenerationsfähigkeit von Körpergewebe und -zellen lässt nach. Die Wissenschaftler wollen im Labor den Alterungsprozess von Zellen anhand von 3D-Gewebestrukturen nachbilden und die Auswirkungen von biophysikalischen Verfahren wie der Stoßwellentherapie auf die Zellalterung genauer untersuchen. Daraus könnten sich Maßnahmen gegen Krankheiten wie Osteoarthritis oder gegen Phänomene wie Muskelschwund ableiten lassen. Zudem werden die Schutz­ effekte gewisser Nahrungsmittelinhaltsstoffe wie etwa Resveratrol als potenzielle Anti-Aging-Wirkstoffe in 3D-Gewebemodellen getestet. technikum-wien.at LABORTEST. Das Team von „Tissue Engineering and Molecular Life Science Technologies“ untersucht die Zellalterung. FOTOS: BERNHARD PLANK, FELIX BÜCHELE/FELIXFOTO, BEIGESTELLT JOHANN KASTNER, Leiter der F&E, vor der Photovoltaikanlage am Dach der FH OÖ, Campus Wels.
TREND FORSCHUNG & INNOVATION Redaktion: bankhamer.alfred@trend.at BRANCHEN Boost für Forschung „FORSCHUNG, ENTWICKLUNG UND INNOVATION haben sich als r­ obuste Brücken aus der Krise in die Zukunft erwiesen“, so Sabine Herlitschka, stellvertretende Vorsitzende des Rats für Forschung und Technologieentwicklung und Chefin von Infineon Austria, bei der Präsentation des „Berichts zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs 2020“. Das FTI-System half, das Pandemiejahr besser zu meistern. Zugleich zeigte sich aber, dass das große Ziel, der Aufstieg zu den Innovation Leaders Europas, nicht erreicht wurde. Der Abstand zu den führenden europäischen Innovationsnationen Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Schweden und Schweiz sei weiterhin beträchtlich. Die Bundesregierung habe durch den Beschluss der FTI-Strategie 2030 sowie des FTI-Pakts im letzten Jahr die richtigen Maßnahmen eingeleitet. Wie sich aber beispielsweise bei der Digitalisierung zeige, bestehe noch reichlich Aufholbedarf. Deshalb seien nun engagierte Umsetzungsaktivitäten gefragt. „Das FTI-System braucht jedenfalls auch die im FTI-Pakt vorgesehene Planungsund Finanzierungssicherheit. Ergänzend ist es daher auch dringend erforderlich, den Fonds Zukunft Österreich rasch in die ­Umsetzung zu bringen“, so Herlitschka. Im Leistungsbericht ­werden neben Analysen 14 Detailempfehlungen gegeben. PERSONALITIES ANDREAS STOHL, 53, erforscht am Institut für Meteorologie und Geophysik der Uni Wien Klimaphänomene und wurde dafür mit dem rund 300.000 Euro dotierten Weiss-Preis ausgezeichnet. LEILA TAGHIZADEH, Mathemati­ kerin, erhielt den HannspeterWinter-Preis der TU Wien für ihre neuen Methoden, Nanobauelemente etwa für medizinische Sensoren zu beschreiben. Spray statt FFP2-Maske NEWSTICKER FOTOS: BEIGESTELLT „WIR HABEN UNS während des ersten Lockdowns aus reiner Neugier intensiv mit dem Virus beschäftigt“, so der Mathematiker Martin Schifko, einer der Gründer von Immune Technology Steyr (IST), der mit seinem Kollegen Prof. Alireza Eslamian Ideen für eine neuartige physikalische Methode zur Abscheidung des SARS-CoV-2-Virus sowie zum Schutz menschlicher Zellen vor Ansteckung entwickelt hat. Sie verwunderte besonders, dass sich auf einem Kreuzfahrtschiff alle bis auf zwei Passagiere infiziert hatten. „Das war ein Aha-Effekt, es musste einen körpereigenen Schutzmechanismus geben“, so Eslamian. Sie stießen auf Mannose-bindendes Lektin, einen Teil des angeborenen Immunsystems, von dem die Bevölkerung etwa im Iran oder Finnland deutlich höherer Werte hat und zugleich niedrigere Infektionsraten. In Studien reduzierte das entwickelte BanLEC (ein Lectin, dass in Bananen vorkommt) die Anzahl von 1.000.000 Viren auf maximal zehn. Damit könnte ein Spray die Masken ersetzen. „Wir suchen nun Entwicklungspartner und Investoren“, so ITS-CEO Peter Weigl. QUANTENCOMPUTER Innsbrucker Physiker um Tracy Northup haben eine wichtige Störungsquelle, nämlich schwach und nicht leitende Materialien, bei Ionenfallen-Quantencomputern beschreiben können. Die Marktreife rückt näher. Um mit sehr vielen Quantenbits zu rechnen, müssen solche Störquellen schon in der Entwicklung möglichst vermieden werden, denn die zur Übertragung genutzten quantenmechanischen Eigenschaften sind sehr störungsanfällig. ELISABETH GÜTL, 28, seit 2019 bei der Great Wall Motor Austria Research & Development GmbH als System Engineer tätig, ist zur FEMtech-Expertin des Monats Juni gewählt worden. Erdölersatz DAS NEUE EU-PROJEKT Bionanopolys, an dem 27 Partner aus zwölf Ländern beteiligt sind, zielt auf die Entwicklung von Bionanomaterialien und Bionanokompositen aus Biomasse sowie die Herstellung biobasierter Nanoprodukte ab, um erdölbasierte Kunst- und Farbstoffe, Arzneimittel, Waschmittel und vieles mehr zu ersetzen. Dazu werden europaweit 14 bereits vorhandene Pilotanlagen für die Verarbeitung biobasierter Nanomaterialien angepasst und optimiert. Das Grazer Forschungszentrum für industrielle Biotechnologie acib liefert hierfür das enzymatische Wissen zur Aufbereitung der Biomasse, um mittels Enzymen die Zellwände von Pflanzen als Kohlenstoffquelle nutzen zu können. +++ MAK-AUSTELLUNG. Im Rahmen der „Vienna Biennale for Change: Plant for Love. Klimafürsorge im Digitalen Zeitalter“ startete das MAK Museum Wien am 22. Juni die Ausstellung „DIGITAL & CIRCULAR. Wege in die Kreislaufgesellschaft“. +++ MISSION-INNOVATION-AUSTRIA. 70 Energieexperten diskutierten beim MIAOnline-Workshop des Klimaschutzministeriums über das Energiesystem der Zukunft. 25. 6. 2021 | T RE ND 71
TREND DIGITAL Redaktion: steininger.barbara@trend.at Coronagewinner Handysignatur E-GOVERNMENT. Ins Pensionskonto schauen, Wahlarztrechnungen einreichen, Volksbegehren unterschreiben. Seit 2012 gibt es diesen rechtsverbindlichen Onlineweg für Behördeneingaben, der mittlerweile für 230 E-Government-Transaktionen und 4.000 Anwendungen in der Privatwirtschaft genutzt werden kann. „Viele Jahre gewannen wir im Schnitt 25.000 neue Nutzer pro Monat. Bei einer Volksbefragung konnten es schon einmal bis zu 80.000 sein“, sagt A-Trust-Geschäftsführer Michael Butz. Seit Ausbruch der Pandemie ist alles anders, die Handysignatur erhält konstant hohen Zulauf von Bürgern und vielen Unternehmern. „Die Nachfrage nach den Coronanachweisen sprengt derzeit alles. Alleine in den ersten zwei Juniwochen haben wir über 200.000 Nutzer freigeschaltet.“ A-Trust zählt zurzeit zwei Millionen aktive Nutzer, 700.000 davon nutzen auch bereits den e-Tresor, in dem Doku- Datenautonomie statt Cookie-Wahnsinn DATENSCHUTZ. Jurist Max Schrems und das Team seiner Datenschutzorganisation noyb haben in Kooperation mit der Wirtschaftsuniversität ein Zusatzprogramm für Browser entwickelt, mit dem Nutzer selbst entscheiden können, mit wem sie ihre Profile teilen. Das „Advanced Data Protection Control“ gibt es bereits für Firefox, Chrome folgt bald. Mehr dazu auf dataprotectioncontrol.org PODCAST DER WOCHE NEWSTICKER LEADERS21. Run­ tastic-Mitgründer Florian Gschwandtner spricht im Zweiwochentakt über Leadership, mit erfolgreichen Unternehmern und Managern aus der Szene. Das einstündige Format ist sehr kurzweilig und lehrreich. 72 PERSONALITIES KARI KAPSCH, 57, mente abgelegt werden können. Während man beim Dienstleister derzeit an technischen Kapazitätserweiterungen arbeitet, um dem unerwartet großen Ansturm gerecht zu werden, arbeitet ein Team bereits an der nächsten Version der Handysignatur, der sogenannten ID Austria: Die ist heuer als Pilotprojekt gestartet und soll mittelfristig Handysignatur wie auch Bürgerkarte (funktioniert mit Lesegerät, derzeit um die 400.000 Karten) ablösen. wurde als Präsident des Verbands für Elektrotechnik (OVE) wiedergewählt, ebenso sein Vize: GERHARD CHRISTINER, 52, von Austrian Power Grid. Topthemen für die nächsten drei Jahre: Energiewende und Fachkräftemangel. A-TRUST-GESCHÄFTSFÜHRER MICHAEL BUTZ. Der Anbieter kommt derzeit kaum nach, die neuen Nutzer im System anzulegen. RECHTSCHREIBPRÜFUNG ALS SERVICE Der renommierte Verlag bietet die Prüfung von längeren Texten online an. Mit dem „Duden-Mentor“ können kürzere Texte auf Rechtschreibung, Grammatik, Stil und Beistrichsetzung kostenlos überprüft werden. Im professionellen Bereich gibt es das Service im Abomodell ab 6,95 Euro im Monat. Den „Mentor“ gibt es auch als Direkteinbindung in Word und gängige Browser. Mehr auf mentor.duden.de Industrie forscht in der Seestadt EVENT. Die Seestadt Aspern ist ein Wiener Hotspot für smarte Fertigungsmethoden. Am EIT (Europäisches Institut für Innovation und Technologie) arbeiten Forschung und Industrie zusammen. Aus Anlass der Büroerweiterung des EIT am 22. Juni besuchten lokale Politiker das Technologiezen­ trum und ließen sich Projekte zeigen: Neben Fertigungs- und Materialkonzepten zeigte TU-Professor Friedrich Bleicher den Prototyp eines mobilen Luftreinigers, der gleich zwei unterschiedliche Verfahren beherrscht: Der cleanAir kann die Luft filtern und die Oberflächen desinfizieren. CLC-EastGeschäftsführer HANNES HUNSCHOFSKY (l.) und Wiens Finanzstadtrat PETER HANKE. ANGELA ALLIGER, 44, erweitert bei Philips Speech ihren Verantwortungsbereich. Sie ist nun Head of Business Development und Customer Success, zuständig für 18 Länder. Sie ist seit zwölf Jahren im Unternehmen. MICHAEL ZWIEFLER, 53, verstärkt als Vice President für den D-A-CH-Raum das Führungsteam bei Capgemini Invent, das sich auf Strategie und Transformation spezialisiert hat. Er war die letzten Jahre in Asien tätig, u. a. für Accenture und IBM. +++ DRUCK. Deutscher Bundestag will mit Gesetzesänderung Apple zu mehr Kooperation bei Apple Pay zwingen: Der Konzern signalisiert mehr Entgegenkommen. +++ DUETT. Facebook und Spotify kooperieren bei Audioinhalten, treiben parallel aber auch das eigene Angebot mit Podcasts und Clubhouse-Konkurrenten voran. +++ DEAL. Hyundai übernimmt Roboterspezialisten Boston Dynamics für 1,1 Mrd. Dollar. T REND | 25. 6. 2021 FOTOS: LUKAS ILGNER, BEIGESTELLT (4), OTS/KAPSCH GROUP BRANCHEN

TREND BRANCHEN AUTO & VERKEHR Redaktion: meister.axel@trend.at Auf allen Pisten für ein Abenteuer bereit TALENTIERT. Tempo war schon immer eine Grund­tugend der Marke Porsche. Jetzt ging es in der Edelschmiede auch beim Thema neues Modell schnell. Kaum ein Jahr, nachdem der erste elektrische Porsche, der ­Taycan, auf­ tauchte, wurde ihm mit dem Cross Turismo schon ein ­Ableger zur Seite gestellt. Mit ein klein wenig hemds­ ärmeligerer Optik, einem größeren Kofferraum und ei­ nem Hauch mehr Bodenfreiheit stellt sich der Neue als Allrounder für Alltag und Abenteuer vor. Und weil sich dieser Porsche nicht als schnöder Kombi versteht, trägt er die Bezeichnung „Cross“ im Namen und wird ergo immer mit Allrad, Luftfederung und dem großen 93,4-kWh-­ Batteriepaket ausgeliefert. Der dazu passende Fahrmodus „Gravel“ macht aus ihm zwar noch kein wildes SUV, aber einen tapferen Gatsch- und Geröll-Bezwinger. TESTFAHRT AUF EINEN BLICK Antritt (5,1 Sek. auf 100) schon beim „kleinen“ 4S mit 490 PS, bombensicherer Kurvenräuber und auch nicht rüde im Umgang mit der Federung. Die Mitfahrer in Reihe zwei haben zwar nicht mehr Platz als im normalen Taycan, aber dafür mehr Kopffreiheit durch 2 1 0 3 4 5 6 7 8 9 10 3 4 5 6 3 7 8 9 10 2 1 0 3 PREIS Der Schwede, der Google folgt NEWSTICKER EINMALIG. Wenn ein Auto als rollendes Smartphone bezeichnet werden darf, dann ist es der Polestar 2. Der neue Mitstreiter in der Elektro-Liga ist ein Joint Venture der Automobilhersteller Volvo und der chinesischen Mutter Geely und hat als Alleinstellungsmerkmal, dass sein Infotainmentsystem zur Gänze auf Googles Android basiert. Das Betriebssystem funktioniert wie bei Smartphones und Tablets, auch der Zugriff auf alle Google-Dienste via 11,2 Zoll großem Bildschirm ist möglich. Fahren kann der Polestar natürlich auch, und das ziemlich schnell. Die beiden E-Motoren an der Vorder- und der Hinterachse liefern 408 PS, sorgen in 4,7 Sekunden für 100 km/h und 205 km/h Spitze. Reichweite: nur rund 300 Kilometer. Der flotte Schwede wird nur online zum Preis von 55.900 Euro in Bestausstattung ab Oktober verkauft. 74 4 5 6 7 8 9 10 ARBEITSPLATZ FAHREN 2 1 0 2 1 0 4 5 6 7 PRESTIGE 8 9 10 das längere Dach. Und wenn der Fahrer den Krabbel-, nein, nicht den Gravelmodus, einlegt, geht sich sogar Wien-Salzburg ohne Laden aus. LISTENPREIS: 115.481 €. PREIS TESTAUTO: 164.707 €. Reichweite Testauto: 340 Kilometer. FAZIT: Ein virtuoser Allrounder, dem leider zu schnell der Strom ausgeht. JAGUAR LAND ROVER HÄLT DIE VIREN AUS SEINEN AUTOS DRAUSSEN JLR arbeitet an einem besonders effektiven Luftreinhaltungssystem für seine Fahrzeuge. Ein Prototyp des neuen Filters hat in Labortests gezeigt, dass er Viren und luftgetragene Bakterien um bis zu 97 Prozent hemmt – darunter auch das Coronavirus. Das künftige Lüftungs- und Klimatisierungssystem für spätere Modelle der Marken nützt die „nanoe X-Technologie“ von Panasonic. 2 1 0 3 4 5 6 7 8 9 10 GESAMT VW setzt auf neues 3D-Druckverfahren HIGHTECH. Erstmals wurde im Stammwerk in Wolfsburg das neueste Verfahren von 3D-Druckern – das sogenannte Binder-Jetting – in der Teilefertigung ­eingesetzt. Während beim herkömmlichen 3D-Druck ein Bauteil aus Metallpulver Schicht für Schicht aufgebaut wird, erledigt das beim Binder-Jetting-Verfahren ein Klebstoff. Das so entstandene Bauteil wird anschließend erhitzt und zu einem Metallteil geformt. Als Erstes wurde so die A-Säule des T-Roc Cabrios hergestellt. Vorteil: Die Teile wiegen fast 50 Prozent weniger als jene aus Stahlblech. Dank künftig höherer Stückzahlen sinken auch die Produktionskosten. VW arbeitet hier mit Siemens und HP eng zusammen. +++ VERBOT. Aufgrund der hohen Kundennachfrage nach Elektroautos aus dem VW-Konzern dürfen die Führungskräfte ab sofort keine rein batteriebetriebenen Dienstwagen mehr bestellen. +++ MANGEL. Der stark steigende Bedarf für Batterien der E-Autos könnte bald zu einem Versorgungsengpass bei Nickel führen. +++ ERPROBUNG. BMW hat die Brennstoffzelle (wieder-)entdeckt und will sie im X5 einsetzen. T REND | 25. 6. 2021 FOTOS: PORSCHE (2), ROSSEN GARGOLOV, POLESTAR PORSCHE TAYCAN 4S CROSS TURISMO: höllischer

TREND RECHT & STEUER ÜBERNAHME I. Der Verkauf von 74 Prozent des Wiener Traditionsunternehmens Wojnar an Vivatis ging reibungslos über die Bühne. Dafür sorgten zwei auf große Transaktionen spezialisierte Kanzleien: In Linz strukturierte Wildmoser/ Koch & Partner den Deal für die Raiffeisenlandesbank OÖ, zu der der Lebensmittelkonzern Vivatis gehört. Für die geschäftsführende Gesellschafterin Andrea Wojnar begleitete bpv Hügel den Verkauf. Der berühmte Gabelbissen-Hersteller erzielte zuletzt mit 560 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von rund 90 Millionen Euro. Die Geschwister Wojnar werden weiterhin das Unternehmen führen. Mit dem Partnern aus Oberösterreich will der Wiener Traditionsbetrieb nun den Export ausweiten. Anwaltssuche mit KI per Internet NEWSTICKER START-UP. Max Kindler, der frühere ÖBB-Inhouse-Jurist und stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Vereinigung österreichischer Unternehmensjuristen, hat sich selbstständig gemacht und ein eigenes Start-up auf die Beine gestellt. Mit incaseof.law können speziell kleinere und mittelständische Unternehmen einen passenden und kostengünstigen Anwalt für ihre Fälle finden. Interessierte Anwälte können sich auf der Plattform registrieren. Unternehmen, die für ein Rechtsproblem juristische Beratung suchen, geben dieses auf der Homepage anonymisiert ein. Ein eigens entwickelter Algorithmus führt dann den passenden Anwalt und das beratungssuchende Unternehmen zusammen. Kindler behält 25 Prozent des Beratungshonorars für sich ein. Der Arbeiter Samariter Bund oder der Fußballklub SKN St. Pölten haben so schon den richtigen Anwalt gefunden. 76 Redaktion: martinek.thomas@trend.at Wiener Tradition von Linz aufgegabelt PERSONALITIES FLORIAN SINGER, 45, Experte in Wirt- schafts- und Finanzstrafrecht, wechselt zu CMS. Er wird dort die White-CollarCrime-Abteilung ausbauen. Singer war Assistent am Institut für Wirtschaftsstrafrecht an der WU Wien. DORDA PARTNER AXEL ANDERL IN ITECHLAW BOARD Dorda Managing Partner Axel Anderl wurde als erster Österreicher in das Board of Directors von ITechLaw gewählt. Er ist in dem Führungsgremium der weltweit tätigen International Technology Law Association in seiner Funktion als Vice Chair auch für das Startup Comittee verantwortlich. Die ITechLaw ist die weltweit führende Organisation für Juristen mit Fokus auf Technologie und Recht. B&C Holding kauft Schur Flexibles ÜBERNAHME II. Die B&C Holding fügt ihren drei Beteiligungen Semperit, Lenzing und Amag nun mit dem Verpackungsunternehmen Schur Flexibles eine vierte hinzu. Für die B&C Holding begleiteten die Kanzleien Cerha Hempel und Grohs Hofer die 900 Millionen Euro schwere Übernahme. Der amerikanische Private-Equity-­ Investor Lindsay Goldberg bleibt mit 20 Prozent weiter an Bord des in Wiener Neudorf ansässigen Unternehmens. TIPP DER WOCHE VORSORGEWOHNUNGEN. In der vierten Auflage des Standardwerks für den Kauf von Vorsorgewohnungen haben die Autoren aus den Bereichen Steuer, Recht, Notariat, Immobilienmarkt neue Erkenntnisse eingebracht. ERWIN FUCHS, 46, stößt als Anwalt zu SabadelloLegal. Die Kanzlei wächst mit dem Arbeitsrechtsspezialisten zu einer mittelgroßen Kanzlei. Fuchs war zuvor bei Baker McKenzie und Legal Counsel bei der ManpowerGroup. PHILIPP HOYOS, 42, steigt bei Schindler Attorneys zum Partner auf. Er leitet den Bereich Private Clients mit dem Schwerpunkt Erb- und Stiftungsrecht. Als Mitglied des Litigation Teams ist er zudem auch auf Prozessführung spezialisiert. +++ BERATUNG I. Dorda begleitete gemeinsam mit Kirkland & Ellis den US-Equity-Fonds Guidepost bei der Beteiligung am österreichischen Haustier-Tracking-Unternehmen Tractiv GmbH. +++ BERATUNG II. PHH Rechtsanwälte hat den Spielkonzeptentwickler HPS beim Verkauf an die Global Leisure Group beraten. +++ BERATUNG III. DLA Piper berät bionc surface technologies bei einer Kooperation mit Nikon. T REND | 25. 6. 2021 FOTOS: ISTOCKPHOTO, PHOTO SIMONIS WIEN, LUKAS ILGNER, BEIGESTELLT (2), VERLAG BRANCHEN
Special Advertising Section nachhaltigkeit ÖKOLOGISCH ÖKONOMISCH SOZIAL Future-Obst & -Gemüse Wächst die Lösung in Containern? Qualitätsanspruch Die neuen Herausforderungen im Employer Branding Grüner Luxus Coverfoto: Istockphoto Leben in und mit der Natur Forschung: Horizon-2020 Projekt Wie Fichtenholz zu Bioplastik wird
NACHHALTIGKEIT Was bedeutet das eigentlich? DER BEGRIFF klingt gut und richtig. Und ist in unserem Alltag omnipräsent. Doch die wenigsten wissen, was Nachhaltigkeit konkret bedeutet. Kein Wunder. Denn für „Sustainability“ gibt es keine allgemeingültige Definition. Einigkeit besteht immerhin darin, dass sie in fast allen Bereichen des Lebens Sinn macht. Ein Überblick. W ird Nachhaltigkeit zum Thema, folgt meist eine intensive Diskussion. Und so unterschiedlich die Aussagen und Meinungen dazu sind, so vielfältig ist auch die Verwendung des Begriffs. Auf jeden Fall begann alles im Wald. Genaugenommen in der Forstwirtschaft, und zwar im 17. Jahrhundert. Damals kam der Gedanke auf, dass nicht mehr Bäume gefällt werden sollten, als nachwachsen können. Damit wollte man Rücksicht auf die nachfolgenden Generationen nehmen, die schließlich auch noch Holz benötigen. Der Duden definiert Nachhaltigkeit heute als ein „Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann“. Das gilt selbstverständlich nicht mehr nur für Holz, sondern für viele andere Bodenschätze und Rohstoffe, wie etwa Wasser oder Erdöl. Allerdings hat sich die Bedeutung von Nachhaltigkeit weiterentwickelt. Doch was genau heißt es? „Trio geniale“ Viele Menschen denken heute vor allem an Energiesparen, Ökostrom und Recycling, wenn sie das Wort Nachhaltigkeit hören. Dahinter steckt aber viel mehr als dreifachverglaste Fenster, Photovoltaikanlage und Altpapiersammlung. Als eine Art gemeinsamer „Nachhaltigkeitsplan“ gilt die „Agenda 21“, also das Abschlussdokument der Umweltkonferenz 1992 in Rio de Janeiro. Es ist der erste internationale Vertrag zum Klimawandel, der von 172 Staaten unterzeichnet wurde. Die konkreten Handlungsempfehlungen, deren übergeordnetes Ziel die Nachhaltigkeit in sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Bereichen auf lokaler, nationaler und globaler Ebene ist, wurden zum globalen Leitbild für eine nachhaltigere Entwicklung. Unter dem Motto „Global denken – lokal handeln!“ wurde jede Region der Unterzeichnerländer aufgerufen, eine eigene (lokale) Agenda zu erarbeiten. Dazu hat man – auch in Österreich – drei Dimensionen definiert: Ökologische Nachhaltigkeit beschreibt den Verbrauch von natürlichen Lebensgrundlagen nur in dem Maße, wie diese sich regenerieren können. Ökonomische Nachhaltigkeit steht für eine Wirtschaftsweise, die dauerhaft betrieben werden kann und Nachteile für nachkommende Generationen ausschließt. Soziale Nachhaltigkeit wird dann erreicht, wenn soziale Interessen ausgeglichen werden und dadurch Spannungen oder Konflikte vermieden werden. Erstrebenswertes Handeln Im Jahr 2015 ratifizierten die Staatsund Regierungschefs der Vereinten Nationen die Agenda 2030. Der Aktionsplan für die Menschen, den Planeten und den Wohlstand umfasst insgesamt 17 Entwicklungsziele („Sustainable Development Goals“) samt 169 einzelner Zielvorgaben. Grob zusammengefasst will man die Armut beenden, Ungleichheit bekämpfen, den Planeten schützen, Frieden fördern und Wohlstand für alle Impressum: Projektleitung: Susanne Seidelhuber, Erstellt von: VGN Content Marketing & Corporate Publishing, Leitung: Mag. Sabine Fanfule MBA Redaktionsleitung: Astrid Steinbrecher-Raitmayr, Redaktion: Mag. Conny Derdak, Mag. Andre Exner, Mag. Claudia Hilmbauer, Mag. Daniela Illich, Harald Klöckl MA, Mag. Werner Ringhofer, Dr. Susanna Sklenar, DI Roswitha Wurm, Fotoredaktion: Susanne Gröger, Layout: Ronald Lind 78
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit gung steigern und weniger Ressourcen pro produzierter Einheit verwenden. Fortschrittliche Betriebe optimieren an allen Stellschrauben.“ Ökologie Faire Nutzung Beständige Rentabilität Nachhaltigkeit Ökonomie Soziales Foto: Istockphoto Gerechtes Wachstum sichern. Dass Nachhaltigkeit ebenso wie Digitalisierung die Megathemen der nächsten Jahre sind, betonen namhafte Wirtschaftsexperten immer wieder. So auch Markus Scholz, der im Vorjahr die Leitung des neuen Institute for Business Ethics and Sustainable Strategy (IBES) an der FH Wien übernommen hat. Im Unternehmensbereich gibt es in Österreich zwar einige tolle Vorreiter, die überwiegende Zahl habe das Thema aber noch nicht richtig auf der Agenda, so der Experte. So sei etwa die Position von Nachhaltigkeitsmanagern in Unternehmen häufig noch eine Feigenblatt-Position, denn allzu oft sitzen diese in der Kommunikation oder im Controlling, nicht aber im Vorstand oder direkt darunter, wo sie maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensentwicklung nehmen könnten. Johannes Hug von „Die Umweltberatung“ zu den aktuellen Herausforderungen: „Um ökonomische Nachhaltigkeit zu erreichen, müssen externe Kosten den Verursachern verrechnet werden, etwa bei fossilen Verkehrsmitteln oder Produkten aus fossilen Rohstoffen. In der Ökologie braucht es ein System von Anreizen und Verboten, um umweltfreundliches Verhalten zu fördern und umweltschädliches zu minimieren.“ Wo genau sollte ein Unternehmen ansetzen, um nachhaltig zu agieren? „Als ersten Schritt die Kennzahlen für den Umweltbereich erheben (CO2, eingesetzte Materialien pro Produkt/Dienstleistung, Energieverbrauch, Abfall, Wasser, etc.), dann diese Kennzahlen bewerten und benchmarken bzw. Schwachpunkte und Handlungsfelder identifizieren“, sagt der Experte. „In der Folge sind konkrete Maßnahmen zu planen und umzusetzen – zum Beispiel Energieeffizienz der Wärmeversor- Eine tatsächliche Nachhaltigkeit ist erst dann erreicht, wenn man sich mit seinen Aktivitäten in der gemeinsamen Schnittmenge aller drei Bereiche befindet. Noch nicht am Stockerl Im europäischen Vergleich erfüllt Österreich die Kriterien für die Nachhaltigkeit zwar ganz gut, aber noch nicht bestens. Laut dem „Europe Sustainable Development Report 2020“, den das Institute for European Environmental Policy Anfang des Jahres veröffentlicht hat, ist die Alpenrepublik in einem Ranking von 31 Ländern auf Platz vier. Platz eins belegt Finnland vor Schweden und Dänemark, während Deutschland auf Platz sechs und die Schweiz auf Platz acht rangiert. Für Österreich wird positiv ins Treffen geführt, dass es keine Armut gebe. Betreffend Industrie, Innovationen und Infrastruktur sowie Frieden, Justiz und starke Institutionen gelten die Nachhaltigkeitsziele als erreicht. Defizite bestehen bei verantwortungsvoller Konsumation und Produktion, Klimaschutz sowie im ländlichen Bereich. Herausforderungen gibt es unter anderem noch bei der Gesundheitsversorgung, im Bildungsbereich, bei der Gleichstellung der Geschlechter und bei der Bereitstellung leistbarer sauberer Energie. Öko-Wirtschaft Vorteile & Argumente • • • Für viele Unternehmen ist das Attribut „nachhaltig“ zu einer wichtigen Komponente der PR-Strategie geworden, obwohl diese bis dato inhaltlich schwer überprüfbar ist. Demgegenüber stehen Konzepte eines tatsächlich vorhandenen Nachhaltigkeitsmanagements, die unternehmerischen Erfolg mit der Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte verbinden. Laut Umfragen und Studien können sich Unternehmen heute durch besonders nachhaltiges Handeln im Businessalltag einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Diverse Zertifizierungen von Produkten machen Nachhaltigkeit in Teilbereichen (z. B. öko, fair, biodynamisch, artgerecht) für den Verbraucher überprüfbar. Unternehmen, die gleich auf mehreren Ebenen Nachhaltigkeit verfolgen, haben schon heute viele Vorteile: Betriebskosteneinsparung durch Reduktion von Umweltauswirkungen, interne Vernetzung und dadurch optimiertere Abläufe, Reputation (verstärkt durch z. B. eine Auszeichnung mit ÖkoProfit, Umweltzeichen, EMAS), verbesserte Rechtssicherheit im Umweltbereich und dadurch z. B. reduziertes Risiko von Verwaltungsstrafen, besseres Image, um mit positivem Employer Branding hochqualifizierte Mitarbeiter zu finden. 79
Vom nachhaltigen Bergdorf zum Premium Eco Resort Für RENATE UND HUBERT OBERLADER vom Bergdorf Priesteregg im salzburgischen Leogang steht der ökologische Gedanke immer an erster Stelle. Das naturverbundene Hotelierehepaar sieht das Stück Land als Geschenk der Natur und behandelt es auch so. Die Verwendung von regionalen Produkten ist daher genauso selbstverständlich wie natürliche Baumaterialien und nachhaltige Energiegewinnung. 80 Gemeinsam mit Spezialisten entwickelten die PriestereggGastgeber Renate und Hubert Oberlader über zwei Jahre lang ein revolutionäres und bisher einzigartiges Zusammenspiel von sieben Energiesystemen, das alle Chalets, Villen und das Priesteregg Bad mit Wärme, Wasser und Strom versorgt. Landwirtschaft wird bereits seit 1990 betrieben, Huwi´s Alm seit 15 Jahren) setzen wir auf eine alternative Wärmegewinnung durch Hackschnitzel“, verrät Hubert Oberlader. Innovatives Energiekonzept Im Laufe der Jahre stand man im Priesteregg nicht still. Die Oberladers haben auf die Expertise der deutschen Viessmann-Gruppe, Hersteller für Energiesysteme, zurückgegriffen. Zielsetzung war, ein CO2-neutrales und umweltbewusstes Ferienresort zu schaffen. Durch eine ineinandergreifende Steuerung werden heute erneuerbare Energien – wie Geothermie, Luft- und Abwasserwärmepumpen, Eisspeicher, Photovoltaik, Bioflüssiggas, Biomasse – für den Betrieb kombiniert und eingesetzt. Wasser ist ein kostbares Gut und ein wichtiges Element im Priesteregg – schon alleine deshalb, weil das Bergdorf durch die Birnbachquelle mit Fotos: Christoph Schöch , Günter Standl U nter dem Namen Priesteregg Premium Eco Resort – auf einem Hochplateau, dem Sonnberg in Leogang auf 1.100 Meter Höhe – vereinen sich einzigartiger Chaleturlaub mit einem nachhaltigen Energiekonzept, dem ressourcenschonenden Umgang mit der Natur und der Unterstützung von regionalen Produzenten. Das Bergdorf besteht aus insgesamt 18 Häusern: neun davon in der Kategorie Berg Chalet, fünf in der Kategorie Premium Chalet sowie einem Luis Trenker und einem Willy Bogner Chalet, der Wilderer Villa und der Villa Etaner. Gemeinsam mit dem Priesteregg Bad gelten sie als stromautark, da die Menge des nachhaltig produzierten Stromes den Jahresbedarf überschreitet. „Seit Anbeginn des Priesteregg stehen für uns der ökologische Gedanke und eine nachhaltige Ressourcennutzung an allererster Stelle. Schon bei der Eröffnung der Chalets vor zwölf Jahren (die eigene
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit reinstem Trinkwasser versorgt wird. Auch die Badelandschaften werden aus dieser Quelle gespeist. Selbst das Grauwasser der vier Pools, 19 Hot Tubs und der gesamten Duschen des Bergdorfs wird effizient genützt, indem die Abwärme des Wassers zurückgewonnen und in die Energieaufbereitung eingespeist wird. Eine weitere Besonderheit der zukunftsweisenden Kombination der Energiesysteme stellt die Eisspeicheranlage dar: Hierbei entzieht man während des Winters dem Wasser in einem unterirdischen Speicher permanent Energie, die in das Heizsystem eingespeist wird, bis sich Eis bildet. Dem gefrorenen Wasser wird dann im Sommer die Kälteenergie entzogen und für Kühlzwecke genutzt. Nach der Schmelzung des Eises wiederholt sich der Vorgang erneut. „Wir zeigen vor, dass Umweltschutz auch Freude bereiten kann und nicht automatisch nur mit Verzicht in Verbindung gebracht werden muss. Unsere Bauten werden soweit wie möglich CO2-neutral umgesetzt und das schon die ganzen letzten Jahre hindurch. Unser betriebli- cher Fuhrpark ist bereits zum größten Teil auf Elektro- und Photovoltaik-Ladestationen umgestellt. Des Weiteren ist uns die Regionalisierung unserer Lieferketten ein großes Anliegen. Aber auch bei ganz kleinen Dingen im Alltag wollen wir Vorbild sein. Wo immer es geht, wird Plastik durch Papier ersetzt, Mehrweggebinde verwendet und vieles mehr“, erklären Renate und Hubert Oberlader. Grüner Luxus im Zeichen der Nachhaltigkeit Die beiden sind sich einig, dass Nachhaltigkeit in unser aller Leben zur ganz normalen Selbstverständlichkeit werden sollte. Mit dem Priesteregg Premium Eco Resort ist es dem Ehepaar gelungen, den Beweis zu erstellen, dass sich Luxus und Nachhaltigkeit nicht gegenseitig ausschließen müssen. „Grüner Luxus im Zeichen der Nachhaltigkeit“, so lautet das Motto der beiden Gastgeber: „Leben in und mit der Natur, im Einklang mit ihr – und dabei viel Freude, Genuss und Erfüllung erleben.“
NACHHALTIGES OBST UND GEMÜSE Wächst die Lösung in heimischen Containern? Er könnte die Antwort auf viele Zukunftsfragen der Landwirtschaft sein: pestizidfreier Gemüseanbau auf kleinstem Raum mit einem Minimum an Wasserbedarf. Ein junges Start-up aus dem Burgenland, gegründet vor vier Jahren mithilfe von Crowdfunding, macht’s vor. 82 Das Grundproblem der Landwirtschaft Die Landwirtschaft verbraucht Unmengen an Wasser. Sie ist für ein Drittel aller Treibhausgase verantwortlich, der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln im konventionellen Anbau ruiniert Böden. PhytonIQs Lösung: Automatisiertes Indoor-Farming in Containern als Ergänzung zur Biolandwirtschaft. „Anhand des Bewässerungssystems können 95 Prozent Wasser und 85 Prozent Düngemittel eingespart werden“, erläutert Co-Founderin Eszter Simon. Dies erscheint besonders für Ballungszentren interessant, für Entwicklungsbiete oder wasserarme Gebiete. Die Wasserversorgung erfolgt automatisch, die Mitarbeiter selbst hingegen kontrollieren die Pflanzen täglich, geerntet wird in Handarbeit. Das große Plus dieser Anbaumethode zeigt sich in ihrer Wetterunabhängigkeit und dem damit verbundenen Maximum an Ernteerträgen. Auch, dass die Container auf engstem Raum unkompliziert auf- und abgebaut werden können, erweist sich als Vorteil. Regionale Er- Wie die PhytonIQPflanzen angebaut werden: Hydroponik: Anstatt in der Erde steht die Pflanze in einer Nährlösung aus Wasser und zum Beispiel Mineralien. Aeroponik: Die Pflanze hängt in der Luft und wird mit Wasser und Nährstoffen aus Zerstäubern besprüht. Dieses System ist besonders dort von Vorteil, wo wenig Wasser zur Verfügung steht. Vliestechnik: Die Pflanzen stehen auf Vlies aus nachhaltiger Bambusfaser, das nur mit Wasser getränkt wird. Fotos: Susanne Posch, beigestellt D ie Coronapandemie zeigt, wie wichtig es ist, nicht auf Importe aus anderen Ländern angewiesen zu sein. Unsere Landwirte produzieren zwar Jahr für Jahr Tonnen an Lebensmitteln, doch die Selbstversorgungsrate konnte im Wirtschaftsjahr 2019/20 bei pflanzlichen Produkten laut der Versorgungsbilanz der Statistik Austria nicht annähernd erreicht werden: Nur 88 Prozent des heimischen Getreidebedarfs wurden in Österreich produziert, beim Gemüse waren es 55 Prozent, 45 Prozent beim Obst und nur 30 Prozent bei pflanzlichen Ölen. Österreich importierte im vergangenen Jahr landwirtschaftliche Produkte im Wert von 12,8 Millionen Euro. Nun erscheint ein Unternehmen aus Oberwart auf der Bildfläche, welches diesen Umstand mittels innovativer Systeme ändern möchte: PhytonIQ. Was nach Hightech klingt, ist es auch. Zumindest ein bisschen – schließlich nutzt man Methoden, die bereits im All eingesetzt wurden, um Salat anzubauen. In Oberwart wird im IndoorFarming „echter“ Wasabi – nicht die grün eingefärbte Paste – produziert.
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit nährungssicherheit und Unabhängigkeit könnten so ein Stück weit näher rücken. Regionales Gemüse ist nicht zwangsläufig nachhaltig Regionalität, eines der großen Schlagworte unserer Zeit. Heimisches Gemüse auch im Winter? Ja, bitte! Möglich ist dies durch Gewächshäuser, wie uns „österreichische Paradeiser“ rund ums Jahr beweisen. Doch alles hat seinen Preis, und so kann eine im beheizten Gewächshaus heranwachsende österreichische Tomate einen bis zu zehn Mal höheren CO2-Ausstoß verursachen als eine importierte spanische. Anders sieht die Situation beim Con­tainerIndoor-Farming aus. Strom aus erneuerbarer Energie, die Produktion braucht kaum Wasser und keine Spritzmittel. Wie das geht? „Der Raum wird völlig keimfrei gehalten, betriebsfremde Personen dürfen diesen nicht betreten, Angestellte nur in Schutzkleidung“, erklärt Co-Founder Martin Parapatits. Neben Wasser und Nährlösungen benötigen die Pflanzen einzig CO2 aus der Luft und Licht, das aus LEDs kommt. Also nichts mit Sonne und Erde, dafür aber ertragreich und nachhaltig. Wer den Nachhaltigkeitsgedanken lebt und heimisches Obst und Gemüse auch im Winter kaufen will, ist also gut beraten, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. PhytonIQ hat das getan – ab kommendem Winter möchte der Indoor-Farming-Pionier Erdbeeren aus Oberwart auf den Markt bringen. Bereits jetzt aus burgen­ ländischem Anbau zu haben, sind Safran, Wasabi und microgreens, sprich: Sprossen. Letztere gibt es beispielsweise von Daikon-Rettich, Schnittknoblauch oder Erbsen. PhytonIQ-Boxen für alle Chemiefrei, klimaschonend, kurze Transportwege, lokal überall einsetzbar: PhytonIQ bietet seine Containerlösungen mit eigener Software nun auch für Unternehmen an, die sich mit frischen Kräutern, Obst und Gemüse selbst versorgen möchten. „Ein System umfasst vier Container auf einer Fläche von 120 m² und liefert etwa bei Erdbeeren einen Ertrag von rund 7.000 Kilo im Jahr“, so die Gründer. Wer weiß, vielleicht sehen wir ja bald selbstgezogenes Future-Obst und -Gemüse in heimischen Hotels, Altersheimen und Schulen! Was die österreichische Landwirtschaft 2019/20 produzierte: 5,4 Mio. Tonnen Getreide 3,82 Mio. Tonnen Milch 1,97 Mio. Tonnen Zuckerrüben 910.300 Tonnen Fleisch 751.000 Tonnen Kartoffeln 690.000 Tonnen Gemüse 410.000 Tonnen Ölsaaten 399.000 Tonnen Obst 4.600 Tonnen Fisch 2,09 Mrd. Eier Generationenverantwortung für Ihr Wertpapier-Portfolio Fotos: Susanne Posch, beigestellt D ie PRIVAT BANK der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich bietet im Rahmen ihrer etablierten Core-Satellite-Strategie umfangreiche Nachhaltigkeitsportfolien für jede Risikobereitschaft an. Alle darin verwendeten Veranlagungsinstrumente entsprechen den aktuellen Nachhaltigkeitsstandards. Im Mittelpunkt dieser Strategie steht ein breit gestreutes und nach nachhaltigen Kriterien gemanagtes Kerninvestment, welches in mehrere verschiedene Anlageklassen investiert und dabei aktiv auf das Marktgeschehen eingeht. Ziel ist es, mit diesem Teil der Veranlagung Stabilität in ein Gesamtinvestment zu bringen und dabei eine Grundrendite mit möglichst geringem Risiko zu erwirtschaften. Ergänzt wird dieses Kerninvestment um mehrere kleinere Satelliten-Veranlagungen, die einen nachhaltigen bzw. ökologischen Schwerpunkt haben. Die Anlagemöglichkeiten in diesem Segment sind vielseitig und reichen von alternativen Energiequellen über nachhaltige Fortbewegung bis hin zu demografischen Trends. Die Beimischung dieser Satelliten bietet die Möglichkeit, neben dem stabilen Kern Zusatzerträge zu lukrieren. Der Schlüssel zum Erfolg des Core-Satellite-Konzepts der PRIVAT BANK ist dabei ein gutes Zusammenspiel der einzelnen Veranlagungsbausteine, um sowohl Stabilität als auch Wachstumschancen nicht außer Acht zu lassen. „Nachhaltigkeit in der Geldanlage ist kein Widerspruch. Sie bietet die Möglichkeit, einen positiven Einfluss auf Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft zu nehmen.“ Waltraud Perndorfer Leiterin der PRIVAT BANK der Raiffeisenlandesbank OÖ 83
AUSTRIAN DEVELOPMENT AGENCY Wertvolles Wetterwissen Weniger Verbrauch von Wasser und Dünger, höhere Ernteerträge und Produktivität: Die High-End-Wetterstationen der steirischen Firma Pessl Instruments machen’s möglich. Das Unternehmen begibt sich damit nun auch auf asiatisches Terrain – unterstützt von der ADA. S eit mehr als 36 Jahren entwickelt und produziert die steirische Firma Pessl Ins­truments High-End-Wetterstationen und damit Werkzeuge für wissensbasierte Entscheidungen. Die drahtlosen, solarbetriebenen Überwachungs- und Messstationen sind mit einer Onlineplattform verbunden und lassen sich in allen Klimazonen für unterschiedliche Zwecke verwenden. Einsatzgebiete sind etwa die Hydrologie, Meteorologie, Smart Cities und die Landwirtschaft. Die Stationen erheben Daten rund um Wetter, Bodenfeuchte und Wasserstände. Landwirtinnen und Landwirte können diese per App abrufen und so etwa Pflanzenkrankheiten voraussehen oder Düngemittel und Bewässerung genauer auf den Bedarf abstimmen. 84 Durch den Einsatz der Wetterstationen und der neuen E-Services können Bäuerinnen und Bauern ihren Aufwand für Wasser und Dünger verringern, ihre Erträge steigern und damit ihre Ernährung sichern. Smarte Kombi Jetzt sollen die Wetterstationen auch in Indonesien, Thailand und Vietnam das Leben tausender Bäuerinnen und Bauern nachhaltig verbessern. Dank eines neuen Geschäftsmodells müssen diese die Geräte nicht kaufen, sie erhalten die Daten und Informationen kostengünstig aufs Handy. Hilfe in der Anwendung bekommen sie mittels E-Learning-Tools von Beraterinnen und Beratern, die Pessl vorher geschult hat. Sie unterstützen die Bäuerinnen und Bauern bei Fragen zu Dünger, Pflanzenschutz und Bewässerung. Ein positiver Zusatzeffekt: In der Region entstehen neue Jobs und damit Perspektiven für die Jugend. Die jungen Leute müssen auf der Suche nach Arbeit nicht mehr in die Städte
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit Das steirische Unternehmen Pessl Instruments produziert seit vielen Jahren High-End-Wetterstationen für den globalen Einsatz. abwandern, und die Überalterung der ländlichen Bevölkerung wird gebremst. Erträge und Ernährung sichern Insgesamt 15 Kooperativen profitieren in einem ersten Schritt von den digitalen Serviceleistungen. 15.000 Bäuerinnen und Bauern können ihren Aufwand für Wasser und Dünger verringern, ihre Erträge steigern, die Produktivität um 40 bis 50 Prozent erhöhen und ihre Ernährung sichern. Fotos: Beigestellt Bewährtes für die Zukunft Pessl plant bereits, das Modell auf weitere Länder auszuweiten, etwa auf Indien, Ghana und die Philippinen. Unterstützung kommt von der Austrian Development Agency (ADA), der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. In der Republik Moldau hat die Wirtschaftspartnerschaft bereits Früchte getragen. „Für uns sind die rund 150 Wetterstationen sehr wichtig. Tausende Bauern verwenden die Daten täglich“, sagt Igor Tagadiuc, Geschäftsführer von Agrostoc, einer der größten Landwirtschaftskooperativen Moldaus. Diese führt dort mittlerweile das Konzept weiter – ganz im Sinne einer nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit. Gemeinsam mehr zusammenbringen Die Austrian Development Agency (ADA), die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA), Partnerländern, öffentlichen Einrichtungen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von über 550 Millionen Euro um. Auf Basis der drei großen Anliegen – Armut reduzieren, Frieden fördern und Umwelt schützen - ist die ADA vor allem in jenen Bereichen tätig, in denen Österreich über ausgewiesenes Know-how und lang­ jährige Erfahrung verfügt: Wasser und Siedlungshygiene, erneuerbare Energie, Klimaschutz, Land- und Forstwirtschaft, Wirtschaft und Entwicklung sowie menschliche Sicherheit, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. In allen Programmen und Projekten wird besonderer Wert darauf gelegt, dass Frauen gleichberechtigt eingebunden werden. Auf Bedürfnisse von Kindern und Menschen mit Behinderungen wird ebenso immer Rücksicht genommen. Nähere Infos: www.entwicklung.at austriandevelopmentagency @austriandev @AustrianDev 85
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit Mit biobasiertem Prepreg zu einer nachhaltigen Luftfahrtbranche Flugreisen sollen bis 2050 noch nachhaltiger werden – eine Herausforderung, aber auch Chance, die der internationale Aerospace-Konzern FACC nutzt, um effizient und konsequent neue Wege zu gehen. Mit dem innovativen Biobased Prepreg wird ein Material geschaffen, das ebenso leicht wie umweltfreundlich ist und in der Luftfahrtbranche neue Maßstäbe setzt. Biocomposite als Material der Zukunft Der Lebenszyklus eines klassischen Passagierflugzeuges beträgt rund 40 Jahre – ist dieser abgelaufen, sind die Bauteile des Fliegers nur schwer recycelbar. Das FACC-Forschungs- und Entwicklungsteam arbeitet aktuell an besonders leichten und nachhaltigen Biocomposi86 Bio-Prepreg Ein Stoff, der vieles kann! Ein Faserverbundstoff, der Flugzeugteile noch leichter und natürlicher macht. Darüber freut sich die Umwelt besonders: • Besteht aus natürlichen Rohstoffen • Fördert Recycelbarkeit von Flugzeugbauteilen • Schafft eine effizientere und nachhaltigere Produktion • Sorgt für Nachhaltigkeit im Luftraum Mehr Infos unter www.facc.com Foto: Istockphoto V or fünf Jahrzehnten bestanden bis zu 70 Prozent eines Flugzeugs aus Aluminium, doch Zeiten ändern sich und so auch die Anforderungen an die Luftfahrt: Fliegen soll leichter, schneller, effizienter, sicherer und vor allem auch nachhaltiger werden. Nach und nach wurden die schweren Aluminiumkomponenten gegen viel leichtere Bauteile aus Verbundwerkstoffen eingetauscht. So konnte der Treibstoffverbrauch im Laufe der vergangenen Jahre drastisch reduziert werden. Hier zählt die FACC AG weltweit zu den führenden Indus­ triekonzernen, die mit ihren neuen Composite-Lösungen die Luftfahrt grüner und umweltfreundlicher machen. te-Lösungen – den sogenannten Biobased Prepregs. Biocomposite-Materialien sind leicht, flexibel sowie kostengünstig und werden aufgrund ihrer zahlreichen Vorteile bereits zu­ nehmend in industriellen Anwendungen ein­ gesetzt. Die Ressourcen für Biocomposite stammen aus natürlich nachwachsenden Rohstoffen: Biomasse, Pflanzen, Mikroorganismen, Tieren, Mineralien und Bioabfällen. FACC verwendet für das Biobased Prepreg ein Harz, welches aus Zuckerrohrresten gewonnen wird. Dieses beziehen sie momentan großteils aus der EU – in einem nächsten Schritt soll alles regional in Österreich produziert und bezogen werden. Neben der Produktion der Biomaterialien wird in einem weiteren Projekt deren Recycelbarkeit untersucht, die sich wesentlich von herkömmlichen Composite-Bauteilen abhebt. Die biobasierten Prepregs aus FACC-Hand unterstützen große Flugzeughersteller und Fluglinien bei der Reduktion ihrer globalen Carbon Footprints und werden so völlig neue Möglichkeiten für eine verbesserte Umweltleistung im Bereich der Luftfahrt bieten.
Europäischer Vermögensverwalter Nr. 1(1) Amundi Ethik Fonds Familie Die Welt besser zu gestalten, zahlt sich aus. (2) Heute für eine bessere Zukunft investieren. Amundi Ethik Fonds Amundi Ethik Fonds ausgewogen Amundi Ethik Fonds Evolution Drei Investmentfonds mit unterschiedlichen Ertrags-/Risikoprofilen. Investment in einen Mix aus globalen Aktien, Staats- und Unternehmensanleihen. Auswahl der Investments nach strengen ESG-Kriterien. Zertifiziert mit dem Österreichischen Umweltzeichen.(2) (3) amundi.at RECHTLICHE HINWEISE/WARNHINWEISE Die Inhalte dieser Marketingmitteilung richten sich ausschließlich an Privatanleger und professionelle Kunden mit Wohnsitz bzw. Sitz in Österreich und sind kein Angebot und keine Empfehlung oder Au˜ orderung, in Investmentfonds, Wertpapiere, Indizes oder Märkte zu investieren. Sie dienen nicht dazu, eine individuelle Anlageberatung zu ersetzen. Jede konkrete Veranlagung sollte erst nach einem Beratungsgespräch erfolgen. Diese Mitteilung richtet sich nicht an „US-Personen“ gemäß Regulation S der SEC in Übereinstimmung mit dem U.S. Securities Act (1933) und darf nicht an „US-Personen“ weitergegeben werden. Vergangene Performanceergebnisse lassen keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds zu. Bitte lesen Sie die Risiko- und Warnhinweise sowie die Angaben über die Kosten in den Prospekten unserer Fonds gut durch. Wert und Rendite einer Veranlagung in Fonds können steigen oder fallen. Kapitalerhalt oder Erträge sind nicht garantiert. Vollständige Angaben zum Fonds – auch zu Zahl- und Informationsstellen in Österreich – finden Sie im Prospekt. Das Kundeninformationsdokument (KID) und der Prospekt des Amundi Ethik Fonds, Amundi Ethik Fonds ausgewogen und Amundi Ethik Fonds Evolution stehen den Interessenten in deutscher Sprache in ihrer jeweils aktuellen Fassung unter www.amundi.at kostenlos zur Verfügung. (1) Quelle IPE „Top 500 Vermögensverwalter“, verö˜ entlicht im Juni 2020, basierend auf AUM am Ende des Jahres 2019. (2) Das Österreichische Umweltzeichen wurde vom Bundesministerium für Klimaschutz verliehen, weil bei der Auswahl von Aktien neben wirtschaftlichen auch ökologische und soziale Kriterien beachtet werden. Das Umweltzeichen gewährleistet, dass diese Kriterien und deren Umsetzung geeignet sind, entsprechende Aktien auszuwählen. Dies wurde von unabhängiger Stelle geprüft. Die Auszeichnung mit dem Umweltzeichen stellt keine ökonomische Bewertung dar und lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung des Finanzprodukts zu. (3) Morningstar Rating des Amundi Ethik Fonds und Amundi Ethik Fonds Evolution per 31. März 2021. Noch kein Morningstar- Rating für den Amundi Ethik Fonds ausgewogen, da der Fonds erst neu gegründet wurde. © 2021 Morningstar, Inc. Alle Rechte vorbehalten. Die hierin enthaltenen Informationen: (a) sind das Eigentum von Morningstar und/oder deren Content Providern, (b) dürfen nicht kopiert oder weitergegeben werden und (c) werden ohne Garantie hinsichtlich Richtigkeit, Vollständigkeit oder zeitliche Korrektheit bereitgestellt. Das Sterne-Rating ist ein quantitatives Bewertungssystem. Es bietet einen Weg, die historische Wertentwicklung von Fonds mit ähnlichen Anlagezielen unter Berücksichtigung von Kosten und Risiken zu vergleichen. Entscheidend ist wie der Fonds im Verhältnis zu vergleichbaren Produkten abgeschnitten hat. Gehörte er in dem betrachteten Zeitraum zu den besten zehn Prozent der Anlagekategorie, erhält er fünf Sterne und damit die Bestnote. Die nächsten 22,5 Prozent bekommen vier Sterne, die mittleren 35 Prozent drei Sterne, die nächsten 22,5 Prozent zwei Sterne und die schlechtesten zehn Prozent einen Stern. Weder Morningstar noch deren Content Provider haften für Schäden oder Verluste, die sich aus der Verwendung dieser Informationen ergeben. |
HORIZON 2020-PROJEKT BIONANOPOLYS Fichtenholz wird zu Bioplastik ALTERNATIVE ZU FOSSILBASIERTEM KUNSTSTOFF: acib entwickelt verbesserte Biomaterialien, unter anderem aus im Überfluss vorhandenen Fichtenholzschnitzeln. 88 und den Endverbrauchern angenommen. Zudem sind fossilbasierte Materialien preislich immer noch günstiger, was die Markteintrittsstrategie von Biomaterialien schwierig macht. acib-Expertise bei Biokatalysatoren Rohstoffe sind Fichtenhackschnitzel, Einjahrespflanzen wie Chinagras, Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie und städtische organische Abfälle. Bei der Aufbereitung dieser Biomasse kommt die acib-Expertise in der Entwicklung und Verbesserung von natürlichen Enzymen und Zellsystemen zum Tragen. Unter anderem verwenden die Forscher Enzyme, die aus einem Schlauchpilz namens Trichoderma reesei isoliert wurden. „Diese Biokatalysatoren „Wir gewinnen biologisch abbaubares und umweltfreundliches Biopolymer aus den Zellen der Biomasse.“ Regina Kratzer acib-Arbeitsgruppenleiterin Fotos: Franz Neumayr, Shutterstock, Fotogenia / Renate Brummer I m Horizon 2020-Projekt mit dem Namen „Bionanopolys“ werden neuartige Biomaterialien mit einer verbesserten Performance für Anwendungsbereiche wie Verpackungen, Textilien, Landwirtschafts- und Nahrungsmittelindustrie sowie Pharma-, Kosmetik- und Hygienesektor entwickelt. Das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) bringt seine Expertise in der Entwicklung und Verbesserung von Enzymen ein, um Biomasse zur Weiterverarbeitung aufzubereiten. Das vom Programm Horizon 2020 mit insgesamt 13 Millionen Euro geförderte EU-Projekt „Bionanopolys“ vereint europäische Experten von 27 wissenschaftlichen und industriellen Partnern auf diesem Gebiet. Ziel ist es, in Europa innovative Bionanokomposite aus nachhaltig gewonnenen, nachwachsenden Rohstoffen sowie biobasierte Nanoprodukte herzustellen. Biomaterialien sind potenzielle Alternativen zu fossilbasierten Materialien. Diese Stoffe müssen jedoch funktionale Eigenschaften für großvolumige Anwendungen mitbringen und noch besser als ihre fossilen Gegenstücke funktionieren. Nur so werden sie von der Industrie
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit können den Einfachzucker aus den Fichtenholzrückständen herauslösen – die Nahrungsbzw. Kohlenstoffquelle für die Mikroorganismen. So gewinnen wir letztlich das gelagerte, biologisch abbaubare und umweltfreundliche Biopolymer aus den Zellen der Biomasse“, führt acib-Arbeitsgruppenleiterin Regina Kratzer aus. Um die Markteinführung von biobasierten Nanomaterialien zu beschleunigen, strebt „Bionanopolys“ den Aufbau eines Netzwerks von 14 Pilotanlagen und ergänzende Dienstleistungen an. Man kooperiert dabei mit dem EU-Cluster Nanosafety (NSC). Life Cycle, Social Life Cycle und End-of-Life Cycle Assessments, Life Cycle Costing und Umweltverträglichkeitsanalysen stehen an, damit das Recycling, die Kompostierung oder die biologische Abbaubarkeit dieser neu hergestellten Produkte gesichert ist. So soll der Industrie und den Endkunden eine effizientere, sicherere und umweltfreundlichere Nutzung von Materialien ermöglicht werden, um zu einer grüneren Zukunft beizutragen. Von Verpackungsmaterial bis Textil Vier große Anwendungsfelder Die ersten beiden Technologien sind Cellulose-Nanofasern und metallische Nanopartikel: Sie werden als Verstärkung von papierbasierten Materialien und nicht gewebten Textilien für die Körperpflege (Reinigungstücher) eingesetzt und verleihen diesen neue Funktionalitäten. Bei der dritten Technologie geht es um aktive Nanokapseln mit antimi­ krobieller Aktivität aufgrund verwendeter ätherischer Öle, die im Material nanoverkapselt sind. Dies reduziert Gerüche und verleiht Textilien eine antimikrobielle Wirkung. Außerdem verbessern sie die Barriereeigenschaften des Verpackungsmaterials um bis zu 30 Prozent bei gleichzeitiger Reduzierung der antimikrobiellen Belastung von Lebensmitteln. Dadurch wird die Oxidation von Lebensmitteln verzögert und die Haltbarkeit verlängert. Die vierte Technologie sind Blockcopolymere, als Verstärkung von biobasierten und kompostierbaren Formulierungen: Für Folienverpackungen und Einkaufstüten sowie starre und flexible Verpackungen, wie etwa Spritzgussbesteck und Kaffeekapseln, aber auch für 3-D-gedruckte komplex geformte Teile und Schaum- und Beschichtungsanwendungen im Automobilsektor. KNOW-HOW UND LEIDENSCHAFT FÜR IHREN MEHRWERT Greenolutions im Porträt Die Vision von GREENOLUTIONS ist, gemeinsam mit dem Unternehmen einen nachhaltigen Weg zu gehen und damit einen wesentlichen Beitrag für zukunftsfähiges Wirtschaften zu leisten. N Foto: beigestellt ina Weiglhofer, Gründerin und Changemaker von Greenolutions, setzt zusammen mit ihrem Partnernetzwerk grüne Lösungen für nachhaltiges Wirtschaften um. Ihre Leidenschaft ist es, ihr Knowhow aus Studium und Beruf zu vereinen und gemeinsam mit Unternehmen neue innovative Wege zu gehen. Greenolutions e.U. bietet grüne Lösungen für ökologisch nachhaltige Events, berät im Bereich von Umweltzertifizierungen und begleitet Unternehmen von der Erarbeitung der passenden Nachhaltigkeitsstrategie bis hin zur Implementierung und Kommunikation der festgelegten CSR-Maßnahmen. Im Kerngeschäft verankert Corporate Social Responsibility (kurz CSR) beschreibt die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung und ist ein wesentliches Thema, welches das gesamte Handeln Ihres Unternehmens umfasst. Dabei ist es wichtig, Handlungsfelder und Maßnahmen zu definieren, die strategisch und somit langfristig ausgerichtet in Ihrem Kerngeschäft verankert werden. Ihr Nut- Leistungen von Greenolutions Nina Weiglhofer, CEO & Founder von www.greenolutions.at • Green Meetings & Events • Zertifizierungen • Strategieentwicklung • CSR-Beratung • Nachhaltiges Projektmanagement • Workshops & Vorträge zen liegt darin, dass Nina Weiglhofer als ausgebildete CSR-Beraterin Sie bei der Implementierung eines ganzheitlichen Nachhaltigkeitsmanagements begleitet. Ziel der CSR-Beratung ist die Vorbereitung, Planung, Ausarbeitung und begleitende Umsetzung einer erfolgreichen CSR-Strategie, welche ökonomische, ökologische und soziale Bedürfnisse gleichermaßen beinhaltet. 89
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit SONNENSTROM VON VERBUND Photovoltaikanlagen für Industrie und Gewerbe UMWELTFREUNDLICHE ENERGIEGEWINNUNG OHNE INVESTITIONSKOSTEN: Mit einer auf ihre Bedürfnisse maßgeschneiderten Photovoltaikanlage profitieren die Kunden nachhaltig. „Die Photovoltaikanlage ist für uns ein wichtiger Meilenstein, um unseren CO2-Fußabdruck zu verringern. Wir nutzen 100 Prozent unseres Sonnenstroms in unserem Produktionsprozess - und das ohne Erstinvestitionskosten.“ Stefan Chalupnik Geschäftsführer G. Coreth Kunststoffverarbeitungs GmbH 90 Sinnvolle Nutzung von Flächen Die Nutzung der brachliegenden Dach- bzw. Freiflächen zur eigenen Stromerzeugung macht VERBUND-Kunden unabhängiger und reduziert ihren CO2-Fußabdruck. Weiters ist die Photovoltaikanlage nach Vertragslaufzeit eine sichere Sachwertanlage und liefert garantiert noch viele Jahre gratis Strom. Auf geeigneten Flächen errichtet und betreibt VERBUND auf eigene Kosten und eigenes Risiko eine PV-Anlage. Die Kunden profitieren von selbst erzeugtem Strom zu attraktiven Konditionen: Entweder werden monatlich fixe Pachtkosten bezahlt oder ein vorher fixierter Strompreis, je nachdem ob langfristig planbare Kostensicherheit oder erhöhte Flexibilität bei veränderten Lasten bevorzugt wird. VERBUND begleitet Kunden von der kostenlosen Erstanalyse bis hin zur laufenden Datenvisualisierung sowie beim Monitoring über das gesamte Projekt hinweg. Vorteile auf einen Blick •Keine Investitionskosten •Sonnenstrom selbst verbrauchen •Kein wirtschaftliches oder technisches Risiko •Langfristig planbare Kostensicherheit Nach der Laufzeit geht die PV-Anlage ins Eigentum der Kunden über. Fotos: Beigestellt N eben der umweltfreundlichen Energiegewinnung sind langfristig günstigere Stromkosten als bei Netzbezug garantiert. So sichern sich VERBUND-Kunden gegen steigende Strompreise ab, auch der innovative Kunststoffverarbeiter Coreth in Unterwaltersdorf. „Auf drei unserer Produktionshallen haben wir im Vorjahr eine 170 kWp-Photovoltaikanlage errichtet“, erzählt Geschäftsführer Stefan Chalupnik, „die Anlage ist für uns ein wichtiger Meilenstein, um unseren CO2-Fußabdruck zu verringern.“ Seither nutzt das Unternehmen 100 Prozent seines Sonnenstroms im Produktionsprozess – und das ohne Erstinvestitionskosten. VERBUND bietet ein „Full Service“ und garantiert den wirtschaftlichsten Betrieb der PV-Anlage, übernimmt das Betriebsführungsrisiko und kümmert sich um alle technischen Belange während der gesamten Vertragslaufzeit.

Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit LEBENSRAUM Bauen für die Zukunft GENERATIONENGERECHTIGKEIT. Wenn schon nicht für die Ewigkeit, dann wenigstens für viele Jahrzehnte: Immobilien sind dazu gedacht, Generationen zu überdauern. Umso wichtiger sind das Denken an morgen und vorausschauendes Handeln für die Baubranche. D Wann ist ein Gebäude grün? Mit zunehmender Bebauung gehen mehr und mehr natürliche Lebensräume der heimischen Flora und Fauna verloren. Eine wirkungsvolle Maßnahme dagegen ist Flächenrecycling. Dabei wird Brachland, zum Beispiel von ehemaligen Indus­ triegebieten, erneut genutzt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Energieeffizienz. Sowohl die Gebäudeform als auch die Ausrichtung haben einen Einfluss auf den Energieverbrauch. Nachhaltige Gebäude entstehen mit möglichst geringem Ressourcenaufwand und verbrauchen auch entsprechend wenig Energie. Die Verwendung nachwachsender Rohstoffe, kurze Transportwege, der Einsatz erneuerbarer Energien und der Verzicht auf Schadstoffe sind einige weitere Beispiele für die vielfältigen Möglichkeiten, wie Nachhaltigkeit im Bauwesen gelingt. „Die Immobilienwirtschaft ist ein ressourcenintensiver Wirtschaftszweig – immerhin entfallen 30 Prozent des Energieverbrauchs auf den Gebäudesektor. Damit verbunden ist eine besondere Verantwortung, konsequent im Sinne des Klimaschutzes zu agieren“, so DI Hans-Peter Weiss, CEO der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), zu deren Kernaufgaben die Errichtung, Vermietung und langfristige Bewirtschaftung ihrer mehr als 2.000 Liegenschaften zählen. 92 2016 wurden weltweit rund 133 Mrd. Euro im Bereich grünes Bauen umgesetzt, bis 2025 wird eine Steigerung auf 312 Mrd. Euro erwartet. Schon während der Planungs- und Bauphase denken nachhaltig agierende Bauunternehmen an später. Denn hat eine Immobilie das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht, trägt eine hohe Rückbaufähigkeit dazu bei, dass Baustoffe wiederverwertet werden können. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür gelang der BIG beim Bau des zukünftigen MedUni Campus Mariannengasse. Dabei konnten 140 Tonnen Material aus dem Gebäude gewonnen und wiederverwertet werden. Damit gilt er als größtes Re-Use-Projekt Europas. Während der zehnmonatigen Projektdauer konnten 20 langzeitarbeitslose Personen innerhalb der BIG-Partnerbetriebe beschäftigt werden. Doch damit nicht genug. Um den Beweis anzutreten, dass Unternehmen klima- und umweltschonende Maßnahmen unter Beibehaltung maximaler Wirtschaftlichkeit umsetzen können, fiel mit 2020 der Startschuss zur Umsetzung des nachhaltigen Mindeststandards. Dieser geht über die gesetzlichen Anforderungen hinaus und enthält für Neubauten und Generalsanierungen die Vorgabe, zumindest die Zertifizierung „klimaaktiv Silber“ zu erreichen. Foto: ZOOMVP.AT er Nachhaltigkeitsgedanke ist im Bauwesen kein unbekannter. Bereits im 18. Jahrhundert beschäftigte sich die Forstwirtschaft mit dem Zusammenhang von Ressourcenknappheit und deren negativen ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen. Klimawandel, steigende Energiepreise und die Abnahme von Ressourcen führten dazu, dass die an sich nicht neue Idee des „grünen“ Bauens wieder vermehrt in den Fokus rückt. Längst sind ökonomische und funktionale Kriterien nicht mehr die einzigen Aspekte, nach denen Immobilien beurteilt werden. Gebäude der Zukunft sollen über ihren gesamten Lebenszyklus – also von der Planung und Errichtung bis hin zur Nutzung, zum Betrieb und letztlich zum Rückbau – Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigen.

AGRANA-KLIMASTRATEGIE Auf dem Weg in Richtung Klimaneutralität Mit dem Pariser Klimaschutzabkommen steht die Zielmarke für den Klimaschutz völkerrechtlich verbindlich fest: Die Erderwärmung soll auf deutlich unter zwei Grad, wenn möglich auf eineinhalb Grad begrenzt werden. Auch der Industrie kommt eine besondere Verantwortung zu, zur Erreichung dieser Ziele einen Beitrag zu leisten. Einsparungsmaßnahmen auf allen Ebenen Technikvorstand Norbert Harringer konkretisiert als erstes Zwischenziel die 25-Prozent-Reduktion bis zum Ende des Geschäftsjahres 2025/26. „Wesentliche Maßnahmen für die Erreichung dieses Zwischenziels werden – neben laufenden Energieeffizienzmaßnahmen – der Ausstieg aus Kohle in den letzten beiden mit diesem Primärenergieträger betriebenen Werken sowie ein umfassendes Grünstrompaket sein.“ Zwei Agrana-Zuckerfabriken – 94 eine in der Slowakei und eine in Tschechien – werden derzeit noch mit Kohle betrieben. Der Kohleausstieg erfolgt in der Slowakei noch heuer, in Tschechien im Geschäftsjahr 2025/26. „Ab 2025 wird Biomassenutzung statt Erdgas verstärkt in den Fokus unserer weiteren Dekarbonisierungsüberlegungen rücken“, so Harringer, er führt weiter aus: „Rohstoffbestandteile mit niedrigem Proteingehalt, die bisher zu Futtermitteln verarbeitet wurden, könnten zukünftig energetisch genutzt werden – bestimmte wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen wie etwa einen entsprechenden CO2-Preis vorausgesetzt.“ Die meisten Emissionen verursachte die Agrana selbst in ihrem Stärkesegment mit 427.000 Tonnen CO2 im Basisjahr 2019/20. Dahinter folgte die Zuckerproduktion mit 347.000 Tonnen und mit großem Abstand der Fruchtbereich (mit Juice) mit 154.000 Tonnen. CO2-Preis würde begrüßt werden Alle Agrana-Zuckerfabriken und die österreichischen Stärkefabriken unterliegen dem EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS). CO2-Zertifikate kosten derzeit mehr „Wir haben einen Plan mit konkreten Projekten, bis 2040 CO2-Neutralität in unserer Produktion zu erreichen.“ Norbert Harringer CTO Agrana Fotos: Istockphoto, beigestellt A grana hat einen Plan mit konkreten Projekten entwickelt, um bis 2040 CO2-Neutralität in der Produktion zu erreichen. Bis 2050 sollen auch die in der vorgelagerten Wertschöpfungskette entstehenden Emissionen netto null und die Produkte damit klimaneutral sein: „Agrana, als energieintensiver Veredler agrarischer Rohstoffe, ist beim Klimawandel Betroffener, Teil des Problems, aber auch seiner Lösung. Agrana bekennt sich zur Dekarbonisierung bis 2050 und arbeitet an einer stufenweisen Umsetzung. Unsere Produkte, wie Bioethanol, thermoplastische Stärken und Eiweißfuttermittel, leisten durch den Ersatz fossiler Produkte und die Erzeugung in einer Kreislaufwirtschaft bereits heute einen bedeutenden Klimaschutzbeitrag. Weitere Energieeffizienzmaßnahmen in der Agrana-Produktion werden auf Basis heute verfügbarer Technologien nur einen begrenzten Beitrag zur Dekarbonisierung leisten können. Nur durch einen Umstieg auf erneuerbare Energieträger kann bilanzielle CO2-Neutralität erreicht werden“, erklärte jüngst der Agrana-Vorstand.
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit als 50 Euro je Tonne. Energieeinsparungsprojekte an EU-ETS-Standorten bringen also quasi eine Win-Win-Win-Situation. Sie reduzieren nicht nur den Treibhausgasausstoß an sich, sondern auch die Energiekosten und ebenso die Zertifikatskosten. Ein internationaler CO2-Preis im Rahmen eines umfassenden weltwei- Ziel bis 2050: CO2-Neutralität 2050 sollen auch die sogenannten Scope-3-Emissionen Geschichte sein. Emissionen aus der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette, wie Rohstoffanbau, Transport, Mitarbeitermobilität, Geschäftsreisen, werden dann klimaneutral sein. Dafür sollen spätestens ab 2030 ein strukturiertes Emissionsmanagement und Reduktionsmaßnahmen für die Lieferkette eingeführt werden – nach entsprechenden internen und externen Vorbereitungen. Die Agrana hat dahingehend bereits ein Projekt zur strukturierten Erfassung auch der vorgelagerten Scope-3-Emissionen gestartet. Bis 2030 sollen gemeinsam mit Lieferanten und Partnern Reduktionsmaßnahmen entwickelt werden, um letztlich über die gesamte Kette CO2-neutrale Produkte anbieten zu können. ten Emissionshandelssystems würde von der Agrana begrüßt werden. Er würde Unternehmen Investitionsentscheidungen erleichtern und Konsumenten – über den höheren Preis von emissionsintensiven Produkten – helfen, die richtige Wahl im Sinne des Klimaschutzes zu treffen, so der Konzern.
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit Hafen Wien erneut als österreichischer Leitbetrieb zertifiziert Die Auszeichnung wurde im Rahmen eines Betriebsbesuches an die Hafen-Geschäftsführung, Fritz Lehr und Doris Pulker-Rohrhofer, übergeben. Foto: Luftbild Redl D er Hafen Wien macht aus der Kultur- und Tourismusmetropole auch eine Hafenstadt. Die nur wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernte, trimodale Logistik-Drehscheibe macht Wien zu einem der wichtigsten Hinterland-Hubs der Europäischen Union.“ Die Geschäftsführung des Hafen Wien, Fritz Lehr und Doris Pulker-Rohrhofer, unterstreicht das umfassende logistische Dienstleistungsangebot: „Der Wiener Hafen spielt nicht nur für den Schiffsverkehr, sondern auch für Bahn- und Straßentransport in Ostösterreich eine Schlüsselrolle und die zentrale Lage des Hafengeländes eröffnet exzellente Perspektiven als Basis für die immer wichtiger werdende Citylogistik. Wir legen dabei großen Wert auf die Forcierung umweltfreundlicher Technologien und decken mit zwei Photovoltaikanlagen auf unserem Betriebsgelände auch einen wesentlichen Teil unseres eigenen Strombedarfes ab.“ Als Leitbetriebe werden nach einem umfassenden Qualifikationsverfahren jene vorbildhaften Unternehmen ausgezeichnet, die sich zu nachhaltigem Unternehmenserfolg, Innovation und gesellschaftlicher Verantwortung bekennen. Merkur mit stabiler Entwicklung Foto: Marija Kanizaj D ie Merkur Versicherung geht gestärkt aus dem Ausnahmejahr 2020 und bleibt auf Wachstumskurs. Mit einer klaren Strategie hat die Traditionsversicherung mit Sitz in Graz eine stabile Basis für ihre Zukunft gelegt. Die abgegrenzten Prämien über alle Sparten hinweg betragen 541,1 Millionen Euro, das entspricht einem überdurchschnittlichen Wachstum von 3,6 Prozent. Der Gewinn vor Steuern (EGT) liegt bei rund 4,5 Millionen Euro. Mit einem klaren Blick nach vorne trifft das Unternehmen konkrete Vorsorgepläne für mögliche Covid-Spätfolgen und ist für die Zukunft solide aufgestellt. lngo Hofmann, CEO der Merkur Versicherung: „Auf 2020 können wir nicht einfach zurückblicken wie auf jedes andere Jahr zuvor. Wir haben gelernt, wie verletzlich wir als Gesellschaft sind. Aber wir sind auf Sicht gefahren und in der Spur geblieben. Das ist uns gelungen, weil wir uns auf das verlassen haben, was uns als Versicherung ausmacht: Innovationsmut und die Kraft der Gemeinschaft.“ 96 GESAMTVORSTAND der Merkur Versicherung: Helmut Schleich, Christian Kladiva, Ingo Hofmann (v. l.)

GEMEINSAM LEBENSMITTEL RETTEN Lidl Österreich gibt Lebensmitteln eine zweite Chance LEBENSMITTEL SIND KOSTBAR! Nach wie vor landet jedoch zu viel Essen, das noch genießbar wäre, einfach so im Müll. Um Lebensmittelabfälle zu reduzieren, arbeitet Lidl Österreich mit einem 360°-Ansatz. Lebensmittel gehören auf den Teller! Bis zu 70 Prozent Rabatt Eine weitere Maßnahme ist die gezielte Rabattierung von Produkten, die sich dem Mindesthaltbarkeitsdatum nähern – bis zu 70 Prozent am letzten Tag. Allein durch diese Maßnahme konnten schon über 600 Tonnen Lebensmittel vor der Biotonne bewahrt werden. Und das ist nicht nur wirtschaftlich smart, sondern schont auch unser Klima. Denn durch nicht konsumierte Lebensmittel werden kostbare Ressourcen verschwendet und unnötige CO2-Emissionen verursacht. 98 www.aufdemwegnachmorgen.at „Mit unserer ‚Rette mich Box‘ tun wir nicht nur etwas gegen Lebensmittelverschwendung, sondern auch für den Klimaschutz!“ Alessandro Wolf Vorsitzender der Geschäftsleitung, Lidl Österreich Fotos: Ludwig Schedl, beigestellt D ie neue „Rette mich Box“ ist das beste Beispiel dafür. In die Boxen kommen Obst und Gemüse aus den Filialen, die beispielsweise der Originalverpackung entnommen wurden oder wenn das Aussehen nicht mehr zu 100 Prozent den optischen Vorgaben entspricht. Die geretteten Produkte gibt es dann um einen kleinen Geldbetrag in den Filialen zu kaufen. Bereits kurz nach dem Start wurden durch die Boxen rund 200 Tonnen Lebensmittel vor der Mülltonne gerettet. • Gut geschützt: Schon bei der Verpackung wird darauf geachtet, dass die Lebensmittel gut geschützt sind und lange frisch bleiben. • Smarte Bestellung: Ausgeklügelte Bestellsysteme sorgen dafür, dass die richtige Menge an Lebensmitteln zur richtigen Zeit in den Filialen verfügbar ist. • Gutes spenden: 100 % aller Lidl-Filialen haben eine Kooperation mit einer oder mehreren sozialen Einrichtungen, die nicht verkäufliche Lebensmittel abholen. • Frische mit Maß: Am Abend wird gezielt das Angebot an frischer Ware – wie Brot und Gebäck – reduziert. So bleibt bei Ladenschluss weniger übrig. • Zweite Chance: Lebensmittel, die nicht verkauft und gespendet werden können, gehen zur Verwertung in eine Biogasanlage oder werden zu Futtermitteln verarbeitet.
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit DIE BRAU UNION ÖSTERREICH WILL KLIMANEUTRAL WERDEN Nachhaltige Bierkultur für die Zukunft Energie zu sparen und schonend mit Ressourcen umzugehen, hat bei der BRAU UNION ÖSTERREICH hohen Stellenwert und lange Tradition. W Fotos: leadersnet, Illustration: Andreas Posselt elche Anforderungen die österreichischen Biertrinker an ihr Bier haben, ist im jährlichen österreichischen „Bierkulturbericht“ von der Brau Union Österreich Unternehmenskommunikation nachzulesen. So etwa im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit: Für 82 Prozent der österreichischen Biertrinker ist die Verwendung regionaler Rohstoffe wichtig, für 67 Prozent nachhaltiges Brauen. 63 Prozent legen wiederum großen Wert auf die Nutzung alternativer Energieformen. Aber auch die Herkunft des Bieres ist bedeutend: 75 Prozent sind für eine österreichische Marke aus einer österreichischen Brauerei. Daher ist das erklärte Ziel der Brau Union Österreich: die beste Bierkultur für die Zukunft zu schaffen und diese nach sozialen und ökologischen He­ rausforderungen zu gestalten. Ambitioniertes Ziel: CO2-neutral bis 2030 „Als Teil der internationalen HEINEKENFamilie sind wir motiviert, die ambitionierten Ziele der aktualisierten Nachhaltigkeitsstrategie ‚Brew a better world‘ umzusetzen. Eines der Ziele ist, bis zum Jahr 2030 weltweit CO2-neu­ tral zu produzieren. In Österreich haben wir schon an einigen Standorten wertvolle Schritte in diese Richtung gesetzt, die Photovoltaikanla- gen in den Brauereien Puntigam und Wieselburg bringen uns wieder ein Stück näher ans Ziel Green Deal“, erklärt Gabriela Maria Straka, Director Corporate Affairs und CSR bei der Brau Union Österreich. Schon gehört? Der österreichische „Bierkulturbericht“, der jährlich von der Brau Union Österreich Unternehmenskommunikation herausgegeben wird, zeigt, was für Biergenießer wichtig ist. Mehr zum Thema Bierkultur und Download des aktuellen „Bierkulturberichts“ unter www.brauunion.at/bierkultur Brauen mit der Kraft der Sonne In der Brauerei Villach wird bereits mithilfe der Sonne gebraut. Dank der Photovoltaikanlage auf dem Dach der Brauerei deckt die Sonnenenergie ein Drittel des Jahresenergiebedarfes. Strom für rund 50 Einfamilienhaushalte erzeugt die neue Photovoltaikanlage seit Anfang Mai auf dem Dach der Logistikhalle für die Brauerei Wieselburg. 3.200 Quadratmeter Dachfläche wurden verbaut, um eine Gesamtleistung von 200.000 kW pro Jahr zu erhalten, das entspricht fünf Prozent des gesamten Strombedarfes der Brauerei Wieselburg. Auch in der Brauerei Puntigam wurde am Dach der Mehrweghalle der Brauerei eine Photovoltaik-Volleinspeiseanlage installiert, die vorerst Strom für circa 600 Haushalte erzeugt. In einem zweiten Schritt wird eine Eigenverbrauchsanlage in Betrieb genommen, die Strom für die Nutzung in der Brauerei selbst liefert. Der Baustart für diese Photovoltaikanlage auf dem Dach der Einweg- und Logistikhalle ist für das zweite Quartal 2021 geplant. 99
AUSTRIA’S BEST MANAGED COMPANIES „Wir beobachten eine Abkehr von klassischen Mitarbeiterprofilen!“ EINE AUFGABE, EINE PERSON GILT NICHT MEHR: Die klassischen Jobprofile sind im österreichischen Mittelstand am Rückzug – neue Unternehmenskulturen entstehen, sagt Deloitte-Expertin Anna Nowshad. Die Pandemie hat die Art der Zusammenarbeit in den Unternehmen auf den Kopf gestellt. Welche neuen Formen der Arbeit beobachten Sie beim österreichischen Mittelstand? Die mittelständischen Unternehmen haben in diesen herausfordernden Monaten sehr viel Flexibilität an den Tag gelegt und gezeigt, dass sie den unterschiedlichsten Herausforderungen gewachsen sind. Die neuen Entwicklungen – Stichwort Homeoffice – haben sowohl positive als auch herausfordernde Aspekte. Auf jeden Fall zeigt sich: Fixe Aufgaben nach der Devise „ein Mitarbeiter, ein Job“ sind mit den neuen Rahmenbedingungen nicht mehr so einfach vereinbar. Es zahlt sich aus, über die Abteilungsgrenzen hinauszublicken und die passenden Kompetenzen für die jeweilige Aufgabe im ganzen Unternehmen zu suchen. Wie sollte man jetzt die Belegschaft aufstellen? Welche Jobprofile passen zu den neuen Rahmenbedingungen? Wir beobachten eine Abkehr von klassischen Mitarbeiterprofilen. Vielmehr geht es darum: Wer ist am Markt überhaupt verfügbar? Wie baue ich eine Rolle um die Stärken und Potenziale dieser Person herum? Der Belegschaftsbegriff wird breiter gedacht. Bei100 ZUR PERSON Anna Nowshad ist Partnerin im Consulting bei Deloitte Österreich und leitet im Human Capital den Bereich Organisation, Transformation & Talent. Im Mittelpunkt ihrer Projekte stehen neue Formen der Arbeit im Zusammenhang mit Digitalisierung und Technologie sowie die Transformation von Organisationen, Belegschaftsstrukturen und Führung. spielsweise spielen derzeit in produzierenden Unternehmen, die auf flexible Arbeitskräfte angewiesen sind, Überlegungen eine große Rolle, wie diese Personen an das Unternehmen gebunden werden können und welche Verantwortung der Arbeitgeber gegenüber „Mitarbeitern auf Zeit“ hat. In Österreich müssen hier auch viele rechtliche Vorgaben berücksichtigt werden. Stichwort neue Rahmenbedingungen: Gerade die hervorragend geführten Unternehmen sind in der Regel bei der praktischen Umsetzung der Digita- Foto: Wolfgang Wolak /trend Ist Homeoffice ein Dauerzustand oder eine Übergangslösung? Wir sehen zwei Entwicklungen: Es gibt Unternehmen, die so rasch wie möglich die gesamte Belegschaft wieder am Arbeitsplatz versammeln wollen – diese sind aber in der Minderheit. Denn der Großteil tendiert zu hybriden Lösungen, mit der Verbindung von Anwesenheit und Remote Working. Fakt ist: Ein vollständiges Remote Working gibt es im Mittelstand nicht. „Best Managed Companies“ schaffen es dabei sehr gut – immer mit Beachtung der regulatorischen Vorgaben – ihre Spielregeln festzulegen, welche Ausstattung die Mitarbeiter bekommen, wie die Zusammenarbeit in Teams funktioniert und wie das Thema Arbeitszeit gehandhabt wird.
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit lisierung auf einem guten Weg. Für sie geht es in der Regel dabei nicht darum, Jobs zu ersetzen, sondern um Effizienzsteigerung, Bewältigung neuer Markt­ erfordernisse und bestmögliche Nutzung der vorhan­ denen Ressourcen und Potenziale. Nach dem Auslaufen der Kurzarbeit gerät der Fachkräftemangel wieder in den Fokus. Welche Skills sind in den mittelständischen Unternehmen gefragt? Kurzarbeit ist kein Instrument, das per se Flexibilität fördert. Wir sehen aber gerade jetzt viel Bewegung am Arbeitsmarkt, zumal viele „Best Managed Com­ panies“ Kurzarbeit nur für spezielle Bereiche oder übergangsweise eingesetzt haben. Viele Mitarbeiter haben vor einem möglichen Jobwechsel auch die Ent­ wicklung der Pandemie abgewartet. Derzeit ist im Mittelstand alles sehr stark nachgefragt, was mit IT, Technik und Big Data zu tun hat. Ein reines Rekrutie­ ren nach Skills ist aber heute nicht mehr erfolgver­ sprechend. Denn diese Fähigkeiten überholen sich ständig. Besser ist es, Kompetenzen und Potenziale zu suchen! Wer kann vernetzt denken? Wer kann mehr, als nur programmieren? Anstatt eine „fertige“ Person zu suchen, die bereits alles kann, gilt es vielmehr, ge­ meinsam zu wachsen und sich zu verändern. Gibt es am Arbeitsmarkt heute überhaupt jene Talente, die von der Wirtschaft gebraucht werden? Auch hier muss man aktiv sein: Viele Mittelständler kooperieren mit Bildungsstätten und holen junge Menschen früh ins Unternehmen. Dann gilt es, die interne Entwicklung zu fördern, Fähigkeiten mög­ lichst breit einzusetzen. Es zahlt sich aus, in unter­ schiedlichen Zukunftsszenarien zu denken und sich die Frage zu stellen – wie sieht meine Personalstrate­ gie in diesem und wie in jenem Szenario aus? Stichwort Unternehmenskultur: Wodurch zeichnet sich eine sinnstiftende Kultur aus? Wie kann diese aufgebaut und auch gelebt werden? Wir haben in der Praxis gesehen, dass gut geführte Unternehmen vor allem eines auszeichnet: Sie haben alle einen starken Unternehmenszweck. Alle Mitar­ beiter wissen, wer der Eigentümer ist und welcher Geschäftszweck verfolgt wird, welche Strategie ge­ wählt wurde und wie sie zur Erfüllung dieses Zwecks beitragen. Sehr wichtig ist außerdem die Transparenz: Auch wenn die Zahlen einmal nicht so gut sind, müs­ sen alle wissen, dass sie an einem Strang ziehen und einen wichtigen Beitrag leisten. Dazu gehört auch, den Mitarbeitern Vertrauen und Eigenverantwortung zu übergeben und sie so die kontinuierliche Verbesse­ rung und Weiterentwicklung des Unternehmens mit­ gestalten zu lassen. Das ist kulturbildend und bindet die Mitarbeiter. Hierfür braucht es einen ständigen Dialog und nicht hierarchieabhängiges Denken – denn Mitarbeiter sind meist an den Kundenbedürf­ nissen, den operativen Produktionsabläufen oder so mancher Schwachstelle in IT-Systemen am nächsten dran. Womit punkten hervorragend geführte Unternehmen im Bereich „Kultur & Commitment“? Wie heben sie sich ab? Sie alle legen ein großes Augenmerk auf die Kommu­ nikation und binden ihre Mitarbeiter in erfolgskriti­ sche Prozesse – beispielsweise rund um Innovationen – umfassend ein. Gemeinsam ist den „Best Managed Companies“ die Offenheit gegenüber Neuerungen: Sich neu zu erfinden, ist ein wichtiger Baustein des Erfolges – Ideen dazu können überall in der Organi­ sation entstehen. Statt Ideen versickern zu lassen, schaffen es diese Unternehmen, hinzuhören und ge­ meinsam zu gestalten – unabhängig davon, wer diese Idee hatte und auf welcher Hierarchiestufe sich diese Person befindet. Zur Kommunikation: Hier sind Klarheit und Transparenz zwei wichtige Säulen, die „Best Managed Companies“ gemeinsam haben. Das bedeutet beispielsweise, Prozesse, die zu Entschei­ dungen führen, für Mitarbeiter nachvollziehbar zu machen – gerade bei so emotionalen Themen wie Ge­ halt oder Beförderungen. Austria’s „Best Managed Companies“ Are you best in class? „Best Managed Companies“ ist ein international etabliertes Programm, das aktuell in mehr als 30 Ländern hervorragend geführte Unternehmen auszeichnet. Die teilnehmenden Unternehmen werden von einer unabhängigen Expertenjury in den vier Schwerpunktbereichen Strategie, Governance & Finanzen, Produktivität & Innovation sowie Kultur & Commitment bewertet. Unternehmen, die in all diesen Bereichen überzeugen können, werden ausgezeichnet. Der Bewerbungsprozess wird von jeweils zwei erfahrenen Beratern von Deloitte begleitet. Zentrales Element ist ein Workshop gemeinsam mit dem Top-Management, um bestmögliche Bewerbungsunterlagen zu erstellen. Dabei wird die Führungsarbeit der jeweiligen Unternehmen mit international erprobten „Leading Practices“ abgeglichen. Interessierte Unternehmen können sich bereits jetzt für das Programm 2022 vormerken lassen. Nähere Informationen: www.deloitte.at/bestmanaged 101
Die neuen Herausforderungen im Employer Branding QUALITÄTSANSPRUCH. Gute Unternehmen brauchen gute Mitarbeiter. Diese für sich zu gewinnen, wird künftig nicht einfacher. Experten sind sich einig, dass High Potentials nur akquiriert werden können, wenn es einem Unternehmen gelingt, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. D as renommierte Gabler Wirtschaftslexikon definiert Employer Branding als „den Aufbau und die Pflege von Unternehmen als Arbeitgebermarke.“ Employer Branding-Maßnahmen sind also all jene Methoden und Instrumente, die ein Unternehmen aktiv einsetzt, um die Attraktivität seiner Arbeitgebermarke zu untermauern. Im „War for Talents“ gilt es, qualifizierte Bewerber von sich zu überzeugen. Idealerweise bekommen diese einen so positiven Eindruck vom Unternehmen, dass sie unbedingt ein Teil davon werden wollen. Erreicht wird dieses Ziel durch verschiedene Maßnahmen, die wie Zahnräder ineinandergreifen und in Summe ein rundes Bild des Unternehmens als Arbeitgeber abgeben. Doch damit ist es noch nicht getan: Wichtig ist es nun auch, dieses Bild sowohl intern als auch extern klar zu kommunizieren. 102 Von der Konkurrenz abheben Jedes Unternehmen muss seine „Identity“ finden, sein einzigartiges Profil. „Diversity und Nachhaltigkeit sind schön und gut, aber heute keine Unterscheidungsmerkmale mehr“, weiß Organisationsentwickler Nikolaus Hanke, der sich seit über 15 Jahren mit Employer Branding beschäftigt. „Man kann durch Employer Branding nicht nur einen aktuellen Zustand fundieren, sondern auch notwendige Veränderungen herbeiführen oder unterstützen.“ Wer seine Organisation weiterentwickelt, muss dies auch mit seiner Arbeitgebermarke tun, „Alle wollen die Generation Z, die Digital Natives, aber davon wird es nicht genug geben.“ Nikolaus Hanke Organisationsentwickler
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit andernfalls wird er auch in puncto Mitarbeiter „more of the same“ bekommen. Nicht die Kunden sind die Kernzielgruppe, Employer Branding zielt darauf ab, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Nichtsdestotrotz muss im Sinne einer integrierten Kommunikation auch immer die Wirkung auf den Kunden mitbedacht werden, da sich gelungenes Employer Branding auch positiv auf das allgemeine Unternehmensimage auswirkt. Im Gegenzug gilt: Marken wie Apple oder Red Bull, die ein starkes Produktimage aufweisen, tun sich auch bei der Mitarbeitersuche leichter. Und so liegt es auf der Hand, dass sich vor allem Unternehmen, die nicht an den Endkunden, sondern im B2B-Bereich verkaufen wollen, umso mehr um eine starke Arbeitgebermarke bemühen müssen. „Bei unserem Employer Branding ist es uns wichtig, den Arbeitsmarkt und die Trends im Blick zu haben.“ Julia Handler EVN-Teamleiterin Recruiting & Employer Branding Foto: Istockphoto Social Media ist kein Add-on mehr Um aus der Arbeitgebermarke die passenden Maßnahmen ableiten zu können, muss sich ein Unternehmen im Vorfeld überlegen, was es repräsentiert. Ein Betrieb, der dafür steht, mutig zu sein, sollte nicht ausschließlich auf traditionelle Em­ ployer Branding-Methoden und Marketingmaßnahmen setzen, sondern ruhig auch mal Neues ausprobieren. „Bei unserem Employer Branding ist es uns wichtig, den Arbeitsmarkt und die Trends im Blick zu haben“, schildert Julia Handler, Teamleiterin Recruiting & Employer Branding der EVN. Kein Weg führt mehr an Facebook, Instagram, LinkedIn und Co. vorbei. „Social Media ist heute kein Add-on mehr, sondern DER zentrale Kanal fürs Employer Branding, vor allem aufgrund seines genauen Zielgruppen-Targetings. In Kampagnenplanung und Employer Branding gilt heute der Grundsatz: Social Media first!“, ist Organisationsentwickler Hanke überzeugt. Warum Employer Branding immer wichtiger wird Die starken Geburtsjahrgänge der 1950er- und 1960er-Jahre kommen sukzessive ins Pensionsalter. „Während 1950 auf eine Person im Pensionsalter noch sechs Personen im erwerbsfähigen Alter kamen, sind es heute nur noch drei, 2040 werden es nur noch zwei sein“, sagt Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Eine Pensionierungs- „Während 1950 auf eine Person im Pensionsalter noch sechs Personen im erwerbsfähigen Alter kamen, sind es heute nur noch drei, 2040 werden es nur noch zwei sein.“ Tobias Thomas Generaldirektor Statistik Austria welle rollt an, unzählige Stellen wollen nachbesetzt werden. Durch Klimawandel, Pandemie und Digitalisierung wird es viele Berufe in Zukunft nicht mehr geben. Hinzu kommt, dass in Branchen wie dem Flug- oder Bankensektor derzeit zahlreiche Stellen abgebaut werden, bis 2023 könnten 40 Prozent aller Bankfilialen in Europa geschlossen werden. Was übrig bleibt, sind hochqualifizierte Menschen ohne Job. Dieser Umstand erfordert auch bei der Suche nach Mitarbeitern mehr Flexibilität – bis dato sind Stellenausschreibungen hinsichtlich der mitzubringenden Qualifikationen oft punktgenau formuliert. 4 wichtige Fragen für Unternehmen auf dem Weg zu ihrer Arbeitgebermarke 1. Wer bin ich? 2. Was sind meine Besonderheiten, wie hebe ich mich ab? 3. Wer will ich sein? 4. Wen will ich ansprechen? Quereinsteiger müssen willkommen sein Betrachtet man nun etwa das Beispiel des Piloten, der in kaum ein Bewerberprofil passt, so wird man schnell erkennen: Er zeichnet sich dafür durch bedeutende Qualitäten wie Führungskompetenz, Multitasking-Fähigkeit, Flexibilität und Stressresistenz aus. „Die Herausforderung wird sein, nicht mit allen anderen Mitbewerbern um den einen ‚perfekten’ Mitarbeiter, der alle Anforderungen exakt erfüllt, zu kämpfen. Es gibt viele höchstqualifizierte Menschen aus anderen Bereichen. Unternehmen werden künftig in puncto Employer Branding viel breiter kommunizieren müssen“, so Hanke. Und weiter: „Alle wollen die Generation Z, die Digital Natives, aber davon wird es nicht genug geben. Ein Talent muss nicht immer der 25-jährige Shootingstar sein, man kann sich auch mal für den 45-Jährigen entscheiden, der dafür enorm viel Erfahrung mitbringt.“ Manche haben diese Tendenz bereits erkannt, wie Lydia Sedlmayr, Head of Peo­ ple and Organisation (HR) bei Novartis Österreich, bestätigt: „Wir bieten keine vorgefertigten Laufbahnen, sondern ermöglichen und fördern immer wieder auch den Quereinstieg in neue Aufgabenfelder.“ Je mehr Unternehmen sich dieser Sichtweise anschließen, desto besser wird es für unsere Wirtschaft sein. „Wir bieten keine vorgefertigten Laufbahnen, sondern ermöglichen und fördern immer wieder auch den Quereinstieg in neue Aufgabenfelder.“ Lydia Sedlmayr Head of People & Organisation (HR) bei Novartis Österreich 103
How to employer brand: Heimische Unternehmen machen’s vor! 104 Incentives als Anreiz Eigene Recruiting-Plattform „Innovationen sind Teil unserer DNA. Unsere Unternehmenskultur ist einzigartig – trotz Größe und internationaler Ausrichtung spürt man unseren Spirit, die Kultur eines steirischen Familienunternehmens“, ist KnappCFO Christian Grabner stolz. Da zufriedene Mitarbeiter die besten Testimonials sind, bietet ihnen der Hersteller von Logistiklösungen und -systemen ein Restaurant, Aus- und Weiterbildungen, Kinderbetreuung, Fitnesskurse, Pensionsvorsorge und flexible Arbeitszeiten. Kürzlich wurde das Projekt „Knapp goes green“ gestartet: Fahrgemeinschaften mit Elektroautos und gratis ÖffiTickets für Mitarbeiter, die auf einen Parkplatz verzichten. „Wir schätzen unsere Gegensätze wie unsere Gemeinsamkeiten, weil wir wissen, dass sie uns stark machen“, fährt Grabner fort, „und bieten Platz für Einsteiger, Aufsteiger und Mitgestalter.“ Die Wiener Städtische ist nicht nur auf Social-MediaKanälen und Karrierenetzwerken präsent, im Herbst 2020 veröffentlichte die Traditionsversicherung ihre eigene Recruiting-Plattform guterjob.at. „Damit möchten wir die ‚Candidate Journey’ so attraktiv wie möglich gestalten und zeigen, was uns als Arbeitgeber ausmacht“, so Personalchef Robert Bilek. Neben aktuellen Jobangeboten sind auf der Plattform Interviews und Kurzvideos zu finden, in denen Mitarbeiter ihre persönliche Geschichte erzählen und damit Best-Practice-Beispiele für Unternehmenswerte wie Work-Life-Balance oder Vereinbarkeit von Beruf und Familie darstellen. Auch in der jüngsten Werbekampagne standen die Mitarbeiter im Mittelpunkt. Fotos: Istockphoto Wie läuft Employer Branding in Österreich, welche Trends sind zu erkennen, wer geht mit gutem Beispiel voran? Wir haben bei sechs heimischen Unternehmen nachgefragt.
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit Fokus auf die Mitarbeiter Beim Bauunternehmen Leyrer + Graf hat man erkannt, dass aufgrund des Fachkräftemangels „wir alle gefordert sind, das Thema ‚Employer Branding’ aktiv anzugehen. Es handelt sich dabei um kein Branchenspezifikum, sondern um ein demographisches Thema und damit um eine gesellschaftliche Herausforderung, der sich niemand entziehen kann“, weiß Simone Fröschl, Leiterin Marketing & Kommunikation. „Je härter ein Markt umkämpft ist, umso wichtiger sind die Werte. Wer sich in einem Unternehmen wohlfühlt, ist mit mehr Freude und Leidenschaft bei der Arbeit.“ Der Fokus liege auf den Mitarbeitern, schildert Fröschl: „In diesem Jahr wurde ein Leadership-Empowerment-Programm gestartet. Auch in der Kommunikation werden die eigenen Mitarbeiter in den Vordergrund gestellt und über die verschiedensten Kanäle präsentiert. Vergangenes Jahr erfolgte ein Relaunch der bestehenden Lehrlingskampagne, um die junge Generation und die Fachkräfte von morgen zielgruppengerecht anzusprechen.“ Sich durch die Firmenkultur abheben Brantner Österreich, Experte für Abfallwirtschaft, möchte sich mit einer starken und authentischen Art abheben. Um das zu schaffen, müssen die Werte passen und die Arbeit an der Basis beginnen, ist man überzeugt. Wichtig ist dem Familienunternehmen eine zukunftssichernd ausgerichtete interne Kultur. „Positionierung hat immer etwas mit Differenzierung zu tun“, erklärt Geschäftsführer Josef Scheidl. „Eine Firmenkultur ist das Einzige, was andere nicht kopieren können. Alles andere ist replizierbar: Gehaltsschemata, Arbeitsplätze, Benefits, Managementstrukturen.“ So biete auch Brantner viele Benefits, doch richtig herausgestochen habe man als eines jener Unternehmen, die innerhalb kürzester Zeit für alle Mitarbeiter wöchentliche Corona-Testangebote und eine betriebliche Impfstraße organisierten. Zielgruppengerechtes Maßschneidern „Das Wichtigste in puncto Employer Branding ist, dass sich die Mitarbeiter mit den Botschaften identifizieren können – sonst wird es schwierig, sie als Markenbotschafter zu gewinnen“, sagt Karin Margetich, Leiterin der HR-Abteilung bei Austrian Power Grid. Aktuell ist der österreichische Übertragungsnetzbetreiber dabei, die DNA des Unternehmens neu zu framen. „Damit sich unsere Ideen mit der Sicht der Mitarbeiter decken, haben wir gerade in Fokusgruppen ausgearbeitet, welche Werte uns als Arbeitgeber ausmachen und dabei auch emotional ansprechend sind“, so Margetich. Denn am Ende gehe es um zielgruppengerechtes Maßschneidern und nicht um Personalmarketingmaßnahmen mit der Gießkanne. „Herzstück jedes Employer Brandings – das wird unser nächster Schritt sein – ist die eigene Homepage mit zielgruppenspezifischen Landingpages, auf der sich Interessierte direkt authentische Einblicke holen können“, ist Margetich überzeugt. In Ausbildung investieren Zufriedene Mitarbeiter sind die besten Markenbotschafter, vor allem aber bleiben sie ihrem Unternehmen treu, weiß man bei Palfinger, Anbieter innovativer Kran- und Hebelösungen. Mit der „Palfinger Global Group Policy Recruiting“ habe man ein standardisiertes State of the Art-Recruiting auf Basis von Transparenz, Fairplay, Diversität, Qualität und Vertraulichkeit geschaffen. „Sind am Arbeitsmarkt zu wenige gut ausgebildete Mitarbeiter zu finden, müssen Unternehmen von sich aus initiativ werden“, erklärt CEO Andreas Klauser. So wird gerade in Lengau ein Campus errichtet, in den 3,7 Millionen Euro investiert werden. „Wir bilden derzeit in Österreich rund 80 Lehrlinge aus, bis Ende 2021 werden es 115 sein“, so Klauser. Gleichzeitig intensiviert das Unternehmen seine Kooperationen mit Unis und Fachhochschulen im Bereich der digitalen Ausbildung. 105
Nachhaltige Geldanlage Was es mit grüner Geldanlage auf sich hat. KEPLER FONDS managt als grüner Pionier bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten nachhaltige Portfolios. Florian Hauer, Aktienfondsmanager und Nachhaltigkeitsexperte bei KEPLER Fonds, der Fondstochter der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, im Interview über nachhaltige Investments, grüne Megatrends und neue EU-Standards. Florian Hauer, Aktienfondsmanager und Nachhaltigkeitsexperte bei KEPLER Fonds Schon vor der Coronapandemie spielten viele Anleger mit dem Gedanken, ihre Geldanlage nachhaltiger auszurichten. Verstärkt sich der grüne Trend? Florian Hauer: Ja, denn der Kapitalmarkt als größter Geldgeber der Wirtschaft ist ganz entscheidend für grundlegende nachhaltige Verbesserungen. Immer mehr Anleger wählen ihre Investments nicht mehr nur nach dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens aus, sondern schauen verstärkt auf die Integration von ökologischen und sozialen Kriterien sowie eine gute Unternehmensführung. Diese drei, unter ESG – Environment, Social und Governance – zusammengefassten Kriterien bringen langfristig Wettbewerbsvorteile, von denen die Investoren profitieren. Im Zusammenhang mit Umweltverschmutzung gibt es zahlreiche globale Risiken. Wie steuern Sie hier als Fondsanbieter produktseitig gegen? Wir managen als grüner Pionier bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten nachhaltige Portfolios. Mit speziellem Fokus auf Umweltthemen wurde 2018 der „KEPLER Umwelt Aktienfonds“ auf den Markt gebracht. Besondere Bedeutung in diesem global gestreuten Portfolio haben erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie, Geothermie, Bioenergie und Wasserkraft. Aber auch Bereiche wie Energieeffizienz, nachhaltiger Transport, Wasser und Recycling werden im Fonds abgedeckt. 106 Beeinflussen die globalen UN-Ziele für nachhaltige Entwicklungen, die sogenannten „Sustainable Development Goals“, auch Ihre Strategien? Die insgesamt 17 definierten UN-Ziele sind sehr plakativ und damit für Kunden und Vertriebspartner verständlich zu kommunizieren. Wichtige Themenblöcke sind dabei weniger Armut, mehr Gerechtigkeit, Artenvielfalt oder sauberes Wasser. Wir nehmen derartige Themen natürlich ernst. Ethikfonds KEPLER Fonds managt rund 2,4 Milliarden Euro an Kundenvolumen nach ökologischen und sozialen Kriterien. Schon vor zwei Jahrzehnten stellten sich die Fondsmanager bei KEPLER die Frage, wie das Ertragspotenzial der Kapitalmärkte mit sozialen und ökologischen Standards verknüpft werden kann. Die Idee der Ethikfonds wurde geboren. Damals noch als grüne Nische belächelt, sind diese nachhaltigen Portfolios der RLB OÖ-Fondstochter heute anerkannte Anlagestrategien mit nachweislichem Mehrwert. Aktuell managt KEPLER bereits rund 2,4 Milliarden Euro an Kundenvolumen nach ökologischen und sozialen Kriterien und zählt in Österreich und Deutschland zu den anerkannten Anbietern in diesem Bereich. Foto: Erich Wimmer Es scheint, als wäre Nachhaltigkeit nun weltweit der neue Investmentstandard. Investoren verschaffen sich durch Dialoge mit den Unternehmen und Stimmrechtsausübungen immer mehr Gehör. Auch KEPLER? Unterstützt durch die weltweit operierende Nachhaltigkeitsagentur ISS ESG machen wir die in unseren Portfolios investierten Unternehmen auf ökologische und soziale Potenziale, aber auch auf Mängel aufmerksam, zum Teil gemeinsam mit anderen Investoren. Erfolgen bei gravierenden Defiziten keine zeitnahen Optimierungen, führt das zu einem Divestment aus unseren ESG-Portfolios. Ab 2022 werden unsere nachhaltigen Anliegen durch einen zentralen Stimmrechtsvertreter in Hauptversammlungen platziert.
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit Abschließend die Frage: Sind ESG-Investments der langfristige Megatrend oder ein vorübergehender Hype? Eindeutig Ersteres. Das Thema wird bleiben und ist bereits in viele Richtungen ausdifferenziert. Und jetzt werden auf EU-Ebene noch jene Standards vorgegeben, die wir als Fondsindustrie transparent und kundenfreundlich etablieren müssen. Weil es verschiedene Ansätze und viele Schattierungen des Grüns gibt, sind vor allem aktive Managementstrategien gefragt. Diese Marketingmitteilung stellt kein Angebot, keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlung, Einladung zur Angebotsstellung zum Kauf oder Verkauf von Fonds oder unabhängige Finanzanalyse dar. Sie ersetzt nicht die Beratung und Risikoaufklärung durch den Kundenberater. Angaben über die Wertentwicklung beziehen sich auf die Vergangenheit und stellen keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung dar. Aktuelle Prospekte (für OGAW) sowie die Wesentlichen Anlegerinformationen – Kundeninformationsdokument (KID) sind in deutscher Sprache bei der KEPLER-FONDS Kapitalanlagegesellschaft m.b.H., Europaplatz 1a, 4020 Linz, den Vertriebsstellen sowie unter www.kepler.at erhältlich. KEPLER bietet Anlagelösungen mit widerspruchsfreien ökologischen und sozialen ESG-Prinzipien. Mehr Informationen zum Thema nachhaltige Geldanlage unter www.kepler.at. Jedes Haus kann zu einem umweltfreundlichen Kraftwerk werden. „Lebende Äcker und Wiesen dienen der Lebensmittelproduktion. Das Wunder Boden sichert unser Leben und ist nicht erneuerbar.“ Kurt Weinberger Vorstandsvorsitzender Österreichische Hagelversicherung Fotos: Erwin Wimmer, Istockphoto U m den Klimawandel zu bremsen, braucht es zusätzliche Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen von Firmen, Supermärkten, Wohnblöcken, Bauernhöfen, Gewerbeparks, aber auch auf den Überdachungen von Parkplätzen sowie nicht genützten Flächen entlang von Bahntrassen und Autobahnen: „Nur wenn wir es schaffen, alle erneuerbaren Energien optimal zu nutzen, gelingt uns eine Reduktion der Erderwärmung. Dazu brauchen wir den Ausbau der Photovoltaik. Jedes Haus kann damit zu einem umweltfreundlichen Kraftwerk werden“, so Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung. Ja zur Energiewende – aber nicht auf Agrarflächen Die jüngst im Auftrag der Österreichischen Hagelversicherung durchgeführte MARKET-Umfrage zur Photovoltaik (PV) bringt folgendes Ergebnis: 94 Prozent der 800 Befragten befürworteten PV-Anlagen auf sogenannten „toten“ Flächen wie Dachflächen, Überdachungen von Parkplätzen bei Supermärkten, Gewerbeparks, etc. Aber auch entlang von Autobahnen und Bahntrassen sind PV-Anlagen für 79 Prozent eine Option. Die wesentlichen Vorteile bei einer PV-Errichtung auf vorhandener Infrastruktur sehen die Befragten in der Erhaltung der landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Lebensmittelproduktion sowie in der fehlenden Verbauung landwirtschaftlicher Böden bzw. keiner Zerstörung des Ökosystems: Das sagen 90 Prozent der befragten Österreicher. 70 Prozent lehnen PV-Anlagen auf Agrarflächen ab. Ein klares Ergebnis. www.hagel.at 107


Plastikfreie Feuchttücher kaufen Eine neue Richtlinie der EU schreibt für Einwegartikel aus Plastik einen Warnhinweis vor. Die LENZING GRUPPE bietet holzbasierte Fasern als abbaubare Alternative. halt gemacht ist. Jetzt treten die nationalen Gesetze dazu in Kraft: Konsumentinnen und Konsumenten erhalten Orientierung und die Möglichkeit, sich für Produkte ohne Plastik zu entscheiden. I m Juni 2019 hat die EU-Kommission die Einwegkunststoff-Richtlinie verabschiedet, sie tritt im Juli in Kraft. Ziel ist es, die Auswirkungen bestimmter Plastikarten auf die Umwelt zu reduzieren, indem Plastik in manchen Einwegprodukten gänzlich verboten wird (Einkaufstaschen, Wattestäbchen, Einweggeschirr) und für andere die Kennzeichnung verpflichtend ist (Hygieneprodukte oder Feuchttücher). Bisher ist nämlich auf der Verpackung nicht erkennbar, woraus der In- Gestärkte Marktposition Die Lenzing Gruppe, weltweit führender Anbieter von nachhaltig erzeugten Spezialfasern, begrüßt die Leitlinien. Investitionen für nachhaltige Innovationen stärken die Marktposition sowie den Shareholder Value und schaffen neue Arbeitsplätze. Lenzing geht noch einen Schritt weiter, mit einem Co-Branding: Produkte, die das Logo der Marke VEOCEL™ auf der Verpackung tragen, folgen strengen Zertifizierungskriterien. Zudem hat Lenzing mit VEOCEL™ mit „Its In Our Hands“ eine Bewusstseinskampagne und eine Plattform zu diesem Thema gestartet (www.ItsInOurHands. com), mit Zahlen und Fakten, Interviews, Reportagen und vielen Tipps. Jürgen Eizinger, Vice President Global Nonwovens Business bei Lenzing: „Es wird Klarheit geschaffen und eine bewusste Kaufentscheidung ermöglicht. Lenzing bietet mit ihren VEOCEL™-Fasern schon heute eine natürliche Lösung für das Pro­ blem der globalen Plastikverschmutzung und erweitert ihre Kapazitäten für holzbasierte Spezialfasern ständig, um gemeinsam mit Industrie und Handel Hygieneartikel und Feuchttücher ohne Plastik zu ermöglichen.“ Aus Altkunststoff wird Rohöl REOIL PROJEKT der OMV: Plastikmüll wird in seine chemischen Ausgangsbestandteile iese Technologie hat die OMV weltweit patentieren lassen, bis 2025 soll sie im industriellen Maßstab umgesetzt werden: Öl, das einst im Kunststoff verarbeitet wurde, wird zurückgewonnen, etwa um wiederum Kunststoff daraus zu machen. Dieser Recyc­lingprozess lässt sich nahezu endlos fortsetzen. Das Verfahren, das in der Pilotanlage in der Raffinerie Schwechat eingesetzt wird, ist ein sogenanntes Pyrolyse-Verfahren. Das recycelte Rohöl kann zu jedem gewünschten Raffinerieprodukt verarbeitet werden, wodurch die Abhängigkeit von natürlichen Ressourcen reduziert und die Kohlen­ stoff­intensität im Vergleich zur Standard-Rohölverar- 110 beitung verbessert wird. Die OMV ReOil®-Pilotanlage wurde bereits vollständig in die Raffinerie integriert und hat eine Verarbeitungskapazität von bis zu 100 Kilogramm pro Stunde, was 100 Litern synthetischem Rohöl entspricht. Die mechanische Fertigstellung der neuen Pilotanlage wurde Ende 2017 erreicht. Die Pilotanlage erfüllt hohe ökologische und soziale Nachhaltigkeitsanforderungen sowie die Rückverfolgbarkeit der gesamten Lieferkette. Technologieführer werden OMV und Borealis verfolgen das klare Ziel, Technologieführer in der Kreislaufwirtschaft zu werden. Diese Vision ist sowohl eine wirtschaftliche Notwendigkeit als auch eine Chance: Bis 2050 sollen rund 60 Prozent der Kunststoffproduktion aus recycelten Rohstoffen stammen. Fotos: Lenzing AG /Franz Neumayr/ Christian Leopold, OMV D zerlegt und dann wieder zu synthetischem Rohöl.
Special Advertising Section ■ Nachhaltigkeit URBAN GARDENING Das Grün kommt mit dem eCargobike Das Wiener Unternehmen STADTBEET verwandelt Innenhöfe, Balkone und Terrassen in grüne Wohlfühloasen. Im Fuhrpark gibt es ausschließlich elektrische Lastenbikes. W eil den Unternehmern Nachhaltigkeit sehr wichtig ist, setzen Fritz Schwärz und Zeno Valenti von stadtbeet bei ihrem Fuhrpark ausschließlich auf eCargobikes. Da die „Stadtbeetler“ passionierte Radfahrer sind und ihnen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung am Herzen liegen, war von Beginn an klar, dass auch der Fuhrpark den persönlichen Anforderungen entsprechen musste: „Auch in Wien geht es ständig bergauf und bergab, da ist man bei voller Beladung dankbar, dass man eine Unterstützungsstufe raufschalten kann“, erzählt Schwärz. Die Wahl fiel auf ein einspuriges Modell: „Damit kommt man auf einem Mehrzweckstreifen problemlos an parkenden Autos vorbei und das macht einen im Verkehr wesentlich schneller.“ Auf ihrem eCargobike finden dank des extra angefertigten Anhängers Pflanzen, Erde und Werkzeuge Platz. Selbst die Einkaufsfahrten von der Neumayrgasse zum Pflanzenmarkt an der Alten Donau werden mit dem eCargobike zurückgelegt – in knapp 40 Minuten –, während ihnen Verkehrsstau und Steigungen jetzt nur mehr ein Lächeln kosten. Fotos: Beigestellt Großstadtdschungel statt Betonwüste Ob Birke auf der Dachterrasse, eigene Erdbeerplantage oder ein Hauch von Provence mit duftendem Lavendel am Balkon – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt: „Mit dem speziell entwickelten System aus Pflanzgefäß, Wasserspeicher, Spezialerde und ausgesuchten Pflanzenkombinationen können unsere Kunden auch ohne grünen Daumen die Vorteile ihrer Wohlfühloase in vollen Zügen genießen.“ Denn Pflanzen sorgen für bessere Luft sowie für Kühlung und sind als natürlicher Lärm- und Sichtschutz geeignet. Bosch eBike Systems: Hier gibt’s die ganze eCargobike-Story von stadtbeet Vienna. Auf dem Weg zum Kunden den Stau links liegen lassen: Durch die elektrische Unterstützung der hochwertigen Cargo Line-Antriebe von Bosch sind eLastenräder perfekt für den Einsatz in der Stadt. eCargobikes … … oder auch eLastenräder kombinieren die traditionelle Technik eines Lastenrades mit dem elektrischen Antrieb der Zukunft. Durch die elektrische Unterstützung der hochwertigen Cargo Line-Antriebe von Bosch sind eLastenräder perfekt für den Einsatz als Lastenträger in der Stadt geeignet. Mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 250 kg können Cargobikes jede Menge transportieren und bilden somit eine sinnvolle Alternative zum PKW. „eCargobikes setzen sich im innerstädtischen Verkehr zunehmend durch. Die Einsatzbereiche sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich sind groß. Mit einem eigens dafür konzipierten Antrieb wollen wir diese positive Entwicklung weiter fördern und dazu beitragen, den Straßenverkehr zu entlasten und die Umwelt zu schonen“, erklärt Claus Fleischer, Geschäftsleiter Bosch eBike Systems. bosch-ebike.at 111








TREND SERVICE GELD START DAS PFUND SAGT „DANKE, BREXIT“! Die britische Währung hat den Euro deutlich abgehängt und spiegelt damit die RASCHE ERHOLUNG der QUELLE: FINANZEN.AT auf Jahressicht knapp 13 Prozent zu, der Euro Stoxx 50 hinWÄHRUNGSPARITÄTEN spiegeln üblicherweise das gegen gewann fast 25 Prozent. Doch Großbritannien ist nach Kräfteverhältnis zweier Wirtschaftsräume wider. Ein Blick anfänglichen Versäumnissen bisher besser durch die Krise auf den Euro-Pfund-Kurs offenbart da Überraschendes: Der Euro ist gegenüber der britischen Währung heuer empfindlich gekommen als Kontinentaleuropa. Zudem könnte das Treffen abgestürzt. Aber gab’s da nicht irgendwann einen Brexit, vor zwischen US-Präsident Joe Biden und Boris Johnson – nicht dem doch so viele Analysten eine Schwächung der britischen eben die besten Freunde – transatlantische Bande reaktiWirtschaft prophezeit hatten? Tatsache ist: Die Wirtschaft vieren. Anleger, die das Risiko von Einzelinvestments nicht auf der Insel hat keineswegs den Absturz erlitten, den sich scheuen, finden unter den im Index vertretenen Unternehmen wohl so mancher EU-Politiker heimlich gewünscht hatte – im interessante Chancen: So ist etwa der Telekomkonzern Voda­ Gegenteil. Für den März beziffert das Office for National fone mit dem 16-fachen Jahresgewinn bewertet und bietet Statistics die Wachstumsrate auf 2,1 Prozent, und der von eine Dividendenrendite von rund sechs Prozent (Schätzung IHS/Markit erhobene Einkaufsmanagerindex schoss sogar für 2021). Ähnlich bewertet ist der Papierkonzern Mondi, der auf 60,9 – die höchste Optimismusmarke seit mehr als einem eine Dividendenrendite von knapp drei Prozent anpeilt. Auf Vierteljahrhundert. knapp über fünf Prozent lautet die Dividendenschätzung für Dass sich die Mai-Inflation auf die Investment- und Beratungsfirma 2,1 Prozent verdoppelte, ist ebenStandard Life Aberdeen, deren GeWechselkurs Euro-Britisches Pfund schäftsmodell allerdings nicht ohne falls ein Zeichen für die Belebung Risiko ist. Mit über acht Prozent der Wirtschaft, wenn auch ein Teil 0,93 der Teuerung auf das Konto des lockt der Mischkonzern Imperial 0,91 höheren Erdölpreises geht. An der Brands (Getränke, Tabak), der 0,89 Londoner Börse konnte sich die nur mit dem knapp Sieben­fachen 0,87 positive Stimmung allerdings vordes Jahresgewinns bewertet ist, 0,85 dessen Geschäftsmodell aber für erst nur zögerlich durchsetzen. Der 0,83 nachhaltige Investments nicht in FTSE100-Index der 100 wichtigsten 06/20 08/20 10/20 12/20 02/21 04/21 06/21 Frage kommt. an der LSE notierten Werte legte 120 T REND | 25. 6. 2021 FOTOS: ISTOCKPHOTO, BEIGESTELLT (2), MICHAEL RAUSCH-SCHOTT Wirtschaft wider. Die Börse reagiert noch moderat.
REDAKTION: bauer.franz@trend.at ANL AGESTRATEGIE Das Beste aus zwei Welten Ute Heyward, Senior Portfolio Managerin bei Fisch Asset Management, über Wandelanleihen. MEIN AKTIEN-FAVORIT Wie ein Sanitärhersteller mit einer simplen Idee die Umwelt entlastet. GEBERIT liefert ein gutes Beispiel dafür, dass es nicht immer die spek- MAX DEML oeko-invest.net takulären Erfindungen sind, die dazu beitragen, die Welt ein bisschen besser zu machen. Nehmen wir beispielsweise die zweite Taste bei der WC-Spülung. Der Sparmodus hilft, täglich Millionen Liter Trinkwasser zu sparen. Und das Patent auf diese simple Lösung hat dem Schweizer Sanitär-Hersteller Geberit geholfen, seine Marktstellung weiter zu festigen. Die Eidgenossen erfreuen ihre Aktionäre mit soliden jährlichen Wachstumsraten und einer geradezu spektakulären Entwicklung des Aktienkurses, der 2003 noch bei 42 Franken lag und derzeit um 660 Franken pendelt. Auf Euro-Basis entspricht das einem Plus von über 2.000 Prozent. Geberit verfügt in der Schweiz, in Deutschland und Österreich über eine starke Marktposition und ist in ganz Europa gut vertreten. Keine „billige“ Aktie, aber ein grundsolider Wert mit Nachhaltigkeits-Bonus. Geberit in CHF Kurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677,80 CHF Hoch/Tief (12 Monate) . . . . . . . . . . . 624/424,9 CHF KGV 2021e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34,2 KGV 2022e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33,2 Dividendenrendite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,8 Prozent ISIN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . CH0030170408 Marktkapitalisierung . . . . . . . . . 22.811,3 Mio. Euro 680 QUELLE: CONSORSBANK 580 480 380 06/20 08/20 10/20 12/20 02/21 04/21 06/21 Ein Zertifikat, das auf europäische Aktien und die Goldnotierung setzt AKTIEN UND GOLD stehen bei Anlegern dieser Tage hoch im Kurs. Die Angst vor einer Zunahme der Inflation und die niedrigen Zinsen begünstigen beide Anlageklassen. Darauf setzt ein neu aufgelegtes Zertifikat der Raiffeisen Centrobank. Es heißt „Europa/Gold Bonus und Sicherheit“ (ISIN: AT0000A2RUA8) und bezieht sich auf den Euro Stoxx 50 sowie die Goldnotierung als Basiswerte. Die Verzinsung liegt bei fix 0,85 Prozent zuzüglich der jährlichen Inflation. Die Barriere liegt bei 49 Prozent des Startwerts beider Basiswerte. Wird diese von einem unter­schritten, dann erfolgt die Tilgung analog zu dessen Kursentwicklung. Die Laufzeit beträgt fünf Jahre. Für die einen stellen sie das Beste aus zwei Welten dar, für die anderen sind sie eine Möglichkeit für Vorsichtige, doch irgendwie vom Aktienboom zu profitieren – aber mit schaumgebremstem Risiko: Wandelanleihen erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, und zwar keineswegs nur bei Anlegern. Wie der in Zürich beheimatete Vermögensverwalter Fisch Asset Management berichtet, brachte das Jahr 2020 einen Rekord an Emissionen, der sich heuer nahezu ungebremst fortsetzt. „Anleger profitieren von dieser stark erhöhten Emissionstätigkeit, da sich im Universum jetzt vermehrt Anlagechancen in bisher unterrepräsentierten Branchen wie Fluglinien und der Reise- und Freizeitbranche finden lassen“, kommentiert Ute Heyward, Senior Portfolio Managerin bei Fisch Asset Management, den Boom. Die Gründe für die Attraktivität der Wandelanleihe als Finanzierungs­ instrument für Unternehmen seien vielfältig, erklärt Heyward, die den Fisch Convertible Global Dynamic Fund managt: „Während der Coronakrise wollten viele börsennotierte Firmen schnell, unkompliziert und kosteneffizient Kapital aufnehmen, wofür Wandelanleihen prädestiniert sind. Dieses Jahr wurden die Emissionsaktivitäten von den steigenden Zinsen befeuert, da die Emittenten die Gelegenheit nutzen wollten, sich die bis dahin noch niedrigen Zinsen zu sichern.“ Aus Anlegersicht bieten diese Papiere die Chance, je nach Ausgestaltung der Anleihe günstig zu Aktien zu kommen. Wandelanleihen bestehen aus einer­ Anleihe, die, abhängig von den bei der Emission bekanntgegebenen Bedingungen, am Laufzeitende entweder getilgt wird oder in Aktien gewandelt werden kann bzw. muss. Ende Mai belief sich der Wert der neu emittierten Papiere auf 89 Milliarden Dollar. Der Refinitiv ­Global Vanilla Convertible Bond Index erreichte mit mehr als 530 Titeln den höchsten Stand seit vielen Jahren. 25. 6. 2021 | T RE ND 121
TREND SERVICE GELD VON THO M A S M A RT I N EK Die Tourismusbranche beginnt, sich von der Krise zu erholen. Mit welchen AKTIEN und ETFS Anleger von der Aufbruchstimmung profitieren können. D er Tourismus nimmt schön langsam Fahrt auf. Und damit geraten auch Aktien aus der Reisebranche in den Fokus der großen Investoren. Die Werte von Airlines, Reiseveranstaltern und auch den großen Kreuzfahrt-Reedereien haben zuletzt wieder deutlich zugelegt. Diese Aktien sind immer noch massiv von der Pandemie gebeutelt, kämpfen sich aber nun ihren Weg in Richtung des Niveaus vor Corona zurück. Die Werte von Royal Caribbean, Carnival, United Airlines, Booking, Delta und American Airlines gehörten beispielsweise zu den größten Gewinnern in den vergangenen Wochen. Daher stellt sich auch Kleinanlegern die KREUZFAHRTEN verzeichneten vor der Pandemie die größten Zuwachsraten in der gesamten Tourismusbranche. Schon im nächsten Jahr soll das Passagieraufkommen wieder das Vor-Krisen-Niveau erreichen. 122 T REND | 25. 6. 2021 Frage, ob Tourismus-Aktien nicht das ­ rlaubsbudget aufbessern könnten. U AUF KURS. Trotz des aktuellen Anstiegs liegen die Aktien der vier marktbeherrschenden Kreuzfahrtunternehmen Carnival, Royal Caribbean, Norwegian und MSC noch immer um rund 40 Prozent unter ihrem Vor-Corona-Niveau. Und kein anderer Markt des Reisesektors war vor der Pandemie so wachstumsstark wie Kreuzfahrten. Der Branchendienst Cruise Industry News rechnet jedenfalls damit, dass im nächsten Jahr weltweit bis zu 31,7 Millionen Kreuzfahrtpassagiere wieder unterwegs sein werden. Damit würde das Gästeaufkommen gar über dem Vor- 22 18 14 10 06/20 08/20 10/20 12/20 02/21 04/21 06/21 DIE KREUZFAHRT-AKTIE liegt auf Jahressicht mit 30 Prozent im Plus. Auf ihren Kurs vor der Pandemie fehlen dem Marktführer der Branche aber noch rund 60 Prozent. krisenniveau von 30 Millionen liegen. Mit einer weiteren Erholung der Kurse kann also gerechnet werden. Ein Problem ist aber bei allen vier Kreuzfahrt-Reedereien gleich: Sie führen durch den fast eineinhalbjährigen totalen Stillstand eine große Schuldenlast mit sich. Der Marktführer Carnival hat bereits angekündigt, 19 Schiffe auszumustern, um Kosten zu sparen. Damit könnte die günstig bewertete Aktie ein Kauf sein. AUFWIND. Bei den Airlines waren es bis- lang vor allem die US-Werte, die wieder stark gestiegen sind. Delta, American oder United Airlines haben allesamt seit Jahresbeginn schon um rund 30 Prozent QUELLE: FINANZEN.NET Urlaubsgeld von der Börse Carnival in Euro 26
Booking in Euro 9 7 5 06/20 08/20 10/20 12/20 02/21 04/21 06/21 1.700 1.500 1.300 06/20 08/20 10/20 12/20 02/21 04/21 06/21 DIE DEUTSCHE AIRLINE musste mit einer staatlichen Beteiligung gerettet werden. Gelingt der Turn-around, könnte der Kurs wieder auf 14 bis 15 Euro steigen. DIE BOOKING-AKTIE schaffte den Sprung aus der Krise schneller als andere Onlinebuchungsplattformen. Das Kursziel der Analysten liegt im Schnitt bei 2.200 Euro. zugelegt. Von den Kursniveaus vor der Pandemie sind sie aber immer noch um rund 40 Prozent entfernt. Und die extrem niedrigen KGV laden zum Einstieg ein. Spannend könnte aber auch die Entwicklung der Lufthansa-Aktie werden. Die AUA-Mutter wird eine Kapitalerhöhung durchführen, was die Aktie kurzfristig belastet hat. Vorstandschef Carsten Spohr hat aber gerade Maßnahmen präsentiert, um Investoren zu überzeugen: Das Unternehmen will die Kosten bis 2023 um 3,5 Milliarden Euro senken. Die Hälfte davon schon bis Ende 2021. Rund 1,8 Milliarden an Einsparungen sollen durch den Abbau von fast 26.000 Mitarbeitern erreicht werden. Sollten die harten Maßnahmen greifen, geben einige Analysten der Aktie eine Chance, wieder in eine Höhe zwischen 14 und 15 Euro zu steigen. Mehr als die Hälfte der Experten, die sich mit der Aktie befassen, bleiben hingegen skeptisch. Die Deutschen scheinen jedenfalls an einen Turn-around zu glauben. In der vergangenen Woche war die Lufthansa-Aktie an der Börse in Frankfurt der mit Abstand am meisten gekaufte Wert. Wer auf die generelle Zunahme der Reisetätigkeit setzen will, findet in der Aktie der größten US-Buchungsplattform Booking eine gute Möglichkeit – oder gleich in dem ETF auf die gesamte europäische Freizeitindustrie (siehe Kasten rechts). Im Stoxx 600 Index der europäischen Tourismus- und Freizeitindustrie sind die wichtigsten Unternehmen dieser Branche enthalten. Es gibt mehrere Anbieter von ETFs auf diesen Branchen-Index. Der von Ivesco ist der günstigste, was auch damit zusammenhängt, dass die Aktien nicht physisch repliziert sind. Wer mehr Sicherheit sucht, ist mit dem ETF von iShares, einer Deutsche-Bank-Tochter, gut beraten. Zu den Topholdings zählen neben Tourismus-Aktien auch jene von Gaming- und Wettunternehmen. Invesco STOXX Europe 600 Optimised Travel & Leisure ETF in Euro 250 QUELLE: FINANZEN.NET 1.900 Freizeitindustrie 200 150 100 06/20 08/20 10/20 12/20 02/21 04/21 06/21 STARKER ANSTIEG. Der ETF mit Aktien der europäischen Freizeitindustrie legte in einem Jahr um knapp 60 Prozent zu. FOTO: GETTY IMAGES 11 QUELLE: FINANZEN.NET 2.100 QUELLE: FINANZEN.NET Lufthansa in Euro 13 25. 6. 2021 | T RE ND 123
TREND SERVICE GELD www.investors-challenge.at AN DER NEW YORK STOCK EXCHANGE werden knapp 2.300 Aktien gehandelt. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 23,9 Billionen US-Dollar ist sie die größte Börse der Welt. VON THO M A S M A RT I N EK Dank ONLINEBROKERN kann heute jeder selbst mit Aktien handeln. Voraussetzung für den Erfolg ist neben der Auswahl der Wertpapiere auch die Wahl des besten Handelsplatzes. D ie Wiener Börse feiert heuer ihr 250-jähriges Bestehen. Der von Maria Theresia zur Finanzierung des Habsburgerreichs gegründete Wiener Markt war damals ein Tummelplatz des Geld- und des verliehenen Adels. Heute ist das dank Onlinebrokern oder Onlinebanking anders. Jeder kann vom Computer aus ganz einfach mit Aktien handeln. „Doch um auf dem Börsenparkett erfolgreich zu agieren, braucht es gute Beratung und fundiertes Wissen“, sagt Manfred Nosek, Leiter des Onlinebrokers bankdirekt.at. Das betrifft natürlich vor allem die Entscheidung für die besten Aktien, Fonds oder andere Wertpapiere. Aber auch die Auswahl der richtigen Börse. Denn es gibt weltweit rund 60 große Börsen. Die größte ist die New York Stock Exchange, gefolgt von der Technologiebörse Nasdaq und der Tokyo 124 T REND | 25. 6. 2021 Stock Exchange. Die Auswahl der Börse ist für einen Trader deshalb wichtig, weil an den jeweiligen Marktplätzen unterschiedliche Volumina derselben Aktie gehandelt werden, es gibt verschiedene Handelszeiten, die Werte sind also nicht überall gleich schnell verfügbar, und Kurse der gleichen Aktie können daher auch von Börse zu Börse leicht differieren. Wer über einen Onlinebroker Aktien kauft, sollte daher für den Aktienhandel 5 TIPPS Mit einem Musterdepot bei einem Onlinebroker Erfahrung sammeln. Nur Aktien kaufen, deren Ge­ schäftsmodell man versteht. Ausführung mit „Best Execution“. Risiko durch maximal verkraft­ baren Kursrückgang festlegen. Schwelle für die Mitnahme von Gewinnen fix definieren. STEFAN WALDE. Der Leiter des Asset Managements der Hypo Tirol Bank empfiehlt Anlegern zunächst den regelmäßigen Kauf von Fondsanteilen. MANFRED NOSEK. Der Leiter des Onlinebrokers bankdirekt.at empfiehlt Tradern, sich fundierte Beratung zu holen und gründliches Wissen über die Börsen anzueignen. darauf achten, jene Börse zu wählen, bei der „Best Execution“ versprochen wird. Damit verpflichtet sich der Broker, Kundenorder zu dem am Markt aktuell bestmöglichen Preis auszuführen. FONDS & ETFS. Natürlich gilt das auch für Fonds und Indexfonds wie ETFs, wenngleich die Kurse hier nicht in Real­time, sondern in längeren Abständen festgelegt werden. Bei kleineren Fonds manchmal nur einmal am Tag. Stefan Walde, Leiter Asset Management bei der Hypo Tirol Bank, zu den Vorteilen von Fonds: „Man kann damit einfach in ertragreiche Anlagen investieren. Je nach persönlicher Risikoneigung kann in ein passendes Produkt mit einer entsprechenden Aktienquote investiert werden. Ein weiterer Vorteil von Fonds ist, dass kleine Stückelungen gekauft werden können und damit sehr einfach angespart werden kann.“ FOTOS: GETTY IMAGES, FLORIAN LECHNER, BEIGESTELLT Demokratisierung an den Börsen

TREND WIRTSCHAFT PRIVATE BANKING VO N T H OM A S M A RTI N E K Immer mehr private Vermögen werden nach ÖKOLOGISCHEN und SOZIALEN Kriterien verwaltet. Die Renditen sind langfristig gleich hoch wie bei klassischen Investments. achhaltige Geldanlage ist ein Thema, das sich zum Teil noch immer zwischen viel Emotion und klaren Fakten bewegt. Um bei den Zahlen zu bleiben, kann ein Vergleich der Performance des MSCI World Aktienindex mit jener des MSCI World Sustainability Aktienindex herangezogen werden. In den vergangenen drei Jahren legte der Weltaktienindex um 40 Prozent zu. Der Nachhaltigkeits-Index schaffte ein Plus von 35 Prozent. Einen Unterschied von fünf Prozent beim Vermögenswachstum in drei Jahren kann man als viel oder wenig bezeichnen, je nachdem, wie viel einem das Gefühl, nachhaltig veranlagt zu haben, wert ist. Doch dabei handelt es sich nur um den Vergleich zweier passiver Indizes. Bei einem aktiv gut verwalteten nachhaltigen Portfolio kann das Ergebnis hier auch eine Outperformance gegenüber einem konventionellen liefern. Zum guten ­Gefühl erhält man dann auch noch die bessere Rendite. N MEGARTREND. Betrachtet man den vor Kurzem präsentierten Marktbericht des Forum Nachhaltige Geldanlage (FNG), erhält man weitere Fakten, die für umwelt- und sozial orientierte Veranlagung sprechen. Die Gesamtsumme der in Österreich unter Berücksichtigung von strengen umweltbezogenen, sozialen und auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung bezogenen Kriterien veranlagten Mittel ist im vergangenen Jahr um 29 Prozent gestiegen und erreichte zum Jahresende 2020 ein neues Rekordvolumen von 38,9 Milliarden Euro. Ein großer Teil davon ist auf 126 T REND | 25. 6. 2021 Nachhaltiges Wachstum für Vermögen
IN KOOPERATION MIT GOLDMINEN. Die großen Goldproduzenten wie Barrick oder Newmont achten bei ihren Abbaumethoden immer mehr auf die Einhaltung ökologischer und sozialer Standards. GRÜNES GOLD. KRITERIEN. Wichtig vor allem für private Investoren sind die Nachhaltigkeitskriterien, die für die Auswahl der Unternehmen, in die veranlagt wird, herangezogen werden. Sie reichen von gezielten Impact Investments zur Verbesserung von Situationen etwa in Schwellenländern bis zu Ausschlusskriterien, wenn ein Unternehmen zehn oder mehr Prozent seines Umsatz mit Tabak, Waffen oder anderen kritischen Gütern und Dienstleistungen erzielt . Anleger sollten auf alle Fälle die Möglichkeit haben, aus diesem breiten Spektrum der Kriterien, nach denen ein nachhaltiges Portfolio zusammengesetzt sein kann, ihre Ansprüche selbst definieren und auch unterschiedlich mischen zu können. Als Beispiel dafür kann Gold dienen. Gerade in Zeiten drohender Inflation wird es gerne als Schutz vor Geldentwertung beigemischt. Über die Kriterien der Nachhaltigkeit des Abbaus kann der Anleger bei der LLB Österreich selbst entscheiden, wie es ihr CEO im Interview auf der folgenden Seite beschreibt. Siegel für einen fairen Abbau LBMA. Wenn Barren das Siegel der London Bullion Market Association tragen, müssen ihre Hersteller die Prinzipien des „Responsible Sourcing Programs“ der wichtigsten Rohstoffhandelsbörse der Welt einhalten. AUROPELLI. Bei diesen Goldbarren von Valcambi wird u. a. auf die Einhaltung der Menschenrechte, keine Kinderarbeit, Verringerung des CO2-Ausstoßes und des Chemie-Einsatzes bei der ­Produktion geachtet. FAIRTRADE. Dieses zertifizierte Gold wird vor allem von kleingewerblichen Bergbauorganisationen gewonnen. Für die Goldschürfer muss es Mindestlöhne und faire Arbeitsbedingungen geben. Goldpreis je Feinunze in USD 2.100 1.900 1.700 1.500 1.300 1.100 900 2016 2017 2018 2019 2020 2021 QUELLE: FINANZEN.AT FOTOS: GETTY IMAGES, SHUTTERSTOCK i­nstitutionelle Anleger wie Pensionskassen zurückzuführen, die aufgrund der Statuten dazu angehalten sind. Doch Robert Löw, CEO der LLB Österreich, die im vergangenen Jahr ihr verwaltetes Kundenvermögen auf eine Rekordhöhe von 26,2 Milliarden Euro gesteigert hat, sieht einen Wandel bei der Investorenstruktur: „Nachhaltigkeit ist ein Megatrend. Und in der jüngsten Vergangenheit haben wir beobachtet, dass nachhaltige Geldanlage auch bei Privatkunden immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dieser Trend hat sich auch während der Coronakrise fortgesetzt.“ INFLATIONSSCHUTZ. In den vergangenen fünf Jahren hat der Goldpreis in US Dollar um fast 40 Prozent zugelegt. 25. 6. 2021 | T RE ND 127
TREND WIRTSCHAFT IN KOOPERATION MIT PRIVATE BANKING „NACHHALTIGKEIT IST EIN MEGATREND“ ROBERT LÖW, CEO der LLB Österreich, über die zunehmende Bedeutung von ökologischen und sozialen Aspekten in der Vermögensverwaltung. Welche Vorteile bietet die Miteinbeziehung nicht finanzieller Kriterien in die Unternehmensanalyse? Man ge­ winnt dadurch eine gesamtheitliche Sicht auf ein Unternehmen und kann frühzeitig Risiken und Chancen identi­ fizieren, die sich nicht aus bestehenden ­Finanzkennzahlen ablesen lassen – zum Beispiel drohende Reputations­ risiken oder Wettbewerbsvorteile. Die LLB bietet für nachhaltige Ver­ mögensverwaltung verschiedene ­Strategien an. Können Sie die Ansätze bitte kurz beschreiben? Wir definieren Nachhaltigkeit umfassend: Umwelt­ schutz, Menschenrechte, Arbeitsstan­ dards und Unternehmensführung sind wesentliche Aspekte für eine nachhal­ tige Geldanlage. Hierfür wenden wir eine Kombination von negativen Aus­ schluss- und positiven Selektionskri­ terien an. Beispielsweise schließen wir Wertschriften aus, deren Emittenten gegen internationale Normen versto­ ßen wie die UN Global Compact oder den Atomwaffensperrvertrag. Ebenso wenden wir umsatzbasierte Ausschlüs­ se bei kontroversen Produkten an, zum Beispiel, wenn ein Unternehmen mehr als zehn Prozent seines Umsatzes mit Tabak, militärischen Waffen oder ähn­ lichem erzielt. Im Zuge unserer Positiv­ selektion lassen wir ausschließlich Titel 128 T REND | 25. 6. 2021 von Unternehmen zu, die einen MSCI-­ ESG-Score von BBB und besser aufwei­ sen – wobei das Rating Geschäftstätig­ keit, Produktportfolio, Standorte sowie andere relevante Faktoren in Bezug auf ESG-Kriterien aufschlüsselt. Darüber hinaus investieren wir auch in Titel, die neben einer attraktiven finanziel­ len Rendite eine messbare soziale und ökologische Wirkung erzielen. Diese sogenannten Impact Investments kön­ nen sowohl in Schwellen- als auch in ­Industrieländern erfolgen. Wie überprüfen Sie die Einhaltung der Kriterien? Verlässt sich die LLB dabei auf „Nachhaltigkeits-Gütesiegel“ oder werden auch eigene Analysen dazu durchgeführt? Wir arbeiten in punkto Analyse mit MSCI ESG Research und The Value Group zusammen. MSCI ESG Research ist ein weltweit führen­ der Anbieter von Nachhaltigkeitsinfor­ mationen und Unternehmensanalysen. So können wir unser gesamtes Anla­ geuniversum sehr spezifisch nach den uns wichtigen Nachhaltigkeitseigen­ schaften durchleuchten. Alle relevanten Themen und Fragestellungen im Zu­ sammenhang mit dem ESG-Research werden offen und regelmäßig in den einzelnen Investment-Teams diskutiert und geprüft. Damit schaffen wir eine ZUR PERSON. ROBERT LÖW ist seit 2016 Vorsitzender des Vorstandes der LLB Österreich und verantwortet in dieser Funktion u. a. den Bereich Private Banking. einheitliche und konstruktive Sicht­ weise auf nachhaltige Investments. Welche Ansätze werden von Ihren Kunden am häufigsten gewählt, mit welchen Renditen kann man im Durchschnitt rechnen? Im D-A-CH-Raum wird für gewöhnlich eine Kombination der Ansätze bevorzugt. Die Höhe der Rendite ist jedoch in erster Linie vom Risikoprofil des Portfolios abhängig. Wie schätzen Sie die langfristigen Renditechancen für ein nachhaltig verwaltetes Portfolio im Vergleich zu einem klassisch gestionierten ein? Verschie­ dene Studien- und Research-Ergebnis­ se haben mittlerweile gezeigt, dass eine nachhaltig ausgerichtete Kapitalanla­ ge mittel- bis langfristig eine ähnliche Performance erzielen kann wie klassi­ sche Investments. Gold rückt jetzt immer stärker in den Fokus der Anleger. Gleichzeitig sind die Abbaumethoden oft diskussionswürdig, was Nachhaltigkeit anbelangt. Gibt es da auch nachhaltige Goldinvestments? Für die Rohstoffindustrie rückt die Reduktion des CO2-Fußab­ drucks immer stärker in den Fokus. Das World Gold Council hat kürzlich eine Roadmap für nachhaltige Goldher­ stellung ins Leben gerufen, um in den kommenden Jahren die Energieeffizi­ enz und die erneuerbare Elektrizitäts­ generierung in der Branche zu steigern. Daneben gewinnen die ESG-Standards an Bedeutung. Die LLB kooperiert mit Valcambi, einem weltweit führenden Raffinierer von Edelmetallen. Die von Valcambi adressierten Goldminen über­ zeugen durch ein überdurchschnittli­ ches ESG-Rating und führen auch bei Health & Safety. Nachhaltige Goldin­ vestments sind möglich, aber noch eine Nische. Für die LLB verbindet nachhal­ tiges Gold das Beste aus zwei Welten: Wirtschaftlichkeit – da wir die gleiche Performance wie Mitbewerber erzie­ len – mit unserer Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt. FOTO: CHRISTOPH J. HEINZEL TREND: Wie hat sich die Nachfrage nach nachhaltig verwalteten Portfolios im Zuge der Corona-Pandemie entwickelt? ROBERT LÖW: Nachhal­ tigkeit ist ein Megatrend, der aus der öffentlichen Debatte nicht mehr weg­ zudenken ist. An den internationalen Finanzmärkten wächst das Volumen der nachhaltig verwalteten Instrumen­ te seit 2015 sehr stark an, überwiegend getrieben von institutionellen Anle­ gern. In der jüngsten Vergangenheit haben wir beobachtet, dass nachhal­ tige Geldanlage auch bei Privatkunden ­immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dieser Trend hat sich auch während der Coronakrise fortgesetzt.

TREND SERVICE GELD Investieren mit Weitblick Auf welche Aktien und alternative Anlageformen Österreichs PRIVATE-BANKING-EXPERTEN Tatsächlich erklommen die Aktienmärkte nach einem Crash noch nie so rasch wieder neue Höchststände. Doch inzwischen gehen die Sorgen der Anleger in eine andere Richtung. Nicht mehr die Pandemie ist das Schreckgespenst, sondern die Sorge vor Geldentwertung angesichts billionenschwerer, zentralbankfinanzierter Hilfsprogramme. „Aufkommende Inflationssorgen führten vor allem am Anleihenmarkt heuer zu Kursrückschlägen und somit zu negativen Entwicklungen. Diese wurden von den Aktienmärkten im Februar kurzfristig mit ebenfalls leichten Rückgängen beantwortet. Im weiteren Verlauf konnten die Aktienmärkte aber weiter zulegen, da die Notenbanken die Inflationssorgen bisher entkräften konnten“, sagt Werner G. Zenz, Vorstandssprecher des Bankhauses Spängler. Ganz entkräften konnten die Zentralbanken die Sorgen aber nicht. Es WERNER G. ZENZ Bankhaus Spängler MAXIMILIAN CLARY UND ALDRIGEN Erste Group Bank jetzt setzen und wie sie der Geldentwertung begegnen. JENS-DAVID LEHNEN Raiffeisenlandesbank NiederösterreichWien FRIEDRICH STRASSER Bank Gutmann KURT SCHAPPELWEIN Raiffeisen Capital Management 130 T REND | 25. 6. 2021 FOTOS: ISTOCKPHOTO, SEBASTIAN REICH, WOLFGANG WOLAK, CLAUDIA PRIELER/RLB NÖ-WIEN, BEIGESTELLT, INGO PERTRAMER E s sind klare Anforderungen, die das Wesentliche nicht zu verlieren: dass Private-Banking-Kunden an die Märkte aufgrund eines exogenen „ihre“ Banken stellen. Konser- Schocks auf Talfahrt geschickt wurden vativ genug soll das Vermögens- und es keine Krise der Finanzmärkte war. management sein, denn man Dies haben wir auch unseren Kunden verwill ja nicht Kopf und Kragen riskieren, mittelt“, berichtet Wilhelm Celeda, CEO und schließlich ist man ja kein Spekulant. der Kathrein Privatbank. „Corona hatte Aber Rendite – die soll es schon geben. den stärksten Kursverfall, gefolgt von der raschesten Erholung an den Märkten Die Inflation ist da die Untergrenze, zur Folge, den ich je erlebt habe. das klare Ziel lautet: kontinuierliVON cher Vermögenszuwachs. Verluste F RA N Z C . Die Coronapandemie war somit ein Lackmustest für das Risikowerden nicht toleriert. Unter dieBAU E R sen Prämissen war das „Coronbewusstsein der Anleger: Wie reajahr“ 2020 für die Privatbanken agiere ich wirklich, wenn die Märkte vermutlich eines der herausforderndsten abstürzen?“ Spätestens um den Jahresüberhaupt, und 2021 hat zumindest um wechsel wurde jedenfalls so manchem Annichts leichter begonnen. Aber was war leger, der in Panik größere Aktienpakete die größte Herausforderung in der Coron- abgestoßen hatte, klar, dass seine Nerven akrise, und was ist vom zweiten Halbjahr nicht stark genug waren. „Insgesamt hat zu erwarten? man gesehen, dass keine Reaktion die „Die größte Herausforderung war si- richtige Reaktion war“, resümiert der Kacher, ruhig zu bleiben und den Blick auf threin-Chef.

TREND SERVICE GELD 132 T REND | 25. 6. 2021 STEFAN WALDE von der Hypo Bank Tirol rät zu einer langfristigen Beimischung von Gold, durchaus auch in Form von Barren oder Münzen. WILHELM CELEDA von der Kathrein Privatbank sieht die Krise als Test für das Risikobewusstsein der Anlegerinnen und Anleger. zungsmacht verfügen, in der Tendenz also auch von höherer Inflation profitieren.“ Wobei die Luft bei Aktien aber langsam dünner wird. Nach dem fulminanten Anstieg im vergangenen Jahr sind zahlreiche Werte schon einigermaßen teuer geworden. Vor allem bei den Pandemie-Profiteuren wie Amazon & Co. sind immer wieder Gewinnmitnahmen und damit verbundene Kursrücksetzer zu registrieren. Zumindest ein Teil der erfreulichen Meldungen über Konjunkturaufschwung und Gewinnwachstum ist in den Kursen bereits berücksichtigt. So setzen die Vermögensverwalter zunehmend auf klassische zyklische Werte aus der Konsumund Investitionsgüterindus­trie, aber auch der lang zurückgebliebene Finanzsektor erfreut sich steigender Beliebtheit bei den Anlegern. Allerdings: Aktieninvestments ohne Risiko gibt es nicht. Was ist die größte Gefahr? „Ein rascher Anstieg der Finanzierungskosten, also der Renditen langer Anleihen, ist für das Gesamtport­folio die größte Gefahr, denn das kann Aktien und Anleihen gleichzeitig und stark nach unten drücken. Gerade weil wir das noch nicht sehen, sind wir weiter positiv auf Aktien. Ein langsamer Anstieg der Renditen ist zwar nicht gut für die Anleihe­performance, wird aber der allgemein guten Börsenstimmung nicht schaden“, so Strasser. Für Stefan Walde, Leiter des Asset Managements der Hypo Tirol Bank, „Die größte Gefahr für Anleger ist, derzeit kein Anleger zu sein“ JEN S - DAV I D LE H N E N R A I FFEISENL A ND E SBA NK NI EDERÖ STERREICH-WIEN sollten Anleger jedenfalls aber auch „Solides“ berücksichtigen: „Eine langfristige Beimischung von Gold ist sinnvoll. Es bieten sich Produkte an, welche die Entwicklung des Goldpreises darstellen und dabei mit physischem Gold hinterlegt sind. In der Hypo Tirol Bank ist es auch möglich, Gold am Depot darzustellen. Hier können Goldbarren oder Münzen gekauft und durch die Bank verwahrt werden. Die Wertentwicklung ist am eigenen Wertpapierdepot ersichtlich.“ Anleger sollten hier aber auch auf den steuerlichen Aspekt achten: „Unter Berücksichtigung der steuerlichen Rahmenbedingungen sind physische Goldinvestments in Form von Münzen und Barren in vielen Fällen am geeignetsten“, rät Nils Kottke, Vorstandsmitglied des Bankhauses Spängler. Und worin sehen die Profis derzeit die größte Gefahr? Für Jens-David Lehnen, Bereichsleiter im Private Banking der Raiffeisenlandsbank Niederösterreich-Wien, ist das klar: „Die größte Gefahr für Anleger ist, derzeit kein Anleger zu sein. Anhaltende Nullzinspolitik, steigende Inflationsraten und eine zunehmende Lebenserwartung bei überschaubaren Pensionserwartungen, sofern kein privates Zutun erfolgt, kann niemand mehr ignorieren.“ Jede Geldanlage sollte daher zumindest zu einem Teil in Aktien erfolgen, um langfristig Vermögen aufbauen zu können. Lehnen: „Gerne in Kombination mit einem monatlichen Ansparplan, der das Risiko des Zeitpunkts der Geldanlage über die zunehmende Laufzeit immer weiter reduziert.“ Wirklich sicher ist ­derzeit nämlich nur eines: Wer gar nicht investiert und stattdessen Cash oder „sichere“ Anleihen hält, verliert jedes Jahr einige Prozent an Kaufkraft. FOTOS: ISTOCKPHOTO, FLORIAN LECHNER, BEIGESTELLT bleiben leise Zweifel: Kommt nicht doch eine Geldentwertung? Kurt Schappelwein, Head of Multi Asset Strategies bei Raiffeisen Capital Management, schließt das zumindest kurzfristig nicht aus: „Die Inflation wird zwar in den nächsten Wochen und Monaten ansteigen, wir rechnen aber nicht, dass das von Dauer sein wird. Spätestens nächstes Jahr wird sich eine Normalisierung einstellen, was den Notenbanken ermöglicht, ihre Niedrigzinspolitik beizubehalten.“ Anleger beunruhigt eine mögliche Geld­entwertung aber dennoch. Das bestätigt Maximilian Clary und Aldringen, Private Banking-Chef der Erste Group: „Das am meisten diskutierte Thema ist das Anziehen der Inflation. Wir sehen aktuell stark steigende Preise bei gewissen Rohstoffen und Halbfertigprodukten. Wir glauben aber nicht, dass wir in der Eurozone eine nachhaltige höhere ­Inflation als das Ziel von zwei Prozent der EZB sehen werden, solange der Arbeitsmarkt nicht voll anspringt.“ In jedem Fall seien Aktien in einem inflationären Umfeld aber besser als Anlage geeignet als Anleihen, „Vor allem gute Unternehmen mit starker Marke und Markt­position können Kostenerhöhungen über Preissteigerungen kompensieren“, so Clary und Aldringen. Auf etwas höhere Inflationszahlen als im vergangenen Jahr sollten sich Anleger jedenfalls einstellen, und zwar aus drei Gründen: Erstens gibt es einen Basiseffekt. Nach dem Jahr 2020 mit ex­trem niedriger Geldentwertung machen sich Preisanhebungen heuer stärker bemerkbar. Zweitens wollen Unternehmen, die 2020 mit teils dramatischen Umsatzrückgängen zu kämpfen hatten, Verlorenes rasch wieder aufholen – nicht nur in der Gastronomie sind Preissteigerungen bemerkbar. Drittens gibt es unübersehbare Produktionsengpässe, und zwar keineswegs nur bei Baumaterial, das teils im zweistelligen Bereich teurer wurde. Auch Chips sind knapp, und der Ölpreis zählt ebenfalls zu den Inflationstreibern. Wie können sich Anleger davor schützen? Friedrich Strasser, Vorstand und CIO der Gutmann Bank: „Wir setzen auf zwei Komponenten: Bei den Anleihen ­investieren wir einen signifikanten Anteil in inflationsgebundene Papiere. Hier werden Zinsen und Tilgung an die Inflation angepasst, der zusätzliche Wertverlust bei höherer Inflation also eins zu eins ausgeglichen. Bei den Aktien versuchen wir, in Unternehmen zu investieren, die durch ihre Produkte über eine gewisse Preisset-
Wenn Währungen schwanken FOTO: BEIGESTELLT … hat das auf die Börsenkurse keine Auswirkungen, wie die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen. STARKER DOLLAR. Erinnern Sie sich an den vergangenen Herbst? Die Fachleute warnten, dass die Stärke des Euro gegenüber dem Dollar nichts Gutes für den Markt verheiße. Der darauf folgende Aktienanstieg bewies den mangelnden Weitblick der Währungsmärkte. Nach der Erholung des Dollars in Q1 fürchten die Schwarzmaler nun, die Schwäche des Euro spiegele die holprige Impfstoffverteilung sowie eine neuerliche Rezession wider – und die könne das österreichische BIP-Wachstum in Q1 überschatten. Sie meinten, dies würde verhindern, dass die Aktien hier wieder steigen. Humbug! Die Geschichte belegt, dass Währungsschwankungen weder die Richtung noch die Führerschaft eines Marktes vorhersagen. Die überraschende Dollarstärke im Jahr 2021 spiegelt lediglich eine unterschätzte Realität wider: den wundervollen Stillstand in Amerika. Im November schrieb ich, dass der Stillstand die Wahl in den USA gewonnen hat. Währungen zeigen etwas anderes: Historisch steigt der Dollar, wenn sich die US-Parteien Senat und Repräsentantenhaus aufteilen und es zum traditionellen „Stillstand“ kommt. Kontrolliert eine Partei beides, fällt üblicherweise der Dollar. So folgten auf die Wahl von Jimmy Carter 1976 vier von den Demokraten bestimmte Jahre. Der Dollar fiel gegenüber den Weltwährungen um 8,9 Prozent. 1980 gewannen die Republikaner die Präsidentschaft und den Senat, nicht aber das Repräsentantenhaus. Stillstand! Der Dollar stieg 1981 um 12,3 Prozent gegenüber den Weltwährungen, im Vergleich zum (damaligen) Schilling sogar um 13,3 Prozent. Bis zur Wahl 1984 stieg der Dollar gegenüber den Weltwährungen um kräftige 39,1 Prozent – und löste damit die internationale Währungsintervention aus. Dieser langfristige Trend lässt sich gut durch leicht zugängliche Daten beobachten. Märkte preisen derartige Informationen extrem schnell ein und gewähren kaum Wissensvorsprung. Was also entgeht den Datenjüngern? Heute fürchten sie, ein seltener Dollaranstieg während einer geeinten US-Regentschaft könnte bedeuten, dass der Währungsmarkt Negativentwicklungen sieht, die den Aktien entgehen. Wenn es nicht die erneute Rezession in Europa ist, dann sind es die Steuerpläne von Joe Biden oder die EZB, die es vermasseln. Oder, oder, oder! Aber die Realität ist einfacher. Im Q1 realisierten die Märkte, dass der nur hauchdünne Vorsprung im Kongress und die innerparteilichen Streitereien den Stillstand trotz der „Kontrolle“ der Demokraten festigten. Ja, durch die Spekulationen, dass Biden enorme Steuererhöhungen und Ausgaben von 3,3 Billionen Euro im Kongress durchdrücken könnte, hat die Dollarstärke nachgelassen. Oder auch nicht. Durch Pensionierungen und Todesfälle schwand der Vorsprung der Demokraten im Repräsentantenhaus auf nur noch acht Sitze. Nun rückt die Neueinteilung der Wahlkreise ins Blickfeld und verhindert vor den Kongresswahlen 2022 jegliche kontroversen Gesetze. KEN FISHER ist einer der erfolg­ reichsten Invest­ mentberater der USA und Autor zahlreicher Bücher zu den Themen Wirtschaft und Finanzen. SCHWANKUNG. Währungsschwankungen zeigen nichts, was Aktien entgehen würde. In vergleichbar liquiden Märkten ist kein Vermögenswert „klüger“. Aktienanleger sehen die gleichen Berichte, Daten und Gerüchte wie die Devisenhändler – zur gleichen Zeit. Oft sind es dieselben Leute! Die Geschichte zeigt, dass Währungsschwankungen die Aktien nicht antreiben, selbst wenn Einbrüche und Anstiege des Euro österreichische Auslandsrenditen erhöhen bzw. verringern. Der Euro stieg 2020 gegenüber den Dollar um neun Prozent. Der ATX hingegen fiel um 10,8 Prozent, ganz konträr zum US-Wachstum von 10,8 Prozent. In der Eurozone fielen die Aktien um ein Prozent. In den letzten 20 Jahren lag die Korrelation zwischen den Bewegungen des Euro zum Dollar und der relativen Aktien­ entwicklung in Europa gegenüber den USA gerade einmal bei –0,13. Also kein Grund, zu handeln. Warum treiben Währungen den Aktienmarkt nicht an? Unter anderem, weil nur wenige Unternehmen ihre Produkte in nur einem Land herstellen, einkaufen oder verkaufen. Meist importieren sie Rohstoffe, Maschinen und Komponenten, betreiben ausländische Gesellschaften und verkaufen ihre Produkte ins Ausland. Kosten und Zahlungseingänge in fremden Währungen gleichen die Wirkung aus. ­Internationale Großkonzerne verstehen zudem die potenziellen Währungseinflüsse und schützen sich davor. Aktienanleger preisen alles ein, immer! Die jüngsten Währungssorgen spiegeln eine Stimmung wider, aber keine Fundamentaldaten. Sie bieten – während sich der Optimismus ausbreitet – dem Bullenmarkt ein weiteres Stück der sogenannten „Wall of Worry“ zum Hochklettern. II In liquiden Märkten ist kein Vermögenswert ,klüger‘. II 25. 6. 2021 | T RE ND 133
TREND WIRTSCHAFT PRIVATE BANKING Mit Megatrends Vermögen sichern Asiatische Wachstumsmärkte, Energiewende, die Stadt der Zukunft und gesellschaftliche Umwälzungen sind die Themen, die Anlegern künftig RENDITEN bringen werden. rivate-Banking-Kunden sind anspruchsvoll. Individuelle Beratung? Voraussetzung. Zugang zu verlässlichem Research? Selbstverständlich. Maßgeschneiderte Anlagelösungen von einem versierten Asset-Management? Natürlich. Klarerweise auch aktuelle Informationen über die chancenreichsten Trends. Aber – was sind diese Megatrends? Hier zeichnen sich vier Themen ab, an denen Anleger nicht vorbeigehen dürfen. Die größte öffentliche Präsenz schafft das Thema Energiewende. Die Stilllegung von Kohlekraftwerken eröffnet Chancen für lukrative Investments. In den kommenden Jahren sind Milliardeninvestitionen notwendig, um die vielfach geforderte CO2-Neutralität zu erreichen. Zahlreiche börsennotierte Unternehmen sind in den Bereichen Solaranlagen, Windparks und der schrittweisen Abkehr von Verbrennungsmotoren aktiv. P Ebenfalls vor den Augen der Öffentlichkeit erfolgt der Aufschwung Asiens. Der bevölkerungsreichste Teil dieser Erde zählt auch zu den Regionen mit dem höchsten Wirtschaftswachstum. Bis 2030 wird die Hälfte des Konsums der Mittelschicht auf Asien entfallen. Doch gerade Asien gehört zu den Regionen, in denen sich Privatanleger auf die Expertise von Analysten stützen sollten, die mit den Eigentümlichkeiten der dortigen Börsen vertraut sind. Auch hier können Privatbanken mit ihren i­nternationalen Verbindungen helfen. Zu den Gewinnern des Booms in ­Asien zählen Luxusmarken. Europäische und US-amerikanische Labels verfügen in Asien immer noch über das höchste Prestige, doch lokale Marken holen stark auf. Chancen ergeben sich auch durch die Exportstärke der Region. Der Pandemie ist es zu danken, dass die Digitalisierung der Welt einen gewaltigen Schritt vorwärts machen konnte. VON F R A N Z C. BAU ER 134 T REND | 25. 6. 2021 „Digitalisierung“ ist ein weiterer Mega­ trend, der die kommende Dekade prägen wird. Von Telekommunikation, sozialen Netzwerken über Videokonferenzen bis hin zum Onlineshopping – an den Aktienkursen der in diesen Wachstumsbereichen tätigen Unternehmen ist abzulesen, wo die Gewinner dieser Entwicklung zu finden sind. Cloud Computing, Artificial Intelligence, Cyber­ security, Fintech sind vielversprechende ­Zukunftstechnologien. Und schließlich gesellschaftlich relevante Umwälzungen: Die Stadt der Zukunft, der Wandel der Lebensstile, das Welternährungsproblem, eine alternde Gesellschaft, neue Wege in der Medizin – kreativen Investments sind hier keine Grenzen gesetzt, Chance und Risiko liegen hier allerdings nah beisammen. „In der Anlagephilosophie unserer Vermögensverwaltung haben wir den Next-Generation-Ansatz im Fokus. Hier geht es darum, die langfristigen strukturellen Veränderungen zu verstehen, die von solchen Megatrends ausgelöst werden. In den vergangenen zehn Jahren konnten wir da einen umfassenden Erfahrungsschatz aufbauen“, so Roger ­Stoop, Head Germany and Austria bei der Bank Bär – siehe auch das Interview auf den folgenden Seiten.
IN KOOPERATION MIT „UNS GEHT ES DARUM, HINTER DIE KULISSEN ZU BLICKEN.“ ROGER STOOP, Verantwortlicher für Deutschland und Österreich bei der BANK JULIUS BÄR, über Anlagestrategien für Anspruchsvolle. TREND: Wie wichtig ist der österreichi­ sche Markt für eine Schweizer Privat­ bank wie Julius Bär, die ja doch weltweit tätig ist? ROGER STOOP: Julius Bär ist mit dem österreichischen PrivateBanking-Markt seit Jahrzehnten sehr erfolgreich verbunden, insofern ist der Markt für uns sehr wichtig. Wir betreuen unsere österreichische Kundschaft mit einem Expertenteam von Zürich aus. Zu unseren Kunden zählen vermögende Privatkundinnen und Privatkunden vornehmlich mit unternehmerischem Hintergrund. Hier sehen wir gerade in Österreich weiterhin großes Wachstumspotenzial. Nachfolgeplanung und diversen Finan­ zierungsarten. Fragen in Bezug auf Nachfolgeregelungen von Unternehmern haben gerade in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Hier können wir mit unserer Erfahrung und Kompetenz innovative Lösungen bieten. FOTOS: ISTOCKPHOTO, HELEN DAO Unterscheidet sich der öster­ reichische Markt von anderen Märkten? Es gibt mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Was die österreichische Kundschaft mit der internationalen Klientel gemeinsam hat, ist die Suche nach einer inter­ nationalen Diversifikation, wenn sie sich an eine Schweizer Bank wendet. Dazu kommt der Faktor Sicherheit. Diese Kernwerte verändern sich auch auf globaler Stufe wenig. Welche Kunden sprechen Sie besonders an – welche Ziel­ gruppe ist aus Ihrer Sicht be­ sonders interessant? Da Unternehmertum ein integraler Bestandteil der DNA unseres Bankhauses ist, können wir Unternehmerinnen und Unternehmern umfassende Beratung und ein ganzheitliches Angebot bieten. Als reiner Vermögensverwalter unterstützen wir unsere Kundschaft bei Themen wie ­Vermögensstrukturierung, ZUR PERSON. ROGER STOOP ist seit 1997 in der Schweizer Privatbank Julius Bär tätig. Er betreut dort verantwortlich seit Oktober 2016 Österreich und Deutschland. Historisch betrachtet war ein Konto in der Schweiz eine Art Statussymbol, es gehörte zum guten Ton – auch weil man die Professionalität einer Schweizer Bank geschätzt hat. Ist das heute noch so? Das ist sicherlich ein Thema. Ausschlaggebend für unsere Kunden ist die internationale Anlagestrategie, die wir bieten können. Was an unserem Bankhaus sehr geschätzt wird, ist die Diversifikation und Sicherheit der Vermögensanlagen. Gerade in unserer Zeit, in der sich vieles im Umbruch befindet, ist Sicherheit ein zentrales Thema. Ja, ein Konto in der Schweiz gehört immer noch zum guten Ton. Sie haben den internationalen Aspekt angesprochen – welche Megatrends können Sie da er­ kennen, von denen Anlegerin­ nen und Anleger profitieren können? Teil der Anlagekompetenz unserer Vermögensverwaltung ist unsere thematische Next-Generation-Anlagephilo­ sophie. Sie stellt einen Ansatz dar, um die langfristigen globalen und strukturellen Veränderungen zu verstehen, die von diesen Megatrends ausgelöst werden. In den letzten zehn Jahren haben wir umfassende Erfahrung mit thematischen Anlagen aufgebaut. Wir schälen strukturelle Wachstumsstorys heraus und schauen hinter die Kulissen von aufgebauschten Trends, um Anlagelösungen mit einer klaren thematischen ­Ausrichtung zu erarbeiten. Um welche Themen geht es da? Schlüsselthemen in einer Next-Generation-Anlage- 25. 6. 2021 | T RE ND 135
TREND WIRTSCHAFT IN KOOPERATION MIT PRIVATE BANKING philosophie sind das aufstreben­ de Asien, digitaler Umbruch und die Energiewende, bei der man versucht, aus dem konventionellen Bereich in eine grünere Zukunft zu gelangen. Weitere wichtige Themen sind „die Ernährung der Welt“, bei dem es um die langfristige Sicherung der Ernäh­ rung für die Weltbevölkerung geht, das Thema Städte der Zukunft, die Ver­ änderungen der Lebensstile und nicht zuletzt das Thema Ungleichheit. Aus all diesen Themen heraus entwickeln wir Anlagelösungen mit einer klaren ­thematischen Ausrichtung. ENTWARNUNG. Die aktuelle Phase mit anziehenden Rohstoff­ preisen werde die Inflation kurz­ fristig anheizen. Roger Stoop, Österreich-Verantwortlicher der Bank Bär, rechnet aber nicht mit nachhaltiger Wirkung. Sie haben „aufgebauschte Trends“ erwähnt. Können Sie da den einen oder anderen nennen? Die sehe ich zum Bei­ spiel beim Thema digitaler Umbruch. Dieses Thema ist in aller Munde, und es kursieren viele Schlagworte wie Cloud Computing und künstliche Intel­ ligenz. Letztlich muss man jedoch fest­ stellen, dass hinter solchen Worthülsen oft sehr wenig an echtem Wert steht. Uns geht es darum, hinter die Kulissen zu blicken, um echte Chancen zu erken­ nen. Zugleich gewährleisten wir, dass Anleger an langfristigen Trends teilha­ ben können. Im letzten Jahrzehnt ha­ ben wir umfangreiche Expertise im the­ matischen Investieren aufgebaut. Wir identifizieren strukturelle Wachstums­ themen, lassen uns nicht von Hypes leiten und bieten Anlagelösungen mit einem klaren Fokus. Apropos langfristige Trends: Wird ­etwas von den Änderungen bleiben, die durch die Pandemie ausgelöst wurden – etwa Homeoffice oder die verstärkte Nutzung elektronischer Kommunikationswege? Davon bin ich überzeugt. Wir haben das ja jetzt über einen längeren Zeitraum erlebt, und es wird uns bestimmt prägen. Solche Si­ tuationen treiben Veränderungen an. Das, was wir jetzt tun (das Interview fand im Rahmen einer Onlinevideokonferenz statt, Anm.) – ich weiß nicht, ob wird das ohne Corona auch so ge­ macht hätten. Es gab somit auch posi­ tive Aspekte – denken wir nicht nur an Videokonferenzen, sondern auch an das Working from Home, das zu einer 136 T REND | 25. 6. 2021 Entlastung des Verkehrs führen wird. Dies ist nicht nur aus Umweltgrün­ den begrüßenswert. Oder denken Sie auch an die mRNA-Impfungen. Der Druck durch Corona hat dazu geführt, dass die Forschung einen enormen Im­ puls bekommen hat. Diesen Entwick­ lungsschritt hätten wir sonst vielleicht erst in fünf Jahren gemacht. Krisen beschleunigen die Veränderung und ­beschleunigen neue Entwicklungen. Welchen Stellenwert hat das Thema Nachhaltigkeit in Ihrer Strategie? Das wird für unsere Kundschaft immer wichtiger. Aufbau, Erhalt und Weiter­ gabe des Vermögens an die nächste Ge­ neration setzen ein tiefes Verständnis der individuellen Bedürfnisse voraus. Nachhaltigkeit ist dabei ein wichtiges Thema. Wir stellen fest, dass die Gene­ ration, die jetzt beginnt, sich mit Anla­ gethemen auseinanderzusetzen, affiner „Ausschlaggebend für unsere Kunden ist die internationale Anlagestrategie, die wir bieten können.“ RO G E R STO O P BA NK BÄ R gegenüber Nachhaltigkeitsthemen ist als die vorhergehende Generation. Ich darf erwähnen, dass Julius Bär einer der Gründungsunterzeichner der Prin­ zipien der Vereinten Nationen (UN) für Responsible Banking ist. Diese Prinzipien stellen einen einheitlichen Rahmen für die Bankenbranche dar, der darauf abzielt, Nachhaltigkeit in ­allen Geschäftsbereichen zu verankern. Wie schätzen Sie das Inflationsrisiko ein? Wir gehen davon aus, dass die ak­ tuelle Phase mit teils recht stark anstei­ genden Rohstoffpreisen kurzfristig die Inflation anheizen wird, dass dies aber keine nachhaltige Wirkung haben wird. Was steht bei Julius Bär im ­Zentrum der Bemühungen, was sind Ihre Schwerpunkte? Unsere Kundinnen und Kunden. Der Aufbau, Erhalt und die Übergabe eines Vermögens an die nächste Generation setzen ein tiefes Verständnis ihrer individuellen Bedürf­ nisse voraus – deswegen stehen sie im Zentrum all unserer Aktivitäten. Mit unserem ganzheitlichen Wealth-Ma­ nagement-Ansatz erarbeiten unsere Expertenteams finanzielle Lösungen in den Bereichen Vermögensplanung, Investieren und Finanzieren. Das ­Resultat ist eine umfassende Beratung, welche ihren Präferenzen ganzheitlich entspricht und ihren finanziellen, ge­ schäftlichen und persönlichen Zielen vollumfänglich Rechnung trägt. FOTO: HELEN DAO Stellen Sie das mit Einzeltiteln oder mit Fonds dar? Sowohl als auch.
WIR MACHEN SIE REICHER Beruflich und persönlich.
TREND SERVICE GELD F ür viele Reisefreudige hat das Warten ein Ende. Aber egal, ob der Urlaub im In- oder Ausland verbracht wird – je nach Destination gilt es, auf unterschiedliche Corona-Bestimmungen zu achten. Und wie in normalen Zeiten auch können vor oder während eines Urlaubs Schadensfälle in Form von Diebstahl, Krankheit oder auch Verlust von Gepäck entstehen. Um die finanziellen Folgen eines Schadens zu begrenzen, bietet sich der Abschluss einer Reiseversicherung an. Welche Assekuranzen dabei die besten Pakete schnüren, hat die Gesellschaft für Verbraucherstudien ÖGVS mit der „Studie Reiseversicherer 2021“ anhand der Angebote von acht Versicherungen analysiert. Im Gesamtergebnis des ÖGVS-Tests sind die Tarife von Einzelreiseversicherungen und Jahresverträgen samt inkludierter Leistungen mit 60 Prozent gewichtet. Aspekte zu Transparenz und Komfort wie ein klarer Ausweis der Versicherungs- und Vertragsbedingungen und Nutzerfreundlichkeit der Websites der Anbieter gehen mit 20 Prozent in das VO N ROB E RT W I N TE R HanseMerkur gewinnt vor der Europäischen Reiseversicherung und Uniqa den ÖGVS-Test zu REISEVERSICHERUNGEN. Bei der Wiener Städtischen ist das Preis-LeistungsVerhältnis am besten. 138 T REND | 25. 6. 2021 Testurteil ein. Ebenso mit 20 Prozent ist die Qualität des Kundendienstes berücksichtigt. BIS 75 PROZENT WENIGER PRÄMIE. Für die Tarifbewertung stellte ÖGVS auf die Prämien und Versicherungsleistungen ab. Im Zuge der Analyse wurden die Beiträge für zehn Beispielkunden für Einzelreiseversicherungen oder Jahresverträge mit einer Deckung für Stornoschutz, Krankenversicherung oder Komplettschutz überprüft. Die so ermittelten Prämien wurden in Relation zu den Tarifleis-
88,2 % 86,3 % ALLIANZ TRAVEL 98,6 % EUROPÄISCHE REISEVERS. 98,6 % 98,6 % 84,3 % HANSEMERKUR ALLIANZ TRAVEL 83,5 % AXA 95,2 % AXA 83,1 % UNIQA 95,1 % LTA 83,0 % WIENER STÄDTISCHE 82,7 % GRAWE 75,3 % QUELLE: ÖGVS UNIQA FUAD IZMIRLIJA, Österreich-Leiter HanseMerkur, ist Testsieger und auch bei Transparenz und Komfort ex aequo mit Allianz Travel und Europäische Reiseversicherung führend. HANSE MERKUR gewinnt den ÖGVSTest zu Reiseversicherern. „Bei der Entscheidung für einen günstigeren Tarif ist zu beachten, welche Leistungen damit verbunden sind.“ CH RI STINA B ERGER Die Testergebnisse sind gegen 1.490 Euro zuzüglich USt. unter info@qualitaetstest.at erhältlich. FOTOS: ISTOCKPHOTO, BEIGESTELLT (2) P ROJ E KT L E I TERI N ÖGVS tungen wie etwa der Versicherungssumme oder den versicherten Fällen gesetzt. Einige Assekuranzen bieten einen speziellen Corona-Zusatzschutz an. Dieser wurde in der Bewertung aufgrund der zeitlich befristeten Gültigkeit aber nicht berücksichtigt. ÖGVS-Projektleiterin Christina Berger: „Durch einen Wechsel in den günstigsten Tarif lassen sich bei Einzelreiseversicherungen bis zu 75 Prozent und bei Jahresverträgen bis zu 65 Prozent Prämie sparen.“ So ist die Prämie für einen Vertrag einer Reise einer Einzelperson bei Reisekosten von 1.000 Euro mit Komplettschutz, der neben Stornoschutz auch eine Krankenversicherung beinhaltet, bei Uniqa mit 30 Euro am günstigsten. Am meisten stellt LTA mit 118 Euro in Rechnung. Die Prämienunterschiede basieren nicht nur auf verschiedenen Kalkulationen der Versicherer, sondern sind vor allem durch Unterschiede in den Tarifleistungen begründet. ÖGVS-Expertin Berger: „Für die Prämie von 118 Euro bekommen Kunden mehr Erstattungen. Bei der Entscheidung für einen günstigeren Tarif ist daher zu beachten, welche Leistungen damit verbunden sind.“ Denn auch wenn in einer Stornoversicherung stets Abbruchgründe wie eine schwere Erkrankung, Unfall oder Tod von Mitreisenden oder naher Verwandter versichert sind, können etwa Kündigung oder Scheidung als Abbruchgrund ausgeschlossen sein. Berger: „Teilweise ist auch die maximal übernommene Stornogebühr begrenzt.“ Bei Krankenversicherungen differiert vor allem die Summe, bis zu der die Kosten im Falle einer stationären oder ambulanten Behandlung versichert sind. Bei einigen Tarifen werden die Kosten in un- WIENER STÄDTISCHE 88,8 % GRAWE 87,8 % LTA EX AEQUO-PLATZIERTE IN ALPHABETISCHER REIHENFOLGE; QUELLE: ÖGVS EUROPÄISCHE REISEVERS. 85,9 % EX AEQUO. Drei Anbieter teilen sich den Sieg bei Transparenz und Komfort. Tarife WIENER STÄDTISCHE 82,9 % HANSEMERKUR 82,2 % UNIQA 80,8 % GRAWE 79,9 % EUROPÄISCHE REISEVERS. 78,9 % LTA 78,0 % AXA QUELLE: ÖGVS HANSEMERKUR Transparenz & Komfort 77,4 % ALLIANZ TRAVEL 74,5 % DIE WIENER STÄDTISCHE offeriert bei Reisepolizzen die besten Tarife. Kundendienst EUROPÄISCHE REISEVERS. 96,3 % HANSEMERKUR 95,6 % ALLIANZ TRAVEL 95,5 % LTA 95,4 % 88,3 % AXA UNIQA 84,0 % WIENER STÄDTISCHE GRAWE QUELLE: ÖGVS Gesamtergebnis 75,9 % 49,1 % BEIM KUNDENDIENST ist die Europäische Reiseversicherung top. begrenzter Höhe erstattet, bei anderen sind maximal 250.000 Euro gedeckt. Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis fand ÖGVS bei der Wiener Städtischen. Das insgesamt beste Angebot schnürt HanseMerkur. ÖGVS-Expertin Berger: „Der Testsieger überzeugt bei Transparenz und Komfort, mit sehr gutem Kundendienst und guten Tarifen. Die Europäische Reiseversicherung punktet in den Kategorien Transparenz und Komfort sowie Kundendienst. Die Uniqa auf dem dritten Platz zeigt gute Ergebnisse bei den Tarifen.“ 25. 6. 2021 | T RE ND 139
TREND WIRTSCHAFT IMMOBILIEN Lohnende Wohnimmobilien für alle Generationen BAUHERREN­ MODELLE mit alternativen Nutzungen bringen die Generationen zusammen. in Sparbuch als gewinn­ bringende Geldanlage? Diese Zeiten sind schon lange vorbei. Investiert wird heute an der Börse – oder in das sogenannte Betongold, näm­ lich Immobilien. Denn die Attraktivität von Immobilieninvestments bleibt auch von der Krise großteils unberührt. Dabei sticht vor allem das Bauherren­ modell hervor, das sich mittlerweile seit Jahrzehnten am Markt bewährt. Bei diesem schließen sich mehrere Investo­ ren zusammen, die sich die Eigentümer­ schaft an einer Immobilie im geförder­ ten Wohnbau teilen. Der Investor besitzt dann im Normalfall also keine eigene Wohnung, sondern erwirbt prozentuale Anteile an der Immobilie, die in den meisten Fällen saniert oder manchmal auch neu errichtet wird. Beim Bauher­ renmodell mit Topzuordnung wird der Investor letztendlich Eigentümer einer konkreten Wohnung. E BOOMEN. Die Vorteile dieses Modells liegen klar auf der Hand, sind Walter Eichinger, der Ge­ schäftsführer von Silver Living, und Öko-­ Wohnbau-Geschäftsführer ­Wolfgang Stabauer überzeugt. Eichinger ist Pro­ jektentwickler mit dem Schwerpunkt SERVICEIMMOBILIEN 140 T REND | 25. 6. 2021 Investitionen in Immobilien zählen zu den profitabelsten Anlagen. Das BAUHERRENMODELL ermöglicht dabei nicht nur Optimierung von Förderungen, Zuschüssen und steuerlichen Effekten, sondern begünstigt durch alternative Nutzungen, wie etwa Seniorenwohnen, auch die langfristige Vermietbarkeit. betreutes Wohnen und kooperiert im ­ Rahmen der Silver-Living-Gruppe mit Öko-Wohnbau als exklusivem Vertriebs­ partner im Bereich der Bauherren­ modelle. „Wohnimmobilien waren im­ mer ein sicherer Hafen, das hat sich auch in der Pandemie wieder gezeigt und bewährt. Unsere Serviceimmobi­ lien, wie das betreute Wohnen oder das Generationenwohnen, boomen jetzt richtiggehend“, sagt Eichinger. Denn das Bauherrenmodell bietet nicht nur die Vorteile von steuerlichen Begünstigungen und Fördermöglichkei­ ten durch die Bundesländer, auch das Leerstandsrisiko wird für die Investoren durch Faktoren wie gemeinsame Ver­ mietung, demografische Entwicklung und nachfragegerechte Ausgestaltung beziehungsweise einfache Konversion der Nutzungsart minimiert. Vor allem jene Immobilien, die dem betreuten Wohnen gewidmet sind, sind heiß begehrt. „Diese Projekte sind ent­ weder schon bei der Übergabe oder spä­ testens nach ein, zwei Monaten voll ver­ mietet – ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Leistbarkeit“, bestätigt Öko-Wohn­ bau-Chef Stabauer. „Selbstbestimmtes Wohnen im Alter wird immer wichtiger. VON M AR K US M I T T ER M Ü LLER Das sind auch Mieter, die langfristig bleiben.“ GENERATIONENHAUS ALS KÖNIGSKLASSE. Neben dem betreuten Wohnen hat Silver Living auch weitere Serviceund Sozialimmobilien, wie Studenten­ wohnen und Generationenwohnen, im Portfolio. Das Generationenhaus gilt als echte Königsklasse unter den Bauherren­ modellen. Hier trifft nämlich betreutes Wohnen auf leistbares Wohnen und Fa­ milien, gepaart mit Kindergärten und Kinderkrippen. „Das ermöglicht zusätz­ liche Förderungen, die wiederum Inves­ toren anlocken“, sagt Eichinger. Auf den ersten Blick könnte ein Nachteil des Bauherrenmodells darin liegen, dass der Investor hier – im Ge­ gensatz zu den Vorsorgewohnungen – keine konkrete Wohnung erwirbt. „Viele wollen eine Wohnung kaufen, um sie später zum Beispiel ihren Kindern zur Verfügung zu stellen. Hier spielen auch emotionale Einflüsse eine Rolle“, weiß Eichinger. Hier kommt das sogenannte Bauherrenmodell mit Topzuordnung ins Spiel. Dabei investiert der Anleger ­tatsächlich in eine von ihm ausgewählte Wohnung. Dennoch gelten darüber hinaus noch sämtliche Vorteile des ­ ­herkömmlichen Bauherrenmodells.
IN KOOPERATION MIT „DIE BAUHERRENMODELLE KENNEN KEINE KRISE“ Das Bauherrenmodell trotzt offensichtlich jeder Krise. Im Interview erklären WALTER EICHINGER, GESCHÄFTSFÜHRER VON SILVER LIVING, und WOLFGANG STABAUER, GESCHÄFTSFÜHRER VON ÖKO-WOHNBAU, warum dieses Investitionsmodell an Attraktivität gewinnt und welche Wohnformen künftig boomen. FOTOS: BEIGESTELLT, LUDWIG SCHEDL, FOTO STROBL WALTER EICHINGER, Geschäftsführer von Silver Living. TREND: Wie hat sich die Pandemie auf Ihre Branche ausgewirkt? Sind sichere Immobilieninvestments nun gefragter denn je? WOLFGANG STABAUER: Das letzte Jahr war im Segment des Bauherren­ models und der Vorsorgewohnungen rückläufig. Man hat gemerkt, dass die Investoren zögerlicher waren, sie haben länger gebraucht, bis sie Entscheidun­ gen treffen. Im Herbst hat die Nach­ frage nach steueroptimierten Immobi­ lieninvestments wieder massiv angezo­ gen. Die Leute haben gesagt, sie wollen wieder investieren und somit unsere Produkte. Egal, ob das jetzt betreutes Wohnen, Generationenwohnen oder das Bauherrenmodell mit Topzuord­ nung war. Wir sehen dem heurigen Jahr äußerst positiv entgegen. WOLFGANG STABAUER, Geschäftsführer von Öko-Wohnbau. WALTER EICHINGER: Die Ankündi­ gung, dass man für Bankeinlagen eine Gebühr zahlen wird müssen, bringt ­viele Investoren zum Überlegen, ob sie ihr Geld nicht besser in Immobilien ­anlegen. Denn ein Barzeichner hat ab Fertigstellung der Immobilie für einen DAS BAUHERRENMODELL ist ein Investitionsmodell unter Inanspruchnahme steuerlicher Begünstigungen. Dabei schließen sich mehrere Investoren durch Beteiligung an einer Miteigentümergemeinschaft zusammen, um zu erwerben (persön­ lichen Besitz aufbauen), zu sanieren (Wertgehalt generieren) und lang­ fristig zu vermieten (Einkunftsquelle erschließen). gewissen Zeitraum steueroptimierte Mieteinnahmen. Im Vergleich zum Sparbuch ist das eine sehr interessante Sache. Heißt das, die Bauherrenmodelle sind attraktiver denn je? EICHINGER: Es war immer schon so, dass Wohnimmo­ bilien in Krisenzeiten ein sicherer ­Hafen waren. Auch die ­Serviceimmo­bilien, wie wir sie mit dem Genera­ tionenwohnen oder dem betreuten Wohnen machen, boomen jetzt. STABAUER: Blicken wir zurück: Die ­Finanzkrise 2008 hat die ganze Welt­ wirtschaft verändert. Die Immobilie ­selber und jetzt speziell die Bauherren­ modelle kannten keine Krise. Das heißt, wir haben von den Jahren 2008 bis jetzt permanente Umsatzsteigerungen. 25. 6. 2021 | T RE ND 141
TREND WIRTSCHAFT IN KOOPERATION MIT IMMOBILIEN Eines Ihrer Erfolgsrezepte ist die Kombination der Bauherren­ modelle mit betreutem Wohnen. Wie stark ist die Nachfrage danach? EICHINGER: Es funktioniert sowohl in der ländlichen Gegend als auch im städtischen Bereich ausgesprochen gut. Im ländlichen Bereich sogar noch etwas besser, weil man in Bezirkshauptstädten und in Gemeinden einfach die Bürgermeister mit an Bord hat. Es ist die Hausaufgabe des Projektentwick- SILVER LIVING ist mit Erfahrung von über 105 Projekten, mit mehr als 2.136 Wohneinheiten und Projekt­ volumen von mehr als 404 Millionen Euro Experte im Segment von frei­ finanzierten Serviceimmobilien. Das Unternehmen bietet Investoren ein Rundumservice und deckt neben der Projektentwicklung – mit Planung und Errichtung –, der Vermarktung und Vermietung auch das Betriebsmanagement und die Hausverwaltung ab. Infos unter silver-living.com 142 T REND | 25. 6. 2021 EIN VORZEIGEPROJEKT. Die Villa Assman in Leibnitz ist ein Generationenhaus mit betreutem Wohnen und Kindergarten. lers oder des Initiators, dass er sich im Vorfeld die jeweilige Makro- oder ­respektive auch Mikrolage anschaut, ob dort betreutes Wohnen aufgrund der demografischen Zusammen­ setzung funktionieren kann oder nicht. Denn ich kann aufgrund der Statistik ganz genau sagen, wie viele Menschen betreutes Wohnen nutzen, das habe ich bei keiner anderen Immobilien­ nutzungsart. STABAUER: Das sind auch Mieter, die länger bleiben, denn beim betreuten Wohnen geht es um selbstbestimmtes Wohnen im Alter. Das sind ja alles Menschen, die keine Pflegefälle sind, sondern die sagen: „Mir ist das zu Hause einfach zu behäbig, ich schaffe das nicht mehr, ich ­nutze dieses Angebot.“ Es hat sich am Markt durchgesetzt. Gibt es Projekte, die für Sie besonders hervorstechen? STABAUER: Da fällt mir jetzt nicht ein spezielles Haus ein, sondern eine Systematik. Wir haben das Bauherrenmodell mit einem ­speziellen Thema bestückt, dadurch ist auf einmal betreutes Wohnen ent­ standen. Dann hat man gesehen, dass man auch Studentenwohnen und ­Generationenwohnen in Form eines Bauherrenmodells machen kann. In Graz in der Annenstraße haben wir in der Fußgängerzone zum Beispiel ein Haus übergeben, wo wir Wohnungen, Kindergarten und Kinderkrippe ­kombiniert haben. Da ist richtiges ­Leben dahinter, das ist einfach schön anzusehen. EICHINGER: Ganz ­persönlich gefällt mir das Modell in Leibnitz sehr gut. Die Villa Assmann ist ein Generationenhaus. Dort konnten wir drei Generationen in einem Ensemble vereinigen, also ältere ­Menschen, betreutes Wohnen, einen Kindergarten und noch Wohnungen für Familien. Wohin geht der Trend in den kom­ menden Jahren? STABAUER: Das ­betreute Wohnen ist sehr gut kalkulierbar, und wir werden es nicht einmal annähernd in den nächsten zehn bis 15 Jahren schaffen, den Bedarf an Wohnraum für ältere Menschen zu ­decken. Ein wichtiger Trend ist sicherlich das Generationenwohnen, weil Kindergarten und Kinderkrippen mit dabei sind, und in Österreich ist leistbares Wohnen eines der wichtigsten Dinge. EICHINGER: Der Zukunftsmarkt gehört den Senioren. Wir ­können von unserer Bauleistung gar nicht so viel Wohnraum zur Verfügung stellen durch den Neubau, der aufgrund der demografischen Entwicklung notwendig wäre. Die Zukunft liegt daher in der Sanierung von Altbeständen für betreutes Wohnen. ÖKO-WOHNBAU ist exklusiver Vertriebspartner im Bereich der Bauherrenmodelle für die Silver-Living-­ Gruppe. Das Thema Nachhaltigkeit in all ihren Dimensionen – ökologisch, ökonomisch und sozial – spielt für das Unternehmen eine wichtige Rolle in der Unternehmensstrategie und in der Auswahl des Produktportfolios. Infos unter oeko-wohnbau.at FOTO: SIMON BAUER Sie setzen in erster Linie auf Revita­ lisierung und Sanierung von alten Häusern. Gibt es Regionen in Öster­ reich, die hier besonderes Potenzial für Ihre Projekte aufweisen? ­STABAUER: In den Bundesländern gibt es verschiedene Förderansätze. Ich sage zu unseren Kunden immer: Die Immobilie, die wir sanieren, soll so alt, kaputt und hässlich wie möglich sein, weil dann bekommen wir sehr viel ­Unterstützung von der ­öffentlichen Hand. Die beste Situation bei der ­Sanierung finden wir derzeit in der ­Steiermark vor, weil es dort zwei unterschiedliche Förderarten gibt. Bei einer umfassenden Sanierung liegt der ­übliche Zuschuss (nicht rückzahlbare Annuitätenzuschüsse, aufgeteilt auf 15 Jahre, Anm.) bei zumindest rund 50 Prozent. EICHINGER: Sanierungswürdige ­Altbestände sind nicht nur in den größeren Städten zu finden, auch in der Region draußen, also in Gemeinden und in den Bezirkshaupt­städten. Dort bekommt man eine ­höhere Rendite, weil der Liegenschaftsankauf natürlich günstiger ist. Viele Investoren sagen, wir sind absolut renditeorientiert, wir hätten gerne etwas in den sogenannten peripheren Lagen.

TREND SERVICE KARRIERE START STUDIEN D ie Lebens- und Arbeitssituation von Millennials der Jahrgänge 1983 bis 1994 sowie von 1995 bis 2003 geborenen Angehörigen der Generation Z hat Deloitte im „Global Millennial and Gen Z Survey“ bei weltweit 23.000 jungen Menschen, davon 500 in Österreich, erhoben. War vor einem Jahr Umweltschutz das wichtigste persönliche Anliegen, so führen bei Millennials nach der Pandemie nun Gesundheitssorgen und Angst vor Jobverlust die Liste der persönlichen Ängste an. Für die Generation Z stehen Umwelt und Klima nach wie vor auf Platz eins. „Sie richten Konsum- und Karriereentscheidungen an ihren persönlichen Werten aus und erwarten von Unternehmen und Politik, dass konkrete Taten gesetzt werden“, erklärt Deloitte-Partnerin Elisa Aichinger. „60 Prozent befürchten, dass das Engagement von Unternehmen im Kampf gegen den Klimawandel in der wirtschaftlichen Krise an Priorität verlieren wird. Unternehmen, die hier weiter konkrete Maßnahmen setzen, können als Arbeitgeber punkten“, so die Expertin. Zwei Drittel der Jungen machen sich Sorgen um ihre persönliche finanzielle Situation, ebenso viele beklagen aber auch die ungleiche Verteilung von Vermögen und Einkommen. 60 Prozent wollen sogar, dass der Gesetzgeber Gehaltsunterschiede zwischen leitenden Angestellten und Mitarbeitern begrenzt. „Jüngere Arbeitnehmer sind sensibel gegenüber gefühlter Ungleichheit im Jobum­feld. Unternehmen sollten transparent mit dem Thema Vergütung umgehen“, rät Deloitte-­ Partnerin Anna Nowshad. Von dem Drittel der Jungen, das sich wegen pandemiebedingter Ängste eine Auszeit vom Job genommen hat, gab allerdings nur die Hälfte dem Arbeitgeber den wahren Grund für die Abwesenheit an. „Es braucht ein offenes, inklusives Umfeld, in dem Gespräche über Stress und psychische Probleme nicht tabu sind“, schließt Nowshad daraus. Eine internationale Studie der Workplace-Plattform Citrix zeigte, dass die digital versierte Elite von Millennials und Generation Z echten Mehrwert bringt: Jeder zusätzliche Prozentpunkt von Digital Natives in einem Land ist verbunden mit dort um 0,9 Prozentpunkte höheren Unternehmensgewinnen. Allerdings konstatiert Citrix auch wenig Wissen der Führungskräfte über deren ­Werte im Job: Sie unterschätzen, wie wichtig ihnen Work-Life-Balance ist, dass sie hybride Arbeit gegenüber dem klassischen Büro bevorzugen, wie intensiv sie Apps auch für die Arbeit nutzen und dass sie dem Wohlbefinden von Mitarbeitern ­höheren Stellenwert gegenüber der Unternehmensrentabilität einräumen wollen, wenn sie selbst einmal in Führungsfunktionen kommen. Die Stimmungslage von MILLENNIALS & GENERATION Z einzuschätzen, wird für Unternehmen erfolgskritisch. Aktuelle Studien liefern Orientierungshilfen. Wie die Jungen im Job ticken DELOTTE-EXPERTINNEN Elisa Aichinger (o.) und Anna Nowshad beleuchten berufliche und private Anliegen der jüngeren Generationen. 144 T REND | 25. 6. 2021
SPAR ICS TEAM: Isabella Oppeneiger (Teamlead Office Management), Andreas Kranabitl (Geschäftsführer Spar ICS), Christian Terbou (Head of ICS Business Services), Hannes Leobacher, (Head of ICS Austria (v. l.). JOBCHANCEN Handel umwirbt IT-Kräfte Mit Spar und Hofer setzen Handelsunternehmen Initiativen, um IT-Fachkräfte und Talente an sich zu binden. Spar mit einem Standort in Wien, Hofer sucht Leute für Eberstalzell. Geschäftsführer Andreas Kranabitl: „Wir arbeiten gesamt mehr als mit hybriden Teams an 500 IT-Mitarbeitern der ­verschiedenen Standorten Spar-Gruppe sind künftig über Ländergrenzen hinweg, haben aber gemerkt, am neuen Standort Wiendass ein Büro, Kontakt zu Meidling, direkt oberhalb Kollegen und ein Arbeitsdes Interspar an der platz außerhalb der WohnU-Bahnstation Niederhofstraße tätig. ICS, die ITräume wichtig sind.“ Unit von Spar, steuert ProStandort der 220 IT-Exjekte für Spar, Herperten bei Hofer ist vis und Spar das Alpha Retail European ShopNetwork in Eberstalzell, wo aktuell ping Centers in ÖsMitarbeiter für Diterreich, Italien, gitalisierungsproSlowenien, Tschejekte gesucht, aber chien, Ungarn, HOFER IT. auch Praktika Kroatien, RumäniAndreas Rathange­boten werden. en und Bayern. mayr, IT-SpeziModerne, flexible IT-Experte alist bei Hofer Arbeitsplätze, kaAndreas Rathmayr, belloser Zugriff auf alle Res- Manager eines Teams von elf sourcen, mobile VideokonLeuten: „Hier wird man ferenzsysteme und digitale freundlich empfangen, erhält Info-Packages und top Whiteboards auf mehr als ausgestattete Arbeitsplätze 200 Quadratmetern sollen inklusive Notebook und vor allem IT-Talente, Projektspezialisten und Digi­ kann sofort loslegen.“ Info: spar-ics.com talisierungsexperten aus karriere.hofer.at Ostösterreich ansprechen. FOTOS: ISTOCKPHOTO, BEIGESTELLT (2), DELOITTE/FEELIMAGE/MATERN (2), SPAR/JOHANNES BRUNNBAUER 20 von in Österreich 400 und ins- REDAKTION: schmid.michael@trend.at WEBINARE 29./30. 6. A Day of Drucker Genau genommen sind es zwei virtuelle Tage im Vorfeld des diesjährigen Drucker Fo­ rums (17. bis 19. 11. in Wien): Workshops am 29. und Diskussionspanels am 30. 6. in gewohnter internationaler Topbesetzung. Digital-Packages ab 99 Euro druckerforum.org 30. 6. Next Work – Hybrides Arbeiten der Zukunft Online-Informationsabend der ARS Akademie (17 bis 18 Uhr) über ihr Ausbildungsan­ gebot zum zertifizierten HR Manager mit Kurzvortrag des fachlichen Leiters Michael Weiss zu „Workplace Culture Strategy“. kostenlos (Registrierung) ars.at 8. 7. Kienbaum-Webinar Vergütungsreports 2021 Im einstündigen, kostenlosen Webinar (9 bis 10 Uhr über MS Teams, Registrierung er­ forderlich) stellen Experten aktuelle Erhebungen zur Ver­ gütungssituation der Füh­ rungskräfte von der Ge­ schäftsführung bis zur Teamleitung sowie von Spezi­ alisten und Fachkräften vor. kienbaum.com/de/ veranstaltungen/ oesterreich-webinare Smart und flexibel arbeiten per Smartphone Leistungsfähige Mobiltelefone etablieren sich als fast vollwertige mobile Arbeitsplätze. Laptop oder Tablet als Arbeitsmittel im Home­ office und bei ortsunabhängiger mobiler Arbeit praktisch zu ersetzen, ist mittlerweile Anspruch von Anbietern hochwertiger Mobiltelefone. „Etliche Unternehmen arbeiten bereits mit beruflichen Apps, die vor allem zur Einsicht und Bearbeitung von Dokumenten oder Planung von Terminen praktisch sind“, so Christian Woschitz, President UP TO DATE, NICHT NUR ERREICHBAR: Akkuleistung und Speichervolumen entscheidend. CEE beim Telekomausrüster und Handyhersteller ZTE. Als Kriterien, die etwa sein Modell Axon 20 für mobiles Arbeiten prädestiniert, nennt er die volle Ausnutzung der Bildschirmdiagonale für die Darstellung von Dokumenten oder Präsentatio­ nen, lange Akkuleistung sowie hohe interne Speicherkapazität plus Erweiterungsmöglichkeit über SD-Karten und 5G-Fähig­ keit. So sei man nicht nur erreichbar, sondern up to Date, etwa durch mobile Teilnahme an Videokonferenzen.
TREND WIRTSCHAFT KLIMAZIEL Mit EU-Klimazielen verbundene REGULIERUNGEN UND BERICHTSPFLICHTEN treffen künftig viel mehr und auch kleinere Unternehmen. Die Umweltpolitik nimmt sie auf vielfältige Weise in die Pflicht. Nachhaltig reguliert 146 T REND | 25. 6. 2021 VON M I CHA EL SC HM I D achdem sich die Politik in der EU auf den „Green Deal“ und damit auf verschärfte Klima- und Nachhaltigkeitsziele verständigt hat, werden nun die Unter­ nehmen in die Pflicht genommen, diese ­umzusetzen. Der Weg dazu führt über immer mehr sowie schärfere und umfangreichere Regulierungen, vor allem, aber nicht nur auf EU-Ebene. Eines der Felder dabei ist das Nachhaltigkeitsreporting. Betrafen Nachhaltigkeitsberichte hierzulande bislang einen überschaubaren Kreis börsennotierter Großunternehmen, so werden diese gemäß der neuen „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) der EU ab 2023 für alle „großen“ Kapital­ N
IN KOOPERATION MIT FOTOS: ISTOCKPHOTO, BEIGESTELLT (2) gesellschaften (40 Millionen Euro Um­ satz, 20 Millionen Euro Bilanzsumme, 250 Mitarbeiter, wenn zwei dieser drei Kriterien überschritten werden) obliga­ torisch. „Die CSRD wird zum Game­ changer“, konstatiert Stefan Uher, Part­ ner beim Prüfungs- und Beratungs­ unternehmen EY. Uher und sein Kollege Georg Rogl sind neben Leiter Martin Unger die beiden Co-Leiter der neuen EY-Einheit EYCarbon, wo der Berater alle Services um Klimaneutralität, Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit ­ unter einem Dach bündelt. „Etliche Tausend Unternehmen in Österreich“, so schätzt Rogl, werden nun also erstmals, zudem inhaltlich deutlich umfangreichere und anspruchsvollere, Nachhaltigkeitsberichte erstellen müs­ sen. Diese sind – auch das gab es bisher nicht – einer externen Prüfung zu unter­ ziehen. Laut einer EY-Studie haben zu­ letzt 42 Prozent der 100 größten heimi­ schen Unternehmen einen Nachhaltig­ keitsbericht vorgelegt, selbst aus diesem exklusiven Kreis wird damit also mehr als die Hälfte Neuland betreten. Uher beobachtet bereits den Trend „Sustainability goes Finance“. „Das Nachhaltigkeitsreporting wandert in die Finanzabteilungen, weil man dort das Reporting gewohnt ist“, so der Experte. Das macht auch insofern Sinn, weil sowohl am Kapitalmarkt als auch bei ­ der Kreditvergabe zunehmend auf öko­ logische Kriterien in der Unternehmens­ finanzierung geachtet wird. GRÜNER UMSATZANTEIL. Eine der Grundlagen dafür und eine relativ neue Blüte im Strauß der grünen Regulierun­ gen ist die EU-Taxonomie. Das ist ein einheitliches Klassifizierungssystem für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten. Es soll die Transparenz des Nachhaltig­ keitsgrades von Unternehmen erhöhen, Greenwashing entgegenwirken und letztlich Finanzierungsströme verstärkt in jene Unternehmen lenken, die sich besonders intensiv mit nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten beschäftigen. Schon für das Geschäftsjahr 2022 wer­ den Unternehmen, die der Nachhaltig­ keitsberichterstattung unterliegen, auch angeben müssen, welche Umsatzanteile sie aus nachhaltig hergestellten bezie­ hungsweise erbrachten Produkten oder Dienstleistungen erwirtschaften. Auch welcher Prozentsatz der Gesamtinvesti­ „Unternehmen müssen „Verpflichtendes Nach­ darstellen, wie sie bis 2050 haltigkeitsreporting wird klimaneutral werden.“ zum Gamechanger.“ G E O RG RO G L NACHHA LTIG KEIT SE XPERTE SENIO R M A NAGER EY tionen sowie der betrieblichen Aufwen­ dungen auf ökologisch nachhaltige Akti­ vitäten entfällt, muss darin angegeben werden. Der „Definitionenkatalog von 500 Seiten technischen Kriterien mit harten Schwellenwerten dafür, was ­grüner Umsatz ist“, so beschreibt Rogl die Taxonomie, wird dabei 2022 aber erst im Hinblick auf zwei von insgesamt sechs Umweltzielen der EU „scharf ­gestellt“, nämlich für Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel. VIELFÄLTIGE PFLICHTEN. Ab dem Ge­ schäftsjahr 2023 werden alle Aktivitä­ ten der Unternehmen zudem auch im Hinblick auf Nutzung und Schutz von Wasser und Meer, Vermeidung und EYCARBON Nachhaltigkeit unter einem Dach Die Nachhaltigkeitsberatung EYCarbon vereint alle Services von EY rund um Nachhaltigkeit unter einem Dach und bietet laufend Einblicke, Studien und Events rund um Dekarbonisierung und Klimawandel für österreichische Unternehmen. www.ey-carbon.at ST E FA N UH E R WIRT SCHA F T SPRÜFER PA RTNER EY Kontrolle von Umweltverschmutzung, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft sowie Schutz von Biodiversität und Ökosystemen unter die Lupe genom­ men und dahingehend geprüft, ob sie grün genug sind. „Vor allem für die kleineren der betroffenen Unternehmen wird das ­ ­anspruchsvoll, auch weil es so schnell kommt“, sagt Uher. Rogl weist darauf hin, wie tief diese Regulierung Grund­ ausrichtung und Strategien betrifft: „Die Unternehmen müssen letztlich in ihren Geschäftsmodellen darstellen, wie sie bis 2050 Klimaneutralität erfüllen wol­ len.“ Uher bestätigt: „Die Geschäfts­ modelle stehen unter Beobachtung und der Druck wird steigen.“ So müssten sich etwa nun alle mit „Carbon Accoun­ ting“ beschäftigen, was bisher nur ein Thema für Unternehmen war, die CO2-Zertifikate benötigten. Der regulatorische Druck wächst nicht nur seitens der EU, auch nationale Gesetzgeber, wie Deutschland mit dem aktuellen Lieferkettengesetz, erlassen neue Nachhaltigkeitsvorschriften. „Das wird auch in der EU kommen“, sagt Rogl. „Und das kann unfassbar komplex werden“, ergänzt Uher. Für die Unter­ nehmen weht jedenfalls ein deutlich rauerer Regulierungswind. Diesen Kli­ maeffekt hat die Umweltpolitik auf ­jeden Fall schon einmal bewirkt. 25. 6. 2021 | T RE ND 147
TREND SERVICE KARRIERE Der Wiener Wirtschaftsanwalt ROBIN LUMSDEN hat zwei Jahre für den TREND von seinen Studien in Stanford berichtet. Auch zurück in Wien hält er Kontakt zur US-Eliteuni. Diesmal: Wie der bevölkerungsreichste US-Bundesstaat versucht, die Impfbereitschaft zu steigern, und welche Rolle dabei LOTTERIEN und Verlosungen spielen. Die Wiedereröffnung Kaliforniens IN STANFORD KEHRT so wie überall in Kalifornien nun wieder Normalität zurück. Zwar hat Corona viele (positive) Digitalisierungseffekte hinterlassen, dennoch ist man sich einig: „Wir sind reif zum Öffnen.“ Am bevorstehenden amerikanischen Nationalfeiertag am 4. Juli dürfte in erster Linie der klare Sieg über die Pandemie gefeiert werden. Die Wirtschaft ist wieder voll im Gange, Wachstum und Beschäftigung erreichen bald v­ orpandemische Werte. Der Erfolg wird zum großen Teil den Impfungen und dem datenbasierten Vorgehen zugeschrieben. Nicht überall ist man allerdings der Impfung gegenüber positiv aufgeschlossen, in urbanen Zentren haben bereits fast 70 Prozent der Bewohner mindestens die erste Impfung erhalten, in ländlicheren Regionen liegt die Quote nur etwas über der Hälfte. Insbesondere dort, wo es kaum noch Fälle gibt – vor allem in den dünner besiedelten Staaten – und wo es ohnehin kaum Einschränkungen gab, ist es natürlich schwierig, zu überzeugen. Dabei gibt es innerhalb der Bevölkerung keinen allgemeinen Konsens, inwiefern Covid aktuell überhaupt noch ein Problem darstellt. Dazu sind die USA ein viel zu heterogenes Volk. Auch wird natürlich die Rolle des Staates oft hinterfragt: Solange kein 148 T REND | 25. 6. 2021 VON R O B I N LU M SD EN ­ usammenbruch des Gesundheitssystems mehr Z droht, seien sämtliche Maßnahmen mangels sachlicher Grundlage aufzuheben, hört man oft. Dazu kommt auch die Rolle der Politik: Insbesondere Republikaner wollen sich nichts aus Washing­ton vorschreiben lassen, schon gar nicht vom Demokraten Joe Biden, der „ihren“ Donald Trump besiegt hat. All das führt dazu, dass die USA zwar weiter „Impfweltmeister“ sind, aber kaum noch Wachstum verzeichnet werden kann. Immer mehr Bevölkerungsschichten können aus sozialen, ideologischen, religiösen oder ethnischen Gründen nicht mehr erreicht werden. Ob das noch ein Problem wird, ist unklar. DABEI VERSUCHT SPEZIELL Kalifornien, mit sei- D ER AUTO R . Robin Lumsden ist Wirtschaftsanwalt in Wien, New York und Washington. Er verbrachte zwei Jahre an der US-Eliteuniversität Stanford. Seine Arbeit als Anwalt und die dort gewonnenen Erfahrungen verarbeitet er jetzt in seiner neuen Kolumne. nen 40 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Bundesstaat der USA, wirklich viel: Mit Geldanreizen von knapp 100 Millionen Euro konnte Kalifornien viele Bürger zu Impfungen ­bewegen und bereits Geimpfte belohnen. Gouverneur Gavin Newsom war stolz auf das „Vax for the Win“-Programm, die größte Impfanreizinitiative in den USA. In einem Lotterieverfahren erhielten zehn vollständig geimpfte Teilnehmer jeweils 1,5 Millionen Dollar, weitere 30 immerhin noch
DER AUTOR mit David Crane (l.), dem früheren Kabinettschef von Gouverneur Arnold Schwarzenegger und Stanford-Vortragenden. Crane half jetzt bei vielen Initiativen Kaliforniens zur Erhöhung der Impfbereitschaft mit. II Freiheit gilt in FOTO: PRIVAT den USA nach wie vor als oberstes Gut – auch die Freiheit, sich mit Corona zu infizieren. II jeweils 50.000 Dollar. Wer schon länger geimpft ist, wurde automatisch in die Verlosung aufgenommen. Zwei Millionen Kalifornier, die sich in den kommenden Wochen impfen lassen, erhalten dafür einen Einkaufsgutschein über 50 Dollar. ­Arnold Schwarzeneggers Ex-Kabinettschef David Crane, Lesern des trend als einer meiner Lehrer in Stan­ ewsoms ford bekannt, war bei vielen Initiativen N zur Erhöhung der Impfbereitschaft dabei. Bisher wurden (Stand Ende Juni) knapp 180 Millionen Erstimpfungen durchgeführt, die Impfquote liegt bei knapp 55 Prozent, bei den vollständig Geimpften bei knapp 45 Prozent. Diese erfreulich hohe Quote scheint aber nun gefährdet, die Impfbereitschaft gerät ins Stocken. Kalifornien ist kein Einzelfall, mit Preisausschreiben wurden quer durchs Land Millionen­ gewinne versprochen, Freiflüge und Freigetränke. Überhaupt wird das Impfen den Amerikanern leicht gemacht: Schon lange gibt es keine Priorisierung für bestimmte Bevölkerungsgruppen mehr, Tausende Apotheken und Kommunen bieten Impfungen ohne Terminvereinbarung an. Das hat in der ersten Phase gewirkt: In vielen Landesteilen sind große Impfzentren wieder geschlossen worden, weil es nicht mehr genug Nachfrage gab. DIE USA SIND ABER im globalen Vergleich noch D IE INTER A KTIV E KO LUM NE . Scannen Sie diesen Code mit dem QR-Code-Reader Ihres Handys ein, beantworten Sie Robin Lumsdens Frage und geben Sie einen Kommentar dazu ab. Oder schreiben Sie dem Autor unter: redaktion@trend.at immer ein Impf-Herzeigeland: Es gibt keinen mangelnden Nachschub bei den Impfstoffen, hier geht es inzwischen nur noch darum, die Spritzen unters Volk zu bringen. US-Präsident Joe Biden und seine Corona-Experten fordern die Bürger nun fast täglich auf, sich die Anti-Corona-Spritze zu holen. „Jetzt ist die Zeit, sich impfen zu lassen. Es wäre eine Tragödie – und eine vermeidbare –, falls die Covid-Fälle unter den Ungeimpften wieder ansteigen, zumal die Impfungen kostenlos und einfach verfügbar sind“, erklärte Biden. Aber eine allgemeine Impfpflicht ist in den USA politisch undenkbar, weil das natürlich als unangemessen großer staatlicher Eingriff in das Recht auf Selbstbestimmung gilt. So etwas wie den „Grünen Pass“ in Europa, gibt es in den USA nicht und wird es wohl mangels Einigung zwischen den Bundesstaaten auch nie geben. ­ Viele Staaten haben wie Texas sogar ausdrückGesetze verabschiedet, dass nach dem lich ­ ­Impf­status nicht einmal mehr gefragt werden darf. „Freiheit“ gilt nach wie vor vielen als das oberste Gut, auch die Freiheit, sich zu infizieren, seine Umgebung und damit auch die gesamte Wirtschaft. 25. 6. 2021 | T RE ND 149

Know your limits Vier Wochen Urlaub während eines besonders schwierigen Projekts schienen ein Ding der Unmöglichkeit. Aber es hat geklappt. FOTO: BEIGESTELLT DER SOMMER DES JAHRES 1984 ist wegen des schlechten Wetters in die Geschichte der westeuropäischen Meteorologie eingegangen. Ich bin damals mit 28 Jahren der wahrscheinlich jüngste Partner einer Beratungsgesellschaft auf der ganzen Welt; verantwortlich für zehn Projekte in ganz Europa, die sich hauptsächlich zwischen Italien, Deutschland und England verteilen. Ich besteige praktisch täglich ein oder mehrere Flugzeuge und eile von e­ inem Meeting zum nächsten. Es ist ein wahrer Höllenritt, der mir fast den Atem raubt. Aber ich will ja die große Karriere machen. Ein Projekt stellt sich als besonders problematisch heraus: eine Dosenfabrik im Norden Londons. Ein Studienkollege ist der Projektleiter, was die Komplexität jedoch nicht reduziert. Wir haben von Beginn an mit großem Widerstand seitens der Belegschaft und deren Gewerkschaft zu tun. Es beginnt schon damit, dass die Druckereigewerkschaft meiner Mannschaft das Betreten des Drucksaales verbietet. Das Management hat dem wenig entgegenzusetzen, und so wird ein exakter Pfad definiert, auf dem wir den Drucksaal passieren können. Keine ideale Ausgangsposition, aber mein Studienfreund und seine Leute sind trotzdem guter Dinge. Nach wenigen Wochen ruft er mich an und teilt mir mit, dass er einfach nicht mehr kann und die Kündigung eingereicht hat. Er erzählt mir, dass er in der sehr angespannten Situation dieses Auftrages am Vorabend in sein Hotel kam, um dort seine Koffer vor dem Zimmer zu finden. Eines der ganz hohen Tiere meiner Firma – mein Vorgesetzter – brauchte ein Zimmer und hatte sich einfach seines genommen. Mein Freund musste bis Mitternacht eine Alternative suchen – und hat jetzt absolut die Schnauze voll. Er hat sich schon einiges bieten lassen, aber nun ist es ihm zu viel. Ich falle aus allen Wolken und versuche, ihn zum Bleiben zu bewegen, aber offensichtlich wurde der Faden wirklich überspannt und ist nun gerissen. Ersatz für meinen Freund zu finden, erweist sich als schwierig, woraufhin gegen meinen Willen die Entscheidung fällt, dass ich selbst dieses Projekt übernehmen soll. Ich bin stinksauer, denn das heißt nun, alle meine Pläne zu ändern. Die Sommerferien nahen, und ich habe meiner Frau und meiner Familie versprochen, diesmal vier Wochen am Stück Urlaub zu nehmen. Wir haben schon alles gebucht: eine Fahrt mit einem Pferdewagen im Süden Irlands. Der Urlaub ist seit langer Zeit in der Zentrale bekannt, aber es dauert nicht lange, bis die ersten Anfragen kommen, ob ich den Urlaub nicht verschieben kann. Für mich steht jedoch fest, dass ich diesem Wunsch nicht nachkommen werde. Parallel dazu setze ich erste Maßnahmen, um das Projekt auf Schiene zu bringen. Glücklicherweise gelingt es mir, eine sehr gute Beziehung zu dem Produktionsleiter aufzubauen. Er wird mein genialer Partner, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Der Mann will schon lange seiner Zentrale beweisen, dass er fähig ist, auch schwierige Herausforderungen zu lösen. Zwei Tage vor meinem Urlaub ist ein sogenanntes „Progress Meeting“ mit dem Vorstand angesetzt, an dem die vereinbarten Potenziale zu präsentieren sind. Wir sind schon ziemlich in Verzug. Ich verbringe daher mit meinem Team und dem Produktionsleiter fast die ganze Nacht, um mögliche Verbesserungen zu definieren: eine Mischung aus Reduktion von besetzten Positionen an der Linie, Maßnahmen zur Erhöhung der Maschinenleistung und Abbau von Personal in der Instandhaltung und den übrigen indirekten Bereichen wie Innendienst, Buchhaltung etc. Total erschöpft komme ich um ca. drei Uhr morgens ins Hotel und treffe folgende Entscheidung: Nach diesem „Progress Meeting“ werde ich wie geplant vier Wochen auf Urlaub gehen. Ich werde mich nicht dem Druck meiner Vorgesetzten beugen. Ich lege mich ins Bett und schlafe nur schwer ein, denn ich spüre, dass es nicht einfach wird, das durchzuziehen. Das Meeting verläuft halbwegs erfolgreich. Es gibt keinen Grund zum Jubeln, aber das Schlimmste kann abgewendet werden. Danach informiere ich meinen Chef über meine Entscheidung. Er beginnt, zu toben, aber ich bleibe konsequent. Zwei Tage später bin ich mit meiner Familie in Irland, und wir verbringen einen unvergesslichen Urlaub. Zurückgekehrt stelle ich fest, dass das Team auch ohne mich gut vorankam und Sache erfolgreich abgeschlossen werden kann. Meine Lehre aus dieser Geschichte: „Know your limits“ – sonst wirst du auf der Langstrecke versagen. Und das sage ich nach 40 Jahren im Geschäft, ohne ausgebrannt zu sein. ALOIS CZIPIN, Consulter mit dem Schwerpunkt Produktivität, teilt in der trend-Serie „BusinessCLASS“ seine Erfahrungen. Sie können daraus schlauer werden! II Ich informiere meinen Chef, der zu toben beginnt, aber ich bleibe konsequent. II 25. 6. 2021 | T RE ND 151
TREND PRIVAT PRIVAT START GELITIN. Das Wiener Kollektiv setzt sich aus den vier Künstlern Ali Janka (*1970), Wolfgang Gantner (*1968), Tobias Urban (*1971) und Florian Reither (*1970) zusammen. Das international gefeierte Künstlerkollektiv GELITIN sorgt im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum für neue Perspektiven. DAS ES, DAS ICH, DAS ÜBER-ICH UND GELITIN WAHRNEHMUNGSFRAGEN. Schon bei der Installa­tion „Weltwunder“ auf der Expo 2000 in Hannover spielte das 1990 gegründete vierköpfige Wiener Künstlerkollektiv perfekt mit Sehnsüchten und Erwartungshaltungen und dem Überwinden von Hemmschwellen der Betrachter. Wer das sogenannte „Weltwunder“ sehen wollte, musst erst durch ein in den Boden eingelassenes Rundbecken tauchen. Subversiv, körperbetont wie humorvoll auch die Installation der Truppe für den österreichischen Pavillon in Venedig 2001, wo im Hof des Pavillons ein Biotop angelegt wurde, oder auch ihre Filmset-Ausstellung „Stinking Dawn“ mit Liam Gillick in der Kunsthalle Wien 2019. Verschmelzung von Architektur und Skulptur sowie der Einfluss dadaistischer Elemente sind immer Teil 152 T REND | 25. 6. 2021 der künstlerischen Praxis, bei der man gerne auch mit recycelten Stoffen als Material arbeitet. Neue Kunsterfahrungen mit und durch Gelitin kann man nun auch im Innsbrucker Ferdinandeum sammeln, wo sich die vier Künstler mit Blickwinkeln auf kulturelle Werte, Tradition und die Räume des Tiroler Landesmuseums beschäftigen, auf gleich drei Ebenen. Rätselhaft wie verstörend schön. Was die architektonische Dreiteilung der Schau mit Freuds Strukturmodell der menschlichen Psyche zu tun hat und welche Rolle ein riesiger bis zum Obergeschoß hinaufragender Holzmast, ein überdimensionales Sofa und der Balkon des Hauses spielen, sollte man gesehen haben. 1. Juli bis 26. Oktober, tiroler-landesmuseen.at
LEITUNG knapp.michaela@trend.at KNAPPS LISTE Was Sie auch nicht versäumen sollten. FESTIVAL DER WOCHE Livekonzert statt Bildschirmsport GRAZ. „Lust auf einen spielfreien Abend?“ Mit dieser Frage positioniert sich die Styriarte (25. 6. bis 25. 7.) heuer während der EM-Zeit launig im Nahkampf ums Publikum und hat kurzfristig sogar ein eigenes EM-Abo eingeführt. Nach dem Motto: „Ob Achtel- oder Viertelfinale, ob Halbfinale oder Endspiel, die Styriarte hat immer eine Alternative: Livekonzert statt Bildschirmsport.“ Zum Achtelfinale am 27. 6. etwa liest Peter Simonischek die Geschichte von der schönen Psyche und ihrer verrückten Liebe. Mit Happy End!: „Die Lust des Apuleius“, 18 und 20 Uhr, Helmut List Halle. Zum Viertelfinale am 3. 7. interpretiert ebenda das Sopranwunder aus Venezuela, Samuel Mariño, unter dem Titel „Il Castrato“ Musik von Händel und Gluck, 18 und 20 Uhr. Und zum Finale am 11. 7. ist in der Pfarrkirche Stainz das Highlight angesetzt, mit Jordi Savall und Kirchenmusik von Händel, Fux und Vivaldi (20.30 Uhr, live-zv. 21 Uhr, ORF III). Ein Tipp abseits der EM-Timeline: Mira Lu Kovacs (Bild) interpretiert „Love Songs“, 10. 7., 18 und 20 Uhr, H. List Halle, styriarte.com. FOTOS: BIRGIT PICHLER, BEIGESTELLT, NIKOLAUS OSTERMANN, IRINA GAVRICH Mörbisch muss New York werden MÖRBISCH. Mit 150.000 Besuchern sind die Seefestspiele Mörbisch das weltgrößte Festival der Gattung Operette. Heuer bringt Intendant Peter Edelmann einen der ganz großen Musicalklassiker erstmals auf die Seebühne: Leonard Bernsteins Welterfolg „West Side Story“ mit Hits wie „Maria“, „Tonight“, oder „Somewhere“. Die 1957 uraufgeführte Story über zwei rivalisierende ethnisch geprägte Gangs im New York der 1950er-Jahre und eine Romeo-und-Julia-Liebesgeschichte zwischen Tony und Maria läuft in Mörbisch im aufwendigen Bühnenbild von Walter Vogelweider ab. Die Regie hat Musical-Profi Werner Sobotka übernommen. Er weiß, wie große Show geht. Premiere ist am 8. Juli, 20.30 Uhr. Bis 14. 8., tickets@seefestspiele.at. FREITAG, 25. 6. Ihren SAMSTAG, 26. 6. In der 85. Geburtstag hat Burgschau- Staatsoper bittet Martin Schläpspielerin Elisabeth Orth fer zum Ballettabend „Tänze Bilder Sinfonien“, 19 Uhr. heuer im Februar gefeiert. Pandemiebedingt feiert man nach. Im Akademietheater gibt FREITAG, 2. 7. Noch bis kurz es dazu nach einer Lesung von vor seinem Tod hat Lois Christine Lavants „Kubinchen“ Weinberger Arbeiten für seine ein Gespräch mit Hausherr Schau „Basics“ im Belvedere Martin Kušej, 20 Uhr. Nicht 21 zusammengestellt. minder prominent startet Angelika Hager ihr SommerSAMSTAG, 3. 7. Angelika Kirchschlager eröffnet das festival im Thermalbad Vöslau Amadeus Festival und eröffnet den auf dem Areal der Schwimmenden ehemaligen SemmelSalon mit der „Traumweis-Klinik (Wien 18., Paarung” Caroline Bastieng. 36-38) mit Peters und Harald Schmidt, 20.30 Uhr, Arien von Mozart bis ELISABETH bis 20. August, Bizet, 19.30 Uhr. Bis ORTH 10. Juli. thermalbad-voeslau.at
TREND PRIVAT BÜCHER EDWARD QUINN. „Riviera Cock­ tail“. teNeues, 216 S., € 51,40 KULT. Der Fotograf Edward Quinn, der 1920 in Dublin ­geboren wurde und 1997 in der Schweiz verstarb, wurde in den 1950er-Jahren zum ­Chronisten des glamourösen Lebens an der Côte d’Azur. ­Cannes, Saint-Tropez, ­Monaco waren sein Revier. Es ­waren die „Goldenen Fifties“. Stars aus Hollywood, aus Cinecittà und aus den franzö­ sischen Filmstudios frequen­ tierten die Strandbars, Cafés und Restaurants. Grace Kelly, Brigitte Bardot, Sophia Loren, Maria Callas waren Stamm­ gäste. Politiker und Industrielle verbrachten hier ihre Ferien. Besonders gern fotografierte Quinn jedoch Pablo Picasso in seinem Atelier. Wie kein ande­ rer schaffte er es mit seinen Fotos, Glamour und Sex-Ap­ peal jener Zeit einzufangen. 1980 veröffentlichte er den Bildband „Riviera Cocktail“. Das Buch wurde Kult. Nun ist es in einer Neuauflage erschie­ nen. Man blättert gerne und mit Vergnügen darin. Vielseitiger Urlaub Egal ob Sie Entspannung pur oder Abenteuer im Kopf suchen oder tatsächlich auf große Fahrt gehen wollen – die LESELISTE von Manfred Gram, Michaela Knapp, Julia Kospach und Gerald Sturz liefert Spitzenbücher für jeden Geschmack. ZADIE SMITH. „Grand Union. Erzählungen“. KiWi, 256 S., € 22,70 MODERNES LEBEN ZWISCHEN NEW YORK, LONDON UND PARIS, verpackt in knapp 20 Storys und erzählt in der – eher: den unverwechsel­ baren Stimmen von Zadie Smith, 45, einer der längst ganz Großen der briti­ schen Literatur. Es ist Smiths erster Erzählband nach den Romanen und ­Essays, die sie berühmt gemacht haben. Mühelos wechselt sie zwischen den Genres, mal klassische Short Story, mal Ausritt in Richtung Sci-Fi, mal Reflexion übers Schreiben, mal Literarisierung historischer Er­ eignisse. Hardboiled und empathisch spinnt Smith ihr dichtes Netz großstädtischer Jetzt­ zeit und Identitätsfindung zwischen ihren großen Themen Rasse, Geschlecht und Macht. Von der alternden, schwulen Transe, die im orthodox-jüdischen New Yorker Da­ menwäschegeschäft („Miss Adele kauft ein Korsett“) die Nerven verliert, über die als rückblickende Stationenreise konzipierte se­ xuelle Selbstfindung einer farbigen Studentin („Éducation sentimentale“) bis zur grandios ironischen Bestandsaufnahme eines All-in­ clusive-Cluburlaubs in Spanien („Der Fluss der Faulheit“), wo eine Lazy-River-Pool­ anlage zur Metapher fürs Leben wird.  154 WOLFGANG KOS. „Der Semmering. Eine ex­ zentrische Landschaft“. Residenz, 384 S., € 34 ­ ALS DEN „BALKON VON WIEN“ bezeichnete man einst den Semmering. Hier traf sich um die vorletzte Jahrhundertwende nicht nur die noble Gesellschaft aus Wien und aus anderen Teilen der K.-u.-k.-Monarchie, son­ dern auch Künstler der Wiener Moderne und die Bohemiens aus den Kaffee­ häusern. Sie trafen sich in eleganten Villen, in mondä­ nen Grandhotels und auf den Terrassen der Cafés. Spätestens in den 1930er-­ Jahren ging es mit dem Semmering bergab. Der aufkeimende Antisemitis­ mus vertrieb die Stammgäste. Wolfgang Kos, legendärer Radiojournalist und Ex-Direktor des Wien Museums, erzählt nun die Geschichte ­dieser Kulturlandschaft. Ohne dabei in eine „Nostalgiefalle“ zu tappen.
CHRISTIAN HLADE. „Wanderwissen kompakt“. Braumüller, 224 S., 16 Euro NASTASSJA MARTIN. „An das Wilde glauben“. Matthes & Seitz, 139 S., € 18,50 FOTOS: EDWARDQUINN.COM, GETTY IMAGES, VERLAG (9) WAS FÜR EIN BUCH! Roman, Erleb­ nisbericht einer Gene­ sung, anthropologische Studie? Ganz egal. Das schmale, ebenso un­ heimliche wie hoch poetische Buch der fran­ zösischen Anthropologin Nastassja Martin, Jahrgang 1986, erzählt von ihrer brutalen ­Wiedergeburt, nachdem sie während einer Forschungsreise zum indigenen Rentierzüch­ ter-Volk der Ewenen auf der ostsibirischen Vulkanhalbinsel Kamtschatka von einem ­Bären schwer verletzt wird. Der Bär beißt ihr ins Gesicht, sie hört ihre Kiefer krachen, riecht im Dunkeln des Bärenschlunds seinen schlechten Atem. Die Sprache der animisti­ schen Ewenen besitzt ein eigenes Wort für die wenigen Menschen, die den Angriff eines Bären überlebt hat: Für sie ist Nastassja ­Martin nun „miedka, halb und halb“, halb Bär, halb Mensch, Wanderin zwischen den Welten. In ihrem unvergleichlich fesselnden Buch, in dem Bär und Angriff nur in wenigen Absätzen vorkommen und doch in Traumwelten omni­ präsent sind, berichtet Martin, wie unter dem brachialen Einbruch der Wildnis in ihren ­Körper das animistische Weltbild der Ewenen in ihr selbst Form annimmt und die Distanz der Anthropologin zu ihrem Forschungs­ gegenstand für Monate einreißt. Grandios übersetzt und absolut faszinierend! WANDERN MACHT EINFACH GLÜCKLICH! Das schreibt der Wan­ derexperte und Gründer des Grazer Reiseveranstalters Welt­ weitwandern. „Viele Menschen“, so Hlade, „entdecken gerade jetzt das Wandern als ­ideale, bereichernde und sehr gesunde Frei­ zeitaktivität.“ Hlades Buch trifft also sehr gut den Zeitgeist. Alles, was man übers Wandern wissen sollte und müsste, erfährt man nun in diesem sehr nützlichen Nachschlagewerk. Hlade, der bereits mit seinem „Das große Buch vom Wandern“ sehr erfolgreich war, kann auf eine 40-jährige Wandererfahrung und auf über 50.000 Wanderkilometer zu­ rückgreifen. So lernt der Leser zum Beispiel, wie man mit GPS oder Wander-Apps umgeht, wie Kartenlesen funktioniert und wie man aus der Karte die Wegzeiten berechnet. Er erstellt Packlisten, gibt Tipps für eine optimale Wan­ derausrüstung und Empfehlungen für eine richtige Ernährung. Eine essenzielles Hand­ buch für wanderbegeisterte Menschen und solche, die es jetzt endlich werden wollen. SCOTT MCCLANAHAN. „Crap“. Ars Vivendi, 195 S., € 20,90 SCHMUTZIG. Die eigene Biografie literarisch auszuschlachten ist meist eine zweischneidige Angelegenheit. Nicht so beim amerikanischen ­Underdog Scott McClanahan. Der schafft es mit unpeinlicher Ausdrucksstärke, sein Leben so aus­ zuwalken, dass einem zwischen all den Grotesken und Skurrilitäten nicht fad wird. Das bewies er eindrucksvoll in dem im Vorjahr erschienenen Roman „Sarah“, in dem er seine gescheiterte Ehe sezierte. In „Crap“ erzählt er vom Aufwachsen in einer kaputten Bergwerkstadt in West Virginia und setzt in liebevoller Schonungslosigkeit seiner eigenen (kaputten) Familie ein würdevolles Denkmal. „Crap, also Scheiße, düngt die Erde, und dann wachsen Blumen“, heißt es im Buch, und dieser Satz gibt die Marschrichtung vor. Schließlich wirkt die Schönheit des Lebens dort am stärksten, wo sie nicht vermutet wird. Ein hehrer Ansatz, einmal mehr kongenial von Clemens Setz ins Deutsche übertragen. HELEN MACDONALD. „Abendflüge“. Hanser, 352 S., € 24,70 SEIT IHREM BESTSELLER „H wie Habicht“ über das Falknerhandwerk als Vehikel der Selbstfindung steht die englische Wissen­ schaftshistorikerin Helen Macdonald für literari­ sches Nature Writing vom Feinsten. Ihr neues Buch „Abendflüge“ ist eine Textsammlung, in der die Natur, vor allem Vögel, zur großartig be­ schriebenen Kulisse für Betrachtungen zu The­ men wie Gefangenschaft und Migrationsströmen, Rückzugsorten und Freiheit wird. Von den Abendflügen des Mauerseglers bis zu riesigen Kranichkolonien in Ungarn, von der Sehnsucht nach ländlichen Kindheitslandschaften bis zur tröstlichen Befriedigung, die Naturbeobachtungen dem Menschen bescheren.  VIOLETTE LEDUC. „Thérèse und Isabelle“. aufbau Verlag. 169 S., € 20,60 EXISTENZIELL. Violette Leduc ­ eschreibt in „Thérèse und Isabelle“ kurz b und bündig die Liebesgeschichte zwischen zwei Internatsschülerinnen. Was vor sie­ ben Jahrzehnten der Zensur zum Opfer fiel, sorgt nun im unzensierten Nachdruck für Nachdruck. Hinter streng regulierten Schulmauern entdecken zwei Mädchen die körperliche Liebe. Nur so viel: Die poetische und existenzielle Wucht, mit der die Autorin, eine Freundin von Simone de Beauvoir, auf allen Ebenen das intime Kennenlernen ihrer zwei Protagonistinnen beschreibt, gehört wahr­ scheinlich zum Wichtigsten und Schönstem, was wohl je darüber geschrieben worden ist. Nicht zu­ letzt, weil hier das Kunststück gelingt, Explizites zu schildern, ohne dabei Voyeuristisches zu bedie­ nen. Späte Gerechtigkeit für ein großartiges Werk. EMILIE PINE. „Botschaften an mich selbst“, Essays. btb Verlag, 224 S., € 20,60 STARKER STOFF. In Emilie Pines sechs großarti­ gen Essays wird an genau jene Bereiche des Privaten gerührt, deren Details, weil tabuisiert und schwer auszuhalten, kaum je benannt werden. „Ich habe die Essays geschrieben, die ich selbst lesen musste“, so Pine, Professorin für Modernes Drama am Uni­ versity College Dublin, über ihr erstes nichtwissen­ schaftliches Buch, das seit seinem Erscheinen im englischen Original gefeiert und ausgezeichnet wird. Zu Recht. Hier geht es ums Ganze, um die Umstände des Frauseins und –werdens, zumal im erz­ katholischen Irland, dessen Gesetze Pines Herkunfts­ familie, weil Scheidung nicht möglich ist, in Not stürzen. Es geht um Kinderalltag in Armut und Hunger, um wilde Teenagerjahre, sexuellen Missbrauch, um die körper­ lichen Eingriffe, die nötig sind, um der eigenen Un­ fruchtbarkeit vielleicht doch noch ein Schnippchen zu schlagen, oder um den alkoholkranken Vater. Vor allem aber darum, wie man aus der Summe dieses Erlebten gelungenes Leben und Literatur schafft.  25. 6. 2021 | T RE ND 155
TREND PRIVAT BÜCHER LESLIE JAMISON. „Es muss schreien, es muss brennen“, Essays. Hanser Berlin, 320 S., € 25,70 INTELLIGENTE BEOBACHTUNGEN. DANIEL KAHNEMAN, OLIVIER SIBONY und CASS R. ­SUNSTEIN. „Noise“. Siedler Verlag, 480 S.,€ 30,90 JOYCE CAROL OATES. „Blond“. Ecco, 1.024 S., € 26,80 KLASSIKER. Verehrt und bewundert, ausgebeutet und unterschätzt. Bereits 2001 hat Joyce Carol Oates das Leben von HollywoodLegende und Popikone ­Marilyn Monroe auf mehreren Ebenen beleuchtet und gezeigt, wie viel das Leben des Sexsymbols über patriarchale Strukturen verrät. Jetzt wurde der Erfolgsroman der 83-jährigen US-Autorin neu aufgelegt. Oates erzählt von der Verwandlung der 1926 geborenen Norma Jeane Baker zur Kunstfigur Marilyn Monroe, von ihrem Schmerz wie ­ihrer Strahlkraft bis zum tragischen Ende. Und spaltet dazu die Protagonistin in die blonde Darstellerin und ein Mädchen mit Vaterkomplex. ENTSCHEIDUNGSFRAGE. Treffen sich ein Psychologe, ein Unternehmensberater und ­Jurist – und schreiben ein Buch. Und zwar darüber, wie Entscheidungen zu Stande kommen. In unzähligen, manchmal eindrucksvollen, manchmal ­ermüdenden, Beispielen wird gezeigt, dass es statistisch ­unmöglich ist, Entscheidungen vorauszusehen. Als „Noise“ (Rauschen) bezeichnen die Autoren diese zufällige und unerwünschte Streuung beim Schaffen von Tatsachen. Und: Menschliche Urteile sind fast immer verrauscht und hängen von Faktoren ab, die man nicht permanent am Schirm hat. Ergo: Der Zufall spielt stets eine gewichtige Rolle. Wohl auch, ob, wann, wo, wie dieses Buch gekauft und gelesen wird. TERESA PRÄAUER. „Das Glück ist eine Bohne“. Wallstein Verlag, 312 S., € 24,70 KITSCH UND KUNST. Die 42-jährige österreichische Autorin und Performerin liefert hier eine Kurzgeschichtensammlung vom Feinsten und erweist sich einmal mehr als kluge wie humorvolle Beobachterin von Alltagskultur. Es geht um Kunst und das Internet, YouTube-Tutorials, Dating­shows, ein Foto von Kim Kardashian, Glitzer und Popkultur und wie das alles ein kaleidoskopisches Ganzes ergibt. Woher kommt das Bedürfnis, mit einem T-Shirt-Spruch Selbstauskunft zu geben, fragt sich die Autorin etwa, sinniert über die „Unerträglichkeit des Schönen“ oder erklärt ihre Sehnsucht nach Après-Ski in einem Bogen von ihrer Kindheit in Salzburg bis zu Aufenthalten in Amerika. So gibt man Zufällen eine Ordnung. 156 T REND | Die US-Amerikanerin Leslie Jamison, 38, wird als eine der originellsten Denkerinnen ihrer Generation gehandelt und steht im Wettbewerb um die Nachfolge von Susan Sontag und Joan Didion in den vorderen Reihen. Ihr neuer Essayband behandelt Themen wie Obsession und Distanz, Wahrnehmung und Selbst­ bezogenheit, Einsamkeit und Reinkarnation. Was mitunter grandios beginnt – wie ihre Geschichte über den einsamsten Wal der Welt („52 Blue“) oder wie „Wir erzählen uns Geschichten, um wieder zu leben“ über einen Buben, der sich als Reinkarnation eines im Zweiten Weltkrieg ­abgeschossenen US-Air-Force-Piloten fühlt –, endet auch einmal in Plattitüden à la „dass nichts in unserem Leben einzigartig ist, dass wir immer – in gewisser Weise – wiederleben“. Lesenswert ist es nichtsdestotrotz.  SAHRA WAGENKNECHT. „Die Selbstgerechten“, Campus, 345 S., € 25,60 GESELLSCHAFT UND POLITIK. Links ist heute in erster Linie eine Lifestylefrage. Politische Konzepte für sozialen Zusammenhalt bleiben auf der Strecke, so wie schlecht verdienende Frauen, arme Zuwandererkinder, ausgebeutete Leiharbeiter und große Teile der Mittelschicht, schreibt ­Sarah Wagenknecht in ­ihrem viel diskutierten Buch über einen Linksliberalismus, der sich progressiv wähnt, aber die Gesellschaft weiter spaltet. ­Clevere wie fulminante Abrechnung, die auch bei den Parteikollegen der 51-jährigen Politikerin und studierten Volkswirtin nicht nur für Applaus sorgte. Gut so. COLIN NIEL. „Nur die Tiere“. Lenos, 286 S., € 22,70 KRIMI NOIR. Eine kleine Stadt im französischen Zentralmassiv, wo die Bewohner wortkarg sind und ihre Geheimnisse zu hüten wissen. Dann verschwindet eine Frau spurlos. Und mit jedem weiteren Kapitel ­ergeben sich ein weiteres ­Geheimnis und ein neuer Verdacht gegen immer neue Verdächtige, erzählt aus fünf Perspektiven. Mit seinem Krimi gelingt dem französischen Autor und Evolutionsbiologen auch eine Eins-a-Schilderung des ländlichen Frankreichs von heute und prekärer Milieus und ein unerwarteter Bogen von französischen Berg­höhen in afrikanische Chatrooms. Abgefahren und rabenschwarz! FRIEDRICH ANI. „Letzte Ehre“. Suhrkamp, 270 S., € 22,70 GEWALTIG. Krimi-Routinier Friedrich Anis neuestes Werk hatte dem Vernehmen nach eine schwierige Entstehungsgeschichte. Und auch bei der Einordnung des Werks tut man sich nicht leicht. Irgendwie ist „Letzte Ehre“ ein Roman, der sich gut als Krimi tarnt. Ani schickt darin seine ­Ermittlerin Fariza Nasri auf einen düsteren Trip, der das Verschwinden einer 17-Jährigen klären soll und dabei tief in den Sumpf ­gewalttätiger Männer­ fantasien führt. Es geht um Gewalt gegen Frauen, ­Racheakte und weitere ­unfassbare Begebenheiten, die man in den gehobenen sozialen Schichten, wo ermittelt wird, nicht vermutet. Ein sinistres Sittenbild.
KILEY REID. „Such a Fun Age“. Ullstein, 352 S., € 22,70 WOKE. Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Unaufdringlich, witzig spießt Kiley Reid in diesem für den Booker Prize nominierten Roman, die Realität für Afroamerikaner in den USA vor der Trump-Ära auf. Die 25-jährige Studienabsolventin Emira verdingt sich als Babysitterin in einem privilegierten Haushalt. Als die junge Frau von Polizisten spontan ­verdächtigt wird, das ihr anvertraute Kind entführt zu haben, ­eskaliert die Lage. Mit Leichtigkeit verwebt Reid schwierige Themen wie Hautfarbe, Vorurteile, Zukunftsängste, soziale Ungleichheit zu einer messerscharfen Analyse und karikiert dabei die Fehl­ interpretationen Weißer, wenn es um „Wokeness“ und „Political Correctness“ geht. Und zwar so, dass das Lachen dabei nicht nur befreit, sondern auch Brücken zwischen den Gräben zu bauen vermag. PETER BUWALDA. „Otmars Söhne“. Rowohlt, 624 S., € 24,70 FAMILIENAUFSTELLUNG. Peter Buwalda gilt als einer der wichtigsten niederländischen Gegenwartsautoren. In seinem neuen Roman, dem ersten Teil einer Trilogie, zeigt er eindrücklich, warum. Scharfsinnig und mit bitterer Ironie zerlegt er eine Familiengeschichte in ihre Bestand­ teile, um sie neu zusammenzusetzen. Ludwig Smit, junger Mitarbeiter bei Shell, trifft in Sibirien seinen leiblichen Vater. Gesucht hat er ihn nicht, Dreck am Stecken hat der Erzeuger, ein Sadist übelster Sorte, trotzdem. Aber das ist nur ein Aspekt des 600-Seiten-Ziegels, der Ludwigs Ehe ebenso beleuchtet wie seine Kindheit mit Stiefvater Otmar und dessen leiblichen, gedrillten Geniekindern. Acht Jahre hat Buwalda an diesem Buch gefeilt, Sätze und Plot sitzen daher perfekt. JORDAN B. PETERSON. „Beyond Order – Jenseits der Ordnung“. FBV, 400 S., € 23,70 DISKUSSIONSSTOFF. Der Psychologe, YouTube-Star und Professor provoziert mit seinen Thesen und geriert sich – mehr oder weniger ­genussvoll – als Bollwerk gegen politische Korrektheit, Genderstudies und Feminismus. Damit hat er durchaus Erfolg, wenn er sich eklektisch und leicht verständlich aus Biologie, Literatur, Religion, Mythen und seiner klinischen Erfahrung eingängige Thesen zurechtzimmert und Regeln aufstellt. Etwa aktuell zwölf neue, die dazu auffordern, Strukturen aufzubrechen und Chaos zuzulassen. Durchaus diskussionswürdig, auch wenn der angeschlagene Ton nicht immer erträglich ist. ULRIKE STERBLICH. „The German Girl“. Rowohlt, 384 S., € 20,60 AUF SPEED. Schauplatz ist das drogenschwangere New York der Sechziger, wo sogenannte Feelgood-Doctors ihre Promi-Klientel von Maria Callas bis zu Tennessee Williams ganz legal mit dem versorgten, was die Rolling Stones als „Mother’s little Helper“ besangen, Amphetamine, Vitamine, Beruhigungsmittel. – „Was ist schlecht daran, gut drauf zu sein?“ war Motto der Speed Doctors, die die Party am Laufen hielten. Die beiden bekanntesten waren die aus Deutschland stammenden Max Jacobson und Robert Freymann, wie die Autorin für ihr dokumentarisch-fiktionales Romandebüt recherchiert hat. Auch das titelgebende „German Girl“ hat eine reale Vorlage. Spannende Zeitreise! ANNA BAAR. „Nil“. Wallstein Verlag, 148 S., € 20,60 ZITATENSPIEL. Das schmale Büchlein hat es in sich. Anna Baar lässt in „Nil“ auf packend virtuose Weise Realität und Fiktion verschwimmen und feiert in einer schier unendlichen Referenzwelt die Post-Postmoderne. Dementsprechend schwierig ist es also, zusammenzufassen, worum es hier geht. Oder gar die ganzen Anspielungen und ­Bausteine zu entschlüsseln. Einen Versuch ist es aber allemal wert, denn mit poetischer Wucht kleistert hier Baar einen eigenen hoch literarischen Kosmos zusammen, wenn ihre Ich-Erzählerin (oder ist es doch ein Erzähler?) den Schluss eines Fortsetzungsromans für ein Frauen­ magazin verfasst und gleich wieder vernichtet – aus Angst, er könnte Realität werden. Ein ­vergnügliches Verwirrspiel. FOTOS: VERLAG (14), THOMAS LANGDON, THE NEW YORK TIMES/REDUX/LAIF YUKIKO MOTOYA. „Die einsame Bodybuilderin“. Blumenbar Verlag, 240 S., € 20,60 GROTESK. Schon einmal vom AkutagawaPreis gehört? Er ist die höchste literarische Auszeichnung, die man in ­Japan vergibt. Yukiko ­Motoya ist Trägerin dieses Preises, und nun liegt von der in Japan gefeierten Autorin erstmals ­etwas in deutscher Übersetzung vor. „Die einsame Body­builderin“ versammelt elf Erzählungen. Extrem, mysteriös, grotesk und unheimlich fantasievoll sind die Geschichten der 42-Jährigen, die, in einem sehr realistischen Ton verfasst, auf Risse und Abgründe im Japan der Gegenwart hinführen, aber auch Themen wie Identität und Selbstbehauptung auf den Prüfstand stellen. Da kann man schon einmal mit einer Strohpuppe verheiratet sein, der Ehegatte zerplatzen und sich in Pfingstrosen verwandeln oder eine Frau zum weißen Hund werden. OLE NYMOEN, WOLFGANG M. SCHMITT. „Influencer“. edition suhrkamp, 192 S., € 15,50 MICHAELA LINDINGER. „Elisabeth Petznek. Rote Erzherzogin“. Molden, 256 S., € 28 RADIKAL. Sie war die einzige Tochter des Kronprinzen Rudolf und hätte Kaiserin werden können, wurde aber lieber Sozialdemokratin und starb 1963 als Genossin Petznek. Michaela Lindinger widmet sich dem Leben der extravaganten Erzherzogin Erzsi, die mit Theodor Körner wie Bruno Kreisky befreundet war, in allen Details: von der Kindheit im Schatten von Mayerling über Ehe, Scheidungskrieg, Affären und ihre Kinder, die sie enterben lies. Ihr Besitz ging an die Republik Österreich. KULTURKRITIK. Sie filmen sich beim Reisen, Shoppen oder beim Sport und teilen ihre „photogeshoppten“, „gefilterten“ Tipps und Stories über die sozialen Medien mit ihren großteils U30-Fans: Influencer sind aktuell die Topstars, auf die die Werbeindustrie baut. Mit ihrem Sachbuch „Die Ideologie der Werbekörper“ legen der ­Soziologe Ole Nymoen und der Filmkritiker Wolfgang M. Schmitt eine kulturkritische ­Analyse des Phänomens vor und sezieren den „­Influencer“ als symptomatische Sozial­ figur des digitalen Zeitalters, über die herkömmlichen Stehsätze hinausgehend, witzig wie kritisch. 25. 6. 2021 | T RE ND 157
TREND PRIVAT BÜCHER HELGA SCHUBERT. „Vom Aufstehen. Ein Leben in Geschichten“. dtv, 224 S., € 22,70 DER KRIEG, DIE ZEITLÄUFE UND EINE KETTE VON ZUFÄLLIGKEITEN BEATRICE GALILEE. „Radical Architecture of the Future“. Phaidon, 240 Seiten, 50 Euro ZUKUNFTSWEISEND. Architektur ist an einem entscheidenden Punkt angelangt. Es genügt nicht mehr, Gebäude zu bauen und dabei bloß nach ästhetischen und praktischen Kriterien vorzugehen. Architektur muss sich heute vielen neuen Herausforderungen stellen, sozialen, ökonomischen, kulturellen, ethischen. Und sie muss Antworten auf Fragen zu Nachhaltigkeit und Klimawandel, zu einem intelligenten und umweltverträglichen Umgang mit Ressourcen und mit Raum finden. Dieses großartig illustrierte Buch stellt Arbeiten von Architekten und Designern, aber auch von Filmemachern und Künstlern vor, die sich diesen Herausforderungen stellen und innovative Lösungen finden. GÖTZ ALY. „Das Prachtboot“. S. Fischer Verlag, 240 Seiten, € 21,60 WICHTIGER BEITRAG ZUR PROVENIENZDEBATTE. Nun dreht die sich meist um Raubkunst aus Afrika. Götz Aly richtet den Blick auf den Pazifik. Er erzählt, wie brutal deutsche Händler, Abenteurer und Ethnologen in der Südsee auf Raubzug gingen. Im Mittelpunkt seiner Recherche steht ein 16 Meter ­langes, reich verziertes Auslegerboot von der Insel Luf, die heute Teil von Papua-Neuguinea ist und einst zu Deutsch-Neuguinea gehörte. Jetzt steht dieses geraubte „Prachtboot“ im neuen Berliner Humboldt Forum und es stellt sich die Frage: Was tun? Götz Aly hat auch ­einen ganz persönlichen Grund, sich mit der Geschichte der deutschen Kolonialherrschaft im Pazifik zu ­befassen. Sein Großonkel war als Militärpfarrer auf dem Bismarck-Archipel im Einsatz. PETER PAYER UND CHRISTOPHER MAVRIC. „Stille Stadt. Wien und die Corona-Krise“. Falter Verlag, 160 Seiten, 29,90 Euro VISUELLE CHRONIK. Wer das ungewöhnliche und verstörende vergangene Jahr Revue passieren lassen will und sich noch einmal die Bilder von leere Straßen und Plätzen, von vorsichtigen Sommervergnügungen, demonstrierenden Covidioten und vom islamistischen Terror vom 2. November in Erinnerung rufen will, der sollte zu diesem Buch greifen. Es enthält, chronologisch geordnet, jene Fotos, die Christopher Mavric im Laufe dieses Jahres gemacht hat. Ergänzt wird diese visuelle Chronik des vergangenen Jahres mit Beobachtungen des Stadtforschers Peter Payer, der sich anschaut, was die Pandemie mit dem sozialen und kulturellen Gefüge der Stadt angestellt hat. 158 T REND | 25. 6. 2021 FRANZ SCHUH. „Lachen und Sterben“. Paul Zsolnay Verlag, 336 Seiten, € 26,80 ZEITDIAGNOSE Wie man lachend dem Schicksal die Stirn bietet, davon erzählen die auf mehreren Ebenen großartigen Essays des Wiener Philosophen Franz Schuh, der bekanntlich noch nie Angst vor vermeintlich schlichten Themen hatte. Ironisch wie pointenreich spannt er auch hier einen Bogen von den eigenen Gebrechen bis zu TVTalks, vom Wiener Schmäh bis zu Hape Kerkeling, von Helmut Qualtinger bis Hegel. Oder vom barocken Selbstpor­ trät bis zum Selfie. Große Gedanken, brillant formuliert, großer Spaß und: sichtverändernd! RENATE WELSH. „Die alte Johanna“. Czernin Verlag, 192 S., € 20 EIN FRAUENLEBEN. „Johanna“ hieß der Vorgängerband von Renate Welshs neuem Buch „Die alte Johanna“. Er erschien im Jahr 1984, wurde zum viel ­gelobten Jugendbuchklassiker und erzählt die literarisierte ­Lebensgeschichte von Welshs Nachbarin. Nun folgt, zehn Jahre nach deren Tod, Welshs Folgeband über das „Was-nachher-geschah“. Das Label Jugendbuch passt und ist doch, wie schon beim ersten Band, viel zu eng. Denn die ­titelgebende ­Johanna, „uneheliches Kind einer Bauernmagd, die das uneheliche Kind einer Bauernmagd war“, erobert sich darin – aus Sicht des Alters erzähl – den bein­ harten Umständen und sozialen Schranken ihres kargen Lebens zum Trotz einen festen Platz im Leben und wird zum klugen Zentrum einer großen Familie und eines ganzen Dorfs, genau jenes Dorfs, in das sie in den 30er-­ Jahren als uneheliche, entrechtete „Dirn“ gekommen war. Ein Stück österreichische Frauengeschichte vom Feinsten.  FOTOS: VERLAG sind es, die Helga ­Schubert, Jahrgang 1940, als 21-Jährige zur Bürgerin der DDR machen, der zweiten Diktatur ihres Lebens. In „Vom Aufstehen“ erzählt die deutsche Schriftstellerin, die im Vorjahr als 80-Jährige mit dem Bachmann-Preis ausgezeichnet wurde, ihr Leben in 29 kurzen Geschichten. Diese sind in Vor- und Rückblenden, Motiven und Personal eng miteinander verknüpft und umspannen acht Jahrzehnte buchstäblich am eigenen Leib erlebter Zeitgeschichte: Kriegswaise und Flüchtlingskind, bespitzelte DDR-Autorin mit ewiger Sehnsucht, der Enge vom „Zwergenland“ zu ­entkommen, Ducken und Aufmucken in der Diktatur, lebenslanges Hadern mit ihrer von Krieg und Zwang hart geworden Mutter, schließlich Ankommen in einem mecklenburg-vorpommerischen Kleindorf als Ort fürs Schreiben und Leben in einer glücklichen Ehe.

TREND PRIVAT REISE GERALD STURZ trend-Traveller Noch nie hat der trend-Traveller FLORENZ so ruhig und entspannt erlebt. Das ist eine einmalige Gelegenheit, nicht nur die historischen Kunstschätze der Stadt wieder einmal zu besichtigen, sondern auch das zeitgenössische Florenz zu entdecken. Die Ruhe vor dem Sturm 160 T REND | 25. 6. 2021
FOTOS: ISTOCKPHOTO, JR, LA FERITA, GERALD STURZ (2), PICTUREDESK.COM/AP/ANTONIO CALANNI E STREET ART UND STREET FOOD. Der französische Künstler JR hat der Renaissance­ fassade des Palazzo Strozzi eine klaffende Wunde zugefügt. Wer Schiacciate, also die Florentiner Sandwiches, probieren will, ist bei „All’antico Vinaio“ an der richtigen Adresse. s fühlt sich ein wenig so an wie die Ruhe vor dem Sturm. In diesen Tagen und Wochen zeigt sich Florenz von einer recht entspannten Seite. Florenz kann tatsächlich Florenz sein und nicht ein Freilichtmuseum für laute, alles verdrängende amerikanische Barbaren und forsche Reisegruppen aus China. Jetzt hört man in den Gassen wieder mehr Italienisch als amerikanisches Englisch. Es ist unübersehbar, wie sehr sich die Leute hier an ihrer Stadt erfreuen. Jetzt gehört sie ihnen. Ein paar Tage, ein paar Wochen noch, dann ist es wieder vorbei. Und so sitzen sie in den Restaurants und Cafés, flanieren durch die Uffizien und genießen die Abendstimmung an der Piazza Santo Spirito. Sehr diszipliniert tragen sie ihre Mascherine – auch im Freien. Der trend-Traveller hat Florenz noch nie so angenehm ruhig erlebt – und wird es vermutlich auch nie wieder. Doch spricht man mit den Leuten hier, dann sind sie schon in Erwartung der Touristenströme. Auf jeden Fall im August oder September, sagen sie, werden sich wieder die Grenzen für die Amerikaner öffnen, vielleicht auch schon im Juli. Manche können es kaum erwarten, andere genießen noch die Tage der Ruhe. Also hat der trend-Traveller die Chance genutzt. Es gibt so viel zu sehen. Man kann gemütlich durch die Altstadt flanieren und in Ruhe die prächtigen Renaissancepaläste betrachten. Die Uffizien und die Galleria dell’Accademia lassen sich ohne allzu großes Gedränge erkunden, in den Kaffeehäusern und Restaurants kann man ohne lange Wartezeiten Plätze ergattern. Unbedingt sollte man den Arno überqueren und jenes noch recht hippe Viertel ­erkunden, das sich Oltrarno nennt. Jetzt kann man erst so richtig erkennen, was für eine atemberaubend schöne und romantische Stadt Florenz ist. FLORENZ-UPDATE. Wer jetzt also sagt, Florenz sei nur ein riesiges Freilichtmuseum und er habe ohnehin schon so ziemlich alles gesehen, dem möchte der trend-Traveller darauf aufmerksam machen, dass man erstens nicht oft genug in die Uffizien oder in der Galleria dell’Accademia gewesen sein kann und dass zweitens Florenz durchaus eine lebendige Stadt mit einer sehr aktiven Szene ist, die auch immer wieder Neues zu bieten hat. Hier sind einige aktuelle Empfehlungen 1. Hotel Savoy. Nicht nur die Location ist nahezu unschlagbar. Direkt an der Piazza della Repubblica, wenige Gehminuten von Dom, Uffizien, Palazzo Vecchio und Palazzo Strozzi entfernt, befindet sich dieses elegante Hotel der immer sehr zuverlässigen Rocco-Forte-Gruppe (rocco fortehotels.com). Die Zimmer und Suiten sind von Rocco Fortes Schwester Olga Polizzi stilsicher und stylisch gestaltet und lassen, wie man so schön sagt, keine Wünsche offen. Der trend-Traveller hat sich hier sehr wohl gefühlt. Das Restaurant „Irene“ mit seiner schönen Terrasse auf der Piazza della Repubblica ist ein Treffpunkt der Florentiner. 2. Die Dante-Tour. Weil sich Dante Alighieris Todestag zum 700. Mal jährt, wird der Dichter, der mit der „Göttlichen Komödie“ eines der Schlüsselwerke der italienischen Literatur schuf und den toskanischen Dialekt zur italienischen ­ Hochsprache machte, entsprechend geehrt. Wer im Hotel Savoy absteigt, kann eine Dante-Tour buchen, die von der ­Dottoressa Letizia Baldi sehr kundig geführt wird und zu einigen Orten führt, die man mit Dante in Verbindung bringen kann. 3. Moderne Kunst. Der mächtige Palazzo Strozzi hat sich seit einigen Jahren als ein ausgezeichnetes Ausstellungshaus für moderne und zeitgenössische Kunst etabliert. Aktuell zeigt er „American Art 1961–2001“: 80 Arbeiten aus der famosen Sammlung des Walker Art Centers in Minneapolis. ZEITGENÖSSISCHE KUNST. Der Palazzo Strozzi zeigt amerikanischen Kunst, und im Gucci Garden werden Werbekampagnen der Florentiner Modemarke eindrucksvoll in Szene gesetzt. Wie zum Beispiel in diesem Spiegelkabinett. 25. 6. 2021 | T RE ND 161
TREND PRIVAT REISE GUTE LAGE. Das Resort liegt mitten im Chianti. Die toskanische Landschaft zeigt sich hier von ihrer schönsten Seite. HOTELTI P P Como Castello del Nero Auf halber Strecke zwischen Florenz und Siena befindet sich ein Luxusresort, das sich als idealer Ausgangspunkt für Ausflüge in die Toskana anbietet. Das Panorama, das sich beim Blick aus den Fenster darbie­ tet, ist atemberaubend und quintessenzielle Toskana. Sanfte Hügel, schlanke Zypressen, die stramm in Reihe stehen, Dörfer auf den Kuppeln der Hügel, Weingärten und Olivenhaine. Wir befinden uns mitten im Chianti, auf halber Strecke zwischen Florenz und Siena, in einem Castello, das es bereits seit dem 12. Jahrhundert gibt und das den adeligen Familien der Del Neros und der Torrigiani als Sommer­ residenz gedient hat. Nach San Gimignano und nach Volterra ist es nicht weit. Seit 2019 ist das Castello del Nero das erste Hotel der luxuriösen Como-­ FRESKEN UND ANTIQUITÄTEN. Der Gast kann zwischen historischen und modernen Zimmern wählen. 162 T REND | 25. 6. 2021 Gruppe (comohotels.com) in Kontinen­ taleuropa. 50 Zimmer hat das Castello, einige mit Fresken und Antiquitäten, andere in einem nüchternen, reduzier­ tem Look, für den die Designerin Paola Navone verantwortlich ist. Es gibt drei Restaurants, darunter das mit Miche­ lin-Stern ausgezeichnet „La Torre“, wo Küchenchef Giovanni Luca Di Pirro eine recht kreative Küche anbietet. Selbst­ verständlich gibt es auch hier eines dieser Shambhala Retreats, für die die Como Resorts bekannt sind. Auch etliche Exkursionen sowie ein Shuttleservice nach Florenz und Siena werden angeboten, aber die Versu­ chung, seine Zeit ausschließlich im Castello zu verbringen, ist groß. ELEGANZ. Das Castello ist von einer großzügigen Parkanlage umgeben. Eine Kapelle gibt es auch. 4. La Ferita. „La Ferita“, also „Die Wunde“, nennt sich die riesige, 28 Meter hohe Installation, die der gerade sehr an­ gesagte französische Straßenkünstler JR an die Fassade des Palazzo Strozzi mon­ tiert hat. Sie lässt den Eindruck entste­ hen, als wäre die Fassade des Palastes aufgeschlitzt worden und man könne von außen einen Blick auf ikonische Florenti­ ner Kunstwerke werfen. 5. Gucci Garden. Der Name ist viel­ leicht etwas irreführend. Einen Garten gibt es im Gucci Garden nicht. Er befin­ det sich in einem historischen Palazzo di­ rekt an der Piazza della Signoria, gleich neben dem Palazzo Vecchio. Hier ent­ faltet sich die Florentiner Modemarke Gucci. Neben dem Gucci-Museum und dem Gucci-Verkaufsraum gibt es auch die „Gucci Osteria“, die von Massimo Bottura geführt wird, dessen Restaurant „Osteria Francescana“ in Modena auch schon mal zum besten Restaurant der Welt gekürt wurde. Im Museum ist zur Zeit die In­ stallation „Gucci Garden Archetypes“ zu sehen, die in mehreren Räumen fünfzehn der jüngsten Gucci-Kampagnen präsen­ tiert. Sehr spektakulär! 6. Street Food. Bistecca Alla Fiorenti­ na, das meist riesige Florentiner Steak, ist das Signature Dish der Stadt. Die „Osteria dell’Enoteca“ in Oltrarno ist dafür eine gute Adresse. Fine-Dining-Restaurants gibt es auch zur Genüge. Den trend-Tra­ veller interessiert aber vor allem das recht eigenwillige Streetfood. Das „Panino al lampredotto“ ist ein Kuttel-Sandwich, und jeder, der nach Florenz kommt, sollte es probieren. Lampredotto-Standln sind hier so präsent wie Würstelstandln in Wien. Beliebt sind auch die Schiacciate, die loka­ le Variante der Focaccia. Auch hier hat der trend-Traveller eine Empfehlung: „All’an­ tico Vinaio“ in der Via dei Neri. FOTOS: BEIGESTELLT (3), TYSON SADLO 2019 HOTEL SAVOY. Das hervorragende Hotel aus der Rocco-Forte-Gruppe besticht nicht nur durch seine ausgezeichnete Lage mitten in der Stadt.
TREND WIRTSCHAFT REAKTIONEN LESERBRIEFE redaktion@trend.at Überförderung KOMMENTAR BACHLER T R E N D. E D I T I O N 3 Mit Interesse habe ich Ihren „Standpunkt“ gelesen. Man sieht daran, dass unser System mit dem „Koste es, was es wolle“ an allen Ecken und Enden krankt und noch viele alte, aber auch dadurch erzeugte Probleme erst zukünfig aufbrechen. Zu Kurzarbeit für alle: Kurzarbeit ist für Unternehmen, die keine Waren erzeugen, nicht geeignet, und schon gar nicht für eine Szene, die sich rasch ändert. Sie verhindert ein rasches Wechseln von Mitarbeitern in andere angesagte Bereiche einer Branche. Und schon gar nicht für Saisonbetriebe. Kurzarbeit ist geeignet, um Lager abzubauen oder um keine zusätzlichen Lager aufzubauen, aber auch da nur sehr eingeschränkt. Umsatzersatz und Kurzarbeit für Gastro fördert Überförderung und Unflexibilität. Herbert Ritt, per Mail Nobelpreis KOMMENTAR SCHMID T RE N D.E DIT ION 3 Dass Franco Foda den Nobelpreis verliehen bekommt, wird immer wahrscheinlicher. Die Gruppenphase ist geschafft. Das entspricht allerdings doch eher einem anderen ökonomischen Modell, nämlich der ­kooperativen Spieltheorie, die sich mit den auf­einander abgestimmten Verhaltensweisen einzelner Spieler auseinandersetzt. Peter Klein, per Mail IM PR E S S U M CHEFREDAKTEURE: GESCHÄFTSFÜHRUNG: Mag. Andreas Lampl, Andreas Weber STV. CHEFREDAKTEUR: Oliver Judex REDAKTION: Mag. Martina Bachler, Mag. Franz C. Bauer, Mag. Bernhard Ecker, Dr. Markus Groll, Mag. ­Michaela Knapp, Mag. Angelika Kramer, Mag. Othmar ­Pruckner, Mag. Michael Schmid, Gabriela Schnabel, Barbara ­Steininger, Dipl.-Vw. Vanessa Voss Dr. Horst Pirker (CEO & Vorsitz), Mag. Claudia Gradwohl (CHRO), Mag. Helmut Schoba (COO), Susanne Herczeg (CFO) MANAGING DIRECTOR: Mag. Ralf B. Six ANZEIGENLEITUNG: Bastian Hoi (DW: 6418) GENERALBEVOLLMÄCHTIGTE: Cornelia Absenger, Gabriele Kindl, Dietmar Zikulnig INTERNAT. SALES: Ines Gruber, BA AUTOREN: Prof. Helmut A. Gansterer, Robin Lumsden, Hans Mahr, Josef Votzi MITARBEITER DIESER AUSGABE: Alfred Bankhamer, Mag. André Exner, Mag. Manfred Gram, Mag. Thomas Martinek CREATIVE CONSULTANT: Gottfried Moritz LAYOUT & GRAFIK: Martin Bauer, Fillip Stuchlik INFOGRAFIK: Franz Deix BILDCHEFIN VGN: Yvonne Dellin-Sonnberger FOTOREDAKTION: Flora Hild, Robert Klein (Ltg.), Wolfgang Wolak ASSISTENZ DER CHEFREDAKTION: Susanne Fabienke HERAUSGEBER: Dr. Horst Pirker REDAKTIONS-, HERAUSGEBER-, VERWALTUNGSADRESSE: Taborstraße 1–3, 1020 Wien TELEFON: 01/213 12-0, TELEFAX: 01/213 12-46 00 (Red.), -66 31 (Verw.), -66 30 (Anzeigen) E-MAIL: redaktion@trend.at HOMEPAGE: www.trend.at EIGENTÜMER, MEDIENINHABER, PRODUKTION: VGN Medien Holding GmbH FN 183971x (HG Wien) ADRESSE: Taborstraße 1–3, 1020 Wien VERLAGSORT/-SITZ: Wien ANZEIGENVERRECHNUNG: Sabina Pfeiffer (Teamltg. Print), Martina Dizili (Teamltg. Online) Derzeit gilt die Anzeigenpreisliste 2021. VERTRIEB: Michael Pirsch (Ltg.), Cornelia Wolf (EV) PRODUKTION: Sabine Stumvoll (Ltg.), Martina Höttinger ANZEIGENPRODUKTION: Günter Tschernitz (Ltg.), Brigitta Loritz REPRODUKTION: Neue Medientechnologie Ges. m. b. H., Taborstraße 1–3, 1020 Wien, Günter Tschernitz (Ltg.) HERSTELLER/HERSTELLUNGSORT: Walstead Leykam Druck GmbH & CO KG, Bickfordstraße 21, 7201 Neudörfl VERLAGSORT/-SITZ: A-1020 Wien VERTRIEB: Presse Großvertrieb Austria Trunk GmbH, St. Leonharder Straße 10, A-5081 Anif VERLAGSPOSTAMT: 1020 Wien, P.b.b. ABONNEMENT: Telefon: 01/95 55-100, www.trend.at/abo, E-Mail: abo@trend.at PREIS JAHRESABO INLAND: € 135 ABO-BETREUUNG: DPV-Deutscher Pressevertrieb GmbH, www.dpv.de ART COPYRIGHT: VBK COPYRIGHT: Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechts­gesetz, sind vorbehalten. Die Offenlegung gemäß § 25 MedG ist unter www.trend.at/offenlegung abrufbar.
TREND PRIVAT MAHR UNTERWEGS Bonjour, Côte d’Azur, auch ohne Yacht … Seit 30 Jahren begibt sich unser Autor nach Südfrankreich und kennt sie daher alle – die einfachen, die teuren und die schicken Bistros und Restaurants. Wo es zwischen CANNES und SAINT-TROPEZ die besten Austern, Crevetten und Bouillabaisses gibt. HANS MAHR ist als Medienbe­ rater mehr als die Hälfte des Jahres unterwegs und ­berichtet an dieser Stelle einmal im ­Monat über seine Erlebnisse beim Essen, Trinken und Reisen. 164 DER KLEINE MANN mit der Glatze am Ein­ gang des Terrassenbistros heißt David und macht nicht unfreundlich, aber bestimmt klar: „Noch fünf Minuten, dann habe ich einen Tisch für vier“, lässt er die ungeduldige Gruppe wissen. Im Sommer wollen alle einen Platz im eher unscheinbaren „Astoux et Brun“ an der Hafenecke von Cannes ergattern, auch die Stars und Sternchen des Film­ festivals müssen sich in Geduld üben. Denn im „Astoux et Brun“ gibt es die besten Austern, die auch in den Sommermonaten dank guter Kühlung um zwei Euro pro Stück genossen werden können. Und ich versichere ehrenwörtlich, in meinen 30 Jahren an der Côte d’Azur habe ich schon mehrere Tausend Stück geschlürft – und bisher ist es auch magentech­ nisch glimpflich verlaufen, dank der beiden peniblen Huîtriers, die lieber eine bedenkliche Auster wegwer­ fen, als sie auf die geeiste Platte zu legen. Das Schöne an diesem Bistro ist der Umstand, dass es nicht nur für die Festivalstars oder die Spe­ sentiger der diversen Messen erschwinglich ist. Na­ türlich ist die Côte d’Azur prinzipiell teuer, gerade in Cannes oder Saint-Tropez kriegt man nix geschenkt. Aber wer sich auskennt, kann auch als Normalo T REND | 25. 6. 2021 ­gepflegt essen, ohne gleich die ganze Brieftasche an der Kassa des Hauses liegen zu lassen. Ich liebe zum Beispiel das „L’Affable“, zwei Straßen hinter der Croi­ sette, der Küstenstraße von Cannes, nur ein paar Hundert Meter vom Festspielhaus entfernt. Modern, klein, freundlich – und für mich mit der besten Foie gras der Gegend, eingebaut im Dreigangmenü mit Roastbeef und Mousse mit weißer und schwarzer Schokolade um 48 Euro. Oder ich pilgere ins „La Cave“, dessen von GitanesRauch gelb gefärbte Mauern nach dem obligaten Rauchverbot neu gestrichen werden mussten. Die Weinkarte spielt alle Stückerln – die Rotweine nehme ich aus dem Burgund, die Weißweine aus der Ge­ gend, und meine Frau findet tatsächlich einen trink­ baren Rosé – nicht den überteuerten und parfümier­ ten von Brad Pitts Miraval, sondern den Rock Angel von d’Esclans. Und am meisten freue ich mich dann auf die original Bistrokost, vom Lammbraten bis zu den Nieren mit Morcheln. Unweit davon residiert einer der besten Vietname­ sen, nicht nur von Cannes, sondern von ganz Frank­ reich. Man merkt es dem Laden nicht an. Unpräten­ tiös, mit viel Asia-Schnickschnack, aber Monsieur Mi,
ILLUSTRATION: STEFANIE HILGARTH; FOTOS: WWW.PAULSCHIRNHOFER.DE, BEIGESTELLT (2) in der Vietnamkrise ins gelobte Frankreich geflüchtet, serviert in seinem „Le Jade“ Exzellentes: vietnamesische Ravioli, einen scharfen Beef-Salat, kleine Krabbenscheren mit wenig Knoblauch, ­Chicken mit Limone und nachher eine ganze Mango, ausgehöhlt und zum Rauslöffeln. Wer direkt am Strand essen und vielleicht nachher auf der Liege entspannen will, den schicke ich ins „Plage Ondine“. Dort gibt es den besten Lunch mit Languste oder Boeuf Rossini. Achtung, günstig ist es dort nicht, weder das Essen noch die Liege. Aber ­später hat man von dort den besten Blick auf das ­große Feuerwerk, das jede zweite Woche am Meer abgeschossen wird. ­ erühmten „Café Senequier“ mit seinen roten Strandb sesseln. Kaum zu glauben, nur 50 Meter weiter kann man hervorragend essen – und zwar, ohne einer der Yachtbesitzer zu sein. Im „Le Girelier“ hält man bis heute an dem Grundsatz fest: „Unser Restaurant muss sich jeder leisten können“, wie Chef Aimé Stoesser zu sagen pflegt – und es stimmt sogar. Mittags um 29 Euro, abends um 39 Euro (nicht am Wochenende!) hat man den besten Blick auf den kleinen Hafen und ein dreigängiges Menü auf dem Teller, das man dank der zurückhaltenden Preisgestaltung auch im Familienkreis ­genießen kann. In der Altstadt gehe ich am liebsten entweder zu einem weiteren Vietnamesen, nämlich ins „BanH-Hoï“, wo man bequem draußen in der Seitenstraße sitzen kann, oder es zieht mich zum berühmten Place des Lices. Dort hat mit „Salama“ ein Marokkaner aufgemacht und man kann bei Tajines und Couscous – mit Huhn, Lamm oder Fisch – den wenigen verbliebenen Ureinwohnern am sandigen Hauptplatz beim Werfen ihrer geliebten Boule-Kugeln zuschauen. NATÜRLICH GIBT ES AUCH gute Haubenund Sternelokale, wenn man einmal tiefer in die Tasche greifen will. Die beste Adresse in Cannes ist die „Villa Archange“ von Chef Bruno Oger, nur 26 Sitzplätze, aber große Klasse. Übrigens mit einem sehr angenehmen, familienfreundlichen Bistro mit großer Terrasse im Untergeschoß – die Teller kommen aus derselben Küche. Der Grandseigneur der südfranzösischen Sterneküche residiert zehn Kilo­ meter weiter nördlich in Grasse. Jacques Chibois ­serviert sein Menü im wunderbaren Schlossgarten „Bastide Saint-Antoine“, ein Abend zum Verlieben. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede. Einen Tagesausflug wert ist der Trip von Cannes zur vorgelagerten (zweiten!) Insel Île Saint-Honorat, wo die noblen Yachten anlegen und im „La Tonnelle“ die ganze Dorade in der Salzkruste und der Rosé in der Magnum auf den Tisch kommen. Unsereins nimmt die Fähre vom alten Hafen rüber auf die Insel und ist damit auch ohne Boot dabei. Vielleicht nur mit ein paar Crevetten und einem Glas vom weißen Hauswein von der Nachbarinsel Sainte-Marguerite, aber das Vergnügen ist genauso groß. Was wäre ein Besuch an der Côte d’Azur, ohne ­zumindest einen Abstecher nach Saint-Tropez zu ­machen? Er hat schon was, der kleine Fischerort, der durch Brigitte Bardot und Alain Delon berühmt ­geworden ist. Auch heute tummeln sich im Sommer die Schönen und Reichen und präsentieren ihre ­neueste Superyacht im kleinen Hafen gegenüber vom RICHTIG, NIRGENDS WAR bisher von der ­berühmten Bouillabaisse die Rede. Abermals richtig, die kommt ja eigentlich aus Marseille, aber man kann sie natürlich auch überall an der Côte d’Azur bekommen. Am besten, Achtung, ich komme ins Schwärmen, am Strand von Ramatuelle, nur ein paar Kilometer von Saint-Tropez entfernt. Eine kleine Straße windet sich durch die Weingärten und dann geht’s steil runter zu „Chez Camille“. Schöner kann man einen Sonntagmittag nicht begehen. Im rustikalen Restaurant mit Blick aufs Meer lässt man sich die Fischsuppe servieren, die vorher stundenlang im Metallkessel am offenen Feuer gebrodelt hat, inklusive Saint-Pierre, Daurade, Rouget und (um ein paar Euros mehr) auch Languste oder ­Hummer. Und unten am Strand, immer in Blickweite der schmausenden Eltern, können die Kinderlein spielen und in der Bucht schwimmen. Himmlisch, ich habe es schon mit vier meiner fünf ausprobiert. Es klappt dort wirklich, Gourmetgenuss und Kinder­ betreuung unter einen Hut zu bringen – und alle sind glücklich. DAS „ASTOUX ET BRUN“ • Die besten Austern DIE „VILLA ARCHANGE“ • Beste Adresse in Cannes CANNES Astoux et Brun chezastoux.com L’Affable restaurant-laffable.fr La Cave restaurant-lacave.com Le Jade, 24, Rue Pasteur +33 4 93943349 Plage Ondine ondineplage.com La Villa Archange bruno-oger.com La Bastide Saint-Antoine jacques-chibois.com ÎLE SAINT-HONORAT La Tonnelle tonnelle-abbayedelerins.fr SAINT-TROPEZ Le Girelier legirelier.fr BanH-Hoï banh-hoi.com Salama restaurant-salama.com Chez Camille chezcamille.fr 25. 6. 2021 | T RE ND 165
TREND PRIVAT AUTO SCHÖNHEIT, DIE VON INNEN BRUMMT. Eigentlich eher röhrt. Die schöne Farbe der Felgen heißt Neodyme. VO N WOLF GA NG H O F BAU E R S eit 25 Jahren gibt es den Porsche Boxster, und wie lange das her ist, kann man an den damaligen Reaktionen ermessen: Das ist, so sagten damals viele, überhaupt kein Porsche, weil ein richtiger Porsche ist ein 911er und nicht so ein Ding, das sich mit weniger zufrieden gibt. Andere sagten: Genau das ist ein Porsche, weil er wieder leicht und gelenkig ist, Eigenschaften, die der 911er längst verloren hat. Ja, so stritten sie damals im Jahre 1993, als die Studie vorgestellt wurde, und 1996 noch mehr, als der Boxster dann wirklich auf den Markt kam. Hätten sie geahnt, die gußeisernen Porschefans, was sechs Jahre später auf ihrem Planeten einschlagen würde, wären sie verstummt angesichts der Harmlosigkeit des damals Passierten. Denn da kam der Cayenne, ein Porsche als SUV. Das war Gotteslästerung. ABER EIGENTLICH AUCH noch nichts gegen den Elektroporsche, den es seit zwei Jahren gibt und dem nichts bleibt als das Herumreiten auf unglaublichen Beschleunigungsleistungen, die uns in Wahrheit völlig kaltlassen, und so haben wir das Gefühl, dass alles so irgendwie den Bach runtergeht. Genau genommen, dass es dann in zehn oder 20 Jahren den Bach runtergegangen sein wird, weil noch gibt es ja das alles, was 166 T REND | 25. 6. 2021 Ein dreifach Hoch dem Jubelgreis! PORSCHE BOXSTER 25 JAHRE. Porsche macht sich selbst ein Geburtstagsgeschenk, das aber von anderen gekauft werden kann. Etwas kompliziert. Das Auto aber ist ganz einfach – genial. uns glücklich macht und was auch ein bissel Lärm kann und so schön mechanisch ist und damit menschlich, und wer hätte gedacht, dass uns das Mechanische einmal das Menschliche sein würde? Eine lange Vorrede für ein Auto, aber es ist ja auch nicht irgendeines, sondern ein Porsche, der auf die Zeitläufte Be- zug nimmt schon mit seinem Namen „25 Jahre“. Limitiert auf 1.250 Stück und im Design angelehnt an die Studie von 1993, die am Autosalon von Detroit für Gedränge am Porsche-Stand sorgte. Und zwar nicht nur mit sich selbst als Wesenheit, sondern auch mit goldenen Felgen, roter Innenausstattung und ro-
AUF E I NEN BLI CK Fazit: Sportwagen zum Niederknien. 2 1 0 4 5 6 3 PO RSCHE BOXSTER 25 JA HRE 7 8 9 10 FAHREN 2 1 0 4 5 6 3 7 8 9 10 ARBEITSPLATZ 2 1 0 3 4 5 6 7 8 9 10 PREIS 2 1 0 3 4 5 6 7 8 9 10 PRESTIGE 2 1 0 3 4 5 6 7 Preis: € 121.060 Motor: 6-Zylinder-Boxermotor, 3995 ccm, 294 kW (400 PS). Heckantrieb, 7-Gang-DKG Spitze: 288 km/h 0–100 km/h: 4,0 sec CO2-Ausstoß: 219 g/km Verbrauch: 9,6 l/100 km Ausstattung: Lederausstattung in Bordeauxrot, Farbe Silbermetallic, elektrisch bedienbares Verdeck in Weinrot, Limitierungsplakette etc. Extras: Sitzbelüftung € 1.149, Spurwechselassistent € 720, Smartphone-Ablage € 589, 2-Zonen-Klimaautomatik € 942 etc. 8 9 10 FOTOS: PORSCHE (4), AUDI AG, BMW, DAVID SHEPHERD GESAMT tem Verdeck, und genau das alles finden wir nun wieder im Boxster-Jubiläums-­ Sondermodell. Außerdem noch da und dort den Schriftzug „25 Jahre“, etwa am Verdeck und auf dem Tankdeckel. Die goldene Farbe auf den Felgen, den seitlichen Lufteinlässen und einem Teil der Frontschürze ist offiziell überhaupt kein Gold, sondern eine Art Mischung aus Kupfer und Braun und heißt Neodyme, benannt nach dem ähnlich gefärbten Metall mit der Ordnungszahl 60. Recht so. Schaut mörder aus, zumal gemeinsam mit dem blassen Karosserie-Silber. Der rote Innenraum aus Leder hat uns zunächst etwas irritiert, aber schließlich überzeugt, ist irgendwie wie Schokolade zum Rotwein. Es hat nichts mit den 25 Jahren zu tun, sondern ist beim Boxster halt noch so, aber in diesem Auto funktioniert viel auf die herkömmliche Art, was heißt, dass es tatsächlich funktioniert. Wir meinen ordentliche Tasten und Drehregler, alles eine reelle Sache. Es gibt keinen Startknopf, der Automatikwählhebel muss richtig geschoben oder gezogen werden (es gibt diesen Boxster auch mit Schaltgetriebe), und das Auto macht auch keine Notbremsung, wenn drei Straßen weiter ein Radfahrer fährt. Richtig Auto fahren also, und dazu gibt es das Werkzeug des authentisch gurgelnden Sechszylinderboxers, weil die Boxster-Mode der Vierzylinder macht dieser hier nicht mit. 400 PS RÜTTELN am Fahrwind, und steigt man feste aufs Pedal, macht es ordentlich Krach bis hinein ins ultrahochgedrehte, direkt schon hysterische Kreischen, denn der hier dreht bis fast 7.000 pro Minute. Da geht dann auch mächtig was ab, und nicht so eine Plastikbeschleunigung wie im Taycan, sondern richtig etwas, für das hinter dem Rücken die Metallteile auf- und abschwingen. Was sonst? Der Mittelmotorzweisitzer ist freilich wunderbar ausgewogen, fräst sich präzise in die Kurve und aus dieser heraus, und man kann auch ganz friedlich in den Sonnenuntergang damit hineintanzen, und hinten singt der Vierlitrige gelassen sein Lied. Man sollte angesichts der Limitierung eher schnell sein. Das hier ist was für die Ewigkeit. D IE A LTERNATIVEN Offene Zweisitzer sind die Essenz des wahren Autofahrens, der Inbegriff des sportlichen Lebensgefühls – und mit starken Motoren erst recht. Das Segment stirbt angeblich aus. Davon merkt man zum Glück noch nichts. Audi TT RS Roadster. 400 PS aus einem 2,5-Liter-Turbobenziner, also gleiche Leistung wie beim Boxster, aber ganz andere Motorenphilosophie. TT steht übrigens für Tourist Trophy, das ist das Motorradrennen auf der Isle of Man, bei der es immer wieder Tote gibt. Heutzutage würde man sich so einen Namen nicht mehr trauen, wetten? Ab 89.669 Euro. BMW Z4 M40. Drei Liter Hubraum, sechs Zylinder, 340 PS, die es mit 1.600 Kilo Auto zu tun haben: Aus diesem Verhältnis speist sich enorm viel von dem, was BMW völlig unzureichend „Freude am Fahren“ nennt. So was kann man vielleicht bei einem Dreier sagen. Hier kommt hinzu: Der Z4 ist der schönste BMW zur Zeit. Oder sogar noch von länger. Ab 70.550 Euro. Jaguar F-Type Cabriolet P450. Okay, der ist ein bissel teurer als die beiden anderen darüber, aber man sehe: V8-Kompressor mit 450 PS, und diesen Motor gibt’s auch mit 575 PS, wenn man einen Vierziger drauflegt. In jedem Falle eine moderne Sportwagenikone mit insbesondere hinreißend schönem Heck und tollem Motorsound. Ab 123.447 Euro. 25. 6. 2021 | T RE ND 167
TREND PRIVAT BODY & SOUL VO N GABRIE LA S C H NA B E L E s ist schon eine Kunst für sich, Kaffee zuzubereiten. Jedes Land braut das aromatische Heißgetränk auf seine Art. Die Italiener genießen ihren Crema pur oder mit Milchschaum, die Amerikaner lieben die „To go“-Variante mit viel Wasser, und die Türken kochen das Mokkapulver mit Wasser und Zucker auf. „Aber in kaum ­einer Stadt ist die Kaffeetradition so eng mit einer Stadt verknüpft wie in Wien“, ergänzt Alessandro Piccinini, 50, Geschäftsführer Nespresso Österreich. „Und auch wir zelebrieren Kaffee als Kunst“, setzt der Austroitaliener nach. Erst kürzlich startete das Nespresso Atelier in Wien eine Kooperation mit der Künstlerhaus Vereinigung. Unter dem ­Titel „Café Chromatique“ zeigt die Künstlerin Victoria Coeln bis Anfang November Chromographien im Kunstschaufenster des Nespresso Ateliers auf der Kärntner Straße 9. Die Kunstinstallationen werden halbjährlich wechseln. Ebenfalls „unique“ ist das Nespresso Atelier selbst, das im März als weltweit erstes Pilotprojekt in Wien reüssierte. In der neuen Flagship-Boutique erwartet Kaffeeliebhaber ein interaktives, personalisiertes und neuartiges Einkaufserlebnis. Auf zwei Stockwerken können Besucher mit allen Sinnen in die Welt des Kaffees eintauchen. „Dabei haben wir freilich nicht vergessen, Wiener-Stil-Elemente wie Terrazzofliesen, Thonet-Stühle oder von der Wiener Secession inspirierte florale Muster einfließen zu lassen.“ Bei einer olfaktorischen Beratung hat man die ­Gelegenheit, herauszufinden, welche Aromen einem am meisten zusagen. Zudem gibt es die Möglichkeit, Nespresso-Accessoires wie Kaffeetassen oder Travel Mugs gravieren zu lassen. Und in einem Raum mit interaktiver Augmented Reality erfährt man alles rund um die schwarze Bohne. Der letzte Schrei ist allerdings ein Milchschaumdrucker, der individuelle Prints in die Crema des Heißgetränks ­zaubert. Piccinini wird nicht müde, seine Marke samt Botschafter George Clooney anzupreisen: „Ziel ist es, in den nächsten fünf Jahren unser Atelier-Konzept in anderen wichtigen Städten zu replizieren.“ Kritikern, die das Portionssystem wegen der Aluminiumkapsel anprangern, kontert Piccinini souverän. What else? 168 T REND | 25. 6. 2021 Genuss mit allen Sinnen Als Geschäftsführer von Nespresso Österreich schafft ALESSANDRO PICCININI einen neuen Raum für Kunst. Auch in seinem Privatleben lässt er sich von der Kreativität anderer inspirieren. „Mit unseren ­Nachhaltigkeitsmaßnahmen einen leistet das Recycling der Kapseln ­ wichtigen Beitrag dazu, jede Tasse Nespresso-Kaffee bis 2022 CO2-neutral zu machen.“ Möbel in den weltweit 200 Boutiquen sind großteils aus recycelten Materialien hergestellt und die Energie beziehen alle Geschäfte aus Wasserkraft. Der Mann versteht es charmant, seine Kontrahenten zu entwaffnen. Auch das ist eine Kunst. Selbige inspiriert Piccinini ebenso wie die Natur und die Literatur. Er nennt das „source of inspiration provided by others. Ich erlebe Kunst und Kultur freilich nicht regelmäßig, genieße aber gerne, was andere schaffen, und nehme das als Inspiration.“ Dazu zählt Piccinini auch musikalische Darbietungen. Im August wird er mit seiner Frau Anja die Salzburger Festspiele besuchen, wo Mozarts „Così fan tutte“, die Oper „Intolleranza“ von Luigi Nono und
„Ich genieße gerne, was andere schaffen, und nehme deren Kreativität als Inspiration.“ A LE S SA N DRO P I C C I N I N I FOTO: SEBASTIAN REICH NE SPRE S S O -Ö STERREICH-GE SCHÄ F T SFÜHRE R die Premiere von Puccinis „Tosca“ am Programm stehen. Aber auch die Optik und körperliche Fitness sollen nicht zu kurz kommen. „Ich arbeite gegen den Trend des Alters, laufe täglich 7,5 Kilometer und werde die Distanz mit zunehmendem ­Alter steigern“, verrät der Manager. Dass er noch immer gut in Form ist, liegt wohl daran, dass Piccinini als professioneller Wasserballer für die österreichische Nationalmannschaft gespielt hat. „Wir haben neunmal die Woche trainiert, das bleibt, wenn auch nicht in selber Intention, erhalten.“ Diese Passion teilt er offenbar mit George Clooney. Denn dieser liebt auch das kühle Nass, allerdings als Schwimmer, und, führt Piccinini aus, „schleift seinen Körper ins Gym“, wenn es die Zeit zulässt. Körperliche Fitness, ein ausgewogenes Kulturprogramm und täglich ein paar Tassen Kaffee sind wohl die ­Ingredienzien für ein Dolce Vita. What else? IDEEN-REICH. Alessandro Piccinini beim Besuch des Künstlerhauses in Wien, mit dem ­Nespresso jüngst auch eine Kooperation einging. 25. 6. 2021 | T RE ND 169
TREND SPRECHEN SIE WIRTSCHAFT? PRIVAT Österreichweit bekannt wurde er durch seine Radio-Comedy „Ö3-Callboy“. Der Kabarettist über Anrufe beim Finanzamt, die Neidgesellschaft und Investment in Klopapier. imitieren Sie seit 20 Jahre Stimmen, sprechen Hans Krankl, „Karl Schmähhammer“ wie „Heinz Spassmann“. Wie gut sprechen Sie Wirtschaft? Oder rufen Sie auch diesbezüglich lieber wen an? GERNOT KULIS: Wenn ich als Student in Graz nach dem Ausgehen Hunger bekommen habe, bin ich in eine Pizzeria, hab mir eine Pizza zum Zustellen bestellt und bin mir ihr gleich mit nach Hause gefahren. Acht Euro für Pizza und Taxi. Grundsätzlich überlasse ich das Wirtschaftliche lieber jemandem, der sich besser auskennt als ich. Aber natürlich setze ich mich auch mit den Finanzen auseinander. Ich habe zum Beispiel beim Finanzamt getarnt als „Fußballer“ angerufen und gefragt, wie hoch die Steuer auf Schwarzgeld ist? Seitdem habe ich selbst jedes Jahr eine Prüfung, quasi einen behördlichen ­Dauerauftrag abgeschlossen. INTERV IEW: M ICHA ELA K NA P P Wissen Sie noch, wofür Sie Ihr erstes selbstverdientes Geld ausgegeben haben? Gleich nach der Matura habe ich beim Privatradio angefangen und mein eigenes Geld verdient. Meine Motivation waren immer Reisen, zuerst war es Italien, dann Kuba, jetzt Österreich, die Tendenz stimmt. Sie wollten Fußballprofi werden – tut es Ihnen angesichts der aktuellen Transfersummen leid, ins Comedian-Fach gewechselt zu haben? Nein, so realistisch bin ich, für mich wären solche Summen wohl nicht bezahlt worden. Aber das Vertragsangebot vom FC Barcelona mit der Begründung auszuschlagen, dass ich lieber im Stadtsaal Wien auf der Bühne stehe, hätte auch was. „Nach Bitcoin kommt Shitcoin“ Gilt der alte Spruch „Über Geld spricht man nicht“ immer noch? Der Spruch kommt wohl aus unserer Neidgesellschaft heraus. Viele prahlen mit Geld, manche genieren sich, dass sie was erreicht haben und stapeln tief, andere wiederum haben kein Geld und vermitteln das Gegenteil. Man sieht, welch große Rolle das Geld in der Gesellschaft einnimmt. Mich hat es noch nie interessiert, wie viel andere verdienen. Ich freue mich sehr, wenn’s bei jedem und jeder gut läuft. Was haben Sie im Umgang mit Geld von zu Hause aus mitbekommen? Meine Eltern, vor allem meine Mama, hat mit wenig Geld ausgezeichnet haushalten können, und mir ist als Kind nichts abgegangen. Meinen Kindern gebe ich mit, dass es in erster Linie um die Freude an der Arbeit geht, alles weitere kommt von alleine. Was würden Sie auch für viel Geld nicht machen? Als Callboy betuchte Damen beglücken. Generell nichts, wofür ich nicht stehe. Dafür ist mir Geld nicht so wichtig. 170 T REND | 25. 6. 2021 GERNOT KULIS Was ärgert Sie am aktuellen Wirtschaftssystem? Ich habe das subjektive Gefühl, dass unser System auf Strafe und nicht auf Belohnung aufgebaut ist. Ist finanzielle Vorsorge ein Thema in Ihrem Leben? Ich bin keiner, der später mal gut leben will. Für mich und meine Familie zählt das Jetzt. Was würden Sie überhaupt noch als gutes Investment erachten? Wenn ich die finanzielle Mittel hätte, würde ich in Immobilien anlegen. Kleine Wohnungen, die ich vermiete. Oder in ­Klopapier. Der Wert des Klopapiers ist nach den Lockdowns gestiegen. Man spricht bereits von einer eigenen Klopapier-Währung. Nach Bitcoin kommt Shitcoin. Wofür geben Sie lustvoll Geld aus? Ich gebe gerne Geld für Reisen aus, auch für Kulinarik, für Konzerte und für Sport. Ich muss nichts haben, womit ich prahlen könnte – ich lebe für Abenteuer und bleibende Bilder im Kopf. Was war das Verrückteste, das Sie sich je geleistet haben? Ich habe mit meinem ersten Ersparten meinem Bruder und mir eine Pauschalreise nach Kuba gebucht. An Hurrikans habe ich damals nicht gedacht. Da wir zehn Tage das Hotelzimmer nicht verlassen durften, war es die teuerste und verrückteste Langeweile in ­meinem Leben. GERNOT KULIS, 44 In Sankt Paul/Lavanttal geboren, startete der Comedian seine Radio-Laufbahn im Landesstudio Steiermark, ehe er 1999 zu Ö3 wechselte, wo er mit seinen „Scherz­anrufen“ als Ö3-Callboy bekannt wurde. Aktuell ist er mit seiner „Best of 20 Jahre Ö3-Callboy“-Open-Air-Liveshow on Tour. Alle Termine: gernotkulis.at Was bedeutet Luxus für Sie? Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen, ist für mich von großer Bedeutung. Sich dabei etwas leisten können und mal eine Einladung auszusprechen, bedeutet für mich Luxus. Wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben? Für ein Flugticket nach Hause, so sehr ich das Reisen auch liebe, so sehr genieße ich es auch, nach Hause zu kommen. FOTO: HANS LEITNER TREND: Als Parodist und „Ö3-Callboy“