Text
                    Experimente zur inneren Ballistik
der 2 cm Flugzeugflügelkanone
„Oerlikon“
Von der
Eidgenössischen Technischen
Hochschule in Zürich
zur Erlangung der
Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften
genehmigte
Promotionsarbeit
vorgelegt von
ERNST KELLER
dipl. Physiker E. T. H.
aus Unterstammheim (Kt. Zürich)
Referent:	Herr Prof. Dr. P. Scherrer
Korreferent: Herr Prof. Dr. F. Tank
Ernst Lang Zürich 2 - 1942

INHALTSVERZEICHNIS. Seite 1. Einleitung ............ 9 2. Ziel der vorliegenden Arbeit ........ 10 3. Meßmethoden für zeitlich rasch veränderliche Kräfte . . . 11 A. Direkte Messung des Kraftverlaufes K(t) durch Bestimmung der elastischen Deformation des die Kraft aufnehmenden Widerlagers 12 B. Messung der durch die Kraft K(t) bewirkten Beschleunigung der Masse M ....... ..... 13 C. Messung der Geschwindigkeit der durch die Kraft K(t) beschleu- nigten Masse M .......... 15 D. Messung des Weges, den die Masse M unter der Einwirkung der Kraft K(t) zurücklegt ......... 16 4. Art und Arbeitsweise der zu untersuchenden Waffen . . . . 16 5. Kräfte und Impulsgleichungen für eine festverriegelte und eine mas- senverriegelte Waffe für die Zeit vom Druckanstieg im Verbreunungs- raum bis zum Austritt des Geschosses aus der Mündung ... 18 6. Meßgeräte zur Bestimmung der beim Schuß wirkenden Kräfte . . 24 A. Messung des Gasdruckverlaufes p,(t) Drucklauf .... 24 a) Anforderungen und Meßmöglichkeiten .... 24 b) Der Meßkörper .......... 25 c) Der Gleichspannungsverstärker ....... 31 d) Eichung und dynamisches Verhallen der Gasdruckmeßanlage . 33 B. Messung der Kraft auf den Verschluß der automatischen Waffe 36 a) Anforderungen und Meßmöglichkeilen ..... 36 b) Der Meßkörper .......... 37 c) Eichungen und dynamisches Verhalten ..... 39 C. Messung der Rückstoßkraft des Drucklaufes ..... 40 a) Anforderungen und Meßmöglichkeiten ..... 40 b) Der Meßkondensator ......... 42 c) Der Hochfrequenzgenerator und das Röhrenvoltmeler . . 44 d) Eichung und dynamisches Verhalten ..... 47 7. Die Aufzeichnung der Meßwerte mit dem Elektronenstrahloszillogra- phen in Funktion der Zeit ......... 55 A. Die Frequenzteilung ......... 58 a) Der Zweiröhren-Multivibrator ....... 59 b) Der Sägezahn-Spannungsgenerator ...... 63 c) Der Einrohien-Kippspannungs-Generator .... 64
Seite B. Die Helligkeitssteuerung der Elektronenstrahlröhre zum Zwecke der Zeitmarkierung .......... 68 C. Die Helligkeitssteuerung der Elektronenstrahlröhre während des Meßvorganges .......... 69 D. Die photographische Aufnahme des Oszillogrammcs und deren Aus- messung ............ 72 8. Messung der Verschlußbewegung wahrend der Zeit der Gasdruckent- wicklung ............ 74 9. Ergebnisse der Messungen ....... .76 A. Gasdrnckmessungen .......... 76 B. Bestimmung der Rückstoßkraft K^-(t) ...... 80 C. Bestimmung der Kraft auf den Verschluß der massenverriegelten Waffe................................................................85 10. Schlußwort ......... .94 Literaturverzeichnis .......... 96 Bildungsgang ........ . . 98 8
1. Einleitung. Die Aufgabe der innem Ballistik besteht in der Beschreibung der Vorgänge, die beim Schuß im Innem einer Waffe auftreten. Die Kenntnis dieser Vorgänge ist erforderlich, um die Konstruktionsdaten für eine neue Waffe mit bestimmten Eigenschaften zum vornherein festzulegen oder um die Betriebssicherheit einer schon bestehenden Waffe zu überprüfen. Zur Lösung dieser Aufgabe sind in erster Linie die treibenden und hemmenden Kräfte beim Schuß zu bestimmen. Treibende Kräfte sind die Gaskräfte des verbrennenden Pulvers, sowie elastische Kräfte von Waffenkonstruktionsteilen. Hemmende Kräfte sind die Defor- mations- und Reibungskräfte. Durch diese Kräfte sind beim horizon- talen Schüsse, also bei Ausschaltung des Einflusses der Erdschwere, die Bewegungs-, Geschwindigkeits- und Beschleunigungszustände von Geschoß und Waffenteilen eindeutig festgelegt. Die meisten bisher üblichen Methoden zur Untersuchung innen- ballistischer Vorgänge stützen sich, entsprechend den gebotenen experimentellen Mitteln, auf besonders einfach durchzuführende Messungen gewisser ausgezeichneter Einzelwerte. So wurden um die Jahrhundertwende von E. Vallier und W. Heydenreich1 Rechenver- fahren angegeben, die den Gasdruckverlauf und die Geschoß- bewegung im Lauf auf Grund von Messungen des maximalen Gas- druckes und der Mündungsgeschwindigkeit des Geschosses zu er- mitteln gestatteten. Wenn auch diese Verfahren die genannten innenballistischen Funktionen für die damaligen Pulversorten annähernd richtig wieder- geben konnten, so machte sich doch mit der Zeit ein Bedürfnis nach größerer Genauigkeit geltend. Im Zuge dieser Entwicklung hat dann insbesondere C. Cranz1’2, der Begründer der modernen Ballistik, diese Verfahren durch umfangreiche eigene Forschungsarbeiten ver- feinert und vervollständigt. In klarer Erkenntnis der Unmöglichkeit 9
einer exakten Darstellung der innenballistischen Vorgänge durch eine allgemeine Formel, in die für jede Waffe nur gewisse Einzelwerte eingesetzt zu werden brauchen, um eine Lösung des innenballistischen Problems zu erhalten, haben C. Cranz3 und seine Mitarbeiter4’ 6 eine Reihe von neuen Meßmethoden entwickelt. Diese neueren Methoden gestatten, die beim Schuß maßgebenden Größen in Funktion der Zeit aufzuzeichnen. Es wurde dabei ange- strebt, möglichst alle Faktoren, die in innenballistischen Formeln eingehen, direkt zu messen. Dabei bot aber die Messung rasch ver- änderlicher Kräfte infolge der Massenträgheit der damals vorzugs- weise verwendeten, rein mechanischen oder mechanisch-optischen Meßgeräte erhebliche Schwierigkeiten. Inzwischen hat die Meßtechnik, besonders durch die Forschungen auf dem Gebiete der Hochfrequenztechnik, rasche Fortschritte ge- macht, sodaß es heute möglich ist, durch kombiniert mechanisch- elektrische Meßgeräte die feinem Einzelheiten bei Vorgängen, die sich in Zeiten der Größenordnung 10 "3 sec abspielen, noch wahr- heitsgetreu in Funktion der Zeit aufzuzeichnen7. 2. Ziel der vorliegenden Arbeit. Die vorliegende Arbeit soll Einblick in die grundsätzlich mög- lichen Meßmethoden für raschveränderliche Kräfte geben. Auf Grund dieser Erörterungen werden Ausführungsformen von drei Meßgeräten beschrieben, die den Bedürfnissen innenballistischer Untersuchungen namentlich für massen verriegelte Waffentypen »Oerlikon« angepaßt sind. Mit diesen Meßgeräten werden die beim Schuß einer 2cm Flugzeugflügelkanone »Oerlikon« auftretenden Kräfte und deren Wirkungen auf Geschoß und Waffenteile vom Zeitpunkte der Zündung der Patrone bis zur 2kustrittszeit des Ge- schosses aus der Mündung bestimmt. Die besondere Berücksichtigung der 2cm Flugzeugflügelkanone gegenüber andern Waffentypen »Oerlikon« erfolgte wegen den bei diesem Waffentyp auftretenden besonders großen Beschleunigungen infolge des brisanten Pulvertyps, der notwendigerweise bei die- ser Waffe gebraucht werden muß, um beim kurzen Laufe dem 10
Geschoß die erforderliche Mündungsgeschwindigkeit zu erteilen. Aus diesem Grunde ergaben sich besonders bei dieser Waffe mit den bis- herigen Untersuchungsmitteln unzulängliche Meßergebnisse. Durch entsprechende Anpassung können jedoch auch die andern Waffen- typen »Oerlikon« mit den beschriebenen Meßgeräten untersucht werden. 3. Meßmethoden für zeitlich rasch veränderliche Kräfte. Grundsätzlich können an einem Kraftmeßgeräte immer ein Auf- nahmeteil und ein Anzeigeteil unterschieden werden. Der Aufnahme- teil steht mit der zu messenden Kraft in unmittelbarer Beziehung. Da nun Kräfte nur an ihrer Wirkung auf Massen erkannt werden können, muß der Aufnahmeteil notwendigerweise ein rein mechani- sches mit Maße behaftetes Organ besitzen. Infolge dieses maßebehaf- teten Meßorganes muß zwischen zeitlich rasch veränderlichen und langsam veränderlichen oder statisch wirkenden Kräften unterschie- den werden. Als rasch veränderlich sollen jene Kräfte angesehen werden, bei deren Messung die Massenträgheit des Meßorganes be- rücksichtigt werden muß, um ein Meßergebnis von bestimmter Ge- nauigkeit zu erhalten. Bei den langsam veränderlichen und statischen Kräften ist eine solche Berücksichtigung nicht notwendig. Der Anzeigeteil kann demgegenüber Organe enthalten, die nicht notwendigerweise mechanischer Art sein müssen. Gefordert ist nur, daß eine bestimmte Aenderung der Kraftgröße und damit des Auf- nahmeteils eine eindeutig zugeordnete Aenderung des Anzeigeteiles bewirkt. Diese Aenderung im Anzeigeteil kann dann durch die menschlichen Sinne, meistens durch den Gesichtssinn, unmittelbar wahrgenommen werden. Während man beim Aufnahmeteil weitgehend durch die Gegeben- heiten der Kraftwirkung auf einige wenige Meßanordnungen ange- wiesen ist, kann der Anzeigeteil ganz den Bedürfnissen der guten Beobachtung angepaßt werden. Es ist deshalb nur der Aufnahmeteil einer systematischen Darstellung fähig. Für den Anzeigeteil besteht eine sehr große Mannigfaltigkeit in den Ausführungen, die sich auch grundsätzlich voneinander stark unterscheiden (je nach dem hierbei 11
verwendeten Naturgesetz zur Abbildung der Meßgröße). Um Ein- blick in die Betriebsverhältnisse eines'solchen Anzeigeorganes zu er- halten, müssen daher diese einzelnen Ausführungsarten immer ge- sondert untersucht werden. Im Folgenden sollen nun die vier Verfahren beschrieben werden, die grundsätzlich bei der Messung rasch veränderlicher Kräfte im Aufnahmeteil verwendet werden können. A. Direkte Messung eines Kraftverlaufes K(t) durch Bestimmung der elastischen Deformation des die Krajt aufnehmenden W iderlagers. Solche Meßgeräte können immer durch die in Abb. 1 gezeigte An- ordnung dargestellt werden. Abb. 1. Grundsätzliche Anordnung zur direkten Messung des Kraftverlaufes durch Bestimmung der elastischen Deformation des die Kraft aufnehmenden Widerlagers. Gemessen wird die Einfederung x unter der Einwirkung der Kraft K(t). Sämtliche Deformationen werden als von der Feder F aufge- nommen gedacht, ferner werden die Massen sämtlicher bewegter Teile auf den Schwerpunkt der Masse M reduziert. Im allgemeinen Falle8 weist ein solches System neben der Ge- schwindigkeitsdämpfung Dx noch Coulombsche Reibung Ro auf, so- daß als allgemeine Kraftgleichung gilt, K(t) MxDxFxIRo 1 In den meisten Fällen der Meßtechnik wird jedoch die Coulumb- sche Reibung durch geeignete Lagerung so klein gehalten, daß ihre gesonderte Betrachtung neben der Geschwindigkeitsdämpfung nicht notwendig wird. Man erhält dann 12
K(t) — M x —D x -1 - F x la Inwiefern die Aufzeichnung x(t) den Kraftverlauf K(t) getreu wiedergeben kann, läßt sich mittelst des dynamischen Meßfehlers a(t) leicht angeben. Als dynamischer Meßfehler sei die Größe bezeichnet. Kennt man die auftretenden Geschwindigkeiten und Be- schleunigungen, so kann auf Grund von Gleichung 2 der Aufzeich- nungsfehler für irgend einen Zeitpunkt der Messung angegeben wer- den. Bei rasch veränderlichen Kräften ist nun definitionsgemäß der dynamische Meßfehler a in irgend einem Zeitmomente größer als die zugelassene Fehlergrenze. Es muß daher zur richtigen Ermittlung des Kraftverlaufes K(t) die aufgezeichnete Kurve x(t) zweimal diffe- renziert werden. Die so erhaltenen differenzierten Kurven werden mit den entsprechenden Größen D und M multipliziert und für jeden Zeitabschnitt die Ordinaten der Funktionen Fx, Dx und Mx addiert. Die so erhaltene Funktion stellt dann den Kraftverlauf K(t) theo- retisch exakt dar. Praktisch ist die Meßgenauigkeit bestimmt durch die Genauigkeit, mit der die beiden Kurven differenziert werden können. Es ist daher im Interesse eines guten Meßergebnisses, Wert darauf zu legen, die Größen D und M gegenüber F möglichst klein zu halten und ferner alle Vorkehrungen zu treffen, um die Differentiation der Kurven x(t) und x(t) möglichst genau durchführen zu können. B. Messung der durch die Kraft K(t) bewirkten Beschleunigung der Masse M. Die Beschleunigungsmesser bestehen grundsätzlich immer aus zwei Massen Mt und M2, die durch ein Koppelglied F miteinander ver- bunden sind. Dieses Koppelglied bestimmt ein Kraftsystem, welches die beiden Massen im Anfangszustande in einer bestimmten Gleich- gewichtslage hält. Wirkt nun auf eine Masse Mj eine äußere Kraft K(t), so verschiebt sich infolge der Massenträgheit der Masse M, diese Gleichgewichtslage. Gemessen wird nun die Aenderung der 13
Gleichgewichtslage, beziehungsweise die Größe der Gegenkraft, die mit der Trägheitskraft von M2 die neue Gleichgewichtslage bildet. Es kann daher ein solches Koppelglied grundsätzlich durch eine Feder mit der Federkonstanten F dargestellt werden (Abb. 2). Abb. 2. Grundsätzliche Anordnung zur Beschleuuiguugsmessung. Wirkt nun auf Mt eine Kraft K(l), so erhält man allgemein folgen- des Gleichungssystem: K(t) - iVb x Dt x + F(x—y) 3 O = M2yl D2H F(y-x) 4 Hierbei bedeuten Dt und D2 die Dämpfungskonstanten. Nach zwei- maliger Differentiation von Gleichung 4 und Einsetzen in Gleichung 3 erhält man K(t) = MtM2 y + (MJ), + MaDt) y + (Mt+ Ma + D.D,) y F F F ! (Dj + Dä) y 5 Theoretisch ließe sich nach Gleichung 5 der Kraftverlauf K(t) fiir beliebiges F, M2, D2 berechnen, wenn y = y(t)*durch die Messung gegeben wird. Praktisch würde aber eine solche Bestimmung von K(t) ungenau infolge der dabei notwendigen vierfachen Differen- tiation des Meßwertes. Zur Erzielung eines guten Meßergebnisses müssen daher an die frei wählbaren Größen F, M2, D2 gewisse Bedingungen geknüpft werden, um die Zahl der Korrekturglieder von Gleichung 5 zu vermindern. In erster Linie ist darauf zu achten, daß die Geschwindigkeitsdämp- fung D2y gegenüber den andern Größen sehr klein wird. Man erhält in diesem Falle durch Messung der Größe z — x—y = z(t) unmittelbar nach Gleichung 4 die Beschleunigung y . 14
F •v-mTz 4a In manchen Fällen kann auch D,y gegenüber M,y vernachlässigt werden, und man erhält dann die für die Auswertung besonders ein- fache Form K(t) = M, z + (M, + Mg) F Mä 1 Wenn es nun noch gelingt, F » M_, zu machen, so wird oft auch (Mt+ M2)_Fz » z M1 7a M2 und man erhält dann den eigentlichen Beschleunigungsmesser, wo- bei der Kraftverlauf im wesentlichen gegeben ist durch K(t) = (M, + Mg) F z 7b M2 Ob nun die Gleichungen 7b oder 7 oder sogar 5 benützt werden müssen, um ein Meßresultat von bestimmter Genauigkeit zu erhalten, kann erst nach erfolgter Messung der Funktion z == z (t) entschieden werden, indem man die Maximalwerte von z und z berechnet und diese Werte in Gleichung 7 oder 5 einsetzt. C. Messung der Geschwindigkeit der durch die gesuchte Kraft Kft) beschleunigten Masse M. Diese Meßmethode wird vor allem dann mit Vorteil angewendet, wenn außer K(t) keine andern Kräfte auf M wirken. Durch Verwen- dung elektrischer Anzeigeorgane kann auf Grund der elektrischen Induktionsgesetze die Geschwindigkeit eines Körpers auf besonders einfache Art direkt bestimmt werden. Durch Differentiation der ge- messenen Funktion v = v(t) erhält man unmittelbar den gesuchten Kraftverlauf. K(t) = Mv 8 Wirken jedoch noch andere Kräfte K, auf M ein, so müssen diese Kräfte gesondert bestimmt werden, oder a priori bekannt sein, wie 15
dies z. B. beim Vorhandensein einer elastischen Gegenkraft der Fall ist. Man erhält dann den Kraftverlauf unter Berücksichtigung der Geschwindigkeitsdämpfung nach Gleichung 8a. K(t) = Mv + Dv + F J v dt 8a I). Messung des Weges x(t), den die Musse M unter der Einwirkung von K(t) zurücklegt. Diese wohl älteste Meßmethode zur Bestimmung rasch veränder- licher Kräfte wird deshalb oft angewendet, weil zur Bestimmung einer Zeit-Weg-Funktion im Laufe der Zeit eine große Zahl mecha- nischer, optischer und elektrischer Meßverfahren entwickelt worden sind. Der Kraftverlauf wird durch zweimalige Differentiation des Meßwertes x = x(t) gewonnen. K(t) = M x + D x 9 Diese Meßmethode hat, wie auch Methode C, den Nachteil, daß die Genauigkeit des Meßergebnisses in hohem Maße von der Ge- nauigkeit der Differentiation abhängt, und daß das Meßergebnis nicht unmittelbar aus der erhaltenen Aufzeichnung abgelesen werden kann, sofern die Differentiationen nicht direkt durch automatisch arbeitende Differentiationsgeräte erfolgen. Wohl werden auch bei den Meßmethoden A und B Differentiatio- nen des Meßwertes notwendig. Sie dienen jedoch nur zur Verbesse- rung des Meßwertes und nicht zu dessen eigentlicher Bestimmung. Fehler in den Differentiationen werden daher auch nur im Verhält- nis der Größe der Korrekturfaktoren zur eigentlichen Meßgröße das Endergebnis beeinträchtigen, während sie bei den Verfahren C und D in ihrer ganzen Größe zum Ausdruck kommen. 4. Art und Arbeitsweise der zu untersuchenden Waffen, Die Untersuchungen wurden an einem normalen Waffentyp aus der Fabrikationsserie und an einem für Meßzwecke gesondert her- gestellten sog. Drucklaufe durch geführt. Der Drucklauf besitzt genau 16
Ende der Gasdruckwirkung Hintere Umkehr des Verschlusses Abb. 3
dasselbe Kaliber, Patronenlager und Lauflänge wie die Waffe, hat aber im Gegensatz zu dieser einen aufschraubbaren, also festver- riegelten Verschluß. Aus diesem Drucklaufe können demzufolge nur einzelne Schüsse abgegeben werden, während in der Waffe mit dem masseverriegelten Verschlußsystem Feuerstöße bis zu 60 Schuß mit einer Geschwindigkeit von 500 Schuß in der Minute abgegeben wer- den können. Der Drucklauf ist mit seiner einfachen Konstruktion (Abb. 9) ein geeignetes Meßgerät, um alle jene Vorgänge zu messen, die von der Art der Waffenverriegelung unabhängig sind, wie z. B. der Einpreß- und Reibwiderstand des Geschosses im Lauf. Die Funktion eines massen verriegelten Verschluß-Systems ist in Abb. 3 schematisch dargestellt. Im Gegensatz zu den sonst üblichen festverriegelten Systemen ist der massenverriegelte Verschluß wäh- rend der Druckentwicklungszeit nicht fest, etwa durch Verschraubung oder Verkeilung, mit der übrigen Waffe verbunden, sondern der Ab- schluß des Pulververbrennungsraumes nach rückwärts wird nur durch die Massenträgheit der Verschlußmasse bewirkt. Die einzelnen Be- wegungsphasen lassen sich wie folgt charakterisieren: Die Verschlußmasse Mv wird, entgegen der Spannung der Vorhol- feder Vf, in die Hakenstellung gebracht. Bei der Betätigung des Auslösehebels Ah am Abzug bewegt sich der Verschluß unter der Wirkung der Vorholfeder in Schußrichtung nach vorn und schiebt gleichzeitig eine Patrone Pa aus dem Magazin Ma in das Patronen- lager PI. Die Zündung der Patronenzündkapsel durch den Zünd- stift Zs erfolgt in einer bestimmten Stellung des Verschlusses relativ zum Lauf La. Durch diese Maßnahme wird eine Früh- oder Spät- zündung der Patronen vermieden. Durch den nun einsetzenden Gas- druck infolge der Pulververbrennung wird einerseits das Geschoß Mg aus der Hülse Hü ausgestoßen und weiter im Laufe beschleunigt, anderseits der Vorlauf des Verschlusses durch Reibung der Hülse im Patronenlager bis zum Stillstand abgebremst. Diesen Zeitpunkt nennt man den vordem Umkehrpunkt des Verschlusses. Durch geeignete Wahl des Massenverhältnisses von Verschluß und Geschoß, sowie der Federkraft der Vorholfeder, wird erreicht, daß noch während der Gasdruckwirkung der Verschluß nach rückwärts beschleunigt wird, bis zu etwa derselben Geschwindigkeit, die er im Augenblick der Zündung in umgekehrter Richtung besaß. Infolge der kinetischen Energie, die der Verschluß am Ende der Gasdruckwirkung besitzt, 2 17
also beim Austritt des Geschosses aus der Mündung, wird die Vorhol- feder durch den Verschluß erneut gespannt und zugleich die leere Patronenhülse am Auswerfer Aw ausgeworfen. Je nach der Stellung des Abzughakens wird nun der Verschluß wieder in der Hakenstel- lung festgehalten (Einzelschuß) oder aber er kehrt nach Erreichen seines hintem Umkehrpunktes um und schiebt eine neue Patrone ein (Seriefeuer). Hiermit sind die Bedingungen gegeben, die eine Aufstellung der Kräftegleichungen beim Schuß gestatten. Nach diesen Kräftegleichun- gen werden jene Größen bestimmt, die durch direkte Messung er- mittelt werden können. Nach diesen Meßgrößen hat sich dann die Wahl der Meßgeräte, insbesondere des Aufnahmeteiles, zu richten. 5. Kräfte und Impulsgleichungen für eine festverriegelte und eine massenverriegelte Waffe für die Zeit vom Druck- anstieg im Verbrennungsraum bis zum Austritt des Geschosses aus der Mündung. In Abb. 4 ist die allgemeine Lage von Geschoß und Waffe nach erfolgter Zündung im festverriegelten Drucklauf schematisch dar- gestellt. Abb. 4. Allgemeine Lage von Geschoß und Waffe nach erfolgter Zündung im Drucklauf. Alle im Drucklauf gemessenen Größen erhalten den Index 1. Fer- ner bezeichnen die Indices G das Geschoß, V den Verschluß, W die übrigen Waffenteile, wie Lauf und Lafette. 18
p (t) ist der Gasdruck, W (t) Deformations- und Reibkräfte, Wl (t) ist insbesondere der Widerstand, den die im Laufe befindliche Luft dem vorwärtsstoßenden Geschoß entgegensetzt. Mit M werden die Massen, mit x die Koordinanten der bewegten Teile gekennzeichnet. Im Ladungsraume Vo der Patronenhülse befindet sich die Pulver- ladung L. R ist der mittlere Radius der gezogenen Laufseele. Mit diesen Bezeichnungen erhält man folgende Gleichungssysteme: Für das Geschoß (Mg +^) * G= Pi 71 R2 WG(t) - WL(t) 10 Für den Lauf samt Lafette — (mv+Mw+^)xw= - P17rR2+WG(t) 11 Der Impulssatz liefert die Beziehung (mg+ x G + My + Mw + x w = ° 12 Die rechte Seite der Gleichung 11 ist gleich der Rückstoßkraft KW1 (t) der festverriegelten Waffe - KW1 (t) = P1 TT R2 + WG(t) 11a Durch direkte Messung des Gasdruckverlaufes P1(,t) ün Verbren- nungsraume, sowie des Rückstoßes Kwi(t) läßt sich die Widerstands- kraft WG (t) nach Gleichung 11a bestimmen. Von einer Messung des Luftwiderstandes Wj, (t), den das Geschoß im Rohrinnem erfährt, wurde abgesehen, da diese Kraft, verglichen mit der Gaskraft und dem Einpreßwiderstand, klein ist. Ihre Größe kann mit der Theorie der adiabatischen Kompression für Geschoß- geschwindigkeiten unterhalb der Schallgeschwindigkeit und mit der Theorie des geraden Verdichtungsstoßes für Ueberschallgeschwindig- keit des Geschosses abgeschätzt werden. C. Cranz2 erhält für das Unterschallgebiet einen Luftgegendruck pj,, 13 O g A 19
für das Ueberschallgebiet einen Luftgegendruck pL2 PLs = PLo 1+~~ 14 Hierbei bedeuten ao die Schallgeschwindigkeit, s die Luftdichte, pLo der Luftdruck der Außenluft, die sich vor dem Schuß im Lauf be- findet. vG ist die Geschoßgeschwindigkeit, das Verhältnis der spezifischen Wärmen der Luft. In Abb. 5 ist der Druckanstieg pT in Funktion der Geschoßge- Abb. 5. Gegendruck der Luft im Lauf in Funktion der Geschoßgeschwindigkeit. Mit den gemessenen Werten pr(t) und WG (t) unter Berücksichti- gung von WL (t) ist die auf das Geschoß wirkende Kraft KG1(t) ge- geben’ KG1(t) = KW1(t) — WL(t) 10a Damit wird die Beschleunigung des Geschosses im Lauf KG1(t) <;1 ---------L mg + -^- 2g 10b 20
Mit einmaliger Integration erhält man den Geschwindigkeitsverlauf te r KG1(t) ------------l” dt 2g 10 c Mit zweimaliger Integration ist die Zeit-Weg-Funktion xG (t) ge- geben. te xG = J vG dt o lOd Mit Hilfe der Gleichungen 10c und lOd lassen sich zwei einfache Kontrollen über die Meßgenauigkeit der Werte für p-^t) und WG (t) durchführen. Bezeichnet man mit te den Zeitpunkt des Geschoßaustrittes aus der Mündung, so muß vG (te) mit der außerballistisch leicht zu bestim- menden Mündungsgeschwindigkeit des Geschosses übereinstimmen. Ferner muß xG (te) dem Wege des Geschosses vom Patronenhiilsen- hals bis zur Laufmündung entsprechen. Bei der massenverriegelten Waffe (Index 2) kommt als dritter bewegter Teil noch der Verschluß hinzu. 1 ist die Länge der unge- spannten Vorholfeder, F deren Federkonstante. Bo bezeichnet den Radius der Patronenlagerbohrung an der Stelle des Patronenlagers, an der sich der Patronenhülsenrand während der Gasdruckentwick- lungszeit befindet. Werden im übrigen dieselben Bezeichnungen wie beim Drucklauf für die entsprechenden Teile verwendet, so erhält man für die in Abb. 6 schematisch dargestellten Verhältnisse beim Schuß folgende Beziehungen: Für das Geschoß (mg + XG= p2 TT R2 — WG(t)-WL(t) 15 \ Zg/ Für den Verschluß -(mV2 + ^)xV2 = —p2 7t R°2 + F (1 — xv2) + Wv2 (t) 14 21
Für den Lauf samt Lafette Mw2 • x w, p2 - (Ro2—R2) -f~ Wg (t) — Wv2 (t) 17 Der Impulssatz liefert x y2 + Mw x w2 = 0 18 Durch direkte Messung der Verschlußbewegung xy2(t) läßt sich die Aenderung im Gasdruckverlauf der Waffe p2 (t) gegenüber der Messung im Drucklaufe pt(t) mit Hilfe der adiabatischen Zustands- gleichung bestimmen. Mit x gleich dem Verhältnis der spezifischen Wärmen der Pulver- gase erhält man V + TT R2 XG Pa = Pi V+ttR2XG + TT Ro 2 xv2(t) — = Pl <p 19 Allerdings gilt diese Gleichung nur, so lange es sich um relativ kleine Verschiebungen handelt, da der Gasdruck selbst eine an sich unbekannte Funktion des ihm zur Verfügung stehenden Raumes ist. Bei kleinen Veränderungen kann jedoch diese Abhängigkeit als Größe zweiter Ordnung vernachläßigl werden. Unter Beachtung von Gleichung 10 und der im Drucklauf be- stimmten Größen pj(t), WG (t), WG (t) ist die Bewegung des Ge- schosses nach Gleichung 15 vollständig festgelegt. Die rechte Seite der Gleichung 16 stellt die Kraft Ky2(t) dar, die auf den Verschluß wirkt. Durch direkte Messung dieser Kraft läßt sich nach Gleichung 16a die Verschlußreibkraft Wy2 (t) bestimmen. — Kvä (t) = — p2 7t Ro + F (1 — xv2) + Wv2 (t) 16 a Die Kraft F(1—xy2) ist bei bekannten xVj aus den Dimensionen der Vorholfeder gegeben. Damit sind alle Größen der rechten Seite von Gleichung 17 bestimmt und man erhält als Kraft K w2 (t) auf Lauf und Lafette 22
Abb. 6. Allgemeine Lage von Geschoß und Verschluß in einer automatischen Waffe.
Kw2 (t) - Ps ' (Ro 2 - R2) + WG (t) — Wv2 (t) 17 a Mit den Impulsgleichungen 12 und 18 lassen sich die gemessenen Werte auf einfache Art überprüfen. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß zur eindeutigen Fest- legung der Vorgänge beim Schuß folgende Größen experimentell zu bestimmen sind: a) im Drucklauf Gasdruckverlauf pT(t) Waffenrückstoßkraft Kwi(t) b) in der automatischen Waffe der Verschlußweg XV2W die auf den Verschluß wirkende Kraft Ky2(t). 6. Meßgeräte zur Bestimmung der beim Schuß wirkenden Kräfte. Zur Bestimmung der in den Gleichungen des Abschnittes 5 auf- tretenden Größen müssen der Gasdruckverlauf und die Rückstoß- kraft für den Drucklauf, sowie die Kraft auf den Verschluß der auto- matischen Waffe in Funktion der Zeit gemessen werden. A. Messung des Gasdruckverlaufes pr(t) im Drucklauf. a) Anforderungen und Meßmöglichkeiten. Der Gasdruck muß unmittelbar im Verbrennungsraume, d. h. in der Patronenhülse gemessen werden. Durch das Meßorgan darf das Volumen des Verbrennungsraumes nicht wesentlich verändert wer- den. Das Meßorgan muß Drücke in der Größenordnung von 4000 kg/cm2 messen können. Die gesamte Meßdauer vom Beginn der Gas- druckentwicklung bis zum Austritt des Geschosses aus der Mündung beträgt etwa 2 • 10“3 sec. Es müssen daher Druckunterschiede in Zeiten von IO“1 sec. gemessen werden können, damit die Einzelheiten 24
der Gasdruck-Kurve hinreichend genau festgelegt sind. Der Zusam- menhang zwischen Gasdruck und aufgezeichneten Meßwerten muß durch statische Eichungen des Meßgerätes gegeben sein. Den Forderungen nach Volumenkonstanz des Verbrennungsraumes kann in einfacher Weise Genüge geleistet werden, indem man die Gaskräfte auf einen Meßkörper wirken läßt, dessen elastische De- formationen meßbar, volumenmäßig aber gering sind. Als Aufnahme- teil kommt deshalb nur Methode A des Abschnittes 3 in Frage. Für den Anzeigeteil zur Ausmessung der elastischen Veränderun- gen des Aufnahmeteils, können verschiedene Verfahren angewendet werden. Geeignet sind jedoch allein jene Meßgeräte, deren Anzeige- organe den raschen Aenderungen des Druckverlaufes trägheitslos fol- gen können. Diese Eigenschaft besitzen nur Geräte mit optischer Auf- zeichnung des Meßwertes durch Lichtzeiger auf photographische Schichten und elektrische Meßgeräte mit Aufzeichnung des Meß- wertes durch Elektronenstrahl-Oszillographen. Von diesen beiden Gruppen von Meßarten, die bei de Juhasz und Geiger7 in zahlreichen Ausführungsformen behandelt sind, wurde die piezo-elektrische Meßmethode gewählt, mit Rücksicht auf eine be- reits bestehende Anlage dieser Art im ballistischen Meßraum der Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon. Da mit dieser im Jahre 1936 angeschafften Anlage unbefriedigende Meßergebnisse erhalten wur- den, mußte ohnehin ein neues Meßgerät geschaffen werden, wobei aber die früher gemachten Erfahrungen mit dieser Meßmethode ver- wertet werden sollten. Eine solche piezo-elektrische Gasdruck-Meßanlage besteht im wesentlichen aus einem Meßkörper mit eingebautem Piezoquarz- Kristall, ferner einem Gleichspannungsverstärker und einem Elek- tronenstrahl-Oszillographen als Anzeigegerät. b) Der Meßkörper. Der konstruktive Aufbau des Meßkörpers, insbesondere die Fassung des Piezoquarzes ist im letzten Jahrzehnt von verschiedenen For- schem in zahlreichen Abhandlungen besprochen worden. Dabei las- sen sich deutlich zwei Entwicklungsrichtungen unterscheiden: Die »elastische« Lagerung des Quarzes mit sogenanntem Massenausgleich 25
nach Kluge, Linkh, Farentholz9 und die »starre« Lagerung des Quar- zes, welche in Europa insbesondere von Meurer19 befürwortet wird. Die elastische Lagerung hat den Vorteil, daß der Einfluß der Mas- senträgheit theoretisch ganz beseitigt werden kann und so insbeson- dere die Erschütterungen des ganzen Meßgehäuses nicht mitaufge- zeiclmet werden. Dagegen scheint die praktische Ausführung solcher Meßelemente auf konstruktive Schwierigkeiten zu stoßen, die bisher noch nicht befriedigend gelöst werden konnten. Die prinzipielle An- ordnung, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll, ist in Abb. 7a schematisch dargestellt. Abb. 7. Grundsätzliche Anordnung zur Gasdruckmessung mit Piezoquarzen. Die starre Lagerung (Abb. 7b) hat allerdings den Nachteil, daß die dem Quarz vorgelagerten Massen bei Erschütterungen des ganzen Meßkörpers Trägheitskräfte auf den Quarz ausüben und so das Meß- ergebnis beeinträchtigen. Die Anordnung bietet aber konstruktiv gute Möglichkeiten, wodurch auch der erwähnte Mangel weitgehend aus- geglichen werden kann. Entscheidend für die Wahl der starren Lagerung des Quarzes für die vorliegende Untersuchung war jedoch, daß diese Lagerung einen geringeren Weg des Druckstempels für die gleiche mechanische Span- nung im Quarz beansprucht. Abb. 8 zeigt die Aenderungen, die bei der neuen Ausführung des Meßkörpers gegenüber der alten Anordnung aus dem Jahre 1936 (Abb. 8b) vorgenommen wurden, um die Aufzeichnung der Gas- druckkurve zu verbessern. 26
Abb. 8. Alte (h) und neue (a) Ausführungsform des Meßkörpers für Gasdruckmessungen mit Piezoquarz. 27
Der Hauptunterschied zwischen den beiden Ausführungen liegt in der Art der Abstützung des Quarzes am oberen Ende. In der neuen Ausführung wird der Quarz unmittelbar auf den Körper der Druck- schraube abgestützt. Die Druckschraube selbst übt, zur Erzielung einer guten Abdichtung, auf den Dichtungskonus eine achsiale Kraft von etwa 20 Tonnen aus. Wirkt nun auf den Quarz eine zusätzliche Kraft infolge des Gasdruckes von maximal 800 kg, so erhöht sich die Spannung im Gewinde der Druckschraube nur um etwa 4 %. Das elastische Nachgeben des Widerlagers erfolgt annähernd nur im Um- fange der Spannungen im gesamten Druckschrauben-Querschnitt. Bei der alten Ausführung wurde die Druckschraube ebenfalls bis zu derselben achsialen Kraft angezogen, aber die Verspannung des Gewindes der Druckschraube war ohne Einfluß auf die elastische Nachgiebigkeit des Quarzwiderlagers, denn der Quarz wurde mit einer gesonderten Schraube erst nachträglich eingeschraubt. Dabei wirkt die beim Anziehen dieser Quarz-IIalte-Schraube erzielte Ach- sialkraft als Vorspannung auf den Quarz. Die verwendeten Quarz- scheiben können bei einem Durchmesser von 8 mm bis etwa 1000 kg beansprucht werden. Bei einer Kraft durch den Gasdruck von 800 kg ist daher nur noch eine Vorspannung von maximal 200 kg zulässig. Während des Gasdruckes ändert sich demnach die Spannung im Gewinde der Quarzfassung um etwa 500 %. Diese große relative Spannungsänderung kann zu mikroskopisch kleinen ruckweisen Gleitbewegungen der Schraube in achsialer Richtung führen, welche ihrerseits wieder unregelmäßige Belastungsänderungen des Quarzes zur Folge haben und dadurch die Aufzeichnungen verfälschen. Um bei der starren Abstützung des Quarzes auf die Druckschraube ein sicheres Anliegen des Druckübertragungsstempels zu ermöglichen, wurde dieser Stempel gegenüber dem Dichtungskonus mit 4 Teller- federn abgestützt. Zur Fassung des Quarzes wurde die von Meureriu, Gohlke11 und andern empfohlene Hülse angewendet. Die Druckühertragungs- scheibe im Innern der Hülse ist im Interesse einer genau achsialen Kraftübertragung am untern Ende bombiert. Die Flächen, welche am Quarz anliegen, sind optisch ebengeschliffen. Besondere Sorgfalt erforderte die hoch isolierte Leitung zur Weg- führung der am Quarz erzeugten Ladung. Während bei der alten Ausführung die elektrische Verbindung zwischen Quarz und An- 28
schlußkabel durch einen federnden Kontaktstifl erfolgte, wurde bei der neuen Ausführung ein dünner Stahlstift unmittelbar mit dem Stahlzylinder verschraubt, der als Widerlager des Quarzes dient. An diesem Stahlstift ist in einer durch Cibanit isolierten Kammer ein Kupferdraht angelötet, der seinerseits nach einigen Drahtschleifen an der Steckbuchse für den Anschlußstecker angelötet ist. Auf diese Weise ließ sich eine vollständige Entkoppelung der allfälligen Be- wegungen der Steckbuchse und des Widerlagers des Quarzes er- reichen. Bei der alten Ausführung verursachten Erschütterungen des Meßkörpers Prellschwingungen des Kontaktstiftes, demzufolge war während der Oeffnungsperiode des Kontaktes die Aufzeichnung unterbrochen, was zu Diagrammen mit terrassenförmigen Stufen führte. Der Dichtungskonus aus gehärtetem Chromnickelstahl weist einen Kegelwinkel von 48° auf, gegenüber 60° bei der alten Ausführung. Außerdem liegen nur die untern Partien des Konus an der Kegel- mantelfläche auf, wodurch der Flächen druck erhöht wird. Mit dieser Anordnung, in Verbindung mit der druckausgleichenden Wirkung des Zentrierringes, dessen obere Begrenzungsfläche kugelförmig ge- schliffen ist, wurde eine gute Dichtung bei allen praktisch vorkom- menden Gasdrücken erreicht. Die für den Druck wirksame Stempelfläche beträgt 16,6 mm2. Es können daher bei einer zulässigen Quarzbeanspruchung von 800 kg Gasdrücke bis 4800 kg/cm2 gemessen werden. Die Abdichtung der Stempelfläche gegen den Verbrennungsraum erfolgt durch einen Pfropfen einer Mischung von Bienenwachs und Paraffin. Zwischen dem Stempel und der Dichtungsmasse befindet sich eine u-förmig gebördelte Papierscheibe, welche ein Einpressen der Dichtungsmasse zwischen Stempel und Bohrung verhindert und ein klemmungsfreies Arbeiten des Stempels gewährleistet. Der Einbau des Meßkörpers in den Drucklauf ist in Abb. 9 im Längsschnitt dargestellt. Wie aus der Abbildung ersichtlich, erfolgt die Druckmessung in unmittelbarer Nähe des Geschoßbodens. Die Patronenhülse weist an dieser Stelle eine Bohrung von 5 mm Durchmesser auf, die bei der Laborierung mit einem Streifen Cellophan verklebt wird. Es sind auch Meßanordnungen bekannt, welche den Druck im Ge- schoßlager, also vor der Hülse, messen. Man hat dadurch den Vor- 29
teil, daß normale, nicht angebohrte Hülsen verwendet werden kön- nen. Es wird jedoch in diesem Falle der Beginn der Druckentwick- lung nicht aufgezeichnet. Solche Anordnungen dienen daher meist nur der Bestimmung des maximalen Gasdruckes. Abb. 9. Einbau des Meßkörpers in den Drucklauf. 30
c) Der Gleichspannungsverstärker. Zur Ausmessung der beim Druck auf den Quarz erzeugten elek- trischen Ladung wird die Spannung gemessen, welche diese Ladung an einem Kondensator erzeugt. Die Zuleitung zum Kondensator und der eine Kondensatorbelag muß gegen Erde einen Isolationswiderstand von mindestens 101" Ohm aufweisen, wenn eine statische Eichung des Quarzes möglich sein soll, ohne daß während dieser Zeit die Quarzladung merkbar abfließt. Zur Isolation wurde ausschließlich Cibanit Reinharz verwendet. Der Kondensator ist vom eigentlichen Verstärker getrennt in einem staubdichten Kasten untergebracht. Er ist als Luftkondensator aus- gebildet und besteht aus kreuzweise geschichteten Aluminiumplatten von 200 mm Länge, 150 mm Breite und 1 mm Dicke. Der Abstand zwischen den Platten beträgt 3 mm. Die Befestigungsstellen der Kon- densatorplatten sind durch einen Isolationsweg von 8 cm Cibanit von- einander getrennt. Im Kasten sind 4 Kondensatoren mit Werten von ca. 1000 pF, 2000 pF, 2000 pF, 4000 pF aufgestellt, die durch eine Sammelschiene miteinander verbunden werden können. Um eine Verminderung des Isolationswertes bei feuchter Witterung zu ver- meiden, wurde am Boden des Kastens eine elektrische Heizwicklung angebracht, welche eine Aufheizung der Luft auf etwa 50° C ermög- licht. Mit dieser Anordnung wurden Isolationswiderstände von über 1015 Ohm gemessen. Als Verbindungskabel von der Meßstelle an der Waffe bis zur Wand des Schießraumes diente ein 5 m'langes Kabel mit koaxialem Leiter, Fabrikat Vacha. Zur Durchführung durch die Wand vom Schießraum in den ballistischen Meßraum diente ein Kupferrohr von 150 cm Länge mit koaxial frei gespanntem Leiter. Der Isolations- widerstand dieser beiden Verbindungsleitungen war ebenfalls in der Größenordnung von 1015 Ohm. Zur Messung der am Kondensator erzeugten Spannung wurde ein Gleichspannungsverstärker gebaut, dessen Schaltplan in Abb. 10 wiedergegeben ist. Als Eingangsröhre diente die AEG Elektrometerröhre T 113. In der nachfolgenden Gegentakt-Verstärkerausgangsstufe wurden zwei Phi- lips-Röhren EF 50 verwendet. Die Wahl einer Gegentakt-Ausgangs- stufe erfolgte mit Rücksicht auf die Aussteuerungsmöglichkeiten der 31
ddoooz Abb. 10. Schaltplan des Gleichspannungsverstärkers.
Elektronenstrahlröhre. Um astigmatische Verzerrungen des Leucht- fleckes der Philips-Oszillographenröhren DG 9—5 zu vermeiden, darf die Spannung an einer Ahlenk-Platte nicht mehr als etwa ±50 Volt von der Spannung der zweiten Anode abweichen. Mit einer Gegen- takt-Anordnung können daher 100 Volt verzerrungsfrei ausgesteuert werden gegenüber 50 Volt einer einfachen Endstufe. Die Konstanthaltung der Betriebsspannungen, insbesondere der Heizspannung der Elektrometerröhre (1,9 Volt) erforderte die Ver- wendung von Stabilisierungs-Glimmstrecken. Der nicht gezeichnete Netzteil mit einer Siebkette von 3 Elektrolytkondensatoren und 2 Drosselspulen wurde über einen Siemens-Spannungsgleichhalter ge- spiesen. Nach etwa 120 Min. Anhcizzeit war stets eine ausreichende Nullpunkts-Konstanz vorhanden. Allerdings konnte der stetig ab- nehmende einseitige Gang des Nullpunktes bei Messungen, die sich über Stunden erstreckten, bei der Verwendung von Stabilisierungs- Glimmstrecken nicht ganz vermieden werden. Er war aber sowohl für die kurze Dauer der Aufnahme, wie auch für die Zeitdauer einer Eichung von etwa 10 Sek. nicht von Bedeutung. Zur Ueberwachung der richtigen Betriebsbedingungen wurde im Anodenkreis der Ver- stärkerstufe ein mA. Meter eingebaut. Die Schaltung der Philips-Oszillographenröhre DG 9—5, welche zur Aufzeichnung der verstärkten Spannungsschwankungen diente, wird zusammen mit der Schaltung für die Zeitmarkierung im Ab- schnitt 7 behandelt. c) Eichung und dynamisches Verhalten der Gasdruckmeßanlage. Die Gasdruckindikatoren für Schußwaffen besitzen meist eine Stempelabdichtung zwischen Verbrennungsraum und Quarzkammer, während die Indikatoren für Verbrennungsmotoren Membran-Ab- dichtungen aufweisen. Die Membran-Abdichtung (Abb. 7a) besitzt den Vorteil einer kleinern, dem Quarz vorgelagerten Masse, wodurch allgemein die Empfindlichkeit gegen Erschütterungen des Meßkör- pers herabgesetzt wird. Sie hat aber den Nachteil, daß nur etwa 40—80 % des Gasdruckes, der auf die Membran-Fläche wirkt, auf den Quarz übertragen wird. Zur Herstellung einer Beziehung zwi- 3 33
sehen dem Gasdruck und dem indizierten Meßwert muß daher eine solche Meßanlage mit Membranabschluß mit hydrostatischem Druck geeicht werden, wobei dann dieser Druck mit entsprechenden Mano- metern gemessen werden muß. Diese Methode ist für Drücke in der Größenordnung von 50 kg/cm2, wie sie bei Verbrennungsmotoren vor- kommen, noch gut anwendbar. Handelt es sich aber um Messungen von Gasdrücken in Waffen in der Größenordnung von 3000—4000 kg/cm2, so erfordert die hydrostatische Eichung zu viel Aufwand. Wird dagegen ein Stempel zur Abdichtung verwendet, so wird der gesamte Gasdruck auf der Stempelfläche ohne Verlust gemessen, so- fern der Stempel nicht klemmt und eben mit der Begrenzung des Verbrennungsraumes abschließt. Ein System mit Stempelabdichtung kann daher mit einer Einzelkraft geeicht werden. Um eine unmittelbare Beziehung zum Gewichtsmaß-System zu er- halten, wurde eine Hebelwaage gebaut mit einem Hebelübersetzungs- verhältnis von 1:100. Der Aufbau geht aus der schematischen Skizze in Abb. 11 hervor. Abh. 11. Prinzip der Eichwaage für den Piczoquarz-Meßkörper. Mit dieser Eichwaage kann jede Belastung zwischen 0 und 1000 kg auf den Quarz ausgeübt werden. 34
Infolge des hohen Isolationswiderstandes des Verstärkereinganges wurden Zeitkonstanten für das Absinken der Ladung auf den e-ten Teil von mehreren Tagen erzielt. Für eine statische Eichung eines bestimmten Punktes der Druckkurve, wurde etwa 10 Sek. benötigt. Ein Absinken der Ladung während dieser Zeit war daher nicht zu beobachten. Durch geeignete Wahl der Betriebsspannungen konnte eine an- nähernd lineare Beziehung zwischen Belastung und Aufzeichnung der Elektronenstrahlröhre erzielt werden. Die Abweichungen der ein- zelnen Meßpunkte von der Geraden waren kleiner als ± 0,5 % be- zogen auf den Maximalwert der Eichkurve. Dabei konnte aber die Elektrometerröhre nur mit 0,6 Volt ausgesteuert werden. Entsprechend der piezo-elektrischen Druckkonstanten, die zu (l,95±0,l) 10—11 Coulomb/kg bestimmt wurde, erfolgte die Wahl der Ladekondensatoren am Eingang des Gleichspannungsverstärkers, um bei dem jeweilig auftretenden maximalen Gasdrucke die Steuer- spannung von 0,6 Volt nicht zu überschreiten. Zur Beurteilung der Wiedergabetreue des gesamten Meßgerätes wurde der dynamische Meßfehler nach Gleichung 2 ermittelt. Die Federkonstante der Quarzkammer wurde aus der Eigenschwingung bestimmt, die bei einigen Gasdruckmessungen infolge besonders stei- len Druckanstieges angeregt wurde. Die Schwingungen waren be- sonders in der Gegend des maximalen Gasdruckes deutlich auswert- bar. Die Eigenfrequenz des Kammersystems bestimmte sich als Mittel- wert aus 8 Messungen zu uo = 29 000 sec— Die auf den Schwerpunkt des schwingenden Systems reduzierte Masse beträgt 7 • 10—3 gr. Die Schwingung ist nur schwach gedämpft, so daß ohne große Fehler die Beziehung zwischen Kreisfrequenz und der an einer Feder ungedämpft schwingenden Masse benützt werden kann. Daraus errechnet sich die Federkonstante der Quarzkammer zu F = 2,35 • 108 gr sec 2. 35
Mit dieser Federkonstanten F läßt sich auf Grund von Messungen der Gasdruckkurve durch die Beziehung P = Fx die jeweilige Einfederung x der Quarzhalterung bestimmen. Damit ist auch x und x gegeben, und der dynamische Meßfeder a kann an- gegeben werden. Der Frequenzgang des Gleichspannungsverstärkers ist in Abb. 12 dargestellt. Die obere Grenzfrequenz, gekennzeichnet durch ein Ab- sinken des Verstärkungsgrades auf Vmax, liegt bei 50 000 Hz. \/2 Alili. 12. Frequenzgang des Gleichspannungsverstärkers. B. Messung der Kraft auf den Verschluß der automatischen Waffe. a) Anforderungen und Meßmöglicheiten. Unter der Berücksichtigung der allgemeinen Forderung, daß ein Meßgerät den zu messenden Vorgang möglichst wenig stören soll, muß ein Meßgerät gewählt werden, das keine wesentliche Verände- rung der Verschlußmasse erfordert und das keine zusätzlichen Kräfte auf den Verschluß ausübt. Das Meßorgan muß Kräfte in der Größen- ordnung von 20 to messen können. Die Aufzeichnungsgenauigkeit in Zeitintervallen von 10—4 sec muß ebenso groß sein, wie bei der Gas- druckmessung. Der Zusammenhang zwischen Verschlußkraft und den aufgezeichneten Meßwerten muß durch statische Eichungen des Meß- gerätes gegeben sein. Infolge der Bewegung des Verschlusses können nur die Methoden B, C und D des Abschnittes 3 bei der Kraftmessung verwendet wer- 36
den. Die Geschwindigkeitsmessung nach Methode C gestattet keine statische Eichung. Die Weg-Zeitmessung nach Methode D, die bisher für solche Messungen fast ausschließlich verwendet wurde, hat den schon erwähnten Nachteil, daß das Meßergebnis erst durch zwei- malige Differentiation des Meßwertes erhalten wird. Es wurde daher ein Gerät zur Messung der Beschleunigung des Ver- schlusses nach Methode B gebaut. Um die Forderung nach möglichst geringer Veränderung der Verschlußmasse zu erfüllen, müssen die Abmessungen dieses Konstruktionsteiles möglichst beschränkt wer- den. Anderseits darf aber das Verhältnis zwischen Hauptmasse Mj und Beschleunigungsmasse M2 nicht zu groß werden, weil sonst die Meßgenauigkeit leiden würde. Zur Messung der Größe Fz in Gleichung 4a wurde eine Piezo-Quarz- Anordnung verwendet. Dies geschah mit Rücksicht auf die bereits gebaute Meßanlage für die Bestimmung des Gasdruckverlaufes mit dem Piezo-Quarz. Es konnte daher der Gleichspannungsverstärker für beide Messungen verwendet werden. Abgesehen davon, ist auch an sich die Verwendung des Piezoquarzes für Kraftmessungen immer gut geeignet, wenn relativ kleine Kräfte (bis etwa 1000 kg) gemessen werden sollen und wenn das Aufnahmeorgan möglichst wenig Masse aufweisen soll. b) Der Meßkörper. In Abb. 13 ist der Meßkörper im Längsschnitt dargestellt. Die ganze Anordnung besteht aus einer Beschleunigungsmasse, einem zylindrischen Stahlkörper, die über zwei Piezoquarze in einen fla- chen Rahmen eingespannt ist. Diese Anordnung bietet zwei wesentliche Vorteile gegenüber andern bekannten Anordnungen8’12’13. 1. Durch die in Abbildung 13 eingezeichnete Polarität der Quarze wird erreicht, daß nur Beschleunigungen in Richtung der Vcrschluß- bewegung eine gleichsinnige Ladung an den Quarzflächen ergeben, die mit dem Stahlzylinder in Berührung sind. Da nämlich die beiden Quarze unter hoher Vorspannung stehen, wird durch eine solche axial wirkende Beschleunigungskraft der eine Quarz belastet und der andere entlastet. Infolge des verschiedenen Vorzeichens der Quarz- polarität entsteht die erwähnte gleichsinnige Aufladung. 37
Verschlussbewegung Dagegen heben sich die Ladungen der Quarze gegenseitig auf, die durch Beschleunigungskräfte hervorgerufen werden, welche den Stahlzylinder um eine Achse, senkrecht zur Verbindungsgeraden der Quarzmittelpunkte, zu drehen versuchen. Durch diese Maßnahme wird erreicht, daß die senkrecht zur Verschlußbewegung wirkenden Beschleunigungskräfte, die durch Erschütterungen hervorgerufen worden sind, nicht mit aufgezeichnet werden. 2. Durch die ausschließliche Abstützung der Beschleunigungsmasse auf die Quarze wird jeder Beibungswiderstand zwischen Beschleuni- gungsmasse und ihrer Halterung vermieden. Außerdem ist der elek- trische Isolationswiderstand der Anordnung allein von der Isolation der Quarze selbst abhängig und kann daher auf einen Wert von über 1012 Ohm gebracht werden. Die Empfindlichkeit des Meßkörpers kann mit entsprechender Wahl der Masse des Beschleunigungskörpers den jeweiligen Anforde- rungen genau angepaßt werden. Die eigentliche Beschleunigungs- masse bildet der zylindrische Stahlkörper, sowie eine Quarzscheibe und eine Stahlzwischenscheibe mit Kugelpfanne für die Halterung des Quarzes. Das Verhältnis zwischen Verschlußmasse Mj und Be- schleunigungsmasse M2 beträgt -2- == /6,6. M2 38
Bei maximal zu erwartenden Kräften auf die V erschlußmasse von 20 to werden daher etwa Beschleunigungskräfte von 300 kg auf die Quarze wirken. Bei einem Durchmesser von 10 mm können die Quarz- scheiben mit etwa 1500 kg beansprucht werden. Unter Berücksichti- gung eines gewissen Sicherheitsfaktors wurden die Quarze mit rund 1000 kg vorgespannt. Die elastische Spannmig in den Spannschrau- ben änderte daher während der Kraftwirkung um etwa 30 %. Ein ruckweises Nachgeben der Quarzwiderlager konnte bei der Messung nicht festgestellt werden. c) Eichungen und dynamisches Verhalten. Zur Herstellung der Beziehung zwischen der auf die Quarze wir- kenden Beschleunigungskraft und dem aufgezeichneten Meßwerte wurden die Quarze samt dem Beschleunigungsmeßkörper und den beiden Stahlzwischenscheiben in die Eichwaage eingebaut, welche auch zur Eichung des Piezoquarzes der Gasdruckmeßanlage dient. Dabei war es selbstverständlich notwendig, die Polarität des einen Quarzes zu ändern, um bei doppelseitigem Druck eine gleichsinnige Aufladung zu erhalten. Mit dieser Eicheinrichtung ließ sich zugleich feststellen, daß die Aufladung der Quarze pro Kilogramm genau gleich groß ist. Es trat nämlich bei gegenseitiger Polung auch bei einer Belastung von 700 kg keine meßbare Aufladung ein. Um über das dynamische Verhalten des Meßgerätes Aufschluß zu erhalten, wurde die Federkonstante F gemäß den Forderungen von Gleichung 7 und 7a aus der Eigenschwingung bestimmt. Die Eigenschwingung wurde durch den axialen Stoß einer Stahl- kugel von 5 mm Durchmesser auf eine Spannschraube, der Quarz- halterung angeregt. Nach geeigneter Verstärkung wurde ein Oszillo- gramm, wie in Abb. 14 dargestellt, erhalten. Die rasch abklingende Schwingung weist eine Frequenz von t>o = 11000 sec-1 und einen Dämpfungsfaktor von p. = 1900 sec-1 39
auf. Auch hier ist wo2 » p.2, sodaß demgemäß die Federkonstante nach Gleichung 20 bestimmt werden kann. F = 4,76 • 108 gr sec '2 Mit dieser Federkonstanten läßt sich die Größe der Einfederung z und damit auch die zweite Ableitung dieser Größe z bestimmen. » • Abb. 14. Oszillogramm der Eigenfrequen? der Fassung des Beschleunigungsmessers. C. Messung der Rückstoßkraft des Drucklaufes. a) Anforderungen und Meßmöglichkeiten. Das Meßgerät muß Kräfte in der Größenordnung von 20 to mes- sen können. Unterschiede im Kraftverlauf in Zeiten von 10—1 sec müssen erkennbar sein. Der Zusammenhang zwischen Rückstoßkraft und Aufzeichnungen des Meßwertes muß durch statische Eichungen des Meßgerätes gegeben sein. Da es möglich ist, den Drucklauf sowohl gegen ein Widerlager fest abzustützen, als auch bei reibungsarmer Lagerung in Kraftrichtung sich bewegen zu lassen, können alle vier Methoden des Abschnittes 3 grundsätzlich angewendet werden. In fast allen bekannt gewordenen Messungen14’15 von Rückstoßkräften wurde die Zeit-Weg-Bestim- mung der frei rücklaufenden Waffe oder eines Waffenteiles ange- wendet. Von R. Kutterer8 wurde auch die direkte Messung der Be- schleunigung des frei rücklaufenden Stoßbodens einer Sonderwaffe 40
zur Bestimmung des Einpreßwiderstandes von Geschossen benützt. Dagegen scheint die immittelbare Kraftmessung nach Methode A noch nicht angewendet worden zu sein. Dies offenbar aus dem Grunde, weil die Aufzeichnung des Kraftverlaufes bei der relativ großen Massenträgheit der Waffe nach Gleichung 1 stark beeinflußt werden muß. Mit Rücksicht auf eine spätere Verwendung des Meßgerätes zur Bestimmung von Rückstoßkräften an automatisch schießenden Waf- fen mit Massenverriegelung des Verschlusses wurde dennoch die Me- thode A gewählt, weil nur die elastisch eingespannte Waffenlafette in der Zeit zwischen zwei Schüssen eines Seriefeuers wieder genau in die Ausgangslage zurückkehren kann, sodaß jeder Schuß unter den- selben Anfangsbedingungen gemessen wird. Zur Bestimmung der elastischen Veränderungen des Widerlagers unter der Wirkung der Riickstoßkraft wurde die sogenannte Konden- satormethode verwendet. Man versteht darunter ein elektrisches Meßgerät, mit dem die Aenderung der Kapazität eines Kondensators infolge Aenderung des Luftspaltes durch elastische Verformung einer Kondensatorplatte gemessen wird. Diese Meßmethode bietet die Möglichkeit, durch entsprechende Ausbildung des Meßkörpers, der als Kraftwiderlager dient, Kräfte in beliebiger Größe zu messen. Da schon sehr kleine Veränderungen (in der Größenordnung IO"1 cm) gemessen werden können, kann durch entsprechende Dimensionierung des Meßorganes erreicht wer- den, daß auch bei großen Kräften nur geringe Deformationen ent- stehen, mit andern Worten, es kann eine große Federkonstante erzielt werden. Hinsichtlich des Meßkörpers ist diese Meßmethode der Piezoquarz-Methode überlegen. Dagegen ist diese Meßanordnung gegenüber Erschütterungen der Zuleitung durch die dabei bewirkte Aenderung der Kabelkapazität empfindlicher, als die Piezoquarz- Methode, bei der, parallel zur Kabclkapazrtät, noch ein Ladekonden- sator von einigen Tausend pF geschaltet wird. Zur Ausmessung der Kapazitätsänderung wurde die Methode der sogenannten »halben Resonanzkurve«18 benützt. Diese Meßmethode besteht darin, daß der Kondensator, dessen Kapazitätsänderungen ge- messen werden sollen, mit einer Induktivität zu einem Resonanzkreis zusammengeschaltet wird. Dieser Schwingkreis wird an einen Hoch- frequenzgenerator angekoppelt, der eine bestimmte Frequenz von 41
konstanter Spannungsamplitude erzeugt. Der Schwingkreis wird nun auf einen Punkt in der Nähe der Resonanzlage eingestellt, nämlich dort, wo die Resonanzspannungskurve einen annähernd linearen Teil aufweist. Dies ist zugleich auch der steilste Teil der Resonanzkurve, weil dort einer bestimmten Kapazitätsänderung die größte Span- nungsänderung entspricht. Die Kapazitätsänderung bewirkt also hin- sichtlich der Amplitude der vom Schwingkreis ausgehenden Hoch- frequenz eine Modulation der HF-Spannung. Diese Modulationsspan- nung wird in der unmittelbar nachfolgenden Gleichrichterstufe als »Niederfrequenz« von der HF-Spannung getrennt. Bei genügender Höhe der HF-Spannung am Schwingkreis kann die Niederfrequenz- Spannung ohne weitere Verstärkung im Elektronenstrahl-Oszillogra- phen aufgezeichnet werden. Es besteht demnach eine solche Meßanlage aus einem Meßkonden- sator, einem HF-Generator, einem HF-Röhrenvoltmeter und einem Spannungsanzeigegerät. b) Der Meßkondensator. Als Widerlager des Drucklaufes bei der Rückstoßmessung diente der in Abb. 15 im Längsschnitt dargestellte Kreisplatten-Meßkonden- sator. Wie aus der Abbildung ersichtlich, ist der Drucklauf durch eine Spannmutter starr mit einem axialen Fortsatz dej; Biegeplatte des Meßkondensators verbunden. Die kreisrunde Biegeplatte besitzt einen Durchmesser von 120 mm und eine Dicke von 19,6 mm. Diese Biege- platte, welche beim Schuß durch den Rückstoß elastisch durch ge- bogen wird, liegt auf einem auswechselbaren Distanzring aus Stahl auf und ist mit dem hülsenförmigen Widerlager durch acht gleich- mäßig am Umfang verteilte Schrauben verbunden. Im Innern dieses hülsenförmigen Widerlagers ist die ebenfalls kreisförmige, durch Cibanit isolierte Gegenelektrode von 60 mm Durchmesser befestigt. Diese Gegenelektrode ist mit dem Rand des Widerlagers eben ge- schliffen. Der Luftspalt zwischen den beiden Kondensatorbelegen ist also nur durch die Dicke des Distanzringes gegeben. Die als Wider- lager ausgebildete Stahlhülse endigt rückwärts in einem kräftig aus- gebildeten Kugellager, dessen Kugelpfanne mit acht am Umfang 42
Widerlager Abb. 15. Meßkondensatur für Rückstoßmessnngen im Längsschnitt. CO
gleichmäßig verteilten Schrauben mit einem in der Mauer des Schieß- hauses fest verankerten Doppel-T-Profil verbunden ist. Das Eigengewicht der Waffe wird mit einer dreieckförmigen Leicht- metallkonstruktion unter dem Waffenschwerpunkt auf den Boden des Schießhauses abgestützt, wie dies in Abb. 16 dargestellt ist. Abb. 16. Lafetlierung des Drucklaufes. Um die Reibkraft zwischen Waffe und Abstützung auf einem prak- tisch vernachlässigbar kleinen Betrag zu bringen, wurde die Leicht- metallkonstruktion an ihrem bodennahen Ende mit Kugellagern ver- sehen. Diese Lafettenkonstruktion läßt sich also nur um eine Achse senkrecht zur Schußrichtung, entsprechend der Rücklaufbewegung der Waffe, drehen. c) Der Hochfrequenz-Generator und das Röhrenvoltmeter. In Abb. 17 ist der Schaltplan des HF-Geuerators und des Röhren- voltmeters mit Gegentakt-Ausgang dargestellt. Die beiden Geräte sind in einem gemeinsamen Kasten untergebracht. Der gesondert auf- gebaute, nicht gezeichnete Netzteil enthält neben den üblichen Sieb- mitteln zur Glättung des Anoden-Gleichstromes vier in Serie ge- schaltete Glimmröhren zur Erzielung einer konstanten Spannung. 44
Zur Erzielung einer konstanten Frequenz wurde ein Quarz-Oszilla- tor für 100 000 Hz in normaler Sendeschaltung verwendet. Um aber im Gleichrichterteil die Trägerfrequenz aus der Niederfrequenz der Kraftverlaufskurve besser aussieben zu können, wurden die 100 000 Hz in einer Vervielfacherstufe auf 1 MHz vervielfacht. Zur Vervielfachung wurde eine Heptode AH! verwendet. Die im Steuergitterkreis liegende Induktivität ist schwach mit dem im Ano- denkreis liegenden Parallel-Resonanzkreis für 1 MHz gekoppelt. Die Koppelung ist nur gerade so stark, daß der Schwingkreis, ohne in Selbsterregung zu schwingen, entdämpft wird. Dieses schwach ge- dämpfte Schwingkreissystem wird durch die am Dosierungsgitter wir- kenden kurzen Spannungsstöße im Takte der 100 000 Hz angestoßen. Zur Erzielung von genügend kurzen Spannungsstößen wurde der Ar- beitspunkt des Dosierungsgitters stark ins negative Gebiet verlegt. Eine ähnliche Anordnung wurde auch von R. Golicke1' zur Frcquenz- vervielfachung benutzt. Ein Steuerquarz für 1 MHz hätte die Schal- tung wesentlich vereinfachen können; es stand aber ein solcher Quarz nicht zur Verfügung. In der nachfolgenden zweistufigen Verstärkung wird die 1 MHz- Frequenz in Bandfilterkreisen mit kritischer Koppelung von den Oberwellen befreit und verstärkt. Als Scbwingkreisspulen wurden im Interesse eines möglichst hohen Q-Faktors Topfkemspulen aus Hoch- frequenzeisen verwendet. Die Ankoppelung des Meßkreises an den HF-Generator erfolgt ebenfalls induktiv. Zur Einstellung des rich- tigen Arbeitspunktes auf der Resonanzkurve wurden parallel dem Meßkondensator und der Kabelkapazität noch zwei Drehkondensa- toren mit 100 pF und 5 pF Maximalkapazilät geschaltet. Die Re- sonanzspannung des Meßkreises betrug etwa 240 Volt. Zur Demodulation wurde eine von der Philips-Gesellschaft18 an- gegebene Gleichrichterschaltung mit einer Triode verwendet. Die Wirkungsweise dieser Gleichrichtung ist aus der Schaltung sofort ersichtlich. Durch einen Kathodenwiderstand von 0,1 MOhm wird die Kathode gegenüber dem an Erde liegenden Gitter stark positiv vorgespannt. Tritt nun am Gitter eine Wechselspannung auf, so wird während der positiven Halbperiode die negative Vorspannung ver- kleinert. Es fließt damit ein größerer Strom durch die Röhre, der aber seinerseits wieder einen höheren Spannungsabfall bewirkt und so die Gittervorspannung annähernd auf ihren früheren Wert zurück- 45
25oV 500V Abb. 17. Scbaltplan des HF-Generators und des Röhrenvoltnieters.
bringt. Eine Aussteuerung in das positive Gebiet wird so lange ver- unmöglicht, als die positive Steuerspitzenspannung den Wert der Anodengleichspannung nicht überschreitet. Wird trotzdem die Ano- dengleichspannung überschritten oder fehlt sie ganz, so tritt die nor- male Diodengleichrichtung auf, welche bekanntlich mit erheblicher Dämpfung des ihr vorgelagerten Schwingkreises verknüpft ist. Bei einer Anodengleichspannung von 500 Volt können HF-Spannungs- amplituden bis etwa 470 Volt leistungsfrei gleichgerichtet werden. Die nachgeschaltete Siebkette von zwei Parallel-Resonanzkreisen liefert an die Ausgangsklemme A und an den Eingang der Phasen- umkehrrÖhre eine von der Hochfrequenz bis auf 0,1 Volt befreite Niederfrequenzspannung. Die Gegentakt-Ausgangsstufe wurde wie- derum mit Rücksicht auf die Aussteuerungsmöglichkeit der nach- folgenden Elektronenstrahlröhre vorgesehen. d) Eichung und dynamisches Verhalten. An sich ist ein linearer Zusammenhang zwischen Belastung und Meßwertaufzeichnung bei einem Kondensatormeßgerät nicht von vorneherein gegeben. So ist der Zusammenhang zwischen Kapazität und Plattenabstand bei einem Luftkondensator hyperbolischer Na- tur, ferner weist eine Resonanzkurve keinen streng linearen Teil auf und endlich ist auch die Gleichrichtung der HF-Spannung in der be- schriebenen Anordnung nur annähernd linear. Durch geeignete Wahl der Arbeitspunkte auf den verschiedenen Kennlinien kann aber das nicht lineare Verhalten der einzelnen Funktionen weitgehend kom- pensiert werden. Um die hyperbolische Abhängigkeit der Kapazität vom Luftspalt nicht stark in Erscheinung treten zu lassen, wurde die Aenderung des Luftspaltes, verglichen mit der Größe des Luftspaltes im unbe- lasteten Zustande, klein gehalten. Die Durchbiegung in der Mitte der Kondensatorplatte beträgt A x = 6,9 • 103 mm/1 Tonne Der Luftspalt im unbelasteten Zustande beträgt xo — 0,853 mm Bei einer Belastung von 15 to ändert sich demnach der Luftspalt yy x um etwa 12 %. Bei diesem Verhältnis ---und mit der bei der ge- Xo 47
wählten Biegeplattendicke günstigen Form der Biegefläche war die Aenderung der Kapazität je Tonne Belastung im ganzen Meßbereich nahezu konstant. Abb. 18. Resouanzkurve des HF-Meßkreises. Die Bestimmung der Kapazitätsänderung nach dem Kompen- sationsverfahren, sowie die Aufnahme der Resonanzkurve erfolgte mit einem Normal-Drehkondensator, Fabrikat Seeliger, Berlin. Wie aus Abb. 18 ersichtlich, ist die Resonanzkurve im Teilstück von 170—220 Volt nahezu linear. Die Belastungseichung des Biegeplatten-Meßkondensators erfolgte mit einer »Amsler« Druckmeßdose. 48
Mit einer Schraubenspindel von 6 cm Durchmesser konnte die Druckmeßdose gegen die Biegeplatte verspannt werden. Die Eichung erfolgte in Stufen von 2 Tonnen. Am Ausgang des Gegentakt-Ver- stärkers wurde eine Spannungsänderung von A V = 6,61 ± 0,05 Volt/1 Tonne für einen Meßbereich von 15 lo gemessen. Die Eichkurve des ganzen Meßbereiches ist also auf 1,5 % genau linear. Zur Bestimmung des Frequenzganges des Gleichrichters und des Gegentaktverstärkers wurde dieser Teil mit Niederfrequenzspannung bis 30 000 Hz geprüft. Das Ergebnis ist in Abb. 19 dargestellt. Um über das dynamische Verhalten der Meßanlage Aufschluß zu erhalten, ist es notwendig, die Massen und Federkonstanten der Kon- struktionsteile zwischen dem Ort der Kraftwirkung, also dem Stoß- boden des Verschlusses, und dem Ort der Messung, also der Konden- sator-Biegeplatte, zu bestimmen (Abb. 15). Die Massen der Konstruktionsteile konnten durch einfaches Aus- wägen bestimmt werden. Die Federkonstanten wurden teils durch Messung, teils durch Rechnung aus den Dimensionen der Konstruk- tionsteile ermittelt. Zur Berechnung des Vorganges bei der Kraft- übertragung mußten diese Konstruktionsteile in »starre Massen« und »massenlose Federn« aufgeteilt werden. In der untern Hälfte der Abb. 20 ist die getroffene Aufteilung dargestellt. Die Aufteilung der Massen erfolgte gemäß der Aufteilung des Ortes der Kraftwirkung und der Messung. So wurde für die Berechnung die gesamte Masse der Waffe und der Lafette auf den Stoßboden des Verschlusses reduziert „ Mt = 18,0 gr 4 49
Abb. 20. Verteilung von Massen und Federn bei den kraftiibertragenden Konstruktionsteilen der Rückstoß-Meßeinrichtung. und dementsprechend die Masse der Kondensator-Biegeplatte, sowie des axialen Fortsatzes auf den Mittelpunkt der Kondensatorplatte. M2 = 0,3 gr Es wurde berücksichtigt, daß von der Lafette und vom Meßkonden- sator nicht alle Teile die Rückstoßbewegung in ihrer ganzen Größe ausführen. Entsprechend der Aufteilung in zwei Massen sind auch zwei Federn zu unterscheiden, nämlich die Konstruktionsteile zwischen Stoßboden und Biegeplatte und die Biegeplatte selbst. Die Federkonstante der Biegeplatte konnte durch Messung unmit- telbar ermittelt werden. Zu diesem Zwecke wurde zwischen die beiden Kondensatorplatten ein Bleiplättchen von 1 mm2 Oberfläche und einer Dicke, die wenig mehr als die liebte Weite zwischen den beiden Kondensatorplatten aufwies, gelegt. Sodann wurde die Biegeplatte mit der Eicheinrichtung belastet und die bleibende Verformung des Bleiplättchens stufenweise mit dem Mikrometer ausgemessen. Wie oben erwähnt, beträgt die Durchbiegung x bei einer Belastung von 1 Tonne A x = 6,9 • 10 3 mm/l Tonne 50
Daraus bestimmt sich die Federkonstante F2 zu F2 = 14,50 • 108 gr sec-2 Die Bestimmung der Federkonstanten F, konnte infolge der Gegeben- heiten der Waffenkonstruktion durch direkte Messung nicht einfach durchgeführt werden. Es wurde deshalb F, aus den Dimensionen der Konstruktionsteile ermittelt. Für diese Berechnung war es zweck- mäßig, die Querschnitte der Konstruktionsteile zwischen Stoßboden und Biegeplatte auf einen zylindrischen Stab desselben Querschnit- tes zu reduzieren. Das Ergebnis der Berechnung dieses Ersatzstabes ist in der oberen Hälfte von Abb. 20 dargestellt. Zur Vereinheit- lichung der Darstellung ist auch die Biegeplatte durch ein Stabstück von einer Länge, die der Dicke der Biegeplatte entspricht und welche dieselbe Federkonstante aufweist, ersetzt. Dieser Ersatzstab besitzt eine Federkonstante F1 von Ft = 4,14 • 108 gr sec~2 Außerdem wurden noch die Dämpfungskonstanten D, und D2 durch Messung ermittelt. Zur Bestimmung von D, wurde ein 2 mm starker Stahldraht an der Mündung des Drucklaufes befestigt. Dieser Stahldraht wurde in Rich- tung der Seelenachse bis zum Zerreisen gespannt. Infolge der beim Zerreisen eintretenden plötzlichen Entspannung wurde die gesamte Meßanordnung in ihrer Eigenfrequenz angeregt. Diese abklingende Schwingung wurde oszillographisch aufgezeichnet, und aus dem Amplitudenverhältnis die Dämpfungskonstante I), zu D, 0,46 • 104 gr sec -1 bestimmt. D2 konnte auf ähnliche Weise durch Erregung der Eigen- schwingung der Biegeplatte des Meßkondensators ohne Drucklauf und Verbindungsteile gemessen werden. D2 = 0,10 • 104 gr sec-1 Zur Bestimmung des Zusammenhanges zwischen der auf dem Stoß- boden wirkenden Kraft und der von der Biegeplatte aufgezeichneten Kraft kann mit den Bezeichnungen von Abb. 20 folgendes Glei- chungssystem aufgestellt werden: 51
Auf die Masse Mj wirken die Kräfte K (t) — Mj ü, + D, x t 4- Fi (xj—x2) Auf M2 wirken Fj (xt — x2) — M2 k 2 + D, x ä + F2 x2 Löst man Gleichung 22 nach x auf 21 22 22 a xi Fi + F, x2 und differenziert 22a zweimal nach t, so erhält man durch Einsetzen der Werte von x n x j und x2 in Gleichung 21 = Mt M2 , M, P2 M, (Ft + F2) U Fj 2 F, 2 Fj D>M2 Di P2 Di (Fi + F2) Fi 2 ' Fj 2 1 F, M2 x 2 D, x , 4- F2 x2 21a Da vom Meßkondensator unmittelbar die Größe Fx2 aufgezeichnet wird, ist es einfacher, diese Größe an Stelle von x, als Variable zu benützen. Nennt man F2x2 P 23 so wird Gleichung 21a zu k<o=4^. p + ('* "r .A'--"1) p + 21 b A j A .> A j A i> MJY+F, + D!D2 -A MA /Dl Fj +F2 + D^\ • \ Fj F2 Fj f2 f2 ' \ b; f, f2 / r Setzt man die Werte M,, M2, F,, F2, D,, D2 in Gleichung 21b ein, so erhält man K(t) = 0,24 • 10~16 P + 0,36 • 1012 P + 5,65 • 10 fl P + 0,15 • 10 4 P +P 21c Wie in Abschnitt 3 ausgeführt, kann erst nach erfolgter Messung entschieden werden, ob alle Ableitungen der Größe P berücksichtigt werden müssen. Nach den überschlägigen Berechnungen, welche für die Dimensionierung der Anlage notwendig waren, ist jedoch zu er- 52
warten, daß die Glieder mit P und P wegfallen, und daß der Kraft- verlauf iin Wesentlichen bestimmt ist durch . "i Fi+F2 b . D, F,+F. K(t,_ - 21d Um die Größe der Fehler, die bei der Ausmessung des Oszillogram- mes und durch die numerische Differentiation30 des Meßwertes mit nachfolgender Addition gemäß Gleichung 21d entstehen, abschätzen zu können, wurde das in Abb. 21 dargestellte empirische Verfahren angewendet. Km Mx+Dx+Fx Abb. 21. Darstellung des Verfahrens zur Abschätzung der durch die numerische Differentiation entstehenden Fehler. Auf ein Kraftmeß-System gemäß Abschnitt 3A, bestehend aus einer durch eine Feder am starren Widerlager abgestützten Masse, wirke ein sogenannter Rechteckstoß. 53
K(t) = 0 für — 00 < t < 0 = A für 0 S= t < tj = 0 für tt t < x Es soll nun ermittelt werden, welcher Kraftverlauf gemessen würde, wenn man die elastischen Deformationen der Feder zur Anzeige der wirkenden Kräfte benützt. Es ist also die Differentialgleichung K(t) : - M x -I Dx I- Ex 24 zu lösen. c K(t) D F , Setzt man ~ — !> ; . = cjo M 2 M ' M so erhält man die Differentialgleichung x -|- 2 ti x 4- wo2 = <p 25 Die allgemeine Lösung der homogenen Gleichung lautet \ C[ eri 1 - | C, er * 26 mit C, und C2 als Konstanten und Tj = — u i v "'<>! — !J-2 = — !' + i(l) r2 = — [t — i \/ ojo 2 — (u2 = — ti — w> Die allgemeine Lösung der vollständigen Differentialgleichung lautet e ri ‘ /’ x = C. erit + C, er!t----------e ri ‘ c dt + 27 G—L </ er!t r ------- e rit p dt r2—rj <' Entsprechend des durch drei Beziehungen gegebenen Kraftverlaufes muß auch die spezielle Lösung x durch drei Gleichungen dargestellt werden. xa = o fiir - «5 <t <o x,._ A b xc = e~ | sin tot+cos wtj| für oStc^ Hj cos wt +H2 sin wt ] für f, 28 a 28 b 28 c 54
Dabei bedeuten die Konstanten H1 = e'u,1'|B Hs =eut‘]B - sin nut! +cos cut, cos cot^ sin mb A I rz-n M, r21( M U r> "V- + “17~ A / Mi r2t( 5 M 1 ryr, + r2r( J - sin Wt| x D + 7,j~ cos io t| 29 Wählt man die Dauer des Rechteckstoßes t-, = 2 • 10—3 sec und benützt man für die Konstanten M, F,D die oben erwähnten Werte Mn F1? D„ so erhält man den in Abb. 21 mit Fx bezeichneten, in Zeit- abschnitte von 10—4 sec zerlegten Kurvenverlauf. Unter der Annahme, diese Funktion Fx sei nur empirisch und mit derselben Genauigkeit, wie die Oszillogramme der Rückstoßkurve gegeben, wurde diese Kurve numerisch zweimal differentiert und die Differentialkurven nach Multiplikation mit den entsprechenden Fak- toren D und M zur Summenkurve addiert. Wie aus Abb. 21 ersicht- lich ist, erhält man nach dieser Methode die mittlere Höhe des Recht- eckstoßes auf etwa 0,5 % genau, während einzelne Punkte um maxi- mal 5 % vom Sollwert abweichen. 7. Die Aufzeichnung der Meßwerte mit dem Elektronen- strahloszillographen in Funktion der Zeit. Die Wahl des Elektronenstrahloszillographen als Anzeigegerät er- folgte nicht nur vom Gesichtspunkte der trägheitsfreien Wiedergabe des Meßwertes aus, sondern namentlich auch mit Rücksicht auf die Möglichkeit der gleichzeitigen, exakten Zuordnung des Zeitmaßstabes zum Meßwert. Die meisten handelsüblichen Geräte zur oszillographischen Auf- zeichnung von Meßwerten besitzen neben dem eigentlichen Oszillo- graphen eine Einrichtung, welche den Zeitmaßstab unabhängig von der Meßwertkurve als gesonderte Zeitlinie aufzeichnen. Diese Zeit- 55
linien oder Zeitmarken verlaufen teils außerhalb des Aufzeichnungs- bereiches der Meßwertkurve als Sinuslinien oder Strichmarken, teils zeichnen sie unmittelbar Ordinatenlinien, welche das ganze Oszillo- gramm bedecken und so die Meßwertkurve in einzelne Zeitabschnitte unterteilen. Diese Verfahren sind immer dort gut anwendbar, wo die Meßwerl- kurve keine Stellen mit beinahe vertikaler Tangente aufweist, also keine plötzliche Aenderungen des Meßwertes, relativ zum gewählten Zeitmaßstab, auftreten. Im andern Falle werden an den steilen Stellen schleifende Schnitte zwischen der Meßwertkurve und der Ordinaten- linie des Zeitmaßstabes erhalten, wie dies in Abb. 22 dargestellt ist. Abb. 22. Oszillogramm mit gesonderter Zeitlinie. Eine genaue Zuordnung der Zeit zu einem bestimmten Meßwerte ist in diesem Falle nicht möglich. Oft kann aber der Zeitmaßstab so gedehnt werden, daß auch die steilsten Stellen der Meßwertkurve den Winkel von etwa 60° nicht überschreiten. Doch ist der Steigerung der Zeitdehnung durch die maximale Schreibgeschwindigkeit des Oszil- lographen eine obere Grenze gesetzt. Unter der maximalen Schreib- geschwindigkeit versteht man die größte Geschwindigkeit des Oszillo- graphen-Lichtpunktes, der noch eine ausreichende Schwärzung auf der photographischen Schicht hervorrufen kann. Will man außerdem auf einem Elektronenstrahl-Oszillographen einen einmaligen Vorgang von bestimmter Dauer unter Benützung 56
der horizontalen Zeitablenkung, also bei ruhender Photoschicht, auf- nehmen, so ist die mögliche Dehnung des Zeitmaßstabes zum voraus festgelegt. Sollen zudem die auf gezeichneten Kurven des Meßwertes numerisch differenziert werden, so ist die genaue Zuordnung des Zeitmaßstabes zu jedem Kurvenpunkt notwendig. Durch geeignete Steuerung des Gitters einer Elektronenstrahlröhre wird ein gutes Mittel gegeben, um den Zeitmaßstab unmittelbar in der Meßkurve selbst zu erzeugen. Wird das Gitter mit einer Wechsel- spannung gesteuert, so gelangen nur in der positiven Halbperiode Elektronen auf den Leuchtschirm. Man erhält daher ein Oszillo- gramm von der Art der Abb. 23. Abb. 23. Oszillogramm mit überlagertem Zeitmaßstab. Diese Art der Zeitmarkierung ist nicht neu, aber bei den meisten bisher verwendeten Schaltungen ist der Einsatz der Zeitmarke infolge der verwendeten sinusförmigen Steuerspannungen nicht genau genug, um für Meßzwecke dienen zu können. Für Meßzwecke muß die Spannung für die Helligkeitssteuerung des Elektronenstrahles zum Zwecke der Zeitmarkierung in erster Linie eine genau festgelegte, konstante Frequenz aufweisen. Damit die Strichmarken an ihrem Anfang und Ende scharf begrenzt er- scheinen, muß die Helligkeitssteuerung sprungweise erfolgen. Die einmal erreichte Helligkeit muß während der ganzen Strichdauer konstant bleiben.
Durch diese Bedingungen ist die Form der Wechselspannung be- reits festgelegt. Es ist eine sogenannte Rechteckspannung, wie in Abb. 24 dargestellt, zu verwenden. Abb. 24. Rechteckspannung von 10 000 Hz. Die Frequenz ist durch die Forderungen des Abschnittes 5, wonach Unterschiede im Kraftverlauf in der Größenordnung von 10—1 sec gemessen werden sollen, auf 10 000 Hz festgelegt. Zur Erzielung der Frequenzkonstanz wurde ein Steuerquarz für 100 000 Hz verwendet. Diese Frequenz wurde durch zwei Frequenz- teiler auf 10 000 Hz und 1000 Hz untersetzt. Mit diesen Frequenzen wurden sogenannte Kippspannungs-Generatoren synchronisiert, welche die erforderlichen Rechteckspannungen erzeugten. Um das Auszählen der 10 000 Hz-Zeitmarken auf dem Oszillo- gramm zu erleichtern, wurde jede zehnte Strichmarke durch einen Spannungsstoß im Takte der 1000 Hz etwas verkürzt, und dadurch von den andern Strichmarken gekennzeichnet. Die bei den Auf- nahmen verwendete Steuerspannung des Elektronenstrahles der Os- zillographenröhre ist in Abb. 25 dargestellt. rrrrjrrrrrrrrrr Ahb. 25. Rechteckspannung von 10 000 Hz mit 1000 Hz moduliert. A. Die Frequenzteilung. Während früher19 die Frequenzteilung vorzugsweise mit Sinus- spannungen durch Anstoßen eines Schwingkreises der tieferen Fre- quenz im Takte jeder zweiten, dritten oder höheren Schwingung der höhern Frequenz vorgenommen wurde, verwendet man neuer- dings17- a0-21 in steigendem Maße Kippschwingungen zu diesem Zwecke. Die Unstetigkeitsstellen in der Spannungs-Zeitkurve oder in deren ersten Ableitung nach der Zeit, welche für die Kippspannungen charakteristisch sind, z. B. Abb. 24, ergeben zeitgenauere Synchro- 58
nisierzeichen als sinusförmige Spannungen, wodurch eine sogenannte phasenstarre Synchronisation erreicht werden kann. Solche Kippschwingungen entstehen, wenn aus einer selbsterreg- ten Senderschallung für sinusförmige Spannungen oder Ströme ein Energiespeicher, also entweder die Induktivität oder Kapazität, ent- fernt wird. Die Kippschaltungen, bei denen der eigentliche Kipp- schwingkreis aus Kapazitäten und ohmschen Widerständen aufge- baut ist, nennt man C-Schaltungen und entsprechend solche, mit In- duktivitäten und ohmschen Widerständen, L-Schaltungen22. Die Ar- beitsweise ist in beiden Schaltarten grundsätzlich dieselbe. Der Kipp- vorgang besteht in einem plötzlichen Wechsel des Lade- und Ent- ladezustandes des Energiespeichers. Die C-Schaltungen werden meist zur Erzeugung von Kippspannun- gen verwendet. Es kann dann die Ausgangsspannung unmittelbar am Kippkreiskondensator abgenommen werden. Die L-Schaltungen werden oft bevorzugt, wenn Kippströme be- nötigt werden, wobei der Verbraucher in den Kippkreis eingeschaltet wird. Zur Frequenzteilung werden mit Rücksicht auf die Spannungs- steuerung der Verstärkerröhren hauptsächlich C-Schaltungen ver- wendet, die bei der Herstellung einen etwas geringeren Aufwand an Arbeit erfordern, als die L-Schaltungen. Nicht jede C-Schaltung ist aber zur Frequenzteilung in gleicher Weise geeignet. Es muß näm- lich von einer solchen Schaltung verlangt werden, daß 1. eine »starre« Synchronisation bei dem gewählten Frequenzteil- verhältnis möglich ist, 2. die auftretenden Betriebsspannungs-Schwankungen ohne Einfluß auf die Frequenz bleiben, 3. keine Rückwirkung von der Ausgangs-Ankoppelung auf das Fre- quenzteilverhältnis erfolgen kann. Nach diesen Gesichtspunkten wurden drei Schaltungen auf ihre Eignung zur Frequenzteilung untersucht. a) Der Zweiröhren-Multivibrator. Die Wirkungsweise der in Abb. 26 dargestellten Multivibrator- schaltung ist schon öfters23’21’24 besprochen worden. Es seien hier 59
lediglich diejenigen Punkte erwähnt, die bei der Frequenzteilung maßgebend sind. O Abb. 26. Multivibrator-Schaltung. Wegen der vollständigen Symmetrie im Schaltungsaufbau und der gegenseitigen Rückkoppelung der beiden Kippkreise kann sowohl die Steuerspannung als auch die synchronisierte Ausgangskippspannung grundsätzlich an allen Stellen 1—10 zugeführt, bezw. ah genommen werden, wobei aber mit Rücksicht auf Forderung 3 Steuerpunkt und Ausgangspunkt schaltungsmäßig möglichst weit voneinander gewählt werden. Es liegt gerade darin eine grundsätzliche Schwierigkeit, der Forderung nach Rückwirkungsfreiheit des Ausganges auf den Ein- gang Genüge zu leisten. Es können ferner sowohl eine als auch beide Röhren gesteuert wer- den. Im Falle der Doppelsteuerung müssen die Synchronisierspannun- gen im Gegentakt zugeführt werden, weil auch die beiden Röhren im Gegentakt arbeiten. Die Steuerverhältnisse sind im schematischen Steuerplan von Abb. 27 für die Einfach- und Doppelsteuerung dar- gestellt. 60
RÖHRE / !f: 2:3:4 i RÖHRE II Gleichtakt - Steuerung Teilverhältnis gerade Gegentakt - Steuerung Gleichtakt - Steuerung Teilverhältnis ungerade Gegenfakt - Steuerung Alib. 27. Steuerplan für die Multivilirator-Synchronisierung. Die Rechteckkurve kleiner Amplitude und höherer Unterteilung stellt die Steuerspannung, die Rechteckkurve größerer Amplitude und geringerer Unterteilung den Kippstrom der gesteuerten Röhre dar. Der leichtern Uebersicht halber wurde der Kippstrom und nicht die am Anodenwiderstand erzeugte Kippspannung gezeichnet, da der Kippstrom direkt mit der Steuerspannung in Phase ist. Die Form der Kippspannung ist vom Teilverhältnis abhängig, indem nur für unge- rade Teilverbältnisse symmetrische Ausgangskippspannungen erzielt werden können. Es hängt dies damit zusammen, daß zwischen einem Hoch- und Tiefkippen der gesteuerten Spannung immer n+% Pe- rioden der Steuerspannung liegen müssen, wie dies aus dem Steuer- plan hervorgeht. Für die Frequenzteilung ist es jedoch gleichgültig, ob das Hoch- und Tiefkippen innerhalb einer Periode symmetrisch erfolge oder nicht. Es hat deshalb auch keinen Zweck, bei geradem Teilverhältnis die symmetrische Kippkurve durch Doppelröhren- steuerung im Gleichtakt erzwingen zu wollen24, da in diesem Falle immer nur die eine Röhre im richtigen Sinne gesteuert wird, während 61
das Gitter der andern Röhre eine Gegenspannung erhält. Diese Ver- hältnisse sind in Abb. 27 gestrichelt eingezeichnet. Die Multivibratorschaltung ist auf Schwankungen der Betriebs- spannungen hinsichtlich des Frequenzteilverhältnisses besonders bei hohen Teilungen empfindlich. Es erklärt sich dies aus der Art, wie die Steuerspannung am Gitter wirksam wird (Abb. 28). Abb. 28. Einsatzpunkt des Kippvorganges heim gesteuerten Multivibrator. Es sei beispielsweise die Röhre I durch einen negativen Span- nungsstoß von der Anode der Röhre II über den Kondensator Q ge- sperrt. Die Röhre wird dann so lange in der negativen Kippstellung verbleiben, bis der Kondensator C, sich über die Widerstände R5 und R7 zu dem Punkte der Gitterspannungs-Anodenstrom-Kennlinie der Röhre I entladen hat, an dem die Spannungsverstärkung wieder auf eins abgesunken ist. In diesem Augenblick beginnt der Kippvorgang. Ist nun die exponentiell sinkende Spannung an Cx noch von der Syn- chronisierwechselspannung überlagert, so tritt der Kippeinsatz etwas früher ein, nämlich dann, wenn die positive Amplitude der Synchronisationsspannung den Kippunkt erreicht. Nun ist aber ge- 62
rade im Gebiete der Steuerung des. Kippvorganges die Spannungs- differenz d zwischen zwei Maxima der Synchronisationsspannung relativ zur Gesamthöhe von Uc am kleinsten. Es werden sich daher namentlich bei hohem Teilverhältnis Aenderungen in der Höhe von Uc gerade im Steuergebiet besonders leicht durch sprungweises Aen- dem des Frequenzteilverhältnisses bemerkbar machen. Etwas ver- bessern kann man die Verhältnisse dadurch, daß Uc möglichst hoch ge- wählt und indem das Steuergitter gleichspannungsmäßig positiv vor- gespannt wird, wie dies durch den gestrichelt angegebenen Span- nungsverlauf in Abb. 28 veranschaulicht ist. Da aber auch mit dieser Maßnahme unter Ausnützung der größt- möglichen Betriebsspannungen keine genügende Frequenzstabilität bei dem notwendigen Teil Verhältnis von 10 : 1 erzielt werden konnte, wurde eine weitere C-Schaltung untersucht. b) Der Sägezahn-Kippspannungs-Generator. Eine Schaltung, bei der die Stabilität der Frequenzteilung grund- sätzlich nicht vom Teilverhältnis abhängt, ist der Sägezahn-Kipp- spannungs-Generator mit linearem Spannungsanstieg. Wird die Syn- chronisierwechselspannung der linear ansteigenden Kippspannung überlagert, so ist offenbar der Abstand zwischen zwei Maxima der Synchronisierwechselspannung immer gleich groß und somit die Fre- quenzstabilität nicht vom Teilverhältnis abhängig, sofern die Be- triebsspannung bei jeder Teilstufe im selben Maße erhöht wird. In Abb. 29 ist die übliche Schaltung25 zur Erzeugung von Säge- zahnkippspannungen mit linearem Anstieg unter Verwendung von Hochvakuumröhren dargestellt. Die Schaltung erfüllt die gestellten Forderungen hinsichtlich Fre- quenzstabilität und ist auch bezüglich der Rückwirkungsfreiheit vom Ausgang auf den Synchronisations-Eingangspunkt infolge der Elek- tronenkoppelung der Laderöhre dem Multivibrator überlegen. Ab- bildung 30 zeigt ein Oszillogramm, das bei einem Teil Verhältnis von 5 : 1 mit dieser Schaltung aufgenommen wurde. Die Schaltung ist für Frequenzteilungen geeignet, erfordert aber einen erheblichen Aufwand an Röhren. Es wurde deshalb nach einer Schaltung gesucht, welche nur eine Röhre benötigt. 63
Abb. 29. Schaltung des SägezaliD-Kippspannungs-Generatois mit linearem Anstieg. Abb. 30. Oszillogramm der Frequenzteilung mit Sägezahn- kippspannungs-Generator. c) Der Einr öhren-Kip p s p annungs-Gener at or. Die in Abb. 30 dargestellte Kippschaltung26’ 27 unterscheidet sich von den bisher besprochenen durch die grundsätzlich andere Art der Steuerung des Kippvorganges. Während bei den Schaltungen a und b der Kippvorgang durch Steuerung des gesamten Röhrenstromes erfolgte, beruht der Kippvor- gang bei der Schaltung c auf einer Stromverteilungssteuerung. Der Gesamtstrom in der Röhre bleibt bei beiden Kipp-Phasen konstant. Durch den Koppelungskondensator C2 wird wechselspannungsmäßig die Rremsgitterspannung Ug3 von der Schirmgitterspannung Ug2 ab- hängig gemacht. Glcichstrommäßig liegt das Bremsgitter über dem Widerstand R3 auf Nullpotential. Sinkt nun die Spannung des Brems- gitters aus irgend einem Grunde um einen kleinen Betrag, so werden 64
Abb. 31. Schaltung des Einröhren-Kippspannungs-Gcnerators. mehr Elektronen auf das Schirmgitter zuriickgetrieben. Demzufolge sinkt der Anodenstrom und der Scliirmgitterstrom steigt. Mit steigen- dem Schirmgitterstrom sinkt aber die Spannung infolge des Span- nungsabfalles an R2. Diese Spannungssenkung unterstützt die sinkende Tendenz des Bremsgitters durch die Koppelung über den Konden- sator C2. Hiedurch kann ein Kippvorgang eingeleitet werden, sofern die Spannungsverstärkung v AUgä AUg3 wird. Damit dieser Wert der Spannungsverstärkung erreicht werden kann, müssen die Betriebsspannungen geeignet gewählt werden. Bei den meisten Verstärkerröhren ist der Schirmgitter ström bei normalen Betriebsbedingungen kleiner als der Anodenstrom. Wenn nun eine wirksame Stromverteilungssteuerung erfolgen soll, muß die Anoden- spannung U4, etwa im umgekehrten Verhältnis der Ströme bei nor- maler Bedingung, gegenüber der Schirmgitterspannung U2 herabge- setzt werden. Die Schirmgitterspannung muß dann so gewählt werden, daß die zulässige Wattzahl nicht überschritten wird. Aus diesem Grunde sind für diese Schaltungen Röhren mit relativ großem Schirmgitterstrom geeigneter, als solche mit kleinem. Die Steuergitterspannung Ugl hat keinen unmittelbaren Anteil am Kippvorgang. Sie bestimmt lediglich die Höhe des Kippstromes so- 5 65
wie die Lage der Kippunkte. Es ist daher naheliegend, die Synchro- nisierungspannung dem Steuergitter zuzufiihren, und die synchroni- sierte Spannung an der Anode abzunehmen. Man erreicht damit praktisch vollständige Rückwirkungsfreiheit. Zur Aufnahme der Arbeitskennlinien wurde in der Schaltung von Abb. 31 der Kondensator C2 durch eine Batterie ersetzt, der Wider- stand R2 kurzgeschlossen und die Spannungen so gewählt, wie sie dem natürlichen Betriebszustand entsprechen. In Abb. 32 ist der Schirm- gitterstrom J2 und der Anodenstrom J(in Funktion der Schirmgitter- spannung Ug2 und der galvanisch gekoppelten Brenisgitterspannung Ug3 mit der Steuergitter-Spannung Ugl als Parameter aufgetragen. Abb. 32. Kennlinienfeld des Einröhren-Kippspannungs-Generators. Die Kennlinien haben typischen Dynatroncharakter. Man kann deutlich drei Gebiete, welche durch zwei gestrichelte Linien ange- deutet sind, unterscheiden. Bei stark negativer Spannung des Brems- gitters verhält sich die Röhre annähernd wie ein ohmscher Wider- stand. Mit dem Einsetzen des Anodenstromes bei einer Bremsgitter- spannung von —19,5 Volt nimmt der Schirmgitterslrom mit steigen- der Schirmgitterspannung rasch ab, wodurch im Kennlinienfeld ein Gebiet negativen Widerstandes entsteht. Bei etwa Null-Volt Brems- gitterspannung wird der Stromzufluß zur Anode geringer und der 66
Schirmgitterstrom beginnt wieder zu steigen, indem die aus der Anode ausgeschleuderten Sekundärelektronen bei positivem Bremsgitter auf das Schirmgitter gelangen können. In diesem dritten Gebiet des Kenn- linien feldes besteht zwischen Schirmgitterstrom und Spannung wie- der ein Zusammenhang, der einem positiven Widerstande entspricht. Zeichnet man in dieses Kennlinienfeld die V iderstandsgerade des Schirmgitterwiderstandes R2 ein, so lassen sich die Kippvorgänge leicht verfolgen. Der negativ aufgeladene Kondensator C2 entlade sich über Rz: der Kippvorgang tritt an der Stelle A ein. wo die Tan- gente der Strom-Spannnngskurve mit der Richtung der Widerstands- geraden übereinstimmt. Bei einer weiteren Erniedrigung von lJg | wird die Spannungsverstärkung größer als eins. Der Strom kippt also vom Punkt A nach Punkt B, an dem die Spannungsverstärkung wie- der kleiner als eins wird. Hierbei wird aber der Kondensator C2 posi- tiv aufgeladen. Diese positive Ladung fließt nun teils über R„ teils über den Röhreninnenwiderstand ab. Beim Punkte C tritt die Rück- kippung nach Punkt D ein, womit der Kreislauf geschlossen ist. Aus dem Kennlinienfeld ist der Einfluß der Steuergitterspannung deut- lich zu erkennen. Die Steuerwirkung ist im Augenblicke des Kip- pens im Punkte A am größten, wodurch bei dieser Schaltung eine große Stabilität des Freqnenzteilverhältnisses gewährleistet wird. Diese Stabilität kann durch Gegenkoppelung über den Kondensator C, vom Schirmgitter auf das Steuergitter noch weiter gesteigert wer- den, wodurch auch bei hohem Teilverhältnis und normaler Belastung des Schirmgitters noch eine vollständig starre Synchronisation mög- lich ist, wie dies aus dem Oszillogramm von Abb. 33 zu erkennen ist. A1>1>. 33. Oszillogramm der Sehirmgitterspannung bei hohem Teilverhälmis. hi diesem Oszillogramm wurde die Spannung am Schirmgitter ge- messen. Man kann deutlich die Vergrößerung der Synchronisier-
Spannungsamplitude in der Nähe der Kippunkte feststellen. Die rich- tige Phasenlage der Gegenkoppelung wird durch geeignete Be- messung von Cn Ri und R5 in Verbindung mit der Gitter-Kathoden- Kapazität der Röhre erreicht. An der Anode erhält man bei einem Teil Verhältnis von 10 : 1 eine Spannung, wie sie im Oszillogramm von Abb. 34 dargestellt ist. Ahb. 34. Oszillogramm der Auodenspanuung der synchronisierten Kippschwingung. Steuert man mit dieser Spannung eine weitere Verstärkerröhre der- art, daß der untere Teil der Kippspannungskurve unterhalb des Stromeinsatzes der Röhre bleibt, also mit entsprechend hoher nega- tiver Vorspannung, so erhält man eine praktisch fehlerfreie Recht- eckkurve, wie sie in Abb. 24 dargestellt ist. Bei dieser Kurve ist von der Synchronisationsspannung nichts mehr zu sehen. Eine solche Rechteckspannung läßt sich unmittelbar zur Helligkeitssteuerung zum Zwecke der Zeitmarkierung des Elektronenstrahloszillographen verwenden. B. Die Helligkeitssteuerung der Elektronenstrahlröhre für die Zeitmarkierung. Im Uebersichtsschaltplan von Abb. 35 sind die einzelnen Stufen der Helligkeitssteuerung für die Zeitmarkierung in der obern Hälfte des Schaltplanes dargestellt. Zur Erzeugung einer konstanten Frequenz wurde ein Quarzsender für 100 000 Hz in normaler Pierce-Schaltung28 verwendet. Mit dieser Frequenz wurde ein Einröhrenkippspannungs-Generalor gemäß Schaltung c des vorgehenden Abschnittes in einem Teilverhältnis von 10 : 1 synchronisiert. Für diesen Zweck ist die Penthode EF 50 gut geeignet, da sie eine relativ hohe Schirmgitterbelastung von 1,7 Watt zuläßt. 68
QUARZSENDER Loo'ooo Hz RECHTECKSPANNUNGS-GENERATOR FREQUENZTEILER l LöoooHz ! 1o'oooHz-1ooo Hz MODULATOR 1o'oooHz-1oooHz MISCHSTUFE ELEKTRONENSTRAHL - OSCILLOGRAPH lO'OOOA O/IMJl PHOTOZELLE UND VERSTÄRKER POLARISIERTES KIPPGERÄT HELLIGKEITS-STEUERUNG ZEITABLENKUNG Ahb. 35. Uebersidits-Sdialtplan der Helligkeits-Steuerung des Elektronenstrahl-Oszillographen.
Mit der synchronisierten Kippspannung von der Frequenz 10 000 Hz wurde eine weitere Röhre EF 50 zur Spannungsverslärkung gesteuert. Wie eingangs erwähnt, wurde die Frequenz von 10 000 Hz noch- mals im Verhältnis 10 : 1 in einer gleichen Schaltungsanordnung unterteilt und dann mit dieser Frequenz von 1000 Hz die Rechteck- spannung von 10 000 Hz moduliert. Durch diese Maßnahme wird nicht nur die Auszählung der Zeitmarken auf dem Oszillogramm er- leichtert, sondern sie gestattet vor allem bei der, für spätere Messun- gen geplanten, gleichzeitigen Aufnahme von mehreren Meßvorgän- gen auf verschiedenen Oszillographenröhren eine einwandfreie zeit- liche Zuordnung von einzelnen Meßpunkten der verschiedenen Os- zillogramme. Um jedoch nur jede zehnte Zeitmarke der Frequenz 10 000 Hz in ihrer Länge zu verkürzen, mußte die vom zweiten Fre- quenzteiler gelieferte Rechteckspannung von 1000 Hz in einen kurzen Impuls von 0,5 • 10-1 sec. Dauer verwandelt werden. Diese Umwand- lung erfolgte durch Verstärkung in einer Triode, deren Steuergitter über eine RC-Koppelung mit entsprechend kleiner Zeitkonstante an den Frequenzteiler angeschlossen war. Durch Drosselkoppelung der beiden Verstärker für 1000 und 10 000 Hz wurde schließlich eine Steuerspannung erhalten, deren Verlauf in Abb. 25 dargestellt ist. C. Die Helligkeitssteuerung während des Meßvorganges. Bei periodisch verlaufenden Vorgängen kann die periodische Zeit- ablenkung des Oszillographen leicht mit der Meßfrequenz synchro- nisiert und so auf dem Leuchtschirm ein stehendes Bild erhalten werden. Dieses Bild kann auch bei geringer Leuchtintensität des Schirmes durch genügend lange Belichtung gut photographiert wer- den. Bei einmaligen Vorgängen muß eine einmalige Zeitablenkung ver- wendet werden, die durch den Meßvorgang selbst gesteuert wird. Bei der einmaligen Beschreibung des Leuchtschirmes muß die Helligkeit bei einer Strahlgeschwindigkeit von 100 m/sec hinreichend sein, um die photographische Platte zu schwärzen. Praktisch ist dies der Fall, wenn die Helligkeit etwa 50 mal größer ist als die normale Helligkeit bei periodischer Ablenkung. Es darf daher im Interesse der Scho- nung des Leuchtschirmes nur während des Meßvorganges selbst der 69
Elektronenstrahl in seiner ganzen Intensität auf den Leuchtschirm fallen. Ein einfaches Mittel, um den Strahl vor und nach dem Meßvorgang vom Leuchtschirm fern zu halten, ist die starke seitliche Auslenkung. Diese Maßnahme ist bei Oszillographenröhren mit Nachbeschleuni- gungsanode nicht mehr anwendbar, da es nicht gelingt, durch seit- liche Auslenkung des Strahles den Leuchtschirm vollkommen dunkel zu halten. In diesem Falle muß die Helligkeit durch entsprechende Gittersteuerung verändert werden. Die Schaltanordnung dieser Helligkeitssteuerung für den Meßvor- gang ist in der untern Hälfte von Abb. 35 dargestellt. Die Auslösung für die einmalige Zeitablenkung und für die Hellig- keitssteuerung erfolgt durch den Verschluß der Waffe beim Vorlauf unmittelbar vor der Zündstellung über eine Photozellenanordnung nach Abb. 36. Emfoden - Gluhlämpcherr Luftlöcher Abb. 36. Photozellenanordnung zur Helligkeitssteuerung beim Meßvorgang. Am Verschluß der Waffe befindet sich ein seitlicher Fortsatz, des- sen obere Fläche blank poliert ist. Sobald dieser spiegelnde Metall- streifen in den Strahlengang der Photozellenanordnung gelangt, wird das Licht der Soffitenlampe auf die Photozelle gespiegelt. Die Wider- standsänderung der Photozelle wird zur Steuerung eines Verstärkers benützt. Der verstärkte Spannungsstoß dient weiter zur Steuerung 70
einer Kallirotronanordnung, um die Helligkeitssteuerung unab- hängig von der Flankensteilheit und der Höhe des ursprünglichen Spannungsstoßes zu machen. Diese Maßnahme ist mit Rücksicht auf die verlangte Genauigkeit in der zeitlichen Aufzeichnung des Meß- wertes unbedingt notwendig. Während die normale Kallirotronschaltung’29 sowohl bei negativen, wie bei positiven Spannungsstößen auf ein Steuergitter kippen kann, wurde hier eine Vierröhrenanordnung verwendet mit zwei im Gegen- takt arbeitenden Eingängen, die nur auf positive Stöße empfindlich sind. Diese Anordnung bietet den Vorteil, daß nach einmaliger Aus- lösung des Kippvorganges beliebig viele und beliebig große Stöße positiver und negativer Spannung auf den einen Eingang der Kipp- schaltung gegeben werden können, oline daß sich der Kippzustand wieder ändert. Die Kippschaltung kann nur durch einen positiven Stoß auf den zweiten Eingang wieder zurückgekippt werden. Diese Rückkippung erfolgt als Endbegrenzung des Meßvorganges durch den Austritt des Geschosses aus der Mündung. Zu diesem Zwecke ist quer zur Mündung ein dünner Draht straff gespannt, der in einen Widerstandskreis der Kippanordnung eingeschaltet ist (Strecke CD von Abb. 35). Beim Austritt des Geschosses aus der Mündung wird dieser Draht zerrissen und damit die elektrische Ver- bindung CD geöffnet, wodurch das Gitter der zweiten Eingangsröhre des Kippgerätes einen positiven Spannungsstoß erhält. Die Spannungsstufen der Kallirotronanordnung werden weiter in einer Leistungspenthode EL 3 verstärkt und kapazitiv der Misch- röhre EF 6 zugeführt. Die Zeitkonstante dieser Eingangsschaltung ist so groß, daß während des Meßvorganges kein merkliches Absinken der Helligkeit eintritt. Die Mischröhre hat den Zweck, die beiden Helligkeitssteuerungen additiv dem Steuergitter der Oszillographen- röhre zuzuführen. Wie aus Abb. 34 ersichtlich ist, erfolgt die Hellig- keitssteuerung für den Meßvorgang am Steuergitter und die Zeit- markensteuerung am Bremsgilter. Um eine gleichmäßige Helligkeit während des ganzen Meßvor- ganges zu erhalten, mußte die Ankoppelung des Steuergitters der Oszillographenröhre an die Anode der Mischröhre ohmisch erfolgen. Es kann nämlich bei der verwendeten Oszillographenröhre nur etwa ein Widerstand von 20 000 Ohm zwischen Steuergitter und Kathode geschähet werden, wenn die Brummspannung nicht sichtbar in Er- 71
scheinung treten soll. Eine kapazitive Ankoppelung mit genügend großer Zeitkonstante würde eine zu große Kapazität erfordern, die von der Steuerröhre nicht rasch genug aufgeladen resp. entladen werden könnte. Es war daher notwendig, die Mischröhre auf das Potential der Kathode des Oszillographen, also auf etwa —1200 Volt zu bringen. Zur einmaligen, linearen Zeitablenkung wurde die normale Hoch- vakuumröhrenanordnung benützt, wie sie im Prinzip in Abb. 29 dar- gestellt ist, mit dem Unterschied, daß die Steuerung des Kippvor- ganges nicht automatisch durch die Röhre III erfolgt, sondern von außen, durch den Spannungsstoß der Kallirotronanordnung. D. Die photographische Aufnahme der Oszillogramme und deren Ausmessung. Die auf dem Leuchtschirm des Oszillographen auf gezeichneten Meßkurven wurden mit einer Plattenkamera für Format 4,5 X 6 cm mit einer relativen Oeffnung von 3,5 auf Agfa Isopan ISS-Platten aufgenommen. Für die Entwicklung wurde ein Metol-Hydrochinon- Entwickler in starker Konzentration bei einer Temperatur von 25° C verwendet. Die Entwicklungsdauer betrug 60 sec. Für die Ausmessung der Lage der Zeitmarken des Oszillogrammes wurde ein »Hauser«-Vergrößerungsapparat verwendet. Bei einer genau zehnfachen Vergrößerung wurden die Oszillogramme auf dem Projektionstisch des Vergrößerungsapparates auf Pauspapier über- tragen. Dadurch war es möglich, die Ausmessung mit einer Genauig- keit von etwa 1 °/oo relativ zum größten Meßwert auszuführen. In Abb. 37 ist ein solches Auswerteblatt in % natürlicher Größe dar- gestellt. Die im Text eingefügten Oszillogramme wurden zur Wiedergabe im Maßstab 2 : 1 vergrößert und umkopiert, da sich schwarze Oszillo- gramme auf weißem Untergrund besser beurteilen lassen, als helle auf dunkelm Untergrund. Durch dieses Umkopieren wurden jedoch die Originaloszillogramme in ihrer Schwärzungsintensität etwas ver- ändert, wodurch sich eine gewisse Härte nicht vermeiden ließ. 72
Abb. 37. Darstellung der Auswertung eines Oszillogrammes in Va natürlicher Größe. 73
8. Messung der Verschlußbewegung während der Zeit der Gasdruckentwicklung. Die Verschlußbewegung xV2(t) kann aus der Messung der Ver- schlußkraft Kv2(t) ermittelt werden durch zweimalige Integration gemäß der Beziehung v _ KV2(t) Um die wirkliche Geschwindigkeit des Verschlusses gegenüber dem Erdboden zu erhalten, muß die Verschlußgeschwindigkeit unmittel- bar vor dem Zeitpunkt der Gasdruckentwicklung gemessen werden, um so die Integrationskonstante vo der ersten Integration bestimmen zu können. * KY2(t) Mv3+-2- 2g + Vo 31 Zur Bestimmung der Größe vo wurde eine Zeit-Wegmessung des Verschlusses ausgeführt. Diese Meßmethode ist zur Bestimmung der maximalen Vorlaufgescliwindigkeit des Verschlusses gut geeignet, da die Vorholfeder, annähernd entspannt, nur noch geringe Kräfte auf den Verschluß ausübt und der Verschluß sich demzufolge mit bei- nahe konstanter Geschwindigkeit bewegen muß. Man wird demnach als Weg-Zeitdiagramm des Verschlusses zur Zeit der Zündung an- nähernd eine Gerade erhalten, deren Neigungswinkel gut bestimm- bar ist. Der Verschlußweg wurde mit der in Abb. 38 dargestellten optischen Meßanordnung nach dem Schattenverfahren photographisch in Funk- tion der Zeit aufgenommen. Am Verschluß der Waffe wurde ein leichtes Blech mit zugeschärfter vorderer Kante befestigt. Dieses Blech wurde von einer starken Lichtquelle mit annähernd parallelem Licht beleuchtet. Auf der gegenüberliegenden Seite der Waffe befand sich eine Registrierkamera (Fabrikat Zeiß-lkon'i, bestehend aus einer Optik und einem Antriebmechanismus, der einen Papierstreifen mit Geschwindigkeiten bis zu 10 m/sec am Bildfeld vorbeizuziehen ge- stattet. Am Rande des Papierstreifens wird eine Zeitmarkierung in 74
Form von Strichmarken aufgebracht. Diese Strichmarken wurden von einer mit 1000 Hz gesteuerten Punktglimmlampe erzeugt. Mit der Optik wurde die vordere Kante des am Verschluß befestigten Blechstreifens auf den Film scharf abgebildet. Das Bildfeld war durch eine Schlitzblende von 0,3 mm Breite abgedeckt, sodaß der Papier- streifen jeweils nur auf dieser Spaltbreite belichtet wurde. Abb. 38. Meßanordnung zur Bestimmung der Verschlußbewegung. Bei der Bewegung des Verschlusses und des Papierstreifens ent- stand dadurch im Meßbereich eine Schattenkurve, deren Begren- zungslinie die Zeit-Wegfunktion des Verschlusses darstellt. Die Optik gestattete eine Aufnahme im Verhältnis 1 : 1. In Abb. 39 ist das Ori- ginaldiagramm im Maßstab 1 : 1 wiedergegeben. Abb. 39. Diagramm der Zeit-Wegmessung des Verschlusses. 75
Daraus bestimmt sich die Geschwindigkeit des Verschlusses unmittel- bar vor der Gasdruckwirkung zu Vo = 5,20 m sec-1 Wie zu erwarten war, ist die Zeit-Wegfunktion nahe beim L’mkehr- punkt vor Beginn der Gasdruckwirkung nahezu geradlinig. 9. Ergebnisse der Messungen. A. Gasdruckmessungen. Mit der in Abschnitt 6A beschriebenen Gasdruckmeßanlage wur- den vier Messungen des Gasdruckverlaufes vorgenommen. Zur Ver- wendung gelangte normal laborierte Munition aus der Fabrikations- serie. In Abb. 40 ist ein Oszillogramm dieser Meßserie dargestellt. Z" / \ r ' Abh. 40. Oszillogramm einer Gasdruckmessung. Zur Bestimmung eines mittleren Kurvenverlaufes wurden die Meßdaten der vier Oszillogramme graphisch gemittelt. In Tafel I ist der Gasdruckverlauf durch gemittelte Meßpunkte in Zeitintervallen von 10~l sec dargestellt. Die relativ große, mittlere quadratische Ab- weichung der einzelnen Meßpunkte ist durch die von Schuß zu Schuß etwas verschiedene Verbrennungsart des Pulvers bedingt. In der zweiten Spalte sind die Werte der Gaskraft auf den Geschoß- Stoßboden dargestellt. Der Seelenquerschnitt des Laufes beträgt 7t R2 = 3,35 cm2 76
Zeit t 10 4 sec Gaskraft Pl (t) 10° gr cm 1 sec 2 P1 * R2 i rj 6 —’ 2 1U gr cm sec 0 0,00 z±z 0,00 0,00 1 0,21 ± 0,06 0,70 2 1,22 ± 0,09 4,08 3 2,51 ± 0,12 8,40 4 3,43 ± 0,11 11,49 5 3,70 ± 0,04 12,39 6 3,46 ± 0,11 11,58 7 2,86 ± 0,17 9,58 8 2,27 ± 0,15 7,60 9 1,79 ± 0,07 5,99 10 1,43 ± 0,11 4,79 11 1,16 ± 0.08 3,88 12 0,95 ± 0,07 3,18 13 0,81 ± 0,06 2,71 14 0,69 ± 0,05 2,31 15 0,60 ± 0,04 2,01 16 0,54 ± 0,05 1,81 17 0,48 ± 0,05 1,60 18 0,45 ± 0,04 1,51 Tafel I 77
Zur Bestimmung des größtmöglichen dynamischen Meßfehlers a genügt es, die maximale Beschleunigung des Stempels während der Messung zu bestimmen. Diese maximale Beschleunigung tritt, wie aus dem Oszillogramm deutlich zu erkennen ist, am Anfang des Druck- anstieges zur Zeit 1 • 10—1 sec auf und beträgt bmax = 4 • 104 cm sec-2 Bei einer Stempelmasse von 2 • IO— gr und einer Federkonstanten von 2,35 • 108 gr sec 2 erhält man an dieser Stelle einen dynamischen Meßfehler a = 7,6 • 10-’ Der dynamische Meßfehler a ist also um mehrere Größenordnungen kleiner als die Abweichungen von der gemittelten Gasdruckkurve, infolge der verschiedenen Verbrennungsweise des Pulvers. Zur Bestimmung des Einflusses des Frequenzganges des Gleich- stromverstärkers auf die Meßergebnisse wurde ein analytischer Aus- druck gesucht, der annähernd den Gasdruckverlauf wiedergeben kann. Eine solche Funktion ist beispielsweise K(t) = at3e_1,1 32 deren Verlauf in Abb. 41 dargestellt ist. Abb. 41. Analytische Darstellung des Gasdruckverlattfs. 78
Nach der Theorie der Fourier Integrale kann zu dieser Funktion die Spektralfunktion F(«) angegeben werden®0 F («) = r*at3 e—bt e—lut dt = — 6 a 33 J (b + icö1 o Durch diese Spektralfunktion werden die Amplituden der verschie- denen Kreisfrequenzen a> gegeben, deren Integral den einmaligen Stoßvorgang K(t) darstellt. Von dieser Spektralfunktion ist zur Be- stimmung der höchsten vom Verstärker noch zu übertragenden Fre- quenz nur der Absolutwert des Realteiles interessant. | 9? [F («)] | = 6 a (b4 — 6 b2 ">2 + <w4) 34 (b2 + «T Diese Funktion ist in Abb. 42 dargestellt. Es geht daraus hervor, daß Kreisfrequenzen oberhalb von cd = 14 000 sec nur noch von untergeordneter Bedeutung sind. Abb. 42. Spektralfunktion des Gasdruckverlaufes. Es werden daher durch den Gleichstromverstärker mit einer oberen Grenzfrequenz von cd — 314.103 sec-1 keine merkbaren Verände- rungen des Meßwertes eintreten. 79
B. Bestimmung der Rückstoßkraft Kwi (t). Die Rückstoßkraft wurde mit der in Abschnitt 6 C beschriebenen Meßanordnung bestimmt. Eines der sieben auf genommenen Dia- gramme ist in Abb. 43 wiedergegeben. Ahb. 43. Oszillogramm einer Rückstoßmessung. Alle Oszillogramme wiesen am Anfang des Kraftverlaufes eine Schwingung geringer Amplitude auf. Diese Schwingung ist durch die Erschütterung der Waffe bei der Detonation der Zündkapsel im Patronenboden bedingt. Es ließ sich dies durch einen Nullversuch, d. h. durch Messung der Erschütterung des Meßsystems beim Ab- schuß einer leeren Patronenhülse im Drucklauf gut feststellen. Ab- bildung 44 zeigt das bei diesem Versuche erhaltene Oszillogramm. Bei der graphischen Mittlung der Meßwerte wurde diese Stör- schwingung kompensiert. Abh. 44. Oszillogramm der durch den Schlagbolzen verursachten Störschwingung. In Tafel II sind die graphisch gemittelten Meßwerte P der sieben Einzelmessungen in Zeitintervallen von IO-4 sec dargestellt. Zur Be- stimmung des wahren Verlaufes der Kraft Kw (t) sind, gemäß Glei- chung 21 c, noch die ersten vier zeitlichen Ableitungen von P zu be- rücksichtigen. 80
Zur Bestimmung, welche zeitliche Ableitungen von P einen Ein- fluß auf das Meßresultat ausüben, müssen die Maximalwerte dieser zeitlichen Ableitungen mit den Koeffizienten nach Gleichung 21 c multipliziert werden. Man erhält damit den Betrag der größten Ab- weichung des Kraftverlaufes vom aufgezeichneten Oszillogramm. 0,24 • 1016 Pmax = 0,10 • 166 gr cm sec ~2 0,36 • 10 ]2 Pmax = 0,25 • 106 gr cm sec 2 5,65 • 10—8 Pmax = 8,47 • 106 gr cm sec-2 0,15 • 10 4 Pmax = 0,63 • 106 gr cm sec ~2 Das Mittel der quadratischen Abweichungen der einzelnen Meß- kurven von der gemittelten Kurve beträgt 0,52 • 10® gr cm sec-2. Es können daher, wie vorauszusehen war, die Glieder mit P und P gegenüber P und P vernachlässigt werden. Der Kraftverlauf des Rückstoßes ist demnach gegeben durch die Gleichung KW1 (t) = P + 0,15 P + 5,65 P 21 e Die zur Bestimmung des zeitlichen Verlaufes von KW1 (t) notwen- digen Zahlenwerte gemäß Gleichung 21 e sind in Tafel III zusam- mengestellt und in Abb. 45 graphisch wiedergegeben. Nach Gleichung 10 b läßt sich aus der Bestimmung von KW1 (t) die Geschoßbeschleunigung xg angeben. .. _ KW1 (t) Es wurde hierbei der Einfluß des Luftwiderstandes im Rohr Wj, (t) vernachlässigt, da nach Abb. 5 dessen größter Betrag am Ende der Gasdruckwirkung nur 1,8 % des in diesem Zeitmomente wirkenden Gasdruckes erreicht und somit unterhalb der Genauigkeit liegt, mit welcher der Kraftverlauf durch die Messung festgelegt ist. In Tafel IV ist die das Geschoß antreibende Kraft Kg (t), die Ge- schoßbeschleunigung x g, Geschoßgeschwindigkeit x g und Geschoß- weg xg sowie das Volumen der Verbrennungsgase in Zeitabschnitten von 10-4 sec dargestellt. Durch die Endwerte der Geschwindigkeits- und Wegfunktion läßt sich die Zuverlässigkeit der Messung Kg (t) überprüfen. 6 81
Ahb. 45. Mittelkurve der Riickstoßmessungeu und Korrekturkurven. Außenballistisch wurde die Mündungsgeschwindigkeit als Mittel von 7 Schüssen zu Vo = 587 ± 2 m sec-1 bestimmt. Die Länge des Geschoßweges im Laufe beträgt für den Drucklauf xo = 640 mm Aus der guten Uebereinstimmung der durch verschiedene Meßver- fahren gewonnenen Werte ist die. a priori Annahme des Seherischen Faktors14’ 31 d = 0,5 gut bestätigt. Der Seherische Faktor gibt den Teil der Pulverladung L an, die mit dem Geschoß beschleunigt wird. 82
Zeit t 10 sec Rucks tofikraft P und zeitliche Ableitungen p 1AC — 2 10 gr cm sec p in10 —3 10 gr cm sec p 1A11 —4 10 grcmsec p 1A18 —ö 10 grcmsec p ,A22 - 6 10 grcmsec 0 0,0 ± 0,0 0,00 0,00 0,36 0,00 1 0,0 ± 0,2 0,20 0,19 0,34 — 0,07 2 0,4 ± 0,2 0,81 0,68 0,23 — 0,23 3 1,7 + 0,5 1,60 0,65 — 0,12 — 0,22 4 3,5 ± 0,6 2,13 0,33 — 0,22 — 0,01 5 5,6 ± 0,3 2,29 0,15 — 0,14 + 0,01 6 7,8 ± 0,4 2,38 0,08 — 0,19 — 0,18 7 10,2 ± 0,7 2,27 — 0,20 — 0,49 — 0,17 8 12,5 i 0,4 1,81 — 0,93 — 0,53 + 0,09 9 14,0 ± 0,2 0,40 — 1,45 -0,31 + 0,30 10 13,4 ± 0,3 — 1,26 —1,49 0,08 + 0,35 11 11,4 ± 0,7 — 2,80 — 1,27 0,39 + 0,27 12 8,0 ± 0,7 — 4,02 — 0,76 0,62 + 0,15 13 3,4 ± 1,0 — 4,38 0,02 0,69 — 0,01 14 - 0,9 ± 0,7 — 3,67 0,63 0,59 — 0,16 15 - 4,3 ± 0,9 — 2,20 1,14 0,36 — 0,29 16 - 6,2 ± 0,5 — 0,49 1,41 0,00 — 0,40 17 - 5,1 ± 0,7 1,20 1,14 — 0,45 — 0,36 18 -1,1 ± 0,9 2,43 0,38 — 0,72 — 0,13 Tafel II 83
Zeit t 1A-1 10 sec Synthese der Riickstofikurve P 10« gr cm sec~2 0,15 P 10° gr cm sec 2 5,65 P 10° gr cm sec ~ Kwi (t) 10« gr cm sec-2 0 0,0 0,00 0,0 0,0 1 0,0 0,03 1,0 1,1 2 0,4 0,12 3,8 4,3 3 1,7 0,24 3,7 5,6 4 3,5 0,32 1,9 5,7 5 5,6 0,34 0,9 6,8 6 7,8 0,36 0,4 8,6 7 10,2 0.34 — 1,1 9,4 8 12,5 0,27 — 5,3 7,5 9 14,0 0,06 -8,2 5,9 10 13,4 — 0,19 — 8,4 4,8 11 11,4 — 0,42 — 7,2 3,8 12 8,0 — 0,60 — 4,3 3,1 13 3,4 — 0,66 -0,1 2,6 14 — 0,9 — 0,55 3,5 2,1 15 -4,3 — 0,33 6,4 1,8 16 — 6,2 — 0,07 8,0 1,7 17 — 5,1 0,18 6,4 1,5 18 -1,1 0,36 2,1 1,4 Tafel III 84
Durch Kombination der Gasdruckmessung und der Rückstoß- messung läßt sich der Geschoßwiderstand im Lauf, nach Gleichung 15 a, unter Vernachlässigung des Luftwiderstandes Wj, (t) ermitteln. WG(t) = P1 TT R2 — (mg + Xg 15a Das Resultat der Subtraktion der beiden gemessenen Kurven ist in Abb. 46 dargestellt. Aus dieser Darstellung, welche neben dem Geschoßwiderstand auch die das Geschoß antreibende Kraft Kg (t) in Funktion des Ge- schoßweges darstellt, ist deutlich der relativ große Kraftaufwand beim Einpressen des Geschosses in die Züge erkennbar. Die Reibung wird später, während des Geschoßdurchganges im Lauf selbst, klein. Zum Vergleich wurde auch der statische Durchpreßwiderstand des Geschosses durch den Lauf mit einer hydraulischen Presse ge- messen. Aus den beiden Meßergebnissen geht hervor, daß der Wider- stand des Kupfer-Führungsringes gegenüber der raschen Formver- änderung beim Schuß etwa 8 mal so groß ist, wie beim langsamen Einpressen. Dieses von Meßergebnissen14 bei andern Waffen und Mu- nitionsarten stark abweichende Resultat mag wohl zur Hauptsache durch die Unterschiede in der Geschoßbeschleunigung erklärt wer- den. C. Bestimmung der Kraft auf den Verschluß der massen- verriegelten Waffe. Mit der in Abschnitt 6 B beschriebenen Meßanordnung wurde die Kraftwirkung auf den Verschluß KV2(t) durch fünf Einzelmessungen bestimmt. In Abb. 47 ist ein Oszillogramm dieser Meßreihe wieder- gegeben. Die in Tafel V wiedergegebenen Meßwerte stellen die Funktion Kv2 (t) = (Mj + Mäm 7 b M2 dar. Es ist nun zu überprüfen, ob diese Funktion den Kraftverlauf hinreichend genau wiedergibt oder ob, entsprechend Gleichung 7, Kv2 (t) = M, z + (Mj + M2)J> 7 M2 85
Zeit t 10'4 sec Zahlenwerte zur Bestimmung der Geschofibewegung kGi W IOC -2 gr cm sec 6 *G cm sec '2 *G cm sec 1 XG cm V + ttR2 + xg cm 3 0 0,0 0,0.10° 0,0.102 0,00.1c-1 16,16 1 0,7 5,4 3,1 0,16 16,21 2 4,1 31,4 17,8 1,27 16.59 3 5,5 42,3 55,0 5,10 17,87 4 5,7 43,8 102,3 13,39 20,64 5 6,7 51,5 150,4 26,69 25,11 6 8,5 65,4 209,3 45,63 31,5 7 9,4 72,2 278,3 71,35 40,1 8 7,5 57,6 344,2 104,08 51,1 9 5,9 45,4 396,1 147,18 65,6 10 4,7 36,2 437,2 195,10 81,6 li 3,7 28,4 469,8 242,86 97,6 12 3,1 23,8 496,1 293,71 114,3 13 2,6 20,0 517,8 347,10 132,4 14 2,2 16,9 536,4 402,61 150,9 15 1,9 14,6 552,7 460,00 170,3 16 1,7 13,1 566,7 518,94 190,1 17 1,5 11,5 579,1 579,27 207,0 18 1,4 10,8 589,9 640,81 230,7 Tafel IV 86
6oq Ttm 2*> *0® *oo too Abb. 46. Verlauf von Kq (t), (t), \q in Funktion der Lauflänge.
auch das Glied M,z berücksichtigt werden muß. Zu diesem Zwecke wurden die Maximalwerte von z durch zweimalige, numerische Diffe- rentiation von z bestimmt. zmax — 0,6 • 104 cm sec 2 Die Größe von F ist aus den Messungen, gemäß Abschnitt 6 B, be- kannt. F = 4,76 • 108gr sec-2 Abb. 47. Oszillogramm einer Vcrsclilußkraf Imessting. Mit Mx = 7,82 gr erhält man daher als größten Betrag von M-, z Mj zmax = 0.047 • 106 gr cm sec-2 Dieser Wert ist etwa um eine Größenordnung kleiner, als die mitt- lere, quadratische Abweichung der einzelnen Meßkurven von der gemittelten Kurve. Es wird daher der Kraflverlauf durch Gleichung 7 b hinreichend genau wiedergegeben. Das Oszillogramm läßt einen Stoßvorgang erkennen und eine dieser Kurve überlagerten Schwin- gung großer Amplitude und relativ niedriger Frequenz. Diese Schwingung ist durch den konstruktiven Aufbau des Ver- schlußsystems bedingt. Am Verschluß selbst sind seitlich zwei Schie- nen befestigt, welche die Verbindung mit der Federhülse der Vorhol- feder nach Abb. 3 herstellen. Durch Vermittlung dieser Schienen wird der Verschluß beim Abschuß unter der Wirkung der Vorhol- feder nach vorn bewegt. Zur Zeit der Zündung besitzt das ganze 87
Verschlußsystem eine Geschwindigkeit von 5,2 m/sec. Wird nun durch die bei der Gasdruckentwicklung eintretende Reibung der Patronen- hülse im Patronenlager der eigentliche Verschlußteil sehr rasch ab- gebremst, so verwandelt sich die kinetische Energie des vordem mit dem verschlußbewegten Teil in potentielle Energie durch elastische Dehnung der beiden Schienen. Beim Ausgleichsvorgang der auf ge- speicherten potentiellen Energie werden dann der Vorholfederteil, die Federhiilse und die Schienen zur Schwingung in der Eigenfre- quenz angeregt. Es besteht demnach die Kraft auf den Verschluß aus zwei Kom- ponenten, nämlich der Gasrückstoßkraft und der, durch den Schwin- gungszustand des vordem Verschlußteiles bedingten Reaktionskraft. Durch wiederholte Integration läßt sich aus der gemessenen Kraft- wirkung auf den Verschluß die Verschlußgeschwindigkeit und der Verschlußweg in Funktion der Zeit ermitteln. Mit dem Resultat der Verschlußgeschwindigkeitsmessung unmittelbar vor der Zündung läßt sich nach Gleichung 16 c die Verschlußgeschwindigkeit x¥2 relativ zum Erdboden angeben. Damit ist auch die Verschiebung des Verschlusses x¥2 während der Gasdruckzeit gegeben. In Zahlentafel V sind neben den Meßwerten für die Verschlußkraft K¥2(t) auch die Verschlußgeschwindigkeit xv2 und der Verschluß- weg xv2 in Zeiteinheiten von IO--4 sec dargeslellt. Abb. 48 zeigt die kurvenmäßige Darstellung der Geschwindigkeits- und Wegfunktion des Waffenverschlusses. Mit der Kenntnis der Verschlußbe'wegung läßt sich gemäß Glei- chung 19 der Gasdruck p2 in der automatischen Waffe berechnen. x Pa = Pi <P r v + 7t r2 xG mit <p = ---------------------------------- |v + 7t R2 XG + 7t Ro2 (x¥2-x¥O)J und x — 1,25 In der Zahlentafel VI sind die Werte der einzelnen Glieder der Gleichung 19, sowie die Gaskraft auf den Stoßboden des Verschlusses der automatischen Waffe zusammengestellt. Der Querschnitt der 88
Patronenlagerbohrung an der Stelle des Patronenhülsenrandes beträgt it Ro2 = 3,53 cm2 Wie aus den Werten für <p x ersichtlich ist, weicht dieser Gasdruck- verlauf in der massenverriegelten Waffe nur unwesentlich vom Gas- druck im festverriegelten Drucklauf ab, sodaß die Unsicherheit in der Kenntnis2’ 31 von x kaum das Resultat beeinträchtigen kann. Abb. 49 zeigt die Gaskraft auf den Stoßboden des Verschlusses, so- wie den Verlauf der gesamten auf den Verschluß wirkenden Kraft K¥2 (t). Aus dieser Darstellung ist der Einfluß der Eigenschwingung des Federhülsen und Schienenteils des Verschlußsystems deutlich erkennbar. Abb. 48. Geschwindigkeit^- und Wegfunktion des Waffenversdilusses. 89
Zeit t 10'4sec Zahlenwerte zur Bestimmung der Verschlufibewegung Kvä (') 10 6 gr cm sec V= J mx+m2 102 cm sec xv2 in 2 -2 10 cm sec V2 10 1 cm — 2 0,0 ± 0,0 0,00 5,20 0,00 — 1 0,6 ± 0,4 0,04 5,16 0,78 0 1,9 ± 0,6 0,20 5,00 1,29 1 2,6 ± 0,8 0,49 4,71 1,78 2 3,0 ± 0,9 0,85 4,35 2,23 3 3,6 ± 0,7 1,27 3,93 2,64 4 4,9 ±. 0,5 1,82 3,38 3,00 5 7,0 -t 0,6 2,57 2,63 3,31 6 10,0 zt 0,8 3,66 1,54 3,51 7 12,6 ± ],0 5,11 0,09 3,60 8 13,7 0,7 6,80 — 1,60 3,52 9 12,8 ± 0,6 8,48 — 3,28 3,28 10 9,4 ± 0,4 9,90 — 4,70 2,88 11 4,9 ± 0,6 10,82 — 5,62 2,36 12 1,0 ± 0,6 11,20 — 6,00 1,78 13 - 1,3 zL 0,4 11,17 — 5,97 1,18 14 - 1,1 ± 0,8 11,02 — 5,82 0,59 15 1,7 ± 0,6 11,08 - 5,88 0,01 16 4,5 0,5 11,45 - 6,25 — 0,60 17 5,4 ± 0,5 12,10 — 6,90 —1,26 18 4,3 ~ 0,2 12,70 — 7,50 — 1,93 Tafel V 90
Zeit t 10 8CC Zahlenwerte zur Bestimmung von p2 aus pi V + TT R2 XG cm3 -Ro2(x¥2~Xo) cm3 <PX P1 <px* \ 10G gr cm sec 2 0 16,16 0,000 1,000 0,00 1 16,21 0,000 1,000 0,74 2 16,59 0,001 1,000 4,30 3 17,87 0,006 1,000 8,86 4 20,64 0,019 0,999 12,11 5 25,11 0,050 0,997 13,03 6 31,50 0,11 0,996 12,17 7 40,10 0,22 0,993 10,04 8 51,10 0,39 0,990 7,94 9 65,60 0,61 0,988 6,24 10 81,60 0,90 0,986 4,98 11 97,60 1,23 0,984 4,03 12 ] 14,30 1,58 0,983 3,30 13 132,40 1,93 0,982 2,81 14 150,90 2,29 0,981 2,39 15 170,30 2,65 0,981 2,08 16 190,10 3,01 0,981 1,87 17 207,00 3,39 0,980 1,65 18 230,70 3,80 0,980 1,56 Tafel VI 91
Abb. 49. Verlauf der Gaskraft auf den Sloßboden des Verschlusses und der gesamten Kraft auf den Verschluß. Die Differenz der beiden Kurven muß nach Gleichung 16 b Wv2 (t) = p2 TT Ro2 — K¥2 (t) 16 b gleich der Reibkraft WV2 (t) des Verschlußsystems sein. In dieser Gleichung 16 b ist der Einfluß der Kraft der Vorholfeder F (1 — xv2) gegenüber der Gaskraft und der Verschlußkraft vernachlässigt. Der größte Betrag, den die Vorholfederkraft während der Druckentwick- lungszeit annehmen kann, ist etwa 20 kg. Auch die Amplituden der hohem harmonischen Eigenschwingungen der Vorholfeder können während der Meßzeit von 2 • 10~3 sec keine größeren Kraftwirkun- gen ausüben. In Abb. 50 ist der Verlauf der Widerstandskraft auf den Verschluß Wv2(t) Funktion der Zeit dargestellt. Wie aus dem Vergleich mit Abb. 48 zu erkennen ist, wird der Ort der vordem Umkehr des Verschlusses durch die Schwingung des Ver- schlußvorderteiles wesentlich mitbestimmt. Der arkadenartige Ver- 92
lauf der Widerstandskurve, die im wesentlichen die Reibung der Patronenhülse im Patronenlager wiedergibt, ist bedingt durch den Schwingungscharakter des Verschlußkraftverlauf es und durch die Art der Darstellung, welche die Größe der Widerstandskraft in bezug auf die Schußrichtung zum Ausdruck bringen soll (sgn xv). Mit diesen Meßdaten kann nun auch die Kraft auf die Waffe selbst und ihre Lafettierung nach Gleichung 17 angegeben werden KW2 (t) ' (Ro2— R2) + WG (t) - W¥2 (t) 17 Die graphische Darstellung von Abb. 51 zeigt den Verlauf der während der Gasdruckwirkung auf die ganze Waffe ausgeübten Reaktionskraft. W ie aus der Darstellung ersichtlich ist, erfährt die Waffe einen kräftigen Stoß in Schußrichtung durch den Einpreßwiderstand des Geschosses und durch die Abbremsung des Verschlusses infolge der Reibung der Hülse im Patronenlager. Nach Erreichen des vordem Umkehrpunktes des Verschlusses ändert sich die Richtung der Kraft und zeigt im Wesentlichen die periodischen Schwankungen, hervor- gerufen durch die Eigenschwingung des vordem Verschlußteiles. 93
Zur Vermeidung von Resonanzerscheinungen muß daher die La- fette nicht nur für die Schußfrequenz, sondern auch für die wesent- lich höher liegende Schwingungsfrequenz der Waffe von 2500 Hz gedämpft werden. Abb. 51. Verlauf der gesamten, auf die Waffe und Lafette wirkende Kraft. 10. Schlußwort. Beim Abschluß dieser im Jahre 1939 begonnenen Untersuchungen möchte ich allen, die am Gelingen dieser Arbeit Anteil hatten, meinen Dank aussprechen. Vor allem gilt mein Dank der Direktion der Werkzeugmaschinen- fabrik Oerlikon, Bührle & Co., für die Bewilligung der für die Unter- suchungen notwendigen, beträchtlichen Mittel, die es mir ermög- lichten, die Messungen mit der erforderlichen Genauigkeit durchzu- führen. Insbesondere ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Vize- direktor Dr. P. Gübser für sein wohlwollendes Verständnis, das er allen Arbeiten entgegenbrachte, bestens zu danken. 94
auch das Glied MTz berücksichtigt werden muß. Zu diesem Zwecke wurden die Maximalwerte von z durch zweimalige, numerische Diffe- rentiation von z bestimmt. Zmax = 0,6 • 104 cm SeC ~2 Die Größe von F ist aus den Messungen, gemäß Abschnitt 6 B, be- kannt. F = 4,76 108gr sec-'2 . \ I \ Abb. 47. Oszillogramm einer Verschlußkraftmessung. Mit M± = 7,82 gr erhält man daher als größten Betrag von Mj z Mj zmax = 0.047 • 106 gr cm sec 2 Dieser Wert ist etwa um eine Größenordnung kleiner, als die mitt- lere, quadratische Abweichung der einzelnen Meßkurven von der gemittelten Kurve. Es wird daher der Kraflverlauf durch Gleichung 7 b hinreichend genau wiedergegeben. Das Oszillogramm läßt einen Stoßvorgang erkennen und eine dieser Kurve überlagerten Schwin- gung großer Amplitude und relativ niedriger Frequenz. Diese Schwingung ist durch den konstruktiven Aufbau des Ver- schlußsystems bedingt. Am Verschluß selbst sind seitlich zwei Schie- nen befestigt, welche die Verbindung mit der Federhülse der Vorhol- feder nach Abb. 3 herstellen. Durch Vermittlung dieser Schieneu wird der Verschluß beim Abschuß unter der Wirkung der Vorhol- feder nach vorn bewegt. Zur Zeit der Zündung besitzt das ganze 87
Verschlußsystem eine Geschwindigkeit von 5,2 m/sec. Wird nun durch die bei der Gasdruckentwicklung eintretende Reibung der Patronen- hülse im Patronenlager der eigentliche Verschlußteil sehr rasch ab- gebremst, so verwandelt sich die kinetische Energie des vordem mit dem verschlußbewegten Teil in potentielle Energie durch elastische Dehnung der beiden Schienen. Beim Ausgleichsvorgang der aufge- speicherten potentiellen Energie werden dann der Vorholfederteil, die Federhülse und die Schienen zur Schwingung in der Eigenfre- quenz angeregt. Es besteht demnach die Kraft auf den Verschluß aus zwei Kom- ponenten, nämlich der Gasrückstoßkraft und der, durch den Schwin- gungszustand des vordem Verschlußteiles bedingten Reaktionskraft. Durch wiederholte Integration läßt sich aus der gemessenen Kraft- wirkung auf den Verschluß die Verschlußgeschwindigkeit und der Verschlußweg in Funktion der Zeit ermitteln. Mit dem Resultat der Verschlußgeschwindigkeitsmessung unmittelbar vor der Zündung läßt sich nach Gleichung 16 c die Verschlußgeschwindigkeit xV2 relativ zum Erdboden angeben. Damit ist auch die Verschiebung des Verschlusses xV2 während der Gasdruckzeit gegeben. In Zahlentafel V sind neben den Meßwerten für die Verschlußkraft Kvg(t) auch die Verschlußgeschwindigkeit xv2 und der Verschluß- weg xV2 in Zeiteinheiten von IO--4 sec dargestellt. Abb. 48 zeigt die kurvenmäßige Darstellung der Geschwindigkeits- und Wegfunktion des Waffenverschlusses. Mit der Kenntnis der Verschlußbe'wegung läßt sich gemäß Glei- chung 19 der Gasdruck p2 in der automatischen Waffe berechnen. Pa = Pi ? X [ V + TT R2 xG [ V + 71 R XG + ft Ro 2 (xvg - Xvo) und x = 1,25 In der Zahlentafel VI sind die Werte der einzelnen Glieder der Gleichung 19, sowie die Gaskraft auf den Stoßboden des Verschlusses der automatischen Waffe zusammengestellt. Der Querschnitt, der 88
Patronenlagerbohrung an der Stelle des Patronenhülsenrandes beträgt it Ro 2 = 3,53 cm2 Wie aus den Werten für <p x ersichtlich ist, weicht dieser Gasdruck- verlauf in der massenverriegelten Waffe nur unwesentlich vom Gas- druck im festverriegelten Drucklauf ab, sodaß die Unsicherheit in der Kenntnis2’ 31 von x kaum das Resultat beeinträchtigen kann. Abb. 49 zeigt die Gaskraft auf den Stoßboden des Verschlusses, so- wie den Verlauf der gesamten auf den Verschluß wirkenden Kraft Kv2 (t). Aus dieser Darstellung ist der Einfluß der Eigenschwingung des Federhülsen und Schienenteils des Verschlußsystems deutlich erkennbar. Abb. 48. Geschwindigkeits- und Wegfunktiou des Waffeuversdilusses. 89
Zeit t lO'^sec Zahlenwerte zur Bestimmung der Versclilufibewegung Kvä (0 ,AC .9 10 gr cm sec 6 v- J Mj+M2 102 cm sec xV2 in 2 -2 10 cm sec V2 10 1 cm — 2 0,0 ± 0,0 0,00 5,20 0,00 — 1 0,6 ± 0,4 0,04 5,16 0,78 0 1,9 ± 0,6 0,20 5,00 1,29 1 2,6 ± 0,8 0,49 4,71 1,78 2 3,0 ± 0,9 0,85 4,35 2,23 3 3,6 ± 0,7 1,27 3,93 2,64 4 4,9 zh 0,5 1,82 3,38 3,00 5 7,0 -t 0,6 2,57 2,63 3,31 6 10,0 ± 0,8 3,66 1,54 3,51 7 12,6 ± 1,0 5,11 0,09 3,60 8 13,7 ztz 0,7 6,80 —1,60 3,52 9 12,8 ztz 0,6 8,48 — 3,28 3,28 10 9,4 ± 0,4 9,90 — 4,70 2,88 11 4,9 ± 0,6 10,82 — 5,62 2,36 12 1,0 zt 0,6 11,20 — 6,00 1,78 13 -1,3 zlz 0,4 11,17 — 5,97 1,18 14 1,1 ± 0,8 11,02 — 5,82 0,59 15 1,7 ± 0,6 11,08 - - 5,88 0,01 16 4,5 zl- 0,5 11,45 — 6,25 — 0,60 17 5,4 ztz 0,5 12,10 — 6,90 —1,26 18 4,3 ~ 0,2 12,70 — 7,50 — 1,93 Tafel V 90
Zeit t 10 sec Zahlenwerte zur Bestimmung von pa aus pi V+äR2xg ein3 *Ro2(x¥2-Xo) ein3 P1 Ro 10° gr cm sec 2 0 16,16 0,000 1,000 0,00 1 16,21 0,000 1,000 0,74 2 16,59 0,001 1,000 4,30 3 17,87 0,006 1,000 8,86 4 20,64 0,019 0,999 12,11 5 25,11 0,050 0,997 13,03 6 31,50 0,11 0,996 12,17 7 40,10 0,22 0,993 10,04 8 51,10 0,39 0,990 7,94 9 65,60 0,61 0,988 6,24 10 81,60 0,90 0,986 4,98 11 97,60 1,23 0,984 4,03 12 114,30 1,58 0,983 3,30 13 132,40 1,93 0,982 2,81 14 150,90 2,29 0,981 2,39 15 170,30 2,65 0,981 2,08 16 190,10 3,01 0,981 1,87 17 207,00 3,39 0,980 1,65 18 230,70 3,80 0,980 1,56 Tafel VI 91
Abb. 49. Verlauf der Gaskraft auf den Stoßboden des Verschlusses und der gesamten Kraft auf den Verschluß. Die Differenz der beiden Kurven muß nach Gleichung 16 b Wvj (t) = p2 TT Ro2 — Kv2 (t) 16 b gleich der Reibkraft WV2 (t) des Verschlußsystems sein. In dieser Gleichung 16 b ist der Einfluß der Kraft der Vorholfeder F (1 — xv2) gegenüber der Gaskraft und der Verschlußkraft vernachlässigt. Der größte Betrag, den die Vorholfederkraft während der Druckentwick- lungszeit annehmen kann, ist etwa 20 kg. Auch die Amplituden der höhern harmonischen Eigenschwingungen der Vorholfeder können während der Meßzeit von 2 • 10—3 sec keine größeren Kraftwirkun- gen ausiiben. In Abb. 50 ist der Verlauf der Widerstandskraft auf den Verschluß Wv2(t) in Funktion der Zeit dargestellt. Wie aus dem Vergleich mit Abb. 48 zu erkennen ist, wird der Ort der vordem Umkehr des Verschlusses durch die Schwingung des Ver- schlußvorderteiles wesentlich mitbestimmt. Der arkadenartige Ver- 92
lauf der Widerstandskurve, die im wesentlichen die Reibung der Patronenhülse im Patronenlager wiedergibt, ist bedingt durch den Schwingungscharakter des Verschlußkraftverlauf es und durch die Art der Darstellung, welche die Größe der Widerstandskraft in bezug auf die Schußrichtung zum Ausdruck bringen soll (sgn xv). Mit diesen Meßdaten kann nun auch die Kraft auf die Waffe selbst und ihre Lafettierung nach Gleichung 17 angegeben werden KW2(t) = p2 * (Ro2 — R2) + WG(t) - Wv2 (t) 17 Die graphische Darstellung von Abb. 51 zeigt den Verlauf der während der Gasdruckwirkung auf die ganze Waffe ausgeübten Reaktionskraft. Wie aus der Darstellung ersichtlich ist, erfährt die Waffe einen kräftigen Stoß in Schußrichtung durch den Einpreßwiderstand des Geschosses und durch die Abbremsung des Verschlusses infolge der Reibung der Hülse im Patronenlager. Nach Erreichen des vordem Umkehrpunktes des Verschlusses ändert sich die Richtung der Kraft und zeigt im Wesentlichen die periodischen Schwankungen, hervor- gerufen durch die Eigenschwingung des vordem Verschlußteiles. 93
Zur Vermeidung von Resonanzerscheinungen muß daher die La- fette nicht nur für die Schußfrequenz, sondern auch für die wesent- lich höher liegende Schwingungsfrequenz der Waffe von 2500 Hz gedämpft werden. Alil>. 51. Verlauf der gesamten, auf die Waffe und Lafette wirkende Kraft. 10. Schlußwort. Beim Abschluß dieser im Jahre 1939 begonnenen Untersuchungen möchte ich allen, die am Gelingen dieser Arbeit Anteil hatten, meinen Dank aussprechen. Vor allem gilt mein Dank der Direktion der Werkzeugmaschinen- fabrik Oerlikon, Bührle & Co., für die Bewilligung der für die Unter- suchungen notwendigen, beträchtlichen Mittel, die es mir ermög- lichten, die Messungen mit der erforderlichen Genauigkeit durchzu- führen. Insbesondere ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Vize- direktor Dr. P. Gübser für sein wohlwollendes Verständnis, das er allen Arbeiten entgegenhrachte, bestens zu danken. 94
Meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. P. Scherrer möchte ich für sein großes Interesse und für seine stets bereitwillige Unter- stützung mit Rat und Tat meinen besten Dank aussprechen. Bei den experimentellen Untersuchungen, insbesondere bei den Vorbereitungen der ballistischen Messungen wurde ich von Herrn A. Wildberger unterstützt. Herr F. Bleiker führte sämtliche Schal- tungen der elektrischen Meßgeräte aus. Fräulein H. Ulrich befaßte sich mit den numerischen Auswertungen der Meßergebnisse und deren zeichnerischer Darstellung. Ihnen allen meinen besten Dank. Zürich, den 3. Juli 1942. 95
Literaturverzeichnis. 1 4 6 8 9 10 11 12 13 14 15 Iß 1“ 18 19 C. Cranz: Lehrbuch der Ballistik. Bd. II. Verl. Springer, 1926. C. Cranz: Lehrbuch der Ballistik, Ergänzungsband. Verl. Springer, 1936. C. Cranz u H. Schardin: Eine neue Methode zur Messung der Geschoßwider- stände im Rohr. Z. Techn. Physik 3 (1932), 124—132. H. Schardin: Festschrift Cranz. R. E. Kutterer u. Schwarcz: Ueber die Wiedergabe einer Gewehrgasdrnck- kurve durch ein schwingungsfähiges Meßgerät. Wehrtechn. Monatshefte 7 (1935), 307—317. R. E. Kutterer: Messung des Geschoßwiderstandes im Rohr. Wehrtechn. Mo- natshefte 11 (1935), 496—500 und 12 (1935) 536—547. K. J. de Juhasz u. J. Geiger: Der Indikator. Verl. Springer (1938). H. Zöllich: Prüfung von Meßgeräten zur Aufzeichnung rasch sich verändern- der Größen. Wissenschaftliche Veröffentlichungen aus dem Siemens-Kon- zern II 1920 J. Kluge, H. E. Linkh, S. Farentholz: Quarzdruckmeßkammern mit Massen- ausgleich, Dtsch. Kraftfahrt, Forsch. 37 (1940). S. Meurer: Forsch, a. d. Geh. d. Ingen.-Wesens. 8 (1937) und 11 (1940), ferner Dtsch. Motor Z. 19 (1912) 4. W. Gohlke: Messung der Eigenschwingungszahl piezoelektischcr Meßgeräte Z. VDI 34 (1940) und VDI Forschungsheft (1941) 407. G. Gerloff: Theorie der Schwingungsmesser. Forsch, a. d. Geb. d. Ingen.-Wesens 8 (1937) 3. M. Pflier: Elektrische Messung mechanischer Großen. Verl. Springer, 1940. K. H. Bodlien: Beitrag zur innern Ballistik gezogener Gewehre unter beson- derer Berücksichtigung der Reibuugsvorgänge. Z. f. d. ges. Schieß- und Spreng- stoffwesen 2 (1939) 34 und 3 (1939) 34 und 4 (1939) 34. L. Hänert: Ueber die Verwendung der Pendelkanone und des ballistischen Pendels. Wehrtechn. Monatshefte 5 (1935) 244—251. F. Trendelenburg: Wissenschaftliche Veröffentlichungen aus dem Siemens- Konzern III (1924). R. Golicke: Teilung und Vervielfachung von Frequenzen. El. Nadir. Technik 15 (1938) 5. Philips-Gesellschaft: Ueber eine verlustfreie Detektorschaltung mit linearer Gleichrichtung. Miniwatt Monatshefte 73 (1939). A. Scheibe, U. Adelsberger: Die technischen Einrichtungen der Quarzuhren der PTR. Hochfrequenztechnik und Elektroaktustik 43 (1934) 2. 96
20 21 22 23 24 25 20 27 28 29 30 31 7 V. J. A. Andrew: The Adjustment of the Multivibrator for Frequency Division. Proc. I.R.E. 19 (1931). H. J. Reich: Theorie and Application of Electrontubes. Ed. Mc. Graw Hill 1939. H. Richter: Elektrische Kippschwingungen. Verl. Hirzel, 1940. F. Abraham u. E. Bloch: Mesure en valeur absolue des periodes des oscilla- tions electriques de haute frequence. Ann. Chim. Physique 12 (1919). F. E. Terman: Measurements in Radio-Engineering. Ed. Mc. Graw Hill. Philips-Gesellschaft: Kippspannungsgerät für Elektronenstrahloszillographen mit linearem Spannungsanstieg unter Verwendung von Hochvakuum-Röhren. Philips Techn. Rundschau 5 (1936). B. van der Pol: Phil. Mag. 2 (1926) 978. E. W. Herold: Proc. I.R.E. 23 (1935) 1201. G. W. Pierce: Proc. Amer. Acad. Arts and Sei. 59 (1923) 79—106. L. B. Turner: The kallirotron, an aperiodic negative-resistance triode com- bination. Radio Review 1 (1920) 317—329. E. Madelung: Die mathematischen Hilfsmittel des Physikers. Verl. Springer, 1936. R. E. Kutterer: Ballistik. Verl. Vieweg, 1942. 97
Bildungsgang. Ich wurde in Zürich am 2. März 1913 geboren. Die Primarschule und das Literargymnasium besuchte ich in Luzern, wohin meine Eltern im Jahre 1917 zogen. Im Jahre 1933 begann ich, nach Ab- solvierung der Reifeprüfung in Luzern, an der IX. Abteilung der Eidg. Techn. Hochschule das Studium für Mathematik und Physik. Nach einigen Unterbrechungen durch den Militärdienst erhielt ich im April 1938 das Schlußdiplom als Physiker und war anschließend während eines Monats Assistent im physikalischen Institut der E.T.H. bei Herrn Professor Dr. P. Scherrer. Am 1. Juni 1938 trat ich als Werkphysiker in die Werkzeug- maschinenfabrik Oerlikon, Bührle & Co. ein, wo ich mich in erster Linie mit außen- und innenballistischen Problemen der 2 cm Schnell- feuerkanone Oerlikon zu befassen hatte. 98